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Gewähltes Leben und Schicksal

Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Liebesgeschichte / P18 / MaleSlash
11.08.2016
13.04.2019
12
22.667
2
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26.05.2017 1.421
 
Enthüllungen


Seit mittlerweile acht Wochen lebte Rick nun wieder im Hause seiner Kindheit. Nur einen Tag nach dem Vorfall mit Johnny hatte sein Chief ihn angerufen und ihm erklärt, dass er mit sofortiger Wirkung suspendiert war und er seine Marke und Dienstwaffe abzugeben hatte. Calebs Blick, als er auf dem Revier erschienen war, um dies zu tun, hatte sich bei ihm eingebrannt. Nur kurz hatten sie Worte miteinander gewechselt. Caleb hatte bereits gewusst, was am Vortag passiert war. Auch er wollte wissen, was vor sich ging, doch hatte Rick für seinen guten Freund nur die gleichen unbefriedigenden Worte wie für Johnny. Es tat ihm leid, aber es war auch für sie das Beste.
Sein Vater, sein Bruder und sein Onkel waren vor zwei Wochen nach Sizilien geflogen. Rick und Matteo hatten beide beschlossen in Boston zu bleiben. Er hatte mittlerweile das ungute Gefühl, dass sein Cousin etwas vor ihm verheimlichte, aber da konnte er sich auch irren… Abends saßen die beiden meisten bei einem Bier zusammen und sprachen über so manches Thema. Mal war es die glückliche Vergangenheit, dann wieder wie Rick, sich damals von der Familia losgesagt hatte. Auch über Giotta redeten sie hin und wieder und darüber, wie Johnny Rick das Herz gebrochen hatte und er Johnny. Aus welchem Blickwinkel man es auch sehen wollte...
Auch diesem Abend saßen sie wieder beisammen. Matteo wirkte völlig nervös.
„Ist heute irgendetwas passiert?“
„Warum fragst du?“, wollte Matteo von seinem Cousin wissen.
„Warum ich frage? Du stehst doch völlig neben der Spur.“
„Ich muss mit dir reden.“
„Du kannst mit mir über alles reden. Das weißt du.“
„Du musst mir versprechen, dass es niemand erfährt. Du bist der Erste, der es je erfährt.“
„Was hast du ausgefressen? Aber du klar. Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab.“
„Wenn du das nicht tust, befördere ich dich in ebendieses.“
„Ich weiß.“
Matteo atmete noch einmal tief durch. Er musste jetzt seinen ganzen Mut zusammennehmen. „Weißt du noch, wie ich mich damals total von dir und Giotta distanziert habe, nachdem ihr uns gestanden hattet, dass ihr ein Paar seid?“
„Wie könnte ich das vergessen? Du warst auf einmal nicht mehr… du. Uns gegenüber jedenfalls.“
„Ich weiß und es wird Zeit, dass du Grund erfährst, warum das so war.“
„Der Grund war doch, dass wir schwul waren.“
„Nein, eben nicht.“
Rick klappte die Kinnlade auf. „Das war nicht der Grund?“
„Naja… Schon irgendwie, aber eigentlich auch wieder nicht.“
Verständnislos starrte Rick ihn an. „Was? Drück dich mal klarer aus, Matteo?“
„Der Grund… Der Grund war Eifersucht und Neid.“
„Äh was?“
„Ich war sauer, weil die Familie euch einfach ganz normal behandelt hat, es einfach hingenommen hatte. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass sie es einfach akzeptieren, wenn einer der Ihren Männer liebt. Damals war ich auf mich selber sauer, dass ich nicht den Mumm hatte, es euch allen zu gestehen.“
Rick traute seinen Ohren nicht. Hatte Matteo ihm gerade das gesagt, was er meinte gehört zu haben? Verstand er es wirklich richtig?“
„Matteo willst du mir damit sagen…?“
„Ich bin Bisexuell.“
„Seit wann zum Henker weißt du das?“
„Seit ich 15 bin.“
„Und kein Sterbenswörtchen zu Niemandem? Nicht mal zu Giotta und mir? Warum?“
„Aus dem gleichen Grund, weshalb ich mich ausgerechnet von euch beiden distanziert habe?“
„Was?“
„Ich war eifersüchtig.“
„Warum?“
Matteo fiel es sichtlich schwer, das was nun kam, auszusprechen: „Weil Giotta der Grund war, weshalb ich gemerkt habe, dass ich Männer genauso mag, wie Frauen.“
„Du warst in Giotta verliebt?“
„Ja.“
„Oh Matteo… Warum hast du nie etwas gesagt?“
„Weil ich euch nicht im Weg stehen wollte. Ich habe euch euer Glück so gegönnt, aber es tat auch weh. Giotta hat dich geliebt. Es hätte nichts geändert, wenn ich ihm meine Gefühle gestanden hätte. Dennoch wäret ihr zusammengekommen und nur so hätte es auch kommen dürfen.“
Traurig blickte Rick seinen Cousin an, doch der lächelte. „Ich weiß, dass du hin und wieder mal ne Freundin hattest. Und was ist mit…?“
„Da gab es mal so die ein oder andere kleine Geschichte, doch nie etwas wirklich Ernsthaftes.“
„Gehst du auch mal feiern?“
„Weißt du doch.“
„Ich meine in Schwulenclubs.“
„Mit der Gefahr dir über den Weg zu laufen?“
„Nie?“
„Ich war ein paar Mal in Italien in welchen und auch in New York, L.A. und Vegas mal, aber nie oft.“
„Wir gehen heute Abend feiern.“
„Spinnst du?“
„Warum denn nicht?“
„Vielleicht weil wir Johnny über den Weg laufen könnten? Noch weiß keiner, wer du wirklich bist und eigentlich war der Plan, das so lange wie möglich beizubehalten.“
Verdammt… Da hatte er recht. „Dann gehen wir sobald wie möglich, mal außerhalb Bostons feiern. Ich könnte auch mal wieder ficken.“
„Das kannst du laut sagen. Ich habe festgestellt, dass Männer dir viel bessere Blowjobs verpassen können.“
„Interessant.“ Rick grinste über das ganze Gesicht. Das war eine Seite von Matteo, die er nicht kannte und die er auch nie an ihm vermutet hätte.
„Rick, du hältst die Klappe vor den Anderen?“
„Klar, aber ganz ehrlich: Ich finde, du solltest es ihnen sagen. Bei mir haben sie kein Problem, warum sollten sie es dann bei dir haben?“
„Ich weiß…“

