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Dark Salvation

Kurzbeschreibung
GeschichteHorror, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Hoggle Jareth Lubo Sarah Sir Didymus
31.08.2016
15.04.2023
43
56.915
10
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Dieses Kapitel
2 Reviews
 
 
15.04.2023 2.503
 
Musikempfehlung: https://www.youtube.com/watch?v=WC-Ez5CJk7M

Ohne viele Worte - ich hoffe, es gefällt.

***

Der Koboldkönig reckte seine Arme empor; er war rasend vor Wut. Wieder einmal hatte dieses Mädchen es geschafft, das Reich zu zerstören. Mehr noch, hatte sie ihn doch dazu gebracht, seine eigenen Kreaturen zu töten, die nun nach seinem Blut trachteten. Doch das war nicht länger von Bedeutung. Endlich war der Augenblick gekommen, sie zu vernichten.
Sein Blick traf ihren und er holte weit aus, ehe der Dolch auf sie niedersauste und die Luft mit einem leisen Zischen durchtrennte. Sarah schloss ihre Augen, wartete auf den betäubenden Schmerz, den die Klinge in ihrem Körper auslösen würde, ehe sie ihr Herz durchbohrte; sie wartete darauf, ihr eigenes Blut zu schmecken, bis der Tod sie holen kam.
Jareth hielt inne, atmete schwer. Er hatte etwas in ihrem Blick gesehen, etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Reue - und vollkommener Frieden.

Er suchte die Wut, die er so lange in seinem dunklen Herz getragen hatte, doch fühlte sie nicht.  Da war da ein anderes Gefühl, das er vor langer Zeit verdrängt hatte. Langsam senkte er den Dolch. Sarah öffnete ihre Augen und sah zu, wie er sich erneut an den Rand ihres kalten Betts setzte. Ohne ein Wort zu sagen legte er den Dolch in ihre offene Handfläche. Strähnen seines Haars fielen in sein Gesicht. Er hob seine Hand und ließ sie langsam über Sarahs Körper gleiten, ohne sie dabei zu berühren. Ihre Wunden schlossen sich eine nach der anderen und eine angenehme Wärme durchströmte sie. Noch benommen, richtete sie sich langsam auf; Jareth half mit sanftem Druck nach, ehe er sich erhob und sich von ihr abwandte. „Heute endet unsere Geschichte, Sarah“, sagte er leise und ließ seinen Blick über das Flammenmeer gleiten; es hinterließ nichts als Asche, löschte sämtliches Leben aus. „Einer von uns beiden wird sterben. Doch es soll ein fairer Kampf sein.“ Sie sah, dass er seine Hand um etwas an seiner Hüfte gelegt hatte. Sarahs Finger krallten sich um den Griff des Dolches. Warum tat er das, warum hatte er sie nicht einfach getötet? Warum spielte er noch immer mit ihr, hatte er sie nicht schon genug gequält? Sie war fassungslos ob seiner Grausamkeit; er wusste genau, dass er ihr diesmal überlegen sein würde. Dennoch wollte sie nicht kampflos aufgeben – leicht würde sie es ihm nicht machen. Sarah stand auf, näherte sich ihm fast lautlos. Er hatte recht, nur einer von ihnen würde überleben. Sie tat einen weiteren Schritt auf die große, dunkle Gestalt zu, sodass sie fast eine Armlänge von ihr entfernt war. Sarah zitterte. Erst jetzt regte er sich, drehte sich langsam zu ihr um, und Sarahs fester Griff um den Dolch lockerte sich, sodass er ihr beinahe entglitt. Sie starrte ihn an.
Sein blondes Haar schien ergraut zu sein; die Haut war aschfahl und dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Sie schienen das Einzige zu sein, das von seinem ursprünglichen Glanz übrig geblieben war. Sarah kam nicht um den Gedanken, dass er dennoch eine eigene, seltsame Schönheit ausstrahlte; wie eine Rose in vollster Blüte, deren Blätter jedoch bereits zu welken begannen. Dann besann sie sich wieder und umklammerte den Dolch, den Blick auf die Hand unter seinem Umhang gerichtet. Er lächelte und tat einen Schritt auf sie zu. „Ich bin erschöpft, Sarah“, sagte er leise, „davon, deine Erwartungen an mich zu erfüllen. Lass es uns beenden. Aber zuvor-“, er hielt kurz inne, „bitte ich dich um einen letzten Tanz.“ Er zog die Hand unter seinem Umhang hervor, hielt sie ihr geöffnet entgegen. Sarah blickte sich irritiert um. Sie hörte leise Musik und dann ein Rascheln von Stoff, der zu Boden fiel. Mit dem Dolch in der Hand blickte sie an sich herab und stellte fest, dass die blutigen Fetzen, die sie gerade noch getragen hatte, einem weißen, eng anliegenden Kleid gewichen war; es war an der Brust tief ausgestellt, sodass die Rundung ihrer Brüste zu erkennen waren. Schimmernde Perlen zierten es. Da standen sie sich nun gegenüber; wie Schatten und Licht. „Bitte.“ Er bot ihr nach wie vor seine Hand an, und mit einem Mal überkam sie ein Gefühl – Mitleid. Sie wusste, dass er es ernst meinte. Zögerlich reichte sie ihm ihre Hand; die andere Hand verschränkte ihre Finger mit seinen, den Dolch zwischen ihnen. Sie waren sich so nahe, dass sie den Duft nach Sandelholz wahrnehmen konnte, den er verströmte. Seine Hand legte sich um ihre Hüfte.

