Meine Musen
von Maerchentante
Kurzbeschreibung
Mein Beitrag zum Projekt: "Unsere Musen"
OneshotHumor / P12 / Gen
01.08.2016
01.08.2016
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1.981
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01.08.2016
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Ein neuer Projektbeitrag, dieses Mal zum Projekt "Unsere Musen", in dem es, wie der Name schon sagt, um unsere Musen geht. Hier nun meine Umsetzung des Projekts, viel Spaß!
Meine Musen
Der Laptop vor mir summt leise, der Cursor im geöffneten Schreibprogramm blinkt einsatzbereit. Meine Finger schweben über der Tastatur, vor Vorfreude regelrecht juckend. Ich bin hochmotiviert zu schreiben und kann es kaum erwarten, die leere Wordseite mit wohlklingenden Worten zu füllen. Rechts neben dem Laptop steht eine Tasse Kaffee zur Aufrechterhaltung der Konzentration bereit, auf der linken Seite eine Tüte mit Mini-Marshmallows. Es ist alles bereit, fehlt also eigentlich nur noch…
„Thalia?“, trällere ich lockend den Namen meiner dienstältesten Muse.
Keine Reaktion.
Okay, dann frage ich eben… „Calliope?“
Aber auch von meiner zweitältesten Muse kommt keinerlei Reaktion. Hm.
„Dann vielleicht du, Meana?“, probiere ich es zu guter Letzt noch beim Nesthäkchen meines Musentrios.
Wieder keine Reaktion. Kein Zeichen, dass meine Musen mich gehört haben, noch nicht einmal das gekränktes Schnauben, mit dem mir für gewöhnlich signalisiert wird, dass sie beleidigt sind und daher die Arbeit verweigern. Stattdessen absolute Stille, so als ob sie gar nicht da wären. Mist, die Damen sind anscheinend wieder einmal alle ausgeflogen. Na super. Da habe ich nun gleich drei Musen und nicht eine von ihnen ist hier geblieben, um mir beim Schreiben zu helfen. Dabei wissen sie doch, dass ich ohne sie schreibtechnisch nicht wirklich was auf die Reihe kriege!
Leicht frustriert greife ich zu meinem Kaffeebecher mit dem Plotbunny-Aufdruck, umfasse ihn mit beiden Händen und trinke einen Schluck. Wie schön wäre es jetzt, noch einmal so wie früher schreiben zu können! Damals hatte ich nur eine meiner heutigen drei Musen, doch dafür war Thalia damals auch dreimal fleißiger und hat mich praktisch pausenlos mit Ideen versorgt, so dass ich Stunden um Stunden und sogar ganze Nächte in regelrechten Schreibräuschen damit verbracht habe, eine Wordseite nach der anderen mit Worten zu füllen. Ohne erst lange darüber nachzudenken, was und wie ich schreibe.
„Uärks.“, mache ich peinlich berührt, als mir auch wieder einfällt, was dabei herausgekommen ist. Mein NCIS-Erstling, meine erste wirklich beendete Fanfiction. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie stolz ich damals darauf war, aber seitdem ich sie das erste Mal mit echter Objektivität betrachtet habe, schäme ich mich richtiggehend dafür, die Story tatsächlich veröffentlicht zu haben. Sie strotzte nur so vor Logikfehlern, Plotlöchern und unsinnigen Szenen, und die Charaktere waren kein Stück besser. Allein der Bösewicht! Widersprüchlich bis zum Geht-nicht-mehr und absolut unglaubwürdig. Genauso meine erste eigene Figur der guten Seite. Eine waschechte Mary Sue, die dem Bösewicht natürlich sofort und mittels als Profiling getarnter Assoziationskette auf die Spur gekommen ist. Einfach nur peinlich, weshalb ich die Story vor ein paar Jahren auch wieder von meiner Autorenseite gelöscht habe.
