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War of Olympus

Kurzbeschreibung
CrossoverAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Hekate Leo Valdez Nico di Angelo OC (Own Character) Thanatos
30.01.2016
05.06.2023
90
254.834
12
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30.01.2016 3.128
 
Kapitel II - Der Neue


Jane betrat die Arena. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Knox hier finden würde, da er einen Großteil seiner Freizeit hier verbrachte. Durch den aufwirbelnden Staub, der es einem erschwerte, hier nach jemandem zu suchen, und den Lärm, der durch die Übungskämpfe und die Schreie der Camper entstand, herrschte hier eine ziemlich aggressive und energiegeladene Atmosphäre.
    Jane begann damit, die Arena nach Knox zu durchsuchen, und brauchte glücklicherweise auch nicht lange, bis sie ihn gefunden hatte. Er war in ein Duell mit seiner Halbschwester Clarisse la Rue verwickelt, dem einzigen Kind des Ares, das noch länger hier im Camp war, als er. Vermutlich war das der Hauptgrund, warum sie die Anführerin der Ares-Hütte war, denn im Kampf waren die beiden sich relativ ebenbürtig.
    Jane ging an den Rand der Arena, um den anderen nicht im Weg zu stehen und beobachtete den Kampf. Dieser könnte durchaus interessant werden, da sie beide zu den besten Kämpfern des Camps gehörten. Jane war ein wenig neidisch auf die beiden. Sie glaubte, dass ein solches Duell durchaus Spaß machen konnte. Da sie selbst aber ziemlich mies im Nahkampf war, hatte sie es nie wirklich versucht. Sie schob die Gedanken kurzerhand beiseite und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Kampf zwischen den beiden Kindern des Ares.
    Knox deckte Clarisse mit einem Hagel aus Axthieben ein, die diese mit ihrem Holzschild blockierte, der bei jedem Treffer splitterte.
    Er gönnte sich eine ungefähr dreisekündige Pause und holte dann zu einem besonders harten Schlag aus. Doch anstatt den Schild zu zerbrechen, wie Knox es vermutlich beabsichtigt hatte, blieb die Axt im Schild stecken.
    Clarisse nutzte den Überraschungsmoment, um ihm die Waffe aus der Hand zu reißen, und stach mit ihrem Speer nach ihm.
    Es gelang ihm jedoch, den Schaft des Speeres mit seiner linken Hand zu packen und ihn zu zerbrechen.
    Anschließend holte er mit der Faust aus, um ihr ins Gesicht zu schlagen. Sie taumelte ein paar Schritte zurück, was Knox genug Zeit gab, um seine Axt wieder aufzuheben. Den Schild, den seine Gegnerin vorher fallen gelassen hatte, zerbrach er dabei.
    Jetzt stürzte sich Clarisse auf ihn und riss ihn mit zu Boden. Nach einem kurzen Ringkampf zwang Knox Clarisse schließlich zu Boden und presste die Klinge seiner Axt gegen ihren Hals.
    Jane ging davon aus, dass der Kampf nun vorbei war, sprang auf und lief auf die beiden zu.
    „Hey, Holzfäller!“, rief sie Knox schon vom weitem zu.
    Knox blickte in ihre Richtung, ließ Clarisse schließlich wieder aufstehen und ging dann gemütlich auf Jane zu.
         Unter seinen Geschwistern wirkte er optisch wie ein kleines Kuriosum. Zwar war er wie die meisten anderen Sprösslinge des Kriegsgottes sehr hochgewachsen – vermutlich sogar insgesamt einer der größten Campbewohner – und kräftig, jedoch definierte er seine Kraft etwas anders. Gerade an seiner Größe gemessen war er nicht ganz so breit gebaut und zumindest auf den ersten Blick weniger muskelbepackt... was an seinen Essgewohnheiten liegen mochte. Während seine Geschwister nach dem, was er erzählte, und Jane beim Abendessen beobachtete, größtenteils strenge Diäten einhielten, aß er meist wie ein Scheunendrescher, infolgedessen er zwar dank des täglichen Trainings nicht wirklich dick wurde, aber doch merklich mehr Fettpolster vorzuweisen hatte – oft zur Belustigung seiner restlichen Hütte.
     Dass er als Oberteil lediglich eine offene, rotbraune, ärmellose Lederweste trug, machte allerdings unmissverständlich klar, wie es diesbezüglich um etwaige Schamgefühle seinerseits stand – zudem er seinen Geschwistern bezüglich Kampfgeschick und roher Körperkraft in nichts nachstand. Der Rest seiner Kleidung bestand aus einer grau-schwarzen Dreivierteltarnhose und geschnürten Sandalen. Rote, gewellte Haare reichten ihm bis zu den Schultern hinab und umrahmten ein sonnengebräuntes, lässiges Gesicht mit vereinzelten Sommersprossen.
    „Wie fandest du meinen glorreichen Sieg?“, fragte er.
    „Episch...“, meinte Jane sarkastisch und rollte mit den Augen.
    Sie fragte sich oft, warum er jeden einzelnen Sieg in einem Übungskampf als einen Grund zum Feiern sah.
    „Du wirkst so aufgeregt. Ist irgendwas passiert?“, fragte er nun.
    „Jup“, antwortete sie. „Rate mal, wer wieder hier ist!“
    Nun begann er zu grinsen.
    „Wo?“, fragte er.
    „Sie wollte...“
    Jane brach ab, als Knox einfach an ihr vorbeistürmte, direkt auf Alaina zu, die gerade die Arena betreten hatte, und sie per Umarmung begrüßte. Sie rollte mit den Augen und folgte ihm mit einem Kichern.
     „Schön, dich wiederzusehen, Knox... ich sehe, dein Appetit ist nach wie vor ungebrochen!“, sagte Alaina schmunzelnd und klopfte mit der flachen Hand auf seinen leicht, aber deutlich hervortretenden Bauch. „Da mache ich mir doch glatt Sorgen, dass du die 32 Eier vom letzten Sommer mittlerweile getoppt haben könntest, ohne dass ich dabei war!“
     Er kratzte sich am Kopf. „Nun... ich habe mich noch nicht getraut, es auszuprobieren. Will hat gedroht, mir den Magen auszupumpen, wenn ich sowas nochmal mache, und das dürfte noch... unschöner werden als die Bauchschmerzen letztes Mal.“
     Jane kicherte. „Clarisse hat sich am nächsten Morgen lautstark beim Frühstück beschwert, dass sie nicht schlafen konnte, weil du die ganze Nacht gejammert hättest, wie ein kleines Mädchen!“
     Er wurde rot. „Stimmt... da war ja was...“

