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Will you be my first friend?

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteFreundschaft / P12 / Gen
Crow Seto
13.12.2015
13.12.2015
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Will you be my first friend?


Seto hatte letzte Nacht einen komischen Traum. Er war in diesem Traum ganz alleine. Sein Grossvater war gestorben und hatte ihn alleingelassen. Einfach so. Völlig unerwartet. Er zitterte bei diesem Gedanken leicht. Seto wollte sich nicht vorstellen, wie es wäre, wenn sein Grossvater auch im echten Leben starb. Dann wäre er wirklich allein.

Im Traum war Seto daraufhin losgezogen, um die Welt zu erkunden. Die Welt, in der er nun alleine war. Als erstes durchquerte er eine U-Bahn. Sie war ganz leer. Keine Menschenseele war zu sehen. Bei diesem Gedanken erschauderte Seto schon wieder. Er hatte sich so schrecklich einsam gefühlt.

Dann landete er in einem Vergnügungspark. Waren solche Parke normalerweise nicht ein Ort der Freude? Müsste es hier nicht nur so von Menschen wimmeln? Menschen, die auf einer Achterbahn herumschreien. Menschen, die von Stand zu Stand trödeln und Zuckerwatte essen. Wo waren diese Menschen? Wieso war Seto hier allein?

Es dauerte jedoch nicht lange, bis Seto auf ihn  traf. Einem Jungen. Er machte Seto zunächst Angst, aber er war irgendwie froh, endlich nicht mehr alleine zu sein. Seto fand den Jungen faszinierend. Er war so… anders. Er war sein erster Freund.

Gerade als die Dinge spannend wurden, war Seto natürlich aufgewacht. Daraufhin hatte er geseufzt. Nicht mal im Traum schaffte er es, Freunde zu haben. Ein Blick auf seinen Wecker hatte ihm verraten, dass es sich nicht mehr lohnte, nochmals einzuschlafen und so hatte er gewartet, bis die Sonne aufging. Er hatte über seinen Traum nachgedacht. Über seinen „Freund“.

Seto stand vor einer Tür. Die Tür, die ihn in seine neue Klasse bringen würde. Seto schluckte. Er war nervös. Er wollte nicht mehr alleine sein. Er wollte einen Freund. Würde dieser Wunsch in dieser Klasse endlich in Erfüllung gehen?

Als erstes musste sich Seto der Klasse vorstellen. Während er das tat, liess er seinen Blick durch den Klassenraum schweifen. Er betrachtete seine Mitschüler, während er über sich selbst sprach. Der Lehrer wies ihn auf einen leeren Platz neben einem Jungen. Seto setzte sich hin und riskierte dann einen Blick auf seinen Banknachbarn. Er sah interessant aus, mit seinem Hut und den giftgrünen Augen. Seto hatte noch nie solch eine Farbe gesehen. Ob dieser faszinierende Junge wohl Setos erster Freund sein würde?

Seto wollte den Jungen in der Pause ansprechen. Er wollte die Chance nutzen und ihn als Freund gewinnen. Doch der Junge war aus dem Raum verschwunden, sobald die Glocke geklingelt hatte. Das Gleiche hatte sich auch in all den anderen Pausen abgespielt. Seto seufzte. Jetzt war der erste Tag schon zu Ende und er hatte keine einzige Person kennengelernt. Er war viel zu sehr auf seinen Banknachbarn fixiert, dass er nicht daran gedacht hatte, jemand anderen anzusprechen.

Seto sass auf seinem Stuhl. Das Klassenzimmer hatte sich schon geleert. Er sollte auch gehen; sein Grossvater wartete Zuhause sicher schon auf ihn. Doch etwas hielt ihn zurück. Der Rucksack seines Banknachbarn war noch auf dem Tisch. Zwar hatte er den Raum schon längst verlassen, doch er konnte nicht Nachhause gegangen sein. Schliesslich hatte er seine Tasche nicht mitgenommen. Seto wollte auf ihn warten.

Zum Glück kam er bald zurück. Er blickte Seto überrascht an. Normalerweise waren schon alle weg, sobald er zurückkam. Heute war das anders. Dieser neue Junge war noch da. Wieso bloss? Er packte sich seine Tasche und wollte gehen, ohne Seto eines weiteren Blickes zu würdigen, doch Seto stoppte ihn. Er hielt ihn am Arm fest.

„Was denkst du, machst du da?“ Endlich hatte Seto seine Stimme gehört. Sie klang anders. Nicht so, wie es sich Seto vorgestellt hatte. Er liess seinen Arm sofort wieder los, aber erwiderte nichts. Der Junge sprach weiter: „Wieso bist du überhaupt noch hier?“ Seto wollte ihm sagen, dass er auf ihn gewartet hatte. Doch er entschied sich dann dagegen. Schliesslich war die Situation irgendwie komisch und er wollte es nicht noch schlimmer machen.

„Uh… Wer bist du eigentlich? Also wie heisst du?“ Seto beschloss nicht auf seine Frage einzugehen, sondern eine neue zu stellen. Der Junge machte eine komische Bewegung (Er drehte sich einmal um 360°), was Seto verwirrt betrachtete. Dann fragte der Junge mit einem kleinen Grinsen: „Solltest du dich nicht zuerst vorstellen?“ Seto war noch verwirrter. Er hatte sich doch heute Morgen vor der Klasse vorgestellt. Ob der Junge nicht aufgepasst hatte?

