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Die Reise der Victory

Kurzbeschreibung
MitmachgeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P16 / Gen
08.01.2016
16.07.2020
21
54.449
8
Alle Kapitel
72 Reviews
Dieses Kapitel
4 Reviews
 
14.01.2018 3.372
 
Kapitel: 10 / ???
Wörter: 3.101
Beta: - keiner - / Wer also Fehler findet, darf mich gerne darauf aufmerksam machen.
Anmeldung:  g e s c h l o s s e n !


Vorworte:
Passend zur Prime-Time lade ich das dieswöchige Kapitel hoch, ist das nicht toll?
Damit erst einmal herzlich Willkommen zurück auf der Victory. Nun geht es auch endlich wieder inhaltlich weiter und ich darf verraten, dass es doch recht spannend wird. :) Mit der ersten Hälfte des Kapitels bin ich eher weniger zufrieden - dafür gefällt mir Jensson mit seinem Team dieses Mal wirklich gut. :D Ich hoffe, ihr habt viel Spaß beim Lesen, so langsam kommt es tatsächlich in Schwung. :D
Ich muss euch aber direkt ein wenig enttäuschen: nächste Woche wird es kein Kapitel geben, da ich von Freitag bis Dienstag in Flensburg bin, um beim Umzug von meinem Freund zu helfen. ''orz  Sorry, in zwei Wochen geht es dann aber weiter! Versprochen!




