Das Negativ
von Lupenlicht
Kurzbeschreibung
(Spoiler für Episode 5) Die schwerste Entscheidung. Und der letzte Ausweg. Noch einmal alles anders machen. Einmal noch die gegebenen Optionen nicht akzeptieren. Einmal noch tun, was Max Caulfield am besten kann - dem Schicksal einen Strich durch die Rechnung machen. (Alternatives Ende)
KurzgeschichteAngst, Freundschaft / P16 / FemSlash
Chloe Price
Maxine "Max" Caulfield
Nathan Prescott
24.10.2015
24.10.2015
1
1.405
3
24.10.2015
1.405
(Spoiler für Episode 5 und somit das Ende der Spielreihe)
Weil mir das Ende keine Ruhe ließ und ich es noch nicht akzeptieren kann. Weil ich stur bin und dickköpfig und weil ich denke, dass Max sehr, sehr mutig ist. Deswegen hab ich mir mein eigenes Ende geschrieben. Es ist kurz.
Emotionaler Abschluss für mich > literarische Qualität dieses Oneshots.
Ganz bis zum Ende ihrer gemeinsamen Zeit hatte es dauern müssen, bis Chloe es sagte, bis keine Zeit mehr übrig gewesen war, um darauf zu antworten. Keine Zeit, Freude zu empfinden.
Die Finger, die die Kamera halten, zittern, und Max umschließt sie noch fester. Nie hat sich etwas falscher angefühlt. Von all den Entscheidungen, die sie über die letzte Woche verteilt hat treffen müssen, ist dies die schwerste, die schlimmste.
Chloe hat sie selbst darum gebeten. Für Joyce. Für alle anderen. Für Arcadia Bay.
Aber was ist mit uns?, will Max fragen. Mit dir?
Sie atmet tief ein und fokussiert den leuchtend blauen Schmetterling, der sich am Rande des Putzeimers niederlässt. Es klickt, es blitzt, das Tier erschrickt und schlägt mit den Flügeln. Surrend spuckt die Kamera das Polaroid aus und Max hält es in den Händen.
Während sie an der kühlen Kabinenwand herabsinkt, hört sie kaum wirklich, wie sich die Tür öffnet und Nathan den Raum betritt. Sie kennt die Worte, die er sich selbst zuspricht, und sie versucht, sie auszublenden. Wünscht sich, sie wäre nicht hier. Sie versucht, still sitzen zu bleiben. Sich daran zu erinnern, dass sogar Chloe selbst dies als ihr Schicksal akzeptiert hat. Also muss Max das auch tun. Sie muss.
Doch dann kommt die zweite Stimme – die, die ihr so vertraut ist. Als sie Chloe reden hört, sind all die Gefühle wieder da und all die Erinnerungen prasseln mit dem Gewicht von Steinen auf Max herab.
Max' Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Denn das Schlimmste kommt doch erst jetzt auf Chloe zu. Unausweichlich vergehen die Sekunden und der Schlüsselpunkt rückt immer näher.
Sie weiß es nicht, schießt es Max durch den Kopf. Chloe weiß nicht um das, was sie gemeinsam erlebt haben. Die Chloe, die sich gerade immer lauter mit Nathan streitet, weiß, dass ihre beste Freundin Max sie verlassen hat, und nicht mehr.
Ohne ihr Zutun steht Max wieder auf, ihre Beine strecken sich. Nein, denkt sie. Sie will wieder zurück. Das hier war die falsche Entscheidung. Sie kann das nicht geschehen lassen!
Doch einen Weg zurück gibt es nicht. Ihr gesamter Körper schmerzt, und ihre Seele gleich mit. Sie kann so nicht weiter machen. Mit Chloe vor und zurück in der Zeit springen, auf der Flucht vor dem Tod, immer und immer wieder, während sie Leichen hinter sich am Wegesrand zurücklassen.
Max' Hände ballen sich zu Fäusten.
Die Flucht ist keine Option mehr.
Doch Chloe sterben zu lassen ist unmöglich. Sie kann es nicht akzeptieren.
„Nimm die Knarre weg von mir, du-“
„Nein!“
Max' Stimme ist laut und verzweifelt, hell zerreißt sie die gespannte Atmosphäre des Badezimmers. Ihr Blick begegnet Chloes. Die junge Frau reißt erschrocken die Augen auf und Max weiß, dass Chloe sie erkennt. Beinahe meint sie, in ihrem Blick noch mehr erkennen zu können. Was wäre, wenn Chloe es wissen würde?
Die Zeit um sie herum scheint langsamer zu vergehen, doch Max weiß, dass es diesmal nur ihre Psyche ist, die ihr einen Streich spielt. Wie in Zeitlupe sieht sie Nathan, der geschockt zu ihr herumwirbelt. Im Gesicht pures Erstaunen, in der Hand immer noch die Waffe. Sein Arm zuckt in Max' Richtung und Max ist sich sicher, dass es keine Absicht ist, dass der Schuss sich löst.