     Alaina wollte zunächst ein wenig trainieren, um sicherzustellen, dass ihre Fähigkeiten im Messerwerfen nicht zu sehr eingerostet waren. Daher ging sie zu den Holzpuppen, die als Ziele aufgestellt waren und ging auf zehn Meter Abstand.
    „Keine Sorge“, tröstete sie Jane. „Wir haben in den nächsten sechs Wochen schon noch genug Zeit, um eine Menge tolle Sachen zu machen. Aber wo wir schon einmal hier sind... Wie steht es eigentlich um dich und deinen Bogen?“
    „Das wirst du gleich sehen!“, meinte Jane grinsend.
    Wenn sie schon unbedingt trainieren wollte, würde Jane ihr beweisen, dass sie mit ihrem Bogen immer noch besser zielte als sie mit ihren Wurfmessern. Sie legte einen Pfeil auf die Sehne und spannte ihren Bogen. Während sie am Pfeil entlangschielte, visierte sie den Kopf an. Dann ließ sie den Pfeil los.
    „Volltreffeeeeeeeeeeer!“, jubelte sie.
    Alaina, die mittlerweile ihr Messer gezückt hatte, holte aus und warf ebenfalls. Allerdings traf sie die Puppe nur in die Schulter.
    „Bin wohl ein bisschen aus der Übung“, murmelte sie entschuldigend.
    Dann brachen sie alle drei in lautes Gelächter aus.
    „Ein bisschen aus der Übung?“, meinte Knox immer noch lachend. „Du triffst eine Puppe auf zehn Meter Entfernung nicht und nennst es „ein bisschen aus der Übung.““
    „Ich habe sie getroffen!“, widersprach Alaina, wobei sie verzweifelt versuchte, ernst zu klingen. „Nur nicht da, wo ich wollte.“
    „Vielleicht solltest du wirklich deine Fähigkeiten wieder aufbessern, wenn wir morgen Abend „Eroberung der Flagge“ spielen“, kommentierte Jane.
    „Was glaubst du wohl, warum es mir so wichtig war, als erstes zu trainieren?“, fragte Alaina sie.
    Sie verstand sofort, dass es eine rhetorische Frage war.
    „Das war es also, was Knox dir eben erzählt hat“, schlussfolgerte sie.
    „Äh, nein“, antwortete Alaina. „Knox hat mich einfach nur begrüßt.“
    Sie sah kurz zu Knox, der Jane bestätigend zunickte und wandte sich dann auch wieder an sie.
    „Das mit der Flagge hat Chiron mir eben erzählt.“
    Plötzlich fiel Jane ein, dass sie eigentlich noch eine Verabredung mit Travis und Connor hatte.
    „Leute, ich hab noch was vor. Stört's euch, wenn ich euch hier alleine lasse?“, fragte sie.
    „Nein, nein, geh nur“, sagte Alaina.
    Jane atmete erleichtert auf, dass es sie anscheinend nicht störte und verließ die Arena. Sie nahm Kurs auf die Hermes-Hütte, wo sie sich mit den beiden Chaoten treffen wollte.