How you turn my world, you precious thing
You starve and near exhaust me


Gemeinsam wirbelten sie über die Fläche, als wären sie Eins geworden; nach einem kurzen Augenblick, in dem sie sich schweigend in die Augen gesehen hatten, ergriff Sarah das Wort. „Warum hast du mich nicht sterben lassen, als deine Kreaturen mich zerfetzen wollten? Warum hast du mich nicht getötet, als du es konntest?“ Sie hatte versucht, eine Antwort darauf zu finden, doch sie konnte es nicht verstehen.

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe er antwortete. Erneut lächelte er, doch es war ein trauriges Lächeln.
„Ich konnte es nicht. Nicht ... so.“ Alarmiert von seinen Worten, dass er sie nun womöglich doch in dieser Situation angreifen würde, wollte sie sich von ihm lösen. „ Nein.“ Seine Stimme schien in ihrem Kopf wieder zu hallen.
„Du hast nichts zu befürchten.“

You've run so long, you've run so far

„Ich verstehe es nicht“, sagte Sarah, „das ist es doch, was du wolltest.“

Your eyes can be so cruel

„Du hast es nie verstanden, nicht wahr?“

Just as I can be so cruel

Wieder verfielen sie in Schweigen. Jareth schien den Tanz sichtlich zu genießen; silberfarbene Strähnen mischten sich unter das Grau seines Haars. Er wirkte müde, dennoch fixierte er sie unablässig mit seinem Blick. „Du bist schön, Sarah.“
Sein unvermitteltes Kompliment ließ für einen kurzen Augenblick eine Welle der Wärme durch ihren Körper gleiten und sie hatte das Gefühl, unter seinem Blick zu erröten. Dieselben Worte hatte er ihr vor vielen Jahren schon einmal zu gehaucht; etwas, das ein Mädchen, das gerade erst dabei war sich zu einer jungen Frau zu entwickeln, angesichts seines Alters verstört hatte. Sie fing langsam an zu begreifen, dass die Zeit für ihn keine Rolle zu spielen schien; er war bis zu diesem Zeitpunkt kaum merklich gealtert. Jareth hatte ihre Reaktion nicht verstehen können.

Live without your sunlight
Love without your heartbeat

 
Seine Stimme trat leise an sie heran. „Ich hasse dich, Sarah“, sagte er, doch klang sanft. „Ich hasse dich dafür, dass ich dich liebe. Dass ich dich immer lieben werde.“ Sarah sog ob seiner Worte, scharf die Luft ein.
„Trotz all dem, das passiert ist. Trotz der Tatsache, dass du mich verabscheust, dass du mich vernichten wolltest. Dass du mich vergessen hast.“ Sarah meinte, dass Wut in seiner Stimme lag; doch seine letzten Worte klangen traurig. „Ich weiß, dass du mich niemals lieben wirst.“ Sarah wusste nicht, warum sie weinte; sie blickte in das Antlitz dieser Kreatur, die ihr ihren Bruder gestohlen hatte und Spaß daran gehabt hatte, sie einer Reihe gefährlicher Situationen auszusetzen. Sie erinnerte sich daran, wie Hoggle und sie durch den Tunnel vor den Aufräumern geflohen waren; hätten sie keinen Ausweg gefunden, wären sie unbarmherzig zerfleischt worden. Sie mochte sich nicht ausmalen, welche Qualen sie erlitten hätten. Hoggle ... sie alle, tot. Sarah schluchtzte; sie wusste es. Sie spürte es.
Er blieb abrupt stehen; Sarah keuchte. Seine Hand lag an ihrer Wange, strich zärtlich die Tränen fort. „Ich ertrage es nicht, dich weinen zu sehen.“ Im Augenwinkel bemerkte sie, wie seine Hand unter seinen Umhang wanderte.

