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Die Reise der Victory

Kurzbeschreibung
MitmachgeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P16 / Gen
08.01.2016
16.07.2020
21
54.449
8
Alle Kapitel
72 Reviews
Dieses Kapitel
3 Reviews
 
21.10.2018 2.949
 
Kapitel: 12 / ???
Wörter: 2.664
Beta: - keiner - / Wer also Fehler findet, darf mich gerne darauf aufmerksam machen.
Anmeldung:  g e s c h l o s s e n !

Vorworte:
Naaaa, wer hat mich, die Victory und den lieben Óscar vermisst?
Hallo ihr Lieben! :D
Ich werde gar nicht erst irgendwelche ominösen Erklärungen für das monatelange Aussetzen der Story aus dem Ärmel ziehen - es ist eben wie es ist, meine Abschlussphase der Uni kam dazu (meine Bachelorarbeit habe ich vor ein paar Wochen erfolgreich abgegeben und nun suche ich einen Job - also eigentlich habe ich das vorher auch schon gemacht, aber mah, wir sind mal nicht kleinlich) und irgendwie habe ich mir nicht wirklich Zeit für Die Reise der Victory genommen, nehmen können, was auch immer.

Momentan läuft es schreibtechnisch wieder recht gut und ich werde mit dieser Story dieses Jahr wieder am NaNoWriMo im November teilnehmen, es dürfte also relativ gut weitergehen. Ich werde versuchen, so oft und regelmäßig wie möglich zu updaten, aber ich kann und werde echt nichts versprechen.

Nun gut, dieses Kapitel ist tatsächlich auch für die Besatzung ein gutes und es ergeben sich ein paar Sachen.
Sagt mir gerne, wie gut ihr euch die Figuren und die Umgebung vorstellen konntet. Ich muss selbst erst wieder ein bisschen rein finden und bin nicht ganz sicher, wie gut vorstellbar manche Beschreibungen sind.

Ansonsten bleibt mir wie immer nur, euch viel Spaß beim Lesen des Kapitels zu wünschen.
Schnappt euch einen alkoholfreien Space-Cocktail bei mir an der Bar und ab geht's!



Kapitel 12: Durchatmen…?


Im Jahre 2175 startete die Victory ihre Reise, der Untergang der Menschheit begann aller-dings schon viel früher. Schleichend und weniger apokalyptisch als viele es sich vorgestellt hätten gruben die Menschen nach und nach ihr eigenes Grab. Das ist doch alles nur pessimistisches Gerede , mag man nun rufen. Doch, es ist wahr. Zu spät wurden die Gefahren eines nahen Klimawandels beachtet. Zwar gab es bereits im 21. Jahrhundert Bemühungen und De-legierte der unterschiedlichsten Länder und Regionen trafen sich, um über fossile Rohstoffe und nachhaltigere Industrien und Lebensweisen zu diskutieren. Geredet wurde viel, getan wenig. In der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts gab es erste Bestrebungen, eine übergeordnete, globale Regierung zu bilden, da alsbald das Problem erkannt wurde: zu viele Länder brauten ihre eigene Suppe. Aber Luft, Wasser und Sonne kannten keine Landesgrenzen. Ver-pestete ein Land die Luft, weil sie nicht genügend auf Luftreinheit achteten, so hatte das Nachbarland ebenfalls Probleme mit ihrer Luft. Gleiches galt für Wasser und Licht. Die Sonne schien auf alle Länder gleichermaßen kräftig, unabhängig davon, welches Land versuchte, den Treibhauseffekt zu bekämpfen.
Es sollte allerdings noch einige Jahre dauern, bis tatsächlich eine globale Regierung gebildet wurde. Zu Beginn des nächsten Jahrhunderts, im Jahre 2103, war es endlich so weit: die erste Versammlung der
Administration of the United World fand in Denver, Colorado statt. Die Küstenstädte der Kontinente waren als erstes den ansteigenden Wasserpegeln zum Opfer gefallen. Die Menschen flüchteten sich in logischer Konsequenz ins Landesinnere und Ballungszentren sprossen aus dem Boden wie nie zuvor.
Die Vorbereitungen auf den Umbruch von nationalen auf eine globale, transnationale Regierung hatte es zwar gegeben, dennoch dauerte es einige Jahre, bis sich die Bevölkerungen daran gewöhnt hatten, nun keine eigenen Staatsoberhäupter im herkömmlichen Sinne mehr zu haben.
Danach war der Schritt nicht weit, nach und nach Behörden, welche es in nahezu in jedem Land gab, ebenfalls auf globaler Ebene zusammenzuschließen. 2128 gründete sich letztlich die
Global Space Administration, welche in den kommenden Jahren scherzhaft nur noch Space Agency genannt werden sollte. Ebenjene kümmerte sich nicht nur um die Raumfahrt rund um die Erde und den Mond, sondern in Absprache mit der World Administration erstmalig auch um ernsthafte Versuche, das restliche Sonnensystem möglicherweise zu besiedeln. Erkundet worden war es in den letzten Jahrzehnten zur Genüge, allerdings meist mit unbemannten Raumsonden, um thermische Beschaffenheiten und andere physikalische Faktoren der Planeten zu dokumentieren und zu beobachten. Die Leitung der Space Agency entschied letztlich aber, dass dies nicht genug sei. Es sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, für den Fall der Fälle die Erdbevölkerung in Teilen auf andere Planeten umzusiedeln. Was lange Zeit und in der Vergangenheit genug Stoff für Science-Fiction und Gute-Nacht-Geschichten gewesen war, sollte in Angriff genommen werden. Denn warum nicht, dachten sich die Mitglieder der ambitionierte Dreier-Spitze der Global Space Administration der Pionierzeit.