„Du bist spät!“, sagte Travis, wobei er sich Mühe gab, wie ein strenger Lehrer zu klingen, der einen ungezogenen Schüler ausschimpfte.
    „Sorry!“, meinte Jane. „Ich hab nur meine Freundin begrüßt. Sie kommt immer in den Ferien.“
    Die beiden Brüder sahen sich ratlos an. Da fiel Jane ein, dass Alaina sonst eigentlich fast niemand persönlich kannte, was sie irgendwie seltsam fand, da sie selbst und Knox eigentlich im ganzen Camp bekannt waren.
    „Also“, sagte Connor nun. „Wir haben etwas lustiges hergestellt. Aber...“, er tauschte einen verschwörerischen Blick mit seinem Bruder, „wir trauen uns nicht, es selbst zu testen.“
    „Und deshalb soll ich stattdessen mein Leben riskieren“, schlussfolgerte Jane.
    „Du hast es erfasst“, sagte Travis nickend.
    Anschließend holte er einen kleinen Gegenstand aus seiner Tasche.
    „Das hier ist eine Kapsel mit Lachgas“, erklärte er. „Wir wollen, dass du sie unbemerkt in die Areshütte bringst. Ich bin mir sicher, es wird ihnen gut tun, mal zu lachen!“
    „Ich habe schon eine Idee...“, sagte Jane. „Wir binden die Kapsel an einen Pfeil, und dann...“
    „Genau das haben wir uns auch gedacht“, unterbrach Connor sie. „Pass auf!“
    Er nahm seinem Bruder die Kapsel aus der Hand und zeigte sie ihr genauer.
    „Siehst du den Knopf hier? Wenn du den drückst, dauert es zehn Sekunden, bevor das Gas austritt.“
    Jane grinste. „Ich habe verstanden!“

Jane hockte in einem Baum und beobachtete die Ares-Hütte. Wenn sie von hier aus schoss, würde niemand herausfinden, woher der Pfeil gekommen war. Sie nahm nun den Pfeil mit der befestigten Kapsel und drückte den Knopf.
    Dann beeilte sie sich, den Pfeil anzulegen und den Eingang der Hütte ins Visier zu nehmen. Als sie sich sicher war, dass der Winkel stimmte, ließ sie die Sehne ihres Bogens los.
    Kurz nachdem der Pfeil in der Hütte gelandet war, hörte man plötzlich lautes Gelächter.
    Jane kicherte leise und kletterte wieder nach unten. Dann lief sie auf die Ares-Hütte zu, um sich das Spektakel anzusehen.
    „Das scheinst du ja wirklich witzig zu finden“, sagte eine scharfe Stimme hinter ihr.
    Erschrocken fuhr Jane herum. Vor ihr stand ein Mädchen in schwarzen Lederklamotten und mit kurzen blonden Haaren. Und einem äußerst aggressiven Gesichtsausdruck.
    Bitte nicht die..., dachte sie sich.
    Nova Paine war im ganzen Camp gefürchtet, da sie zu außerst blutigen Gewaltausbrüchen neigte. Sie wurde SEHR schnell aggressiv und schreckte auch nicht davor zurück, andere ernsthaft zu verletzen. Zwar war sie schon mehrfach von Chiron ermahnt worden, hatte sich jedoch nie besonders lange daran gehalten.
    „Hast wohl gedacht, dich würde dort oben niemand bemerken, wie du mit irgendetwas auf die Ares-Hütte schießt, nicht wahr? Hört sich nach Lachgas an. Lass mich raten, die Stolls haben dich dazu angestiftet.“
    Das war eine weitere unangenehme Eigenschaft von Nova. Sie durchschaute fast jede Lüge.
    „Hey, lass sie in Ruhe!“, sagte eine Stimme hinter Jane.
    Sie war unglaublich erleichtert, als Knox sich im nächsten Moment zu ihr gesellte.
    „Ich wollte gerade gehen“, sagte Nova mit eiskalter Stimme.
    Glücklicherweise tat sie es wirklich. Knox war einer der wenigen, die keine Angst vor ihr hatten.
    Jane atmete erleichtert aus. Verglichen mit Nova kam ihr selbst Clarisse wie ein Schoßhündchen vor.
    „Geht es dir gut?“, fragte Knox sie nun.
    „Ja... Danke“, antwortete sie immer noch mit zittriger Stimme.
    Beim Anblick der Ares-Camper, die verzweifelt versuchten, wütend auszusehen, konnte sie jedoch nicht anders als wieder mitzulachen.

