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War of Olympus

Kurzbeschreibung
CrossoverAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Hekate Leo Valdez Nico di Angelo OC (Own Character) Thanatos
30.01.2016
29.05.2023
89
237.748
10
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22.11.2022 2.351
 
Kapitel LXXXI - Der Tempel III: Das Grab des Architekten


Alaina war tot. Die Erkenntnis, ihre Freundin verloren zu haben, traf Jane nicht etwa wie ein Schlag, sondern schlich sich erst als zunehmend an ihrer Zuversicht nagender Zweifel in sie, keimte zu beißender Angst heran und erblühte als gnadenlose Verzweiflung, als sie nach stundenlanger Suche den abgetrennten Arm im Wasserbecken fanden.
    Jane kauerte in der Ecke des Raumes direkt neben den vor sich hin faulenden Überresten eines der Ghule, auf die Knox und Aileen hier gestoßen waren, hielt den Arm umklammert und starrte stur auf die verkrampften, kalten Finger, die noch vor wenigen Stunden warm und voller Leben gewesen waren. Knox saß neben ihr, stur geradeaus blickend.
    „Hier drinnen werden wir sie nie finden, Knox...“, murmelte sie leise vor sich hin. „Jetzt muss sie für immer dort unten liegen bleiben, so ganz allein, und wir können sie nicht einmal begraben...“
    Am meisten verstörte sie der Umstand, dass Alaina diese Reise nur angetreten war, um ihre Freunde zu beschützen, und dabei Erfolg gehabt hatte, während diese – somit auch Jane selbst – wiederum dabei versagt hatten, sie zu beschützen. Niemals hätten sie zulassen dürfen, dass ausgerechnet ihr körperlich schwächstes – und zudem abenteuerunerfahrenstes – Mitglied allein in einen völlig unbekannten Tunnel hinabtauchte. Es wäre so einfach gewesen, sie zu retten...
    „Was ist das?“, hörte Jane Aileen am Rande ihres Wahrnehmungsfeldes murmeln und registrierte in einem Moment erhöhter Aufmerksamkeit, wie diese sich bückte und nach etwas im Wasser griff.
    Die Jägerin tauchte kurz mit ihrem Arm in der trüben Flüssigkeit herum, ehe sie mit angeekeltem Gesicht ein sehr haariges Objekt herausfischte. Die Trauer trat einen Schritt zurück, um der Neugier Platz zu machen, als Jane sich ein winziges Stück vorbeugte, um das... Ding zu begutachten. Die triefenden, schwarzen Haare schienen kein Ende zu nehmen, kamen mit Sicherheit auf über einen Meter Länge...
    Erst als Aileen es wagte, die Haare ein Stück zur Seite zu schieben, und somit ein mit scharfen, tückisch wirkenden Zähnen bestücktes Maul freilegte, war klar zu erkennen, dass es sich dabei um einen abgetrennten Kopf handeln musste. Jane warf einen Blick von der furchterregenden Fratze zum Wasser, von dort zum kalten Arm in ihren Händen und begriff...
    „Sie... sie hat es geschafft...“, murmelte Knox neben ihr. „Sie hat den Schlüssel für die Tür gefunden... und uns schon wieder alle gerettet.“
    Jane gab einen selbst in ihren eigenen Ohren zutiefst verstörenden Laut von sich, als sich ein Schluchzen mit einem Auflachen vermischte. „Ja... schon wieder. Selbst dieses eine Mal schon wieder, das wir eigentlich sie hätten retten müssen...“
    Knox‘ Atem zitterte, als er ein Stück näher an sie heranrückte. „Jane... ich weiß, es hätte nie so weit kommen dürfen, aber... das ist nicht deine Schuld, ganz sicher nicht!“
    „Ach nein?!“ Sie erschrak selbst über ihre im aufgewühlten Zustand ungewohnt helle und schrille Stimme. „Und wessen dann? Ich habe doch gefragt, wer sich freiwillig meldet! Ich habe wie ein Feigling darauf gewartet, dass jemand anderes die Aufgabe übernimmt... und habe sie noch nichtmal davon abgehalten, als sie es tun wollte!“
    Knox zog sie ruckartig in seine Richtung und nahm sie in die Arme. „Jane! Es. Ist. Nicht. Deine. Schuld... ja, vielleicht hättest du sie aufhalten können. Und was dann? Wärst du jetzt an ihrer statt da unten? Ich kann dir versprechen, das würde nichts besser machen! Verdammt, jeder von uns hätte sie aufhalten und selbst da runter gehen können. Warum solltest du dafür verantwortlich sein?“
    „Aber... ich war noch bei ihr und...“
    Jane bracht ab, als Aileen unvermittelt auf sie zustapfte und vor ihr in die Hocke gingen. Sie bemerkte ein verdächtiges Glitzern in den Augen der Jägerin.
