Die Reise der Victory
von FullmoonShadow
Kurzbeschreibung
Gestrandet in den Weiten des Alls - die Victory sollte als Rettungsschiff fungieren und wird nun womöglich zur Todesfalle. Dr. William Winton wird zu früh aus seinem kryogenen Schlaf geholt, nur um festzustellen, dass die Victory vom Kurs abgekommen ist und nun ohne Antrieb im großen weiten Nichts treibt. Nun ist es an ihm, zu entscheiden, wer von den Tausenden anderen Passagieren aus den Kryo-Kammern geholt wird, um das eigentliche Ziel der Victory zu erreichen: die Rettung auf einen bewohnbaren Planeten. Denn Lebensmittel und Wasser reichen nicht ewig und einmal aus dem Schlaf erwacht, kann man nicht einfach wieder in die Kapsel steigen und die nächsten Hundert Jahre abwarten. [Aktuell in Überarbeitung, wird danach fortgesetzt. 16/08/2023]
MitmachgeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P16 / Gen
08.01.2016
16.07.2020
21
54.449
8
Alle Kapitel
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Dieses Kapitel
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22.11.2018
1.775
... und nun die Fortsetzung
Dr. Jones rieb nachdenklich mit den Fingern über ihre Lippen. Seit sie nicht mehr sprechen konnte, machte sie das häufiger, wenn sie über ein Problem grübelte. »Es gibt schon eine Möglichkeit, die mir einfallen würde«, begann sie langsam.
»Aber?«, hakte Skjelbred nach.
»Aber«, begann Jones und atmete tief durch. »Ich bin kein Fan davon. Wir müssten mithilfe der Elektroden an dem Kopf des Außerirdischen, mit welchen wir momentan die Gehirnwellen messen, elektrische Impulse senden, sodass das Gehirn stimuliert wird, aus der Meditation aufzuwachen.«
»Ah.« Verstehend zog Skjelbred eine Grimasse.
»Wo liegt das Problem?« Jensson trat auf die beiden Frauen zu. »Wenn wir es dadurch aufwecken können, sollten wir es versuchen.«
Jones sah ihn lange Zeit musternd an.
»Nein«, sagte sie schließlich. »Ich werde nicht in den Gehirnen von Lebewesen herumpfuschen. Nicht von einem Menschen und auch nicht von einem Außerirdischen.«
Jensson wollte zu einer Erwiderung ansetzen, als Skjelbred ihn unterbrach: »Wir wissen auch überhaupt nicht, wie das Gehirn dieses Wesens funktioniert. Im schlimmsten Fall richten wir mehr Schaden als Nutzen an.«
Missmutig verschränkte Jensson die Arme vor der Brust. Skjelbred hatte nicht unrecht, das musste er einsehen.
»Wie wäre es mit Ammoniak?« Die Anwesenden schauten Lee erstaunt an. Der Lieutenant sprach nicht oft und Skjelbred war sich nicht sicher, in den letzten Wochen die Stimme von Lee sonderlich häufig gehört zu haben. Ohne eine Miene zu verziehen sprach Lieutenant Lee weiter und konzentrierte sich darauf, nicht einen einzigen Blick zu Macek zu werfen. »Ich weiß, dass Riechampullen zur Angstbewältigung eingesetzt werden können, um jemanden wieder im Hier und Jetzt zu verankern. Vielleicht hilft das auch bei dem Wesen.«
Skjelbred war sich nun absolut sicher, gerade mehr von Lee gehört zu haben, als in der gesamten Zeit auf der Victory. Ob dieser Erkenntnis brauchte sie einen Moment, um das Gesagte zu verarbeiten. Ihre Augen wurden groß und ihre Augenbrauen wanderten höher Richtung Haaransatz. Aufgeregt wandte sie sich zu Jones um. »Das ist keine schlechte Idee. Das ist absolut keine schlechte Idee!«, rief sie aus. »Echsen haben oftmals einen stark ausgeprägten Geruchssinn. So wie wir dieses Wesen hier vor uns liegen sehen, hat es in Teilen große Ähnlichkeit zu den Echsen auf der Erde.«
