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Die Reise der Victory

Kurzbeschreibung
MitmachgeschichteAbenteuer, Sci-Fi / P16 / Gen
08.01.2016
16.07.2020
21
54.449
8
Alle Kapitel
72 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
07.01.2018 2.107
 
Kapitel: 9 / ??? (Gastkapitel)
Wörter: 1.859
Beta: - keiner - / Wer also Fehler findet, darf mich gerne darauf aufmerksam machen.
Anmeldung:  g e s c h l o s s e n !


Vorworte:
Frohes neues Jahr, ihr Lieben! Ich hoffe, ihr seid alle gut hinüber gekommen und keiner von euch ist ausgerutscht! :D Meine Feiertage und Silvester waren im großen und ganzen recht schön und entspannt. :)
Wie angekündigt, geht es heute auch wieder inhaltlich mit der Story weiter - wie ihr aber im Titel erkennen könnt, handelt es sich bei dem heutigen Kapitel um ein Gastkapitel von OrgangeGnome. Es ist nicht wie das Weihnachtskapitel als eigenständiges Kapitel zu sehen, welches nichts mit der eigentlichen Story zu tun hat. Ganz im Gegenteil, es schießt an die Ereignisse vor Weihnachten an und ich werde nächste Woche im 10. Kapitel ebenfalls an dieses anschließen. Alles wie gehabt, also. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Anmerkungen von OrangeGnome: Ich wollte die Charaktere Eric Langdon und Boris Wolkow, sowie deren Gedanken einmal näher beleuchten. Dabei auch auf die Unterschiede eingehen und vielleicht Anknüpfpunkte für zukünftige Kapitel einrichten.
Die Dynamik der beide habe ich in den letzten Kapiteln echt genossen, obwohl ich erst etwas skeptisch gegenüber Boris war.



Kapitel 9: Das Ende der Straße?


Die Feuerschutztüren des Hauptraumes glitten auf und Eric stand wieder im Maschinenraum, den er vor wenigen Minuten verlassen hatte.
Es war eine halbe Stunde vergangen seit Jensson sie „verhört“ hatte und sie waren immer noch nicht mit der Reparatur des Lebenserhaltungssystems weitergekommen. Irgendwann hatte sie dann der Hunger überkommen, da sie seit sechs Stunden nichts mehr gegessen hatten. Eric war deswegen in die Messe gegangen, während Boris sich weiter Gedanken zu ihrer Problemstellung machen wollte.
„Haste was bekommen?“, fragte Boris, während sein Kollege die paar Stufen zu ihm hinunterging. Der bärtige Mechaniker hatte in der Zwischenzeit einige Blaupausen auf einem Tisch ausgebreitet und studierte diese konzentriert.
„Nix besonderes“, antwortete Eric, etwas Enttäuschung lag in seinen Worten, „der Kollege von der Messe hatte nur ein paar Energieriegel und EPAs.“