...

Beim Abendessen saß Jane neben Travis und Connor. Vom Ares-Tisch hörte man immer noch vereinzelt jemanden lachen.
    „Zu genial von euch, diese Idee!“, raunte sie den beiden zu.
    „Genau wie deine brillante Ausführung!“, meinte Travis anerkennend.
    „Habt ihr gesehen, wie sie wütend geworden sind, aber trotzdem nicht aufhören KONNTEN, zu lachen?“, fragte Connor. „Ach nee, das war so geil, davon werd ich auch in zwanzig Jahren noch Lachkrämpfe kriegen.“
     Langsam wurde es leiser im Pavillon, als bis auf die Stoll-Brüder jeder die Schritte zu hören begann, die sich in der Dunkelheit über das Gras auf die Camper zubewegten. Jane stieß Connor mit dem Ellenbogen an und deutete auf die Richtung, aus der es zu hören war.
     Eine Gestalt trat aus der Dunkelheit in den Schein der Fackeln, gekleidet in einen altertümlich wirkenden, bis zu den Oberschenkeln reichenden, schwarzen Stoffmantel, der mit einem Seil um die Taille festgebunden war, und eine im Kontrast dazu beinahe verstörend modern wirkende, ebenso schwarze Arbeitshose sowie abgewetzte Lederschuhe. Das hagere, beinahe knochenbleiche Gesicht des jungen Mannes wurde eingerahmt von knapp schulterlangen, gelockten, schwarzen Haaren, die teils zu einem voluminösen Zopf zurückgebunden waren, was in Jane die vage Assoziation eines sich in die Gegenwart verirrten Samurais weckte.
     „Einen guten Abend, Halbgötter... nehme ich jedenfalls an“, sagte er leise, aber dennoch gut hörbar und ließ seinen Blick über die versammelten Campbewohner schweifen.
     Als seine dunklen Augen kurzen Blickkontakt zu Jane hielten, fühlte es sich beinahe so an, als würde er direkt in ihr Inneres blicken können... fasziniert starrte sie ihn an, ehe er sich dem nächsten Halbblut zuwandte.
     Vermutlich aufmerksam geworden durch die für ein Camp voller hyperaktiver Demigottheiten widernatürliche Stille trabte Chiron in den Pavillon, blieb wenige Schritte vor dem Neuankömmling stehen und musterte ihn ruhig.
     Dann bot er ihm die Hand an. „Willkommen im Camp Half-Blood, junger Wanderer. Ich bin Chiron, zweiter Campleiter und langjähriger Trainer diverser Heroen. Wenn es Zuflucht vor den Monstern ist, die du suchst, dann ist hier ein Platz für dich.“
     Der junge Halbgott schüttelte die Hand des Zentauren und nickte. „Mein Name ist Morton Deader. Ich glaube, ein paar erholsame, monsterfreie Tage wären zur Abwechslung ganz angenehm...“

