Für den Moment
Kurzbeschreibung
Ein OS dazu, wie die Band auf die Wahrheit von Freddies Gesundheitszustand reagiert und ihr Umgang damit.
OneshotDrama, Freundschaft / P12 / Gen
Brian May
Freddie Mercury
John Deacon
Roger Taylor
06.06.2016
06.06.2016
1
1.671
2
06.06.2016
1.671
„Ihr wisst was ich habe“
Der Satz an diesem Tag sollte mir noch lange in Erinnerung bleiben, nicht zuletzt weil er mein Leben von da an von grundauf veränderte, sondern weil er mir vor allem den Prozess eines langen und sehr schmerzhaften Abschiedes unwiederruflich vor Augen führte.
Es war an einem Freitag, wir saßen allein im Proberaum und unterhielten uns. Roger saß neben mir und trommelte in einer stakatischen Tonfolge auf seine Oberschenkel.
An seinem Gesicht konnte ich erkennen wie sehr ihn unsere voran gegangene Diskussion aufwühlte, er blickte stumm geradeaus die Augen auf einen Punkt irgendwo in die Ferne gerichtet und offenbar in dem vergeblichen Versuch damit beschäftigt sich zu beruhigen.
Einem Außenstehenden wäre diese Konstellation wohlmöglich unauffällig erschienen, aber wie John kannte ich Roger mittlerweile gut genug, um zu wissen wann er kurz davor stand seine Fassung zu verlieren.
Angestrengt presste er seine Lippen zu einer bitteren Linie aufeinander, bis es schließlich aus ihm heraus brach und damit auch sein ganzer Kummer, die Ohnmacht und die Wut über ein endültiges und vernichtendes Schicksal, dass uns alle an jenem Tag wie ein gewaltiger Orkan erfasst hatte, aber noch niemand wirklich realisierte.
„FUCK!“ schrie Roger und in seinem Tonfall hörte ich dieselbe Hillosigkeit heraus, welche ich in diesem Moment empfand.
Es war wie ein Schlag in die Magengegend, ein Teil meiner Gedanken die sich gegen diesen fremdartigen Gedanken wie gegen einen Fremdkörper heftig zur Wehr setzte, versuchte sich noch der Gewissheit zu entziehen während der andere Teil meines Daseins sich darauf fixierte, den Schmerz und die Verzweiflung die in mir tobte zu kontrollieren.
„Er kann das nicht von uns erwarten, das ist Wahnsinn“ brüllte Roger und als ich meinen Blick hob, sah ich wie er sich fahrig mit bebenden Oberkörper übers Gesicht fuhr währenddessen er rastlos vor uns auf und ab tigerte.
Ich nickte ihm vorerst mit zugeschnürter Kehle als Zustimmung auf seine Worte zu, unfähig dazu etwas zu sagen, während John lediglich resigniert mit dem Kopf schüttelte.
Im Gegensatz zu uns hatte John sich den Fesseln dieser namenlosen Trauer die uns lähmte bereits ergeben. Er hatte sich etwas abseits von uns in eine Ecke auf den Stuhl gesetzt, und obwohl sein Gesicht von dort im Halbschatten verdeckt war, konnte ich deutlich die Tränen in seinen dunkelbraunen Augen glitzern sehen, von welchen ihm bereits einige über die Wangen geglittten waren.
„Es ist seine Entscheidung“ hörte ich ihn darauf nur mit unnatürlich rauer Stimme erwidern, und in meiner Vorhersehung bestätigt, ergriff ich Roger darauf grob am Handgelenk um ihn zurück zu halten, als dieser einen bedrohlichen Schritt auf ihn unternahm.
„Lass es verdammt nochmal.“ fauchte ich ihn darauf entschieden zurecht, als ich mich zwischen die beiden aufrichtete.
„Glaubst du wirklich es würde Fred jetzt helfen, wenn wir uns wegen ihm prügeln?“
„Hast du etwa eine bessere Idee?“ schimpfte Roger mir darüber ungläubig entgegen.
„Wir sind seine Freunde verdammt nochmal, er kann uns nicht einfah aus allem ausschließen“
„Alles was er von uns erwartet, ist Normalität“ antwortete ich ihm darauf beschwichtigend, obwohl der Unterton meiner Stimme dabei eher unbestimmt und teilnahmslos klang.
