Erwachen
von Phaemonae
Kurzbeschreibung
Ein mysteriöser Brief erscheint im Rosenturm und plötzlich gehört die Stille und Ruhe im Fürstentum der Vergangenheit an. Wer hat die Jagd auf den Fürsten eröffnet?
GeschichteAbenteuer, Fantasy / P18 / Gen
Tiranu
Yulivee
03.01.2016
02.04.2016
16
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09.01.2016
1.678
Obilee war nach der Nacht fort und ihr Zimmer vollkommen verwüstet. Gehört hatte jedoch niemand im Rosenturm etwas. Als Yulivee das Zimmer durchsuchte entdeckte sie ein Stück dunklen Stoffs. Das war zwar nicht beweisend, deutete aber weiter in die Richtung des verschwundenen Fürsten. So dicht an einem großen Albenstern konnte er schnell verschwinden, ohne besonders einfach zu verfolgende Spuren zu hinterlassen. Ein Suchzauber zu dem zerrissenen Stoffstück schlug jedoch fehl. Sie würde Emerelle darüber informieren und einen Suchtrupp zusammenstellen. Obilee musste möglichst rasch wieder gefunden werden. Und vielleicht tauchte dann auch Tiranu auf. Vielleicht hatte er endlich den lange ersehnten Fehler begangen und sein Todesurteil unterschrieben!
Vielleicht könnte ein Suchzauber wenigstens Obilee auffindbar machen, doch bevor sie loszog brauchte sie eine größere Gruppe, so sehr sie das Warten auch schmerzte. Den Bediensteten im Turm erzählte sie, dass Obilee sich nicht wohl fühlte und in ihrem Zimmer ruhte. Als sie im Dunkeln zu ihr gehen wollte, hatte sie versehentlich für ein wenig Unordnung gesorgt. Niemand sollte ihren eigentlichen Gastgeber, wenn er dahintersteckte, informieren können.
„Oh hervorragend, meine Gesellschaft wird wach“, ertönte eine spöttische Stimme. „Und ich dachte schon ich müsste vor Einsamkeit vergehen.“ War der Fürst inzwischen doch im Rosenturm aufgetaucht? Aber was hatte er in ihrem Zimmer zu suchen? Und was sollten die Worte bedeuten? Sobald sie jedoch die Augen aufschlug, beantworteten sich einige der Fragen. Sie war definitiv nicht mehr dort, wo sie eingeschlafen war.
Argwöhnisch blickte sie in Richtung Tiranus. Er sah grauenhaft aus. Und das war noch höflich ausgedrückt. Dunkle Ringe zierten seine Augen und einige dunkle Flecken zierten die sonst so blassen Hautregionen, die sie sehen konnte. Außerdem war er wie ein Verbrecher angekettet, auch wenn er einen gewissen Spielraum hatte. Zumindest momentan. Nicht dass er das nicht irgendwie verdient hätte, wenn es nach der Vertrauten Emerelles ging.
Erst langsam wurde Obilee gewahr, dass auch ihre Handgelenke der Gleiche, eigenwillige Schmuck zierte. Wo waren sie hier? Und was hatte all dies zu bedeuten?
„Was wird hier gespielt?“, fragte Obilee argwöhnisch.
„Politik“, entgegnete der Elf, der trotz seines Aussehens möglichst lässig an der Wand lehnte. „Größtenteils.“ Wie konnte er in so einer Situation so gelassen sein? Was dies mit Politik zu tun haben sollte erschloss sich erst nicht, bis sie die Situation etwas genauer überdachte. Tiranu verschwand spurlos und nach einiger Zeit auch sie. Und dann war da die ominöse Nachricht. Ihr Gegenüber hatte viele Feinde. Besser gesagt er hatte wenige Freunde. Und die Fürstenhäuser hatten sich in der Geschichte Albenmarks bereits öfter bekriegt. Während der Hochzeit der Tjuredkriege waren sie weit in den Hintergrund gedrängt worden, aber der Frieden währte nun schon mehr als ein Jahrzehnt. Da konnte bei tendenziell unsterblichen Herrschern gerne Langeweile auftreten.
„Und wie geht es weiter?“, wollte die Magierin wissen. Der Elf war schließlich schon länger hier als sie und wusste mehr über den Tagesablauf.