So, wie Nathan nicht vorhatte, Chloe zu töten, ist auch das hier ein Unfall.
Den Schmerz spürt Max deutlich, aber nicht lang. Die Erleichterung ist größer.
Welches Mädchen Nathan erschießt spielt keine Rolle, da ist sie ganz sicher. Es muss nicht Chloe sein, die heute hier stirbt.
Dies wird Konsequenzen haben. Es wird alles ins Gleichgewicht rücken. Max kann beinahe spüren, wie das Schicksal sie als Tausch akzeptiert, wie es seine transparenten Finger von Chloe lässt und nach ihr ausstreckt.
Beinahe hätte sie gelacht, doch dazu fehlt ihr gerade der Atem.
Sie sieht Nathan auf sich zukommen, doch er wird von Chloe an der Schulter zurückgerissen, und dann ist die Blauhaarige neben Max auf dem Boden.
„Max! Was zur Hölle machst du hier? Nein, das kann nicht passieren! Nein!“
„Chloe, ich weiß, dass es schwer zu verstehen ist. Aber jetzt wird alles gut. Ich verspreche es dir.“
„Max, was... wieso -“
Doch für Fragen wird keine Zeit mehr sein. „Chloe, ich werde dich immer lieben.“
Jetzt, wo sie diese Worte hat erwidern können, heilt eine Wunde in Max' Herz. Jetzt fühlt es sich richtig an. Sie kann Tränen in ihren Augen spüren und weiß, dass es Erleichterung ist. Sie hat es geschafft.
„Ich werde immer bei dir sein“, flüstert sie.
Sie kann Chloes warme Hände spüren. An ihren Wangen, ihren Schultern. Diese Berührung ist es, die sie hinausbegleitet. Aus diesem Raum, aus der Schule, aus der herbstlich kühlen Luft Arcadia Bays. Heraus aus dieser Zeit.
*
Chloe hat zwei Arme um ihre Schultern – Joyce stützt ihre Tochter, und auch David weicht nicht von der Seite des Mädchens, das für ihn wie sein eigenes Kind geworden ist. Gemeinsam gehen sie den Weg zum Grab.
Chloe hört die Worte kaum, die der Pfarrer spricht. Ihr Blick ist auf das Holz des Sarges gerichtet, in dem ihre beste Freundin liegt. Oder der Körper, den sie zurückgelassen hat. Es kommt Chloe unfair vor. Ihre Dummheit hat Nathan provoziert, eine Pistole mit zur Schule zu bringen. Sie wird das Gefühl nicht los, dass die Kugel, die Max das Leben genommen hat, eigentlich ihr selbst zugestanden hätte.
Weil mir das Ende keine Ruhe ließ und ich es noch nicht akzeptieren kann. Weil ich stur bin und dickköpfig und weil ich denke, dass Max sehr, sehr mutig ist. Deswegen hab ich mir mein eigenes Ende geschrieben. Es ist kurz.
Emotionaler Abschluss für mich > literarische Qualität dieses Oneshots.
Das Negativ
Max spürt Chloes Lippen noch immer auf ihren. Die Wärme ist noch da, ganz deutlich, viel mehr als die Erinnerung an den kalten Regen und den peitschenden Wind. Doch sie hat keine Zeit, sich daran festzuhalten, und keine Zeit, die Bedeutung der Worte nachhallen zu lassen, die Chloe eben zum Abschied ausgesprochen hat.
Ich werde dich immer lieben.
Ich werde dich immer lieben.
Ganz bis zum Ende ihrer gemeinsamen Zeit hatte es dauern müssen, bis Chloe es sagte, bis keine Zeit mehr übrig gewesen war, um darauf zu antworten. Keine Zeit, Freude zu empfinden.
Die Finger, die die Kamera halten, zittern, und Max umschließt sie noch fester. Nie hat sich etwas falscher angefühlt. Von all den Entscheidungen, die sie über die letzte Woche verteilt hat treffen müssen, ist dies die schwerste, die schlimmste.
Chloe hat sie selbst darum gebeten. Für Joyce. Für alle anderen. Für Arcadia Bay.
Aber was ist mit uns?, will Max fragen. Mit dir?
Sie atmet tief ein und fokussiert den leuchtend blauen Schmetterling, der sich am Rande des Putzeimers niederlässt. Es klickt, es blitzt, das Tier erschrickt und schlägt mit den Flügeln. Surrend spuckt die Kamera das Polaroid aus und Max hält es in den Händen.
Langsam erscheint aus dem Nebel das Photo und Max zieht in Erwägung, es zu behalten. Sich eine Hintertür offen zu halten. Die Möglichkeit, später doch noch einmal hierher zurückzukehren, falls sie es nicht aushalten kann.