Tatsächlich konnte ich Rogers Enttäuschung über Freddies Entscheidung seine Diagnose solange vor uns zu verheimlichen, unterschwellig nachvollziehen.
In all den Jahren unserer Freundschaft, in welcher wir soviel gemeinsam durchgestanden hatten, hätte ich von ihm erwartet dass er sich zumindest einem von uns als erstes anvertrauen würde.
Stattdessen waberte das Gerücht schon seit längerem durch die Flure der Studios, und jeder andere außer uns selbst schien von Freddie darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein.
Dies und die Erkenntnis hilflos Freddie wohlmöglich schrittweise von versetzte der ganzen Sache einen noch schlimmere Entwicklung, als dass sie es ohnehin schon unternahm.
Für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns einander in die Augen, ein wortloses Zugeständnis dem jeweils anderen vermittelnd, einander verständigend und irgendwann sah ich wie etwas hinter dem harten Widerstand im Ausdruck von Rogers Gesicht nachgab, als er sich kurz darauf schwerfällig auf seinen Stuhl sinken ließ.
Irgendwann hatte unsere Freundschaft einen Punkt erreicht, an dem wir uns beinah wortlos miteinander verständigen konnten.
„Wir sollten ihn nicht um das Recht bringen, das letzte Stück Normalität dass er mit uns besitzt zu nehmen“ sagte ich schließlich nun ein wenig ruhier.
„Was erwartest du dann was wir tun sollen. Er ist unser Freund...“
„Daran wird sich auch nichts ändern...“ entgegnete ich und spürte wie sich auf diese Worte ein verdächtiges Ziehen in meinen Augen bemerkbar machte.
Die Worte klangen mit einem Mal so endgültig und die allgegenwärtige Welle des Schmerzes, drohte mich erneut zu überwältigen.
„Lasst uns ihm einfach zeigen, dass wir ihn in dieser Zeit nicht alleine lassen werden und wir immer für ihn da sind.“
„Ich bin auch nicht zu euch zurück gekommen, um jetzt wieder zu gehen, gerade jetzt wo er uns braucht. “ entgegnete Roger darauf mit einem grimmigen Kopfschütteln und eine Falte bildete sich darüber zwischen seinen Brauen. Ein von ihm unerwartet offensive Antwort, die uns zumindest für den Moment ein wenig aufrüttelte.
„Keiner von uns wird das, davon redet auch keiner“ erwiderte ich an ihn gewandt und drehte mich anschließend an John, der mit einem wortlosen und bedächtigen Kopfnicken seine Zustimmung gab.
Es war nie eine Frage gewesen, sondern viel eher eine gegenseitige Vergewisserung darüber, dass wir die nötige Kraft dazu besaßen, die auf uns zukommenden schwierigen Jahre gemeinsam durchzustehen.
Wir alle teilten dasselbe Leid und die Angst um unseren Freund, mit dem wir aufgewachsen waren, uns oft gestritten, dasselbe Schlafzimmer geteilt, bis in die Morgenstunden gefeiert und uns so manches Mal in Schwierigkeiten verbracht hatten. Umso unwahrscheinlicher erschien es mir deshalb, dass uns diese Zeit nun durch eine noch unerkannte Bedrohung ein so jähes Ende bereitet werden sollte.
Ich bemerkte wie Roger sich neben mir regte, immer noch in unterschwelliger Bereitschaft darin Hilflosigkeit mit ungezielter Wut zu kompensieren, aber zumindest gesprächsbereiter.
Gerade als er jedoch dazu ansetzen wollte etwas zu sagen, hörte ich hinter mir plötzlich ein vernehmliches Räuspern, und wir alle wandten uns darauf erschrocken dem stillen Beobachter zu, der unser Gespräch offenbar schon seit längerem mitverfolgte.
„Stör ich?“
Eine Frage die für jemanden wie Freddie ungewohnt verlegen kam, und ich sah wie er uns abwechselnd mit einem Ausdruck vielfältig gemischter Gefühle betrachtete, die zumindest mir noch nie in dieser Konstellation aufgefallen waren.
Verunsicherung, Scham, Verwunderung, Dankbarkeit, aber auch Angst....
Hatte er tatsächlich geglaubt wir hätten die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass nachdem wir die Wahrheit über seinen Gesundheitszustand erfahren hatten, ihn im Stich zu gelassen hätten.
