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Josephine Klick Staffel 3

von bichi
Kurzbeschreibung
GeschichteKrimi, Liebesgeschichte / P16 / Gen
Fritz Munro Josephine Klick
20.10.2015
26.05.2016
38
86.642
3
Alle Kapitel
130 Reviews
Dieses Kapitel
4 Reviews
 
23.03.2016 3.670
 
Hey meine Lieben! Vielen vielen Danke für eure lieben Kommentare und Worte! Sie haben mich wirklich motiviert, gleich weiterzuschreiben. Ich hoffe, es gefällt euch. Das richtige Abenteuer kommt erst noch. Aber ein bisschen Vorwissen schadet nie, dachte ich. :-) Viel Spaß beim Lesen!



(Josy) Nein. Nein. Nein. Verzweifelt suchte ich nach einem perfekten Outfit. Ein Outfit, das sowohl legere zu tragen und dennoch elegant wirkte, das sexy aber nicht billig aussah. Immerhin wollte ich Fritz ja nicht blamieren. Schon seit Stunden hatte ich die verschiedensten Kleidungsstücke anprobiert. Bisher war jedoch noch keines dabei, das all diese Kriterien erfüllte. Zumindest hatte ich bereits eine Ausstattung gefunden. Aber dieses drei ganze Tage anzuziehen ging nicht. Wenn diese Frauen sich nicht verändert hatten und wirklich so waren, wie Fritz und Alex erzählt hatten, dann würden die sich glatt zwei drei Mal am Tag umziehen. Da konnte ich nie mithalten. Ich betrachtete mich im Spiegel. Ich trug eine eng anliegende schwarze Jeans, eine durchsichtige blaue Bluse und darunter ein blaues  Spaghettiträgertop.

„Schaut doch sex aus.“ ertönte plötzlich hinter mir eine Stimme. Anna. Gott. Konnte diese Frau eigentlich nie anklopfen?!
„Das heißt sexy Anna. Aber danke. Trotzdem brauche ich noch was. Ein Kleid wäre nicht schlecht. Aber in meinem Kleiderschrank herrscht absolute Ebbe.“ Ich hatte nur ein einziges Kleid gehabt, das einigermaßen graziös gewirkt hätte. Leider passte es mir nicht mehr. Immerhin hatte ich die letzten zwei Monate durch sehr viel Sport ganze zehn Kilo abgenommen.
„Kein Wunder wenn du isst wie Heuschrecke vor Wurstabteilung.“
„Sag mir lieber, was ich machen soll. Ich brauch unbedingt was und die Geschäfte haben schon zu.“ Man klang ich verzweifelt. Irgendwie fühlte ich mich auch schon so. Wie beim letzten Mal, als ich mich für das abgesagte Date mit Fritz hübsch machen wollte. Merkwürdig. Bei den Dates mit Greg hatte ich nie ein solches Gefühl. Woran das wohl lag?
„Weißt du. Hab gestern meine Kleider ausgelistet …..“
Innerlich verdrehte ich lächeln die Augen. „Du meinst ausgemistet.“ sagte ich grinsend.
Verwirrt sah sie mich an. „Hab ich doch gesagt. Hab ein Kleid gefunden. Kannst es ja anziehen.“
„Ehm Anna ich will ja nicht „ Wie sollte ich ihr nur schonend beibringen, dass wir nicht die selbe Größe haben.
„Keine Sorge. Das wird passen. Ich hols.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, ging sie singend die Treppe hinunter. Toll. Selbst wenn das Kleid passen würde, wer weiß, wie es aussah. Keine fünf Minuten später hörte ich Geräusche auf den Stufen. Die war aber schnell. Und das trotz Gewichtes.