Jones zuckte mit den Schultern. »Einen Versuch ist es definitiv wert.« Damit wandte sie sich um und ging in einen der hinteren Räume der Krankenstation, wo Medikamente, Chemikalien und dergleichen gelagert wurden. Als sie wiederkam hielt sie eine kleine, gläserne Ampulle in der Hand, in welcher eine farblose Flüssigkeit leicht hin und her schwappte. Sie ging zu der Kammer hinüber, dessen Temperatur sich konstant bei 25° Celsius hielt, und öffnete die Klappe am Kopfende. Wie auf einen stummen Befehl hin, hielten Jensson, Lowe und Lee ihre Handfeuerwaffen in den Händen und zielten auf die Kammer, während sich Jensson und Lowe langsam in Richtung Jones bewegten. Diese hielt das Theater offensichtlich für übertrieben und machte gar nicht erst die Anstalten, zu warten, bis die beiden Soldaten ihre Seiten erreicht hatten. Mit einer gekonnten Bewegung des Daumens ließ sie den Verschluss der Ampulle aufschnappen, hielt sich selbst eine Hand über Mund und Nase und steckte flugs die Hand in die Kammer. Vorbei an den geöffneten Augen des Außerirdischen und mit einem gewissen Abstand hielt sie das Ammoniak über die Nasenlöcher, welche den Nüstern von Pferden nicht unähnlich sahen.
Gespannt warteten die Umstehenden ab, was passieren würde. Vorsichtig beugte sich Macek näher zu Skjelbred und flüsterte: »Wieso sind eigentlich die Augen geöffnet? Es ist doch nicht bei Bewusstsein…«
Skjelbred freute sich insgeheim über die Neugierde des jungen Sergeants und erklärte ebenfalls flüsternd: »Einige Reptilien haben keine beweglichen Augenlider, wie Menschen sie beispielsweise haben. Bei einer Kältestarre bleiben die Augen daher geöffnet.« Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie Macek nickte und wandte sich dann wieder Jones, der Kammer und dem Außerirdischen zu.
Es dauerte herzzerreißende Augenblicke, bis sich das Wesen plötzlich in der beengten Kammer aufbäumte und mit einem kehligen, tiefen Ton Luft einsog. Flink zog Jones ihre Hand zurück, verschloss die Ampulle und trat dann einen Schritt zurück. Jensson und Lowe zielten mit ihren Waffen durch die geöffnete Klappe der Kammer direkt auf den Schädel des Wesens.
Skjelbreds Herz klopfte ihr im Hals und sie schluckte. Sie hatten es tatsächlich geschafft, sie hatten das Wesen aufgeweckt. Nicht nur, dass sie einem Außerirdischen begegnet waren, nun würden sie auch noch die Möglichkeit bekommen, mit ihm zu reden!
»Krankenstation an Captain Romanov.« Dr. Jones‘ Kugel hatte plötzlich zu sprechen begonnen, was nicht sonderlich zur Beruhigung von Skjelbreds Puls beitrug.
»Ich höre«, kam die prompte Antwort. Romanov klang etwas atemlos.
»Wir haben das Wesen erfolgreich aufgeweckt. Major Jensson und sein Team werden es gleich in eine der Isolationsräume bringen. Caron bereitet diesen gerade vor.«
»Das sind gute Neuigkeiten. Ich mache mich gleich auf den Weg zu Ihnen.«
Nachdem Lucy sich von Erics und Boris‘ Gefühlsausbrüchen erholt hatte, checkte sie die Monitore vor sich, auf welchen Statusmeldungen zur Funktionsweise und Effizienz des Filters aufploppten. Das Tippen ihrer Tastatur wurde dabei begleitet von dem leisen Surren des sich drehenden Sauerstofffilters.
»Oh«, stieß sie plötzlich aus und erregte damit Erics Aufmerksamkeit. Er schaut über ihre Schulter und wurde kreidebleich im Gesicht.