Obwohl Matteo und Rick schon lange wieder ziemlich dicke miteinander waren, hatte das Gespräch noch einmal mächtig das Eis zwischen ihnen gebrochen. Matteo genoss es richtig, wenn sie beide unterwegs waren und Rick auf einmal meinte, wie heiß doch der Kerl war, der gerade an ihnen vorbeigelaufen war. Zum ersten Mal konnte Matteo ganz offen mit jemanden über Männer reden und von ihnen schwärmen. Er kam sich wie ein alberner Teenager vor, aber er genoss es mit ganzem Herzen.


Rick saß mit Matteo beim Abendessen, als sein Handy klingelte. Als er auf das Display blickte, verschluckte er sich an dem halb heruntergeschluckten Bissen.
„Was?“, wollte sein Cousin wissen.
Er antwortete nicht, sondern nahm den Anruf mit einem mehr als mulmigen Gefühl in der Magengegend entgegen.
„Caleb. Warum rufst du an?“
„Weil ich die Wahrheit will.“
„Caleb. Ich kann dir nur das gleiche sagen, wie schon vor neun Wochen.“
„Ich habe recherchiert. Wir müssen uns treffen.“
„Wo?“ Ihm gefiel es ganz und gar nicht, aber er musste herausfinden, was Caleb herausbekommen hatte.
Nachdem sie Treffpunkt und Zeit geklärt hatten, legte er auf und sah in Matteos kreidebleiches Gesicht.
„Du kannst dich nicht mit ihm treffen!“
„Ich muss.“
„Und wenn er mit den Cops aufwartet?“
„Daran habe ich auch schon gedacht, aber das Risiko muss ich eingehen.“
„Ich wünschte, ich könnte mitkommen.“
„Ob du es glaubst oder nicht: Ich wünschte mir das auch.“

Am nächsten Samstag stand Rick vor Calebs Haustür. Kol war mit den Kindern übers Wochenende bei seinem Vater. Ihm war gelinde gesagt schlecht, als die Tür sich öffnete.
„Komm rein.“ Kein Hallo.
Als sie sich gegenübersaßen, fing Caleb ohne Umschweife an, zu erzählen.
„Ich habe bei deiner Bewerbung bei der Polizei angefangen. Dein Lebenslauf. Alles gefälscht. Brillant gefälscht, aber gefälscht. Du bist aus dem Nichts aufgetaucht.“
„Und? Hast du rausgefunden, wer ich wirklich bin?“
„Nein. Jedenfalls noch nicht. Aber ich bin in Kontakt mit den italienischen Behörden. Ich werde schon noch rausfinden, wer du bist.“
„Freue dich nicht zu früh Caleb.“
„Was ist aus dir geworden?“
„Der Mann, der ich schon immer war.“ Und ehe er nachgedacht hatte, war der Satz, der ihm zum Verhängnis werden könnte, über seine Lippen: „Ich werde nicht zulassen, dass ein Unschuldiger für etwas hingerichtet wird, dass er nicht getan hat.“
„Was?“ Caleb musste nicht nachfragen, von wem Rick redete. „Du glaubst, dass Algeroba unschuldig ist?“
„Ich weiß.“
„Du arbeitest wirklich für ihn. Von allen, die ich kenne, warst du der Letzte, den ich für korrupt gehalten hätte.“
„Ich bin nicht korrupt.“
„Du wirst also nicht von ihm bezahlt?“
Warum sollte er seinen Sohn bezahlen? , fragte sich Rick im Stillen.
„Nein.“
„Du leugnest aber nicht, dass du mit Mafiosi in Kontakt stehst.“
„Würde es denn etwas bringen? Schließlich habe ich meinen Namen in Italien ändern lassen.“
„Du bist auf deine Taten auch noch stolz?“
Das war er wirklich. Er war wieder der Mann, der er vor der Polizei gewesen war. Er war stolz ein Algeroba zu sein.
„Ja. Das bin ich.“
„Ich werde die Wahrheit herausfinden.“
„Weißt du was, Caleb? Daran habe ich noch nicht einmal Zweifel.“
„Willst du nichts dagegen tun? Caleb, verstehe doch. Ich verschweige euch das nicht alles, weil ich mich schützen will, sondern euch. Ihr seid meine Freunde. Johnny ist der Mann, mit dem ich mein restliches Leben verbringen wollte. Um eurer Willen musste ich dieses Opfer bringen.“ Mit diesen Worten stand Rick auf und ging.
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