    „Jane... ich weiß, wie du dich gerade fühlst. Ich weiß es ganz genau, das kannst du mir glauben. Und... nun ja...“ Sie hielt den mutmaßlichen Kopf in die Höhe. „Wenn ich in meinen Jahren als Jägerin eines gelernt habe, dann dass du das Opfer einer Freundin am besten ehren kannst, indem du ihre Aufgabe fortführst. Ich... habe sie nicht lange gekannt, aber ich bin sicher, dort, wo sie jetzt ist, würde es ihr besser gehen, wenn sie wüsste, dass ihr beide das, was sie begonnen hat, für sie zuende bringt, denkst du nicht auch?“
    Jane sah ihr Gegenüber an, lange und gründlich, traf dann eine Entscheidung und nickte. „Ja... denke ich auch.“

Die nächsten Minuten war Jane zu sehr damit beschäftigt, ihre eigenen Gefühle und Gedanken neu zu ordnen, um das, was um sie herum geschah, mehr als bruchstückhaft wahrzunehmen. Sie erinnerte sich daran, dass der Kopf in die Vertiefung eingesetzt wurde und die Tür öffnete sowie einen verworrenen Irrgarten dahinter, bis sie schließlich irgendwo im Zenit der großen Ringe den ausgehöhlten Brustkorb einer gewaltigen Marmorstatue betraten. Auch die Tatsache, dass es sich bei dieser Statue offenbar um einen Fahrstuhl handelte, der sie nun nach oben in Richtung der zerklüfteten Höhlendecke fuhr, bekam sie nur am Rande mit.
    Erst als sie aus der Statue auf einen gekrümmten, felsigen Gang traten, von dem aus sie durch ein beinahe natürlich wirkendes Felsgitter an der Wand weit in die texanische Wüste hinausblicken konnten, kehrte sie vollends in die materielle Welt zurück. Nur etwa fünfzehn, vielleicht zwanzig Meter brauchten sie dem Gang zu folgen, ehe sie an eine imposante, knapp drei Mann hohe Tür gelangten, an die ein hölzerner Minotaurus-Schädel angebracht war.
    „Das gefällt mir gar nicht...“, murmelte Leo. „Eine so auffällige Tür kann nie etwas gutes bedeuten.“
    „Ach, nein?“,warf Aileen ein. „Wie kommste du bloß darauf? Bist du wirklich schon auf so viele auffällige Dinge hinter auffälligen Türen gestoßen? Und wenn ja, wo? Wenn man denn fragen darf.“
    Leo runzelte angestrengt die Stirn. „Naja... zum Beispiel in jedem Videospiel, das ich jemals gespielt habe!“
    Die Jägerin schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf und wandte sich kommentarlos der Tür zu. Eine knappe Minute, die der Rest von ihnen nur schwiegend im Halbkreis um sie herumstand, brauchte sie, ehe sie anscheinend etwas gefunden hatte und Leo mit einer Geste bedeutete, näherzukommen.
    Erst mit Verwirrung, dann mit wachsender Begeisterung machte der junge Mechaniker sich an der Tür zu schaffen, ehe sie nach wenigen Minuten ein zufriedenstellendes Klacken von sich gab. Er und Aileen stemmten sich gegen sie beiden Türflügel und schoben sie mit ein wenig Mühe auf.
    Die noch verbliebenen Heroen überquerten die Schwelle und fanden sich in einer langgezogenen, beinahe korridorartigen Halle wieder. Die Luft hier drinnen war merklich wärmer als im restlichen Tempel, schien geradezu vor Hitze zu flimmern. Zwei Reihen lodernder Kohlepfannen flankierten den etwa zehn Meter breiten Gang, der unregelmäßig mit rissigen, teils zersprungenen Steinen gepflastert war. Ihnen gegenüber – in einer Entfernung von schätzungsweise fünfzig bis hundert Metern – beendete eine weitere Tür den Korridor, die wie eine überlebensgroße Abwandlung jener schien, die sie soeben passiert hatten.
