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War of Olympus

Kurzbeschreibung
CrossoverAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Hekate Leo Valdez Nico di Angelo OC (Own Character) Thanatos
30.01.2016
05.06.2023
90
254.901
11
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15.02.2016 2.288
 
Kapitel VII - Verdammnis


Raven stand am Ufer des Styx, den Blick sehnsüchtig über die Branden des schwarzen Wassers hinweg auf die Insel der Seeligen auf der anderen Seite gerichtet, jenes Paradies, das so nahe schien, das sie aber dennoch immer nur aus der Ferne bestaunen aber niemals betreten würde…

...

Raven warf einen Blick aus dem Fenster des Reiseflugzeugs. Sie wusste nicht genau, wie weit sie schon geflogen waren, daher konnte sie auch nicht sagen, was sich zur Zeit unter der Wolkendecke befand.
    „Wenn es in Amerika wirklich so ungefährlich ist, wie ich gehört habe, befürchte ich, dass alle Halbgötter, die dort leben, stark untertrainiert sind“, meinte Morton in gedämpftem Tonfall.
    „Oder der Gefahrengrad in Amerika ist normal, und wir einfach nur stark übertrainiert“, entgegnete Raven ebenso leise.
    Sie wollten nicht, dass irgendwelche Sterblichen ihre Unterhaltung mitbekamen und ihnen mit irgendwelchen Vorträgen über geistige Gesundheit auf die Nerven gingen.
    „Woher hast du dieses Gerücht überhaupt?“, fügte sie kurz darauf hinzu.
    „Ich weiß nicht genau, wer dieser Jemand war“, gab Morton zu. „Du erinnerst dich doch an den Kerl, den wir letzte Woche in dieser alten Ruine getroffen haben? Ich hatte mich mit ihm unterhalten, als du diesen unfreundlichen Steingolem erledigt hast. Er fragte mich, ob es nicht nerven würde, sich jeden Tag mit irgendwelchen Monstern herumzuschlagen. Dann hat er mir das mit Amerika erzählt, und ich dachte mir: Ein bisschen Urlaub im Streichelzoo wäre mal eine nette Abwechslung.“
    Raven nickte. „Und für wie lange hast du diesen Urlaub eingeplant?“
Morton lehte sich in seinem Sitz zurück.
    „Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht“, gab er zu.
    Raven sah ihn überrascht an. Es sah ihrem Bruder überhaupt nicht ähnlich, irgendetwas zu tun, ohne es vorher genau geplant zu haben.
    Er schien ihren Gedankengang erraten zu haben, als er fortfuhr: „Ach, komm schon, Raven! Das ist der erste Urlaub unseres Lebens. Darüber können wir auch nachdenken, wenn wir ein ungefähres Bild davon haben, wie gefährlich es in Amerika jetzt eigentlich ist.“
    „Na gut“, gab sie schließlich nach und sah wieder aus dem Fenster als das Flugzeug begann, zu sinken.
   