„Wir warten“ Mit dieser Antwort hatte Obilee nicht gerechnet. Es passte so gar nicht zu dem Fürsten, dass er sich einfach so ergab. Kämpferisch hauchte sie ein Wort der Macht, das die Ketten sprengen sollte, doch nichts geschah. Fassungslos blickte sie Tiranu an. Was hatte das zu bedeuten?
„Ich bin Krieger, kein Zauberweber“, entgegnete er kühl.
Obilee seufzte entnervt auf.
„Jetzt ist keine Zeit dafür.“
„Selbstverständlich“, entgegnete der Elf mit kaum verhohlenem Zorn. „Alathaias Sohn kennt natürlich einen Ausweg. Wie könnte es auch anders sein? Der Zauber mit dem die Ketten belegt sind lässt sich eher nicht brechen.“ Er würde sicher keine dunklen Spielarten der Magie anwenden, nicht, wenn dies das war, was ihre Häscher wünschten. Vor allem, da die Blutmagie ohnehin nicht möglich war, nicht ohne ein Opfer. Er hatte bereits lange genug daran gearbeitet allen zu zeigen, dass er wenig über die Machenschaften seiner Mutter gewusst hatte und er kaum etwas von den dunkleren Spielarten kannte.
„Es tut mir Leid, so meinte…“
„Beleidige nicht meine Intelligenz, Obilee!“, fiel ihr der Elfenfürst ins Wort. „Genauso meintest du es!“ Ganz konnte er die Verbitterung nicht aus seiner Stimme verbannen, doch es war nur eine Nuance, die man leicht überhören konnte. Bevor die Elfe jedoch antworten konnte, kamen zwei vermummte Elfen in den Raum und brachten ihnen Nahrung.
Sobald sie wieder verschwunden waren, warnte der Fürst die Elfe: „Ich wäre vorsichtig. Wer weiß, was sie dort untergemischt haben.“
Das erklärte nun teilweise das Aussehen des Elfen. Doch ganz konnte er nicht darauf verzichtet haben. Vorsichtig roch er an dem Getränk und nippte anschließend zögerlich daran. Bereits nach wenigen Schlückchen stellte er es ab und lehnte sich fast schon kraftlos an die Wand.
„Warum sollten sie etwas untergemischt haben?“, fragte Obilee schließlich argwöhnisch. So kam sie möglicherweise noch dahinter, was all diese Inszenierung zu bedeuten hatte.
„Um Antworten zu erhalten.“
„Antworten worauf?“
„Auf ihre Fragen“, entgegnete Tiranu gereizt. „Sie werden bald kommen. Aber bevor die Frage kommt was genau für Fragen gestellt werden. Was könnte man wohl von Alathaias Sohn wollen?“ Er würde eher sterben als seine Geheimnisse preis zu geben, dafür hatte er zu viel dafür getan, dass sie gut geschützt blieben. Er wusste, dass sie es mit allen Tricks versuchen werden, aber er schwor sich, sich selbst treu zu bleiben und das Schweigen beizubehalten.
Obilee betrachtete den Elf prüfend. Er war überraschend ehrlich und direkt. Aber was sollte er auch verbergen, sie würde es früher oder später miterleben. Dafür hatte der Initiator dieser Sache gesorgt. Seine Bitterkeit und seinen Zorn nach seiner Abstammung beurteilt zu werden verwunderte sie etwas. Sie selbst hatte es auch getan, aber was hatte er auch getan, um das nicht zu gerechtfertigen? Ein wenig wirkte er auf sie wie ein trotziges Kind, das sich nach Anerkennung sehnte. Kurz musste sie an die Zeilen denken, die sie in seinem Studierzimmer gelesen hatte. Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er sich stets darum bemüht zu zeigen, dass er nicht die Ziele seiner Mutter verfolgte, auch wenn er über ihren Tod nicht glücklich gewesen war. Das war weithin unter den Vertrauten Emerelles bekannt. Und auch sein Groll gegen Emerelle über ihr Ableben war ein offenes Geheimnis.