„Bin da. Und da ist Kleid.“ teilte sie mir mit. Im Kopf überlegte ich mir bereits, wie ich dankend ablehnen sollte. Ich drehte mich langsam in ihre Richtung und machte den Mund auf, meine Worte stockten jedoch, als ich einen Blick auf das Kleidungsstück in Annas Arm warf. Wow. Das sah ja noch nicht einmal schlecht aus. Im Gegenteil. „Da guckst du blöd wie Esel oder. Hatte ich bestellt in Internet. Aber leider falsche Größe angegeben.Tja.“ meinte sie schulterzuckend.
„Wieso hast du es nicht zurückgeschickt?!“ erkundigte ich mich. Das wäre zumindest das, was alle normalen Leute getan hätten. Aber seit wann war auch Anna normal.
Sie späte geheimnisvoll links und rechts, ehe sie mir zuflüsterte: „Sag nichts Viktor. Aber ich bin faul. Außerdem es ist wunderhübsch. Also probiere!“ forderte sie mich auf und hielt mir das Kleid hin. Zögernd nahm ich es entgegen und schlüpfte hinein. Anna zog den Reißverschluss hinauf, danach betrachtete ich mich genau im Spiegel. Ich schluckte. Es war einfach perfekt. Angezogen sah es sogar noch besser aus. Es war ein schwarzes knielanges Kleid, hatte mittelbreite Träger und hatte beim Brustbereich einen V-Ausschnitt. Dieser war weder zu tief, um nuttig zu wirken, und dennoch gab es genau so viel preis, dass Männern vermutlich die Augen rausfallen würden. Am Bauch befand sich ein geschickter Gummibund, welcher den Bauch ideal kaschierte. Der Stoff des Kleides war einfach himmlisch. Anschmiegend und geschmeidig.
„Gut oder? Damit bringst du deinen Komissaari in wie sagt man noch mal? In Wall?“
„Anna das heißt Wallungen. Aber er ist weder mein Kommissar noch will ich ihn scharf machen. Außerdem hab ich einen Freund, falls du das vergessen haben solltest.“
„Sage bloß du und kusipää sind noch gut. Das ist nicht gut Josy. Der passt nicht zu dir. Er ist nicht gut. Du bist gut. Gut, nicht gut geht nicht. Wieso machen du nicht Liebe mit Bruder? Sieht auch besser aus.“ meinte sie mir zuzwinkernd.
Tadelnd und geschockt sah ich sie bei ihren Vorschlag an. Würde sie je damit aufhören, Greg diesen Spitznamen zu geben? Dem hatte sie doch tatsächlich verklickert, dass kusipää schöner Mann auf Finnisch heißen würde. Dass dem nicht so war und Anna Greg in Wahrheit als Arschloch bezeichnet hatte, band ich ihm besser nicht auf die Nase.
Ich drehte mich zu ihr um und stemmte die Hände in die Hüften. „Anna bitte hör auf ihn zu beleidigen! Bei Fritz und mir läuft nichts.“
„Und wieso schaust du dann aus wie ausgehungerte Katze in seiner Nähe?“ Mir klappte der Mund auf vor Schreck. Tat ich das wirklich? „Und wie! Du machst dich auch jetzt hübsch für ihn und nicht kusipää!“
„Also erstens mache ich mich auch hübsch für kusi … Greg. Und zweitens tue ich Fritz nur einen Gefallen, damit er Eindruck schinden kann bei seinen Schulkameraden. Das ist alles.“ Wie peinlich. Jetzt fing ich auch schon mit diesem Namen an. Gut, dass Greg die Bedeutung nicht kennt. Sonst wäre er mal wieder beleidigt.
„Was nicht ist kann werden. Du, er, kaltes Bett. Schauspieler verschmelzen oft in Rolle. Und du werden verschmelzen in deine.“
Tzz. Ihre Fantasie! „Richtig Anna. Zuerst verschmelze ich in meine Verliebte-Freundin-Rolle und als Krönung landen wir dann auch noch im Bett.“
Ich fing nach meinen absurden Worte an zu grinsen. „Siehst du. Da ist wieder der Blick von wuscheliger Katze.“
„Das heißt wuschig.“ verbesserte ich ihren Optimismus.
„Siehst du. Du sehen es ein. Das gut. Du musst mir Montag sagen, wie es war.“ Mit diesen Worten ließ sie mich perplex stehend zurück. Typisch Anna. Auf welche Ideen die immer kam. Als ob Fritz und ich uns näher kommen würden dieses Wochenende. Ich war für ihn nicht mehr als eine Kollegin und Freundin. Mehr nicht. Das hatte er damals sehr deutlich gesagt. Und das war gut so. Partner kamen und gingen, aber eine wirklich gute Freundschaft konnte ein lebenlang bestehen.

Herzklopfend öffnete ich die Haustür, nachdem Fritz die Klingel betätigt hatte. Nachdem ich diese mit Schwung geöffnet hatte, setzte mein Gegenüber zu einem „Guten Mo“ an, hielt jedoch inne und sah mich plötzlich mit weit aufgerissenen Augen an. Meine Selbstsicherheit wich allmählich. War ich etwa noch immer zu füllig? Zumindest meinte Greg, dass ich ein paar Kilopurzler noch gut vertragen könnte. Natürlich hatte er es anders ausgedrückt.