„Nein Fred, bitte“ erwiderte ich freundlich und bedeutete ihm darauf sich zu uns zu setzen, auch wenn ich mich noch in der Rolle zur Normalität überzugehen, nicht wirklich einfand.
Ich versuchte es jedoch Freddie zuliebe zu tun, da ich nicht wollte dass er sich in unserer Gegenwart plötzlich unwohl fühlte, auch wenn ich bemerkte dass ihm die Stimmung zwischen uns nicht entging, schon gar nicht als er die Tränen auf Johns Gesicht bemerkte die er, obwohl John diese auf Freddies Blick hin rasch wegzuwischen versuchte, schuldbewusst betrachtete ehe er sich Roger gegenüber ans Mischpult setzte.
Eine Weile saßen wir so schweigend zusammen, jeder auf seine Weise versunken in den Gedanken daran, wie es weiter gehen sollte, als Freddie als erstes plötzlich die für ihn scheinbar unerträgliche Stille unterbrach.
„Hört mal, ich weiß dass es eine Menge ist die ich von euch erwarte, aber können wir einfach versuchen zu vergessen und dort weitermachen wo wir aufgehört haben...“
„Eine Menge...“ wiederholte Roger und nickte, und ich meinte dabei einen harten Zug von Bitterkeit aus dem Ton seiner Stimme heraus zu hören.
„Du erwartest von uns nicht weniger, als hinzunehmen dass wir dich verlieren“ versetzte er kühl.
„Nein, hört zu...“
„Ich weiß was du sagen willst Fred, aber es geht nicht darum uns darüber zu streiten wie wir mit Queen weitermachen.“ unterbrach ich ihn diesmal wenn auch schroffer als ursprünglich gewollt, aber ich es machte mich fassungslos und wütend wie kurzsichtig er in dieser Angelegenheit zu sein schien und ein kurzzeitig überraschter Ausdruck traf mich daraufhin
„Es ist eine Sache wie du damit umgehst, aber eine andere wir damit umgehen müssen. Du möchtest nicht darüber reden und so weiter machen wie bisher, das ist ok. Das verstehe wir auch, aber vergiss darüber bitte nicht dass da auch noch drei Leute sind, denen du wichtig bist.“
Ein tiefes Seufzen folgte auf meine Worte als ich die angestaute Luft aus meinen Lungen entließ, zwar ein wenig befreiter als zuvor fühlte ich mich dennoch keineswegs besser deswegen. Das letzte was ich wollte war meinem Freund in dieser Situation irgendwelche Vorwürfe zu machen, es war eher ein verzweifelter Versuch dessen etwas wichtiges auszusprechen ehe es wohlmöglich niemals zustande gekommen wäre. Ich bemerkte den kurzen Blickwechsel zwischen Roger und John, und wie wir alle zuletzt auf Freddie sahen. Erschöpft, starr, ausgelaugt von diesen vielen Emotionen und der gesamten Situation mit der wir uns irgendwie zurechtfinden mussten.
Freddie dagegen saß vor uns, die Hände ineinander verschlungen in den Schoß gefaltet, und verblieb eine ganze Weile ohne etwas zu sagen in einer scheinbaren Teilnahmslosigleit sitzen, aber wir sahen wie es in seinem Gesicht arbeitete.
Freddie war nie ein Mensch gewesen, der sein inneres Gefühlsleben oft vor anderen preis gab. Oftmals litt er einfach stumm und trug seine Probleme mit sich allein aus, das war der Moment an dem wir von ihm wussten dass es besser war ihn die Sache für sich selbst regeln zu lassen.
Doch diesesmal war alles anders.
Das wusste ich als wir uns in die Augen sahen und wir den schimmernden Glanz hinter diesen klaren brauen Augen erkennen konnten, der jedes weitere Wort überflüssig machte.
Dass er sich es selbst dennoch zugestand vor uns zu offenbaren, war seine eigentliche Art des Freundschaftsbeweises.
Als er sich schließlich aufrichtete folgten wir seinem Beispiel kommentarlos und fielen uns daraufhin gemeinsam kurz und heftig in die Arme.
Ein Befreiungsschlag, Zuneigung, ein Zeichen von Solidarität, Liebe, Mitgefühl und Trost.