Als die Tür erneut aufging und eine kleine Gruppe Elfen, zumindest der Statur nach, herein kam, richtete Tiranu sich stolz und kühl auf. Er kannte das Spiel bereits, sie würden ihn nicht brechen, vorher würde er sterben! Kurz streifte der Blick des Anführers das Essen, das er nicht angerührt hatte und grimmig nickte er zwei der Elfen zu, die den Fürsten fixieren sollten. Sie alle waren unbewaffnet gekommen. Zu schade auch. Selbst gefesselt und geschwächt würde es ihn wenig Anstrengung kosten diese Möchtegernkämpfer zu besiegen. Sollte er doch noch freikommen, was äußerst unwahrscheinlich erschien, war das Leben dieser Verschwörer verwirkt. Sein Rachedurst kannte keine Grenzen.
Auch wenn es eher hoffnungslos war, wehrte er sich gegen die Hände, die ihn fixieren sollten, aber er war geschwächt und sie waren weit in der Überzahl. Außerdem behinderten die Fesseln ihn. Nach viel zu kurzer Gegenwehr hatten sie ihn an die Wand gepresst und der Anführer trat an ihn heran und zog ein kleines Fläschchen aus einer seiner Taschen. Das war neu! Und es verhieß nichts Gutes.
Gewaltsam wurde sein Mund geöffnet und der Inhalt in seinen Rachen geleert. Bevor er dazu kam das Gebräu auszuspucken, presste der Anführer den Unterkiefer auf den Oberkiefer und zwang ihn, durch Druck auf seine Kehle, zu schlucken. Wenn Blicke töten könnten, so würden all seine Häscher augenblicklich in Flammen aufgehen.
Sie warteten eine ganze Zeit, damit das Gebräu auch wirken konnte, bevor sie mit ihren Fragen begannen.
„Erzähle uns von den dunklen Spielarten der Magie! Lehre uns!“
Der Fürst schwieg eisern. Kein verräterisches Wort würde seinen Lippen entfliehen. Seine fehlende Antwort handelte ihm einen Faustschlag ins Gesicht ein. Die Frage wurde erneut gestellt und er hüllte sich weiterhin in Schweigen. Wieder folgte ein Schlag, diesmal tiefer. Egal wie lange sie es versuchten, das Schweigen brach er nicht. Immer wieder trug er ein selbstgefälliges Lächeln auf seinen Lippen.
Vielleicht half ein anderer Anreiz als sein eigener Schmerz. Zu schade, dass Morwenna nun aus seiner Reichweite war. Die Königin hatte sie zu sich an den Hof gerufen. Als Pfand gegen ihren Bruder.
Die Zauberweberin der Königin würde früher oder später ohnehin sterben, genauso wie der Fürst. Wäre sie und ihr Leiden genug Anreiz für den Fürsten? Das galt es herauszufinden, auch wenn das eher unwahrscheinlich war. Aber vielleicht konnte ihn Obilees Flehen doch noch erweichen und sein kaltes Herz berühren.
Auf einem Wink von ihm, ließen seine Leute von ihrem Opfer ab und wandten sich Obilee zu. Tiranu beobachtete sie und völlig unerwartet legte sich ein abfälliges und spöttisches Lächeln auf seine Lippen.
„Das soll meine Zunge lösen?“, begann der Elf kalt. „Mein Leben ist ohnehin verwirkt, ebenso wie ihres.“
Der Anführer wandte sich blitzschnell zu ihm um und fixierte ihn. Er würde herausfinden, ob der Fürst es wirklich so meinte. Auf einen Wink hin von ihm, kümmerten sich seine Leute um die Zauberweberin, während er den Fürsten beobachtete. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper! Verfluchter Bastard! Wie konnte man nur so kaltherzig und gefühllos sein?
Nach einiger Zeit, bedeutete er seinen Leuten aufzuhören und zu gehen, während er noch kurz blieb und den Elfen fixierte. Er würde ihn noch brechen. Aber nicht mehr über das Leiden von Unschuldigen. Denn diese Behandlung hatte Obilee nicht verdient.
Als alle gegangen waren, betrachtete Tiranu die Zauberweberin prüfend.
„Warum?“, flüsterte sie abgehackt.