    Jane zuckte zusammen, als ebenjene Tür unmittelbar, nachdem sie passiert hatten, ganz ohne ihr Einwirken von selbst wieder zufiel. Sofort untersuchte Leo sie abermals, wurde dabei stetig unruhiger, ehe er sich wieder zu ihnen umdrehte und nur ein nervöses Kopfschütteln zustandebrachte.
    „Bedeutet wohl, wir können diesen Raum erst dann wieder verlassen, wenn wir die entsprechende Aufgabe erfüllt haben“, bemerkte Nico.
    Ohne ihm direkt zu antworten, begannen sie alle, sich vorsichtig umzusehen. Sie standen, wie Jane erst jetzt auffiel, auf einer Empore, die sich um die fünf Meter über den Boden erhob und etwa ebenso viele in den Korridor hineinragte. Mit dem Boden verbunden war sie über zwei schmale, geländerlose Treppen am Rand. Unter dieser Empore befanden sich eine Vorrichtung – sie erinnerte Jane an eine Kanone – uns eine Reihe komplexer Schaltungen, die diese mit einem unscheinbaren Hebel an der Wand verbanden.
    Ein lautes Poltern riss ihrer aller Blicke zum großen Tor auf der gegenüberliegenden Seite. Ihnen blieben etwa fünf Sekunden, darüber zu spekulieren, was dort auf den Durchgang einschlug, ehe besagtes Etwas Erfolg hatte.
    Ein gigantischer Minotaurus von der Größe eines Traktors brach durch die Tür und starrte sie aus feurig glühenden Augenhöhlen an, sicher dazu bereit, sie umgehend in Stücke zu reißen. Er trug eine rostige, mutmaßlich bronzene Rüstung, unter der an einigen Stellen Knochen und faulige Fleischfetzen zu sehen waren; ganz offensichtlich auch ein Untoter.
    Weitere fünf Sekunden ließ ihnen das Monster, seine schreckliche, verstörende Pracht zu bestaunen, ehe es ein hohles, den gesamten Raum in unruhige Vibrationen versetzendes Brüllen ausstieß und auf die kleine Empore zustürmte, auf der sie alle beieinandergedrängt standen. Jane löste sich aus ihrer Starre und sah sich hektisch nach einem Fluchtweg um. Wenn sie hier stehen blieben, würden sie alle in wenigen Sekunden zermalmt oder von den meterlangen Hörnern der Kreatur aufgespießt werden...
    Ihr Blick glitt zufällig über den Hebel, den sie zuvor entdeckte hatte, blieb dort hängen und wanderte hinunter zur damit verbundenen Vorrichtung, die gewisse Ähnlichkeit hatte zu einer...
    „Kanone!“, rief sie aus, spurtete hinüber zum Hebel und zog mit aller Kraft daran.
    Überraschenderweise ließ er sich in alle vier Richtungen bewegen und schien auch als Zielvorrichtung zu dienen, weshalb sie unbeabsichtigt den Winkel etwas abänderte. Als sie ihn ganz nach unten gezogen hatte, rastete er mit einem Klacken ein – dem des Türschlosses nicht unähnlich – und setzte anscheinend den Mechanismus unter ihnen in Gange.
    Ein brennender Holzstab vom Durchmesser eines Baumstammes schoss mit einem Knall aus dem Rohr unter der Empore. Da der Winkel nicht mehr ganz stimmte, traf das Geschoss den Minotaurus nicht frontal, sondern zertrümmerte eines seiner Hörner und brachte ihn unter lautem Getöse zu Fall.
    „Auf ihn!“, brüllte Knox, zückte seine Axt und stürmte die Treppe hinunter, direkt auf ihren benommenen Gegner zu.
    Aileen und Nico folgten ihm; Leo blieb bei Jane auf der Plattform zurück, die versuchte, sich irgendwie mit der Vorrichtung vertraut zu machen und zu zielen, während sie mit dem Rücken zum Gegner stand...
    Sie bekam daher nicht jede Einzelheit des Kampfes mit, registrierte aber, wie Aileen versuchte, mit gezielten Pfeilschüssen vermeintlich schwache Punkte zu erwischen, während Nico in einigem Abstand um das Monster herumtänzelte, um nicht von seinen umherwirbelnden, eisenbeschlagenen Vorderläufen getroffen zu werden.
    Knox wiederum agierte deutlich mutiger, wich den einzelnen Hieben aus und schaffte es, mit einigen gezielten Schlägen eine der Eisenpanzerungen zu lösen. Er hatte seine – wohlgemerkt weitgehend rote – Lederweste ausgezogen und schien den Gegner durch das Herumwedeln in Raserei versetzen oder schlicht auf sich aufmerksam machen zu wollen, als wäre es ein Stierkampf... bedauerlicherweise funktionierte es.