„Quantität ist eben nicht Qualität.“, murmle ich in meine Kaffeetasse, trinke noch einen Schluck und stelle sie dann wieder ab. Trotzdem, die Erinnerung stimmt mich auch wehmütig. Ich vermisse einfach die Leichtigkeit, mit der ich damals geschrieben habe, auch wenn ich natürlich weiß, dass ich rein objektiv gesehen heute besser schreibe als früher. Jedenfalls dann, wenn ich auch tatsächlich mal etwas geschrieben bekomme und nicht nur stundenlang vor dem Laptop sitze, ohne dass dabei etwas herauskommt. Was, wie ich zugeben muss, heutzutage allerdings eher Standard als Ausnahme ist. Meine Musen sind nämlich nicht nur immer wieder mal abwesend, sondern auch ziemlich empfindlich und manchmal auch noch furchtbar nachtragend.
Thalia zum Beispiel nimmt mir die Löschung unseres gemeinsamen Erstwerks selbst heute, nach über drei Jahren, noch übel und zeigt das, indem sie mir nur noch halbherzig Ideen für meine geplanten NCIS-Fanfictions liefert. Calliope, meine für den Romantikbereich zuständige Muse, ist auch eher geizig mit neuen Ideen, seit ich die mit ihr angefangenen Slash-Storys auf Eis gelegt habe, um mich ganz auf die NCIS-Fanfictions zu konzentrieren. Und Meana ist als Jüngste besonders empfindlich und schon beleidigt, wenn ich eine Idee von ihr mal nicht sofort umsetzen, sondern lieber erstmal nur notieren will. Außerdem schmollt sie meist gleich solidarisch mit, wenn eine der anderen beiden mal wieder wegen irgendwas gekränkt ist.
Mit den Jahren habe ich zwar gelernt, mit den diversen Launen und Empfindlichkeiten meiner drei Diven umzugehen, aber manchmal hätte ich trotzdem gut Lust, die ganze Bande einfach rauszuschmeißen und das Schreiben endgültig an den Nagel zu hängen. Oder alternativ, die Zeit zurück zu drehen und mein heutiges Wissen über den Aufbau einer Story in Kombination mit Thalias früherem Eifer zu nutzen, um endlich wieder richtig flüssig dahin schreiben zu können. Denn das ist es, was mir zum Schreiben eigentlich wirklich fehlt, dieser Enthusiasmus, diese fast schon symbiontische Zusammenarbeit aus früheren Zeiten. Aber diese Zeiten sind lang vorbei und es ist mehr als nur fraglich, ob sie je wiederkehren werden.
„Innig mir verbunden warst in Äonen, die verschwunden.“, zitiere ich, halb ironisch, halb wehmütig aus einem Gedicht von Schiller.
„Hä?“, ertönt hinter mir ein dreistimmiger Chor aus glockenhellen Stimmen, aus dem im nächsten Moment schon ein wildes Durcheinander wird.
„Pfff, redest du mal wieder mit dir selbst?“
„Wer ist verschwunden?“
„Wo ist denn Äonen? In Amerika?“
„Äonen sind kein Land, sondern ein Begriff für Ewigkeiten, du Dussel!“
„He, wer ist verschwunden?“
„Ist es nicht! Und ich bin kein Dussel!“
„Ist es doch und bist du doch!“
„Bin ich NICHT!“
„He, wer ist denn jetzt verschwunden?!“
„Bist du dohoch!“
„BIN ICH NICHT!“
„RUHE!“
Das wilde Geplapper kommt schlagartig zum Stillstand. Ich schließe die Augen und atme einmal tief durch. Dann mache ich mich daran, die Fragen, die ich verstanden habe, der Reihe nach zu beantworten, wobei ich Thalias hämischen Kommentar von anfangs einfach ignoriere.
„Niemand ist verschwunden, das war nur eine Zeile aus einem Gedicht.“, kläre ich Calliope auf.