„M-mein Name ist Seto.“ – „Komischer Name.“ Seto hatte keine Zeit, um auf seine blöde Bemerkung einzugehen, denn der Junge machte wieder irgendeine zirkushafte Bewegung und antwortete dann: „Du kannst mich Crow nennen.“ Wenn schon, war sein Name komisch, nicht Setos. Aber das sagte er natürlich nicht. Er lächelte und meinte: „Okay, Crow.“

Plötzlich verfinsterte sich Crows Miene. „Tu nicht so, als wären wir Freunde.“ Seine Stimme klang kalt. Doch Seto könnte schwören, dass auch Verletzung darin lag. Seto antwortete nicht gleich. Er war leicht eingeschüchtert. Doch als er sich wieder gefangen hatte und irgendwelche verwirrte Sätze stammelte, schnappte Crow die Kette, die Seto um den Hals trug. Diese Kette hatte ihm sein Grossvater geschenkt. Sie war etwas ganz Spezielles für ihn.

Crow machte eine weitere akrobatische Bewegung und sprang weg von Setos Reichweite. „Schöne Kette. Sieht ziemlich wertvoll aus.“ Seto wurde wütend. „Die Kette hat mir mein Grossvater geschenkt. Gib sie mir zurück!“ Crow war überrascht, dass der Junge, der vorhin so eingeschüchtert war, auch wütend werden konnte. Grinsend meinte er: „Wenn du mich fängst, bekommst du sie zurück.“

Seto konnte nicht glauben, zu was sein Warten geführt hatte. Er spielte jetzt Fangen mit diesem komischen Jungen. Crow war so geschickt, dass es lange dauerte, bis Seto ihn endlich gefangen hatte. Seto war leicht ausser Atem, aber Crow wirkte überhaupt nicht so, als wäre er die letzten zehn Minuten wildherumgerannt.

„Du solltest besser auf die Kette aufpassen, wenn sie dir so wichtig ist.“ Seto wollte sich bedanken, als plötzlich Crows Lippen auf seinen lagen. Seto war viel zu sehr überrumpelt und so verstrichen einige Sekunden, in denen ihre Lippen sich berührten. Dann löste sich Seto abrupt von ihm und fiel zu Boden.

„W-was sollte das?“ Seto war ausser sich, was Crow überhaupt nicht zu stören schien. Er blieb unbekümmert und meinte nebenbei: „Wir sind Freunde. Freunde küssen sich gegenseitig, oder? Das habe ich neulich gelesen.“ Seto hatte sich immer noch nicht eingekriegt. Er legte eine Hand auf seine Lippen. „Aber das war mein allererstes Kuss!“

Crow bot Seto die Hand an. „Oh. Das macht mich wohl zu deinem ersten Kumpel. Beste Freunde, oder?“ Seto blickte Crow überrascht an. Er flüsterte: „Mein bester Freund?“, ehe er Crows ausgestreckte Hand annahm und sich hochziehen liess. Ein Lächeln formte sich dann auf seinem Gesicht. „Ja, wir sind Freunde.“ Crow erwiderte sein Lächeln.

„Wohin bist du eigentlich in den Pausen immer verschwunden?“ Crow antwortete nicht, aber zog Seto hinter sich. Er brachte ihn in die Schulbibliothek und löste ihre Hände, um die Tür aufzumachen. „Die Bibliothek? Was machst du hier?“ Crow antwortete eine Weile wieder nicht. Dann räusperte er sich jedoch und senkte den Blick zu Boden, ehe er sagte: „Wenn ich im Klassenzimmer bleibe, bin ich alleine. Es ist komisch. Deshalb komme ich lieber hierher und lese. Erst heute habe ich das mit dem Küssen gelesen. Ich habe gemerkt, dass du mich ansprechen wolltest und wollte herausfinden, was Freunde so tun.“  

Crow starrte immer noch auf den Boden. Irgendwie war ihm dieses Geständnis ein wenig unangenehm. Seto belächelte seine Reaktion jedoch. Crow hatte sich tatsächlich Mühe für ihn gemacht. Sein Freund hatte für ihn etwas gemacht. Wie das klang. Sein Freund… Daran müsste sich Seto noch gewöhnen.

Plötzlich schnappte sich Crow ein Buch aus einem der vielen Regale. Er öffnete eine Seite und zeigte mit dem Finger auf ein Bild. Setos Augen weiteten sich, als er das Bild erblickte. Ein Vergnügungspark. Wie in seinem Traum. Doch dieser Vergnügungspark sah nicht so leer aus. Das Bild strahlte eine gewisse Freude, so wie es sich eben auch gehörte.

„Das ist mein Lieblingsbuch. Ich liebe dieses Bild. Ich wollte schon immer mit einem Freund in den Vergnügungspark. Aber bis jetzt konnte ich das Bild nur anschauen und mir vorstellen, wie es wäre, mit Freunden ein solches Erlebnis zu machen.“ Seto hörte Crow fasziniert zu. Dann fragte er lächelnd: „Was hältst du davon, wenn wir nächstes Wochenende zusammen in ein Vergnügungspark gehen?“
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