I, I can't live within you

Jareth atmete scharf aus. Seine Lippen kräuselten sich zu einem seltsamen Lächeln; er wirkte zufrieden. Seine Hand ruhte immer noch an ihrer Wange; Tränen benetzten den schwarzen, schimmernden Handschuh. Langsam wanderte sein Blick an sich herab; Sarah folgte ihm. Sie zitterte heftig, den Griff des Dolchs noch immer in ihrer Hand. Die Klinge hatte sich tief in seine Brust gebohrt. Erst als sie begriffen hatte, was gerade geschehen war, ließ sie den Griff entsetzt los und löste sich von ihm. Sie sah, wie das dunkle Blut hervorsickerte.
Jareth betrachtete für einen kurzen Moment die Klinge, ehe er sie langsam aus seiner Brust zog und sie scheppernd zu Boden fiel. „Sarah“, sagte er, streckte seine Hand nach ihr aus und taumelte dabei einen Schritt zurück. Sarah machte einen Satz nach vorne, griff nach seiner Hand, und zog ihn an sich. Sie fürchtete, den Verstand zu verlieren. Ihre Lippen bebten, und sie presste ihre Hand auf die Wunde; Blut sickerte hervor. Er legte seine Hand auf ihre, die andere wieder an ihre Wange. „Es musste sein ... bitte, weine nicht ...“ Sie konnte eine einzelne Träne sehen, die seine Wange hinab glitt. Sie schimmerte silbern.
„Jareth, ich – ich ...“ Sarah stammelte; ihr fehlten die Worte. Es konnte nicht wahr sein, es durfte nicht wahr sein. Was hatte sie getan?


I can't live within you

Der sterbende König machte einen Schritt zurück, an den Rand des Turms; er fühlte die Hitze des Feuers, fühlte, wie ihn seine Kräfte verließen, fühlte, wie das Leben aus ihm wich. Es kümmerte ihn nicht; er sah nur Sarah. Sarah, die um ihn weinte – Sarah, die endlich zu begreifen schien.
Sanft ergriff er ihre Hand, die noch auf seine Brust drückte, und legte sie sich an seine Wange; das Blut sickerte stärker als zuvor.
„Nein, ich muss-“ Sie wollte ihre Hand weg ziehen, sie erneut auf die Wunde drücken.
„Nein“, sagte er sanft, aber bestimmt. „Ich bitte dich um diesen einen letzten Gefallen ...“
Jareth hatte seinen Arm um ihre Hüfte geschlungen. Sie fühlte, wie er langsam zusammensacken drohte.
„Nein, nein ... ich muss ... ich ... was soll ich nur tun? Jareth, bitte ... ich wünschte, ich- ich wünschte ...“
Sie sah sein Lächeln und wusste, dass es zu spät war. Was geschehen ist, ist geschehen. Sarah wusste mit einem Mal, dass er seine letzte Kraft gegeben hatte, um sie zu heilen. Das Labyrinth starb, und er mit ihm. Sie konnte nicht aufhören zu weinen.
Blutverschmiert ergriff sie mit beiden Händen sein Gesicht. Sandelholz, süß und schwer. Sandelholz.
Ihre Lippen berührten sich und sie schienen jene Welt, die dem Untergang geweiht war, hinter sich zu lassen; Sarah sah die Schleiereule vor sich, die sich im nächsten Augenblick in das seltsamste, schönste Wesen verwandelt hatte. Sie sah Uhren, deren Zeiger in alle Richtungen rotierten; sie sah das große, weite Labyrinth vor sich; sie sah Jareth, umgeben von wunderschönen Frauen, und doch konnte er sie nicht aus den Augen lassen. Für einen kurzen Augenblick schienen sie schwerelos über dem Boden zu schweben. Sarah konnte den Schmerz fühlen, als sie sich ihm entrissen hatte; an seinen verzweifelten Versuch, sie für sich zu gewinnen, bevor sie ihn verbannte.
Dieser Kuss war rein und überwältigte ihre Sinne; sie spürte die Sehnsucht darin, die er so lang verspürt hatte, spürte die unzerstörbare Liebe, die er für sie empfand; eine Liebe, die gefährlich war. Selbst nach allem, das passiert war. Der König hatte gedacht, diesen Hass niemals ablegen zu können; er wollte ihr Leid, wollte, dass sie denselben Schmerz fühlte, den der gefühlt hatte. Dennoch konnte er es nicht. Er konnte sie nicht töten. Mit einem Schlag wurde ihr bewusst, dass er gewollt hatte, dass sie ihn tötete. Er hatte sie dazu provoziert.
Langsam löste er sich von ihr, lächelte. Seine Hand umschloss ihre. „Es musste enden ...“
Ein dünnes Rinnsal seines Blutes lief über sein Kinn. „Du musst jetzt gehen ...“ Er sackte zusammen; Sarah stützte ihn gerade noch. „Nein, ich ...“
In seinem Blick lag etwas Wissendes. In Sarah wuchs ein Gefühl, jenes, dass er sich so lange erhofft hatte.
Dieser Kuss war rein und überwältigte ihre Sinne; sie spürte die Sehnsucht darin, die er so lang verspürt hatte, spürte die unzerstörbare Liebe, die er für sie empfand; eine Liebe, die gefährlich war. Selbst nach allem, das passiert war. Der König hatte gedacht, diesen Hass niemals ablegen zu können; er wollte ihr Leid, wollte, dass sie denselben Schmerz fühlte, den der gefühlt hatte. Dennoch konnte er es nicht. Er konnte sie nicht töten. Mit einem Schlag wurde ihr bewusst, dass er gewollt hatte, dass sie ihn tötete. Er hatte sie dazu provoziert.
Langsam löste er sich von ihr, lächelte. Seine Hand umschloss ihre. „Es musste enden ...“
Ein dünnes Rinnsal seines Blutes lief über sein Kinn. „Du musst jetzt gehen ...“ Er sackte zusammen; Sarah stützte ihn gerade noch. „Nein, ich ...“
In seinem Blick lag etwas Wissendes. In Sarah wuchs ein Gefühl, jenes, dass er sich so lange erhofft hatte.

