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War of Olympus

Kurzbeschreibung
CrossoverAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Hekate Leo Valdez Nico di Angelo OC (Own Character) Thanatos
30.01.2016
05.06.2023
90
254.834
12
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29.08.2017 4.231
 
Kapitel LXII - Wie man einen (unfassbaren) Fuchs tötet


„Verdammte, sexistische Kackbratzen!“, knurrte Knox leise, als er sich umdrehte und weiter den Pfad entlangging.
    Die Schritte, die er hinter sich hörte, verrieten ihm, dass die Anderen sich daran machten, ihm zu folgen.
    Er hatte die Jägerinnen der Artemis noch nie leiden können, aber eben hatte er tatsächlich kurz davor gestanden, Aileen eine reinzuhauen. Sie hatte Glück gehabt, dass Thalia dazwischen gegangen war, die einzige von ihnen, die nicht vollkommen vom männerfeindlichen Weltbild ihrer Göttin verblendet war, denn sonst hätte sie jetzt mit einer blutigen Nase weitergehen können. Überhaupt hatte er doch als Einziger darauf geachtet, wo der Greif überhaupt gelandet war, ohne ihn wüssten die Jägerinnen also gar nicht, wo auf dieser verfluchten Insel sie überhaupt suchen sollten.
    Nachdem sein Zorn soweit abgeklungen war, dass er wieder einigermaßen klar denken konnte, begann er, sich zu fragen, wer dieser Kerl überhaupt war. Der Hund hatte sie hierher geführt, die Tatsache, dass der Mann sie anscheinend erwartet hatte, ließ darauf schließen, dass das Tier zu ihm gehörte, und die ganze Situation hier beabsichtigt war. Mit etwas Glück war er nicht so feindselig, wie er im ersten Moment schien, und konnte ihnen helfen, Alaina wiederzufinden.
    Der Pass führte sie noch höher in die Berge, und Knox ertappte sich dabei, wie er immer wieder nach oben sah und nach dem Greifen Ausschau hielt. Er hatte gesehen, wie das Untier hier in der Nähe gelandet war, also bestand auf jeden Fall die Möglichkeit, dass es plötzlich über ihnen in der Luft auftauchte und sich auf sie stürzte. Aber wie oft er auf mit den Augen den dämmrigen Himmel absuchte, es passierte nichts, außer dass es immer dunkler wurde.

Der Mann hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, es würde bald eine Abzweigung kommen. Ein noch schmalerer Engpass tauchte plötzlich zu ihrer linken Seite auf, und Knox bog, ohne zu zögern, ab. Tatsächlich beschwerte sich Aileen nicht. Sie hatte wohl eingesehen, dass sie keine Wahl hatten, als der Forderung des Mannes nachzukommen, wenn sie nicht in die Luft gesprengt werden wollten.
    Bei diesem Gedanken stellte sich Knox die Frage, wie viel Zeit der Typ darin investiert haben musste, die gesamte Schlucht zu verminen. Oder ob er es überhaupt getan hatte. Aber solange sie sich nicht sicher waren, wollte Knox kein Risiko eingehen.

