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Die Bürde der schwarzen Magier III - Das Heiligtum von Yukai

Kurzbeschreibung
GeschichteAbenteuer, Fantasy / P18 / Mix
Hoher Lord Akkarin Lord Dannyl Lord Dorrien Lord Rothen Regin Sonea
02.08.2016
04.06.2019
56
813.938
87
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290 Reviews
Dieses Kapitel
4 Reviews
 
20.03.2018 14.615
 
Hallo ihr Lieben,

Da zu der neuen Waffe der Diebe hier und da ein paar Fragen aufkam, werde ich zu ihrer Funktionsweise noch ein wenig mehr schreiben, wenn sie das nächste Mal zum Einsatz kommt. In ein paar Kapiteln werde ich an passender Stelle auch noch einmal die Funktion des Palastmeisters im Fall, dass es keinen Herrscher gibt, erläutern, da seit „Die zwei Könige“ mittlerweile doch etwas Zeit vergangen ist.

Kleiner Funfact am Rande: In diesem Kapitel gibt es eine Szene mit einem kleinen Ekelfaktor. Zumindest erging es mir beim Schreiben so. Ihr könnt gerne raten, welche es ist ;)

Tausend Dank an Emmi, Silberschatten, Black Glitter, Sabrina Snape, Gryphenkind und Lady Alanna für die Reviews zum letzten Kapitel :)


Und jetzt viel Spaß mit dem neuen Kapitel :)



***



Kapitel 42 – Seiten wechseln



Sonea starrte die Verräterin an. Diese Neuigkeit bestätigte die Absichten des Volkes, das sie einst für gut gehalten hatte, mit einer Endgültigkeit, die all ihre Hoffnungen zunichtemachte. Immer, wenn ich denke, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, wird es doch noch einmal schlimmer, fuhr es ihr durch den Kopf. Zuerst der Anschlag auf ihre Eskorte, dann der Kampf in Yukai, Kachiros Tod – und jetzt das. Kann dieser Krieg überhaupt noch chaotischer werden?

„Ich dachte, Ivara würde dafür sorgen, dass Savedra sich zurückhält“, sagte sie. „Was ist schiefgegangen?“

„Sonea.“

Eine Hand legte sich beruhigend auf ihren Arm. Dannyl.

„Ivara hat Yukai mit den anderen verlassen. Selbst, wenn sie ein schnelles Reisetempo vorlegt und direkt nach Süden gezogen ist, wird sie nicht viel weiter gekommen sein als wir“, sagte er.

So viel hatte Sonea auch verstanden. Aber Ivara brauchte nicht in der Zuflucht zu sein, um mit Savedra zu sprechen.

„Sie hat es per Blutjuwel versucht, aber Savedra hat den Machtwechsel anscheinend als Anlass genommen, jetzt zuzuschlagen.“

„Strategisch gesehen macht das Sinn“, murmelte Dannyl.

Trotz des Ernstes der Situation musste Sonea bei seinen Worten lächeln. Als jemand, der auf dem Schlachtfeld der Politik kämpfte, war Dannyl ihr in strategischem Verständnis ebenbürtig. „Nur dummerweise werden sie zwischen Kachiros Leuten und denen von Ishaka und Ivasako nicht unterscheiden“, wandte sie ein. „Sie werden beiden Seiten Verluste zufügen.“

„Es ist eine ziemliche Ironie, dass Savedra den Angriff genau dann befiehlt, wenn die dort lebenden Verräter gerade von Euch und Asara angewiesen wurden, diese Armee von Kachiro zu bekämpfen“, bemerkte Dannyl.

„Wir konnten noch nicht alle unsere Schwestern erreichen“, erklärte Nirili. „Untereinander tauschen wir nur Blutjuwelen mit jenen aus, die uns nahestehen. Und manchmal sind darunter solche, die für ihre militanten Ansichten bekannt sind.“

Soneas Herz machte einen Sprung. „Aber jetzt, wo Eure Leute dort kämpfen, wäre es vielleicht möglich, ihre Konzentration auf Kachiros Armee zu lenken!“, sagte sie. „Damit würden sie Ishakas Verbündeten ohne es zu wissen in die Hände spielen. Und wenn sie schließlich diese angreifen, sind sie bereits geschwächt.“

Dannyl lachte leise. „Und Nirili und ihre Leute hätten Zeit, um diese Frauen von ihrer Sache zu überzeugen.“

„Eine hervorragende Idee!“, rief Nirili. „Doch das löst nicht unser anderes Problem.“

Sonea erstarrte. Was konnte jetzt noch kommen?

„Welches Problem?“, fragte Dannyl.

„Die Armee, die Savedra von der Zuflucht aus in die fruchtbaren Regionen entsenden will.“

Irgendetwas in der Art hatte kommen müssen. Die Verräter mochten den Kampf aus dem Verborgenen gewohnt sein, doch gegen eine Armee konnten auch sie nur geschlossen kämpfen. „Wann wird diese Armee die fruchtbaren Regionen erreichen?“, fragte sie.

„In ungefähr zwei Wochen.“ Nirili runzelte die Stirn. „Wenn Ivara sich beeilt, könnte sie die Armee rechtzeitig erreichen. Sie wurde ohnehin angewiesen, sich dorthin zu begeben.“

Dannyl runzelte die Stirn. „Und Ihr nicht?“

Ein durchtriebenes Lächeln huschte über Nirilis Gesicht. „Ivara hat unsere Anführerin glauben lassen, dass sie Yukai als Einzige von uns überlebt hat. So konnte ich Euch aufsuchen, ohne dass Savedra etwas davon erfährt oder mir Befehle erteilt.“

Sonea nickte langsam. Wenn Savedra erfuhr, dass die Magier planten, sich, wenn auch nur vorübergehend, mit Ishaka zu verbünden, würde das ohne Zweifel noch zu Konflikten führen. „Aber wie will Ivara eine ganze Armee aufhalten?“, wunderte sie sich. „Indem sie ihnen die Wahrheit erzählt? Ein Großteil Eurer Leute hat doch nur auf diese Gelegenheit gewartet.“

„Es ist immer noch besser, als würde sie es gar nicht versuchen.“ Nirili seufzte. „Auch wenn das im Zweifelsfall zu einem Krieg in meinem Volk führen wird. Doch, wie ich vorhin sagte: Das war schon lange überfällig.“

„Manche Veränderungen lassen sich nur gewaltvoll herbeiführen“, sagte Dannyl. „Besonders wenn der Konflikt unterschwellig schon lange besteht. Für den Augenblick sollten wir uns auf die Möglichkeiten konzentrieren, die sich aus dieser Situation ergeben. Die Gilde wird in dieser Sache eine Position beziehen müssen.“

„Eine Einigung könnte damit sogar noch einmal erreicht werden“, sagte Sonea plötzlich aufgeregt.

Sie sahen sich an und Dannyls Augen reflektierten ihren eigenen Eifer.

„Aber zunächst müssen wir Divako und die Duna bekämpfen“, warf Nirili ein. „Vorher braucht Ihr gar nicht erst an Eure Diplomatie zu denken, Dannyl.“

Dannyl lächelte schief. „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dieser Kampf mit rhetorischem Geschick verhindert werden kann“, sagte er. „Ich glaube, dass ich eher etwas bewirken kann, sobald sie ihren ersten Zorn herausgelassen haben.“

„Schön, dass du das endlich erkannt hast“, bemerkte Sonea.

„Wenn wir uns auf Ishakas Seite stellen, könnten wir damit eher eine Einigung mit ihm erreichen“, überlegte Dannyl. „Doch möglicherweise schenken er und Ivasako uns nicht genug Vertrauen. Sie könnten denken, dass wir weiterhin mit Savedra kollaborieren, weil wir das für den sichereren Weg halten.“

Die Diskussion nahm zusehends spekulative Züge an. Sonea stöhnte unterdrückt auf. Das hier war kein Kyrima-Spiel, bei dem man an feste Regeln gebunden war. Das hier war Krieg und ihre Gegner in sich gespalten und unberechenbar.

Ihr Blick schweifte nach Osten. Das unheilvolle Rot, das die ganze Nacht über wie eine falsche Morgendämmerung über der Aschenwüste gehangen hatte, hatte sich ausgebreitet. Der Himmel weiter oben war ein wenig heller.

Sie streckte ihren Willen nach dem Blutjuwel aus, das sie kontrollierte und das sie nur in Ausnahmefällen bemühte. Sofort schlug ihr eine Flut von bunten Bildern, Dialogfetzen und Sinneseindrücken entgegen, die sie glauben ließen, dass ihr Mann krank oder dem Wahnsinn verfallen war. Dann begriff sie, dass er träumte. Ein unwillkürliches Gefühl von Scham verspürend zog sie sich zurück.

- Akkarin!

Die Antwort ließ einige Augenblicke auf sich warten.

- Sonea! Seine Präsenz wurde deutlicher. Ist alles in Ordnung?

- Ja. Das heißt mit mir. Sie zögerte kurz und entschied dann, das Thema doch anzusprechen. Bitte entschuldige, ich hätte dich nicht geweckt, wenn ich nicht glauben würde, dass es wichtig ist.

- Was ist so wichtig, Sonea?

In wenigen Worten berichtete Sonea, was sie von Nirili erfahren hatte. Während sie sprach, schwieg Akkarins Präsenz. Sonea brauchte seine Gedanken jedoch nicht sehen, um zu ahnen, was ihm gerade durch den Kopf ging. An seiner Stelle wäre sie über diese Entwicklung sehr erfreut. So wie sie ihn kannte, war er bereits dabei, Risiken abzuwägen und Entscheidungen zu treffen.

- Wie wird es nun weitergehen?, schloss sie ihren Bericht.

- Savedra wird von mir bald eine Reaktion erwarten, antwortete Akkarin. Ich muss die Gilde informieren. Doch zunächst muss ich mit dem König sprechen. Folgenschwere Entscheidungen in Bezug auf unsere Bündnispartner sollten nicht unüberlegt getroffen werden.

- Der Vorfall wird für weitere Aufregung in der Gilde sorgen, sandte Sonea.

- Vermutlich. Ich gehe jedoch davon aus, dass sie weniger außer sich sein werden, als wären wir involviert.

- Weil es sie nicht direkt betrifft?

- Das ist der Gewöhnungseffekt, Sonea.

Sonea unterdrückte ein Schnauben.

- Lieber das als panische Gildenmagier, sandte sie.

- Panische Gildenmagier sind eher bereit, Dinge zu tun, vor denen sie sonst zurückschrecken, entgegnete er.

Sonea verkniff sich ein Lächeln.

- Nun, das auch. Doch nun entschuldige mich. Ich muss nun die Konsequenzen aus dieser Nachricht ziehen. Ich melde mich, sobald ich Neuigkeiten habe oder deinen und Dannyls Rat brauche.

- Verstanden, Hoher Lord.


***


Der König von Kyralia wurde von einem nicht endenwollenden Rütteln aus seinen Träumen gerissen. Unwillig öffnete er die Augen und fand sich seinem Kammerdiener gegenüber. „Was?“, knurrte er ungehalten.

„Euer Majestät, bitte verzeiht die Störung“, sagte Tennyl hastig. „Doch es ist wichtig.“

In Merins Welt existierte nicht viel, das wichtig genug war, um ihn zu wecken. Nicht einmal angesichts der Situation mit Sachaka und Duna.

„Stehen die Sachakaner vor Imardin?“, fragte er unwirsch.

„Nein, Euer Majestät.“

„Was ist es dann?“

Sein Diener zögerte und Merin glaubte, in der nur von einer Laterne erhellten Dunkelheit seines Schlafgemachs so etwas wie Furcht in den Augen des Mannes zu lesen.

„Der Hohe Lord ist hier.“

Überrascht setzte Merin sich auf. Wenn Akkarin es für nötig befand, seinen Schlaf zu stören, dann musste es wichtig sein. Er warf einen Blick zu den großen Fenstern. Hinter den Papierblenden hatte der Himmel das dunkle Blau des sich ankündigenden Morgens angenommen.

„Tennyl, bring mir meinen Morgenmantel. Und dann bitte den Hohen Lord in mein Büro und bring uns Sumi.“

„Sehr wohl, Euer Majestät.“

Wenig später betrat der König in seinem Morgenrock sein Arbeitszimmer. Akkarin stand an einem Fenster und starrte in den sich rot färbenden Horizont im Osten. Als Merin eintrat, wandte er sich um.

„Guten Morgen, Euer Majestät“, grüßte er auf ein Knie gehend. „Ich bitte, die frühe Störung zu entschuldigen.“

„Erhebt Euch“, sprach Merin. Er wies auf einen Sessel. „Und setzt Euch.“

Der Hohe Lord folgte seiner Aufforderung. Merin zog es indes vor, zu stehen. Die Müdigkeit hielt sich hartnäckig und er glaubte, wieder einzuschlafen, wenn er nicht in Bewegung blieb.

„Ich kann nicht behaupten, erfreut über Euren frühen Besuch zu sein, doch ich gehe davon aus, dass Ihr mich nicht geweckt habt, um zu plaudern.“

„Das ist richtig, Euer Majestät.“

Seine Worte regten in Merin den Drang, die Augen zu verdrehen. Nur mit Mühe gelang es ihm, dem zu widerstehen. Es war zu früh für trockenen, subtilen Humor.

Tennyl kehrte zurück, schenkte ihnen zwei Tassen frischaufgebrühten Sumi ein und empfahl sich.

„Also, was ist passiert, das Ihr mir nicht gestern Abend hättet sagen können?“, fragte der König, als sie wieder allein waren.

Akkarins Miene wurde ernst. „Heute Nacht rief mich Sonea. Sie teilte mir mit, dass Savedra den Überresten des Imperiums den Krieg erklärt hat. Ich hielt es für wichtig, Euch die Nachricht umgehend mitzuteilen, damit rechtzeitig entsprechende Maßnahmen getroffen werden können. Ihre Armee ist bereits auf dem Weg in die fruchtbaren Regionen Sachakas.“

Diese Neuigkeit traf Merin so unvorbereitet, dass er für einen Augenblick sprachlos war. Dann fluchte er herzhaft.

