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Wie Feuer so flammend

von Ashla
Kurzbeschreibung
OneshotAngst, Horror / P16 / Gen
Channary Blackburn Jannali Blackburn Levana Blackburn Marrok Blackburn
19.08.2016
19.08.2016
1
3.230
3
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3 Reviews
Dieses Kapitel
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19.08.2016 3.230
 
»The Ugly Little Princess« ist eine autorisierte Übersetzung aus dem Englischen.

Autor des Originals: Banana Kisses
Das Original: Bitte hier klicken!
Altersempfelung: P12
Protagonisten: Levana Blackburn, Channary Blackburn, Jannali Blackburn, Marrok Blackburn
Kapitelanzahl: 1
Genre: Angst, Horror, Fantasy
Anmerkungen: AU: Levana entscheidet sich dafür, etwas gegen Channarys tadellosen Ruf und die Leute, die sie als ›hässlich‹ bezeichneten, zu unternehmen.

Reviews sind gern gesehen. Falls ihr Verbesserungsvorschläge habt oder einen Rechtschreibfehler, etc. entdeckt, sagt mir Bescheid. :)


Als sie geboren wurde, hatte man Prinzessin Levana gesagt, dass sie wunderschön sei.

Ihre ältere Schwester, die Kronprinzessin, dagegen hatte immer das Gegenteil behauptet. Du bist hässlich. Keiner liebt dich. Nichts in aller Welt hast du verdient. Doch bei Hofe flüsterte man unaufhörlich über ihre Schönheit und von den Zofen, die sie täglich einkleideten, bekam man erzählt, dass sie die schönste kleine Blume sei, die es gab. Königin Jannali küsste Levanas Stirn und fuhr ihr durchs Haar, während sie liebende Worte gurrte und um sich warf, und Levana konnte nicht anders, als sie zu glauben.

Solange, bis Channary beschloss, ihr Gesicht in ein Feuer zu drücken. Eine kleine Manipulation, eine kleine Lüge, und sie fand sich mit einer üblen Verbrennung am Auge und gelähmtem Gesicht im Krankenflügel wieder. Levana hatte nie genau verstanden, warum Channary es an jenem Tag getan hatte – vielleicht war sie eifersüchtig, oder verärgert, oder einfach nur grausam –, doch danach hörte das Geflüster auf, und Jannali nahm sich nicht mehr Zeit für sie. Jedermann sagte, dass ihre Tollpatschigkeit Grund ihrer Entstellung sei, dass ihre Dummheit sie ins Feuer geführt und Channary sie schlichtweg gerettet hätte, wie es jede gute Schwester tun würde. Keiner glaubte Levana, als sie weinte und sagte: Nein, es war Channary, sie hat ihren Zauber gegen mich eingesetzt, das tut sie seit Jahren schon, es ist nicht meine Schuld! Es hätte sie nicht überraschen sollen. Ihre Eltern hatten ihr schon immer jede Lüge geglaubt, die Channary ihnen aufgetischt hatte, ganz gleich wie unverschämt sie auch war.

Nach dem Vorfall wurde Levana aus dem Krankenhaus entlassen und ihr wurden wieder eigene Gemächer weit weg von denen der Kronprinzessin zugeteilt. Drei Jahre lang weigerte sie sich, mit Channary zu sprechen. Wann immer Channary versuchte, einen Streit heraufzubeschwören, drehte sich Levana nur um und ging weg. Wann immer Channary sie schlug oder schubste, lag Levana nur am Boden, bis ihre Schwester es müde wurde und sie allein ließ. Keines der anderen Kinder der Familien wollte mehr mit ihr spielen. Levanas Zauber war noch nicht sonderlich stark, und so erwies es sich als schwierig, auf Dauer Illusionen aufrechtzuerhalten, um ihr hässliches Gesicht zu verbergen. Sie wurde schonungslos verspottet von allen und jedem, ihre Stellung bot ihr nicht länger Schutz vor ihren Beleidigungen. Spiegel wurden zu ihrem größten Feind, und sie mied sie wie die Pest.