„Weil wir ohnehin sterben“, entgegnete der Elf emotionslos. „Zeugen müssen verschwinden. Besteht Hoffnung, dass nach dir gesucht wird? Dann hast wenigstens du eine gute Chance. Solange die Person, die hinter alldem steckt, nicht entscheidet, dass wir ein unnötiger Ballast sind und ihm mehr schaden als nutzen. Mich wird er hier nicht lebend gehen lassen, dafür wird er sorgen.“
Die Elfe wusste weder, was sie von dem Fürsten halten sollte, noch was sie antworten sollte, daher schwieg sie. Er hatte mit seiner Aussage vielleicht Recht, aber sie befand dennoch nicht, dass es wirklich richtig war, was er tat. Damit bewies er nur wieder, dass er wirklich herzlos war. Ritterlichkeit sah anders aus. Aber was konnte man auch von dieser Sippe erwarten? Sie war verderbt durch und durch.
Vielleicht könnte ein Suchzauber wenigstens Obilee auffindbar machen, doch bevor sie loszog brauchte sie eine größere Gruppe, so sehr sie das Warten auch schmerzte. Den Bediensteten im Turm erzählte sie, dass Obilee sich nicht wohl fühlte und in ihrem Zimmer ruhte. Als sie im Dunkeln zu ihr gehen wollte, hatte sie versehentlich für ein wenig Unordnung gesorgt. Niemand sollte ihren eigentlichen Gastgeber, wenn er dahintersteckte, informieren können.
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„Oh hervorragend, meine Gesellschaft wird wach“, ertönte eine spöttische Stimme. „Und ich dachte schon ich müsste vor Einsamkeit vergehen.“ War der Fürst inzwischen doch im Rosenturm aufgetaucht? Aber was hatte er in ihrem Zimmer zu suchen? Und was sollten die Worte bedeuten? Sobald sie jedoch die Augen aufschlug, beantworteten sich einige der Fragen. Sie war definitiv nicht mehr dort, wo sie eingeschlafen war.
Argwöhnisch blickte sie in Richtung Tiranus. Er sah grauenhaft aus. Und das war noch höflich ausgedrückt. Dunkle Ringe zierten seine Augen und einige dunkle Flecken zierten die sonst so blassen Hautregionen, die sie sehen konnte. Außerdem war er wie ein Verbrecher angekettet, auch wenn er einen gewissen Spielraum hatte. Zumindest momentan. Nicht dass er das nicht irgendwie verdient hätte, wenn es nach der Vertrauten Emerelles ging.
Erst langsam wurde Obilee gewahr, dass auch ihre Handgelenke der Gleiche, eigenwillige Schmuck zierte. Wo waren sie hier? Und was hatte all dies zu bedeuten?
„Was wird hier gespielt?“, fragte Obilee argwöhnisch.
„Politik“, entgegnete der Elf, der trotz seines Aussehens möglichst lässig an der Wand lehnte. „Größtenteils.“ Wie konnte er in so einer Situation so gelassen sein? Was dies mit Politik zu tun haben sollte erschloss sich erst nicht, bis sie die Situation etwas genauer überdachte. Tiranu verschwand spurlos und nach einiger Zeit auch sie. Und dann war da die ominöse Nachricht. Ihr Gegenüber hatte viele Feinde. Besser gesagt er hatte wenige Freunde. Und die Fürstenhäuser hatten sich in der Geschichte Albenmarks bereits öfter bekriegt. Während der Hochzeit der Tjuredkriege waren sie weit in den Hintergrund gedrängt worden, aber der Frieden währte nun schon mehr als ein Jahrzehnt. Da konnte bei tendenziell unsterblichen Herrschern gerne Langeweile auftreten.
„Und wie geht es weiter?“, wollte die Magierin wissen. Der Elf war schließlich schon länger hier als sie und wusste mehr über den Tagesablauf.
„Wir warten“ Mit dieser Antwort hatte Obilee nicht gerechnet. Es passte so gar nicht zu dem Fürsten, dass er sich einfach so ergab. Kämpferisch hauchte sie ein Wort der Macht, das die Ketten sprengen sollte, doch nichts geschah. Fassungslos blickte sie Tiranu an. Was hatte das zu bedeuten?
„Ich bin Krieger, kein Zauberweber“, entgegnete er kühl.
Obilee seufzte entnervt auf.