„Aber was werdet ihr tun, wenn es in Amerika genauso gefährlich ist wie in Griechenland?“, fragte eine Stimme hinter ihnen. „War dann nicht die gesamte Reise umsonst?“
    Raven sah erschrocken nach hinten über ihren Sitz und erblickte ein Gesicht, dass sie seit über zehn Jahren nicht gesehen hatte.
    „So sieht man sich wieder“, sagte Norman Anderson.
    Er hatte sich nicht wirklich verändert. Raven fragte sich, ob seine graue Haut und sein rotes Tattoo vom Nebel verdeckt wurden, dass keiner der Sterblichen ihn seltsam ansah.
    „D... du?!“, brachte sie erschrocken hervor.
    „Ihr habt euch verändert“, fuhr Norman fort. „Als ich euch damals gefunden habe, wart ihr nur Kinder. Jetzt... seid ihr Krieger.“
    Es war Morton, der zuerst seine Fassung wiederfand, falls er sie überhaupt verloren hatte, und ihm antwortete.
    „Wenn man jeden Tag um sein Leben kämpfen muss, ergibt sich das eigentlich zwangsweise“, antwortete er.
    Norman nickte. „Ich war auch nicht älter, als ihr, als ich das erste Mal eine Waffe in die Hand nahm. Dennoch kann ich behaupten, stolz auf euch zu sein. Unter euren Umständen so lange am Leben zu bleiben, wie ihr es geschafft habt, ist keine Selbstverständlichkeit.“
    „Und was willst du in Amerika?“, fragte Raven. „Willst du auch Urlaub nehmen?“
    Norman schüttelte den Kopf.
    „Nein“, antwortete er. „Ich will etwas anderes. Ich will... Rache!“
    „Rache an wem?“, fragte Raven weiter.
    Ein Donnerschlag ließ sie zusammenzucken. Erschrocken blickte sie erneut nach draußen. Die Gewitterwolken waren ihr vorher überhaupt nicht aufgefallen. Falls sie vorhin überhaupt dagewesen waren.
    Norman warf einen Blick aus dem Fenster, und sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich.
    „An ihm“, antwortete er finster. „An Zeus. Er hat mich verraten. Ich werde nicht ruhen, bevor er tot ist.“
    „Tot?“, fragte Raven unsicher. „Ich dachte, Götter sind unsterblich.“
    Norman schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe mit eigenen Augen Götter sterben sehen. Es ist schwer, sie zu töten. Aber mit ausreichend Macht und dem Wissen, wie man es angehen muss... funktioniert es. Auch wenn man dafür den Tod selbst besiegen muss... Soweit ich weiß, sind die Olympier nach Amerika umgezogen, also wo sonst sollte ich nach ihnen suchen?“
    Raven sah wieder nach draußen. „Wo soll dieses Flugzeug überhaupt landen? Wir sind schon lange über dem Festland.“
    Morton runzelte die Stirn und überlegte.
    „Ich glaube, es war Los Angeles.“
    Norman stand auf.
    „Hey Mister, sie dürfen nicht...“, begann ein Flugzeugaufseher, zu sprechen, wurde jedoch von einem erneuten Donnerschlag und einem Rütteln des Flugzeugs unterbrochen.
    „Zeus versucht, das Flugzeug zu zerstören“, sagte er an die Geschwister gewandt. „Wir sollten hier aussteigen.“
    Mit diesen Worten ging er zur Tür und sah sie prüfend an. Dann trat er mit aller Kraft dagegen.
    Der Aufseher, der ihn am Aufstehen hindern wollte, kam nun auf ihn zu.
    Er wurde allerdings von Morton, der ebenfalls aufgestanden war, von hinten mit einem Schlag auf den Hinterkopf außer Gefecht gesetzt.
    „Komm, wir gehen“, sagte er dann zu Raven und gesellte sich zu Norman, der die Tür nun mit einem weiteren Tritt herausbrach.
    Von einem Moment auf den anderen musste Raven gegen einen extremen Gegenwind ankämpfen. Es bereitete ihr einige Mühe, Morton und Norman zu erreichen.
    Im Flugzeug brach Panik aus. Ein Teil der Passagiere stand auf, wurde jedoch durch den Luftzug ans Ende der Maschine gepresst.
    Ravens Herz raste. Es war eine der wenigen Situationen, in denen sie tatsächlich um ihr Leben fürchtete. Man konnte ihr nicht entkommen, indem man ein Monster tötete. Man konnte ihr überhaupt durch keinen Kampf entkommen.
    Im nächsten Augenblick wurde das Flugzeug ein weiteres Mal erschüttert. Raven war sich sicher, dass es diesmal ein direkter Blitzschlag gewesen war.  
    „Ist das alles, was du kannst, Zeus?“, brüllte Norman gen Himmel. „Wenn du mich umbringen willst, komm herunter und kämpfe mit mir!“
    Als Antwort erhielt er jedoch nur einen weiteren Blitzschlag, der das Flugzeug in zwei Teile spaltete.
    „Verdammt!“, fluchte Morton.
    Norman verlor kein weiteres Wort, sondern sprang einfach aus der nicht mehr vorhandenen Tür. Raven sah zu, wie er immer kleiner wurde und schließlich verschwand.
    „Bist du bereit, Raven?“, fragte Morton sie nun.
    „Bereit wofür?“, fragte sie.
    „Von Bord zu gehen!“
    Raven hatte befürchtet, dass er so etwas sagen würde. Sie hatte die Wahl zwischen dem sicheren Tod, nämlich sich weiter hier festzuklammern und den Aufprall abzuwarten und dem beinahe sicheren Tod, der darin bestand, sich mitten in einen Gewittersturm zu stürzen. Nach kurzem Überlegen entschied sie sich für den beinahe sicheren Tod und nickte.
    „Zusammen“, sagte Morton und nahm ihre Hand.
    Sie holte noch einmal tief Luft, ehe sie schließlich losließ und gemeinsam mit ihrem Bruder in den Sturm gewirbelt wurde.
   