Als sie zehn wurde, brach Levana zusammen und sie flehte die Chirurgen an, sie zu operieren, alles zu geben, um sie wieder präsentabel zu machen. Sie erinnerte sich nicht an vieles, was während der Operation geschehen war, doch sie konnte den Moment nicht vergessen, wie es sich anfühlte, aufzuwachen und wieder mit beiden Augen sehen zu können. Der Chirurg, der sich ihrer angenommen hatte, war der Beste seines Fachs, und hatte es geschafft, einen Weg zu finden, ihr Auge zu öffnen und ihre gezeichnete Haut ohne große Schwierigkeiten durch Neue zu ersetzen, ohne auch nur eine Transplantation. Neue Stammzellen waren ihre Rettung; selbst ihr Haar hatte angefangen, nachzuwachsen.

Es dauerte weitere zwei Jahre, bis Levana den Mut aufbrachte, ihr eigenes Spiegelbild anzusehen. Widerwillig war sie zum das Schlafgemach ihrer Mutter gegangen, denn die Königin hatte darauf bestanden, Levana dabei zu helfen, sich für ihren ersten offiziellen Auftritt bei Hofe fertigzumachen. Der ominöse Spiegel, der auf der gegenüber liegenden Seite des Raumes lag, plagte sie wie ein Geist, während Jannali das Kleid ihrer Tochter glatt strich, an der Tiara in ihrem Haar und an den Rosen an ihrem Ausschnitt herumnestelte.

»Oh, du siehst so schön aus, Liebling …«, gurrte Jannali, und Levana sah auf ihre Hände hinab.

»Ich dachte, ich sei hässlich.«

Jannali legte leicht verärgert die Stirn Falten, während sie Levana den Pony aus der Stirn strich. »Nicht mehr. Du bist wundervoll«, sagte sie.

Levana hob eine Augenbraue. »Bist du deshalb schließlich gewillt, wieder Zeit mit mir zu verbringen, Mutter?«

Jannali presste die Zähne auf die Lippen, ihre gespenstisch weiße Haut rötete sich vor Zorn. »Hör auf, so respektlos zu sein.«

Levana fühlte eine Mischung aus Wut und Hass in ihrem Bauch hochkochen, und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Jannali nestelte weiterhin an der Schleife herum, die um Levanas Taille gebunden war. »Da«, sagte die Königin und klatschte in die Hände, »du bist bereit.«

Levana fühlte, wie ihre Mutter sie vor den Spiegel stieß, und sie wand sich, von Furcht ergriffen. Der Feind hing vollkommen selbstgefällig an der Wand, der Metallrahmen schimmerte im Licht des Raumes. Jannali ignorierte die Bemühungen des Widerstand des Mädchens und manövrierte sie direkt vor das entsetzliche Glas.

Der Anblick genügte, um ihr den Atem zu nehmen. Das Mädchen starrte auf ihre rosigen Wangen und funkelnden Augen und glänzendes, braunes Haar, das ihr in kunstvollen Locken bis zur Taille fiel. Ihr Gesicht war vollkommen, nichts war von den Verbrennungen noch zu sein, abgesehen von einer undeutliche Narbe, die von ihrer Wange bis zu ihrer Brust zog; man musste genau hinschauen, um sie überhaupt zu sehen. Wo einst zerstörtes Fleisch war, übersät mit Furchen und Kratern, war jetzt nur noch seidig weiße Haut. Das violette Kleid, das sie trug, passte ihr perfekt, war kunstvoll gearbeitet und zeigte ihre erblühende Figur, halb Mädchen, halb Frau, in der frühen Phase des Erwachsenwerdens.

Levana merkte, dass ihr Tränen in die Augen traten. Sie war wieder schön. Wie Channary, wie jeder Andere bei Hof. Jannali lächelte über Levanas Schulter hinweg, während sie die Hand der Prinzessin drückte. Ihr wahres Spiegelbild war offenbart: ihr kastanienbraunes Haar und ihre gebräunte Haut und das perfekte Lächeln – der Channary-Klon. Vielleicht war Channary aber auch der Jannali-Klon. Levana war sich dessen nicht sicher, aber sie interessierte es auch nicht, das herauszufinden. Sie hasste sie alle beide.

»Gefällt dir, was du siehst?«

»Ja«, log Levana, während sie sich ein freundliches Lächeln abrang. »Die Chirurgen haben gute Arbeit geleistet.«

Jannali kicherte. »Ich bin froh, dass du das denkst. Dein Glück bedeutet mir so viel, Liebling.«

Levana kämpfte ein Schnauben hinunter. Lügnerin.