„Seit Wochen diskutiere ich mit den Vertretern der Allianzstaaten unsere Möglichkeiten bezüglich Sachaka, den Verrätern und eventuell auch den Duna“, sagte er verärgert, während er in seinem Arbeitszimmer auf und ab schritt. „Es war nicht leicht, die anderen zu überzeugen, Sachaka auf lange Sicht in die Allianz aufzunehmen und jetzt dafür die Grundlagen zu schaffen. Der Vorfall in Yukai und das eigenmächtige Handeln der Verräter haben dafür gesorgt, dass wir von dieser Idee wieder abgekommen sind. Soll ich ihnen jetzt erzählen, dass ein Bündnis mit Sachaka wieder möglich wäre, während wir die Verräter zu unseren neuen Feinden erklären? Das ist es doch, worauf es hinausläuft, nicht wahr?“

„Nun, sofern die Verräter etwas von Sachaka übriglassen, wäre das möglich“, antwortete Akkarin, der während Merins Wutanfall entspannt in seinem Sessel gesessen hatte, die Tasse zwischen seinen langen Fingern. „Doch das hängt davon ab, wie überzeugend die Verräter sind, die momentan mit Sonea, Dannyl und Ishakas Leuten zusammenarbeiten.“

„Bitte erklärt das.“

„Einer von Kachiros Anhängern stellt gerade eine Armee in den fruchtbaren Regionen Sachakas auf. Die dort lebenden Verräter sollen den Angriff gegen diese und gegen Ishakas Leute beginnen. Die Magierinnen, die Savedra von ihrem Versteck aus schickt, werden in etwa zwei Wochen dort eintreffen. Divako und die Duna sind noch zu weit entfernt, um diesen Ashaki zur Hilfe zu kommen, das Gebiet im Süden wird derweil von Palastmeister Ivasako kontrolliert. Eine Schlacht im Herzen Sachakas ist damit unabwendbar. Doch die Verräter werden nicht zwischen guten und bösen Ashaki unterscheiden. Sie werden töten, wen immer sie finden.“

„Und die Verräter, die Yukai überlebt haben, wollen sie davon abhalten“, folgerte Merin.

„Exakt. Die Kommunikation ist umständlich, doch es ist eventuell möglich, genug ihrer Leute zu erreichen, um die Arme eine Weile aufzuhalten.“

„Aber Savedra weiß nicht, dass einige ihrer Töchter gegen sie arbeiten.“

„Nein. Doch das kann unser Vorteil sein.“

Merin schnaubte. Es war absurd von strategischem Vorteil zu sprechen, wenn es darum ging, den eigenen Verbündeten Schaden zuzufügen. Aber die Verräter waren keine Verbündeten mehr. Sie hatten das Leben von zwei der wichtigsten Gildenmagier leichtfertig riskiert. Und ihre gesamte Politik der vergangenen Monate verhieß, dass sie und die Gilde nicht mehr denselben Weg gingen.

„Das würde voraussetzen, dass es diesen Verrätern gelingt, die anderen von einem Kampf abzuhalten“, sagte er.

„Nun, so wie Sonea sich ausgedrückt hat, wollen sie versuchen, diese Armee zunächst Kachiros Anhänger bekämpfen zu lassen.“

„Habt Ihr Savedra kontaktiert?“

An seinem Sumi nippend schüttelte der Hohe Lord den Kopf. „Ich wollte meinen Plan bezüglich der Involvierung der Gilde zunächst von Euch absegnen lassen.“

„Und dafür holt Ihr mich in aller Frühe aus dem Bett?“, fragte er stattdessen unwirsch.

„Wenn ich Savedra das nächste Mal kontaktiere und sie mir von diesem Schritt berichtet, sollte die Entscheidung, wie die Gilde in dieser Sache Stellung bezieht, gefallen sein“, antwortete Akkarin. „Jeden Tag, den wir zögern, kann unsere Position in diesem Krieg verschlechtern. Ganz besonders wenn wir ein vorläufiges Bündnis mit Ishaka und dem Palastmeister schließen.“ Er ließ seinen Sumi sinken und betrachtete den König von Kyralia eingehend. „Dasselbe gilt für die Entscheidungen, die Ihr und die Botschafter der Allianz zu treffen haben.“

„Das habe ich befürchtet“, brummte Merin. Der Umgang mit den Abgesandten der anderen Länder war nicht immer leicht. So unterschiedlich ihre Nationalitäten waren, so unterschiedlich waren auch ihre Ansichten und Gemüter. Dies konnte inspirierend sein, hatte bei Streitfragen jedoch den unerfreulichen Nebeneffekt, dass sie sich oft nur schwerlich einig wurden. „Ich vertraue darauf, dass die Gilde diese Angelegenheit entsprechend handhabt und sich von den Verrätern zum richtigen Zeitpunkt distanziert. Im Augenblick interessiert mich jedoch vielmehr: Was sage ich den Abgesandten, ohne wie ein Idiot dazustehen?“

„Sagt ihnen, dass die Situation sich überraschend wieder geändert hat, und weist sie darauf hin, dass es jederzeit zu einer erneuten Veränderung kommen könnte. Erarbeitet Pläne für verschiedene Szenarien abhängig davon, welche Gruppierungen in Sachaka die Macht erlangen werden, und wie sich die Situation mit den Duna entwickeln könnte.“

Entnervt ließ sich der König von Kyralia in den Sessel hinter seinem Schreibtisch sinken. Er griff nach der noch unberührten Sumitasse und nahm einen vorsichtigen Schluck. Die Flüssigkeit war noch immer so heiß, dass er sich fast die Lippen verbrannt hätte. Verärgert setzte er sie wieder ab.

„Ich fürchte, dabei werde ich Eure Hilfe brauchen, Akkarin“, sagte er. „Ihr kennt die Lage besser als ich und seid zumindest mit den Sachakanern vertraut. Welche Szenarien wären möglich?“

Der Hohe Lord musterte ihn über den Rand seiner Tasse, eine Augenbraue erhoben. „Nun, da wäre zunächst die Möglichkeit, dass es Ishaka und Ivasako gelingt, ihre Gegner zu bezwingen und die Herrschaft über ganz Sachaka zu erlangen. In diesem Fall könntet Ihr an Eurem ursprünglichen Plan festhalten. Von allen Möglichkeiten wäre das die für uns beste, da sie die gemäßigtere Politik vertreten. Doch sie ist zugleich die unwahrscheinlichste, weil der Palastmeister sein halbes Volk, die Duna und einen nicht zu verachtenden Teil der Verräter gegen sich hat. Eine Machtübernahme durch die Verräter wäre wahrscheinlicher, doch sie wäre nicht von Dauer, weil sie gegen Divako und die Duna nicht bestehen werden.“

Und dann würde Divako das Land regieren und ihr in so vielen nervenaufreibenden Stunden ausgearbeitetes Angebot würde niemals seinen Sinn erfüllen.

„Also bleibt es dabei, wir verbünden uns mit Ishaka und hoffen, dass ein Teil der Verräter uns dabei hilft.“

Akkarin nickte. „Mit etwas Verhandlungsgeschick durch Dannyl wäre es sogar möglich, die Duna zur Unterstützung zu bekommen.“

„Wie das?“, fragte der König.

„Der Tempel wurde zerstört, weil es auf Grund des Anschlags zu einem Streit kam. Es waren die ehemaligen Schwestern der Verräter, die den Kampf begonnen haben. Wenn die Duna erkennen, dass sie getäuscht wurden, ändern sie ihre Meinung über uns möglicherweise und sehen von einem Angriff ab.“

„Könnten wir die Duna mit dieser Argumentation nicht in jedem Fall gewinnen?“

„Abgesehen von der Tatsache, dass Arikhai mich für den Mord an einigen seiner Leute verantwortlich macht und weitere Tode in meiner Verantwortung liegen, weil Savara in meinem Auftrag dort war, ja.“

Merin nickte langsam. Die Duna hatten ein sehr starkes Verständnis von Ehre. Sie waren diesem Krieg nur wegen eines Versprechens von Seiten Marikas beigetreten. Abgesehen von dem Massaker von Arvice hatten sie bis zur Zerstörung ihres Tempels und der Intrige der Rebellen keinerlei Groll gegen die Gilde gehegt.

„Sie würden jedoch keine allzu hohe Meinung von uns haben, wenn wir mit unehrenhaften Völkern Bündnisse eingehen.“

„Wie den Verrätern.“

„Ja.“ Merins Zorn und seine Enttäuschung auf Savedra waren ungebrochen. „Ich bin bereit, mich auf der Stelle von den Verrätern zu distanzieren, weil sie das Leben unserer Leute riskiert haben“, sagte er. „Es kümmert mich nicht, was sie für uns getan haben mögen, sie haben unser Vertrauen missbraucht. Jedoch wünsche ich die Gründe zu erfahren, bevor ich das Bündnis für ungültig erkläre.“

„Das wäre auch mein Vorschlag“, sprach Akkarin.

Merin nickte. „Wir sollten abwarten, wie die Verräter die Angelegenheit lösen. Unsere Magier würden die Schlacht ohnehin nicht rechtzeitig erreichen und ich will ihre Leben nicht für einen Kampf riskieren, an dem wir keinen Anteil haben.“

„Richtig, Euer Majestät. Dennoch empfehle ich, dass die Gilde nicht tatenlos zusieht und passive Unterstützung bietet.“

„Eine gute Idee, Akkarin“, sagte Merin. Sie würden nicht auf immer sicher hinter den Bergen sein. Das waren sie die letzten beiden Jahre nicht gewesen. In den wahrscheinlicheren von Akkarins Szenarien würden sie verlieren. „Was macht unser Kurier?“

„Hat vorgestern Morgen den Südpass überquert.“

Sich die Karte von Sachaka ins Gedächtnis rufend befand Merin, dass der Mann damit Arvice erreichen konnte, bevor die Armee der Verräter in den fruchtbaren Regionen eintraf. Damit war vielleicht noch nicht alles verloren.

„Was ist mit der Verräterin am Südpass, von der Ihr mir gestern Abend berichtet habt? Kann sie ihn einholen?“

„Nachiri ist auf dem Weg zum Fort, um eine direkte Verbindung zur Gilde herzustellen. Ursprünglich sollte sie die Nachricht überbringen, doch ihre Schwester bei Sonea kam ihr zuvor. Und wir brauchen Nachiri am Pass.“

Der König verzog das Gesicht. „Dann muss es so gehen.“

Wenn er den Verrätern noch immer etwas Gutes zugestand, dann dass die drei, die Yukai überlebt hatten, sich von ihrer Anführerin distanzierten und mit der Gilde zusammenarbeiten. Doch es war ungewiss, ob sie genug Leute fanden, um ihre Anführerin und die Anhänger, die sie zweifelsohne haben musste, zu besiegen.

„Und jetzt sagt mir, auf welche anderen Szenarien ich die Abgesandten vorbereiten soll.“

Akkarins Miene wurde ernst. „Sehr gern, Euer Majestät. Doch diese werden Euch weniger gefallen.“

Der König lächelte ironisch. „Wann hat etwas in den vergangenen drei Jahren mir je gefallen?“


***


Eigentlich hatte Rothen sich sein Wochenende anders vorgestellt. Nach einer Woche, in der er seine Novizen auf ihre Prüfungen vorbereitet, die Kandidaten für das nächste Halbjahr in sozialem Verhalten unterrichtet, sich über Dorrien geärgert, um Sonea und Dannyl gesorgt und einen Tagesausflug in den Äußeren Ring unternommen hatte, hatte er sich darauf gefreut, auszuschlafen und anschließend mit Viana und Farand zu frühstücken.

Stattdessen war er kurz nach Sonnenaufgang von einem Diener geweckt worden, der ihm eine Nachricht vom Hohen Lord überbracht hatte.

Nun saß er an seinem Sumi nippend in dessen Bibliothek, zusammen mit den übrigen höheren Magiern – und Regin. Schlimmer hätte der Tag nicht beginnen können.

Ein Seufzen unterdrückend ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Regale voll mit Büchern ragten bis an die Decke und über alldem hing der Geruch von Ledereinbänden und vergilbtem Papier. Anders als Rothen, der bereits mehrfach hier gewesen war, schienen sich die meisten Kollegen in Akkarins Räumlichkeiten unwohl zu fühlen. Jedoch nicht, weil sie ihren Anführer fürchteten, sondern weil sie so viel private Nähe zu ihm nicht gewohnt waren.

„Ich werde für morgen eine Gildenversammlung einberufen“, erklärte Osen. „Damit möglichst wenig Unterricht ausfällt, schlage ich vor, diese in der Mittagspause stattfinden zu lassen.“

„Bei all dem, was wir zu diskutieren haben, wird ein Teil des Nachmittagsunterrichts ausfallen“, wandte Lady Vinara ein.

„Morgen Nachmittag unterrichte ich den Vorbereitungskurs für die Sommernovizen“, fügte Rothen hinzu.

„Ich habe gehört, dass dort einige Freundschaften zwischen Novizen aus den Häusern und den Hüttenvierteln entstanden sein sollen“, sagte Balkan. „Von daher wäre es doch sicher möglich, den Kurs einmal ausfallen zu lassen. Oder gibt es noch etwas, das ihr ihnen beibringen müsst?“

„Vielleicht kann Lord Larkin den Kurs übernehmen“, überlegte Lady Vinara. „Ihr dagegen wärt bei der morgigen Versammlung unentbehrlich.“

Rothen nickte langsam. „Das wäre eine Lösung“, sagte er. Trotz aller Fortschritte gab es noch viel zu tun.

„Wir sollten uns auf den Grund unseres Zusammenkommens konzentrieren“, rumpelte Balkan. „Was auch immer das Ergebnis ist, es wird einiges an Vorbereitung erfordern. Zudem will ich auch irgendwann noch etwas von meinem Wochenende haben.“

Du meinst, deine Frau will das, dachte Rothen amüsiert. Zahlreiche formale Dinner in der Residenz des Hohen Lords, zu denen auch Soneas Freundinnen mit ihren Partnern geladen waren, hatten gezeigt, dass die kleine Nichtmagierin aus Elyne diejenige war, die in dieser Beziehung die Roben trug. Ähnlich war es bei Yaldin und Ezrille gewesen und Rothen konnte nicht aufhören, sich darüber zu wundern, wie ein angesehener Magier sich derart von seiner Frau herumkommandieren ließ.

Takan trat ein mit einer Kanne frischen Sumi und einem zweiten Teller mit Kuchen. Er räumte die leere Kanne und den Teller, auf dem nur noch einige Krümel lagen, auf ein Tablett und zog sich wieder zurück.