Es tat gut, und gab mir das Gefühl Freddie wieder näher gekommen zu sein, wo vorher eine unüberwindbare Distanz zu ihm bestand.
„Lasst uns das Beste daraus machen“ sagte er.
„Gemeinsam.“
Der Satz an diesem Tag sollte mir noch lange in Erinnerung bleiben, nicht zuletzt weil er mein Leben von da an von grundauf veränderte, sondern weil er mir vor allem den Prozess eines langen und sehr schmerzhaften Abschiedes unwiederruflich vor Augen führte.
Es war an einem Freitag, wir saßen allein im Proberaum und unterhielten uns. Roger saß neben mir und trommelte in einer stakatischen Tonfolge auf seine Oberschenkel.
An seinem Gesicht konnte ich erkennen wie sehr ihn unsere voran gegangene Diskussion aufwühlte, er blickte stumm geradeaus die Augen auf einen Punkt irgendwo in die Ferne gerichtet und offenbar in dem vergeblichen Versuch damit beschäftigt sich zu beruhigen.
Einem Außenstehenden wäre diese Konstellation wohlmöglich unauffällig erschienen, aber wie John kannte ich Roger mittlerweile gut genug, um zu wissen wann er kurz davor stand seine Fassung zu verlieren.
Angestrengt presste er seine Lippen zu einer bitteren Linie aufeinander, bis es schließlich aus ihm heraus brach und damit auch sein ganzer Kummer, die Ohnmacht und die Wut über ein endültiges und vernichtendes Schicksal, dass uns alle an jenem Tag wie ein gewaltiger Orkan erfasst hatte, aber noch niemand wirklich realisierte.
„FUCK!“ schrie Roger und in seinem Tonfall hörte ich dieselbe Hillosigkeit heraus, welche ich in diesem Moment empfand.
Es war wie ein Schlag in die Magengegend, ein Teil meiner Gedanken die sich gegen diesen fremdartigen Gedanken wie gegen einen Fremdkörper heftig zur Wehr setzte, versuchte sich noch der Gewissheit zu entziehen während der andere Teil meines Daseins sich darauf fixierte, den Schmerz und die Verzweiflung die in mir tobte zu kontrollieren.
„Er kann das nicht von uns erwarten, das ist Wahnsinn“ brüllte Roger und als ich meinen Blick hob, sah ich wie er sich fahrig mit bebenden Oberkörper übers Gesicht fuhr währenddessen er rastlos vor uns auf und ab tigerte.
Ich nickte ihm vorerst mit zugeschnürter Kehle als Zustimmung auf seine Worte zu, unfähig dazu etwas zu sagen, während John lediglich resigniert mit dem Kopf schüttelte.
Im Gegensatz zu uns hatte John sich den Fesseln dieser namenlosen Trauer die uns lähmte bereits ergeben. Er hatte sich etwas abseits von uns in eine Ecke auf den Stuhl gesetzt, und obwohl sein Gesicht von dort im Halbschatten verdeckt war, konnte ich deutlich die Tränen in seinen dunkelbraunen Augen glitzern sehen, von welchen ihm bereits einige über die Wangen geglittten waren.
„Es ist seine Entscheidung“ hörte ich ihn darauf nur mit unnatürlich rauer Stimme erwidern, und in meiner Vorhersehung bestätigt, ergriff ich Roger darauf grob am Handgelenk um ihn zurück zu halten, als dieser einen bedrohlichen Schritt auf ihn unternahm.
„Lass es verdammt nochmal.“ fauchte ich ihn darauf entschieden zurecht, als ich mich zwischen die beiden aufrichtete.
„Glaubst du wirklich es würde Fred jetzt helfen, wenn wir uns wegen ihm prügeln?“
„Hast du etwa eine bessere Idee?“ schimpfte Roger mir darüber ungläubig entgegen.
„Wir sind seine Freunde verdammt nochmal, er kann uns nicht einfah aus allem ausschließen“
„Alles was er von uns erwartet, ist Normalität“ antwortete ich ihm darauf beschwichtigend, obwohl der Unterton meiner Stimme dabei eher unbestimmt und teilnahmslos klang.
Tatsächlich konnte ich Rogers Enttäuschung über Freddies Entscheidung seine Diagnose solange vor uns zu verheimlichen, unterschwellig nachvollziehen.