Doch sie weiß, dass das nicht sein darf. Als sie das Polaroid zerreißt, fühlt es sich an, als wäre es ihr eigenes Herz gewesen. Und ein bisschen stimmt das ja auch.
Doch sie weiß, dass das nicht sein darf. Als sie das Polaroid zerreißt, fühlt es sich an, als wäre es ihr eigenes Herz gewesen. Und ein bisschen stimmt das ja auch.
Während sie an der kühlen Kabinenwand herabsinkt, hört sie kaum wirklich, wie sich die Tür öffnet und Nathan den Raum betritt. Sie kennt die Worte, die er sich selbst zuspricht, und sie versucht, sie auszublenden. Wünscht sich, sie wäre nicht hier. Sie versucht, still sitzen zu bleiben. Sich daran zu erinnern, dass sogar Chloe selbst dies als ihr Schicksal akzeptiert hat. Also muss Max das auch tun. Sie muss.
Doch dann kommt die zweite Stimme – die, die ihr so vertraut ist. Als sie Chloe reden hört, sind all die Gefühle wieder da und all die Erinnerungen prasseln mit dem Gewicht von Steinen auf Max herab.
Chloes Stimme. Max hat sie lachen gehört und weinen, schreien und flüstern. Voller Wut, voller Zärtlichkeit. Die Chloe, mit der sie die letzten Tage verbracht hat, war noch immer das Mädchen von früher, nur angefüllt mit so vielen Gefühlen. In sie eingehaucht von einer Welt, die ihr so viel Schlimmes angetan hat.
Max' Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Denn das Schlimmste kommt doch erst jetzt auf Chloe zu. Unausweichlich vergehen die Sekunden und der Schlüsselpunkt rückt immer näher.
Sie weiß es nicht, schießt es Max durch den Kopf. Chloe weiß nicht um das, was sie gemeinsam erlebt haben. Die Chloe, die sich gerade immer lauter mit Nathan streitet, weiß, dass ihre beste Freundin Max sie verlassen hat, und nicht mehr.
Ohne ihr Zutun steht Max wieder auf, ihre Beine strecken sich. Nein, denkt sie. Sie will wieder zurück. Das hier war die falsche Entscheidung. Sie kann das nicht geschehen lassen!
Doch einen Weg zurück gibt es nicht. Ihr gesamter Körper schmerzt, und ihre Seele gleich mit. Sie kann so nicht weiter machen. Mit Chloe vor und zurück in der Zeit springen, auf der Flucht vor dem Tod, immer und immer wieder, während sie Leichen hinter sich am Wegesrand zurücklassen.
Max' Hände ballen sich zu Fäusten.
Die Flucht ist keine Option mehr.
Doch Chloe sterben zu lassen ist unmöglich. Sie kann es nicht akzeptieren.
„Nimm die Knarre weg von mir, du-“
„Nein!“
Max' Stimme ist laut und verzweifelt, hell zerreißt sie die gespannte Atmosphäre des Badezimmers. Ihr Blick begegnet Chloes. Die junge Frau reißt erschrocken die Augen auf und Max weiß, dass Chloe sie erkennt. Beinahe meint sie, in ihrem Blick noch mehr erkennen zu können. Was wäre, wenn Chloe es wissen würde?
Die Zeit um sie herum scheint langsamer zu vergehen, doch Max weiß, dass es diesmal nur ihre Psyche ist, die ihr einen Streich spielt. Wie in Zeitlupe sieht sie Nathan, der geschockt zu ihr herumwirbelt. Im Gesicht pures Erstaunen, in der Hand immer noch die Waffe. Sein Arm zuckt in Max' Richtung und Max ist sich sicher, dass es keine Absicht ist, dass der Schuss sich löst.
So, wie Nathan nicht vorhatte, Chloe zu töten, ist auch das hier ein Unfall.
Den Schmerz spürt Max deutlich, aber nicht lang. Die Erleichterung ist größer.
Nathan lässt die Waffe fallen, Chloe schlägt sich die Hände vor den Mund. Doch Max kann nur lächeln.
Chloe ist unverletzt. Während sie zu Boden sinkt weiß Max, dass sie es geschafft hat. Das hier wird ausreichen. Es ist ganz einfach. Die leichteste Entscheidung, vor der sie je gestanden hat. Und die letzte.
Chloe ist unverletzt. Während sie zu Boden sinkt weiß Max, dass sie es geschafft hat. Das hier wird ausreichen. Es ist ganz einfach. Die leichteste Entscheidung, vor der sie je gestanden hat. Und die letzte.
Welches Mädchen Nathan erschießt spielt keine Rolle, da ist sie ganz sicher. Es muss nicht Chloe sein, die heute hier stirbt.