„Jetzt ist keine Zeit dafür.“
„Selbstverständlich“, entgegnete der Elf mit kaum verhohlenem Zorn. „Alathaias Sohn kennt natürlich einen Ausweg. Wie könnte es auch anders sein? Der Zauber mit dem die Ketten belegt sind lässt sich eher nicht brechen.“ Er würde sicher keine dunklen Spielarten der Magie anwenden, nicht, wenn dies das war, was ihre Häscher wünschten. Vor allem, da die Blutmagie ohnehin nicht möglich war, nicht ohne ein Opfer. Er hatte bereits lange genug daran gearbeitet allen zu zeigen, dass er wenig über die Machenschaften seiner Mutter gewusst hatte und er kaum etwas von den dunkleren Spielarten kannte.
„Es tut mir Leid, so meinte…“
„Beleidige nicht meine Intelligenz, Obilee!“, fiel ihr der Elfenfürst ins Wort. „Genauso meintest du es!“ Ganz konnte er die Verbitterung nicht aus seiner Stimme verbannen, doch es war nur eine Nuance, die man leicht überhören konnte. Bevor die Elfe jedoch antworten konnte, kamen zwei vermummte Elfen in den Raum und brachten ihnen Nahrung.
Sobald sie wieder verschwunden waren, warnte der Fürst die Elfe: „Ich wäre vorsichtig. Wer weiß, was sie dort untergemischt haben.“
Das erklärte nun teilweise das Aussehen des Elfen. Doch ganz konnte er nicht darauf verzichtet haben. Vorsichtig roch er an dem Getränk und nippte anschließend zögerlich daran. Bereits nach wenigen Schlückchen stellte er es ab und lehnte sich fast schon kraftlos an die Wand.
„Warum sollten sie etwas untergemischt haben?“, fragte Obilee schließlich argwöhnisch. So kam sie möglicherweise noch dahinter, was all diese Inszenierung zu bedeuten hatte.
„Um Antworten zu erhalten.“
„Antworten worauf?“
„Auf ihre Fragen“, entgegnete Tiranu gereizt. „Sie werden bald kommen. Aber bevor die Frage kommt was genau für Fragen gestellt werden. Was könnte man wohl von Alathaias Sohn wollen?“ Er würde eher sterben als seine Geheimnisse preis zu geben, dafür hatte er zu viel dafür getan, dass sie gut geschützt blieben. Er wusste, dass sie es mit allen Tricks versuchen werden, aber er schwor sich, sich selbst treu zu bleiben und das Schweigen beizubehalten.
Obilee betrachtete den Elf prüfend. Er war überraschend ehrlich und direkt. Aber was sollte er auch verbergen, sie würde es früher oder später miterleben. Dafür hatte der Initiator dieser Sache gesorgt. Seine Bitterkeit und seinen Zorn nach seiner Abstammung beurteilt zu werden verwunderte sie etwas. Sie selbst hatte es auch getan, aber was hatte er auch getan, um das nicht zu gerechtfertigen? Ein wenig wirkte er auf sie wie ein trotziges Kind, das sich nach Anerkennung sehnte. Kurz musste sie an die Zeilen denken, die sie in seinem Studierzimmer gelesen hatte. Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er sich stets darum bemüht zu zeigen, dass er nicht die Ziele seiner Mutter verfolgte, auch wenn er über ihren Tod nicht glücklich gewesen war. Das war weithin unter den Vertrauten Emerelles bekannt. Und auch sein Groll gegen Emerelle über ihr Ableben war ein offenes Geheimnis.
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Als die Tür erneut aufging und eine kleine Gruppe Elfen, zumindest der Statur nach, herein kam, richtete Tiranu sich stolz und kühl auf. Er kannte das Spiel bereits, sie würden ihn nicht brechen, vorher würde er sterben! Kurz streifte der Blick des Anführers das Essen, das er nicht angerührt hatte und grimmig nickte er zwei der Elfen zu, die den Fürsten fixieren sollten. Sie alle waren unbewaffnet gekommen. Zu schade auch. Selbst gefesselt und geschwächt würde es ihn wenig Anstrengung kosten diese Möchtegernkämpfer zu besiegen. Sollte er doch noch freikommen, was äußerst unwahrscheinlich erschien, war das Leben dieser Verschwörer verwirkt. Sein Rachedurst kannte keine Grenzen.