Kapitel 10: Dünne Luft

Gegen 9:30 Uhr, noch ca. 4 ½ Stunden
Nachdem er das Türprotokoll von dem Quartier, welches sich Lawliet Cael und Lucy Chester teilten, ausgewertet hatte, war Romanov zu den improvisierten Gefängnis-Quartieren zurückgekehrt. Lieutenant Lee öffnete auf seine Anweisung hin soeben die Tür, hinter der Lucy untergebracht war.
Das junge Mädchen sah scheu auf, als sich die Tür öffnete und der Captain im Türrahmen stehen blieb.
»Das Türprotokoll unterstützt deine Aussage, Lucy«, sagte er und winkte Lucy zu sich. »Ich möchte, dass du hinunter in den Versorgungstrakt zu Langdon und Wolkow gehst. Dr. Winton hatte angedeutet, dass die beiden deine Hilfe gebrauchen könnten.«
Skeptisch war Lucy aufgestanden und ging nun leicht verunsichert auf Romanov zu. So wirklich traute sie dem Braten noch nicht. Immerhin konnte es auch ein Test sein, um herauszufinden, ob sie nicht doch der Hacker war. Sollte sie es schaffen, mit den beiden Ingenieuren den Kohlenstofffilter wieder in Gang zu setzen, könnte dies negativ auf sie zurückfallen. Wer außer dem Hacker könnte das System sonst wiederherstellen?
Doch Romanovs Blick war warm und versichernd; Lucy musste in dieser Angelegenheit auf ihr Bauchgefühl vertrauen. Und dieses sagte ihr, dass sie dem brummeligen Captain trauen konnte. Ohne ein weiteres Wort huschte sie an ihm vorbei, nickte nur sachte mit dem Kopf und verschwand dann in Richtung der Transporter, um ein paar Ebenen hinunter zu fahren.
Der Captain sah ihr einen Augenblick lang nach, dann wandte er sich selbst in Richtung der Transporter und machte sich auf den Weg zur Messe. Es war an der Zeit, ein paar Fragen zu beantworten.
Auf dem kurzen Weg hatte er kaum Möglichkeit, sich einige Worte zurecht zu legen, daher betrat er schweigend die Messe, nachdem er Lieutenant Hayden Lowe und Sergeant Zofie Macek zugenickt hatte. Er bat sie ebenfalls hinein und so positionierten die zwei sich auf der Innenseite der Tür. Solange Jensson ihnen nicht ausdrücklich etwas gegenteiliges sagte, würden sie ihre Stellung halten.
Es kehrte augenblicklich Ruhe unter der Handvoll Anwesenden ein, als sie Romanovs Anwesenheit bemerkten. Die Blicke wandten sich ihm zu und die Gespräche verstummten. Man fragte sich, was nun geschehen würde.
Romanov trat an die nächstgelegene freie Tischgruppe heran und setzte sich. Er blieb noch immer ruhig, schien nachzudenken, wie er die Situation am besten anging. Er wirkte müde und alt, was nicht oft vorkam, in letzter Zeit aber leider zu oft.
»Ich möchte mich zunächst dafür bedanken, dass Sie alle ruhig und gesittet abgewartet haben, während wir versucht haben, eine Situation aus der Welt zu schaffen«, setzte er schließlich an und blickte in die Gesichter seiner Besatzung. »Es widerstrebte mir, Sie alle mehr oder weniger in Ungewissheit zu lassen. Aber glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass es notwendig war.« Er faltete die Hände auf dem Tisch und machte eine kurze Pause. »Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, wurden die Systeme der Victory gehackt. Die beiden Besatzungsmitglieder, deren Fähigkeiten für solch einen Angriff auf die Schiffssysteme ausreichen wurden befragt. Allem Anschein nach sind die beiden unschuldig. Der anfängliche Verdacht konnte nicht bestätigt werden«, fügte er noch einmal nachdrücklich hinzu und sah dabei ein weiteres Mal in die Runde, als wolle er sich vergewissern, keinerlei Zweifel auf den Gesichtern seiner Mannschaft zu hinterlassen.
»Wer waren die zwei?«, wollte Davis wissen.
»Lucy Chester und Lawliet Cael«, antwortete Romanov ruhig. »Dr. Winton, Major Jensson und ich haben die Befragungen durchgeführt und das Türprotokoll des Quartiers der beiden überprüft. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich einer der zwei während der Nacht nicht in ihrem Quartier aufgehalten hat.«
Davis nickte deutlich, sodass jedermann sehen konnte, dass er zufrieden mit der Antwort war. Nachdem Romanov ihn noch einen Augenblick ansah und sicherging, dass er für den Augenblick keine weitere Frage stellen wollte, setzte er wieder an: »Lucy ist nun auf dem Weg hinunter zum Versorgungstrakt, um Langdon und Wolkow dabei zu helfen, den Kohlenstofffilter wieder in Gang zu setzen.« Leises Gemurmel wurde hörbar, doch Romanov redete darüber hinweg. »Ich möchte ehrlich sein: Wenn es nicht gelingt, den Filter wieder in Betrieb zu nehmen haben wir noch circa vier Stunden Sauerstoff. Ich bin sehr positiv, dass die Lebenserhaltungssysteme rechtzeitig wieder hergestellt werden können. Falls Sie dennoch das Bedürfnis haben, einige letzte Worte zu formulieren, so soll Ihnen dies möglich sein.« Er hob in beschwichtigender Geste die Hände. »Ich möchte dennoch darum bitten, nicht in Panik zu geraten. « Zu Romanovs Überraschung blieb die Mannschaft seltsam gelassen; vielleicht hatten sie mittlerweile resigniert. Oder es waren zu viele Informationen auf einmal und es dauerte eine Weile, bis sie alles aufgenommen und verarbeitet hatten.