    Der Minotaurus reagierte mit einem Aufstampfen, das die gesamte Halle zum Beben – und die drei Kämpfer auf dem Gang ins Straucheln brachte. Doch war er nur an einem von ihnen interessiert...
    Knox stieß einen überraschten Schrei aus, als sich – bevor er sein Gleichgewicht wiederfinden konnte – die knöcherne Pranke des Monsters um seinen Oberkörper schloss und ihn in die Luft hob wie eine Spielzeugpuppe.
    Die Kreatur wurde kurz abgelenkt, als einer von Aileens Pfeilen sein Nasenloch traf, und Nico ihm anschließend einen Hieb gegen die Ferse versetzte. Das schien sie allerdings eher zu verärgern, und auch Leos aus Vorsicht klein gehaltene Feuerstöße schienen keine größere Auswirkungen zu haben.
    Knox zappelte währenddessen wie ein Fisch auf dem Trockenen herum und versuchte sich zu befreien; aus dem Zappeln wurde – einhergehend mit einem Schmerzensschrei – ein unkontrolliertes Zucken, als die harte Pranke sich weiter schloss und seinen verhältnismäßig weichen Leib offenbar schmerzhaft eng zusammenquetschte.
    „Leo, übernimm du!“, kommandierte Jane, zückte ihren Bogen und zielte.
    Der Pfeil bohrte sich direkt in die Augenhöhle des Monsters und verleitete es zu einem erschrockenen Aufbäumen. Knox schaffte es, seinen Waffenarm zu befreien, und versetzte ihm einen harten Axthieb auf das Handgelenk.
    Die Hand ließ ihn los und aus zwei Metern Höhe direkt auf den harten Steinboden fallen, wo er hektisch wegzukriechen versuchte.
    Im nächsten Augenblick aktivierte Leo die Schussvorrichtung, die anscheinend automatisch nachgeladen hatte. Der Holzstab bohrte sich geradewegs durch den Brustkorb des Monsters und ließ es überrascht mehrere Schritte zurücktaumeln.
    Der Minotaurus gab ein tiefes Knurren von sich und machte einen Schritt zurück auf sie zu. Jane spannte erneut ihren Bogen, zielte auf die andere Augenhöhle. Beim nächsten Schritt durchlief ein Beben den Körper der Bestie, ehe sie langsam zur Seite fiel und ohne weitere Regungen liegenblieb.

Jane erreichte Knox als erste, packte seinen bereits von diversen Schwellungen und Blutergüssen gezeichneten Oberkörper und drehte ihn auf den Rücken. Er sah mehr als nur ein bisschen mitgenommen aus, aber er atmete... und konnte sich anscheinend selbst ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
    „Geht das... auch ein bisschen sanfter?“, murmelte er und versuchte, sich aufzurichten. „Warum nur passiert das immer...“
    Knox brach ab, als Jane ihn an der Schulter packte, zurück zu Boden drückte und mit einem undefinierbaren Blick bedachte... ehe sie ihm einen halb gespielten, halb verärgerten und daher nicht ganz sanften Boxhieb mitten in den nackten Bauch versetzte, dessen klatschendes Geräusch ihre Gefährten zusammenzucken ließ.
    Er stöhnte und sackte nach einem kurzen Zucken zusammen.
    „Klappe halten, Holzfäller!“, zischte sie. „Jag‘ mir nie wieder so eine Angst ein, klar?!“
    „Schon gut...“, brachte er hervor. „Den habe ich wohl verdient.“
    Jane atmete langsam aus und kramte dann in ihrem Rucksack nach Ambrosia.

Unter Zuhilfenahme der göttlichen Speisen kam Knox rasch wieder auf die Beine; Nico versicherte zudem, dass er keine lebensbedrohlichen Verletzungen erlitten hatte. Hinter dem Tor befand sich ein großer, ausgeschmückter Raum mit einem Sarkophag in der Mitte, der anscheinend das Grab des Architekten war. Jane blieb nicht einmal stehen, spuckte nur im Vorbeigehen auf den Sarg und stapfte stoisch weiter. Knox tat es ihr gleich.
    Im Wissen, ihr Ziel nun erreicht zu haben, verließen sie den Raum durch den gegenüberliegenden Ausgang, um sich endlich die verfluchte Büchse zu holen, für die so viele ihrer Freunde hatten sterben müssen.
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