Die Prinzessin kümmerte es nicht, auch nur einem weiteren Wort zu lauschen, das die Königin aussprach. Sie hatte vergessen, dass sie die Hand ihrer Mutter hielt, während Jannali sie die Halle entlang zum Thronsaal geleitete. »Den Leuten wird vor Sprachlosigkeit der Mund offen stehen«, sagte sie und wedelte mit der Hand in der Luft herum, während sie lief. »Sobald sie dich ansehen, wirst du alles sein, worüber sie in denen nächsten Wochen sprechen.«

Levana nickte und blickte schnurstracks geradeaus. Natürlich werden sie das tun. Sie können nicht widerstehen, um ein nagelneues Spielzeug herumzuscharwenzeln.

Das Knarzen der Tür hallte noch in Levanas Kopf nach, während die beiden in den Hintereingang des Thronsaals geführt wurden, und die dicken roten Vorhänge, die sie vom Hofstaat trennten, raschelten kaum merklich in der Brise. Levanas Vater stand bei ihrer Schwester, beide schrecklich und zugleich wunderschön; etwas, das das Auge erfreute und dennoch in jedem anderen Sinne abstoßend war. Levana verspürte plötzlich den Drang, ihnen ins Gesicht zu spucken.

Aus einer gekünstelten Geste der Zuneigung heraus hakte König Marrok seinen Arm in den seiner Frau unter, eine Geste, von der jeder auf den ersten Blick sah, dass sie nur gespielt war. Levana beäugte sie mit wohl getarnter Verachtung, als sie aus dem Blickfeld verschwanden, und der Applaus der Adligen war zu hören, als sie angekündigt wurden. Channary lächelte und warf ihr Haar nach hinten, sodass es gegen Levanas Gesicht schlug, bevor sie ihnen folgte, Beifallrufe und ehrfürchtige Seufzer begleiteten sie bei jedem Schritt.

Während Levana dastand und aufmerksam zuhörte, wann ihr Name aufgerufen wurde, begann sie, einen Plan zu ersinnen. Es war eine immerzu ereignisreiche Tätigkeit; ihre Gabe war innerhalb kürzester Zeit immer stärker geworden, und ihre Verwandlungen komplizierter und kreativer, mit jedem Mal, das sie sich hinsetzte und nachdachte. Einmal hatte sie sich die gleiche Silberschattierung wie die an jeder Wand im Palast angenommen und war den ganzen Tag lang unbemerkt geblieben. Eine unsichtbare Prinzessin; nicht mehr als ein Geist.

Flammen leckten im hinteren Teil ihrer Gedanken, und sie stellte sich vor, wie Rauch ihre Nasenlöcher und ihren Hals füllte und ihre Lungenflügel zerstörte. Sie stellte sich vor, wie sie wieder zu einer Sechsjährigen in einem zerlumpten Kleid und mit einem guten Stück abgeschnittenen Haares an ihrem Hinterkopf wurde –

»Und nun folgt: Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Levana!«

Bei diesen Worten schoss ihr Kopf herum, und sie schob den Vorhang mit zitternder Hand zur Seite. Die Zeit schien stehen zu bleiben und der Boden unter ihr zu schlingern.

Das kollektive Aufkeuchen der Menge war der vermutlich befriedigendste Laut, den Levana je gehört hatte.

Rasch getoppt wurde dieser von erschreckten und angsterfüllten Schreien. Levana sah mit einem Lächeln zu, während einige der Adligen bei ihrem Anblick in ihren Sitzen ohnmächtig wurden. Natürlich wusste sie genau, was sie sahen – nicht das hübsche kleine Mädchen im Spiegel, sondern vielmehr eine Kreatur, die aussah, als wäre sie aus dem tiefsten Schlund der Hölle gekrochen, ein Dämon, so Grauen erregend und flammend und SO LEIBHAFTIG–

Levana warf ihnen ein Grinsen zu, knickste und genoss das Keuchen und die Schreie der Adligen. Sie war abscheulich, vermutlich die abscheulichste Kreatur, die jeder dieser Pfauen jemals gesehen hatten, so abscheulich, dass viele von ihnen kurz vor dem Erbrechen waren. Ihr Gesicht war mit blutroten Flecken ausgehöhlt, ihr Fleisch kochte und Flammen leckten an ihrem ruinierten Kleid, aber der Stoff blieb dennoch verschont. Sie hatte keine Nase, nur zerklüftete Höhlen, die sich leise schnaubend hoben, wenn sie Luft holte. Ihre Lippen waren größtenteils abgeschmolzen, was den Blick auf ihre zusammengebissenen Zähne zuließ.