Versonnen hing Romanov mit den Gedanken den Anfängen der Raumfahrt nach, die sich erstmals über den Rand des bekannten Sonnensystems hinaus erstreckte, als er aus dem Fenster der Brücke schaute. Nicht zum ersten Mal wünschte er sich, einer der ersten gewesen zu sein, welche mit Forschungsdrang und Neugierde das Universum entdeckten. Zu der Zeit der ersten Raumfahrtmissionen in diesem Umfang war er allerdings noch viel zu jung gewesen. Als kleiner Junge hatte er sämtliche Zeitungsartikel und Bücher über diese Zeit gelesen, die er hatte finden können.
Besonders in der jetzigen Situation, hier am Rande des Universums auf der Victory, überkam ihn abermals dieser Wunsch in einer schmerzhaften Welle. Losfliegen, entdecken, zurück-kehren. Nicht losfliegen und hoffen, zu überleben. Er seufzte. Es hatte keinen Sinn, sich wie-der darüber den Kopf zu zerbrechen. Er zweifelte nicht an sich und seinen Fähigkeiten, es steckte schon etwas dahinter, wenn man ihn zum Kapitän des ersten Rettungs- und Evakuierungsschiff der Menschheit auserkoren hatte. Dennoch hätte er sich nie im Traum vorgestellt, dass diese Mission sich so halsbrecherisch darstellen würde: Sauerstoffknappheit, außerirdische Eindringlinge, bockige Besatzungsmitglieder, die meinten, seinen Job besser machen zu können als er selbst.
Schnaubend stieß er sich von der Scheibe ab und griff mit der Hand an sein Headset. »Skjelbred, Jones, bitte kommen.«



Skjelbred fuhr erschrocken zusammen und schaute von dem High-Tech-Mikroskop auf, durch welches sie geschaut hatte. Abwechselnd war ihr Blick zu dem Bildschirm gewandert, auf dem die Atem- und Pulsfrequenz des Außerirdischen zu sehen war und wieder zurück zu ihren Proben.
»Hier Skjelbred. Ich höre«, der letzte Teil klang eher nach einer Frage, als nach einer Ant-wort.
»Sind Sie schon weiter gekommen?«, wollte Romanov wissen. Skjelbred hätte beinahe angenommen, er klänge gelangweilt, doch in Anbetracht ihrer Lage würde wohl nur ein wort-wörtlich Geisteskranker ruhig und gelangweilt klingen.
»Nicht wirklich, Captain«, gab die Biologin zurück. »Dr. Jones wertet gerade die letzten Scan-Ergebnisse aus, während ich mir die molekulare Zellstruktur der Schuppen des Wesens an-schaue. Das ist eigentlich recht spannend, denn so wie es scheint sind die einzelnen-«
Romanovs leises Lachen unterbrach sie. »Auch wenn Ihre Ausführungen sicherlich sehr interessant sind, Doktor, befürchte ich, dass ich sie kaum verstehen werde. Wir verschieben die-sen Teil des Gesprächs besser um ein paar Tage, wenn ich Ihnen besser folgen kann.«
Bevor Skjelbred mit einem Schmunzeln antworten konnte, kam Dr. Jones in den Raum geeilt, gefolgt von ihrer Kugel, welche nicht auch nur annähernd so hektisch wirkte, wie die Ärztin. »Ich habe etwas gefunden.« Mit geweiteten Augen reichte sie Skjelbred einige Unterlagen, welche diese schnell durchschaute und mit ihren eigenen Analysen verglich. Dann hob sie den Blick und die beiden Frauen schienen sich wortlos auszutauschen.
Dann griff Skjelbred an ihr Ohr. »Captain, ich glaube, ich weiß, wie wir das Wesen aufwecken können. Geben Sie uns zwanzig Minuten, dann sollten Sie mit ihm sprechen können.«
»Das sind doch endlich mal gute Nachrichten«, rief Romanov erfreut aus, bevor er ernst hin-zufügte: »Sie haben zehn.«
Erstaunt schaute Skjelbred wieder zu der Ärztin, welche nur stumm lachte. »Typisch Romanov. Machen Sie sich nichts draus, Skjelbred. So ist er nun mal, Sie hätten ihn mal auf der Erde mit Will-, Winton erleben sollen.« Damit wandte sie sich ab, um Caron und Sternberg über ihre Ergebnisse zu informieren. Skjelbred griff nach ihrem Gehstock und ging zu Macek.