Im letzten Licht des Tages erreichten die Halbgötter ihr Ziel. Knox erkannte auf den ersten Blick, dass die Behausung des Mannes kein Haus im eigentlichen Sinne war. Nein, er saß vor dem Eingang einer alten Mine, aus deren Tür warmes, freundliches Licht drang, auf einem Holzstuhl, hatte sich zurückgelehnt und wartete anscheinend auf sie. Neben ihm stand ein Jagdgewehr mit Ledergurt an die Wand gelehnt, und zu seinen Füßen lag der gewaltige Hund und ließ sich von ihm den Kopf kraulen.
    Die Mine, die er als sein Haus bezeichnet hatte, lag am anderen Ende eines Miniaturtals, zu dem der Weg, auf dem sie gekommen waren, den einzigen Zugang darstellte.
    „Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte der Mann sie und warf einen Blick gen Himmel. „Gerade noch rechtzeitig.“
    Seine Stimme klang, als würde er ein paar alte Freunde begrüßen, und nicht eine Gruppe Fremder, denen er gedroht hatte, sie in die Luft zu sprengen.
    „Es wird langsam dunkel. Wir sollten drinnen weiterreden. Nachts ist dieser Fuchs besonders unfreundlich.“
    Damit war es raus. Wenn er von dem Fuchs wusste, konnte er durch den Nebel sehen und war wahrscheinlich selbst ein Teil der griechischen Sagenwelt.
    Er stand auf und nahm sich das Gewehr, das an der Wand lehnte. Eine der Jägerinnen hob reflexartig den Bogen, aber Thalia hielt sie zurück. Der Mann hatte es trotzdem bemerkt und lächelte.
    „Keine Sorge, ich will euch nicht erschießen“, sagte er. „Schließlich brauche ich eure Hilfe.“
    Keiner von ihnen erwiderte etwas. Der Hund hob nun den Kopf, sah in ihre Richtung und begann zu bellen. Wieder hoben mehrere der Jägerinnen ihre Bögen, aber dann ging ihnen auf, dass es ein fröhliches Bellen und keine Drohung war.
    „Lailaps freut sich immer über Besucher“, erklärte der Mann. „Von denen haben wir hier nur so wenige.“
    „Kein Wunder, wenn man ihnen erstmal damit droht, sie in die Luft zu jagen!“, raunte Jane Knox leise zu.
    Er konnte ihr nur stumm zustimmen.
    Der Mann hängte sich das Gewehr über die Schulter und öffnete dann die breite Doppeltür seiner Behausung.
    Sein Hund namens Lailaps lief als erstes hinein. Dann streckte er in einer einladenden Geste seinen linken Arm aus.
    „Bitte, tretet ein!“
    Es hörte sich tatsächlich wie eine Bitte an, und auch seine Körperhaltung deutete nichts anderes an, aber Knox wusste, dass es eine Aufforderung war, der sie Folge zu leisten hatten. Daher ging er einfach auf die offene Tür zu und hörte, wie die anderen ihm folgten.
    Der Mann wartete, bis sie alle drinnen waren, dann trat er selbst als letzter ein und verriegelte die Doppeltüren hinter sich. Er drehte sich zu ihnen um und sah sie alle der Reihe nach an.
    Knox bekam nun zum ersten Mal die Gelegenheit, ihn genauer zu betrachten. Er war relativ groß und schien ziemlich sportlich zu sein, seine braunen Haare trug er kurz und dazu einen Dreitagebart. Bekleidet war er mit einer Arbeitshose sowie einem dunkelgrünen, ärmellosen Hemd. Und sein linkes Auge schien eine goldene, mechanische Kugel zu sein.
    „Da wir nun alle drinnen sind, können wir ja direkt zum Geschäftlichen kommen“, begann er.
    „Wie wäre es, wenn du dich erstmal vorstellst?“, schlug Thalia vor. „Wir würden gerne wissen, mit wem wir hier über unser Leben verhandeln.“
    Der Mann schlug sich in gespielten Entsetzen vor die Stirn. „Oh, natürlich, wie unhöflich von mir! Vielleicht habt ihr schon von mir gehört. Ich bin Aktaion, Sohn des Aristaios und Enkel des Apollo!“