Wenige Minuten später kehrte Chiron mit Morton zurück – er hatte ihn mit ins Haupthaus genommen, um ihm die Grundlagen über das Camp zu erklären – und sagte etwas zu ihm, das Jane aber nicht verstand. Der Neuankömmling nickte, kam herüber zum Hermes-Tisch und setzte sich ganz an den Rand, wobei er seinen Sitznachbarn einen kühlen, forschenden Blick zuwarf. Beinahe augenblicklich rutschten sie alle ein deutliches Stück von ihm weg; es wurde deutlich enger dort, wo sie saßen.
     Jane, die längst aufgegessen hatte, stand auf und warf den Stolls einen schelmischen Blick zu. „Ich gehe mich dann mal vorstellen...“
     Sie ging herüber zu Morton, wo gerade mehr als nur ein Platz freigeworden war und setzte sich direkt neben ihn.
     Seinen reservierten, aber scheinbar auch etwas überraschten Blick beantwortete sie nur mit einem Lächeln. „Tag auch... oder eher Abend! Ich bin Jane! Ist immer schön, wieder ein neues Gesicht zu sehen!“
     Seine zuvor noch sehr angespannte Körperhaltung lockerte sich ein wenig. „In diesem Fall bin ich nochmal Morton. Ich nehme mal an, ihr habt etwas an diesem Lager, das die Monster vom Betreten abhält?“
     Ihr Lächeln wurde noch breiter. „Also einer von der neugierigen Sorte, ja? Das goldene Vlies, das du beim Betreten sicher gesehen hast – du MUSST es gesehen haben –, und Thalias Fichte, der Baum, an dem es hängt, halten eine magische Barriere um das Camp. Also keine Monster hier drinnen! Toll, oder?“
     Er nickte langsam. „Sehr praktisch, in der Tat...“ Seine Stimme war kühl und beinahe frei von Emotion.
     Sie beugte sich ein Stück vor und sah ihm direkt in die Augen. „Ich bin dran! Wer bist du, und wie kommst du hierher? Vor allem: wie konntest du bis jetzt da draußen überleben?“
     Ganz langsam drehte er den Kopf zu ihr. „Ein bisschen viele Fragen auf einmal, findest du nicht? Aber gut. Da ich nicht denke, dass du nochmal nach meinem Namen fragst, lass es mich so ausdrücken: Ich bin ein Wanderer auf dieser unvorhersehbaren Welt der Götter und Ungeheuer und nie lange an einem Ort... gewöhnt euch nicht zu sehr an mich; in ein paar Tagen bin ich wieder weg. Zu deiner anderen Frage...“, seine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, als würde er lächeln wollen, „...ich hatte das Glück, von den richtigen Personen die richtigen Dinge zu lernen. Und anscheinend das Talent, sie angemessen anzuwenden.“
     Jane hatte nicht den Eindruck, als würde er näher darauf eingehen wollten, aber ihr Interesse hatte er auf alle Fälle... „Musstest du töten?“
     „Das eine oder andere Mal? Sicher.“
     „Auch Halbgötter?“
     Er dachte kurz nach und nickte dann.
     Etwas zaghafter fügte sie hinzu: „Sterbliche?“
     „Möglicherweise...“
     Sie entschied, das Thema zu wechseln: „Weißt du, wer dein göttliches Elternteil ist?“
     Er seufzte. „Und mich nennt sie neugierig... ist das in irgendeiner Weise von Belang?“
     „Vielleicht... interessiert es dich denn gar nicht?“
     „Sollte es?“
     Jane biss die Zähne zusammen. Das könnte eine anstrengende Konversation werden... aber auch eine lohnenswerte. „Hast du jemals... übernatürliche Fähigkeiten eingesetzt? Solche, die gewöhnlichen Menschen unmöglich sind oder absurd weit über ihren Grenzen liegen sollten?“
     „Ich kann nicht mit Blitzen oder Flammen um mich werfen, wenn du das meinst...“
     „Nichts, was dir besonders dabei geholfen hat, bis heute zu überleben?“
     „Also... ich habe eine Menge Erfahrung damit, meine Feinde zu überlisten, den Jäger zum Gejagten zu machen. Die Grundlagen, wenn man als Halbgott da draußen durchkommen will.“
     „Also möglicherweise ein Kind von Athene...“, spekulierte sie. „... aber du bist viel unterwegs; Hermes könnte es auch sein... hey, dann wäre ich ja deine Schwester!“
     Beim letzten Satz drehte er den Kopf ruckartig zu ihr herum, und seine Miene schien ein Stück finsterer geworden zu sein. Nervös schluckte Jane und rutschte unruhig auf ihrem Sitzplatz hin und her, wagte aber nicht, aufzustehen. Hatte sie etwas gesagt, das sie nicht hätte sagen sollen?
     Doch sein mutmaßlicher Zorn verschwand ebenso schnell, wie er aufgekommen war. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Letzten Endes irrelevant. Wer wir sind, und was wir können, bestimmen unsere Taten und Erfahrungen; nicht, wer unsere Eltern sind.“
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