In all den Jahren unserer Freundschaft, in welcher wir soviel gemeinsam durchgestanden hatten, hätte ich von ihm erwartet dass er sich zumindest einem von uns als erstes anvertrauen würde.
Stattdessen waberte das Gerücht schon seit längerem durch die Flure der Studios, und jeder andere außer uns selbst schien von Freddie darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein.
Dies und die Erkenntnis hilflos Freddie wohlmöglich schrittweise von versetzte der ganzen Sache einen noch schlimmere Entwicklung, als dass sie es ohnehin schon unternahm.
Für den Bruchteil einer Sekunde sahen wir uns einander in die Augen, ein wortloses Zugeständnis dem jeweils anderen vermittelnd, einander verständigend und irgendwann sah ich wie etwas hinter dem harten Widerstand im Ausdruck von Rogers Gesicht nachgab, als er sich kurz darauf schwerfällig auf seinen Stuhl sinken ließ.
Irgendwann hatte unsere Freundschaft einen Punkt erreicht, an dem wir uns beinah wortlos miteinander verständigen konnten.
„Wir sollten ihn nicht um das Recht bringen, das letzte Stück Normalität dass er mit uns besitzt zu nehmen“ sagte ich schließlich nun ein wenig ruhier.
„Was erwartest du dann was wir tun sollen. Er ist unser Freund...“
„Daran wird sich auch nichts ändern...“ entgegnete ich und spürte wie sich auf diese Worte ein verdächtiges Ziehen in meinen Augen bemerkbar machte.
Die Worte klangen mit einem Mal so endgültig und die allgegenwärtige Welle des Schmerzes, drohte mich erneut zu überwältigen.
„Lasst uns ihm einfach zeigen, dass wir ihn in dieser Zeit nicht alleine lassen werden und wir immer für ihn da sind.“
„Ich bin auch nicht zu euch zurück gekommen, um jetzt wieder zu gehen, gerade jetzt wo er uns braucht. “ entgegnete Roger darauf mit einem grimmigen Kopfschütteln und eine Falte bildete sich darüber zwischen seinen Brauen. Ein von ihm unerwartet offensive Antwort, die uns zumindest für den Moment ein wenig aufrüttelte.
„Keiner von uns wird das, davon redet auch keiner“ erwiderte ich an ihn gewandt und drehte mich anschließend an John, der mit einem wortlosen und bedächtigen Kopfnicken seine Zustimmung gab.
Es war nie eine Frage gewesen, sondern viel eher eine gegenseitige Vergewisserung darüber, dass wir die nötige Kraft dazu besaßen, die auf uns zukommenden schwierigen Jahre gemeinsam durchzustehen.
Wir alle teilten dasselbe Leid und die Angst um unseren Freund, mit dem wir aufgewachsen waren, uns oft gestritten, dasselbe Schlafzimmer geteilt, bis in die Morgenstunden gefeiert und uns so manches Mal in Schwierigkeiten verbracht hatten. Umso unwahrscheinlicher erschien es mir deshalb, dass uns diese Zeit nun durch eine noch unerkannte Bedrohung ein so jähes Ende bereitet werden sollte.
Ich bemerkte wie Roger sich neben mir regte, immer noch in unterschwelliger Bereitschaft darin Hilflosigkeit mit ungezielter Wut zu kompensieren, aber zumindest gesprächsbereiter.
Gerade als er jedoch dazu ansetzen wollte etwas zu sagen, hörte ich hinter mir plötzlich ein vernehmliches Räuspern, und wir alle wandten uns darauf erschrocken dem stillen Beobachter zu, der unser Gespräch offenbar schon seit längerem mitverfolgte.
„Stör ich?“
Eine Frage die für jemanden wie Freddie ungewohnt verlegen kam, und ich sah wie er uns abwechselnd mit einem Ausdruck vielfältig gemischter Gefühle betrachtete, die zumindest mir noch nie in dieser Konstellation aufgefallen waren.
Verunsicherung, Scham, Verwunderung, Dankbarkeit, aber auch Angst....
Hatte er tatsächlich geglaubt wir hätten die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass nachdem wir die Wahrheit über seinen Gesundheitszustand erfahren hatten, ihn im Stich zu gelassen hätten.
„Nein Fred, bitte“ erwiderte ich freundlich und bedeutete ihm darauf sich zu uns zu setzen, auch wenn ich mich noch in der Rolle zur Normalität überzugehen, nicht wirklich einfand.