„Oh. Ach so.“, erklingt es oberhalb meines rechten Ohrs erleichtert. „Da bin ich aber froh.“
„Meana, Äonen ist wirklich ein anderes Wort für Ewigkeiten, da hat Thalia Recht. Aber dass du das nicht gewusst hast, ist nicht schlimm.“, tröste ich als nächstes mein Nesthäkchen.
„Aber ich bin kein Dussel! Sag ihr, dass sie mich nicht so nennen soll!“, ertönt dicht neben meinem linken Ohr Meanas dünnes Stimmchen, in dem sehr deutlich die Androhung von Tränen mitschwingt.
„Natürlich bist du kein Dussel, Schatz.“, beeile ich mich zu versichern. „Und schon gar nicht, nur weil du etwas nicht gewusst hast. Thalia wollte dich nur mal wieder ärgern.“
„Siehst du Thalia? Ich bin KEIN Dussel!“, brüllt meine Jüngste der Ältesten halb trotzig, halb erleichtert entgegen.
„Und was dich angeht, Thalia…“, fahre ich fort, als das kurzzeitige Klingeln in meinem Ohr wieder nachlässt. „Ich hab dir schon hundertmal gesagt, dass du Meana nicht immer ärgern sollst! Sie ist eben noch jung und weiß manches noch nicht, aber das ist kein Grund, sie als Dussel oder sonstwas zu bezeichnen. Und falls du es vergessen haben solltest: Auch du hast einmal klein angefangen, Fräulein!“
„Pfff!“, kommt es schnippisch aus der Marshmallow-Tüte. „Ich war nie ein solches Baby!“
„Ich bin kein Baby!“, heult Meana mir prompt ins Ohr.
„Bist du wohl!“, antwortet Thalia gehässig.
„Bin ich NICHT!“, heult Meana noch lauter.
„Das reicht jetzt, ihr zwei!“, versuche ich die beiden Streithähne und das erneute Klingeln in meinen Ohren zu übertönen.
„Bist du doch!“
„BIN ich NICHT!“
„Baby, Baby, du bist ein Heulebaby!“
„BIN ICH NICHT!“
„Bab…“, setzt Thalia erneut zum gehässigen Singsang an, worauf mir endgültig der Geduldsfaden reißt. „Verdammt noch mal, SCHLUSS JETZT!“
Für einen kurzen Moment herrscht wohltuende Stille, als die beiden Streithähne abrupt verstummen. Dann ertönt neben meinem linken Ohr ein tränenersticktes Schniefen, das mir verrät, dass Thalia ihr Ziel wieder einmal erreicht und Meana zum Weinen gebracht hat. Hinter meiner Stirn kündigen sich die dumpfen Vorboten beginnender Kopfschmerzen an und um Beherrschung ringend, massiere ich mir die Nasenwurzel. Ein neuerliches Schniefen ertönt, gefolgt von einem Hicksen. Die Augen schließend, atme ich tief durch, bis ich mir sicher bin, meinen Ärger wieder unter Kontrolle zu haben.
„Bravo, Thalia.“, gratuliere ich meiner Ältesten dann sarkastisch. „Du hast es wieder einmal geschafft, Meana zum Weinen zu bringen. Eine großartige Leistung, wirklich. Ehrlich, manchmal frage ich mich wirklich, wer von euch beiden die Jüngere ist, so kindisch, wie du dich immer wieder aufführst. Deine Aufgabe wäre es eigentlich, mir beim Schreiben zu helfen und so Meana zu zeigen, wie man eine richtige Muse wird. Aber anstatt das zu tun, hackst du nur ständig auf ihr herum, wie im Kindergarten!“
„Siehst du, du bist kindisch, nicht ich!“, triumphiert Meana neben meinem Ohr mit verschnupfter Stimme.