»Das ist jetzt nicht wahr!« Beinahe wäre er sich mit der Hand durchs Gesicht gefahren. Boris sah die beiden verwundert hat. »Sagt jetz‘ nich‘, wir ham’s nur noch schlimmer gemacht.«
Lucy schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte Eric. »Das zwar nicht, aber der Filter läuft nur auf knapp zwei Prozent seiner eigentlichen Leistung.«
Boris warf die Arme in die Luft, wobei ihm sein Cowboyhut vom Kopf rutschte und durch die Kordel um seinen Hals zwischen seinen Schultern hängen blieb. »Ich hab‘ alles richtig verkabelt! Hundertpro!«
»Das liegt nicht an dir«, versicherte Lucy leise. Nach einem genaueren Blick auf die Anzeigen und durchlaufenden Systemwerten stimmte Eric zu. »Das muss an dem veränderten Systemcode des Hackers liegen. Wir haben es geschafft, dass der Filter wieder läuft, aber nicht so, wie er eigentlich sollte.«
Boris beobachtete, wie Eric missmutig und Lucy nachdenklich auf den Bildschirm schauten. »Aber die Hauptsache is‘ doch, dass er geht, oder?«, durchbrach er nach einer Weile die Stille. Boris war sich darüber im Klaren, dass es nicht optimal war, wenn der Filter nur einen Bruchteil seiner eigentlichen Leistung abrief, aber immerhin hatten sie Luft! Immerhin arbeitete der Filter wieder und zog das Kohlendioxid aus der Luft. Sauerstoff wurde gleichzeitig wieder durch die Lüftung gepumpt. »Wir sind nur ein paar Leute, nicht mal annähernd so viele, wie wir eigentlich sein sollten. Der Filter tut seine Arbeit, das ist doch schon mal etwas. Damit kann man doch arbeiten.« Boris war so angespornt und motiviert durch die Lösung des Sauerstoff-Problems, dass er glatt seinen sonst eher zwanglosen und schnoddrigen Tonfall vergaß.
Eric und Lucy sahen ihn an. Lachend schaute Eric zu Boden und schüttelte den Kopf. »Ja, du hast ja Recht, Boris. Wir sind so konzentriert darauf, was nicht funktioniert, dass wir völlig übersehen, dass wir nicht in den nächsten Stunden ersticken werden.«
Zufrieden, etwas für Aufmunterung gesorgt zu haben, verschränkte Boris grinsend die Arme vor der Brust und nickte sich selbst bestätigend zu. Gut gemacht!
Eric sah ihn mit neu erwecktem Lebensmut in den Augen an, während Lucy zwischen den beiden hin und her sah und nichts von der stummen Konversation der beiden Ingenieure mitbekam. »Dann wollen wir die frohe Kunde mal verbreiten!« Eric griff an sein Headset. »Langdon an Brücke. Wir haben es geschafft. Der Filter funktioniert wieder!«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann: »Langdon, hier Romanov. Wiederholen Sie das. Es klang so, als hätten Sie gesagt, der Filter funktioniert?«
Bellend lachte Boris auf und Eric grinste schief. »Da haben Sie richtig gehört, Captain. Wir haben den Filter wieder in Gang gebracht.«
»Sie haben keine Ahnung, wie gut es tut, das zu hören!« Romanov klang deutlich erleichtert. Kein Wunder angesichts der guten Neuigkeiten.
»Die Sache hat allerdings einen Haken«, begann Eric etwas zögernd.
»Ich höre?« Romanov klang deutlich weniger erleichtert.
»Wir mussten die grundlegenden Systeme umgehen, neue Kabelverbindungen legen und ein neues Programm schreiben, damit der Filter wieder seine Arbeit aufnimmt. Zurzeit läuft er nur mit zwei Prozent seiner eigentlichen Leistung. Wie sich das auf die Besatzung auswirkt, können wir noch nicht sagen. Wir müssen dafür Simulationen anstellen, um sicher zu sein«, fasste Eric die Lage zusammen.
»Dann tun Sie das«, wies Romanov an. »Brauchen Sie Chester dafür?«, fügte er dann hinzu.