Leider waren sie beide immer noch alleine hier unten und hatten wesentlich mehr Zeit in diesem Raum verbracht, als eigentlich vorgesehen. Denn von einer Schichtroutine waren sie mit den paar Leuten, die sie momentan die Besatzung der Victory nannten, weit entfernt.
Außerdem waren sie müde und hatten Hunger, der erstmal nur mit kalten Fertigrationen gestillt werden konnte. Doch am schlimmsten war, dass sie nicht mehr weiterwussten.
Eric legte die mitgebrachten Plastikverpackungen auf den Werktisch, der an einer Wand des achteckigen Raumes stand und auf dem die Schaltpläne ausgerollt waren.
„Haben die Schaltpläne und Blaupausen Aufschluss über eine Lösung gegeben?“ Er öffnete einen der Energieriegel und gesellte sich neben seinen stämmigen Kollegen, der immer noch stur auf die Schaltpläne schauten. Es war ziemlich altmodisch, diese überhaupt auf Papier auszulegen, wenn man sie doch als 3D-Grafik hätte anzeigen können, dachte Eric, doch sprach er diesen Gedanken nicht aus. Gerade Ingenieure und Techniker hatten ja alle so ihre Macken.
„Also…“, begann Boris, er klang nicht wirklich überzeugt, aber er hatte sich wohl auch seine Gedanken gemacht, „wir könnten doch dat ganze System, beziehungsweise die Leitungen des Filtersystems komplett neu verkabeln und vom Hauptsystem trennen, dann einen netzwerkunabhängigen Rechner anschließen und voilà.“ Boris schaute zu seinem Kollegen und versuchte dabei so überzeugende wie möglich zu grinsen, um ihm die Idee zu verkaufen. Doch der Ingenieur zog lediglich eine Braue hoch, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute skeptisch zurück.
„Okay, wo is an dem Plan was auszusetzen?“, fragte Boris direkt nach.
„Da wären 350 Meter Glasfaserkabel, die wir neu verlegen müssten und erstmal aus einem der Lagerräume hierhin schaffen müssten. Wir sind erstickt, eher wir mit der Hälfte fertig sind“, erklärte Eric, in seinem üblichen neutralen Tonfall.
„Naja, müssen wir uns halt bisschen beeilen.“
Eric schüttelte nur den Kopf. Keine Ahnung ob sein Kollege das nun ernst meinte oder nur als „Spaß“ verstand.
„Okay“, begann nun Eric, „ich glaube wir kommen auf dem normalen Weg nicht weiter, vielleicht…“
„Naja, ich hab immerhin ne Idee jehabt, so iss‘es nich“, warf Boris ein und lachte einmal herzhaft.
Eric ließ sich zwar ein kleines Grinsen und einen Seufzer entlocken, denn er war erstaunt darüber, dass sein Kollege den Fakt, dass sie in ein paar Stunden Tod sein würden, gänzlich ausgeblendet hatte und immer noch Zeit für sinnfreie Einwürfe hatte.
„Vielleicht“, fing er seinen Satz nochmal an, „sollten wir erstmal eine kurze Pause einlegen um einen klaren Kopf zukriegen. Ich denke wir brauchen einen neuen Blickwinkel.“
Boris nickte mehrmals und schaute kurz zu den Schaltplänen neben ihm. „Es muss eine Lösung geben“, murmelte er vor sich hin.
Eric wollt schon antworten, dass er sich da gar nicht mehr so sicher sei, doch das wollte er ihm als Vorgesetzter und Freund nicht sagen. Es reichte, wenn er langsam den Mut verlor.

„Iss was, ruh dich aus, aber beschäftige dich für zwanzig Minuten einfach mal nicht mit dem Problem“, meinte Eric und klopfte Boris kurz auf die Schulter. Er selbst war zwar müde und der Energieriegel hatte seinen Kohldampf nicht wirklich geschmälert, doch irgendwie hatte er gerade nicht das Verlangen abzuschalten, „ich gehe etwas spazieren, vielleicht finde ich ja sogar einen Korridor auf dem ich ein paar Runden laufen kann.“
„Mach das“, meinte Boris, er hatte sich eine der eingeschweißten EPAs geschnappt und war gerade dabei diese mit den Zähnen zu öffnen. Das Mehrzweckwerkzeug lag zwar nur ein paar Meter weiter, aber es ging auch ohne. Bevor er sich aber dran machte diese kalte „Köstlichkeit“ mit dem beiliegenden Plastiklöffel zu genießen, schnappte sich Boris noch einen der Energieriegel und dreht sich zu seinem Kollegen, der gerade kurz davor war die durch einen Sicherheitscode geschützte Feuerschutztür zu öffnen.
„Jo Kumpel!“, rief er ihm zu. Dieser dreht sich halb zu ihm um, als die Schotten vor ihm auseinander glitten. „Mit leerem Magen lässt es sich schlecht abschalten“, grinste Boris dabei und warf ihm den Riegel quer durch den Raum.
Eric fing diesen ohne Probleme und steckte ihn in eine seiner Uniformtaschen.
Er nickte kurz und bedankte sich mit einem kurzen: „Da ist was dran.“
Dann ging er durch die Schutztür und diese glitt hinter ihm zu.