„Du bist auch ruhig!“, fahre ich sie verärgert an. „Du weißt ganz genau, dass Thalia dich mit Absicht ärgert und steigst trotzdem jedes Mal darauf ein! Andauernd streitet ihr euch, davon hab ich langsam wirklich die Nase voll! Und beim Schreiben hilfst du mir genauso wenig, Fräulein, das tut keine von euch! Ehrlich, die paar Mal, die ihr mir in letzter Zeit ernsthaft beim Schreiben geholfen habt, kann ich an einer Hand abzählen!“
Für eine volle Minute herrscht betretenes Schweigen.
„Du wirfst uns jetzt aber nicht raus, oder?“, fragt Calliope dann vorsichtig in mein rechtes Ohr.
Ich unterdrücke ein Seufzen. „Nein. Aber es kann auch nicht so weitergehen. Eure ewigen Streitereien rauben mir den letzten Nerv, mal ganz abgesehen davon, dass ihr mich damit auch vom Schreiben abhaltet, anstatt mich dabei zu unterstützen. Bei meinen NCIS-Fanfictions bin ich seit Monaten kein Stück vorangekommen, ganz zu schweigen von der Ian-Reihe und den Slash-Storys, und bei der Harry-Potter-Geschichte hab ich noch nicht mal einen Anfang. Dass ihr euch nicht zeigen wollt, ist eine Sache, damit kann ich leben. Aber dass ihr mir nicht beim Schreiben helft? Das ist ein ganz anderes Paar Schuhe.“
Mir kommt ein Geistesblitz, und betont locker fahre ich fort: „Wenn ihr mir nicht helfen wollt, okay, aber dann werdet ihr auch damit leben müssen, dass ich mir Musen suche, die den Job übernehmen.“
„Also schmeißt du uns doch raus?“, piepst Meana erschrocken in mein linkes Ohr.
Ein Grinsen unterdrückend, deute ich ein Kopfschütteln an. „Nein, aber wenn ihr mir nicht beim Schreiben helft, muss ich mir eben Musen suchen, die das an eurer Stelle tun. Ihr wärt dann immer noch da, aber halt nicht mehr fürs Schreiben zuständig.“
Aus der Marshmallow-Tüte kommt ein ungläubiges Schnauben. „Du willst uns einfach durch irgendwelche dahergelaufenen Miststücke von Musen ersetzen?!“
Ich hebe in einer scheinbar hilflosen Geste die Hände. „Will ich nicht, aber ihr lasst mir ja keine andere Wahl. Wenn ihr mir wieder helfen würdet… aber das wollt ihr ja nicht, also muss ich mir wohl oder übel jemanden anderen suchen, der das tut.“
„Das kommt überhaupt nicht in Frage!“, empört sich Thalia. „Ich lass mir doch nicht von so einem dahergelaufenen Grünschnabel meinen Job wegnehmen! Pfff, das wäre ja noch schöner! Für deine NCIS-Storys bin ganz allein ich zuständig, da pfuscht mir keiner rein, nur damit das klar ist!“
„Genau!“, pflichtet Calliope ihr bei. „Und die Ian-Reihe und die Slash-Storys gehören mir, die lass ich mir auch nicht wegnehmen!“
„Und ich lass mir die Harry-Potter-Geschichte nicht wegnehmen!“, meldet sich Meana eifrig ebenfalls zu Wort. „Das wäre ja noch schöner, jawohl!“
„Also?“, ertönt es kriegerisch aus der Marshmallow-Tüte. „Worauf wartest du noch? Mach das Dokument mit dem Prolog der ersten NCIS-Story auf, wir fangen sofort damit an, den fertig zu schreiben!“
„Und danach machen wir bei der ersten Ian-Story weiter!“, verkündet Calliope sofort.
„Und dann schreiben wir den Anfang von der Harry-Potter-Geschichte!“, schließt sich auch Meana entschlossen an.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht komme ich Thalias Befehl nach. Das hat ja besser geklappt, als ich erwartet hatte. So motiviert habe ich meine Musen schon lange nicht mehr erlebt, schon gar nicht alle drei auf einmal. Tja, ein Körnchen Wahrheit steckt eben doch darin, dass man mit Zuckerbrot und Peitsche auch etwas erreicht. Oder, wie in diesem Fall, mit Marshmallows und drohendem Musenzuwachs.