„Wenn wir uns von den Verrätern distanzieren, bleibt uns keine andere Wahl, als ein Bündnis mit diesem Palastmeister einzugehen“, sagte Lord Peakin. „Andernfalls wären wir dem Untergang geweiht, wenn Divako und die Duna kommen.“

„Ich stimme Lord Peakin zu.“ Lady Vinara schnipste einen Krümel von ihrer Robe. „So, wie sich mir die Situation darstellt, ist er oder dieser Ishaka, mit dem er anscheinend zusammenarbeitet, nicht an einer wie auch immer gearteten Eroberung Kyralias interessiert.“

„Aber er wird Rache für den Mord an Marika wollen“, wandte Balkan ein. Er sah zu Akkarin.„Nur, dass sich dies einzig auf unsere beiden daran beteiligten schwarzen Magier bezieht.“

„Darüber lässt sich verhandeln, sobald die Bedrohung beseitigt ist“, sprach Akkarin ruhig. „Unsere Unterstützung gegenüber Kachiros Anhängern und den Duna wird eine neue Verhandlungsbasis schaffen.“

„Wer genau regiert denn Sachaka nun?“, fragte Osen. „Ishaka oder der Palastmeister?“

„Ohne einen König hat der Palastmeister die Macht inne, bis ein neuer König gefunden wurde“, sagte Balkan. „So ist es doch, nicht wahr?“

„Exakt“, sagte Akkarin.

„Aber könnte der Palastmeister theoretisch nicht einfach die Macht behalten?“, fragte Peakin.

„Das könnte er. Doch die Sachakaner werden keinen befreiten Sklaven auf dem Thron akzeptieren. Entweder er wird gestürzt oder er gibt seine Macht freiwillig ab.“

„Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist: Wie können wir den aktuellen Machthabern in Sachaka helfen ohne, dass die Verräter davon erfahren?“, brachte Rothen das Thema auf den Punkt. Ihm war nicht an Spekulationen gelegen. Es herrschte Krieg und damit waren Bündnisse und Machtverhältnisse einem ständigen Wandel unterworfen.

Akkarin deutete auf die Karte, die auf seinem Schreibtisch ausgebreitet war. Sie zeigte Sachaka und Teile der angrenzenden Länder Kyralia, Elyne und Duna. „Das hängt davon ab, wie gut die Umsetzung unseres Planes angesichts der Bewegungen der anderen funktioniert.“

Balkan erhob sich aus seinem Sessel und starrte auf die Karte. „Mit einer guten Zeitabstimmung wäre es möglich, unsere Gegner mit vereinten Kräften zusammenzutreiben. Allerdings sind die Verräter dabei der größte Unsicherheitsfaktor.“

„Eine Verräterin, die Yukai überlebt hat, ist unterwegs zu der Armee ihrer Leute. Sollte sie diese rechtzeitig erreichen, wird sie versuchen, die anderen auf ihre – und damit unsere – Seite zu bringen.“

Wenn die Verräter in dieser Armee Blutjuwelen ihrer Anführerin hatten – und Rothen war sicher, das hatten sie – dann würde das ein schwieriges Unterfangen. „Und die Gilde lässt Savedra glauben, dass wir ihren Feldzug unterstützen?“, fragte er ungläubig. „Kann das nach der Uneinigkeit zwischen unseren Völkern am letzten Tag in Yukai überhaupt funktionieren?“

„Savedra weiß nicht, dass wir die Wahrheit über den Anschlag kennen“, erinnerte Akkarin. „Seit Yukai habe ich sie glauben lassen, dass die Gilde unsicher ist, ob ein Frieden mit Sachaka und Duna noch möglich ist. Ich habe ihr geraten, die Situation zu beobachten, bis sich die Lage beruhigt hat und Dannyl und Sonea in Sicherheit sind. Ich glaube nicht, dass sie Verdacht geschöpft hat.“

„Dann sollten wir das Täuschungsmanöver beginnen lassen“, sagte Balkan.

„Deswegen habe ich Euch hergerufen.“

„Bekommt Savedra unsere Anwesenheit in diesem Raum mit, wenn Ihr sie ruft?“, fragte der Administrator.

„Ich kann Euch mit dem Geheimniswahrer verbergen. Der Glaubhaftigkeit halber sollte Savedra jedoch Gelegenheit haben, die Umgebung zu sehen, in der ich für gewöhnlich mit ihr kommuniziere.“

Und damit wurde Rothen auch klar, warum das Treffen nicht in Osens Büro stattfand.

Die höheren Magier verschoben ihre Sessel, bis sie einander an den Händen fassen konnten. Akkarin blieb hinter seinem Schreibtisch sitzen, mit Balkan auf der einen und Lady Vinara auf der anderen Seite.

- Ich werde Eure Präsenzen ausblenden und in den Geheimniswahrer, sandte er. Ihr könnt das Gesprochene diskutieren und Fragen stellen. Ich werde jedoch nicht mit Euch in Interaktion treten können.

Eine seltsame Nervosität verspürend versuchte Rothen sich auf diese Gedankenrede einzulassen. Gleich würde er zum ersten Mal Kontakt zur Anführerin der Verräter haben.

- Savedra!, erklang Akkarins Gedankenstimme.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

- Akkarin! Gut, dass Ihr Euch meldet!

Die Stimme war fremd. Rothen glaubte, Erleichterung aus ihr herauszuhören. Und Sorge. Er runzelte die Stirn. Taten sie das Richtige?

- Nachiri hat die Krieger am Fort davon in Kenntnis gesetzt, dass Ihr eine Armee in die fruchtbaren Regionen entsandt habt.

- Das ist richtig, antwortete Savedra. Die Ashaki sind gespalten, die Gelegenheit ist zu günstig, um sie verstreichen zu lassen.

Was sie mit ihren Worten sandte, verwirrte und überraschte Rothen. Ein Großteil der Verräter war bereits in der Zuflucht versammelt gewesen, als Savedra ihren militärischen Schlag beschlossen hatte. Zu Diskussionszwecken. Das konnte kein Zufall sein.

- Sie hat ihre Leute zu diesem Zweck von ihren Posten abgezogen und nur die zur Beobachtung erforderlichen dort belassen?, fragte er.

- Das klingt, als habe sie das von langer Hand geplant, antwortete Balkan. Was unsere Theorie bestätigen würde.

Aber einige dieser Beobachterinnen hatten sich inzwischen den Verrätern angeschlossen, die gegen Savedra arbeiteten.

- Dann war es gut, dass Ihr die Versammlung einberufen hattet, sandte Akkarin.

- Die Angebote und Forderungen, die in Yukai gestellt wurden, mussten diskutiert werden, antwortete die Große Mutter.

- Wie kann die Gilde Euch helfen? Auslandsadministrator Dannyl erreicht morgen die Ödländer. Ich kann ihn in die fruchtbaren Regionen senden, um zu vermitteln.

- Er wäre nicht rechtzeitig da. Doch er könnte nützlich sein, wenn die Duna kommen.

- Akkarin, schlagt Ihr vor, sich mit uns in den Ödländern zu treffen, sandte Balkan. Auf diese Weise verschaffen wir Ivasako und Ishaka etwas Zeit.

- Und dann stellen wir uns gemeinsam mit ihnen gegen die Verräter, die sich uns nicht angeschlossen haben, fügte Regin selbstgefällig hinzu.

Rothen verdrehte innerlich die Augen. Er verstand nicht, wieso Balkan seinen Assistenten andauernd mitbrachte. War er wirklich so überzeugt, der Bengel könne ihn eines Tages ersetzen?

- Insbesondere würde dies Zeit bedeuten, in denen diese andere Verräterin ihre Leute umstimmen kann, sandte Lady Vinara.

Akkarin gab Balkans Vorschlag an Savedra weiter.

- Allerdings muss die Gilde noch einige Vorbereitungen treffen, fügte er hinzu. Diese werden mindestens zwei Wochen in Anspruch nehmen.

Was in etwa der Zeit entsprach, die Sonea und Dannyl brauchten, um die fruchtbaren Regionen oder den Nordpass zu erreichen, erkannte Rothen mit einem Blick auf die Karte. Und die Duna …

- Bis dahin wird es zu spät sein, sandte Savedra. Je länger ich mit diesem Schlag warte, desto mehr Zeit bleibt den Ashaki sich gegen uns zusammenzurotten. Nein, wir müssen alleine mit ihnen fertig werden und Sachaka von diesen Tyrannen befreien. Und das können wir auch. Gegen die Duna ist Eure Hilfe uns jedoch willkommen.

- Die Gilde wird da sein.

Die Verbindung brach ab und Rothen wurde sich wieder seiner Umgebung bewusst.

„Habt Ihr ihnen allen Ernstes unsere Unterstützung gegen die Duna zugesagt?“, fragte Peakin entsetzt.

„Die Gilde wird eine Armee nach Sachaka entsenden“, antwortete Akkarin. „Savedra geht deswegen davon aus, dass wir sie unterstützen.“

Aber das würden sie nicht. Rothen warf einen Blick auf die Karte. Auch ohne jemals in Sachaka gewesen zu sein oder in Kriegskunst geglänzt zu haben, sah er, dass die Wege zu lang waren, um ein anderes Szenario zu planen. Sie konnten nur hoffen, dass es dem Palastmeister gelang, sich gegen seine Gegner zu behaupten und dass die Verräter, die Savedra ausgesandt hatte, in der Zwischenzeit eines Besseren belehrt wurden.

„Wieso wusstet Ihr nichts von der Versammlung der Verräter?“, fragte Administrator Osen.

„Savedra und ich sprechen nicht über interne Dinge. Ich wusste, dass sie sich über die Verhandlungen mit ihren Leuten berät. Aber es macht Sinn. Sie hat diesen Angriff von langer Hand geplant und uns dementsprechend im Unklaren gelassen.“

Und wenn es den Verrätern gelang, die Macht in Sachaka an sich zu reißen, dann würden zwar die Sklaven frei und die Frauen nicht mehr unterdrückt werden. Aber dafür würde eine neue Generation von Sklaven entstehen: die Männer. Rothen konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Geschichte sich nicht irgendwann erneut umkehren würde, wenn dies geschah. Jedes unterdrückte Volk begehrte irgendwann auf. Und nach allem, was man sich über das sachakanische Blut sagte, würde es dann umso schlimmer sein.

So gesehen ist es gut, dass wir Sachaka nicht den Verrätern überlassen, dachte Rothen. Wir haben Sachaka schon einmal nach einem Krieg im Stich gelassen. Tun wir es erneut, wird sich dies eines Tages bitterlich rächen.


***


Anjiaka langweilte sich. Sie war nicht dafür gemacht, ein Informationsnetzwerk zu betreiben. In der Stadt fühlte sie sich wie ein P’anaal in einem Käfig. Ihre Schwestern kämpften in den fruchtbaren Regionen gegen zwei Ashaki-Gruppen und sie wäre jetzt lieber dort als in der Stadt, in der es nach Ivasakos Machtergreifung ruhig geworden war. Das Leben fand draußen statt. Nicht in Arvice.

In den fruchtbaren Regionen hätte sie helfen können, dass ihre Schwestern die richtigen Ashaki angriffen. Die Unterscheidung zwischen guten und bösen Ashaki erschien Anjiaka noch immer absurd. Doch auch sie war entsetzt gewesen, als sie die Wahrheit über den Tod ihrer Schwestern in der Ettkriti-Ebene erfahren hatte. Und sie kam nicht umhin, Asara zuzustimmen, dass ein Sturz der Ashaki der falsche Weg war, um Sachaka dauerhaft zu zivilisieren.

In Arvice konnte sie jedoch nichts tun, als sich ruhig zu verhalten und die Informationen an ihre Schwester weiterzuleiten, die mit Ishaka und Takiro auf dem Weg in die Ödländer war.

Hin und wieder vergnügte sie sich mit dem Lustsklaven, den Asara und Varako ihr zur Hochzeit geschenkt hatten. Mika war attraktiv und talentiert in den Freuden des Fleisches und Anjiaka hatte nicht lange gebraucht, um ihn für ihre Sache zu gewinnen. Darüber hinaus teilte er ihr Bett, während Asaras Lustsklave und ihre Informantinnen gemeinsam mit Anjiakas Quelle das großzügige Gästezimmer bewohnten. Mit der für ihr Volk üblichen Freizügigkeit hatten sie sich wiederholt zu mehreren vergnügt. Zumindest alle bis auf Vikacha. Obwohl Asara ihm die Erlaubnis gegeben hatte, zeigte er kein Interesse daran.

„Es wäre etwas anderes, würde Asara es mir befehlen“, hatte er gesagt. „Doch wenn ich die Wahl habe, würde ich eine Cachika nur feiern, wenn sie dabei ist.“

Obwohl Anjiaka ihn liebend gern verführt hätte, musste sie seinen Willen respektieren. Und vermutlich wäre Asara nicht sehr begeistert, würde sie es dennoch tun.

Vielleicht, wenn das hier vorbei ist, Asara zurück ist und wir alle noch leben …

Aber Asara war aufgeflogen. Wenn das hier vorbei war, würde sie Arvice verlassen müssen. Ihr Bündnis mit Ishaka war nur ein Mittel zum Zweck, um ihre persönlichen Gegner aus dem Weg zu räumen.

„Heute haben sich uns zwei weitere Schwestern aus den fruchtbaren Regionen angeschlossen.“

„So?“ Den Wein in ihrem Kelch schwenkend richtete Anjiaka sich auf ihrem Diwan auf. „Wer ist es?“

„Yasira und Elari“, antwortete Vikacha. „Sie weigern sich jedoch, den dort lebenden Ashaki zu helfen. Stattdessen machen sie Sakoris Leuten das Leben auf ihre eigene Weise schwer.“

Anjiaka lachte. „Sie mögen das Imperium nicht besonders, egal wer es gerade anführt.“

„Das hat Asara auch gesagt.“

„Es ist mir egal, ob sie Ishaka, den Palastmeister und ihre kleine Verschwörung mögen, solange sie uns helfen. Damit haben wir bessere Chancen, Savedras Armee aufzuhalten.“ Sie verzog das Gesicht. „Zumindest in gewisser Weise.“

„Es ist sicher nicht leicht, gegen die eigenen Schwestern kämpfen zu müssen“, sagte Vikacha.