Dem Operationsassistenten von Dr. Jones entwich als erstes ein klagendes „Mon dieu!“ und er vergrub das Gesicht in den Händen, während er unverständlich schnell auf Französisch murmelte. Sternberg, der neben ihm saß, legte ihm fürsorglich eine Hand auf die Schulter. Die restliche Besatzung blieb still, während einige mitleidige Blicke Caron musterten.
Karel Láska war derjenige, der als nächstes zu sprechen begann. »Wie geht es jetzt weiter, Romanov? Wenn weder Chester noch Cael der Hacker ist, wer ist es dann?«
Romanov blickte ihn an und atmete tief durch. »Ich weiß es nicht. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, aber von den hier Anwesenden hat niemand das nötige Wissen, um die Systeme der Victory zu knacken. Dass wir gehackt wurden steht außer Frage«, fügte er hinzu, um Láskas unausgesprochene Frage zu beantworten. Der Tscheche nickte nur und kratzte seinen Dreitagebart.
»Die Sicherheitsprotokolle für den Fall einer Sabotage sehen eine Festsetzung der Crew und intensive Befragungen vor«, überlegte er laut und blickte dabei an Romanov vorbei. »Deswegen sind wir alle hier und deswegen interessiert sich der gute Davis «, er deutete mit dem Daumen über seine Schulter auf den jungen Brückenoffizier, »auch so sehr für die Vorkommnisse der letzten Zeit.«
Romanov lächelte und nickte, Davis hatte unterdessen die Schultern gestrafft. »Ganz recht, Láska. Jenssons Idee, Davis für die Informationsbeschaffung einzusetzen war sehr klug und ich unterstütze dies. Das heißt aber nicht, dass ich meine Mannschaft unter Generalverdacht setze. Ich wiederhole mich, aber ich bin der Meinung, dass weder einer der hier Anwesenden, noch Cael oder Chester, noch Jensson und sein Team etwas mit der Sabotage zu tun hat. Ganz zu schweigen von Wolkow und Langdon, die alle Hände voll damit zu tun haben, unsere Ärsche zu retten.«
»Aber es muss eine Erklärung dafür geben«, warf Nakashima ein, die sich zuvor leise im Hintergrund gehalten hatte. »Ihnen muss klar sein, dass dies keine Lösung ist, Romanov.«
Der ehemalige Kosmonaut sah die Stellvertreterin der Vereinten Welt eine ganze Weile ausdruckslos an. »Mir ist durchaus bewusst, in welcher Lage wir uns befinden, Nakashima. Wir alle haben uns nach und nach an den Gedanken gewöhnt, dass wir eine unbestimmte Zeit zusammen auf der Victory verbringen müssen. Jetzt erleben wir erneut eine unvorhergesehene Situation, die uns Probleme bereitet und mit der wir versuchen müssen, fertig zu werden. Mir ist durchaus bewusst, in welcher Lage wir uns befinden«, wiederholte er.
»Ich denke wir alle müssen uns mit einer bestimmten Frage auseinandersetzen«, setzte der Captain nach einer Pause wieder an. Láska nickte: »Ja. Wenn kein Mitglied der Crew für den Hack verantwortlich ist, wer oder was ist dann noch auf diesem Schiff?«
Es wurde für eine Sekunde still, dann begann das Tuscheln. Nakashima schnaubte ungläubig. »Sie scheinen zu viele alte Horrorfilme gesehen zu haben, Karel. Wollen Sie andeuten, außer uns wäre noch jemand an Bord? Da haben sie ganz recht. Die restlichen neunhundert Passagiere in Stasis, die sind ebenfalls an Bord.«
Bevor Láska etwas darauf erwidern konnte, mischte sich Romanov entschieden ein. »Meine Herrschaften, beruhigen wir uns bitte wieder. Natürlich werden wir dafür Sorge tragen, das Schiff zu durchsuchen und den Hacker ausfindig zu machen. Ich kam her, um Sie alle über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren und Sie weiterhin auf dem Laufenden zu halten.«
»Es würde Ihnen besser passen, wenn wir weiter’in ‘ier in der cafétéria bleiben, ‘abe isch das rischtisch verstanden?« Caron sah Romanov forschend an, dieser nickte. »Ganz recht. So sind nicht alle auf dem Schiff verstreut und Sie erfahren alle gleichermaßen, wenn sich etwas Neues ergibt. Ich werde nun zur Brücke zurückkehren und dort Jensson anweisen, mit seinem Team die Victory auf den Kopf zu stellen. Vielleicht ergibt sich dadurch etwas.«
Er erhob sich und wartete noch einen Augenblick, ob es noch weitere Fragen oder Anmerkungen gab. Als dies nicht der Fall war verabschiedete er sich und machte sich mit langen Schritten auf den Weg zur Brücke. Aber nicht, bevor er von Óscar abgefangen wurde. Der junge Brasilianer drückte ihm ein in Plastik verpacktes Sandwich und einen Apfel in die Hand. »Wann haben Sie denn das letzte Mal etwas gegessen, Captain?«, fragte Óscar und zog kritisch eine Augenbraue hoch, als Romanov das Essen dankend ablehnen wollte. Er würde wohl nicht mit heiler Haut aus der Messe verschwinden können, sollte er nicht das Sandwich annehmen. So seufzte er und klopfte dem jungen Mann väterlich auf die Schulter. Mit einem „Danke, mein Junge.“ und dem Essen in der Hand verschwand er.