Raven war zuerst unglaublich erleichtert, unverletzt aus dieser Todesmaschine entkommen zu sein. Morton breitete seine Flügel aus, um seinen Fall abzubremsen.
    Raven, der dabei seine Hand entrissen wurde, tat es ihm gleich. Sie hatte ein weiteres Mal überlebt. Das dachte sie jedenfalls bis zum nächsten Blitzschlag, der den Rest des Flugzeuges in die Luft sprengte.
    Einen Augenblick nach der Explosion spürte Raven plötzlich einen stechenden Schmerz in der Mitte ihres Körpers. Instintiv blickte sie nach unten.
    Ein langes und sehr spitzes Stück Metall ragte aus ihrem Bauch. An der Spitze klebte Blut.
    Sie spürte förmlich, wie mit dem Blut auch die Kraft aus ihren Flügeln wich, und sie sich nicht länger in der Luft halten konnte.
    Mit beängstigender Geschwindigkeit stürzte sie dem Erdboden entgegen.
    Irgendwann spürte sie einen Aufprall. War sie tot? Wahrscheinlich nicht, denn die Wunde in ihrem Bauch schmerzte immer noch höllisch.  
    Da fiel ihr auf, dass der Aufprall nicht sehr hart war und nicht von unten, sondern von der Seite gekommen war. Ihr ging auf, dass Morton sie aufgefangen hatte. Aber nicht einmal er konnte das zusätzliche Gewicht lange tragen. Unaufhaltsam näherten sie sich dem Boden.
    Morton versuchte mit aller Kraft, den Fall abzubremsen. Schließlich erreichten sie den Boden.
    Der nun folgende Aufprall riss Ravens Wunde noch weiter auf, sie spürte, wie weiteres Blut und... andere Dinge aus ihrem Bauch hervorquollen. Sie hatte sich mehrfach überschlagen, lag auf der Seite und konnte sich vor Schmerzen gar nicht mehr richtig bewegen.
    „Raven!“
    Morton sürzte zu ihr und kniete sich neben sie. Es kostete Raven schon Mühe, überhaupt den Kopf zu heben, um zu ihm aufzusehen.
    „Kannst du... dieses Ding aus mir rausziehen?“, bat sie.
Morton antwortete nicht, aber beim Anblick ihrer Wunde verzog selbst er das Gesicht. Mit schmerzerfülltem Blick begann er, das Metallstück  aus ihrem Rücken zu ziehen. Es ging schmerzhaft langsam, bis er es schließlich mit einem Ruck entfernte.
    Raven stöhnte vor Schmerzen und wendete ihren letzten Rest Kraft auf, um sich auf den Rücken zu rollen. Instiktiv bewegte sie ihre Hand zur Wunde und berührte erschrocken etwas feuchtes, glitschiges. Etwas, das eigentlich in ihren Bauch und nicht auf den Boden gehörte. Sie wollte es nicht wahrhaben, aber sie hatte nicht mehr viel Zeit.
    „Ich... will noch nicht sterben“, murmelte sie.
    Morton nahm sie in die Arme.
    „Ich werde bei dir sein“, versprach er. „Bis zum Ende.“
    Von einem Moment auf den anderen wurde Raven klar, dass das das Ende war. Sie würde jetzt sterben.
    Sie scheiterte daran, ihre Tränen zu unterdrücken, und gab den Versuch schließlich auf. Sie wollte leben. Sie konnte Morton nicht alleinlassen. Er hatte sonst niemanden.
    Was sollte sie noch sagen? Es gab nichts, das man hätte beschönigen können. Ihre Wege würden sich nun unweigerlich trennen. Morton schien ihre Verzweiflung zu bermerken und konnte die Tränen selbst kaum zurückhalten.
    „Das hier ist das Ende, oder?“, fragte sie kraftlos.
    Zuerst sah es so aus, als wolle Morton ihr widerwillig zustimmen, aber plötzlich trat eine kompromisslose Entschlossenheit in sein Gesicht.
    „Nein!“, sagte er fest. „Das ist nicht das Ende!“
    Raven schluchzte. Sie würde so gerne glauben, dass er die Wahrheit sagte. Aber sie wusste, dass es nicht stimmte.
    „Ich lasse nicht zu, dass der Tod sich zwischen uns stellt. Erinnerst du dich an das, was Norman gesagt hat?“
    Raven sah ihren Bruder fragend an.
    „Er hat davon gesprochen, den Tod zu besiegen. Ich glaube, nein ich weiß, dass er die Wahrheit gesagt hat. Und ich schwöre beim Styx, ich werde herausfinden, wie das funktioniert. Und ich werde dich zurückholen.“
    Ein wenig Hoffnung kehrte zurück. Vielleicht war das hier doch noch nicht das Ende. Morton würde niemals aufgeben. Er würde einen Weg finden.
    „Bis bald, kleine Schwester“, sagte er sanft und drückte sie an sich.
    Raven war zu schwach, um die Umarmung zu erwidern.
    Morton legte sie sanft auf den Boden. Ihre Sinne wurden schwächer, und der Schmerz in ihrem Bauch ließ nach. Sie war müde.
    Als ihr Blickfeld verschwamm, sah sie eine dunkle Gestalt hinter Morton stehen. Ihr Vater war gekommen, um sie zu holen.


