War of Olympus
von Tharax Batora
Kurzbeschreibung
Ein Jahr ist seit der Niederlage der Giganten vergangen. Doch der Frieden soll schon bald ein blutiges Ende finden. Ein neuer Feind erhebt sich gegen die Götter, noch furchtbarer und unerbittlicher als alle Vorangegangenen. Mit einem einzigen, brutalen Angriff vernichtet er Camp Jupiter und bezwingt dabei sogar die legendären Helden des Olymp. Camp Half-Blood bleibt nun nichts anderes mehr übrig, als eine Mannschaft aus alten und neuen Helden zusammenzustellen, um den einzigen Gegenstand zu finden, der ihn bezwingen könnte: die Büchse der Pandora. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn sollte ihr Feind die Büchse vor ihnen finden, könnte ihn so gut wie niemand mehr aufhalten. Und der mächtige Krieger ist nicht allein. Hinter ihm stehen zwei von den Göttern im Stich gelassene Halbblute, ein mächtiger Nekromant sowie eine ganze Armee blutdurstiger Monster, die allesamt den Untergang des Olymps besiegeln wollen... [Crossover mit God of War]
CrossoverAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Hekate
Leo Valdez
Nico di Angelo
OC (Own Character)
Thanatos
30.01.2016
29.05.2023
89
237.748
10
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01.09.2017
3.552
Kapitel LXIII - Das Ungeheuer aus dem See
Es war bereits dunkel, als sie den See erreichten. Raven landete vor ihnen und gab ihnen ein Zeichen, das Auto anzuhalten. Nova schaltete den Motor ab, und sie stiegen aus.
„Sie sind auf der Insel da hinten“, sagte Erinys und deutete auf die ihnen am nächsten liegende Insel, deren Graslandschaft vom Mondlicht grau gefärbt wurde. „Und es scheint, als ob sich dort noch mindestens vier andere Monster befinden.“
„Vier?“, fragte Raven nach. „Weißt du, was für welche es sind.“
Ihre Schwester schüttelte den Kopf. „Nein. Aber ich glaube, eines von ihnen kann fliegen. Und ein anderes ist äußerst mächtig.“ Sie zeigte wieder auf die Insel, dieses Mal auf den Zugang zur Landbrücke, die diese mit dem Ufer verband. „Der Bronzedrache bewacht den Zugang. Könnt ihr ihn sehen?“
Leander sah genau in. Zuerst sah er nichts, aber dann konnte er etwas im Mondlicht glitzern sehen. Etwas Metallisches.
„Ich glaube, ja“, antwortete er. „Du meinst doch dieses Ding da, das so glänzt, oder?“
„Genau das.“
„Jetzt sehe ich es auch“, bestätigte Raven.
Nova gab nur ein knappes Nicken von sich.
„Vielleicht können wir uns an ihnen vorbeischleichen und unsere Feinde auf der Brücke abfangen, bevor sie ihn wieder erreichen“, schlug Leander vor.
Er hatte es allmählich satt, immer nur stillschweigend herumzustehen und Anweisungen auszuführen. Er wollte nun selbst an der Planung ihrer Aktionen beteiligt sein. Immerhin war er ein Sohn der Athene, dann sollte doch genau darin seine Stärke liegen.
„Dann könntest du vielleicht noch jemanden töten, ohne dass er dir dazwischenfunkt", fügte er hinzu. „Das schien ja beim letzten Mal das Hauptproblem gewesen zu sein.“
Er bemerkte, dass Nova ihn überrascht anstarrte. Er hatte gerade von sich aus angesprochen, jemanden zu töten. Zugegeben war er selbst ein wenig überrascht von sich. Vor seinem Aufbruch aus Camp Half-Blood oder auch Camp Ghul hätte er das bestimmt nicht getan.
Auch Raven schien so etwas von ihm nicht erwartet zu haben. Sie sah ihn an, scheinbar ebenfalls ein wenig verwundert, nickte dann aber.
„Du hast Recht, das könnte unsere Chance sein, die Sache ohne weitere Probleme zu beenden. Wenn der Sohn des Hephaistos tot ist, sollte der Rest von ihnen keine besonders große Bedrohung mehr darstellen.“
„Was ist mit Festus?“, fragte Nova.
„Du meinst den Drachen? Wenn ich das richtig verstanden habe, gehorcht er ihm. Wenn er tot ist, könnte es sein, dass er nicht mehr das tut, was er tun soll.“
„Und wenn nicht?“
„Dann müssen wir ihn auf andere Weise loswerden.“
„Es gibt da ein Problem“, sagte Erinys.