Er hatte gemeint, ich bräuchte ein elegantes Kleid. Immerhin war ich die Frau eines ansehnlichen Anwaltes. Und so waren wir auf Shoppingtour gegangen. Jedoch war kein Kleid dabei, das ihm gefallen hatte. Immer hatte er was auszusetzen und zu meckern. Beim letzten, welches er mir gebracht hatte, meinte er sogar lächelnd, ich sehe aus wie eine Presswurst. Auch wenn er es nicht ernst gemeint hatte, (zumindest hoffte ich das für ihn!) so ging das eindeutig zu weit. Als Teenager hatte ich mir geschworen, mich nie für jemanden zu verändern und daran würde ich festhalten. Nachdem ich mich dann aus diesem hauchdünnen Nichts, welches im Übrigen Größe 36 gewesen war, herausgeschält hatte, schmiss ich es im um die Ohren und sauste davon. Vor vier Tagen war das. Seitdem hatte er stets versucht, sich bei mir zu melden. Doch ich hatte ihn ignoriert. Seine dämlichen Entschuldigungen, die sowieso nicht ernst gemeint waren, konnte er sich sonst wo hin schieben. Darauf hatte ich keine Lust. Er sollte darüber nachdenken, wieso ich sauer war. Auch wenn er sich selbst keiner Schuld bewusst war. Typisch Mann eben. Ob Fritz wohl genau das gleiche sagen würde?

Unsicher fragte ich: „Nicht gut?“
Langsam kam Leben in ihn zurück. Er fing an, mit seinem Kopf zu schütteln. „Nein nicht gut. Ganz und gar nicht gut Bielefeld! Weißt du eigentlich, wie diese Spatzenhirne gaffen dort werden?!“
Überrascht über seine Meinung blinzelte ich. „Aber du wolltest doch eine Freundin zum Repräsentieren.“
Fritz runzelte die Stirn. „Repräsentieren? Das dämliche Wort kommt bestimmt von meinem dämlichen Bruder.“
„Red nicht so über ihn Fritz. Außerdem hast du selbst gesagt, dass du mit mir angeben willst.“
„Bielefeld es würde sogar reichen, wenn du Jeans und Shirt anziehen würdest und diese Affen wären froh, wenn du sie auch nur mit dem Arsch ansehen würdest!“ Okay. Da war mal wieder diese spezielle Berliner Männerlogik. Meinte er jetzt, es hätte ein normales Gewand gereicht oder was?!
„Ehm … danke …. denke ich.“ meinte ich unsicher.
Ich konnte erkennen, dass Fritz die Augen verdrehte, bevor er mich  mit einem genuschelten „Das war ein Kompliment.“ mitschleppte und mir legere Klamotten, wie er es meinte, heraussuchte, damit ich diese anziehen konnte.

Nachdem wir ganze zehn Minuten schweigend gefahren waren, versuchte Fritz, ein Gespräch anzufangen. Vorsichtig späte er immer wieder zu mir rüber, schien abzuwiegen, ob er mir diese Frage wirklich stellen sollte. Irgendwann aber rückte er dann doch mit der Sprache heraus, was mir überraschte. „Sag mal wie viel hast du eigentlich abgenommen?“
Ich schmunzelte. Auch wenn ich stolz auf mein Ergebnis war, so antwortete ich dennoch nebenbei. „Ein zwei Kilos schon.“ Und es fühlte sich gar nicht mal so schlecht an. Es war eine gute Idee, mal auf mich selbst und meinen Körper zu achten. Auch wenn Greg davon überzeugt ist, dass ich es für ihn gemacht hatte.
„Bielefeld das waren mindestens zehn! Wie hast du die eigentlich verloren?“ fragte er gründlich nach.
„Wieso? Willst du etwa auch abnehmen?“ meinte ich scherzhaft, doch Fritz war wohl alles andere als zum Lachen zu mute.
„Du stopfst dir doch nicht Tabletten rein oder?“
„Gegenfrage. Wie glaubst denn du, dass ich das geschafft hab?“ wollte ich ihn ein klein wenig aufziehen. Wie in alten Zeiten. Doch irgendwie reagierte Fritz anders als damals. Früher hätte er mir ein ´ Deinem Kopf haben die Tabletten wohl auch geschadet ´ reingedrückt. Aber mit so einer Reaktion hatte ich im Leben nicht gerechnet.