Ein durchdringender Schrei durchstieß den Lärm, und Levana wandte sich um, wo sie Channary mit vorgehaltener Hand rückwärts stolpern sah, ihre Augen groß wie Untertassen. Jannali schloss sich der Prinzessin bald an, ihre glänzende Haut wurde noch bleicher als gewöhnlich. Der König stand an seinem Thron, wütender und überraschter und verängstigter als alle Anderen.

Verängstigt. Der große König Marrok, verängstigt durch seine hässliche, kleine Tochter. Der Gedanke wollte Levana laut auflachen lassen.

Stattdessen hielt sie die Hand von sich gestreckt und schwebte seltsam anmutigen Schrittes zu ihnen hinüber, Flammen rollten vom Saum ihres Kleides und versengten den Fußboden. Das Feuer war natürlich nicht echt, doch das mussten sie nicht wissen. Jeder von ihnen schreckte zurück, als wäre Levana im Begriff, sie mit ihrer versengenden Berührung zu verbrennen, doch ihre Befürchtungen waren völlig unbegründet. Immerhin waren sie nicht ihre Schwester.

»Einen schönen Nachmittag an dich, Vater«, sagte sie mit der Andeutung einer Verbeugung. Marrok sagte nichts, sondern starrte sie lediglich mit offenem Mund an. Dann grinste Levana, als sie sich zu Channary umwandte. »Und einen guten Tag an dich, Schwesterherz. Auf die Zusammenkunft mit dem Hofstaat, aus der du dir so viel machst, habe ich mich sehr gefreut«, kicherte sie. »Ich muss sagen«, fuhr sie an die Menge gewandt fort, »dass ihr alle heute wunderbar ausseht. Solche Mühen verdienen wirklich Anerkennung! Sagt mir, schätzt ihr meine Mühen? Gefällt euch meine Verwandlung?«

Im Raum war es totenstill, so sehr, dass Levana ihre Entscheidung beinahe bereute. Doch jede Reaktion, egal ob negativ oder peinlich, war besser als überhaupt keine. Sie stand da und wartete, das Feuer wütete weiter. Dann grinste Levana, drang in die Köpfe der Anwesenden ein und ließ sie sehen, wie scheußlich und missgestaltet sie war und dass sie sich fürchten sollten!

»Levana, das reicht – lege diesen Zauber sofort ab«, knurrte der König mit tiefer und gefährlicher Stimme.

»Nun, Channary? Was denkst du?«, fuhr Levana fort, als hätte Marrok nie etwas gesagt. »Gefällt dir das? Das muss es, denn du bist so weit gegangen, um das hier zu erreichen.«

Channarys Augen wurden noch größer, und sie sah aus, als würde sie vor Scham anfangen, zu weinen. »Wovon redest -«

»Oh, du weißt genau, wovon ich rede. Komm her, kleine Schwester, ich möchte dir etwas zeigen. Was sollen wir verbrennen? Kommt dir das bekannt vor?«

»Levana, ich zähle bis drei!«

Levana wandte sich um und sah den König an. »Natürlich war ich jung und töricht; wie hätte erkennen sollen, was das für mich bedeuten würde?«

Jeder im Raum hing an ihren Lippen, und einige der Adligen hatten bereits hinter vorgehaltener Hand zu flüstern begonnen. Levana grinste. Erste Gerüchte wurden in die Welt gesetzt.

Sie stieß ein kleines Quieken aus, als sie sich von starken Handgriffen am Rücken ihres flammenden Kleides gepackt fühlte, und ihr Zauber fiel durch ihren plötzlichen Schreck von ihr ab. Die Spannung im Raum schien mit dem Ablegen ihrer feurigen Gestalt augenblicklich zu verpuffen. Marroks Augen schienen ihre Seele zu durchbohren, als er sie aus dem Thronsaal schleifte und der Obhut einer nahe gelegenen Zofe überließ.