Nein, das war es nicht. Doch Anjiaka wollte das nicht an sich heranlassen. Das war unprofessionell. „Wir sind Verräter“, sagte sie hart. „Wir tun, was notwendig ist.“

Der Lustsklave ihrer Schwester hob die Augenbrauen. „Asara mag es abstreiten, doch ich weiß, dass Zalavas Tod sie plagt. Und ich bin überzeugt, dass es dir nicht anders ergehen würde.“

„Nun, bei einigen würde es mir schwerfallen“, gab Anjiaka zu.

An seinem Blick meinte sie zu erkennen, dass Vikacha ihr nicht glaubte. Doch vermutlich würde sie das auch nicht, wenn sie der engste Vertraute einer ihrer Schwestern wäre.

„Was dies betrifft, so bedaure ich nicht, kein höherer Magier zu sein“, sagte Vikacha.

„Aber du wärst gerne einer?“

„Ich wäre von größerem Nutzen und könnte mich auch gegenüber anderen Magiern verteidigen. Ich fürchte diese Macht nicht und kann mir keinen Weg vorstellen, wie ich sie gegen Asara und eure Sache einsetzen könnte.“

„Macht kann einen Menschen verderben. Ich sehe es bei unserem Volk. Doch wie mir scheint, wird man umso mehr verdorben, je mehr Macht man besitzt.“

Vikacha runzelte die Stirn. „Das ist möglich. Es würde erklären, warum ich mich anderen Sklaven gegenüber nicht überlegen fühle.“

Anjiaka betrachtete ihn erheitert. Er saß auf seinem Diwan, als würde er sich dabei unwohl fühlen – kerzengerade, die Beine im rechten Winkel und geschlossen haltend, die Hände im Schoß gefaltet. In solchen Momenten spielte sie mit dem Gedanken, ihm ein Kissen zu geben, doch Asara würde sie schelten, wenn sie Vikacha wie das behandelte, was er einst gewesen war.

Mika hingegen war noch nicht lange genug ’frei’, um nicht zu ihren Füßen sitzen zu wollen. Obwohl Anjiaka hin und wieder nichts gegen ein lebendes Spielzeug im Bett hatte, war sie entnervt. Sie sehnte sich nach einem Mann, der ihr mit seinem Selbstbewusstsein die Stirn bieten konnte. Doch wahrscheinlich lag noch ein weiter Weg vor ihr und Mika, wenn sie seine Denkweise ohne Gewalt ändern wollte.

„Ein bisschen mehr Überlegenheit würde dir nicht schaden“, sagte Anjiaka, während sie mit den Locken in Mikas Haar spielte. „Ich kann zwar nicht für Asara sprechen, weil ich nicht weiß, worauf sie steht, doch …“ Sie brach ab, als Vikacha zusammenzuckte und sein Blick ins Leere glitt.

Und jetzt wird sie mir gleich durch ihn die Meinung sagen, fuhr es Anjiaka durch den Kopf. Es wäre nicht das erste Mal seit Asaras Hausstand hier lebte. Anjiaka erinnerte sich an einen Abend kurz, nachdem sie Mika befreit hatte und dies zum Anlass für eine Cachika genommen hatte. Wenn es schon nichts für sie zu tun gab, dann wollte sie wenigstens ihren Spaß haben. Doch Asara hatte verstimmt auf die Idee reagiert, dass ihre Leute ungefragt involviert wurden.

„Das war Asara“, sagte Vikacha überflüssigerweise. „Sie hat eine Nachricht von Nachiri. Anscheinend haben die Gildenmagier einen Kurier nach Arvice geschickt. Er wird jedoch erst in Arvice eintreffen, wenn Savedras Armee die fruchtbaren Regionen erreicht. Deswegen braucht er unsere Hilfe.“

Von neuem Tatendrang erfüllt, sprang Anjiaka auf. Dabei stieß sie gegen einen Widerstand. Im letzten Augenblick konnte sie ihren Wein davor bewahren, ihr Kleid zu besudeln.

„Entschuldige, Mika“, sagte sie zu dem Mann zu ihren Füßen.

„Es gibt nichts zu entschuldigen, Meisterin.“

„Es heißt Anjiaka“, korrigierte sie ungehalten. „Einfach nur Anjiaka. Und genau das hier ist einer der Gründe, warum ich nicht will, dass du dich wie ein Sklave benimmst.“

„Er kennt kein anderes Leben, Anjiaka“, sagte Vikacha sanft. „Setz ihn nicht so unter Druck.“

„Ich bin Söldnerin, Vikacha. Ich bin es nicht gewohnt, Sklaven wie junge Harrel zu behandeln.“ Anjiaka seufzte. „Und ich habe keine Geduld. Also worauf warten wir noch? Tun wir, wozu Asara uns braucht.“

Sie stellte ihren Wein auf einen flachen Tisch und griff nach ihrem Dolch. „Komm“, sagte sie. „Du bist zwar nur ein niederer Magier, aber du kannst mir trotzdem helfen.“

Ohne sich nach ihm umzudrehen, wandte sie sich zur Tür und schritt durch den von Fackeln erhellten Flur. Saraki wusste nicht, dass seine Frau Magie beherrschte und es hätte daher seltsam gewirkt, hätte Anjiaka Lichtkugeln unter der Decke schweben lassen. Seit sie hier lebte, hatte ihr Mann diesen Flügel nicht betreten, allerdings kamen seine Sklaven hin und wieder her. Und Anjiaka vertraute noch nicht allen Sklaven, die er ihr zugeteilt hatte.

An diesem Abend war Saraki zuhause. Seit Asara in Yukai war, trafen er und Varako sich nahezu jeden Abend, doch an diesem Abend hatte der Liebhaber ihres Mannes ein Abendmahl mit einem wichtigen Kunden. So wie Anjiaka die beiden einschätzte, hätte sie es jedoch auch mit beiden aufnehmen können.

„Was hast du vor?“, rief Vikacha, während er versuchte, mit ihr Schritt zu halten.

„Das, was ich schon in meiner Hochzeitsnacht hätte tun sollen.“

„Saraki umbringen?“

Anjiaka hielt inne und wandte sich dem Lustsklaven ihrer Schwester zu. „Nein. Dafür zu sorgen, dass er mir nützlich ist.“

„Nicht!“

„Was?“, fragte Anjiaka ungehalten. „Ich werde ihm schon nichts tun.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich würde Mivara für diese Aufgabe vorziehen, weil sie dem Palastmeister vertraut ist. Aber Tarko weiß nicht, dass sie für uns arbeitet. Und Tari ist bei Varala, um von dort aus Asara über die fruchtbaren Regionen auf dem Laufenden zu halten. Sie kann nicht mit dem Palastmeister verhandeln.“

„Ich wollte nur sagen, dass es unklug wäre, deinen Mann in diese Sache hineinzuziehen. Damit riskierst du, deine eigene Identität zu offenbaren. Nimm Varako. Dass seine Frau eine Verräterin ist, ist dem Imperium bekannt.“

Es wäre Anjiaka egal gewesen, würden die Stadt-Ashaki ihre Identität kennen. Sie begriff jedoch, dass sich auf diese Weise kein Netzwerk unterhalten ließ. Besser, sie opferte, was ohnehin verloren war.

„Also gut“, gab sie ein liebenswürdiges Lächeln aufsetzend nach. „Ich fürchte, in dieser Hinsicht muss ich mich deiner Erfahrung beugen.“

„Nicht, dass ich viel Erfahrung mit aufgeflogenen Identitäten hätte“, murmelte Vikacha. Er schritt an Anjiaka vorbei. „Komm, gehen wir zu Varako.“

Wenig später waren sie auf dem Weg durch das nächtliche Arvice. Anjiaka hatte sich in einen Umhang gehüllt, Vikacha ging neben ihr als ihr offizieller Begleiter. Außer dem einen oder anderen Sklaven, der Botengänge für seinen Meister erledigte, begegneten sie niemandem.

Varako war noch nicht wieder von seinem Geschäftsessen zurück. Der Sklave am Tor erkannte sie und Vikacha jedoch und ließ sie ein. „Sag deinem Meister, dass wichtiger Besuch in seinem Raum des Meisters wartet“, wies Anjiaka ihn an.

„Ja, Meisterin Anjiaka“, erwiderte der Sklave furchterfüllt.

„Weiß er, was ich bin?“, fragte Anjiaka leise, als sie den Hof durchquerten.

„Ich glaube nicht. Er ist nur so selbstbewusste Frauen nicht gewohnt.“

Ich vergaß, dass Asara zuhause immer die gehorsame Ehefrau spielt!, dachte Anjiaka.

Sie ließ sich keine Zeit damit, die Wandgemälde und Teppiche entlang des Zugangs zu bewundern, sondern hielt zielstrebig auf den Raum des Meisters zu. Dort ließ sie sich in den Sessel fallen, in dem Varako für gewöhnlich zu sitzen pflegte. Auf Vikachas Befehl eilte einer von Varakos Sklaven herbei und brachte ihr Wein und Konfekt. Anjiaka stellte die kleine Schale auf dem Sitz neben ihr ab und scheuchte den Sklaven fort.

„Komm und setz dich“, forderte sie Vikacha auf. „Wenn Varako so geschwätzig wie sein Liebhaber ist, kann das noch dauern.“

Zögernd nahm Vikacha Platz. Während sie warteten, verebbte Anjiakas Tatendrang mehr und mehr und sie begann sich erneut zu langweilen. Als sie schon überlegte, ein sinnloses Gespräch mit ihrem Begleiter anzufangen, hörte sie Schritte und Stimmen. Rasch löschte sie ihre Lichtkugel und lehnte sich zurück, den Weinkelch in ihrer Hand balancierend.

Wenige Augenblicke später wurde der dunkle Raum von einer neuen Lichtkugel erhellt, dahinter nahm Anjiaka die Präsenz des Sklaven vom Tor wahr. Und die von Varako.

Dann trat der Ashaki in den Raum. Nervös musterte er die Szene, doch dann hatte er sich wieder unter Kontrolle.

„Anjiaka“, sagte er. „Was verschafft mir die Ehre?“

In einer fließenden Bewegung zog Anjiaka den Dolch unter ihrem Umhang hervor. „Ich denke, es wird Zeit, die Spielregeln zu ändern.“


***


Auf ihrem Weg durch die Aschenwüste war das Gefühl von Unruhe nie ganz gewichen. Asara hatte mit Vikacha und Nachiri gesprochen, doch diese hatten ihr Gefühl nicht bestätigen können. Die Verräter waren noch immer auf dem Weg in die fruchtbaren Regionen und diejenigen, die in Asaras Plan eingeweiht waren, arbeiteten daran, ihre Schwestern aufzuhalten. Ihr Mann war aus Mangel anderer Vermittler mit dem Palastmeister in Kontakt getreten und auch dort war alles in Ordnung.

Sofern überhaupt etwas in Ordnung sein konnte.

Als sie die Ödländer erreichten, wuchs Asaras Unruhe. Sie sah sich jedoch unfähig, dieses Gefühl zu fassen. Ihre durch die lange Reise wieder erwachten Instinkte flüsterten ihr zu, dass da etwas war. Ishaka und Takiro schienen nichts zu bemerken, doch sie verbrachten auch ihr gesamtes Leben in der Stadt.

„Dieser Platz eignet sich gut für ein Nachtlager“, sagte Asara am späten Nachmittag. Die Gegend, durch die sie wanderten, war felsig und von kleineren Schluchten durchzogen. „Unter diesem Überhang sind wir vor Blicken geschützt, während man von oben die gesamte Gegend überblicken kann.“

„So früh schon?“, klagte Takiro. „Ich dachte, wir wandern, bis es zu dunkel wird, um noch etwas zu erkennen. So kommen wir niemals rechtzeitig in die fruchtbaren Regionen.“

Das würden wir auch nicht, würden wir die Nacht durchreiten.

„Nun, ich dachte, vielleicht würde eine etwas längere Pause Eurem ständigen Gejammer abhelfen“, erwiderte Asara liebenswürdig. „Zudem bietet dieser Ort genügend Rückzugsmöglichkeiten, wenn man beispielsweise mit seinen Lustsklaven alleine sein will.“

Takiro öffnete protestierend den Mund, doch Ishaka kam ihm zuvor. „Eine Pause würde uns allen guttun“, sagte der Ashaki. „Wir haben die Pferde durch Duna und durch die Aschenwüste getrieben, die Sklaven müssen ihre Magie regenerieren. Möglicherweise finden wir hier Wasser, um unsere Trinkvorräte aufzufüllen. Wenn wir die nächsten Tage länger reisen, haben wir den Zeitverlust bald wieder eingeholt.“

Asara war geneigt, ihm ein dankbares Lächeln zu schenken, konnte sich dieses jedoch im letzten Augenblick verkneifen. „Ich schlage vor, wir richten unser Lager ein und Ihr ruht Euch aus. Sobald es dunkel wird, werde ich die Gegend nach etwas Essbarem absuchen.“

„Warum nicht jetzt?“, fragte Takiro. „Ich bin so hungrig, dass ich einen ganzen Gorin verspeisen könnte!“

„Und wenn du diesen gegessen hättest, würdest du darüber klagen, dass du zu viel gegessen hast“, bemerkte Ishaka trocken.

Asara gluckste unterdrückt. „Das befürchte ich auch“, murmelte sie.

Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Ishaka ihr einen abschätzenden Blick zuwarf und sie verspürte ein absurdes Gefühl von Verbundenheit. Dann war der Augenblick vorbei und sie schob das Gefühl beiseite. Sie mochten die gleichen Interessen verfolgen, doch sie waren noch immer Ashaki und Verräter. Kein Grund gleich zu besten Freunden zu werden.

Ein Stück hinter dem Felsüberhang fanden sie einen Bach, der durch die Schlucht plätscherte. Die Sklaven führten ihre Pferde dorthin. Dannyl an den Zügeln führend folgte Asara ihnen. Sie weigerte sich, dass die Sklaven ihr in irgendeiner Form Arbeit abnahmen. Anschließend brachte sie ihr weniges Gepäck zu einem Platz ein Stück abseits der Ashaki und streckte sich auf dem harten Boden aus. Der Felsen, der sie vor den Blicken der anderen schützte, war nicht sonderlich hoch, genügte aber, damit sie Ishaka und Takiro nicht sehen musste, wenn sie es sich bequem machte.

Den Kopf auf ihr Gepäck bettend döste Asara, bis ihr Lagerplatz in Schatten getaucht war. Der tiefblau gewordene Himmel glühte ein letztes Mal protestierend auf, dann versank die Sonne irgendwo jenseits der Schlucht hinter dem Horizont. Mit einem tiefen Atemzug streckte sie sich und setzte sich auf.