10:00 Uhr, noch 4 Stunden
Auf der Brücke angelangt, wandte er sich direkt dem Major zu.
»Winton und ich gehen trotz Caels Verhalten und seinem Zustand nicht davon aus, dass er oder Lucy der Hacker ist. Das Türprotokoll bestätigt dies: gegen halb neun und neun wurde die Tür geöffnet, als beide zum Quartier zurückkehrten; danach nicht mehr.«
»Wenn es also keiner der beiden gewesen ist und von der restlichen Besatzung niemand das nötige Knowhow hat, dann muss es noch jemanden an Bord geben«, schlussfolgerte Ianson und kam damit auf den gleichen Gedanken, wie Láska zuvor in der Messe. Romanov nickte bedächtig. »Ja, es sieht ganz danach aus. Daher möchte ich, dass Sie und ihr Team das gesamte Schiff durchsuchen. Jede Ebene, jeden Raum, jeden noch so kleinen Winkel. Stellen Sie alles auf den Kopf, was nicht niet- und nagelfest ist.«
Jensson nahm eine aufrechtere Haltung an – sofern das überhaupt möglich war – und griff nickend zu seinem Funkgerät, um sein Team zu informieren. Bevor er aufbrechen konnte, hielt Romanov ihn noch kurz zurück. »Nehmen Sie speziell die Gebiete unter die Lupe, die von den Sensoren noch nicht abgedeckt werden konnten.«
»Jawohl, Sir.« Damit trat er auf den Korridor vor der Brücke. Nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, funkte er sein Team über ihre eigene Frequenz an.
»Lee, machen Sie sich auf den Weg zur Messe und treffen Sie sich dort mit Macek und Lowe. Wir durchsuchen die Victory. Anweisung von Romanov. Die oberste Ebene übernehme ich.«
»Verstanden«, kam die prompte Antwort. Auf der Brücke hatte er sich in den letzten zwei Stunden selbst aufgehalten, damit blieb nur die Aussichtsplattform über der Brücke übrig. Er stieg die kleine Treppe hinauf und nahm dabei die Handfeuerwaffe aus dem Holster an seinem rechten Oberschenkel.
Die Plattform lag leer und dunkel vor ihm. Indirektes Licht ließ die Umrisse der Kuppel erkennen, die Glasscheiben bestand und deren rautenförmige Einfassungen ein Wabenmuster ergaben. Hier hätte man sich die Sterne und den neuen Planeten anschauen können, wäre alles nach Plan gelaufen. Jensson hielt sich nicht mit diesem Gedanken auf, sondern lief gewissenhaft an der Wand entlang den gesamten Umfang der Plattform ab. Wie zu erwarten gewesen war, fand sich hier nichts. Er bezweifelte, ob in den letzten Wochen überhaupt schon einmal ein Crewmitglied hier oben gewesen war.
Danach machte er sich schnurstracks auf den Weg zur Messe. Auf der obersten Ebene gab es abgesehen von der Brücke und der Aussichtsplattform nichts. An der Messe sammelte er die anderen auf.
»Wir werden uns in einer Vierer-Formation fortbewegen. Macek, Sie sind mit mir vorne. Lowe und Lee, Sie bleiben hinter uns.«
Lee und Macek nickten simultan, Lowe überlegte. »Wäre es nicht sinnvoll, wenn wir uns aufteilen? So können wir schneller mehr Räume absuchen.«
»Nein. Wir bleiben zusammen«, entschied Jensson. »Ich denke, das ist besser so.«
Ohne eine weitere Erklärung setzte er sich in Bewegung und erwartete, dass die anderen ihm folgten. Sie bewegten sich als kompakte Einheit durch die Gänge, in vorsichtig gebeugter Haltung und die Waffen am Körper nach unten ausgestreckt. Sie hielten sie nicht im Anschlag, waren aber jederzeit bereit, zu reagieren. Systematisch durchkämmten sie jeden Korridor. Bei jeder Tür positionierten sich Jensson und Macek davor, während Lee die Türsteuerung betätigte und Lowe den Raum absicherte. Dann ging es weiter. Zwanzig Minuten, die Krankenstation und etliche Labore mit den dazugehörigen Nebenräumen später kamen sie an den Transportern an. Jensson aktivierte das Intercom.
»Jensson an Brücke.«
»Hier Romanov. Brücke hört.«
»Ebene 2 ist durchsucht und gesichert. Keine Hinweise oder Zwischenfälle. Durchsuchen jetzt Ebene 3.«
»Verstanden.«
Damit war die Leitung wieder still und die vier Soldaten stiegen in den Transporter. Die dritte Ebene wurde nach der selben Vorgehensweise durchsucht. Jensson war der Ernst der Lage durchaus bewusst, dennoch stimmte es ihn insgeheim zufrieden, dass sie so die Gelegenheit zu etwas Training bekamen. In den letzten Wochen gab es allen voran für ihn und sein Team nichts zu tun. Die Ingenieure konnten sich mit den ‚Kinderkrankheiten‘ der Victory beschäftigen; Romanov, Nakashima und Láska beratschlagten das weitere Vorgehen und inwiefern dies mit den Protokollen von Mission Control übereinkam und selbst Óscar und die schweigsame Ester Travieso hatten mit der Versorgung der Besatzung eine Aufgabe. Jensson und sein Team schauten seit geschlagenen drei Wochen ins Leere, da kam diese Abwechslung gerade recht.
Dem Major war es auf der Erde besonders wichtig gewesen, dass sie sich untereinander Respekt entgegenbrachten und einander vertrauen konnten. Sie waren ein Team und abgesehen von Befehlen, die befolgt werden mussten, interessierte ihn die Hierarchie wenig. Er trug die Verantwortung für jeden von ihnen und war im Fall der Fälle derjenige, der den Tod eines Teammitglieds vor dem Captain und Mission Control rechtfertigen musste. Was jeder von ihnen außerhalb des Dienstes tat oder wie er sich benahm war für Jensson irrelevant. Für ihn zählte nur, wie sie sich hier verhielten, ob sie sich gegenseitig den Rücken deckten und aufeinander verlassen konnten.
In den Trainingseinheiten auf der Erde waren Durchsuchungen und Aufklärungsmissionen wie diese hier Hauptbestandteil gewesen. Die grimmige Zufriedenheit darüber, wie gut sie das Gelernte nun umsetzten verschob er in einen hinteren Teil seines Gehirns. Sie mussten sich voll und ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