„Nämlich?“, fragte Raven.
Sie regte sich nicht auf, sondern fragte in einem ganz normalen Tonfall nach. Auch ihr Gesicht ließ keinen Ärger erkennen, während Nova bereits wieder äußerst genervt aussah, wenn auch nicht mehr so extrem, wie am Anfang der Jagd.
„Sie sind nicht mehr allein. Anscheinend haben sich ihnen weitere Halbblute angeschlossen.“
„Wie viele?“
„Mindestens eines. Vielleicht sind auch noch Menschen dabei, jedenfalls ist eine von ihnen besonders mächtig. Vermutlich noch ein Kind der großen Drei.“
„Also noch jemand, den es zu töten gilt.“
Raven sah Nova und Leander an. „Wir sollten dem Drachen nicht zu nahe kommen. Er ist ziemlich dicht am Wasser, ich hoffe also, ihr könnt schwimmen und habt keine Angst, nass zu werden!“
...
Leander wartete in sicherer Entfernung zu Festus zwischen den großen Felsen und beobachtete die dunklen Gestalten von Raven und Erinys. Er konnte nur die Andeutungen ihrer Silhouetten sehen, jemand, der nicht wusste, dass sie da waren, hätte wahrscheinlich überhaupt nichts mitbekommen.
Es hatte ihn einiges an Überredungskunst gekostet, Raven davon abzubringen, ihn und Nova ins Wasser zu schicken. Schließlich hatten sie sich darauf geeinigt, dass alle Teilnehmer der Jagd, die nicht fliegen konnten, abwarten, bis der Drache seinen Platz verließ, und dann von hinten angreifen würden.
Irgendwann ging eine der dunklen Gestalten, Leander wusste nicht, wer, in einen Sturzflug über, und die andere folgte ihr kurz darauf.
„Es scheint loszugehen“, murmelte Nova neben ihm leise.
Er bewegte sich noch nicht, aber seine Muskeln begannen bereits, sich anzuspannen, während er darauf wartete, dass Festus seinen Platz verließ.
Bald drangen laute Geräusche durch die Dunkelheit zu ihnen hinüber, und der Drache erhob sich von seinem Platz. Als zum ersten Mal Feuer zu sehen war, sprang Leander auf und rannte los, Nova dicht hinter ihm.
Es war kein weiter Weg, deshalb brauchten sie nicht einmal eine Minute. Kurz bevor sie den Kampf erreichten, wurde Leander überholt. Nova rannte an ihm vorbei und sprang auf Festus‘ Rücken. Einen Moment lang bewunderte Leander ihren Mut, dann lief er an dem abgelenkten Drachen vorbei, um Raven und Erinys zu helfen. Und die beiden schienen, auch wenn sie sich bei der hohen Zahl an Gegnern immer noch verdammt gut schlugen, durchaus ein wenig Hilfe gebrauchen zu können.
Und es waren in der Tat mehr Gegner geworden. Leander erkannte die Jägerinnen der Artemis erst anhand ihrer Anführerin Thalia, die mit zwei großen Messern wie eine Wahnsinnige auf Raven einstach. Technisch war diese ihr überlegen, allerdings kam sie nicht nahe genug an sie heran, um sie zu treffen, da ihr ganzer Körper im Augenblick ein einziges Stromkraftwerk war. Pfeile zischten durch die Luft, und da Raven momentan auf dem Boden war, konnte es nur eine geben, auf die sie schossen.
Erinys ging direkt neben Leander zu Boden, rappelte sich aber sofort wieder auf. Er sah sie an und merkte erst jetzt, wie viel sie bereits eingesteckt hatte. Mehrere Pfeile ragten aus ihrem Oberkörper, und ihr seltsames, schwarz-rotes Blut, dass er nun zum ersten Mal sah, lief überall an ihr hinunter.
Sie warf einen Blick auf ihre Gegner, die anscheinend außer Schussweite waren, und zog in Windeseile alle Pfeile bis auf einen heraus. Dieser steckte in ihrem Rücken an einer Stelle, an die sie nur sehr schlecht herankam. Erst jetzt schien sie Leander zu bemerken.
„Kannst du den Pfeil rausziehen?“, fragte sie.
Er nickte, packte den Pfeil und zog daran. Er bewegte sich keinen Millimeter. Vermutlich Widerhaken.