Dies wird Konsequenzen haben. Es wird alles ins Gleichgewicht rücken. Max kann beinahe spüren, wie das Schicksal sie als Tausch akzeptiert, wie es seine transparenten Finger von Chloe lässt und nach ihr ausstreckt.
Beinahe hätte sie gelacht, doch dazu fehlt ihr gerade der Atem.
Sie sieht Nathan auf sich zukommen, doch er wird von Chloe an der Schulter zurückgerissen, und dann ist die Blauhaarige neben Max auf dem Boden.
„Max! Was zur Hölle machst du hier? Nein, das kann nicht passieren! Nein!“
Obwohl die Welt um sie herum verschwimmt, versucht Max, Chloes Blick zu finden und zu halten.
„Chloe. Hör mir zu.“
Ihre Stimme ist leise, doch sie weiß, dass Chloe sie hören kann, denn sie verstummt und ihre Augen weiten sich.
„Chloe. Hör mir zu.“
Ihre Stimme ist leise, doch sie weiß, dass Chloe sie hören kann, denn sie verstummt und ihre Augen weiten sich.
„Chloe, ich weiß, dass es schwer zu verstehen ist. Aber jetzt wird alles gut. Ich verspreche es dir.“
„Max, was... wieso -“
Doch für Fragen wird keine Zeit mehr sein. „Chloe, ich werde dich immer lieben.“
Jetzt, wo sie diese Worte hat erwidern können, heilt eine Wunde in Max' Herz. Jetzt fühlt es sich richtig an. Sie kann Tränen in ihren Augen spüren und weiß, dass es Erleichterung ist. Sie hat es geschafft.
„Ich werde immer bei dir sein“, flüstert sie.
Sie kann Chloes warme Hände spüren. An ihren Wangen, ihren Schultern. Diese Berührung ist es, die sie hinausbegleitet. Aus diesem Raum, aus der Schule, aus der herbstlich kühlen Luft Arcadia Bays. Heraus aus dieser Zeit.
*
Chloe hat zwei Arme um ihre Schultern – Joyce stützt ihre Tochter, und auch David weicht nicht von der Seite des Mädchens, das für ihn wie sein eigenes Kind geworden ist. Gemeinsam gehen sie den Weg zum Grab.
Chloe umarmt Max' Mutter. Worte wechseln sie nicht, denn es gibt keine, die diesem Moment gerecht werden können.
Verstanden hat Chloe es noch nicht ganz, doch da ist dieses Gefühl in ihr, das immer stärker wird. Wie eine Erinnerung verborgen im Nebel, die sie nicht zu fassen bekommt. Fast so, als wäre sie noch gar nicht geschehen.
Die Sonnenstrahlen sind tröstlich auf ihrer Haut und wäre dies nicht eine Beerdigung, hätte es ein schöner Tag werden können.
Verstanden hat Chloe es noch nicht ganz, doch da ist dieses Gefühl in ihr, das immer stärker wird. Wie eine Erinnerung verborgen im Nebel, die sie nicht zu fassen bekommt. Fast so, als wäre sie noch gar nicht geschehen.
Die Sonnenstrahlen sind tröstlich auf ihrer Haut und wäre dies nicht eine Beerdigung, hätte es ein schöner Tag werden können.
Chloe hört die Worte kaum, die der Pfarrer spricht. Ihr Blick ist auf das Holz des Sarges gerichtet, in dem ihre beste Freundin liegt. Oder der Körper, den sie zurückgelassen hat. Es kommt Chloe unfair vor. Ihre Dummheit hat Nathan provoziert, eine Pistole mit zur Schule zu bringen. Sie wird das Gefühl nicht los, dass die Kugel, die Max das Leben genommen hat, eigentlich ihr selbst zugestanden hätte.
Sie kann den Sarg nicht länger ansehen und hebt den Blick, lässt ihn über den Wald am Rande des Friedhofs wandern. Dort, im Schatten der Bäume, sieht sie es. Das Reh, dessen Fell in der herbstlich goldenen Stunde golden glänzt. Es sieht direkt zu ihr herüber und Chloe spürt einen Kontakt. Eine Präsenz, die sie ganz einhüllt und umarmt.
Sie wird es nie jemandem erzählen, doch sie ist sich ganz sicher, dass sie es sieht. Das Reh nickt ihr zu, senkt ganz deutlich den Kopf.
Und Chloe lächelt. Sie spürt, dass sie nicht allein ist. Und dass die Dinge besser werden.
Sie wird es nie jemandem erzählen, doch sie ist sich ganz sicher, dass sie es sieht. Das Reh nickt ihr zu, senkt ganz deutlich den Kopf.
Und Chloe lächelt. Sie spürt, dass sie nicht allein ist. Und dass die Dinge besser werden.