11:43 Uhr, noch knapp eine Stunde
Zum zweiten Mal an diesem Tag durchsuchten Jensson und sein Team die Victory. Sie setzten ihre Suche in dem Lagerraum fort, in dem sie das Wesen gefunden hatten. Um einiges vor-sichtiger und taktischer gingen sie dieses Mal vor. Natürlich hatte Jensson nicht zugelassen, dass sie zuvor gar schlampig arbeiten würden, aber mit dem Auffinden eines Eindringlings hatte sich ihr Verhalten verändert. Es wurde kein Wort gesprochen, sie kommunizierten lediglich über Handzeichen und Gesten. Es stand völlig außer Frage, dass sie sich aufteilten.
»Falls wir auf einen weiteren Außerirdischen treffen sollten und sollte dieser bei Bewusstsein sein, wird bei dem geringsten Anzeichen von aggressivem Verhalten geschossen. Nicht-letale Schüsse, Kopf und Rumpf vermeiden«, hatte Jensson angewiesen, während sie mit dem Transporter von der Krankenstation zu den Lagerräumen hinunter gefahren waren. »Die Sicherheit der Victory und der Besatzung hat höchste Priorität.« Lee und Lowe hatten simultan genickt und sich hinter ihrem Teamführer bereit gemacht.
Seitdem war eine halbe Stunde vergangen und sie hatten keine Anzeichen für einen weiteren Außerirdischen gefunden. Den Gedanken an die Sauerstoffknappheit ignorierten sie gekonnt. Sollten sie hier und jetzt sterben hätte sich das Problem der Eindringlinge ohnehin in Wohl-gefallen aufgelöst. Jensson verkniff sich ein bitteres Schnauben und führte das Dreier-Team durch den letzten Korridor auf die letzte Tür der Lagerräume zu. Es war nicht so leicht, sich hier unten zurecht zu finden. Auf die Größe eines Fußballfeldes hatte man beinahe vierzig Lagerräume gedrängt, welche in Form und Ausdehnung variierten: manche waren fast hallenähnlich, andere so klein, wie eine Besenkammer. Allerdings waren alle Kartons, Kisten und deren Inhalte systematisch geordnet und abgelegt worden. Leider blieb Jensson die Logik hinter diesem System unzugänglich. Für ihn sahen die Korridore alle gleich aus: grau, lang und trist. Wie der Rest der Victory. Mit Ausnahme der Aussichtsplattform über der Brücke und diese selbst. Die Quartiere waren halbwegs in Ordnung, aber sobald es an die Versorgungsräume und Lager ging, war eindeutig zu spüren, dass hier beim Bau der Victory mehr Wert auf Praktikabilität, als auf Ästhetik gelegt worden war. Lediglich anhand der Nummern über den Lagerräumen und den Korridoren konnte sich der Major orientieren.
Mit zwei langen Schritten ging er an der Tür zum letzten Lager vorbei – Nummer 36 – und bedeutete Lee, auf der anderen Seite stehen zu bleiben. Wie bei den letzten fünfunddreißig Räumen legte er eine Hand auf den Türscanner, Lee schritt durch die sich öffnende Tür. Ge-folgt von Lowe, welcher mit ihr gemeinsam jede Wand und jede Ecke checkte. Ein Tippen an das Funkgerät löste ein kurzes statisches Rauschen aus, was als Kennzeichen diente, dass der Raum gesichert und leer war. Zweimal tippen hätte bedeutet, dass es nicht stimmte. Jensson nahm sie auf dem Korridor wieder in Empfang und sie setzten sich lautlos in Bewegung Richtung Transporter, um die nächste Ebene abzusuchen.