Meine Musen
Der Laptop vor mir summt leise, der Cursor im geöffneten Schreibprogramm blinkt einsatzbereit. Meine Finger schweben über der Tastatur, vor Vorfreude regelrecht juckend. Ich bin hochmotiviert zu schreiben und kann es kaum erwarten, die leere Wordseite mit wohlklingenden Worten zu füllen. Rechts neben dem Laptop steht eine Tasse Kaffee zur Aufrechterhaltung der Konzentration bereit, auf der linken Seite eine Tüte mit Mini-Marshmallows. Es ist alles bereit, fehlt also eigentlich nur noch…
„Thalia?“, trällere ich lockend den Namen meiner dienstältesten Muse.
Keine Reaktion.
Okay, dann frage ich eben… „Calliope?“
Aber auch von meiner zweitältesten Muse kommt keinerlei Reaktion. Hm.
„Dann vielleicht du, Meana?“, probiere ich es zu guter Letzt noch beim Nesthäkchen meines Musentrios.
Wieder keine Reaktion. Kein Zeichen, dass meine Musen mich gehört haben, noch nicht einmal das gekränktes Schnauben, mit dem mir für gewöhnlich signalisiert wird, dass sie beleidigt sind und daher die Arbeit verweigern. Stattdessen absolute Stille, so als ob sie gar nicht da wären. Mist, die Damen sind anscheinend wieder einmal alle ausgeflogen. Na super. Da habe ich nun gleich drei Musen und nicht eine von ihnen ist hier geblieben, um mir beim Schreiben zu helfen. Dabei wissen sie doch, dass ich ohne sie schreibtechnisch nicht wirklich was auf die Reihe kriege!
Leicht frustriert greife ich zu meinem Kaffeebecher mit dem Plotbunny-Aufdruck, umfasse ihn mit beiden Händen und trinke einen Schluck. Wie schön wäre es jetzt, noch einmal so wie früher schreiben zu können! Damals hatte ich nur eine meiner heutigen drei Musen, doch dafür war Thalia damals auch dreimal fleißiger und hat mich praktisch pausenlos mit Ideen versorgt, so dass ich Stunden um Stunden und sogar ganze Nächte in regelrechten Schreibräuschen damit verbracht habe, eine Wordseite nach der anderen mit Worten zu füllen. Ohne erst lange darüber nachzudenken, was und wie ich schreibe.
„Uärks.“, mache ich peinlich berührt, als mir auch wieder einfällt, was dabei herausgekommen ist. Mein NCIS-Erstling, meine erste wirklich beendete Fanfiction. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie stolz ich damals darauf war, aber seitdem ich sie das erste Mal mit echter Objektivität betrachtet habe, schäme ich mich richtiggehend dafür, die Story tatsächlich veröffentlicht zu haben. Sie strotzte nur so vor Logikfehlern, Plotlöchern und unsinnigen Szenen, und die Charaktere waren kein Stück besser. Allein der Bösewicht! Widersprüchlich bis zum Geht-nicht-mehr und absolut unglaubwürdig. Genauso meine erste eigene Figur der guten Seite. Eine waschechte Mary Sue, die dem Bösewicht natürlich sofort und mittels als Profiling getarnter Assoziationskette auf die Spur gekommen ist. Einfach nur peinlich, weshalb ich die Story vor ein paar Jahren auch wieder von meiner Autorenseite gelöscht habe.