Die Jägerinnen fuhren allesamt erschrocken zurück, bis auf Thalia und Celia spannten alle sofort ihre Bögen.
    Aktaion lächelte nur. „Ich weiß, ich wiederhole mich, aber das solltet ihr lieber sein lassen.“
    Knox hatte die Geschichte von Aktaion gehört. Er hatte die Göttin Artemis unabsichtlich beim Baden überrascht, war dafür von ihr in einen Hirsch verwandelt und letztendlich von seinen eigenen Hunden zerfleischt worden. Eigentlich könnte er einem fast leidtun, aber dass die Jägerinnen nicht gut auf ihn zu sprechen waren, war klar.
    „Warum?“, fragte Aileen herausfordernd. „Wenn du hier drinnen auch Minen vergraben hast, jagst du sich selbst gleich mit in die Luft, sobald du sie zündest.“
    „Oh, das mit den Minen war nur ein Bluff, um euch herzulocken“, erklärte er ruhig. „Ich dachte mir, ihr seid vernünftig genug, um kein unnötiges Risiko einzugehen, und ich habe Recht behalten.“
    Seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Aber der Angriff des Greifen war kein Bluff!“, knurrte er. „Und wenn die verdammten Jägerinnen nicht auf der Stelle ihre Waffen herunternehmen, wird er eure Freundin in Stücke reißen!“
    Sie fuhren erschrocken zurück. Selbst Knox konnte sich einen überraschten Gesichtsausdruck nicht verkneifen.
    „Oh ja!“, fuhr Aktaion fort. „Ich weiß, wer ihr seid. Und ich habe nicht vergessen, was eure Göttin mir angetan hat! Eigentlich sollte ich euch hier und jetzt töten und eure Köpfe an den Olymp schicken!“
    Lailaps sah auf und knurrte zustimmend. Aktaion tätschelte den Kopf seines Hundes, und sein Gesicht entspannte sich wieder. Die Wut des Jägers war so schnell wieder verraucht, wie sie aufgeflammt war.
    „Aber ich habe eine bessere Idee. Dieser bescheuerte Teumessische Fuchs stört mich schon seit Wochen in meinem Revier. Hier mein Vorschlag. Ihr helft mir, ihn zu töten, und dafür bekommt ihr eure Freundin wieder und dürft meine Insel lebend verlassen. Wie klingt das?“
    Nach kurzem Nachdenken kam Knox zu dem Schluss, dass es ein guter Vorschlag war. Oder vielmehr, dass sie keine andere Wahl hatten. Mal abgesehen davon, dass er alles tun würde, um Alaina zu retten, konnten sie die Mission nur mit ihrer Hilfe beenden, von daher mussten sie mitmachen.
    „Klingt gut“, antwortete er. „Wir sind dabei.“
    Die Anderen starrten ihn entgeistert an. Vermutlich dachten sie über eine Rebellion oder ähnliches nach, aber er hatte längst festgestellt, dass sie am Ende ohnehin zum gleichen Ergebnis kommen würden. Und was hatten sie bei diesem Handel schon zu verlieren?
    „Wie stellst du dir das vor?“, fragte Thalia, an Aktaion gewandt. „Man kann diesen Fuchs nicht einfangen.
    „Das haben wir auch schon festgestellt“, antwortete er mit einem mitleidigen Blick auf Lailaps. „Daher werden wir ihm auch nicht stupide nachjagen, sondern ihm einfach eine Falle stellen.“
    „Haben wir schon versucht“, winkte die Anführerin der Jägerinnen ab. „Er ist nie darauf reingefallen.“
    „Was habt ihr versucht?“, fragte er leicht spöttisch. „Fallgruben? Stolperdrähte? Oder vielleicht Waldbrände?“
    Knox fiel auf, dass mehrere der Jägerinnen betreten zu Boden sahen. Aktaion schüttelte seufzend den Kopf.
    „Alles Blödsinn! Davor schützt ihn sein Fluch. Erstmal brauchen wir einen Köder, um ihn überhaupt hierherzulocken.“
    „Was macht das für einen Unterschied?“, fragte Thalia. „Wir können ihn nicht fangen, egal, wie nahe er uns ist.“
    Aktaion kicherte. „Du verstehst nicht, worauf ich hinaus will, oder?“
    Er sah sie alle der Reihe nach an. Nein, Knox verstand wirklich nicht, was er vorhatte. Vielleicht wäre es das Beste, wenn er es ihnen einfach verriet.
    „Wir werden ihn nicht fangen, wir werden ihn vergiften!“, enthüllte der Jäger triumphierend. „Wie könnte man ein Raubtier besser töten, als ihm sein Lieblingsessen mit einer kleinen, unbekömmlichen Überraschung im Leib vorzusetzen?“
    Celias Augen weiteten sich. „Aber der Teumessische Fuchs frisst doch...“
    „Menschen, ganz recht!“, beendete Aktaion ihren Satz. „Das heißt im Klartext, wir werden einem von euch Gift in die Venen pumpen, ihn vor die Tür stellen, warten, bis der Fuchs ihn frisst, und die Sache ist erledigt!“
    Sie alle starrten ihn entgeistert an, als ob er gerade einen besonders schlechten Witz gemacht hatte. Aber er ließ sich nichts anmerken. Obwohl er immer noch lächelte, schien er es todernst zu meinen. Knox fand als erstes seine Sprache wieder, was wohl auch besser war, bevor einer der anderen noch „Auf keinen Fall!“ rief.