Ishaka und Takiro saßen unter dem Felsüberhang und unterhielten sich leise. Die Sklaven lagen ein Stück abseits und schliefen. Darunter auch der Mann, den Ishaka ihr vorübergehend als Quelle zur Verfügung gestellt hatte. Verglichen mit der Magie, die Asara vor Yukai besessen hatte, hatte sie noch immer lächerlich wenig, doch durch Ishakas Großzügigkeit fühlte sie sich ein Stück weniger verwundbar.

Sie rückte den Dolch an ihrer Hüfte zurecht, nickte den Ashaki zu und erklomm den Rand der Schlucht. In der aufziehenden Dämmerung brauchten ihre Augen eine Weile, um sich an den Schattenwurf des schwindenden Lichts zu gewöhnen. Als sich die Details ihrer Umgebung deutlich genug aus den Schatten abhoben, huschte sie zu einem nahen Felsen und ging dahinter in Deckung.

Dieser Teil der Ödländer bot trotz seiner Nähe zu Duna und der Aschenwüste überraschend viel Leben. Während sich P’anaal nur selten so weit aus den Bergen heraus trauten, lebte hier eine Vielzahl anderer Tiere. Darunter die Ödland-Jari, eine kleinere Variante der jagdbaren Tiere aus den fruchtbaren Regionen, die eher den Kharis der Wüste von Duna ähnelten und eine große Population wilder Harrel. Damit hatten sich hier auch Raubtiere wie Vallook oder Limeks angesiedelt. In jedem Fall bedeutete das jedoch: jagbare Beute.

Etwa eine halbe Stunde lang schlich Asara ein Stück abseits des Weges, den sie gekommen waren, entlang. Die überall herumliegenden Felsen gaben ihr Sichtschutz und boten ihr die Möglichkeit, ihre Umgebung in aller Ruhe zu betrachten.

Bemerkenswert, wie zuhause ich mich nach mehr als zwei Monaten fort von Arvice wieder in der Wildnis fühle, dachte sie. Als sie die Stadt verlassen hatte, um Takedo zu jagen, hatte sie sich vor ihren ausdauernderen und geschickteren Schwestern geschämt. Aber Asara hatte vor Arvice lange genug in der Zuflucht gelebt, dass ihre einstigen Jagd- und Überlebensfähigkeiten mittlerweile zurückgekehrt waren.

Sie sah sie erstmals zwischen zwei verdorrten Bäumen in einer Entfernung von zweihundert Schritt. Sie bewegte sich mit der Geschmeidigkeit eines P’anaal-Weibchens, vorsichtig und darauf bedacht, nicht gesehen zu werden – und mit einer gewissen Gefährlichkeit.

Asara verspürte einen grimmigen Triumph. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen. Von ihrem sicheren Versteck aus beobachtete sie die andere Frau, die allmählich in ihre Richtung kam. Sie hatte ihre magische Aura verborgen, aber mit höherer Magie waren die Präsenzen anderer Lebewesen aus der Ferne aufspürbar, wenn man seine Sinne danach ausstreckte.

Ich hoffe, sie ist so dumm und denkt, wir würden alle brav in unserem Lager schlafen. So weit draußen sollte sie nicht mit mir rechnen.

Aber die andere Frau konnte auch auf der Jagd sein. Eine Weile beobachtete Asara die Gestalt. Sie bewegte sich in Richtung des Lagers, jedoch nicht auf dem Weg, den Asara genommen hatte. Das überzeugte Asara schließlich. Ihren Dolch ziehend huschte sie von Felsen zu Felsen, darauf bedacht, dass immer ein Sichtschutz zwischen ihr und der anderen Frau war.

Schließlich erreichte sie einen entwurzelten und vertrockneten Baumstumpf, der genau auf dem Weg der anderen Frau lag, und ging dahinter in Deckung.

Bin ich gut genug, sie ohne Magie zu überwältigen? Asara runzelte die Stirn. Sie war zu schwach, um es mit einem anderen Magier aufzunehmen. Auch wenn sie bezweifelte, dass die andere Frau seit Yukai die Gelegenheit gehabt hatte, sich zu stärken, wollte sie es nicht darauf ankommen lassen.

Und ein Teil von ihr verspürte bei der Vorstellung, ein Risiko einzugehen, einen unwiderstehlichen Kitzel von Abenteuer. Sie lebte schon viel zu lange in der Stadt.

Als die Frau näherkam, drückte Asara sich tiefer in die Schatten. Die Frau kam auf den Baumstamm zu, Asara spannte sich an, die Frau passierte den Baumstamm, dann hechtete Asara mit einem Sprung, der ihr ohne die Zuhilfenahme ihrer Magie nicht in dieser Form nicht gelungen wäre, auf die andere Frau zu.

Lenyaka entfuhr ein unterdrückter Schrei. Instinktiv riss sie einen Schild hoch, aber Asara hatte bereits ihren Dolch an der Kehle der Rebellin.

„Wie lange folgst du uns schon?“, verlangte sie zu wissen.

„Lange genug“, zischte Lenyaka. „Ich bin überrascht, dass es dir noch nicht früher aufgefallen ist. Das Leben in der Stadt hat dich weichgemacht, liebe Ex-Schwester.“

„Ich hatte dringendere Sorgen.“ Asara verstärkte den Druck ihres Dolches. „Für wen spionierst du? Für Divako?“

„Ich hatte dich für eine von den Guten gehalten. Was wir in Yukai herausgefunden haben, zeigt jedoch, dass du so korrupt bist, wie der Rest deines Volkes.“

„Und ich dachte immer, ihr Rebellen würdet es begrüßen, wenn Savedra zu derartigen Maßnahmen greift“, gab Asara zurück.

„Sie hat meine ehemaligen Schwestern getötet. Soll mich das freuen?“

„Sie waren auch meine Schwestern.“

Lenyaka versuchte sich loszureißen, doch Asara war schneller. Sie zog ihre Klinge über den Hals der anderen Frau und nahm ihre Magie. Als sie fertig war, sank Lenyaka zusammen.

„Mitkommen!“, befahl Asara.

Die andere Frau am Arm gefasst, schritt sie zurück zum Lager. Unter dem Felsüberhang hing eine einsame Lichtkugel. Auch wenn man in die Schlucht hinabsteigen musste, um diese zu sehen, fand Asara das töricht und sie entschied, die Ashaki deswegen zurechtzuweisen.

„Ich war jagen“, erklärte Asara und stieß Lenyaka vor Ishaka zu Boden.

Der Ashaki sah auf. „Ah, eine Eurer ehemaligen Schwestern“, bemerkte er.

„Und nun dürft ihr raten, für wen sie spioniert.“

„Für Divako?“ Die Stimme kam ungläubig von irgendwo hinter den Felsen.

Asara fuhr herum. Takiro eilte zu ihnen, noch im Gehen befestigte er sein Gewand. Asara verdrehte die Augen. Konnte der Ashaki nicht etwas diskreter sein? Sie würde niemals auf die Idee kommen, sich zu vergnügen, wenn nur wenige Schritt entfernt eine ihrer Schwestern schlief, geschweige denn ein unfreiwilliger Verbündeter. Selbst Varako und Saraki waren diskreter.

„Richtig“, sagte Asara. „Ich wundere mich nur, wie es dazu kam, wenn sie am Tag nach dem Kampf den Tempel schon verlassen hatte.“

Bedächtig erhob sich Ishaka und trat vor die Rebellin. Er fasste in ihr Haar und zwang sie auf die Knie. Jetzt, wo Asara ihm dabei zusah, fühlte sie sich dabei an Sari erinnert und fragte sich, ob er damit unbewusst ihren Tod kompensierte.

Nein, dachte sie dann. So viel Sympathie will ich ihm nicht zugestehen. Er ist nur daran interessiert, seine Überlegenheit zu demonstrieren.

„Wir sind Divako und seinen Leuten in der Wüste begegnet“, sagte Lenyaka. „Und da wir nun als Söldner für das Imperium arbeiten, hat er mich und meine drei überlebenden Schwestern gleich mit einer Aufgabe betraut.“

Nicht alle Rebellen hatten ihr Leben in Yukai gelassen. Vinjiaka, Tavara und Chirika hatte Asara gemeinsam mit Sonea getötet, als sie den schönen Gildenmagier befreit hatten. Die übrigen hatten an anderer Stelle gekämpft und Asara war ihnen während des Chaos der Schlacht weder begegnet noch hatte sie ihre Leichen gefunden.

„Der Imperator ist tot“, sagte Ishaka. „Die Stadt und ein Großteil der fruchtbaren Regionen befinden sich in den Händen meiner Leute. Folglich arbeitet Ihr nun für uns.“

„Wir arbeiten nicht für die Leute, die mit den Mördern meiner ehemaligen Schwestern kollaborieren“, zischte die Rebellin.

„Dann macht Ihr nichts falsch, wenn Ihr für uns arbeitet.“ Der Ashaki sah zu Asara. „Macht es Sinn, ihre Gedanken zu lesen?“

Asara hob die Schultern. Nach Yukai hatte sie nicht mehr viel für ihre ehemaligen Schwestern übrig. „Vermutlich nicht, aber tut Euch keinen Zwang an. Allerdings wird sie das nicht kooperativer machen.“

„Damit könntet Ihr recht haben.“ Ishaka betrachtete die Rebellin finster. „Also womit hat Divako Euch betraut?“

Ein gefährliches Lächeln huschte über Lenyakas harsches Gesicht. „Aufspüren, wer unserer Feinde aus Yukai entkommen ist.“

Damit war Ivara in Gefahr. Sie war allein unterwegs und nur mit ihrer natürlichen Magie und ihrem Dolch bewaffnet. Und dann waren da noch Sonea, Dannyl und Nirili.

Asara musste sie warnen.

„Steht Ihr mit Divako in Verbindung?“, verlange Ishaka zu wissen.

„Das wüsstet Ihr wohl gerne.“

„Eine von ihnen wird mit einem Blutjuwel zurückgeblieben sein“, sagte Asara. „Auf diese Weise bekommen sie mit, was Divako tut und können darauf vertrauen, mit den richtigen Informationen versorgt zu werden. Zugleich wird Divako ein Druckmittel brauchen, sollten die anderen nicht tun, was er gerne hätte.“ Sie bedachte Lenyaka mit einem scharfen Blick. „So ist es doch, nicht wahr?“

Das wütende Zischen der Rebellin war Asara genügend Bestätigung, dass sie richtig gelegen hatte.

„Was machen wir mit ihr?“ Takiro hatte sein Gewand gerichtet und seinen Lustsklaven fortgescheucht. „Sie wird Divako alles berichten, was sie von uns erfährt.“

„Ich bin deiner Meinung“, sagte Ishaka. „Wir sollten sie töten.“

Er packte Lenyaka fester und zog seinen Dolch.

Wenn Verräter und Imperium zusammenarbeiten, arbeiten auch wir mit euch zusammen. Wäre Savedra bereit, uns so weit zu verzeihen? Denk darüber nach, Liebes.

„Wartet“, sagte Asara.

Die beiden Ashaki hielten inne.

„Oh, haben wir etwa Mitleid mit unserer ehemaligen Schwester?“, schnarrte Takiro.

Asara bedachte ihn mit einem finsteren Blick. „Ich habe zwei von ihnen in Yukai sowie eine meiner eigenen Schwestern getötet. Von daher: wohl kaum. Doch ich denke, es ist zumindest einen Versuch wert, sie von unserer Sache zu überzeugen.“

„Wir können ihr nicht vertrauen, Asara“, wandte Ishaka ein.

Ihr vertraut mir auch nicht, dachte sie. „Die Rebellen hegen ihren eigenen Groll auf Savedra. Ihre Ziele mögen sich in mancher Hinsicht decken, doch Savedra verzeiht nicht. Dazu kommt, dass Savedra den Tod ihrer ehemaligen Schwestern befohlen hat. Lenyakas einziges Problem besteht darin, dass sie uns für Savedras Verbündete hält.“

„Und indem du dies so schön vorträgst, wird deine Unschuld nicht gerade glaubhafter“, wandte Lenyaka ein.

„Nein. Aber ich kann es dir zeigen.“

„Und woher soll ich wissen, dass du deine Gedanken nicht mit deinem Geheimniswahrer manipulierst?“

„Indem du jemanden aus dieser Gruppe auswählst, der seine Gedanken mit dir teilt.“

Ishaka strich sich mit zwei Fingern über das Kinn, das er selbst auf dieser Reise täglich von einem seiner Sklaven rasieren ließ. „Sollte das funktionieren, so könnten wir Divako ausspionieren“, sprach er. „Wir würden erfahren, wo er und die Duna sich befinden und wie viele Stämme Arikhai für seinen Rachefeldzug gewonnen hat.“

„Das war meine Idee.“ Asara betrachtete ihre ehemalige Schwester, die Arme vor der Brust verschränkt. „Letztendlich hängt es wohl davon ab, wie sehr Lenyaka und ihre Schwestern an ihrem Leben hängen.“


***


Regin hatte den Abend damit zugebracht, mit Lord Balkan und Akkarin darüber zu diskutieren, welche Krieger in der Gildenversammlung am nächsten Tag vorgeschlagen werden sollten, um in einer Schlacht gegen die Sachakaner und die Duna die neuen Waffen einzusetzen. Anschließend würden diese einwilligen müssen, dass ihr Blut für die Magisierung verwendet wurde.

Die Diskussion hatte am späten Nachmittag in der Residenz des Hohen Lords begonnen und war in ein nicht-formelles Dinner ausgeartet, weil es spät geworden war. Insgeheim hätte Regin Hunger diesem seltsamen Essen zu dritt jedoch vorgezogen. Während Balkan mit Akkarins furchteinflößender Distanziertheit keine Schwierigkeiten zu haben schien, hatte Regin sich äußerst unwohl in seiner Haut gefühlt. Doch der Hohe Lord war kein Mann, dem man sich verweigerte.

Während des Essens hatten sie über Sachaka und Duna gesprochen. Nicht alles war für Regin interessant gewesen. Mit Spannung hatte er jedoch gelernt, dass die Kultur beider Völker sich in ihrer Kampfweise und ihrer Einstellung gegenüber Feinden und Verrätern widerspiegelte. Das war etwas, worauf die Gilde sich vorbereiten konnte.