„Zieh fester!“, forderte Erinys ihn auf. „Egal wie groß die Verletzung danach ist, sie heilt schnell.“
„Wie du willst...“
Leander holte tief Luft, dann legte er seine andere Hand auf ihre nackte Haut, die sich seltsamerweise warm und weich, wie bei einem Menschen, anfühlte, durch das Blut aber ziemlich glitschig war, und zerrte mit aller Kraft an dem Pfeil. Erst bewegte er sich ganz langsam, dann zog er ihn mit einem Ruck heraus. Dabei riss er eine beachtliche Wunde in Erinys‘ Rücken, die allerdings nur kurz zischte.
„Danke“, sagte sie und lächelte sogar kurz, was ihn ein wenig überraschte.
Wenn er Raven und Erinys sah, dachte er immer, dass das Verhalten der einen eigentlich viel besser zum Aussehen der anderen passen würde.
Festus gelang es schließlich, Nova abzuwerfen, die sich bei ihrem Sturz abrollte und sofort wieder auf die Beine kam.
Leander wollte gerade etwas rufen, um die Aufmerksamkeit des Bronzedrachen auf sich zu ziehen, aber etwas anderes lenkte ihn davon ab.
Thalia ließ einen Blitz auf Raven los, die allerdings nach oben ausgewichen war. Stattdessen traf der Blitz das Wasser, das kurz darauf zu brodeln begann. Es wurde immer heftiger und zog die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Gerade als Leander schon dachte, der Blitz habe den See zum Kochen gebracht, brach das Wesen aus der Tiefe hervor.
Auch wenn Leander das Monster noch nie zuvor mit eigenen Augen gesehen hatte, wusste er augenblicklich, was er hier vor sich hatte. Eine unheimlich große Schlange mit fünf Köpfen dürfte von jedem, der auch nur etwas Ahnung von griechischen Sagen hatte, sofort als Hydra identifiziert werden können. Wahrscheinlich war das das „äußerst mächtige Monster“, von dem Erinys gesprochen hatte.
Die Hydra stieß einen fünfstimmigen, ohrenbetäubenden Schrei aus. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich. Raven griff auf der Stelle an und lenkte die Aufmerksamkeit von mindestens drei Köpfen auf sich.
Die übrigen zwei schnappten nach den Halbgöttern und Jägerinnen am Ufer, trafen aber niemanden.
Irgendjemand schrie „LAUFT!“, und wie auf Kommando setzten sich all ihre Feinde in Bewegung. Leander versuchte nicht, sie aufzuhalten. Es waren bestimmt über zehn, und er würde allein wenig ausrichten können. Ihren Plan, abzuhauen, während Raven mit der Hydra beschäftigt war, durchschaute er zwar sofort, aber er musste ihn wohl oder übel akzeptieren. Stattdessen wäre es wohl das Beste, ihrer Anführerin zu helfen, ehe das Monster sie in Stücke riss.
Während ihre Feinde sich entfernten, ertönte ein weiterer Schrei von oben. Ein fliegendes Wesen, ein Greif, wie Leander im nächsten Augenblick feststellte, landete auf einem der Köpfe und bearbeitete diesen mit Schnabel und Klauen. Ein Knall ertönte, und einer der Köpfe zuckte schmerzerfüllt zurück. Erst jetzt sah Leander, dass jemand auf der fliegenden Bestie saß. Jemand mit einem Gewehr.
Leander löste sich aus seiner durch die Verwirrung verursachten Starre und ging zum Angriff über. Raven und der Greif wichen in die Luft aus, als zwei freie Köpfe nach ihnen schnappten. Ein weiterer Schuss vom Greifenreiter entlockte einem von ihnen ein Kreischen. Unmittelbar danach stürzte Erinys sich auf den anderen und stieß ihm ihre Klaue ins Auge. Sie hatte sich ebenfalls wieder zurückgezogen, bevor sie gefressen werden konnte.
Als die Hydra registriert hatte, dass sie ihre fliegenden Gegner im Augenblick nicht erreichen konnte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf Leander und Nova, die plötzlich neben ihm stand.
„Irgendeine Idee, was wir machen sollen?“, fragte sie ihn, als das Monster langsam aus dem Wasser kroch und sich auf sie zuschlängelte.
Er kam nicht zum Antworten, da einer der Köpfe nach ihnen schnappte. Sie wichen beide zur Seite aus und rammten ihm dann ihre Waffen links und rechts in die Augen. Anscheinend wusste Nova genauso gut wie er, was passierte, wenn man der Hydra einen Kopf abtrennte. Und fünf davon waren definitiv genug.