Die drei sahen sich verwundert an. Lucy runzelte die Stirn und sah ein wenig erschrocken aus. Sie wusste nie, wie sie Romanov einschätzen sollte und was er von ihr wollte, wenn er sie aus ernsten Augen ansah. Eric schwieg einen Moment, ehe er antwortete. »Worum geht es denn, Sir? Je mehr Leute wir sind, desto schneller kommen wir hier unten zu einer konkreten Einschätzung«, wich er der Frage aus.
»Dr. Jones und Dr. Skjelbred ist es gelungen, das Wesen aufzuwecken. Es hat ein Gerät bei sich, von dem wir nicht wissen, was es ist und wie es funktioniert. Chester soll es sich ansehen. Cael soll an den Logbüchern arbeiten und Winton wird bei der Befragung des Außerirdischen dabei sein.«
Eric sah Lucy weiterhin an und wiegte den Kopf hin und her. Lucy zuckte schließlich mit den Schultern.
»In Ordnung«, sagte Eric schließlich. »Ich schicke Sie zu Ihnen auf die Krankenstation.«
Romanov beendete das Gespräch, Boris und Eric öffneten die schwere Feuerschutztür und Lucy verschwand mit einem kleinen Winken in Richtung Transporter.
Nachworte:
Das war ein ganz schön langes Kapitel, deswegen habe ich es auf zwei Uploads aufgeteilt. Insgesamt über 4.000 Wörter sind zwar nice, aber ich konnte die kleine Schonfrist ganz gut gebrauchen. Ich arbeite bereits am nächsten Kapitel und habe das sogar beinahe fertig. Ihr dürft euch also freuen, dass es keine drölfzig tausend Monate dauert, bis es ein neues Kapitel gibt. :D
Allerdings gibt es dieses Mal endlich wieder eine Frage an euch alle. Und zwar:
Was soll mit dem Außerirdischen geschehen? Es wird noch ein paar Komplikationen geben, die habe ich bereits geplant. Aber viel eher würde mich interessieren, was ihr euch wünscht bzw. was ihr für vorstellbar haltet. Wird der Außerirdische gefangen gehalten? In Stasis verfrachtet? Versucht man, von ihm zu lernen? Wird er gar umgebracht, weil er eine potenzielle Gefahr darstellt?
Ihr dürft gerne einmal alles heraushauen, was euch so einfällt - gerne aber per Mail! Damit andere hier nicht gespoilert werden, ich möchte gerne sehen, ob sich was doppelt und dann in den kommenden Kapiteln abstimmen lassen. :)
Wie immer gilt das für alle Lesenden, nicht nur für diejenigen, die eine Figur in dieser Story haben.
Ansonsten hoffe ich, euch hat das Kapitel gefallen und mir bleibt nur zu sagen
Dr. Jones rieb nachdenklich mit den Fingern über ihre Lippen. Seit sie nicht mehr sprechen konnte, machte sie das häufiger, wenn sie über ein Problem grübelte. »Es gibt schon eine Möglichkeit, die mir einfallen würde«, begann sie langsam.
»Aber?«, hakte Skjelbred nach.
»Aber«, begann Jones und atmete tief durch. »Ich bin kein Fan davon. Wir müssten mithilfe der Elektroden an dem Kopf des Außerirdischen, mit welchen wir momentan die Gehirnwellen messen, elektrische Impulse senden, sodass das Gehirn stimuliert wird, aus der Meditation aufzuwachen.«
»Ah.« Verstehend zog Skjelbred eine Grimasse.
»Wo liegt das Problem?« Jensson trat auf die beiden Frauen zu. »Wenn wir es dadurch aufwecken können, sollten wir es versuchen.«
Jones sah ihn lange Zeit musternd an.
»Nein«, sagte sie schließlich. »Ich werde nicht in den Gehirnen von Lebewesen herumpfuschen. Nicht von einem Menschen und auch nicht von einem Außerirdischen.«
Jensson wollte zu einer Erwiderung ansetzen, als Skjelbred ihn unterbrach: »Wir wissen auch überhaupt nicht, wie das Gehirn dieses Wesens funktioniert. Im schlimmsten Fall richten wir mehr Schaden als Nutzen an.«
Missmutig verschränkte Jensson die Arme vor der Brust. Skjelbred hatte nicht unrecht, das musste er einsehen.