...

Und so war Raven Deader gestorben... Nun stand sie hier. Hier vor dem Totengericht, wo über ihr Leben geurteilt werden sollte. In wenigen Augenblicken würde sich ihr Schicksal entscheiden. Die drei Richter Minos, Rhadamanthys und Aiakos berieten gegenwärtig über das Urteil. Endlich drehte sich Minos zu ihr.
    „Aristea, Tochter des Thanatos, wir haben entschieden!“, sprach er gebieterisch.
    „Wir haben uns beraten und sind zu dem Schluss gekommen, dass du dein ganzes Leben nur für dich selbst gelebt hast. Du hast es nicht verdient, ins Elysium zu gelangen!“
    Ravens Knie wurden weich. Sie musste sich ungemein zusammenreißen, um nicht auf die Knie zu fallen, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie einen Schritt zurücktaumelte. Was zur Hölle war ihr denn anderes übrig geblieben? Warum hätte von ihr verlangt, ihr Leben freiwillig zu opfern, um die Insel der Seligen betreten zu dürfen?
    Sie gab sich Mühe, keine Schwäche zu zeigen.
    Minos schien ihr Entsetzen jedoch trotzdem bemerkt zu haben, da sie glaubte, eine Spur von Genugtuung in seinem Gesicht zu sehen, als er fortfuhr: „Daher verurteilen wir dich zu ewiger Verdammnis im Asphodeliengrund! Schafft sie weg und bringt den Nächsten herein!“
    Raven ließ sich wortlos von den untoten Wachen herausführen. Es gab nichts, was sie nun noch hätte tun können, um der Verdammnis zu entgehen. Gar nichts...


...

Raven hatte mittlerweile jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange war sie nun schon hier unten? Sie konnte es nicht sagen. Mittlerweile hatte sie die Hoffnung schon fast aufgegeben, diesen grauenvollen Ort jemals wieder verlassen zu können.
    Sie konnte hören und sehen, mehr jedoch nicht. Und auch das nur eingeschränkt. Es kam ihr vor, wie eine Art permanenter Halbschlaf. In diesem Zustand wandelte sie nun schon eine gefühlte Ewigkeit ziellos hin und her. Alles was sie sah und hörte, war das Leid der anderen Verdammten. Was hatte sie nur getan, dass sie dieses Schicksal verdient hatte?
    Ihre einzige Erleichterung war die Tatsache, dass es andere gab, denen es noch viel schlechter ging, und damit die Erkenntnis, dass es sie noch schlimmer hätte treffen können.
    Einer war an ein brennendes Rad gefesselt, das immer von einer Seite der Felder der Verdammten zur anderen rollte, wie eine Art Sonne, die immer wenn sie den Horizont erreichte, die Richtung wechselte und daher dauerhaft zu sehen war. Ein anderer stand in einem Teich, dessen Wasserspiegel sank, sobald er zu trinken versuchte. Über ihm ragte ein Apfelbaum über den Teich, dessen Früchte sich immer seiner Reichweite entzogen, wenn er nach ihnen griff. Dann gab es noch jemanden, der versuchte, einen Stein einen Berg heraufzurollen. Immer, wenn er fast oben angekommen war, entglitt der Felsbrocken seinem erschöpften griff, fiel herunter, sodass er wieder von vorn anfangen musste.
    Die einzige Hoffnung, die Raven noch blieb, war die Tatsache, dass es Morton war, der geschworen hatte, sie hier wieder herauszuholen. Und Morton gab niemals auf. Aber selbst dieser letzte Hoffnungsschimmer, fürchtete sie, würde bald verblassen, wenn sie noch länger an diesem schrecklichen Ort gefangen war.
    Um sich die Zeit zu vertreiben, konnte sie nichts tun, außer darüber zu rätseln, warum Minos sie Aristea genannt hatte...
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