Sie zogen ihre Waffen gerade noch rechtzeitig aus den zerstörten Augen, dass sie ihnen nicht aus der Hand gerissen wurden, als die Hydra ihren Kopf ruckartig zurückzog. Der Greif flog dicht über ihren Köpfen vorbei, und jemand sprang von seinem Rücken und landete direkt hinter ihnen.
„Sämtliche Fragen können auch geklärt werden, wenn wir das Vieh erledigt haben, einverstanden?“, schlug eine männliche Stimme vor.
„Einverstanden“, stimmte Leander ihm sofort zu.
Egal wer der Kerl war, er konnte durch den Nebel sehen, und momentan war die Hydra die größere Bedrohung, daher würde es keinen Sinn ergeben, seine Hilfe abzulehnen.
Raven, Erinys und der Greif jagten noch immer durch die Luft und lenkten die Köpfe ab. Allerdings mussten sie nahe am Gegner dranbleiben, um seine volle Aufmerksamkeit zu behalten, was immer riskanter wurde.
Raven und Erinys landeten direkt neben ihm und ließen den aggressiven Greifen allein.
„Ich habe eine Idee, wie wir sie töten können“, sagte Erinys.
Sie sprach schnell, klang fast gehetzt, aber anhand der Situation erschien das eigentlich ziemlich normal. „Ihr müsst sie so gut es geht ablenken. Hackt ihr dafür am besten vier Köpfe ab!“
„Ich hoffe, du weißt, was du tust!“, warf Leander ein. „Mit neun Köpfen ist sie garantiert noch gefährlicher!“
Sie kam nicht zum Antworten, denn zwei der Hydraköpfe hatten das Interesse am Greifen verloren und spuckten mit einem spritzenden Geräusch eine Flüssigkeit auf sie.
Leander hatte keine Lust, Bekanntschaft mit dem Zeug zu machen und warf sich zur Seite, wie die anderen auch. Als er wieder aufgestanden war, stellte er fest, dass Raven eine Ladung abbekommen hatte. Die Flüssigkeit hatte ihre Jacke getroffen und fraß sich mit beängstigende Geschwindigkeit durch den Stoff.
„Säure!“, zischte sie und zog die Jacke aus, bevor ihr Körper verletzt wurde.
Darunter trug sie ein schwarzes Tanktop.
„Ich bin dabei!“, rief sie Erinys zu.
Sie warf ihre halb zersetzte Jacke auf einen der Köpfe, der danach schnappte. Augenblicklich war sie bei ihm und trennte ihn mit einem schnelle Hieb ihrer Sicheln ab. Leander wusste, dass sie jetzt schnell sein mussten, und trat einen Schritt vor. Sofort schnappte ein weiterer Kopf nach ihm. Er war vorbereitet, wich zur Seite aus und hackte ihn mit seinem Schwert ab.
Der nächste Angriff war so schnell, dass er ihn beinahe erwischt hätte. Beinahe.
Ein Hund von der Größe eines Grizzlybären stürzte sich auf den Hals, fing den Kopf aus der Luft, schüttelte ihn ein paar Mal und riss ihn schließlich ab.
Der vierte Kopf schnappte nach ihm, aber bevor er ihn erreichte, ertönte ein Knall, und er fiel einfach zu Boden wie ein Stein. Dieses Mal hatte der Schütze anscheinend das Gehirn getroffen.
Es war nur ein sehr geringer Zeitraum, in dem tatsächlich vier von fünf Köpfen außer Gefecht waren. Erinys hatte dies bemerkt und griff den Letzten von ihnen offen an. Dieser sah sie lange, bevor sie ihn erreichte, öffnete sein gewaltiges, mit scharfen Zähnen besetztes Maul und verschlang sie mit einem Bissen.
Leander trat schockiert zurück, und selbst Raven hielt einen Moment inne. Aber sie hatten nur wenige Sekunden Zeit, bevor sich die Köpfe regenerierten. Jeder der Halsstümpfe teilte sich in zwei neue Häupter auf, und plötzlich standen sie einer neunköpfigen, säurespuckenden Riesenschlange gegenüber.
Der ersten Säureladung konnten sie alle ausweichen, nicht zuletzt deshalb, weil Raven und der Greif immer noch einige der Köpfe im Schach hielten. Aber auch sie mussten sich aufgrund der steigenden Aggressivität der Häupter immer weiter entfernen. Lange würden sie das nicht mehr durchhalten.