Zwischenzeitlich im Versorgungstrakt…
»Ha!«, rief Lucy aus und schlug in ungewohnt energiegeladener Manier die rechte Faust in die linke Handfläche. »Ich hab’s!«
Boris war die letzten zehn Minuten, seit Skjelbred verschwunden war und sie die Feuerschutztür schließen sollten, unruhig auf und ab gelaufen, da er nichts weiter tun konnte, als Lucy ihre Arbeit machen zu lassen. Da er sonst immer an irgendwelchen kleinen oder großen Geräten herumschraubte oder sich anderweitig eine Beschäftigung suchte, machte ihn dieses Nichtstun über alle Maße unruhig und zappelig. Ihm war keine Alternative geblieben, daher hatte er beschlossen, auf und ab zu laufen, um wenigstens in Bewegung zu sein. Entgegen seiner Befürchtung, Lucy und Eric damit auf die Nerven zu gehen empfand erstere den Rhythmus von Boris‘ dumpfen Schritten auf dem metallenen Boden, welche durch die schweren Stiefel ausgelöst wurden, beruhigend und beinahe hypnotisch. Es hatte ihr ungemein geholfen, ihre Umwelt auszublenden und sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Eric hatte sowohl Lucy als auch Boris ignoriert und nach einer Weile die Augen geschlossen, während er seinen eigenen Gedanken nachhing.
Nun durchmaß Boris den Abstand mit zwei langen Schritten und beugte sich von der anderen Seite über das Kontrollpult, an welchem Lucy gesessen und stumm getippt hatte, und versuchte, auf einen der Bildschirme zu schauen. »Was is‘ passiert? Krieg‘n wir den Filter wie-der hin?«
Lucy nickte, einen Moment etwas überfordert, von Boris plötzlicher Nähe. Dann fing sie sich wieder. Die Freude, doch nicht einen qualvollen Erstickungstod sterben zu müssen, überwog. Selbst das stumme, zurückhaltende Mädchen war durch den Adrenalinausschuss aufgeputscht.
»Wir müssen einige Schaltkreise umgehen und neue Kabel verlegen, aber wenn du genau machst, was ich dir sage, sollte das machbar sein.«
»Ha, das wäre doch gelacht, wenn ich nicht ein paar Kabel verlegen könnte«, rief Boris aus, drehte sich auf dem Absatz um und klemmte sich seine Werkzeugkiste unter den Arm. Er trug wie immer seinen alten Cowboyhut und sah damit in seiner dunkelblauen Uniform ulkig und komisch aus. Lucy verkniff sich ein Schmunzeln.
»Auf der linken Seite des Filters hinter dem dritten Paneel müsstest du einen dicken Strang aus mehreren warmweiß leuchtenden Kabeln sehen.«
Boris setzte sich in Bewegung, noch während Lucy sprach und nahm das entsprechende Paneel ab. »Jo, seh‘ ich«, bestätigte er.
»Hinter dem dicken Strang liegen drei dünnere Kabel, eines davon leuchtet bläulich«, sprach Lucy weiter und hielt kurz inne. Nachdem Boris ihr dies bestätigt hatte, fuhr sie fort: »Das Kabel teilt sich nach circa anderthalb Metern auf, den oberen Teil musst du abklemmen. Achte aber darauf, dass der zweite Teil intakt bleibt. Dort fügst du ein neues Kabel ein.«
Boris machte sich an die Arbeit, während Lucy ihm haarklein erklärte, wo welches Kabel wie angeschlossen und welche Teile verbunden werden mussten. Da Boris alles andere als dilettantisch auf seinem Gebiet war, wusste er einige Male, worauf die junge Computerspezialistin hinaus wollte, bevor sie ihren Satz beendet hatte. Letztlich legte er sieben neue Kabel, welche teilweise an bestehende angeknüpft wurden oder neue Kabel miteinander verbanden. Da es sich bei diesen Kabeln nicht um gewöhnliche Stromkabel, wie sie mitunter auf der Erde genutzt wurden, handelte, sondern vielmehr um Versorgungsschläuche, welche von Strom über Sauerstoff bis hin zu Wasser und Abwasser alles transportierten, was in der Victory gebraucht und oder produziert wurde, musste genau darauf geachtet werden, die einzelnen Kabel nicht durcheinander zu bringen. Stromkabel neben Wasserschläuche zu legen war, gelinde gesagt, unklug. Daher dauerte es ein wenig, bis Boris geeignete Platzierungen für die Strom- und Netzwerkkabel gefunden hatte, welche letztlich mit dem Filter verbunden werden sollten.