»Wie wäre es mit Ammoniak?« Die Anwesenden schauten Lee erstaunt an. Der Lieutenant sprach nicht oft und Skjelbred war sich nicht sicher, in den letzten Wochen die Stimme von Lee sonderlich häufig gehört zu haben. Ohne eine Miene zu verziehen sprach Lieutenant Lee weiter und konzentrierte sich darauf, nicht einen einzigen Blick zu Macek zu werfen. »Ich weiß, dass Riechampullen zur Angstbewältigung eingesetzt werden können, um jemanden wieder im Hier und Jetzt zu verankern. Vielleicht hilft das auch bei dem Wesen.«
Skjelbred war sich nun absolut sicher, gerade mehr von Lee gehört zu haben, als in der gesamten Zeit auf der Victory. Ob dieser Erkenntnis brauchte sie einen Moment, um das Gesagte zu verarbeiten. Ihre Augen wurden groß und ihre Augenbrauen wanderten höher Richtung Haaransatz. Aufgeregt wandte sie sich zu Jones um. »Das ist keine schlechte Idee. Das ist absolut keine schlechte Idee!«, rief sie aus. »Echsen haben oftmals einen stark ausgeprägten Geruchssinn. So wie wir dieses Wesen hier vor uns liegen sehen, hat es in Teilen große Ähnlichkeit zu den Echsen auf der Erde.«
Jones zuckte mit den Schultern. »Einen Versuch ist es definitiv wert.« Damit wandte sie sich um und ging in einen der hinteren Räume der Krankenstation, wo Medikamente, Chemikalien und dergleichen gelagert wurden. Als sie wiederkam hielt sie eine kleine, gläserne Ampulle in der Hand, in welcher eine farblose Flüssigkeit leicht hin und her schwappte. Sie ging zu der Kammer hinüber, dessen Temperatur sich konstant bei 25° Celsius hielt, und öffnete die Klappe am Kopfende. Wie auf einen stummen Befehl hin, hielten Jensson, Lowe und Lee ihre Handfeuerwaffen in den Händen und zielten auf die Kammer, während sich Jensson und Lowe langsam in Richtung Jones bewegten. Diese hielt das Theater offensichtlich für übertrieben und machte gar nicht erst die Anstalten, zu warten, bis die beiden Soldaten ihre Seiten erreicht hatten. Mit einer gekonnten Bewegung des Daumens ließ sie den Verschluss der Ampulle aufschnappen, hielt sich selbst eine Hand über Mund und Nase und steckte flugs die Hand in die Kammer. Vorbei an den geöffneten Augen des Außerirdischen und mit einem gewissen Abstand hielt sie das Ammoniak über die Nasenlöcher, welche den Nüstern von Pferden nicht unähnlich sahen.
Gespannt warteten die Umstehenden ab, was passieren würde. Vorsichtig beugte sich Macek näher zu Skjelbred und flüsterte: »Wieso sind eigentlich die Augen geöffnet? Es ist doch nicht bei Bewusstsein…«
Skjelbred freute sich insgeheim über die Neugierde des jungen Sergeants und erklärte ebenfalls flüsternd: »Einige Reptilien haben keine beweglichen Augenlider, wie Menschen sie beispielsweise haben. Bei einer Kältestarre bleiben die Augen daher geöffnet.« Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, wie Macek nickte und wandte sich dann wieder Jones, der Kammer und dem Außerirdischen zu.
Es dauerte herzzerreißende Augenblicke, bis sich das Wesen plötzlich in der beengten Kammer aufbäumte und mit einem kehligen, tiefen Ton Luft einsog. Flink zog Jones ihre Hand zurück, verschloss die Ampulle und trat dann einen Schritt zurück. Jensson und Lowe zielten mit ihren Waffen durch die geöffnete Klappe der Kammer direkt auf den Schädel des Wesens.
Skjelbreds Herz klopfte ihr im Hals und sie schluckte. Sie hatten es tatsächlich geschafft, sie hatten das Wesen aufgeweckt. Nicht nur, dass sie einem Außerirdischen begegnet waren, nun würden sie auch noch die Möglichkeit bekommen, mit ihm zu reden!