Plötzlich hielt die Riesenschlange inne. Ein Zittern durchlief den gewaltigen Leib, dann fiel sie plötzlich zuckend in sich zusammen.
Sie alle waren völlig verwirrt und starrten einfach nur das Monster an, das gerade völlig ohne erkennbaren Grund in sich zusammengefallen war. Schließlich trauten sie sich näher heran und umstellten den riesigen Körper. War sie wirklich tot? Einfach so? Hatte sie vielleicht einen Herzinfarkt?
Leander erschrak, als plötzlich eine Klauenhand von innen das Fleisch der Hydra aufriss.
Binnen weniger Sekunden hatte Erinys sich aus dem Rücken des Monsters gegraben und stand nun triumphierend auf dem Leib des besiegten Feindes. In einer ihrer Hände hielt sie etwas Großes.
Als Leander genauer hinsah, erkannte er das Herz der Hydra. Es war also doch ein Herzinfarkt gewesen. Irgendwie.
Da ging ihm plötzlich die Genialität von Erinys‘ Strategie auf. Man konnte die Hydra nicht töten, in dem man ihre Köpfe abtrennte. Also hatte sie sich einfach von ihr verschlucken lassen und ihr dann von innen das Herz herausgerissen.
Raven landete neben ihrer Schwester auf dem Kadaver der Hydra, der sich langsam aufzulösen begann. Sie hatte, so seltsam es Leander auch vorkam, ein breites Lächeln im Gesicht.
„Du warst großartig!“, sagte zu Erinys, bevor sie Nova und Leander ansah. „Und ihr beide habt auch gut gekämpft!“
Ihr Lob kam Leander fast noch seltsamer vor als ihr Lächeln.
„Ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel, als Morton sagte, ihr könntet wertvolle Verbündete sein. Aber ich habe mich geirrt. Ihr gehört definitiv zu uns!“
„Danke...“, sagte Nova zögernd.
Ihre Stimme kundete ebenfalls von starker Verwirrung.
Der Körper der Hydra hatte sich mittlerweile vollständig aufgelöst, und der goldene Staub war verschwunden.
Raven wandte sich nun an den Mann mit dem Gewehr. „Danke für deine Hilfe“, begann sie. „Dürften wir erfahren, wer du bist, und warum du uns geholfen hast?“
„Selbstverständlich!“, erwiderte der Mann lächelnd. „Ich bin Aktaion, möglicherweise habt ihr schon von mir gehört.“
Leander dachte kurz nach. Ja, er kannte den Namen Aktaion. Er gehörte zu dem Jäger, der Artemis zufällig nackt beim Baden gesehen hatte und dafür in einen Hirsch verwandelt wurde, damit er es niemandem erzählen konnte. Im Anschluss war er von seinen eigenen Hunden zerfleischt worden.
„Und die Gründe für meine Hilfe... nun ja, ich bin gerade erst ein Monster losgeworden und hatte keine Lust, dass gleich das nächste auftaucht und möglicherweise meine ganze Insel verwüstet. Aber ihr habt nicht so ausgesehen, als ob die Leute, die hier gerade vorbeigekommen sind, eure Verbündeten waren, oder?“
„Nein“, bestätigte Raven. „Wenn du es genau wissen willst, sind wir gerade dabei, sie zu jagen und möglichst viele von ihnen zu töten, bevor sie einen bestimmtem Ort erreichen.“
„Das klingt interessant. Sie sind nicht zufällig im Auftrag des Olymps unterwegs, oder?“
„Doch, sind sie“, antwortete Raven. „Und wir sind keine Freunde des Olymps. Genauer gesagt, stecken wir sogar im Krieg mit ihnen.“
„Wirklich?“ Aktaion riss erstaunt die Augen auf. „Wer hat diesen Krieg angezettelt.“
Raven schien zu überlegen, ob sie ihm nicht schon zu viel verraten hatte. Dann kam sie offenbar zu dem Schluss, dass dem nicht so war. Vielleicht wusste sie auch, wer dieser Mann war, und dass er den Olymp nicht mochte.
„Nun ja, wir“, antwortete sie. „Und jemand namens Kratos. Vielleicht hast du schon von ihm gehört.“
Aktaion sah aus, als würden ihm die Augen aus den Höhlen quellen. „Ist das dein Ernst? Der Geist von Sparta ist zurück und führt Krieg gegen den Olymp? Heute muss mein Glückstag sein! Hey, ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich mit euch komme, oder? Meine Freunde Lailaps und Quilus sind beide ziemlich schnell.“
Er deutete auf den Hund und den Greifen, die beide ziemlich aufgeregt zu sein schienen.