    „Gib uns einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, ja?“, sagte er so ruhig, wie er konnte, schaffte es aber nicht, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.
    „Bitte, kein Problem!“, erwiderte der Jäger.
    Er gab Lailaps ein Handzeichen, und der Hund legte sich vor die Tür. Dann schlenderte er lächelnd an ihnen vorbei und drehte sich am Ende des Raumes nocheinmal um.
    „Ich gehe dann mal unsere Waffe holen! Lasst euch nicht zu lange Zeit mit der Entscheidung, ja? Ich möchte morgen wieder runter auf die Insel gehen, ohne dieses Mistvieh in meinem Revier zu wissen!“
    Er verschwand im hinteren Teil der Mine und ließ sie mit seinem Haustier allein.
    „Wir haben keine Wahl“, begann Knox das Gespräch. „Wir müssen mitmachen, ansonsten bringt er Alaina um. Ohne sie können wir die Mission nicht abschließen, und das bedeutet das Ende der Welt.“
    Es fühlte sich nicht gut an, die Situation so knallhart, klar und gnadenlos auszusprechen, vor allem, weil es tatsächlich die nackte Wahrheit war. Das schienen auch die anderen zu erkennen, denen der Schock, aber auch die Angst deutlich in Gesicht geschrieben war.
    Knox war sich sicher, dass er genauso verängstigt aussah. Aber musste er sich wirklich dafür schämen? Einer von ihnen musste gleich sterben, daran führte kein Weg vorbei. Aber vorher oblag ihnen noch die schreckliche Aufgabe, darüber zu entscheiden, wen Thanatos als nächstes holen würde. Knox erntete traurigerweise keinen heftigen Widerspruch. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis endlich jemand etwas sagte, und zu Knox‘ Entsetzen stimmte diese Person ihm zu.
    „Er hat Recht“, sagte Thalia mit belegter Stimme. „Wir dürfen das Schicksal der Welt nicht um unseretwillen riskieren. Eigentlich sollte jeder, der an einer so wichtigen Mission teilnimmt, für Situationen wie diese bereit sein.“
    Sie sah sich traurig um. „Aber jetzt, wo es wirklich dazu kommt, ist keiner von euch wirklich bereit, oder?“
    Keiner wagte eine Antwort. Alle sahen Thalia mit einem Blick an, der irgendwo zwischen Trauer und Entsetzen lag. Selbst Knox‘ Stimme gehorchte ihm nicht.
    „Natürlich nicht“, flüsterte die Tochter des Zeus.
    Dann blickte sie wieder auf und fuhr lauter fort. „Ich kann nicht zulassen, dass einer von euch sich für so einen Scheiß opfert! Ich bin der Köder. Ihr müsst...“
    Noch bevor sie ausgesprochen hatte, begannen die Jägerinnen lautstark zu protestieren.
    „Nein, Thalia, du bist unsere Anführerin!“
    „Ohne dich schaffen wir das nicht!“
    „Wir alle würden jederzeit für dich einspringen, das weißt du!“
    „Wir brauchen dich!“
    Knox bekam am Rande mit, wie Aktaion an ihnen vorbeilief und sich zu seinem Hund an die Tür stellte. Im Gehen lud er sein Gewehr mit Bronzemunition. Unter den Rufen trafen sich Knox‘ und Aileens Augen. Und es war keine freundlicher Blickkontakt.
    „Was ist mit ihm?“, fragte Aileen laut und zeigte auf Knox.
    Die Jägerinnen verstummten und folgten ihrem Finger.
    „Er ist doch Schuld daran, dass wir überhaupt in dieser Situation sind!“
    Wut kochte in ihm hoch. Bis vor wenigen Augenblicken hätte er sich selbst bei den Jägerinnen nicht vorstellen können, eine von ihnen auf eine derartige Weise sterben zu lassen, aber jetzt wäre er, so grausam es auch klang, gar nicht mehr darüber, wenn es Aileen treffen sollte.
    „Hätte ich uns nicht hierhergeführt, wüssten wir noch immer nicht, wo wir nach Alaina suchen sollten“, knurrte er zurück.
    „Du hast doch darauf bestanden, dem Befehl dieses Wahnsinnigen Folge zu leisten. Und dabei hatte er gar keine verdammten Minen in der Schlucht. Wir hätten ihn einfach ignorieren und weiter nach dem Greif suchen können.“
    „Und was dann?“, fragte er angriffslustig. Dann hätte er ihm wahrscheinlich noch vorher befohlen, Alaina umzubringen, oder wir hätten ihn einfach nicht gefunden!“
    „Selbst wenn, du hast als erster gesagt, jemand muss sterben! Jetzt steh auch dazu und zeig, dass du mehr kannst, als nur zu reden und anderen dabei zuzusehen!“
    Jetzt war er mit seiner Geduld endgültig am Ende. Er machte einen Schritt auf die Jägerin zu und hätte ihr Gesicht mit bloßen Händen zu Brei geschlagen, wenn sich ihm nicht wieder jemand in den Weg gestellt hätte.