»Krankenstation an Captain Romanov.« Dr. Jones‘ Kugel hatte plötzlich zu sprechen begonnen, was nicht sonderlich zur Beruhigung von Skjelbreds Puls beitrug.
»Ich höre«, kam die prompte Antwort. Romanov klang etwas atemlos.
»Wir haben das Wesen erfolgreich aufgeweckt. Major Jensson und sein Team werden es gleich in eine der Isolationsräume bringen. Caron bereitet diesen gerade vor.«
»Das sind gute Neuigkeiten. Ich mache mich gleich auf den Weg zu Ihnen.«
♦
Nachdem Lucy sich von Erics und Boris‘ Gefühlsausbrüchen erholt hatte, checkte sie die Monitore vor sich, auf welchen Statusmeldungen zur Funktionsweise und Effizienz des Filters aufploppten. Das Tippen ihrer Tastatur wurde dabei begleitet von dem leisen Surren des sich drehenden Sauerstofffilters.
»Oh«, stieß sie plötzlich aus und erregte damit Erics Aufmerksamkeit. Er schaut über ihre Schulter und wurde kreidebleich im Gesicht.
»Das ist jetzt nicht wahr!« Beinahe wäre er sich mit der Hand durchs Gesicht gefahren. Boris sah die beiden verwundert hat. »Sagt jetz‘ nich‘, wir ham’s nur noch schlimmer gemacht.«
Lucy schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte Eric. »Das zwar nicht, aber der Filter läuft nur auf knapp zwei Prozent seiner eigentlichen Leistung.«
Boris warf die Arme in die Luft, wobei ihm sein Cowboyhut vom Kopf rutschte und durch die Kordel um seinen Hals zwischen seinen Schultern hängen blieb. »Ich hab‘ alles richtig verkabelt! Hundertpro!«
»Das liegt nicht an dir«, versicherte Lucy leise. Nach einem genaueren Blick auf die Anzeigen und durchlaufenden Systemwerten stimmte Eric zu. »Das muss an dem veränderten Systemcode des Hackers liegen. Wir haben es geschafft, dass der Filter wieder läuft, aber nicht so, wie er eigentlich sollte.«
Boris beobachtete, wie Eric missmutig und Lucy nachdenklich auf den Bildschirm schauten. »Aber die Hauptsache is‘ doch, dass er geht, oder?«, durchbrach er nach einer Weile die Stille. Boris war sich darüber im Klaren, dass es nicht optimal war, wenn der Filter nur einen Bruchteil seiner eigentlichen Leistung abrief, aber immerhin hatten sie Luft! Immerhin arbeitete der Filter wieder und zog das Kohlendioxid aus der Luft. Sauerstoff wurde gleichzeitig wieder durch die Lüftung gepumpt. »Wir sind nur ein paar Leute, nicht mal annähernd so viele, wie wir eigentlich sein sollten. Der Filter tut seine Arbeit, das ist doch schon mal etwas. Damit kann man doch arbeiten.« Boris war so angespornt und motiviert durch die Lösung des Sauerstoff-Problems, dass er glatt seinen sonst eher zwanglosen und schnoddrigen Tonfall vergaß.
Eric und Lucy sahen ihn an. Lachend schaute Eric zu Boden und schüttelte den Kopf. »Ja, du hast ja Recht, Boris. Wir sind so konzentriert darauf, was nicht funktioniert, dass wir völlig übersehen, dass wir nicht in den nächsten Stunden ersticken werden.«
Zufrieden, etwas für Aufmunterung gesorgt zu haben, verschränkte Boris grinsend die Arme vor der Brust und nickte sich selbst bestätigend zu. Gut gemacht!