Er spürte die Präsenz, kaum dass er sein Apartment betreten hatte. Sie war nicht greifbar, wie die eines Magiers – es war mehr das Wissen ihrer Anwesenheit in seinen Räumlichkeiten, verbunden mit dem schwachen von ihrer Haut ausgehenden Duft, der ihn so betörte.

Die Schärpe seiner Robe lösend schritt Regin in sein Schlafzimmer. Flavia lag in seinen Kissen, im Schlaf war die Decke von ihren Schultern gerutscht, die so entblößt waren, wie Regin sie zurückgelassen hatte. Er beeilte sich, seine Robe abzustreifen und zu ihr unter die Decke zu schlüpfen.

„Hm“, machte sie, als er ihr goldenes Haar behutsam zur Seite strich, um sie hinter ihrem Ohr zu küssen.

„Dein Lord ist zurück“, raunte Regin in ihr Ohr.

„Hm“, machte sie erneut und räkelte sich träge.

Sie schlief noch halb. Regin schob das Laken zur Seite und enthüllte ihren schlanken, jugendlich-makellosen Oberkörper. Sich mit einem Arm aufstützend strich er über ihre Rückseite, umrundete ihr Gesäß und ließ seine Hand zwischen ihre Schenkel gleiten.

„Hm“, machte sie ein weiteres Mal und öffnete ihre Schenkel ein wenig.

Erfreut begann Regin ihre Halsbeuge zu küssen. Zu seiner Freude wurde Flavia rasch feucht. Regin hielt sich jedoch nicht damit auf, sie noch länger zu verwöhnen. Sie war bereit und das war alles, was zählte. Er wollte sie. Jetzt.

Er rollte sich herum, bis er über ihr war. Dann umklammerte er ihre Oberschenkel mit seinen Knien und stieß tief in sie hinein.

„Oh!“, entfuhr es Flavia. Doch als er sich in ihr zu regen begann, ging ihre Überraschung schnell in lustvolles Stöhnen über.

Regin beugte sich über sie und küsste ihre Halsbeuge und ihre Schulter, während er sie nahm. Das Gefühl von Kontrolle war überwältigend. Sie gehörte ihm und sie tat ohne jeglichen Protest alles, was er von ihr verlangte. Trassia hätte das nicht getan. Insofern war es wohl gut, dass es vorbei war.

Berauscht von dem, was sich zwischen ihm und dem Mädchen, mit dem er seine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht hatte, abspielte, stieß er tiefer und tiefer in sie hinein. Seine Magie stützte ihn, wo andere ihre Arme gebraucht hätten, um das Gleichgewicht zu halten. Flavias Stöhnen wurde lauter und er musste eine Hand auf ihren Mund pressen, damit seine Nachbarn sie nicht hörten. Die gedämpften Laute zusammen mit ihrer lauter werdenden Atmung steigerte seine Erregung, bis er daran zu platzen glaubte.

„Du gehörst mir allein“, raunte er in ihr Ohr.

Ihre Antwort war nicht viel mehr als ein lauteres Stöhnen. Erneut beugte Regin sich erneut zu ihr herab und biss in ihren Nacken. Flavia stöhnte auf und er nahm sie noch härter, während das in jeder Faser seines Körpers brennende Verlangen ihn um den Verstand brachte.

Nur wenige Augenblicke später brach er nach Atem ringend auf ihr zusammen.

„Mylord“, flüsterte Flavia.

„Ja?“, murmelte er.

„Ich hatte nicht erwartet, dass Ihr mich wecken würdet.“

„Wofür sonst habe ich dich angewiesen, mein Bett zu wärmen?“, erwiderte er.

„Um nicht zu frieren?“, fragte sie.

Das ist im Sommer wohl kaum möglich, dachte er. Die wochenlange Hitze war inzwischen in jede Ritze der Universitätsgebäude durchgedrungen. Sein Apartment schien besonders heiß, weil es zum Hof ging, der täglich von der Mittagssonne aufgeheizt wurde.

„Ihr seid nicht zum Abendessen gekommen.“

„Ich hatte zu tun“, antwortete er.

„Ich kann Euch jetzt etwas bringen.“

„Nicht nötig“, winkte er ab. „Das Einzige, worauf ich hungrig bin, bist du.“

Mit diesen Worten beugte er sich über sie und küsste sie. Flavia erwiderte seinen Kuss hingebungsvoll. Seine Hand fuhr zwischen ihre Schenkel und streichelte sie, woraufhin sie erneut zu stöhnen begann. Regin schob einen Finger in ihre warme, weiche Öffnung und bewegte ihn. Flavias Stöhnen wurde lauter.

Regin zog seinen Finger heraus und steckte ihn in ihren Mund. Als ihre geschickte Zunge darüber strich, geriet sein Blut erneut in Wallung und er musste sich zwingen, ihr den Finger zu entziehen. Erneut schob er seinen Finger in sie und steckte ihn ihr in den Mund. Flavias hingebungsvolles Saugen wurde gieriger und dann war es um seine Beherrschung geschehen. Er richtete sich auf und kletterte auf sie, bis seine Lenden über ihrem Gesicht waren.

Und dann löschte ihr Mund jedes bewusste Denken aus.

Zehn intensive Minuten später spürte Regin, wie seine Sinne allmählich zurückkehrten. Auf seiner Haut hatte sich ein Schweißfilm gebildet und er begriff, dass dieser schon die ganze Zeit dort gewesen war. Die Luft im Schlafzimmer war viel zu heiß. Träge streckte er seinen Willen nach dem Fenster aus. Der nicht minder warme Luftstrom brachte zumindest eine Illusion von Abkühlung.

„Ihr wart großartig, Lord Regin.“ Flavia strich mit einem Finger über seine Brust. „Nur meine Lust ist noch immer nicht gestillt.“

„Ein anderes Mal“, sagte er den Blick zur Decke gerichtet.

„Das sagt Ihr seit Tagen“, stellte sie fest.

Und trotzdem gibst du dich mir hin … „Ich werde deine Lust befriedigen, wenn ich es für richtig halte“, antwortete er knapp. „Bis dahin musst du dich mit dem zufriedengeben, was ich dir gebe.“

Auch ohne sie anzusehen, wusste er, dass ihre hinreißenden Lippen sich zu einem hübschen Schmollmund verzogen hatten. Regin war jedoch nicht in der Stimmung darauf einzugehen. Er wusste, dass er sie benutzte, doch es gefiel ihm zu sehr. Wenn er mit ihr fertig war, fühlte er sich besser. Leichter.

Die Vorstellung, sich dann noch um Flavias Bedürfnisse zu kümmern, zerstörte dieses Gefühl.

„Geh zurück in dein Quartier“, sagte er.

„Ja, Mylord.“ Sie setzte sich auf und hielt dann inne.

„Was?“, fragte Regin ungehalten.

„Ich dachte, ich dürfte heute Nacht bei Euch bleiben.“

„Ich muss morgen früh aufstehen.“

„Ich kann Euch Sumi und Frühstück bringen.“

„Das kannst du auch, wenn du im Dienerquartier schläfst.“

Offenkundig hatten seine Worte sie verletzt. Dennoch gehorchte sie, hob ihre Uniform vom Boden auf und verließ dann leise das Zimmer.

Als sie fort war, atmete Regin einmal tief durch. Ja, er hatte sie benutzt und es hatte ihm gefallen. Seit Flavia bei ihm war, wünschte er, er hätte so mit Trassia schlafen können. Doch während der Rausch in ihm verebbte, machte sich ein Gefühl in ihm breit, das er am allerwenigsten erwartet hätte.

Nein, dachte Regin. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, Trassia derart zu benutzen.

Bei Flavia hingegen war es etwas anderes. Denn er hatte sie nie geliebt.


***


Der Anblick der Ödländer löste ein absurdes Gefühl von Heimat aus. Verglichen mit den endlosen Sandhügeln in dem Land weiter im Norden, war die sachakanische Halbwüste eine Oase des Lebens. Selbst jetzt im Sommer fand man hier Wasser und Nahrung, wenn man wusste, wo man suchen musste. Es war nicht immer viel, doch zum Überleben war es genug.

Sie waren schnell gereist, hatten Schlaf und Erholungspausen auf ein Minimum reduziert und gingen stattdessen oft zu Fuß, um die Pferde zu schonen und trotzdem ein gutes Stück Weg zurückzulegen. Nach mehr als zwei Wochen glaubte Sonea, am Ende ihrer Kräfte zu sein. Dannyl war ihre einzige Quelle und damit wuchs ihre eigene Kraft langsamer als sie es gerne gesehen hätte, zumal sie einen Teil davon brauchte, um ihre oder Nirilis Erschöpfung zu heilen, während Dannyl dazu immerhin selbst in der Lage war.

Und ich brauche das meiste dieser heilenden Magie.

Ein leises Schuldgefühl verspürend blickte Sonea auf ihren Bauch. Die Robe verbarg die kleine Wölbung, die sich inzwischen dort gebildet hatte. Aber Sonea wusste, dass sie da war. Sie war sich ihrer permanent bewusst und sie fühlte sich schuldig, weil sie ihre Magie brauchte, um das Leben in ihr zu schützen, anstatt jedes bisschen davon für einen Notfall aufzusparen, während sie sich zugleich schuldig gefühlt hätte, hatte sie ihr Kind vernachlässigt.

Auch Dannyl hatte schon lebendiger ausgesehen. Obwohl er es überspielte, konnte Sonea deutliche Anzeichen von Erschöpfung erkennen, wann immer er sich unbeobachtet fühlte.

Nirili hatte die Nahrungsbeschaffung übernommen. Zu Soneas Überraschung besaß die Verräterin ein bemerkenswertes Wissen über die Ödländer und ihre Geheimnisse. „Bevor ich zu meinem jetzigen Standort abkommandiert wurde, habe ich in der Zuflucht gelebt“, hatte sie auf Soneas Frage geantwortet. „Ich habe die Gegend beobachtet und hin und wieder bei der Befreiung von Sklaven geholfen.“

Und dazu hatte sie lange Strecken in den Ödländern zurückgelegt. Verräter reisten oft mit wenig Gepäck, um flexibel zu sein und Verfolger rasch abschütteln zu können, was eine regelmäßige Nahrungsbeschaffung erforderte.

Auch nachdem sie in die fruchtbaren Regionen gezogen war, hatte Nirili hin und wieder Befreiungsaktionen durchgeführt. Um sich von ihrer Erschöpfung abzulenken, hatte Sonea sie nach ihrer Arbeit und nach Überlebenstricks in den Ödländern gefragt. Doch vor allem war sie auch neugierig. Nach nur drei Tagen hatte sie gelernt, wie man Tiere in Löchern und Felsspalten aufspürte, welche Tiere nachtaktiv waren und welche Wurzeln genießbar und welche giftig waren. Sie entdeckte sogar einige exotische Würzkräuter, über die sie sich in Arvice immer gewundert hatte.

Das Leben als Frau eines Land-Ashakis war offenkundig sehr beschaulich. „Die Land-Ashaki sind weniger intrigant, als jene, die in der Stadt leben“, erzählte Nirili, als sie kurz vor Sonnenaufgang ihr Lager in einer kleinen Gruppe vertrockneter Bäume aufschlugen. Dannyl hatte sich auf einem Flecken Sand zusammengerollt und schlief. „Vor dem Krieg gegen Eure Gilde haben sie vermehrt um Land gekämpft und hatten ihre Grenzstreitigkeiten, doch sie gingen dabei direkter vor. Dort, wo ich lebe, ist man zudem vor den Ichani relativ sicher.“

„Und Euer Mann?“, fragte Sonea. „Wie sorgt Ihr dafür, dass er Euch nicht verrät?“

Nirili grinste. „Indem ich seine schmutzigen Geheimnisse nicht weitererzähle.“

Sonea war versucht zu fragen, was für schmutzige Geheimnisse ein Ashaki haben konnte, entschied sich jedoch dagegen. Sachaka war ein Land voll gesellschaftlicher Tabus. Unter ’schmutzige Geheimnisse’ konnte alles fallen angefangen von Ansehensverlust durch gleichgeschlechtliche Beziehungen bis Verbrechen, für die man zum Ichani erklärt wurde.

„Wie funktioniert das Beobachten auf dem Land?“, fragte sie. „Ich stelle mir das schwieriger vor, als in der Stadt, wo die Ashaki dicht aufeinanderleben.“

„Die Informationsbeschaffung ist langwieriger, das ist richtig. Nicht alle haben Blutjuwelen oder Geheimniswahrer. Ich und meine Leute beobachten in erster Linie meinen Mann und seine Besucher. Bringen diese Sklaven mit, die für uns arbeiten, so tauschen wir uns mit diesen aus. Selbiges gilt, wenn mein Mann einen anderen Ashaki besucht.“

„Aber Ihr habt ein Blutjuwel von Savedra, um die Informationen weiterzuleiten, richtig?“

Nirili nickte. „Es ist für Notfälle gedacht und um wichtige Neuigkeiten zu übermitteln. In Yukai war dies Zalavas Aufgabe und allmählich begreife ich, warum.“

Sonea starrte sie an. „Das heißt, Ihr habt das Blutjuwel dabei?“, entfuhr es ihr.

„Verborgen in einer Tasche. Asara, Ivara und ich haben beschlossen, dass Savedra zwei von uns für tot hält, damit wir ungestört agieren können.“

„Hat Asara auch ein Blutjuwel von Savedra?“

„Ja. Doch sie hat ihres in Arvice gelassen, damit ihre Leute im Notfall Kontakt zu Savedra herstellen können. Über ihre Leute läuft die Kommunikation mit dem Palast.“

Sonea entfuhr ein ungewolltes Gähnen.

„Ihr solltet schlafen.“ Nirili warf einen bedeutungsvollen Blick auf Soneas Bauch. „Alles andere wäre ungesund. Ich halte derweil Wache.“

Sonea verzog das Gesicht. Sie wusste selbst, dass sie Schlaf brauchte. „Weckt mich, damit ich die zweite Wache übernehmen kann.“

Die Verräterin schüttelte den Kopf. „Ihr könnt mich heilen, bevor wir weiterziehen.“

Sonea wollte protestieren, entschied sich jedoch eines Besseren. Die Reise zehrte an ihren Kräften. Und sie musste an das winzige Leben in ihr denken.