„Quantität ist eben nicht Qualität.“, murmle ich in meine Kaffeetasse, trinke noch einen Schluck und stelle sie dann wieder ab. Trotzdem, die Erinnerung stimmt mich auch wehmütig. Ich vermisse einfach die Leichtigkeit, mit der ich damals geschrieben habe, auch wenn ich natürlich weiß, dass ich rein objektiv gesehen heute besser schreibe als früher. Jedenfalls dann, wenn ich auch tatsächlich mal etwas geschrieben bekomme und nicht nur stundenlang vor dem Laptop sitze, ohne dass dabei etwas herauskommt. Was, wie ich zugeben muss, heutzutage allerdings eher Standard als Ausnahme ist. Meine Musen sind nämlich nicht nur immer wieder mal abwesend, sondern auch ziemlich empfindlich und manchmal auch noch furchtbar nachtragend.
Thalia zum Beispiel nimmt mir die Löschung unseres gemeinsamen Erstwerks selbst heute, nach über drei Jahren, noch übel und zeigt das, indem sie mir nur noch halbherzig Ideen für meine geplanten NCIS-Fanfictions liefert. Calliope, meine für den Romantikbereich zuständige Muse, ist auch eher geizig mit neuen Ideen, seit ich die mit ihr angefangenen Slash-Storys auf Eis gelegt habe, um mich ganz auf die NCIS-Fanfictions zu konzentrieren. Und Meana ist als Jüngste besonders empfindlich und schon beleidigt, wenn ich eine Idee von ihr mal nicht sofort umsetzen, sondern lieber erstmal nur notieren will. Außerdem schmollt sie meist gleich solidarisch mit, wenn eine der anderen beiden mal wieder wegen irgendwas gekränkt ist.
Mit den Jahren habe ich zwar gelernt, mit den diversen Launen und Empfindlichkeiten meiner drei Diven umzugehen, aber manchmal hätte ich trotzdem gut Lust, die ganze Bande einfach rauszuschmeißen und das Schreiben endgültig an den Nagel zu hängen. Oder alternativ, die Zeit zurück zu drehen und mein heutiges Wissen über den Aufbau einer Story in Kombination mit Thalias früherem Eifer zu nutzen, um endlich wieder richtig flüssig dahin schreiben zu können. Denn das ist es, was mir zum Schreiben eigentlich wirklich fehlt, dieser Enthusiasmus, diese fast schon symbiontische Zusammenarbeit aus früheren Zeiten. Aber diese Zeiten sind lang vorbei und es ist mehr als nur fraglich, ob sie je wiederkehren werden.
„Innig mir verbunden warst in Äonen, die verschwunden.“, zitiere ich, halb ironisch, halb wehmütig aus einem Gedicht von Schiller.
„Hä?“, ertönt hinter mir ein dreistimmiger Chor aus glockenhellen Stimmen, aus dem im nächsten Moment schon ein wildes Durcheinander wird.
„Pfff, redest du mal wieder mit dir selbst?“
„Wer ist verschwunden?“
„Wo ist denn Äonen? In Amerika?“
„Äonen sind kein Land, sondern ein Begriff für Ewigkeiten, du Dussel!“
„He, wer ist verschwunden?“
„Ist es nicht! Und ich bin kein Dussel!“
„Ist es doch und bist du doch!“
„Bin ich NICHT!“
„He, wer ist denn jetzt verschwunden?!“
„Bist du dohoch!“
„BIN ICH NICHT!“
„RUHE!“
Das wilde Geplapper kommt schlagartig zum Stillstand. Ich schließe die Augen und atme einmal tief durch. Dann mache ich mich daran, die Fragen, die ich verstanden habe, der Reihe nach zu beantworten, wobei ich Thalias hämischen Kommentar von anfangs einfach ignoriere.
„Niemand ist verschwunden, das war nur eine Zeile aus einem Gedicht.“, kläre ich Calliope auf.
„Oh. Ach so.“, erklingt es oberhalb meines rechten Ohrs erleichtert. „Da bin ich aber froh.“
„Meana, Äonen ist wirklich ein anderes Wort für Ewigkeiten, da hat Thalia Recht. Aber dass du das nicht gewusst hast, ist nicht schlimm.“, tröste ich als nächstes mein Nesthäkchen.