»Was habt Ihr dieses Mal wieder angestellt, Eure Hoheit?«, erkundigte sich die Zofe, während sie die Prinzessin zurück zu ihren Gemächern geleitete. Levana lief neben ihr mit durchgestrecktem Rücken, hoch erhobenen Hauptes und vor Stolz anschwellenden Herzens.

Sie sagte einfach: »Ich habe Channary blamiert. Es war sehr amüsant.«

Die Zofe hob eine Augenbraue, doch sie fragte nicht weiter nach. Ihre erste Frage war bereits ein Verstoß gegen die unausgesprochene Regel, sich nicht mit höher Gestellten zu unterhalten.


Jannali hatte recht behalten: Über Monate hinweg redeten die Adligen über diese Zusammenkunft, aber nicht aus dem Grund, den sie sich erhofft hatte.

Sie sagten, Levana sei hässlich. Natürlich war das nichts Neues. Doch es war die Furcht, mit der sie es aussprachen, war das, was Levana aufmerksam ihren Gesprächen lauschen ließ, bevor sie sie bemerkten und sich von ihr entfernten, genauso wie sie es immer taten.

Doch es ging auch leises Geflüster um, das erzählte, wie Channary ihre Schwester angegriffen hatte, Prinzessin Levana versucht hatte, sich aus ihrem Griff zu befreien und dennoch verbrannt und entstellt wurde und was für ein Monster Channary sein musste, denn wer könnte das einem Kind antun, vor allem, wenn dieses Kind die eigene Schwester ist?

Dies waren die Worte, die Levana zum Lächeln brachten.

Ganz allmählich vermieden die Hofdamen es, mit der Kronprinzessin zu verkehren, denn sie fürchteten, dass sie sie ebenfalls in Feuer stoßen und ihre wunderschönen Gesichter verunstalten würde. Bald darauf gingen ihr selbst die Männer aus dem Weg, trotz der Art, wie sie sich vor ihnen präsentierte. Channary war zur Außenseiterin geworden. Dämonin, flüsterte man bei Hofe. Ich werde niemals wieder ein Wort mit ihr wechseln, sagten die Edelmänner. Und sie soll unsere Königin werden?

Die nächsten folgenden paar Jahre behielt Levana, wohin sie auch ging, ihren jeden bestürzenden Zauber konstant aufrecht und stellte ihn dem Hofstaat auch bei Bällen zur Schau. Ihr wurde es zu einer Gepflogenheit, bezaubernde Kleider zu tragen, die aussahen wie flammende Stofffetzen in schwarz und rot und orange. Ihr einziges Diadem war eine Platte schwarzen Regoliths, in welches Rubine und Onyxe eingelassen waren, wie ihre Augen. Mit ihrer Deformierung im Gesicht und ihrem gebrandmarkten Körpers sah sie aus wie ein grotesker Abklatsch jenen Kindes, das vor so vielen Jahren aus einem Kamin gezogen wurde.

Zweifellos war ihr der liebste Teil des Tages das Abendessen, wenn die königliche Familie zusammen im extravaganten Saal saß, der extra zu diesem Zweck gebaut wurde, um zu speisen. Levana liebte es, ihren Eltern dabei zuzusehen, wie sie unruhig auf ihren Plätzen hin und her rutschten, während sie ihr Abendessen einnahm, flammend und grotesk. Schuld. Ihre Augen schienen Schuld auszudrücken, aber Levanas Augen mochten sie täuschen. Channary sah stets so aus, als würde sie in Levanas Anwesenheit ohnmächtig werden; ihr Gesichtsausdruck veranlasste Levana immer zu einem unterdrückten, boshaften Kichern.

Während Levanas Fähigkeit, Zauber zu beschwören mächtiger geworden war als es jemals jemand in diesem Maße gesehen hatte, war sie zumindest den Dienern häufig genug gnädig und ließ sie einfach ein gewöhnliches, vierzehnjähriges Mädchen sehen, mit einem hübschen Gesicht und ohne Haut, die von ihren Knochen schmolz. Die Wahrnehmung anderer zu manipulieren, damit sie unterschiedliche Dingen sahen, war für sie ein absolutes Kinderspiel.