„Ich habe ein letztes Geschenk für dich.“ Jareth strich mit seinem Finger über seine Wange. Er fing eine silberne, kleine Träne auf; mit einer schnellen Handbewegung formte er einen Kristall daraus. Es war ein mächtiges Geschenk, und beraubte ihn nun endgültig seiner Kräfte. Sarah sah, wie sich sein Umhang langsam aufzulösen schien und wie glitzernde Asche mit dem Wind davon glitt.
„Jareth – nein ... bitte, ich muss doch etwas tun können!“ Ihre Stimme war voller Panik, voller Verzweiflung, doch Jareth lächelte nur. Er ließ den Kristall in ihre Hand gleiten und trat einen Schritt zurück. Dann ließ er ihre Hand los, während sich sein Körper aufzulösen schien.

„Ich liebe dich, Sarah.“

I can't live within you …

Und dann geschah es. Auf seinen Lippen lag ein zufriedenes Lächeln. Sarah schrie, sie schrie dass sich ihre Stimme überschlug, stürzte nach vorne, als Jareth sich mit dem Rücken voran in das Feuer stürzte. Ihre Knie schürften über den Stein, doch sie fühlte es nicht. Alles, was sie fühlte, war dieser Schmerz, der ihr Herz in tausend Stücke zerbersten ließ; sie schrie, und schrie.

„NEIN, NEIN, BITTE ... NEIN!“

Sarah sah den im Wind flatternden Umhang, sah in das schöne Antlitz des Koboldkönigs, der seine Arme weit ausgebreitet hatte; sah das Lächeln.


Jareth blickte zurück auf die junge Frau, die ihren Arm verzweifelt nach ihm ausstreckte und seinen Namen rief; er sah die Verzweiflung in ihren Augen, sah die Tränen. Sie weinte um ihn.
Er konnte nicht anders als zu lächeln. Niemals würden sie zusammen sein, nur diesen einen einen Augenblick lang, in dem sie eng umschlungen getanzt hatten – als sie diesen einen Kuss teilten. Den Kuss, den er so lange ersehnt hatte. Sie liebte ihn, wie er sie immer geliebt hatte. Sie liebt mich. Endlich.
Das war alles, was zählte.


Das Feuer umarmte seinen Körper und der Tod hieß ihn willkommen. Der Boden unter Sarah schien nachzugeben, knackte unheilvoll, ehe er zerbarst; sie sah Teile des Labyrinths, dieser magischen Welt, die sie so lange Zeit begleitet hatte, empor schweben, während sie selbst dem Feuer entgegen stürzte. Sie umklammerte den Kristall fest, sah ihr eigenes Gesicht darin.
„Jareth ...“



Sie schloss die Augen, freute sich darauf, dass der Tod auch sie auffangen würde. Sarah war bereit.



… I can't live within you …

***

NACHWORT



Dieses Kapitel ist mir sehr schwer gefallen zu schreiben. Ich muss zugeben, dass ich mit den Tränen zu kämpfen hatte; ich habe mein vollstes Herzblut in diese Zeilen fließen lassen.  Es ist vielleicht nicht das erhoffte Happy End, aber für Jareth war es das ...

Es wird noch ein Epilog folgen.
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