„Aber ich bin kein Dussel! Sag ihr, dass sie mich nicht so nennen soll!“, ertönt dicht neben meinem linken Ohr Meanas dünnes Stimmchen, in dem sehr deutlich die Androhung von Tränen mitschwingt.
„Natürlich bist du kein Dussel, Schatz.“, beeile ich mich zu versichern. „Und schon gar nicht, nur weil du etwas nicht gewusst hast. Thalia wollte dich nur mal wieder ärgern.“
„Siehst du Thalia? Ich bin KEIN Dussel!“, brüllt meine Jüngste der Ältesten halb trotzig, halb erleichtert entgegen.
„Und was dich angeht, Thalia…“, fahre ich fort, als das kurzzeitige Klingeln in meinem Ohr wieder nachlässt. „Ich hab dir schon hundertmal gesagt, dass du Meana nicht immer ärgern sollst! Sie ist eben noch jung und weiß manches noch nicht, aber das ist kein Grund, sie als Dussel oder sonstwas zu bezeichnen. Und falls du es vergessen haben solltest: Auch du hast einmal klein angefangen, Fräulein!“
„Pfff!“, kommt es schnippisch aus der Marshmallow-Tüte. „Ich war nie ein solches Baby!“
„Ich bin kein Baby!“, heult Meana mir prompt ins Ohr.
„Bist du wohl!“, antwortet Thalia gehässig.
„Bin ich NICHT!“, heult Meana noch lauter.
„Das reicht jetzt, ihr zwei!“, versuche ich die beiden Streithähne und das erneute Klingeln in meinen Ohren zu übertönen.
„Bist du doch!“
„BIN ich NICHT!“
„Baby, Baby, du bist ein Heulebaby!“
„BIN ICH NICHT!“
„Bab…“, setzt Thalia erneut zum gehässigen Singsang an, worauf mir endgültig der Geduldsfaden reißt. „Verdammt noch mal, SCHLUSS JETZT!“
Für einen kurzen Moment herrscht wohltuende Stille, als die beiden Streithähne abrupt verstummen. Dann ertönt neben meinem linken Ohr ein tränenersticktes Schniefen, das mir verrät, dass Thalia ihr Ziel wieder einmal erreicht und Meana zum Weinen gebracht hat. Hinter meiner Stirn kündigen sich die dumpfen Vorboten beginnender Kopfschmerzen an und um Beherrschung ringend, massiere ich mir die Nasenwurzel. Ein neuerliches Schniefen ertönt, gefolgt von einem Hicksen. Die Augen schließend, atme ich tief durch, bis ich mir sicher bin, meinen Ärger wieder unter Kontrolle zu haben.
„Bravo, Thalia.“, gratuliere ich meiner Ältesten dann sarkastisch. „Du hast es wieder einmal geschafft, Meana zum Weinen zu bringen. Eine großartige Leistung, wirklich. Ehrlich, manchmal frage ich mich wirklich, wer von euch beiden die Jüngere ist, so kindisch, wie du dich immer wieder aufführst. Deine Aufgabe wäre es eigentlich, mir beim Schreiben zu helfen und so Meana zu zeigen, wie man eine richtige Muse wird. Aber anstatt das zu tun, hackst du nur ständig auf ihr herum, wie im Kindergarten!“
„Siehst du, du bist kindisch, nicht ich!“, triumphiert Meana neben meinem Ohr mit verschnupfter Stimme.
„Du bist auch ruhig!“, fahre ich sie verärgert an. „Du weißt ganz genau, dass Thalia dich mit Absicht ärgert und steigst trotzdem jedes Mal darauf ein! Andauernd streitet ihr euch, davon hab ich langsam wirklich die Nase voll! Und beim Schreiben hilfst du mir genauso wenig, Fräulein, das tut keine von euch! Ehrlich, die paar Mal, die ihr mir in letzter Zeit ernsthaft beim Schreiben geholfen habt, kann ich an einer Hand abzählen!“
Für eine volle Minute herrscht betretenes Schweigen.