„In Anbetracht dessen, dass die Kerle gerade dabei sind, euer Auto zu stehlen, könnte das vielleicht ganz nützlich sein. Das ist doch euer Auto, oder?“
„Ja, ist es.“ Raven schien, wie immer, nicht wütend zu sein, tatsächlich lächelte sie noch immer. „Wir können jeden Verbündeten gebrauchen. Ich bin Raven Deader, Anführerin dieser Expedition!“
Leander, Nova und Erinys stellten sich ebenfalls vor.
„Also“, begann Aktaion wieder. „Könntet ihr mir, bevor wir weiterziehen, vielleicht noch die Hintergründe der Mission erklären?“
„Was die Mission angeht...“, antwortete Raven. „Wir und unsere Gegner suchen die Büchse der Pandora. Sie haben jemanden dabei, der sie hinführen kann. Daher folgen wir ihnen und töten ab und zu immer mal wieder jemanden, damit wir sie am Ende nicht alle auf einmal bekämpfen müssen. Eigentlich waren es nur sieben, bis diese seltsamen Mädchen mit Pfeil und Bogen dazugekommen sind.“
„Ah ja, die Jägerinnen der Artemis“, ergänzte Aktaion. „Die Göttin, an der ich mich in diesem Leben unbedingt noch rächen möchte.“
„Vielleicht bekommst du die Gelegenheit ja noch“, meinte Raven. „Jedenfalls wollten wir bis auf drei oder vier alle töten, das heißt, wir hätten nur noch einen erledigen müssen. Jetzt können wir nochmal sieben dazurechnen.“
„Klingt gut! Jägerinnen der Artemis zu töten, ist immer eine gute Sache! Aber was wollt ihr eigentlich mit der Büchse? Sind da nicht nur irgendwelche negativen Gefühle eingesperrt?“
„Die Büchse verleiht einem Macht“, antwortete Raven. „Genug Macht, dass sie uns helfen könnte, diesen Krieg zu gewinnen. Wir haben schon einen Plan, aber erstmal müssen wir unsere Mission beenden. Unsere Gegner sind auf dem Weg zu Hekate, die weiß als einzige, wo der Tempel der Pandora steht. Und ich glaube, es ist nicht mehr weit.“
„Alles klar. Ich glaube, einen von euch kann Quilus“, er deutete auf den Greifen, „noch tragen, der andere wird mit Lailaps vorlieb nehmen müssen.“
„Ich nehme den Hund!“, antwortete Nova sofort. „Fliegen ist nicht so mein Ding.“
...
Das Fliegen auf einem lebendigen Greifen war ganz anders, als das auf einem untoten Drachen. Abgesehen von den natürlicheren Bewegungen war der Greif nicht so groß und fühlte sich auch nicht so kalt an. Aber auch sonst war Quilus‘ Flug verspielter, kurvenreicher und nicht so strikt und gerade wie der von Peleus.
Sie ließen den See schnell hinter sich, und bald kam eine Wüste in Sicht. Den Hund, Lailaps, der beeindruckend schnell lief, konnte Leander immer als kleinen Punkt sehen, wenn er nach unten blickte. Er fragte sich allerdings, ob Nova dort unten nicht noch viel stärker durchgeschüttelt wurde als er hier oben.
Raven und Erinys flogen neben ihnen her, und Leander konnte ihren Gesichtern ansehen, wie viel Spaß sie beim Fliegen hatten. Wieder wurde er neidisch, wie schon damals auf Morton während des Fluges von Camp Half-Blood nach Neu-Rom.
Raven und Aktaion führten eine intensive Diskussion darüber, wie sie die Jägerinnen am besten, also am blutigsten und schmerzhaftesten, töten konnten. Allerdings gelang es Leander irgendwann, das Gespräch größtenteils auszublenden und sich ganz auf den Flug zu konzentrieren. Nur bei einigen besonders makabren Ideen hörte er kurzzeitig hin, und in ihm keimte die Sorge auf, ob nicht irgendwo in ihm auch ein kleiner, blutrünstiger Teufel steckte, der nicht zumindest Interesse an solchen Gesprächen hatte. Allerdings versäumte er es, sich an diesem zu beteiligen.