Nach circa zwanzig Minuten öffneten sich die schweren Schutztüren erneut und Eric betrat wieder seinen gewohnten Arbeitsplatz, indem er hoffentlich nicht in den nächsten paar Stunden draufgehen würde. Er schaute sich kurz um und erblickte seinen Kollegen, der auf einem Stuhl an einer Wand des Raums saß und die Beine auf einer Computerkonsole abgelegt hatte. Er hatte seinen Hut ins Gesicht gezogen, den er während der Arbeit zur Seite gelegt hatte, aber sonst eigentlich immer trug. Es schien fast schon sein Erkennungszeichen zu sein, eine Art Cowboy. Etwas altmodisch, aber wem es gefällt, dachte Eric.
Als Eric die paar Stufen zum Maschinenkontrollraum hinabstieg, schaute Boris auch schon nach oben. Anscheinend hatte er nur einen kurzen Power-Nap eingeschoben und nicht wirklich fest geschlafen. Völlig klar und mit einem breiten Grinsen im Gesicht, fragte der massige Techniker auch schon: „Und wie war’s spazieren. Kopf wieder frei?“
Eric schaute kurz zu ihm, während er auf die andere Seite des Raum zuschritt.
„Ich hab mir ein paar Gedanken gemacht“, antwortete er, ohne seinen Kollegen direkt anzuschauen. Als Eric die hintere Wand des Hauptraums erreicht hatte, kniete er sich vor eines der kleinen Wandpanelle und schraubte an dessen Verkleidung. Boris war mittlerweile aufgestanden und zu ihm gegangen. Er dachte wohl sein Chef hätte eine neue Idee, vielleicht sogar die Lösung für ihr Problem und einfach nur wieder versäumt ihn einzuweihen.

Als Boris nun über Erics Schulter schaute, hatte dieser gerade das Wandpaneel zur Seite gestellt und griff in die Innentasche seiner Uniformjacke. Das graue Objekt, dass er herausholte ließ Boris kurz einen Schritt zurücktreten.
„Du hast eine Waffe geklaut?“, fragte er sofort als er die Pistole erblickte. Unverständnis und etwas Empörung lag in seiner Stimme: „Was…, wofür?“
Eric schaute kurz zu seinem Kollegen hoch und in ein verärgertes, nein, eher verwirrtes Gesicht. Doch er hatte keine Lust auf weitere Geheimnisse und egal wie sich die Situation entwickelte er brauchte Verbündete, jeder brauchte Verbündete, wenn er überleben wollte. Und irgendwie hatte er sich an seinen vielleicht etwas redselig, aber durchaus kompetenten Kollegen gewöhnt. Besser gesagt, er war der einzige dem er momentan ein Fünkchen Vertrauen zusprach. Deswegen versuchte er gar nicht die Waffe vor seinem Freund zu verstecken, als er diese noch einmal auf ihre Funktionsfähigkeit überprüfte und dann hinter einigen Schaltplatinen und Kabeln verstecke.

„Ganz ehrlich, Boris“, fing Eric an sich zu erklären und seinen Worten Nachdruck zu verleihen, „ich traue denen nicht, ich traue weder Jensson, noch Romanov. Eher Dr. Winton, aber ich glaube, dass momentan niemand die Situation unter Kontrolle hat.“ Dabei setzte er das Paneel wieder an seinen Ursprungsort, ohne die Bolzen anzulegen. Diese verschwanden in seiner Jackentasche, als er sich dann aufrichtete und vor seinen Kollegen stellte.
„Aber wie…, wieso brauchst du eine Pistole?“, Boris verstand immer noch nicht, „wie hast du das Teil überhaupt gekriegt? Alle Waffenkammern sind verriegelt und eigentlich sollten nur die Korridore zur Messe offen sein.“ Er erwartete Antworten.
„Weißt du, wir haben noch fünf, vielleicht sechs Stunden zu atmen. In der Messe habe ich vorhin noch zwei Neue gezählt, dann bleibt eigentlich noch viel weniger Zeit. Außerdem hast du vorhin schon gemerkt wie angespannt der Herr Major war. Glaub mir diese Militärs können noch viel ungemütlicher werden, wenn sie den Störenfried nicht finden und selbst wenn Winton das System reparieren kann, läuft hier ein Kollaborateur rum. Dabei will ICH mich nicht auf eine Handvoll GIs mit nervösen Abzugsfinger verlassen müssen.“ Eric hoffte damit seinen Standpunkt ausreichend deutlich gemacht zu haben und sich weitere Rechtfertigungen sparen zu können. Bessergesagt sich der Rückendeckung von seinem Kollegen und Freund sicher sein zu können.
„Okay, Okay, und wie zur Hölle bist da überhaupt drangekommen, Mann?“
„Ich bin durch Wartungsschacht 57a und dann in die Waffenkammer auf der Ebene über uns geklettert, die hast du doch selbst zusammengebaut. Ohne interne Sensoren wird das keiner bemerket haben“, erklärte Eric, seine Stimme klang wieder genauso monoton wie sonst.
Boris atmete einmal tief durch, das ganze schien ihn doch etwas mitzunehmen und Eric wusste nicht ob der Große das Geheimnis auch für sich bewahren konnte, aber was anderes als ihm zu vertrauen blieb ihm nicht übrig.