Durch Lucys Jubel aufgeschreckt, hatte Eric sich von seinem Platz an der Wand erhoben und war ebenfalls zu der Kontrollstation in der Mitte des Raumes gegangen, von wo er Lucy über die Schulter gesehen hatte, während diese Boris Anweisungen gab. Eric konnte beobachten, wie ein Hinweis auf einem der Bildschirme grün aufleuchtete, als Boris das letzte neue Kabel mit dem Filter verbunden hatte – das hatte selbst ihn vor eine minimal kritische Herausforderung gestellt, da der Sauerstofffilter auf der Erde dahingehend extrem unflexibel konzipiert worden war: es ließen sich nicht einfach mal ein paar Kabel austauschen oder neu an-schließen.
Eric stellte erstaunt fest, dass Lucy in der letzten Stunde, in der sie mit ihnen hier im Versorgungstrakt gewesen war, scheinbar ein neues Kontrollprogramm für den Filter geschrieben haben musste. Ästhetisch und benutzerfreundlich war es bei Weitem nicht, aber zweckmäßig. Denn Lucy nickte erfreut, als Boris mit Schmiere in Gesicht und Haar unter dem Filter wieder aufgetaucht war und sie fragend ansah. Sie wandte sich dann an Eric: »Wir müssen gemeinsam einige neue Codes und Befehle eingeben, um die Subroutinen in Gang zu bringen, die im Filterprogramm für Notfälle hinterlegt sind.«
Erics Hoffnung schwand schlagartig. »Ich will dir nicht den Wind aus den Segeln nehmen, Kleine, aber das haben wir anfangs schon versucht. Der Filter funktionierte trotzdem nicht. Die Notfallprogramme wurden nicht ausgelöst.«
Lucy blieb standhaft und ließ sich nicht beirren. Sie lächelte vorsichtig. »Ich weiß, deswegen haben wir die Kabel umgeleitet, welche mit dem Rechner verbunden sind, sodass die Signale direkt an die Hauptplatine im Filter selbst gesendet werden und nicht umständlich über das Netzwerk. Ich habe das simuliert, es wird funktionieren«, fügte sie hinzu.
Was soll’s, wenn es nicht funktioniert, sind wir in ein paar Stunden eh alle tot, dachte Eric ungewohnt bitter. Die Situation eines drohenden Erstickungstodes machte ihm mehr zu schaffen, als er sich eingestehen wollte. Letztlich nickte er Lucy zu und zog sich einen Stuhl heran. Gemeinsam tippten sie in Windeseile auf die Tastaturen ein und hatten einige Minuten später mehrere andere Felder auf Lucys Bildschirm grün aufleuchten lassen.
»Gut, wir müssen unsere Zugangscodes eingeben. Dann sollte der Filter wieder seine Arbeit aufnehmen«, sagte Lucy und blickte die beiden Männer an. Boris hatte seine Hände und Arme so gut es ging von Schmierfett befreit und lehnte sich, auf seine Unterarme gestützt, an der Kontrollstation, in deren Mitte Eric und Lucy saßen. Diese warfen einander einen Blick zu, nickten und gaben synchron ihren jeweiligen Zugangscode ein.
Ein großes Feld auf Lucys Bildschirm tauchte auf, blickte einen Moment – und wurde letztlich grün.
Zwei ewig lange Herzschläge lang passierte nichts. Es herrschte absolute Stille, in der man nur Boris‘ schweres Atmen und ganz leise das Sirren der Computer hören konnte. Alle drei starrten über Boris‘ Schulter hinweg zu dem Filter hinüber und gerade als Eric ein „Und, passiert da noch was?“ loswerden wollte, setzte ein fast unhörbar leises Flattern ein, welches nach und nach lauter wurde.
Fassungslos starrten die drei die Maschine an. Der Filter drehte sich – unsagbar langsam – aber er drehte sich.
»Es hat funktioniert!«, rief Boris aus, der als Erster seine Sprache wiederfand.
Eric sprang auf und aufgrund mangelnder Alternativen schlang er die Arme um Lucy, drückte sie an sich und drehte sich einmal mit ihr um die eigene Achse. »Du bist ein Genie, Lucy Chester!«
Völlig überrumpelt und überfordert von diesem emotionalen Ausbruch des bisher recht ruhigen Ingenieurs, konnte Lucy sich nicht regen. Als Eric sie wieder abgesetzt hatte, landete eine große prankenartige Hand auf ihrem Kopf und wuschelte ihr durch die Haare. Boris grinste sie von einem Ohr zum anderen strahlend an. Sie würden leben und das hatten sie Lucy zu verdanken!
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