Auch wenn es eher hoffnungslos war, wehrte er sich gegen die Hände, die ihn fixieren sollten, aber er war geschwächt und sie waren weit in der Überzahl. Außerdem behinderten die Fesseln ihn. Nach viel zu kurzer Gegenwehr hatten sie ihn an die Wand gepresst und der Anführer trat an ihn heran und zog ein kleines Fläschchen aus einer seiner Taschen. Das war neu! Und es verhieß nichts Gutes.
Gewaltsam wurde sein Mund geöffnet und der Inhalt in seinen Rachen geleert. Bevor er dazu kam das Gebräu auszuspucken, presste der Anführer den Unterkiefer auf den Oberkiefer und zwang ihn, durch Druck auf seine Kehle, zu schlucken. Wenn Blicke töten könnten, so würden all seine Häscher augenblicklich in Flammen aufgehen.
Sie warteten eine ganze Zeit, damit das Gebräu auch wirken konnte, bevor sie mit ihren Fragen begannen.
„Erzähle uns von den dunklen Spielarten der Magie! Lehre uns!“
Der Fürst schwieg eisern. Kein verräterisches Wort würde seinen Lippen entfliehen. Seine fehlende Antwort handelte ihm einen Faustschlag ins Gesicht ein. Die Frage wurde erneut gestellt und er hüllte sich weiterhin in Schweigen. Wieder folgte ein Schlag, diesmal tiefer. Egal wie lange sie es versuchten, das Schweigen brach er nicht. Immer wieder trug er ein selbstgefälliges Lächeln auf seinen Lippen.
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Vielleicht half ein anderer Anreiz als sein eigener Schmerz. Zu schade, dass Morwenna nun aus seiner Reichweite war. Die Königin hatte sie zu sich an den Hof gerufen. Als Pfand gegen ihren Bruder.
Die Zauberweberin der Königin würde früher oder später ohnehin sterben, genauso wie der Fürst. Wäre sie und ihr Leiden genug Anreiz für den Fürsten? Das galt es herauszufinden, auch wenn das eher unwahrscheinlich war. Aber vielleicht konnte ihn Obilees Flehen doch noch erweichen und sein kaltes Herz berühren.
Auf einem Wink von ihm, ließen seine Leute von ihrem Opfer ab und wandten sich Obilee zu. Tiranu beobachtete sie und völlig unerwartet legte sich ein abfälliges und spöttisches Lächeln auf seine Lippen.
„Das soll meine Zunge lösen?“, begann der Elf kalt. „Mein Leben ist ohnehin verwirkt, ebenso wie ihres.“
Der Anführer wandte sich blitzschnell zu ihm um und fixierte ihn. Er würde herausfinden, ob der Fürst es wirklich so meinte. Auf einen Wink hin von ihm, kümmerten sich seine Leute um die Zauberweberin, während er den Fürsten beobachtete. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper! Verfluchter Bastard! Wie konnte man nur so kaltherzig und gefühllos sein?
Nach einiger Zeit, bedeutete er seinen Leuten aufzuhören und zu gehen, während er noch kurz blieb und den Elfen fixierte. Er würde ihn noch brechen. Aber nicht mehr über das Leiden von Unschuldigen. Denn diese Behandlung hatte Obilee nicht verdient.
***
Als alle gegangen waren, betrachtete Tiranu die Zauberweberin prüfend.
„Warum?“, flüsterte sie abgehackt.
„Weil wir ohnehin sterben“, entgegnete der Elf emotionslos. „Zeugen müssen verschwinden. Besteht Hoffnung, dass nach dir gesucht wird? Dann hast wenigstens du eine gute Chance. Solange die Person, die hinter alldem steckt, nicht entscheidet, dass wir ein unnötiger Ballast sind und ihm mehr schaden als nutzen. Mich wird er hier nicht lebend gehen lassen, dafür wird er sorgen.“
Die Elfe wusste weder, was sie von dem Fürsten halten sollte, noch was sie antworten sollte, daher schwieg sie. Er hatte mit seiner Aussage vielleicht Recht, aber sie befand dennoch nicht, dass es wirklich richtig war, was er tat. Damit bewies er nur wieder, dass er wirklich herzlos war. Ritterlichkeit sah anders aus. Aber was konnte man auch von dieser Sippe erwarten? Sie war verderbt durch und durch.