Sie griff nach ihrer Decke und rollte sich darin zusammen. „Gute Nacht, Nirili.“

„Schlaft gut, Lady Sonea.“

Zu müde, um durch ihr Blutjuwel zu sehen, ob Akkarin schon wach war, schloss sie die Augen und war augenblicklich eingeschlafen.

Sonea glaubte, nur einen Augenblick geschlafen zu haben, als sie von einem ohrenbetäubenden Bersten wieder aus dem Schlaf gerissen wurde. Sie fuhr hoch. Die Luft war erfüllt von dem Geruch brennenden Holzes und einem nur allzu vertrauten Vibrieren. Verwirrt sah sie sich um. Die Bäume am Rand ihres Lagers brannten lichterloh, zwei waren geborsten als hätte eine gewaltige Faust sie getroffen. Nirili stand inmitten des Lagers und starrte auf etwas zwischen den brennenden Bäumen. Sonea blinzelte und erstarrte, als sie dort eine Gestalt entdeckte.

„Dannyl!“

Der junge Auslandsadministrator hatte den Angriff verschlafen. Sonea eilte zu ihm und rüttelte ihn wach. Blaues Licht jagte an ihr vorbei, so dicht, dass sie die Härchen auf ihren Armen aufstellten. Rasch riss sie einen Schild hoch.

„Dannyl! Wach auf!“

„Was?“, nuschelte er.

„Wir werden angegriffen!“

Sie konnte sehen, wie ihre Worte die Müdigkeit ihres Freundes hinwegfegten. „Die Duna?“, fragte er.

„Ich weiß es nicht.“ Sonea sah zu Nirili, die sich ein erbittertes Duell mit der Gestalt zwischen den Bäumen lieferte. „Bleib bei mir.“

Dannyl nickte. „Soll ich die Schildsenker übernehmen?“, fragte er überraschend geistesgegenwärtig.

„Ja.“ Sonea löste den kleinen Beutel von ihrer Schärpe und drückte ihn Dannyl in die Hand. „Wenn du hinter mir bleibst, wird unser Gegner nicht sehen, wenn du einen herausholst.“

Gemeinsam eilten sie zu Nirili. „Wir haben nicht viel Magie, wir sollten zusammenbleiben“, erklärte Sonea der Verräterin.

Nirili hob die Schultern. „Sie wird auch nicht viel haben.“

„Woher …?“, begann Sonea und brach dann ab. Die Gestalt war eindeutig weiblich. Nur drei Verräter hatten Yukai überlebt. Doch diese waren auf ihrer Seite. Damit konnte die Frau zwischen den Bäumen nur zu den Rebellen gehören.

„Wir sollten sie unschädlich machen und versuchen, Informationen von ihr zu erhalten“, sagte sie.

Mit grimmiger Miene schleuderte Nirili der Rebellin einen Kraftschlag entgegen. „Sie hat einen Geheimniswahrer. Wir sollten sie einfach töten.“

„Sonea hat recht“, sagte Dannyl unbehaglich. „Wir sollten es zumindest versuchen.“

Nirili wirkte nicht begeistert. „Meinetwegen“, sagte sie. „Ihr werdet sehen, dass wir von ihr keine Informationen erhalten werden.“

Es war bemerkenswert, wie Mitglieder einer so eingeschworenen Gemeinschaft einen solchen Hass aufeinander entwickeln konnten. Sonea begriff, dass die Verräter ihre Prinzipien als heilig erachteten. Ein Verstoß dagegen wurde ähnlich stark geahndet, wie die Diebe es taten, wenn jemand versuchte, sie zu squimpen. Nur, dass die Verräter offenkundig sehr unterschiedliche Ansichten darüber hatten, wie diese Prinzipien gelebt und gewahrt werden sollten.

„Nirili, lenkt sie ab“, wies Sonea die Verräterin an. „Aber verschwendet nicht zu viel Eurer Kraft.“

Sie konnte der anderen Frau ansehen, dass ihr der Befehl missfiel. Zu ihrer Erleichterung erhob Nirili jedoch keinen weiteren Protest.

Während die Verräterin ihre ehemalige Schwester mit leichten Kraftschlägen angriff, formte Sonea zwei Kraftschläge ihrerseits und sandte sie zu beiden Seiten fort. Ihren Willen nach den kleinen Bündeln aus Magie ausstreckend krümmte sie deren Bahn und ließ sie in einem großen Bogen auf zwei der brennenden Bäume zu rasen. Mit einem lauten Krachen barst das Holz und Sonea griff erneut nach ihrer Magie und schleuderte ihre Stämme zu Boden.

Die Rebellin schrie auf und warf sich zur Seite.

„Jetzt, Dannyl!“, zischte Sonea.

Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie eine durch eine Illusion getarnte Phiole der Rebellin entgegenjagte. Zwischen den brennenden Bäumen explodierte ein weißer Nebel, als hätte jemand Wasser dort ausgeschüttet, das nun zischend verdampfte.

„Kommt mit!“

Ihren Dolch ziehend stürmte Sonea nach vorne. Im Laufen griff sie nach ihrer Magie und formte mehrere Barrieren, unter denen sie die Flammen eindämmte.

Die Rebellin stand noch aufrecht, ihr Stand war jedoch unsicher und Sonea erkannte darin erste Anzeichen von magischer Erschöpfung. Das war knapp!

Rasch griff sie nach ihrer Magie und fesselte die andere Frau. Diese zischte wütend, ohne ihre Magie war es ihr jedoch nicht möglich, sich zu befreien.

„Tylava!“, entfuhr es Nirili. „Allein unterwegs? Haben sich die Überreste deiner Bande zerstritten?“

„Das würde dir gefallen, was?“ Die Rebellin betrachtete Nirili lauernd. „Doch wie kommt es, dass du überlebt hast?“

„Ich dachte, du wärst hier, um mich zu töten“, gab die andere Frau zurück.

Tylavas Blick huschte zu Sonea und Dannyl. „Tatsächlich bin ich wegen diesen beiden hier. Es hat eine Weile gedauert, Euch zu finden, doch ich wusste, dass Ihr Euch nicht ewig in den Bergen verstecken würdet, weil Ihr zurück in Euer sicheres Kyralia wollt.“ Sie lächelte höhnisch. „Nun, wenn Divako und Arikhai mit Ishaka und den Verrätern fertig sind, ist Euer Land als Nächstes dran.“

Sonea erschauderte. So siegessicher, wie sie sich gab, kannte sie Divakos und Arikhais Pläne. Und das bedeutete, dass es schlimmer stand, als sie die ganze Zeit angenommen hatten.

„Was wisst Ihr über die Pläne unserer Feinde?“, verlangte sie zu wissen.

„Das wüsstet Ihr wohl gerne.“

„Wenn Divako und die Duna eine Armee aufstellen, die in der Lage ist uns und unsere angeblichen Verbündeten zu töten, tut es doch auch nicht weh, uns ihre Größe zu nennen, nicht wahr?“, fragte sie. „Wir werden doch ohnehin sterben.“

Etwas berührte ihr Handgelenk.

- Genug umgekehrte Diplomatie. Lass mich übernehmen.

- Tu dir keinen Zwang an, erwiderte Sonea.

Der Himmel im Osten war gerade dabei, heller zu werden. Sie konnte nur wenige Minuten geschlafen haben und ihre Stimmung war dementsprechend unerfreulich. Und sie war schwanger. Alles, was sie wollte, war ein Bett, etwas zu essen und jede Menge Schlaf.

„Also, Tylava“, begann ihr Freund. „Sonea wird Euch jetzt auf Blutjuwelen untersuchen und dann unterhalten wir uns. Denn so wie ich das verstehe, arbeitet Ihr für den, der in Sachaka das Sagen hat. Und meines Wissens ist das der Palastmeister und nicht Divako.“


***


Dort zu sitzen, wo Kachiro und vor ihm Marika gesessen hatte, verlieh Ivasako ein Gefühl von Macht, das ihm weder vertraut noch willkommen war. Der Thron stand auf einem kleinen Sockel und war höher als die Sessel, die bei festlichen Anlässen überall im Raum aufgestellt wurden. Der Blick von dort aus über die Thronhalle war nahezu erhaben.

Einst hatte Ivasako bei Audienzen neben dem massiven Sitz aus Gold und Schnitzereien gestanden. Es bestand jedoch ein Unterschied dazwischen, im Zentrum des Universums zu sitzen oder nur danebenzustehen.

Für gewöhnlich mied Ivasako diesen Platz. Aber wenn er eines in den letzten drei Monaten gelernt hatte, dann, dass man die eigene Macht demonstrieren musste, um von den Ashaki respektiert zu werden. Wenn ein König ohne einen Thronerben zu hinterlassen starb, regierte der Palastmeister das Land, bis ein neuer König gefunden war. Die Ashaki respektierten das. Allerdings taten diese sich damit schwerer, wenn der Palastmeister ein ehemaliger Sklave war.

Ienara kniete an seiner Seite mit einer Schale geschälter Dornbeeren. Obwohl ihn dies mit Unbehagen erfüllte, war Ivasako für ihre Hingabe dankbar. Sie sah und hörte alles und durch das Blutjuwel an ihrer Halskette konnten sie ungestört miteinander kommunizieren.

In einer majestätischen Bewegung schwangen die Türen am anderen Ende der Halle auf und ein einzelner Ashaki trat geführt von zwei Palastwachen ein. Für einen Sachakaner war er zu klein und zu schmächtig, doch es waren seine auffällig bunten Kleider, die ihn in Unscheinbarkeit versinken ließen.

Vor dem Thron warf er sich zu Boden. Das war für Ivasako beinahe noch seltsamer, als wenn die Palastsklaven es taten.

„Palastmeister Ivasako, es ist sehr freundlich von Euch, mich zu empfangen“, sprach der Ashaki. „Denn mein Anliegen ist ein äußerst wichtiges. Ich stehe in Eurer Schuld.“

Ivasako hob eine Augenbraue. Auf ihren Begegnungen auf den Parties diverser Ashaki hatte er den Eindruck gewonnen, dass dieser Mann Dinge für wichtig hielt, die für ihn selbst ohne Belang waren.

„Erhebt Euch, Ashaki Varako“, befahl er.

Varako gehorchte sofort. Auf eine groteske Weise fand Ivasako das erheiternd.

„Tragt nun Euer Anliegen vor.“

„Ich bringe Euch eine Nachricht von den Gildenmagiern“, begann Varako. „Sie haben einen Kurier nach Arvice entsandt, doch dieser wird die Stadt nicht mehr rechtzeitig erreichen.“

So, die Gildenmagier? Interessant …

„Wie kommt es, dass Ihr mit den Gildenmagiern in Kontakt steht?“, verlangte Ivasako zu wissen.

„Ich …“, der Ashaki wurde sichtlich nervös, „... habe Verbindungen zu den Verrätern.“

Ivasako langte nach der Obstschale. „Das ist mir bekannt“, antwortete er. „Es besteht kein Grund, Euch dessen zu schämen, da ich davon ausgehe, dass Ihr erpresst wurdet.“

„Diese Verbindung hat mir mein Ansehen gesichert“, erklärte Varako. „Doch deswegen bin ich nicht hier.“ Er machte eine Pause und sah Ivasako an. „Die Gildenmagier schlagen Euch ein Bündnis gegen die Verräter vor.“

Fast hätte Ivasako sich an seiner Dornbeere verschluckt. Mit einer solchen Neuigkeit hatte er am wenigsten gerechnet. „Ihr meint gegen die Verräter, die für das Scheitern der Verhandlungen in Yukai verantwortlich sind und die nun gegen uns kämpfen“, sagte er.

„Ja, Palastmeister.“

„Und wie gedenken sie, uns zu helfen? Sie bräuchten mehr als zwei Wochen, um die fruchtbaren Regionen überhaupt zu erreichen. Bis dahin werden die Verräter viel Schaden angerichtet haben.“

„Sie sind dabei, sich zu stärken. Außerdem besitzen sie neue Waffen für den Kampf gegen höhere Magier.“

„Noch verheerender, als das, was sie bis jetzt gegen uns eingesetzt haben?“

„So heißt es zumindest, Palastmeister Ivasako.“

Ivasako lehnte sich zurück. Es war eine seltsame Ironie, dass die Waffen, mit denen die Gildenmagier seinem Volk so viel Schaden zugefügt hatten, ihnen nun helfen sollten. Und er kam nicht umhin, es als Form der Wiedergutmachung zu sehen – zu schön, um wahr zu sein.

„Für gewöhnlich haben die Verräter jemanden, der die Informationen überbringt“, sagte er. „Warum haben sie nicht sie geschickt?“

„Weil jene Person an anderer Stelle dringender gebraucht wurde, Palastmeister. Jene Verräter, die die Aktionen ihrer Anführerin verurteilen, mussten ihr eigenes Netzwerk errichten, um einander mit Informationen zu versorgen. Auf diese Weise können sie Euch mit Ashaki Sakori und Savedras Armee helfen.“

„Heißt das, unsere Kontaktperson hat die Stadt verlassen?“

„So ist es, Palastmeister.“

Und Mivara hatten sie nicht schicken können, ohne dass Tarko davon erfuhr. Das war unglücklich, da Ivasako durch die Wahrheitslesung angefangen hatte, ihr zu vertrauen. Allerdings wusste er auch, dass sie mit Varakos Frau in Verbindung stand.

„Hat Eure Frau Euch geschickt?“

„Gewissermaßen ja, Palastmeister.“

Ivasako runzelte die Stirn und setzte sich auf. „Was heißt, gewissermaßen?“

„Sie hat ihre Leute in der Stadt über den Kurier der Gildenmagier informiert. Diese kamen auf mich zu.“

Weil seine Frau aufgeflogen war. Ivasako fragte sich, wieso die Verräter das Ansehen dieses Mannes geschützt hatten, und konnte nur raten. Er hatte Gerüchte auf den Parties gehört. Allerdings wusste er nicht, was er von diesen halten sollte.

Ivasako richtete seinen Willen auf Ienaras Blutjuwel.

- Was sagst du dazu?

Ienara ließ sich eine Weile mit der Antwort Zeit.

- Ich denke, er sagt die Wahrheit, sandte sie schließlich. Es passt zu dem, was wir bereits wissen. Das Angebot der Gildenmagier überrascht mich dennoch. Ich bin davon ausgegangen, dass sie uns so sehr hassen wie wir sie.

