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Dark Salvation

Kurzbeschreibung
GeschichteHorror, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Hoggle Jareth Lubo Sarah Sir Didymus
31.08.2016
15.04.2023
43
56.915
9
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02.05.2017 824
 
Der lange, zerrissene Mantel wehte wild mit dem Wind, der hier, am höchsten Turm des Schlosses, herrschte. Das helle, ungezähmte Haar peitschte unablässig in das blasse Gesicht, doch er schien es nicht wahrzunehmen. Drei Kristalle glitten lautlos in seiner Hand, während er still beobachtete, wie sich Stein um Stein die Mauern des maroden Bauwerkes langsam erneuerte. Er ließ den Blick in die Ferne schweifen, entlang der unendlichen roten Sanddünen und dem Platz der Erinnerungen, der, wie der Name schon sagte, unzähligen Dingen, die vielleicht einmal jemanden etwas bedeutet haben mochten, eine neue Heimat bot; dahinter lag sein magischer Wald, der jedoch kaum noch etwas von seiner damaligen Schönheit übrig hatte.

Unwillkürlich zogen sich die spitzen, dunklen Augenbrauen zusammen. Wohin er blickte, entdeckte er rußgeschwärzte Ruinen und niedergebrannte Teile des Waldes, sowie ineinander gestürzte Mauern des Labyrinths; das satte Grün des Heckenlabyrinths war toten braunen Ästen gewichen. Mancherorts stiegen noch dünne Rauchschwaden auf, so als würde tief im Inneren der Erde noch ein Feuer wüten. Es schmerzte den Koboldkönig, seine Welt – sein Herzstück – derart sehen zu müssen. Die Heilung war ein langsamer und mühsamer Prozess, von dem er nicht wusste, wie lange er tatsächlich dauern würde. Tage, vielleicht Jahre … oder niemals?

Die ungleichen Augen fixierten die Kristalle, folgten ihrer gleichmäßigen Bewegung. All das wäre nie geschehen, wäre er dem Ruf des Mädchens kein zweites Mal gefolgt; und dennoch hatte er darauf gewartet, darauf, dass sie ihren Bund nun endlich eingehen würde und das Gleichgewicht wiederherstellte. Und doch war alles anders gekommen. Er senkte für eine Sekunde den Blick, ehe er sich wieder den Kristallen widmete, die seine Geschichte erzählten.
Der Gefährte, den er ihr damals geschenkt hatte, schenkte ihr Schutz und spendete Trost; wann immer er, wie so oft, ein verwunschenes Kind zu sich holte, dachte er daran, nach ihr zu sehen, und doch wusste er, dass die Zeit noch nicht gekommen war. Umso intensiver und deutlich erschien dem König dann ihr lang ersehnter Ruf an jenem Tag, ähnlich jenem vor all den Jahren, sodass er nicht umhin kam, sie bereits am frühen Abend im Park zu beobachten.

Mit einer leisen Überraschung hatte er wahrgenommen, dass sie anders geworden war, bis er sich eines Besseren besann und sich erinnerte, dass Menschen alterten. Sie war erwachsener geworden, und kein kleines Mädchen mehr, obgleich in ihren Augen dieselbe Traurigkeit lag. In jener Nacht braute sich auch ein Gewitter in dieser Welt zusammen; die Luft war geschwängert vom Duft fallender Blätter, die den Herbst begrüßten.
Jene Worte, die ihn letztendlich herbei gerufen hatten, offenbarten ihm jedoch etwas völlig anderes. Sie war nicht erfreut, ihn zu sehen; die Traurigkeit war einer Abscheu und Angst gewichen, die etwas in dem Koboldkönig zerbrechen ließen wie dünnes Glas, und er wusste, dass sie sich nicht an ihn erinnerte, obwohl sie Lanzelot in Ehren hielt und wahrscheinlich selbst nicht einmal genau wusste, weshalb. Stattdessen stand sie wie gelähmt mit Tränen in den Augen da, und konnte nicht glauben, dass er tatsächlich existierte.

Sie hatte die Worte doch gesagt, also wieso war sie überrascht, ihn zu sehen? Wie konnte sie ihn vergessen? Hinter der Angst in ihren Augen funkelte unterdrückte Wut. Er war Sarahs Wunsch nachgekommen und hatte das Kind von ihr genommen, doch es waren keine Tränen der Freude, die in ihren Augen glitzerten.
Ihr Ruf war klar und deutlich gewesen. Irgendwo, tief in ihr, schlummerte das Wissen, was vor all den Jahren in dieser Nacht geschehen war; wie sonst hätte sie ihn persönlich rufen können?

But what no one knew is that the king of the goblins …

Aber sie hatte ihn nicht einfach nur gerufen.

… had fallen in love with the the girl …

Sollte sie damit recht behalten, konnte er tatsächlich so etwas wie Liebe empfinden, etwas, das Menschen eben zu Menschen machte?

… and he had given her certain powers …

Die Kraft, die sie benötigte, um den Tod ihrer Mutter zu verkraften und ihrem Vater eine Stütze zu sein; die Stärke, über den Schikanen ihrer Mitmenschen zu stehen, den Lebenswillen, der sie letztendlich hierhin geführt hatte. Sie war starr vor Angst, wollte nicht verstehen und erneut ihren Willen durchsetzen, flehte und bettelte darum, dass er ihren Bruder zurück brächte. Das Baby war niemals gefährdet gewesen, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als der König erkannte, dass Sarah in ihm nichts weiter als das Böse sah -  also gab er ihr, wonach sie verlangte und so war es geschehen.

Eine lange Odyssee folgte, in der die Geduld des Koboldkönigs immer wieder aufs Neue strapaziert wurde, immer noch darauf hoffend, dass ihre Erinnerung zurückkehren würde; andernfalls würde er das Kind als Zoll einfordern. Dreizehn Stunden im Untergrund, eine halbe Ewigkeit in einer Welt, in der die Zeit nur langsam verging und auch nur so schnell, wie er es wollte; für Sarah hätte er die Zeit auch stillstehen lassen. Dreizehn Stunden, in denen er hoffte, sie würde sich des eigentlichen Grunds besinnen, weshalb sie hier war; der kleine Junge war nur ein Mittel zum Zweck.
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