„Ich verstehe“, sagte Boris. Jetzt erst bemerkte er, dass er seine Fäuste geballt hatte und entspannte sie wieder, „weißt du überhaupt wie man so ein Teil benutzt?“
Eric nickte leicht, er schaute auf das Wandpaneel an ihrer Seite und schien etwas in Gedanken zu sein, „wenn ich damals nicht ausgestiegen wäre, würde ich jetzt wahrscheinlich Befehle von Jensson annehmen.“
„Krass“, Boris wirkte erstaunt, „hätte ich dir gar nicht zu getraut. Wirkst einfach nich wie jemand der im Schlamm rumkriecht.“
Eric schaut nun wieder seinen Kollegen an und grinste leicht. „Glaub mir, dass hat eigentlich noch am meisten Spaß gemacht. Aber das hier bleibt unter uns?“
„Ja bleibt es, mein Freund“, Boris seufzte, „wenn du dich damit besser fühlst.“
„Danke, Mann.“ Zum ersten Mal seit Stunden fühlte Eric, wie sich ein Quäntchen Ballast von seinen Schultern löste und die Anspannung in seinem Körper zurückwich.
Er ging zwei Schritte zurück und berührte dann schon die Wand, an der er eben rumgeschraubt hatte. Dann sank er daran nach unten, legte die Arme auf seinen Knien ab und schaute auf den stählernen Boden. Sie waren seit 18 Stunden wach, hatten kaum gegessen und waren eigentlich nur am Arbeiten gewesen. Sie hatten alles probiert und waren doch nicht weitergekommen. Es lag nun nicht mehr in ihrer Hand dieses gottverdammte Schiff zu retten.

Trotzdem fragte Boris: „Was machen wir jetz, Boss?“ Er stand immer noch voller Tatendrang vor ihm.  Eric schaut zu ihm nach oben.
„Wir haben alles probiert“, antwortete er leicht lächelnd, froh darüber, dass niemand sagen könne, sie hätten nicht alles gegeben.
„Ist dir etwa vorhin keine neue Idee gekommen?“, hakte Boris nach.
„Nein. Dir etwa?“  
„Aber wir…“ Boris beendete seinen Satz nicht, denn er erkannte dann wohl auch, dass es nichts mehr nützen würde. Der stämmige Mechaniker lehnte sich an die Wand neben seinem Freund und schaut einfach in die Leere des Raums, in dem sie beide die letzten Wochen mehr Zeit verbracht hatten, als in ihrem Quartier.
Stille kehrte ein. Wahrscheinlich das erste Mal seit sie heute, nein gestern, hier angefangen hatten. Sonst hatten die Geräusche von Werkzeugen, Eingaben auf der Tastatur oder irgendein, alberner Kommentar von Boris diesen Raum mit Leben gefühlt. Das erste Mal seit 18 Stunden, nichts. Doch es war nicht die Stille nach der Schlacht die sie gewonnen hatten. Nein, sie hatten verloren, es war mehr eine Stille voller Verzweiflung und Hilflosigkeit der sie nun schutzlos ausgesetzt waren.
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