„Du wirfst uns jetzt aber nicht raus, oder?“, fragt Calliope dann vorsichtig in mein rechtes Ohr.
Ich unterdrücke ein Seufzen. „Nein. Aber es kann auch nicht so weitergehen. Eure ewigen Streitereien rauben mir den letzten Nerv, mal ganz abgesehen davon, dass ihr mich damit auch vom Schreiben abhaltet, anstatt mich dabei zu unterstützen. Bei meinen NCIS-Fanfictions bin ich seit Monaten kein Stück vorangekommen, ganz zu schweigen von der Ian-Reihe und den Slash-Storys, und bei der Harry-Potter-Geschichte hab ich noch nicht mal einen Anfang. Dass ihr euch nicht zeigen wollt, ist eine Sache, damit kann ich leben. Aber dass ihr mir nicht beim Schreiben helft? Das ist ein ganz anderes Paar Schuhe.“
Mir kommt ein Geistesblitz, und betont locker fahre ich fort: „Wenn ihr mir nicht helfen wollt, okay, aber dann werdet ihr auch damit leben müssen, dass ich mir Musen suche, die den Job übernehmen.“
„Also schmeißt du uns doch raus?“, piepst Meana erschrocken in mein linkes Ohr.
Ein Grinsen unterdrückend, deute ich ein Kopfschütteln an. „Nein, aber wenn ihr mir nicht beim Schreiben helft, muss ich mir eben Musen suchen, die das an eurer Stelle tun. Ihr wärt dann immer noch da, aber halt nicht mehr fürs Schreiben zuständig.“
Aus der Marshmallow-Tüte kommt ein ungläubiges Schnauben. „Du willst uns einfach durch irgendwelche dahergelaufenen Miststücke von Musen ersetzen?!“
Ich hebe in einer scheinbar hilflosen Geste die Hände. „Will ich nicht, aber ihr lasst mir ja keine andere Wahl. Wenn ihr mir wieder helfen würdet… aber das wollt ihr ja nicht, also muss ich mir wohl oder übel jemanden anderen suchen, der das tut.“
„Das kommt überhaupt nicht in Frage!“, empört sich Thalia. „Ich lass mir doch nicht von so einem dahergelaufenen Grünschnabel meinen Job wegnehmen! Pfff, das wäre ja noch schöner! Für deine NCIS-Storys bin ganz allein ich zuständig, da pfuscht mir keiner rein, nur damit das klar ist!“
„Genau!“, pflichtet Calliope ihr bei. „Und die Ian-Reihe und die Slash-Storys gehören mir, die lass ich mir auch nicht wegnehmen!“
„Und ich lass mir die Harry-Potter-Geschichte nicht wegnehmen!“, meldet sich Meana eifrig ebenfalls zu Wort. „Das wäre ja noch schöner, jawohl!“
„Also?“, ertönt es kriegerisch aus der Marshmallow-Tüte. „Worauf wartest du noch? Mach das Dokument mit dem Prolog der ersten NCIS-Story auf, wir fangen sofort damit an, den fertig zu schreiben!“
„Und danach machen wir bei der ersten Ian-Story weiter!“, verkündet Calliope sofort.
„Und dann schreiben wir den Anfang von der Harry-Potter-Geschichte!“, schließt sich auch Meana entschlossen an.
Mit einem breiten Grinsen im Gesicht komme ich Thalias Befehl nach. Das hat ja besser geklappt, als ich erwartet hatte. So motiviert habe ich meine Musen schon lange nicht mehr erlebt, schon gar nicht alle drei auf einmal. Tja, ein Körnchen Wahrheit steckt eben doch darin, dass man mit Zuckerbrot und Peitsche auch etwas erreicht. Oder, wie in diesem Fall, mit Marshmallows und drohendem Musenzuwachs.