Sie ging als scheußliche Kreatur durchs Leben. Levana lachte und verspottete jeden, der vor ihr zurückschreckte, jeden, der sich angewidert von ihr distanzierte.

Früher hatte sie sich gefühlt, als wäre sie unsichtbar.

Nun würde sie niemals vergessen werden. Es gab keinen Weg zurück mit ihrem Zauber, der selbst ihren Eltern Angst einflößte. Es gab keinen Weg zurück, denn sie hatte Channarys tadellosen Ruf ruiniert.

Die Kronprinzessin wurde zum Gespött der Leute von ganz Artemisia. Keine Frau wollte mit ihr Tee trinken. Kein Mann wollte das Bett mit ihr teilen. Auf ewig war sie nun als Teufelin bekannt, als die Hexe, die Kinder verbrannte, einer Frau, der es nicht gestattet sein sollte, den Thron zu erben. Sie ist dumm, sie ist faul, sie wird UNS ALLE ruinieren! SIE WIRD UNS VERBRENNEN!

Nur einige Wochen vor ihrem sechzehntem Geburtstag wurden Levanas Eltern von einer wütenden Hülle getötet, und die Geschichte dazu war in aller Munde; dass sie ins Schloss sich geschmuggelt hatte, dass König und Königin völlig wehrlos gewesen waren und wie überaus schwach sie gewesen mussten, sich von einem Wahnsinnigen töten zu lassen. Channary wurde schnell zur Königin gekrönt, während die Regierung verzweifelt damit rang, die Nation wieder auf die Beine zu bekommen.

Jedoch waren ihre Hoffnungen vergebens, denn ein jeder Trottel hätte mehr politischen Anspruch bewiesen als Königin Channary von Luna. Die Gerüchte und das Geflüster hinter Channarys Rücken wuchs, und Levana war nicht einmal überrascht, als sie eines Nachts hinter der verschlossenen Tür des königlichen Gemachs Schluchzer von innen vernehmen konnte.

Aber das war nicht das, was Levana wirklich glücklich stimmte. Nein, es war Geflüster darüber im Umlauf, dass sie später einmal statt ihr den Mond regieren würde. Dass sie eine viel bessere König werden würde, die beste, die jemals gelebt hatte. Der Hofstaat hatte angefangen, hinter Channarys Maske zu blicken, und klammerte sich an jedes von Levanas Worten. In diesem Punkt hatte sie Channary die Show gestohlen, denn die Lunarier bei Hofe ignorierten die Königin völlig und hörten stattdessen die bevorzugte, junge und dennoch weise Prinzessin an. Die Regierung sah sie als ihre Rettung an, als Erhörung ihrer Gebete.

Sie wollten sie.

Ungefähr ein Jahr nach Channarys Krönung fand sich Levana wieder vor dem Spiegel ihrer Mutter wieder, die zu den Gemächern der Königin umgezogen waren. Channary war draußen in ihrem Solarium, um dem Klatsch der Diener zu entkommen.

Levana legte eine Hand auf das Glas. Sie runzelte die Stirn, während sie ihr Spiegelbild musterte, ihr perfektes Gesicht, ihre reine Haut, die kürzliche Entfaltung ihrer Kurven. Mit der Hand fuhr sie sich durch das kastanienbraune Haar und wickelte sich eine Locke um den Finger. Sie war seidig und roch nach Kokosnuss.

Das Mädchen, das sie im Spiegel sah, würden die meisten wohl als schön bezeichnen, doch Levana wusste es besser. Keine Operation der Welt konnte je verbergen, wie hässlich sie war. Diese vollendet schöne Person war nicht sie, und würde es auch niemals sein. Levana sehnte sich danach, wegzuschauen, in die Verkleidung zu schlüpfen, die ihr die Liebste war, diejenige, die noch immer wusste, dass sie sie selbst war. Sie wusste, dass sie nicht schön war. Channary war schön. Jannali war schön; und sie waren Närrinnen.

Levana jedoch war keine Närrin.

Sie wurde respektiert. Sie wurde angebetet. Sie war scheußlich.

Die hässlichste Prinzessin, die Luna je gesehen hatte.
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