Nach jeder Ebene, die sie erfolgreich durchsucht hatten, funkte Jensson die Brücke an und teilte Romanov mit, was sie gefunden hatten. Oder besser, dass sie nichts gefunden hatten. Seit er die Brücke verlassen hatte war nun etwas mehr als eine Stunde vergangen und Romanov wartete gerade darauf, dass sich Jensson nach der Durchsuchung der Kyro-Hallen meldete. Den Sicherheitschef hatte Romanov zur Messe zurückgeschickt, kurz nachdem Jensson die Brücke verlassen hatte. Die Hallen lagen auf der Zwischenebene 3.1, welche zwischen der Ebene Drei und der Ebene Vier lag und waren relativ groß, weshalb es länger dauerte, festzustellen, wie viele Kapseln geöffnet wurden.
Vorwurfsvoll lag das Sandwich noch immer unangetastet auf einer der Kontrollkonsolen herum. Er griff danach und packte es aus. Während er darauf herumkaute – und verwundert feststellte, dass es erstaunlich gut schmeckte und er doch sehr hungrig gewesen war – kamen ihm Chester und Cael noch einmal in den Sinn. Sein Bauchgefühl sagte ihm zwar, dass beide unschuldig waren, dennoch würde er zu Cael weitere Nachforschungen anstellen und Dr. Jones damit beauftragen, sich des jungen Ingenieurs anzunehmen. Kauend checkte er zum x-ten Mal die Logdaten der Kryo-Kammern, nur um festzustellen, dass noch immer 21 Kammern als vakant und die restlichen 979 Kammern als belegt angezeigt wurden.
Gerade als er in den Apfel beißen wollte, teilte Jensson ihm über das Intercom mit, dass die Hallen durchsucht waren, sie nichts Außergewöhnliches feststellen konnten und sich nun auf den Weg zur untersten Ebene machten.
Einen Apfel später – Romanov knabberte gerade das restliche Fruchtfleisch vom Griebs – durchschnitt Jenssons gepresste Stimme die Stille.
»Jensson an Brücke. Hier stimmt etwas nicht. Bitte um Funkstille.«
Daraufhin versank die Brücke wieder in Stille und Romanov wippte nervös mit einem Fuß. Er hielt sich davon ab, Jensson doch anzufunken, immerhin könnte er ihn und sein Team sonst in Schwierigkeiten bringen.
»Wir haben die Lagerräume erreicht.« Romanov war beinahe zusammengezuckt, als ohne Vorwarnung ein weiterer Funkspruch kam. »Die ersten Räume sind sauber. In einem hinteren Raum liegen Verpackungen von EPas und Energieriegeln.« Daraufhin folgte eine weitere Pause.
Das bedeutete also, dass Chester und Cael tatsächlich unschuldig waren. Keiner der beiden hätte sich in den Lagerräumen verstecken müssen. Niemand aus der bestehenden Besatzung müsste das und da die Daten der Kryo-Kammern nicht den Schluss zuließen, dass außer ihnen noch jemand aufgeweckt worden war blieb nur eine mögliche Erklärung. Láska und Ianson lagen mit ihrem Gedanken gar nicht so sehr daneben. Wenn es keiner von ihnen war, musste noch jemand an Bord sein.