- Die Gildenmagier sind weich und überraschend gut darin, zu verzeihen, erwiderte Ivasako. Das haben sie schon in Yukai mit ihrem überaus großzügigen Angebot unter Beweis gestellt. Jeder andere hätte an ihrer Stelle Wiedergutmachung eingefordert. Stattdessen haben sie diese angeboten.

- Und das spricht für sie. Gemeinsam für eine Sache zu kämpfen, schafft ein ganz neues Gefühl von Verbundenheit.

- Es besteht immer noch die Möglichkeit, einander hinterher in den Rücken zu fallen, wandte Ivasako nüchtern ein.

- Richtig. Aber das werden die Gildenmagier nicht tun. Und ich weiß, dass du sie nicht vernichten willst. Du willst nur deine Rache an ihrem Anführer. Und an Sonea.

Was für sich genommen einen neuen Krieg bedeuten konnte. Mit Ienaras Worten hatte Ivasako jedoch auch ihre Emotionen empfangen. Und diese hatten ein ungeahntes Gefühl von Wärme ausgelöst.

- Du meinst, wenn diese Zusammenarbeit gelingt, stehen die Chancen, dass dieser Konflikt ein Ende findet, besser, weil wir ein neues Verständnis füreinander erhalten?

- Ja. Mir gefällt es nicht, Ivasako. Aber es ist einen Versuch wert. Bedenke, dass uns nicht nur die Armee der Verräter bevorsteht, sondern auch Divako und die Duna.

Das hatte Ivasako nicht vergessen. Sie hatten so gut wie keine Informationen darüber, wann die Duna kamen. Sie wussten nur, dass sie kommen würden. Und dass sie wütend waren. Divako und Arikhai würden mit dem, was die Verräter von seinem provisorischen Imperium übriggelassen hatten, ein leichtes Spiel haben.

- Mir gefällt es auch nicht, doch du hast recht, sandte Ivasako. Wenn wir dabei nicht gewinnen, verlieren wir sowieso.

Allein die Vorstellung war völlig absurd. Die Gildenmagier waren ein friedliebendes Volk, das jedoch überraschend wehrhaft war, wenn es sich bedroht fühlte. Obwohl Marika, seine Berater und so ziemlich jeder Ashaki, den Ivasako kannte, die Gildenmagier für die Verwüstung Sachakas hassten, hegte er keinen persönlichen Groll gegen dieses Volk. Nach siebenhundert Jahren war für ihn die Schuld ihrer Vorväter getilgt.

Manchmal frage ich mich, ob Ihr wirklich ein Sachakaner seid …

Und wenn ich das schon absurd finde, wie wird es dann erst den Ashaki ergehen?

Das Gefühl von Ohnmacht wurde überwältigend. Er fühlte sich wie eine dieser Figuren aus dem Land des sichelförmigen Mondes, die einen Pakt mit Vacca schlossen. Nein, dachte er dann. Ich habe mir geschworen, niemals wieder eine Spielfigur zu sein. Ich muss wie ein Anführer handeln.

Ivasako unterdrückte ein Seufzen. Sein Privatkrieg musste warten. Die Gildenmagier waren ihre einzige Chance.

Noch vor wenigen Wochen hätte der Palastmeister bei einer solchen Entscheidung Ishaka um Rat gefragt. Dieser war jedoch irgendwo in den Weiten der Ödländer und Ivasako hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er das Sagen hatte.

„Die Armee der Verräter“, wandte er sich an Varako. „Wie stehen die Chancen, dass die Magierinnen bis zum Eintreffen in den fruchtbaren Regionen die Seiten gewechselt haben?“

Der Ashaki zögerte. „Eine der Überlebenden aus Yukai versucht, die Armee vorher zu erreichen und die ersten Magierinnen einzuweihen. Diese sollen dann weitere einweihen. Die in der Stadt lebende Schwester meiner Frau hat zudem Kontakt zu einer Schwester in dieser Armee. Sie ist sich nicht sicher, ob es ihr gelingt, diese zu überzeugen, doch sie arbeitet daran.“

Ivasako konnte sich nicht vorstellen, wie in zwei Wochen auf diese Weise eine gesamte Armee die Seiten wechseln sollte, aber es klang nach einem Anfang. Einige Verräter, die sich gegen ihr Volk stellten, konnten einen Unterschied machen. Sakori wusste, dass die Verräter unterwegs waren, und hielt sich deswegen abgesehen von gelegentlichen Angriffen auf den einen oder anderen Ashaki zurück. Hakaro war derweil mit kampfbereiten Ashaki dorthin unterwegs, hatte jedoch den Befehl, sich bei Sakori zurückzuhalten, solange dieser nicht angriff.

In jedem Fall würde es spannend werden, wenn die Verräter zu ihnen stießen.

Nach einer Dornbeere greifend, lehnte Ivasako sich zurück. Das hier war noch immer sein Spiel. Und er würde es spielen. Bis zum bitteren Ende.

„Sagt, Ashaki Varako. Wie genau gedenken die Gildenmagier uns zu helfen, wenn sie es nicht rechtzeitig in die fruchtbaren Regionen schaffen?“

Der Ashaki lächelte, als würde irgendetwas seine Begeisterung erwecken. „Indem sie Euch eine gemeinsame Strategie vorschlagen.“


***


„Das ist interessant.“

Dannyl sah von seinen Händen auf, die die Zügel seines Pferds umschlossen hielten. Die Sonne brannte gnadenlos auf die sachakanischen Ödländer und machte es unmöglich, den Blick irgendwohin anders zu richten. Um sich vor dem Gleißen zu schützen, hatte er seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Inzwischen reisten sie oft bei Tag, um schneller eine größere Strecke zurückzulegen. Durch den Mangel an Schlaf, Wasser und Nahrung reagierte sein Körper heftiger auf die Strapazen und er zog es vor, sparsam mit seiner Magie umzugehen.

„Was?“, fragte er.

Nirili wandte sich in ihrem Sattel um. „Ich habe soeben eine Nachricht erhalten, deren Ursprung Asara ist“, antwortete sie. „Sie ist Lenyaka begegnet und hat einige interessante Neuigkeiten.“

Begegnet hieß vermutlich so viel wie, dass es zu einem Kampf gekommen war oder die Rebellin tot war, überlegte Dannyl. „Was hat sie gesagt?“, fragte er.

„Lenyaka ist zu uns und Ishaka übergelaufen.“

Neben ihm hob Sonea den Kopf. Ihr Blick war unscharf, so als habe sie gedöst. „Ist das wahr?“, murmelte sie. „Wie ist das passiert?“

„Nun, anscheinend war sie offener für unsere Argumente als Tylava.“ Die Verräterin warf einen vielsagenden Blick zu der Frau, die bewusstlos und gefesselt auf dem Rücken des Packpferdes saß. „Doch ich muss Euch zugestehen, dass Ihr recht damit hattet, sie nicht zu töten. Wir können sie und die anderen Rebellen gut gebrauchen.“

Die Rebellin hatte sich bei ihrer Befragung als höchst stur erwiesen und hatte auf keine von Dannyls Überzeugungsstrategien reagiert. Weil sie nicht wussten, was sie mit ihr tun sollten, hatten sie beschlossen, Tylava vorerst in einer magischen Erschöpfung zu halten.

„Sind das die einzigen beiden, die Yukai überlebt haben?“, fragte Sonea.

Nirili schüttelte den Kopf. „Außer ihnen haben noch Ystara und Beccari überlebt. Ystara ist ebenfalls unterwegs um Divakos erklärte Feinde aufzuspüren, während Beccari bei ihm ist und die Kommunikation sicherstellt.“

„Nur, dass wir Tylava das Blutjuwel genommen haben.“ Dannyl runzelte die Stirn. „Hat Asara etwas darüber gesagt, was mit den anderen beiden ist? Haben sie ebenfalls die Seiten gewechselt?“

„Lenyaka arbeitet daran.“

Das waren gute Neuigkeiten. „Damit können wir mehr über Divakos Pläne herausfinden“, sagte er.

„Und über die Stärke der Duna.“ Nirili lächelte erfreut. „Divako steht in Kontakt mit Arikhai. Es heißt, Arikhai ist auf dem Weg, sich mit Divako in den Ödländern zu treffen. Er hat drei weitere Stämme als Unterstützung sicher und wahrscheinlich schließen sich noch weitere an.“

Dannyl gefror das Blut in den Adern. Damit waren sie verloren. „Wann werden sie auf Divako treffen?“

„In zwei Tagen.“

„So bald schon?“

„Arikhai hat Reiter zu den anderen Stämmen ausgesandt. Einige haben ihr Jagdrevier zwischen Yukai und der Aschenwüste. Und die Pferde der Duna sind schneller und ausdauernder als unsere.“

Dann hoffe ich, dass diese neuen Waffen, die die Gilde bereitgestellt hat, auch wirken, fuhr es Dannyl durch den Kopf.

„Ich informiere den Hohen Lord“, sagte Sonea. „Und ich schlage vor, dass wir uns etwas mehr beeilen.“

„Wenn wir noch schneller reisen, werden wir die Pferde umbringen“, entgegnete Nirili. „Und Dannyl würde seine Magie kaum noch regenerieren. Wir sind unseren Feinden mittlerweile ein gutes Stück voraus. Wir können diesen Vorsprung weiter ausbauen. Wenn die Duna und Divako aufeinandertreffen, werden sie nur noch mit dem Tempo von Divakos Leuten weiterreisen.“

„Sie hat recht, Sonea“, sagte Dannyl behutsam. „Solange unsere Gegner uns nicht einholen, sollten wir nicht unnötig unser Leben und das unserer Pferde riskieren. Denn dann kommen wir ganz sicher nicht rechtzeitig bei unseren Leuten an.“

Die kleine schwarze Magierin nickte und Dannyl konnte beobachten, wie ihr Blick ins Leere glitt.

„Macht Ihr Euch keine Sorgen, dass wir diese Schlacht nicht gewinnen?“, fragte er, während Sonea eine stille Unterhaltung mit ihrem Hohen Lord führte. „Wir werden einer Übermacht gegenüberstehen.“

„Ich gehe davon aus, dass viele meiner Schwestern sich uns anschließen werden, wenn sie erfahren, dass Savedra die Sicherheit von Schutzbefohlenen riskiert hat“, antwortete die Verräterin. „Wie das bei jenen ist, die ihre Kriegspolitik noch immer zu milde fanden, kann ich jedoch nicht sagen. Ich glaube nicht, dass wir gegen viele Verräter kämpfen müssen. Die meisten werden sich bis dahin uns entweder angeschlossen haben oder haben in den fruchtbaren Regionen ihr Leben gelassen. Außerdem“, sie zwinkerte Dannyl zu, „habt ihr Gildenmagier Euch angesichts Eurer magischen Schwäche in der Vergangenheit wiederholt als überaus wehrhaft bewiesen.“

Dannyl lächelte schief. „Wenn man schwach ist, muss man andere Mittel und Wege zur Verteidigung finden.“

Er selbst konnte nicht so zuversichtlich in die Zukunft blicken. Seine Vorstellung scheiterte daran, dass es ihnen gelang, ihre Gegner mit vereinten Kräften zu bezwingen. Nicht mit so vielen wütenden Duna.

„Der Hohe Lord informiert die Gilde“, sprach Sonea plötzlich. „Er hat zudem einen Vorschlag, wie wir Tylava von der Wahrheit überzeugen können.“

„Ich bin gespannt!“, sagte Dannyl. Bis jetzt hatten alle diplomatischen Mittel an Tylava versagt und Gewalt kam nicht in Frage.

Sonea zog an den Zügeln ihres Pferdes. „Du wirst schon sehen“, sagte sie mit einem Lächeln und saß ab.

Nirili hob die Schultern. „Nun, wir können auch jetzt eine Pause einlegen.“

Sie banden die Rebellin los und lehnten sie gegen einen Stein. Gespannt beobachtete Dannyl, wie Sonea die Stirn der Frau berührte. Wenig später kehrte Leben in die fahlen Wangen und Tylava regte sich.

„Was …?“, entfuhr es ihr.

„Tylava“, sagte Sonea. „Ich weiß, Ihr seid nicht gut auf uns zu sprechen, weil wir Euch gefangen halten. Doch ich hoffe, Ihr glaubt mir, dass wir Euch nichts Böses wollen.“

„In diesem Fall hättet Ihr mich gehenlassen.“

„Ich gebe Euch recht. Doch wir können Euch nicht vertrauen, wenn Ihr uns nicht vertraut.“ Sonea griff in den Beutel mit ihren Schildsenkern. Die andere Frau zuckte zusammen. „Das lässt sich jedoch ändern.“

Sonea drückte der Rebellin etwas in die Hand und erhob sich dann. „Da wir Euch nicht überzeugen können, was auch verständlich ist, müsst Ihr Euch Euer Urteil selbst bilden“, sagte sie und trat an Dannyls Seite.

„Hast du ihr das Blutjuwel zurückgegeben?“, fragte Dannyl leise.

„Ja. Wir müssen darauf vertrauen, dass Beccari wirklich die Seiten gewechselt hat und Divako nicht verrät, wo wir uns befinden oder dass wir noch am Leben sind.“

Mit säuerlicher Miene öffnete die Rebellin schließlich die Augen. „Also schön“, sagte sie und steckte das Blutjuwel in ihre Tasche. „Ich helfe Euch. Aber glaubt nicht, dass Ihr mit dieser Aktion davonkommt.“

„Es ist Euer gutes Recht, Vergeltung zu üben, weil wir Euch Eurer Freiheit beraubt haben“, sprach Dannyl. „Allerdings würde ich einer friedlichen Form der Wiedergutmachung den Vorzug geben.“

Tylava bedachte ihn mit einem herausfordernden Blick. „Nun, das wird dann zu dem Preis, den meine Hilfe hat, hinzukommen.“

***


Und im nächsten Kapitel geht es ordentlich zur Sache … ;)


Fragen zum Kapitel

Könnt ihr Merins Verärgerung nachvollziehen? Was haltet ihr von dem Ergebnis seines Gespräches mit Akkarin?

Was glaubt ihr, planen die höheren Magier in der Szene, in der sie Savedra rufen?

Wie findet ihr Asaras kleine Reisegruppe?

Was haltet ihr von Regins kleiner Affäre?

Hättet ihr Ivasako zugetraut, dass er trotz seine Zorns auf bestimmte Gildenmagier einem temporären Bündnis zustimmen würde?

Macht Tylavas Erklärung, warum Sonea und Dannyl nicht von einer Armee verfolgt wurden, für euch Sinn?
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