„Sag mal spinnst du! Weißt du eigentlich wie saugefährlich das sein kann! Willst du deine Gesundheit wirklich so leicht aufs Spiel setzen?! Das ist der ganze Scheiß doch gar nicht wert!“ hielt er mir eine Standpauke. Ich bewunderte es, dass er sich trotzallem noch so gut auf den Verkehr konzentrieren konnte. Wieso nur reagierte er so emotional?! Fast, als ob er sich um mich Sorgen machen würde.
„Beruhig dich Fritz. Das war ein Scherz.“ Dass ich diese Methode für ein paar Wochen ausprobiert hatte, ließ ich wohl mal besser weg. Nach meinen Worten entspannte er sich sichtlich. „Ich mach einfach regelmäßig Sport und esse nur noch das, was mein Körper auch wirklich braucht. Das ist alles.“
„Versteh euch Frauen und diesen Abnehmtick sowieso nicht.“
„Im Grunde genommen macht Frau das doch nur, um Mann zu gefallen. Kein Mann will eine mollige Freundin haben.“
„Das ist Blödsinn Josephine.“
„Fritz bitte. Stefanie sah aus, als wäre sie aus nem Modekatalog gesprungen.“ Soviel dazu.
„Das hat sie für sich selbst gemacht und nicht für mich. Mir wär ihr Aussehen egal gewesen.“
Ob er das wohl ernst meinte? „Ach kommt. Du willst mir doch nicht erzählen, dass du dich allen ernstes für die Mollige entscheiden würdest, wenn du die Wahl hättest!“
„Wieso nicht. Wenn der Charakter stimmt.“ meinte er nachdenklich und blickte mir dabei tief in die Augen. Seine Worte brachten mich zum Grübeln. Ob Greg wohl die gleiche Antwort gegeben hätte? Ein Wunder, dass die beiden verwandt waren. Sie konnten eigentlich unterschiedlicher nicht sein. Oder aber Fritz hatte das nur so daher gesagt, damit Frau das bekam, was sie hören wollte.

Ich entschied mich, nicht näher darauf einzugehen und das Thema zu wechseln. „Erzähl mir was über deine ehemalige Klasse. Wie waren sie so? Wie viel ward ihr eigentlich?“
„20“ antwortete er mir nach langem Zögern. Ich wurde neugierig und ich wäre nicht ich, wenn ich nicht sofort nachgehackt hätte.
„Ward ihr wirklich 20?“ Ich spitzte die Ohren und sah Fritz intensiv an.
Dieser atmete gespielt genervt aus. „Du gibst dich wohl nie einfach so zufrieden oder?“
„Nö. Das bin eben ich.“ meinte ich grinsend.
„Wir waren 21. Zumindest bis zur 8 Klasse.“
„Wieso? Was ist passiert? Ist sie weg gezogen?“ fing ich sofort an zu spekulieren. Fritz warf mir einen Halt-die-Klappe-damit-ich-weiterreden-kann-Blick zu.
„Nein. Sie …. ist mit Einigem nicht klar gekommen. Sie hat sich …... . Naja du kannst es dir ja denken.“ Mein Gott die Arme. Was brachte ein junges Mädchen dazu, sich umzubringen? Was trieb generell einen Menschen zu so einer Tat? Eine Frage, die ich mir schon seit meiner Ausbildung stellte. Und eine Frage, wo ich wohl nie eine Antwort finden würde.
„Erzähl weiter.“ bat ich ihn, um den Grund zu erfahren.
Fritz zuckte die Schultern. „Eigentlich gibt’s nicht viel zu erzählen. Christina war ein nettes Mädchen. Aber ihre Eltern waren … naja kompliziert. Sie sind beide Ärzte. Sie wollten damals eine perfekte Tochter haben und mit diesen vorgegeben Richtlinien ist sie eben nicht klar gekommen. Deshalb ist sie aus dem Fenster gesprungen. Der Sprung ins Glück. Das stand auf dem Zettel, den sie in der Hand gehalten hatte. Christina war immer sehr poetisch gewesen. Ihre n
Nachbarn hatten  alles mitangesehen. Als ihre Eltern von ihrem Selbstmord gehört hatten, meinten diese nur, dass eben nur die Starken überleben. