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Dark Salvation

Kurzbeschreibung
GeschichteHorror, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Hoggle Jareth Lubo Sarah Sir Didymus
31.08.2016
15.04.2023
43
56.915
9
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24.07.2017 1.404
 
Sanftes, gelbes Licht, das durch ihre geschlossenen Lider drang, und ein vertrauter Duft ließen Sarah allmählich zu sich kommen und müde blinzeln. Der nebelige Schleier vor ihren Augen tauchte ihre Umgebung in unscharfe Umrisse, und begann sich nur langsam zu lichten. Ihr Körper fühlte sich schwer und träge an; ihre Finger krallten in den weichen Untergrund, fühlten sich steif an. So tief hatte sie schon lange Zeit nicht mehr geschlafen, und dennoch: dieser Traum hatte sich derart real angefühlt. War es ein guter Traum gewesen? Oder ein Alptraum? Sie wusste es nicht.
Die junge Frau richtete sich auf und ließ den Blick erstmals schweifen. Sie war sichtlich irritiert, als sie die zahlreichen Kerzenhalter erblickte, die den mit weißen Holz getäfelten Raum mit jenem weichen Licht erfüllten, das sie geweckt hatte. Wo war sie?

Sarah schlug die weichen, elfenbeinfarbenen Bettlaken zur Seite und schwang die Beine über den Rand des massiven Himmelbetts; die samtenen Vorhänge waren mit einer ebenso feinen Kordel an die Steher gebunden worden.  
Ihre nackten Füße berührten den kühlen Steinboden. Sie stellte fest, dass trotz der immensen Größe des Raumes sich recht wenig Mobiliar darin befand. Das Kerzenlicht reichte nicht aus, um die detailierte Stuckarbeit der hohen Decke zu beleuchten und warf tanzende Schatten, die Sarah auf unerklärliche Weise frösteln ließen. Ein barocker Frisiertisch mit insgesamt drei Spiegeln lenkte ihre Aufmerksamkeit von dem unheimlichen Schauspiel ab; in dem danebengelegenen breiten, aus Stein gemeißelten prunkvollen Kamin glosten noch Holzscheite und verbreiteten eine angenehme Wärme. Auf dem Sims befand sich eine gläserne Vase, in der ein Strauß getrockneten Lavendels seinen intensiven Duft verbreitete. Sarah bewegte sich auf den alten Frisiertisch zu. Zwei der Spiegel erlaubten einen seitlichen Blick auf ihre zarte Figur und das dunkle Haar, das in sanften Wellen auf ihren Rücken fiel.

Die Seide des bodenlangen Nachtkleides glitt beinah geräuschlos über den Boden, als Sarah auf dem weich gepolsterten Hocker Platz nahm. Ihr Blick glitt über jene Dinge, die sorgfältig auf dem Tisch gereiht lagen: eine Reihe ebenso antik wirkender Gegenstände. Zaghaft berührte sie den Stiel der versilberten Bürste, ehe sie sie umschloss und ihr Haar damit langsam zu kämmen begann. Sarah wusste nicht, warum sie das tat, noch woher dieses merkwürdige Gefühl rührte. Mit einem leisen Klacken legte sie die Bürste zur Seite, berührte die kristallenen Flakons mit honigfarbenen Inhalten und Döschen. Mit ruhiger Hand öffnete sie das kleinste Behältnis und tauchte das Pinselchen, das mit einem Mal in ihrer Rechten lag, darin ein. Ihr blasses, weiches Spiegelbild folgte ihr, als sie ihre Lippen sanft mit der karmesinroten Farbe betupfte und sich anschließend still betrachtete.

Etwas an ihr war anders.
Die kleinen Fältchen, die sich in den letzten Jahren um ihre Augen gebildet hatten und die dunklen Ringe, die von schlaflosen Nächten rührten, waren verschwunden. Sie wirkte jugendlich, doch es waren keine kindlichen Züge mehr. Die dunklen, dichten Augenbrauen und langen Wimpern unterstrichen ihre zart rosigen Wangen und die vollen, weichen Lippen.
Sarah wusste, dass sie verängstigt sein sollte, doch sie war es nicht. Dieser Ort, all diese Dinge – alles schien so vertraut zu sein, obwohl sie sich sicher war, noch nie hier gewesen zu sein.
Sie umfasste den kugelförmigen, kühlen Verschluss eines zerbrechlich wirkenden, schlanken Flakons und hob ihn an; die pastellfarbene Flüssigkeit darin erbebte sanft, als der gläserne Schaft hinaus glitt und Sarah ihn an ihren Hals führte und seitlich über die weiche Haut gleiten ließ. Der feine, süße Duft von weißen Jasminblüten im Frühsommer verbreitete sich.
„Hallo, Sarah.“

Das Bild des sattgrünen Gartens mit den von Jasmin überwucherten Mauern, das sie in ihren Gedanken vor sich sah, verschwand jäh, als die kratzige Stimme direkt hinter Sarahs Rücken ertönte; das glatte, scharf geschliffene Ende hinterließ einen winzigen Schnitt an ihrem weißen Hals, ehe das gläserne Stäbchen ihrer Hand entglitt und auf dem Boden zerschellte. Die junge Frau wirbelte herum. Eine dünne Linie Blut bildete sich, begleitet von einem leisen Brennen, das sie jedoch sofort vergaß, als sie in das zerklüftete Gesicht mit den großen Augen blickte.
„Hoggle!“ Mit einem großen Schritt stieg Sarah über die Scherben, ging in die Knie und umarmte ihn so herzlich, dass er leise japste. „Geht es dir gut? Ich bin so froh, dich zu sehen. Ich dachte, all das wäre nur ein Traum gewesen.“ Als sie die Anspannung in seinem Körper spürte, ließ sie von ihm ab und musterte ihn, die Hände dabei auf seinen Schultern ruhend. „Wo sind deine Sachen? Wo sind wir?“

Die Kleidung, die er trug, war nicht wie sonst vom Staub verschmutzt; sie erkannte, dass er eine Weste aus edlem Samt trug, sowie eine farblich dazu passende Hose und polierte Lederstiefel. Sein Beutel mit den wertvollen Gegenständen, den er immer bei sich trug, fehlte. Stattdessen trug er an den Fingern und Handgelenken funkelnden Gold- und Silberschmuck; nur unter dem geweißten Ärmel des Rüschenhemds blitzten die trüben Plastikperlen des Armbands hervor, das Sarah ihm vor all den Jahren gegeben hatte.
Er schüttelte die Schultern, um sich aus ihrem Griff zu befreien, und machte ein paar Schritte zurück; dabei schüttelte er fast zu energisch den Kopf, während sich die buschigen Augenbrauen zusammenzogen. „Natürlich geht es mir gut, was soll denn diese Frage?“, erwiderte er fast schon säuerlich und richtete seine Weste wieder zurecht, ehe er doch zu lächeln begann. Er wirkte nervös. „Du bist noch ein bisschen schlaftrunken, hm? Wir sind im Schloss.“

Hoggle nestelte an der Tasche seiner Weste, zog eine silberne Taschenuhr hervor und klappte diese mit einem leisen Klick auf, stieß ein „Oh!“ aus und ließ sie wieder in den samtenen Tiefen seiner Weste verschwinden. „Wir müssen uns sputen. Nun komm, keine Zeit mehr.“ Er hechtete zu ihr, umfasste ihr Handgelenk und zog sie von dem Hocker. Sarah begriff nicht, was er damit meinte, bis sie das anders klingende Rascheln des Stoffes hörte und etwas Kühles an ihrem Hals fühlte. Instinktiv fühlte sie danach, spürte geschliffene Kristalle, die sich als Collier an sie schmiegten. Der Stoff des Kleides schimmerte im Licht verschiedenfärbig, formte einen pompösen Rock und gepuffte Ärmel, die jedoch ihre weißen Schultern frei ließen; das Korsett war mit verschiedensten funkelnden Kristallen und kleinen Blüten bestickt worden und schmeichelte Sarahs Dekolletee in einer galanten Art und Weise. Eine weitere Erinnerung wollte die Mauer durchbrechen, die Sarah seit ihrer Jugend um diese Welt errichtet hatte, doch Hoggle musste ihr leichtes Stirnrunzeln bemerkt haben. Seine große Hand schloss sich bestimmt fest, aber vorsichtig um ihr schmales Handgelenk und zog sie hinter sich her, nur um vor der weißen Flügeltür zu halten. Mit der anderen umfasste er den Knauf, drehte ihn jedoch noch nicht. „Du siehst wunderschön aus, ja. Wunderschön.“ Die großen Glupschaugen schimmerten feucht.

„Hoggle, was geschieht hier? Das alles ist mir fremd, aber trotzdem irgendwie vertraut. Bitte, sag mir, was …-“ Seine große, warme Hand drückte ihre sanft, aber bestimmt.
„Du musst jetzt gehen, Sarah“, sprach der Zwerg leise und schien dabei mit seinen Gefühlen zu kämpfen, „es wird Zeit.“
Die Türen öffneten sich und mit einem Mal wurde die Stille, die zuvor geherrscht hatte, unterbrochen von melodischen Klängen und Stimmen, die lachten und miteinander sprachen, von dem Rascheln der schwingenden Ballkleider; ein Saal, so groß, dass Sarah ihn nicht überblicken konnte; er war in verschiedene Ebenen gegliedert, die durch marmorne Treppen mit einander verbunden waren. Geschmückt mit abertausenden brennenden Kerzen, deren weißes Wachs an grotesk schöne Stalaktiten erinnerte, und riesige Seidenkissen, die zum Verweilen einluden. Marmorne Brunnen spendeten Wein, dessen Farbe an Blut erinnerte und Sarah leise schaudern ließen. Die verschiedenen Gerüche, die von orientalischen Gewürzen und unzähligen Blumen herrührten, sowie die prachtvollen Kostüme der Menschenmenge überwältigten Sarah geradezu, sodass sie schon beinahe vergessen hatte, dass Hoggle immer noch ihr Handgelenk hielt.

Erst, als der warme Druck auf ihrer Haut verschwand, besann sie sich kopfschüttelnd wieder. Sie blickte auf jene Stelle an ihrem Handgelenk, um sogleich nach dem Zwerg zu sehen. Irritiert stellte sie fest, dass er einen Schritt zurück gewichen war und inmitten der Flügeltür stand, durch die sie zuvor getreten war.
„Hoggle, was-?“ Sie setzte dazu an, ihm zu folgen, doch hielt abrupt inne, als er den Kopf kaum merklich schüttelte.
Ehe er die Tür hinter sich mit einem Mal schloss und sie an diesem Ort allein zurück ließ, formten seine wulstigen Lippen Worte, die jedoch in einem Meer aus Stimmen und Musik untergingen, doch Sarah taumelte daraufhin erschrocken ein paar Schritte zurück. Das Blut rauschte in ihren Ohren, ihr Mund fühlte sich trocken an, während die Bedeutung jener gegen ihre Schläfen pochte.

„…lauf weg!“
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