Eric sah ihn mit neu erwecktem Lebensmut in den Augen an, während Lucy zwischen den beiden hin und her sah und nichts von der stummen Konversation der beiden Ingenieure mitbekam. »Dann wollen wir die frohe Kunde mal verbreiten!« Eric griff an sein Headset. »Langdon an Brücke. Wir haben es geschafft. Der Filter funktioniert wieder!«
Einen Augenblick lang herrschte Stille. Dann: »Langdon, hier Romanov. Wiederholen Sie das. Es klang so, als hätten Sie gesagt, der Filter funktioniert?«
Bellend lachte Boris auf und Eric grinste schief. »Da haben Sie richtig gehört, Captain. Wir haben den Filter wieder in Gang gebracht.«
»Sie haben keine Ahnung, wie gut es tut, das zu hören!« Romanov klang deutlich erleichtert. Kein Wunder angesichts der guten Neuigkeiten.
»Die Sache hat allerdings einen Haken«, begann Eric etwas zögernd.
»Ich höre?« Romanov klang deutlich weniger erleichtert.
»Wir mussten die grundlegenden Systeme umgehen, neue Kabelverbindungen legen und ein neues Programm schreiben, damit der Filter wieder seine Arbeit aufnimmt. Zurzeit läuft er nur mit zwei Prozent seiner eigentlichen Leistung. Wie sich das auf die Besatzung auswirkt, können wir noch nicht sagen. Wir müssen dafür Simulationen anstellen, um sicher zu sein«, fasste Eric die Lage zusammen.
»Dann tun Sie das«, wies Romanov an. »Brauchen Sie Chester dafür?«, fügte er dann hinzu.
Die drei sahen sich verwundert an. Lucy runzelte die Stirn und sah ein wenig erschrocken aus. Sie wusste nie, wie sie Romanov einschätzen sollte und was er von ihr wollte, wenn er sie aus ernsten Augen ansah. Eric schwieg einen Moment, ehe er antwortete. »Worum geht es denn, Sir? Je mehr Leute wir sind, desto schneller kommen wir hier unten zu einer konkreten Einschätzung«, wich er der Frage aus.
»Dr. Jones und Dr. Skjelbred ist es gelungen, das Wesen aufzuwecken. Es hat ein Gerät bei sich, von dem wir nicht wissen, was es ist und wie es funktioniert. Chester soll es sich ansehen. Cael soll an den Logbüchern arbeiten und Winton wird bei der Befragung des Außerirdischen dabei sein.«
Eric sah Lucy weiterhin an und wiegte den Kopf hin und her. Lucy zuckte schließlich mit den Schultern.
»In Ordnung«, sagte Eric schließlich. »Ich schicke Sie zu Ihnen auf die Krankenstation.«
Romanov beendete das Gespräch, Boris und Eric öffneten die schwere Feuerschutztür und Lucy verschwand mit einem kleinen Winken in Richtung Transporter.
Nachworte:
Das war ein ganz schön langes Kapitel, deswegen habe ich es auf zwei Uploads aufgeteilt. Insgesamt über 4.000 Wörter sind zwar nice, aber ich konnte die kleine Schonfrist ganz gut gebrauchen. Ich arbeite bereits am nächsten Kapitel und habe das sogar beinahe fertig. Ihr dürft euch also freuen, dass es keine drölfzig tausend Monate dauert, bis es ein neues Kapitel gibt. :D
Allerdings gibt es dieses Mal endlich wieder eine Frage an euch alle. Und zwar:
Was soll mit dem Außerirdischen geschehen? Es wird noch ein paar Komplikationen geben, die habe ich bereits geplant. Aber viel eher würde mich interessieren, was ihr euch wünscht bzw. was ihr für vorstellbar haltet. Wird der Außerirdische gefangen gehalten? In Stasis verfrachtet? Versucht man, von ihm zu lernen? Wird er gar umgebracht, weil er eine potenzielle Gefahr darstellt?
Ihr dürft gerne einmal alles heraushauen, was euch so einfällt - gerne aber per Mail! Damit andere hier nicht gespoilert werden, ich möchte gerne sehen, ob sich was doppelt und dann in den kommenden Kapiteln abstimmen lassen. :)
Wie immer gilt das für alle Lesenden, nicht nur für diejenigen, die eine Figur in dieser Story haben.
Ansonsten hoffe ich, euch hat das Kapitel gefallen und mir bleibt nur zu sagen
bis zum nächsten Kapitel!
Moony
Moony