Ich versuchte es jedoch Freddie zuliebe zu tun, da ich nicht wollte dass er sich in unserer Gegenwart plötzlich unwohl fühlte, auch wenn ich bemerkte dass ihm die Stimmung zwischen uns nicht entging, schon gar nicht als er die Tränen auf Johns Gesicht bemerkte die er, obwohl John diese auf Freddies Blick hin rasch wegzuwischen versuchte, schuldbewusst betrachtete ehe er sich Roger gegenüber ans Mischpult setzte.
Eine Weile saßen wir so schweigend zusammen, jeder auf seine Weise versunken in den Gedanken daran, wie es weiter gehen sollte, als Freddie als erstes plötzlich die für ihn scheinbar unerträgliche Stille unterbrach.
„Hört mal, ich weiß dass es eine Menge ist die ich von euch erwarte, aber können wir einfach versuchen zu vergessen und dort weitermachen wo wir aufgehört haben...“
„Eine Menge...“ wiederholte Roger und nickte, und ich meinte dabei einen harten Zug von Bitterkeit aus dem Ton seiner Stimme heraus zu hören.
„Du erwartest von uns nicht weniger, als hinzunehmen dass wir dich verlieren“ versetzte er kühl.
„Nein, hört zu...“
„Ich weiß was du sagen willst Fred, aber es geht nicht darum uns darüber zu streiten wie wir mit Queen weitermachen.“ unterbrach ich ihn diesmal wenn auch schroffer als ursprünglich gewollt, aber ich es machte mich fassungslos und wütend wie kurzsichtig er in dieser Angelegenheit zu sein schien und ein kurzzeitig überraschter Ausdruck traf mich daraufhin
„Es ist eine Sache wie du damit umgehst, aber eine andere wir damit umgehen müssen. Du möchtest nicht darüber reden und so weiter machen wie bisher, das ist ok. Das verstehe wir auch, aber vergiss darüber bitte nicht dass da auch noch drei Leute sind, denen du wichtig bist.“
Ein tiefes Seufzen folgte auf meine Worte als ich die angestaute Luft aus meinen Lungen entließ, zwar ein wenig befreiter als zuvor fühlte ich mich dennoch keineswegs besser deswegen. Das letzte was ich wollte war meinem Freund in dieser Situation irgendwelche Vorwürfe zu machen, es war eher ein verzweifelter Versuch dessen etwas wichtiges auszusprechen ehe es wohlmöglich niemals zustande gekommen wäre. Ich bemerkte den kurzen Blickwechsel zwischen Roger und John, und wie wir alle zuletzt auf Freddie sahen. Erschöpft, starr, ausgelaugt von diesen vielen Emotionen und der gesamten Situation mit der wir uns irgendwie zurechtfinden mussten.
Freddie dagegen saß vor uns, die Hände ineinander verschlungen in den Schoß gefaltet, und verblieb eine ganze Weile ohne etwas zu sagen in einer scheinbaren Teilnahmslosigleit sitzen, aber wir sahen wie es in seinem Gesicht arbeitete.
Freddie war nie ein Mensch gewesen, der sein inneres Gefühlsleben oft vor anderen preis gab. Oftmals litt er einfach stumm und trug seine Probleme mit sich allein aus, das war der Moment an dem wir von ihm wussten dass es besser war ihn die Sache für sich selbst regeln zu lassen.
Doch diesesmal war alles anders.
Das wusste ich als wir uns in die Augen sahen und wir den schimmernden Glanz hinter diesen klaren brauen Augen erkennen konnten, der jedes weitere Wort überflüssig machte.
Dass er sich es selbst dennoch zugestand vor uns zu offenbaren, war seine eigentliche Art des Freundschaftsbeweises.
Als er sich schließlich aufrichtete folgten wir seinem Beispiel kommentarlos und fielen uns daraufhin gemeinsam kurz und heftig in die Arme.
Ein Befreiungsschlag, Zuneigung, ein Zeichen von Solidarität, Liebe, Mitgefühl und Trost.
Es tat gut, und gab mir das Gefühl Freddie wieder näher gekommen zu sein, wo vorher eine unüberwindbare Distanz zu ihm bestand.
„Lasst uns das Beste daraus machen“ sagte er.
„Gemeinsam.“