„Aufhören, alle beide!“, sagte Celia und sah erst Knox und dann Aileen tief in die Augen.
    Augenblicklich fiel seine Wut wie ein rissiges Hochhaus in sich zusammen. Dieses Mädchen strahlte eine Entschlossenheit aus, die ihn beeindruckte.
    „Thalia, du bist unsere Anführerin!“, wiederholte sie die Worte einer der anderen Jägerinnen. „Wir brauchen dich, wenn wir das hier schaffen wollen. Und ihr.“
    Sie drehte sich zu den Campern.
    „Wir können von keinem von euch verlangen, euch von einem Fuchs fressen zu lassen. Artemis hat uns geschickt, um euch zu helfen, und das werden wir tun!“
    Thalia starrte sie entsetzt an. „Celia, wenn du glaubst, dass ich zulasse...“
    Die Jüngere sah ihre Anführerin traurig an. „Hast du nicht selbst immer gesagt, ich sei die Schwächste von uns? Dass ich meinen Beitrag noch nicht geleistet habe? Nun, hier ist er!“
    „Was?“, stammelte Thalia. „Nein, so habe ich...“
    Celia nickte zwei der anderen Jägerinnen unauffällig zu, die daraufhin Thalias Arme packten und sie festhielten.
    „Verdammt, lasst mich sofort los!“, schrie sie. „Celia, tu das nicht! Wir wissen, dass du stark bist! Du musst es uns nicht auf diese Art beweisen! Bitte lass es sein!“
    Ihre Stimme war von einem Schreien zu einem Flehen geworden. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie versuchte mit aller Kraft, sich loszureißen, gab aber schließlich auf.
    Selbst Knox war betrübt von der Szenerie. Wenn er ehrlich war, dann mochte er Celia. Jedenfalls mehr als alle anderen Jägerinnen. Sie hatte sich nicht beschwert, ihn noch nichteinmal abfällig angesehen, wenn er eine Entscheidung getroffen hatte. Und sie hatte einen Mut bewiesen, von dem der Rest von ihnen nur träumen konnte.
    Celia ging entschlossen auf Aktaion zu.
    „Ich bin der Köder“, sagte sie. „Wir können anfangen!“
    Aktaion lächelte nur, eine Aktion, die die ganze Situation noch grausamer erscheinen ließ.
    „Keine Sorge, wenn der Fuchs tot ist, werde ich das, was noch von dir übrig ist, an deine geliebte Göttin schicken und ihr in einem Brief mitteilen, wie du heldenhaft gefressen wurdest!“
    Die todgeweihte Jägerin antwortete nicht, sondern sah ihn nur entschlossen an und hielt ihm den linken Arm hin.
    Anerkennend nickte er. „Du hast Mut! Das kann ich dir nicht absprechen.“
    Bevor sie sich umentscheiden konnte, zog er blitzschnell eine Spritze hinter seinem Rücken hervor, stieß sie dem Mädchen in den Arm und injizierte das Gift.
    Celia begann zu zucken, konnte sich aber gerade noch aufrechthalten. Von Thalia war ein lautes Schluchzen zu hören, während sie fassungslos zusah, wie das jüngste Mitglied ihrer Gruppe sein Leben gab.
    Lailaps trat beiseite, und Aktaion öffnete die Tür. Dann nahm er Celia sanft bei den Schultern und schob sie nach draußen. Sie drehte sich zitternd noch ein letztes Mal um, und Angst stand in ihrem glasigen Blick, da schlug Aktaion ihr die Tür vor der Nase zu und verriegelte sie wieder.
    Lächelnd drehte sich der Jäger wieder um und gab Lailaps ein Zeichen, der aufstand und sich kampfbereit machte. Er selbst nahm sein Gewehr von der Schulter.
    „Es ist besser, ihr packt eure Waffen aus“, sagte er. „Kann sein, dass das Gift ihn nicht ganz umbringt und wir nochmal nachhelfen müssen.“
    Knox hörte, wie Celia draußen gegen die Tür fiel. Aktaion bemerkte ihre entsetzten Blick und zuckte mit den Schultern.
    „Da konnte wohl jemand nicht mehr stehen!“, kommentierte er grinsend. „Meine Gifte wirken eben schnell!“
    Knox hätte kaum in Worte fassen können, wie sehr er diesen Mistkerl mittlerweile hassen gelernt hatte. Vermutlich hätte er selbst Aileen geküsst, wenn er ihn dafür nur hätte umbringen dürfen.
    Es war ein grausam passives Gefühl, einfach nur hierzustehen und zuzusehen, wie er ein unschuldiges Mädchen sterben ließ und sich noch darüber lustig machte. In den letzten paar Minuten war es ihm spielend gelungen, sich auf der Liste der Personen, die Knox am wenigsten ausstehen konnte, an Raven, Leander und Nova vorbei auf den ersten Platz zu kämpfen.
    Er zuckte zusammen, als draußen ein Schrei zu hören war. Dem ersten folgten weitere, gefolgt vom Fauchen des Teumessischen Fuchses, als Celia draußen von ihm zerfleischt wurde.
    „Ah ja, der Todeskampf einer Jägerin!“, kommentierte Aktaion fröhlich. „Meine Lieblingsmusik! Schade, dass ich gerade keine Aufnahmemöglichkeit zur Hand habe.“
    Knox zitterte vor Wut. Er sah, dass es den anderen, allen voran den Jägerinnen, genauso ging, und sie lieber Aktaion getötet und den Fuchs am Leben gelassen hätten.
    Die Geräusche draußen wurden leiser und verstummten irgendwann. Stattdessen konnte man nun einige schwere Schritte und ein krankes Keuchen hören.
    Aktaion lächelte noch breiter. „Ah, er ist fertig. Und es scheint Wirkung zu zeigen. Bereit, mein Junge?“
    Lailaps kläffte leise und wedelte mit dem Schwanz.
    „Gute Antwort.“
    Er drehte sich zu ihnen um. „Ihr hoffentlich auch. Wir gehen jetzt nämlich daraus und geben dem Vieh den Rest!“