Jensson gab seinen Teamkollegen per Handzeichen zu verstehen, dass sie ihre Formation ändern sollten. Sie bildeten eine Vierer-Kette und ließen die Kisten, an denen sie die leeren Verpackungen gefunden hatten hinter sich, während sie im Gleichschritt den Raum durchliefen. Der Raum war relativ klein, Regale aus Metall standen an den Seiten und in der Mitte. Jensson und Macek liefen auf der einen Seite entlang, Lee und Lowe auf der anderen. Mittlerweile hatten sie alle – bis auf Jensson – von der Handfeuerwaffe zur Maschinenpistole gewechselt, welche an der Brustweste befestigt war. Sie näherten sich dem Ende des Raums, auf Lowes Seite befanden sich lediglich Regale, die mit allem möglichen Kram vollgestellt waren. In der hinteren rechten Ecke, auf welche Jensson und Macek zusteuerten, stapelten sich Kartons und Kisten aus Hartplastik. Macek deutete mit einem Kopfrucken auf die Schleifspuren auf dem Boden, Jensson nickte. Die Kisten wurden vor kurzem bewegt und bildeten nun einen Raum in der Ecke, in dem sich gut und gerne eine Person verstecken konnte.
Jensson blieb stehen und hielt eine geballte Faust hoch. Die drei Soldaten blieben abrupt stehen. Jensson gab Lee und Lowe ein Zeichen, dass sie ihnen Rückendeckung geben sollten, während er Macek bedeutete auf der einen Seite der aufgestapelten Kisten Position einzunehmen. Er ging auf die andere Seite und sah Macek an, während er mit den Fingern von drei herunterzählte. Nachdem er den letzten Finger heruntergenommen hatte, machten er und die junge Soldatin einen Satz um die Kisten herum und zielten mit den Waffen auf was auch immer sich dahinter befinden mochte. Mehrere Herzschläge lang rührte sich niemand. Sergeant Macek starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Etwas vor ihnen und konnte sich nicht rühren. Auch Jensson waren die Gesichtszüge entglitten. Wie betäubt griff er an sein Headset.
»Captain, das sollten Sie sich ansehen.«
Vor ihnen lag ein grünes und schuppiges… Ding. Jensson hatte nicht einmal Worte dafür. Mit Marsmännchen hatte das alles herzlich wenig zu tun.



Nachworte:
Ein Cliffhanger, ja ich weiß! Es tut mir leid, aber irgendwie auch nicht. Es war einfach eine passende Stelle.
Wie gesagt mit dem restlichen Teil bin ich ziemlich zufrieden, im Gegensatz zum Anfang. Romanovs Messe-Szene gefällt mir irgendwie immer weniger, je öfter ich sie lese... :/
Nun ja, viel eher würde mich interessieren, ob ihr euch diese letzte Szene mit Macek und Jensson vorstellen konntet. Ich weiß ja, was ich im Kopf habe. Aber es würde mir sehr helfen, wenn ihr kurz sagen könntet, ob ihr euch das gut oder eher schlecht bildlich im Kopfkino vorstellen konntet. :D

Ansonsten bleibt mir nicht viel zu sagen. Eine konkrete Aufgabe gibt es für euch nicht, erst beim nächsten Mal! :D

Liebst,
Moony
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