Aktaion stieß die Tür auf und feuerte sein Gewehr ab. Ein schmerzerfülltes Jaulen verriet Knox, dass er getroffen hatte.
    Der Jäger trat zur Seite, und sein Jagdhund flitzte an ihm vorbei in die Dunkelheit. Leo marschierte ebenfalls auf die Tür zu und zog Knox dabei mit. Widerwillig folgten ihnen die anderen.
    Zuerst sah Knox nicht mehr als zwei Silhouetten, die sich auf dem Boden wälzten. Erst als Leo durch das halbe Tal marschiert war und den Eingang mit einer Feuerwand blockiert hatte, sah er, wie Lailaps auf den geschwächten Fuchs einbiss. Dieser versuchte panisch, sich zu wehren, hatte aber mit dem Gift im Körper und dem durch Aktaions Kugel verwundeten Hinterbein keine große Chance.
    „Lailaps, genug!“, rief Aktaion, als er sah, wie Jane und die Jägerinnen ihre Bögen spannten.
    Der Hund gehorchte sofort und ließ von seinem Opfer ab, das unmittelbar darauf von mehreren Pfeilen gespickt wurde und sich nicht mehr bewegte. Alles war still, außer dem Knacken des Feuers.
    Knox ging auf den Fuchs zu, um ihm den Rest zu geben. Es war ein Monster, daher konnte es noch nicht tot sein, sonst wäre es bereits zu Staub zerfallen. Er trat vor den verletzten Fuchs und holte mit seiner Axt aus.
    Da schnappte das Tier unvermittelt mit seiner Vorderpfote nach seinem Bein und brachte ihn zu Fall.
    Knox rollte sich zurück, wich dabei einem zweiten Hieb mit der anderen Pfote aus und trennte diese mit einem Axthieb ab. Der Fuchs jaulte und erhob sich ein weiteres Mal auf seine zitternden drei Beine, von denen eines verletzt war, um ihn anzugreifen.
    Der Teumessische Fuchs stieß einen grauenvollen Schmerzensschrei aus, als er urplötzlich von Leos Feuer in die Seite getroffen und binnen weniger Sekunden vollständig davon eingehüllt wurde.
    Jaulend wälzte er sich auf dem Boden und stand dann ein letztes Mal auf, bevor es ein Knallen gab, und eine weitere Kugel sein Auge zerfetzte und sich in seinen Schädel fraß.
    Ganz langsam kippte das brennende Monstrum schließlich um und löste sich dann langsam auf. In dem Moment, in dem es vollständig zu goldenem Staub zerfallen war, erlosch auch das Feuer.

„Großartig!“, durchbrach Aktations Stimme die Stille. „Dem Vieh haben wir es aber gegeben!“
    Nicht einen Moment lang teilte Knox die Euphorie des Jägers. Im Gegenteil, als er Celias Leichnam hinter ihm entdeckte, prügelten sich wieder Wut, Trauer, Ekel und Entsetzen an die Oberfläche.
    Der jungen Jägerin war der Bauch aufgerissen worden, ihre Eingeweide langen um sie herum verteilt, und einige wenige kokelten noch unverdaut an der Stelle vor sich hin, wo der Teumessische Fuchs soeben verendet war.
    Knox wollte Aktaion verfluchen, ihm die schlimmsten Morddrohungen an den Kopf werfen und diese dann in die Tat umsetzen. Aber er hatte wichtigeres zu tun.
    „Wo ist Alaina?“, fragte er nur tonlos.
    „Ah, richtig! Ihr habt mir geholfen, den Fuchs zu erledigen, und nun gebe ich euch eure Freundin zurück.“
    Er hob seine linke Hand, steckte seine Finger in den Mund und pfiff.

Etwa eine Minute später hörte Knox das Rauschen gewaltiger Flügel, und der Greif landete mitten im Tal. In seinen Klauen hielt er...
    „Alaina!“ rief Jane und rannte furchtlos auf das Monster zu.
    Dieses ließ Alaina tatsächlich los und trottete dann zu Aktaion. Stöhnend rappelte sie sich wieder auf und fand sich direkt danach in Janes Umarmung wieder. Knox ging zu ihnen und schloss sie dann seinerseits beide in die Arme.
    „Oh wie rührend!“, meinte Aktaion, während er dem Greifen unter dem Schnabel kraulte. „So, dann wären wir ja alle glücklich! Ich habe meinen toten Fuchs, ihr habe eure Freundin wieder, dann können wir nun alle unserer Wege gehen. Ihr seid damit offiziell frei und habt meine Erlaubnis, die Insel wieder zu verlassen! Nichts für ungut, aber ich hoffe, wir sehen uns nicht so schnell wieder.“
    „Das hoffst nicht nur du“, murmelte Jane.

Tatsächlich verschwanden sie alle mehr oder weniger friedlich ohne eine weitere, gewalttätige Auseinandersetzung. Die konnte nun niemand gebrauchen, egal, wie gern sie den Mistkerl jetzt in Stücke gerissen hätten.
    Selbst die Jägerinnen konnten es sich angesichts der Wichtigkeit ihrer Mission verkneifen, auf Aktaion zu schießen. Sie legten den Rückweg zur Landbrücke schweigend zurück und trauerten im Stillen um Celia, die sich für sie geopfert hatte.

...

Beim Betreten der Landbrücke kam Knox schon so ein mulmiges Gefühl, als ob hier gleich noch etwas Schlimmes passieren würde. Er wurde den Gedanken nicht los, dass Aktaion sie verfolgen und die verhassten Jägerinnen doch noch töten würde. Und den Rest von ihnen gleich mit. An diesem Ort stellten sie ein hervorragendes Ziel für den Greifen dar, oder auch für Aktaion und sein Gewehr, sollte er auf dem Monster reiten. Der Sage nach war er von Chiron ausgebildet worden und ein ausgezeichneter Schütze, was sie bereits selbst miterleben durften. Knox vermutete, dass sie ihm hier hilflos ausgeliefert wären.
    Seine Vermutung, dass noch etwas Schlimmes passieren würde, bewahrheitete sich. Sie hatten das Festland schon fast erreicht, und Knox konnte bereits das Glitzern von Festus‘ bronzener Haut im Mondlicht sehen.
    Über sich hörte er das Geräusch von schlagenden Flügeln, und eine Gestalt landete direkt vor ihm auf der Landbrücke. Als sie sich erhob und ihn ansah, erkannte er, dass es nicht Aktaion war.
    „Wir sind noch nicht fertig miteinander!“, sagte Raven, während sie ihre sichelartige Waffe, deren schwarze Klinge im Mondlicht glänzte, auf Knox richtete.
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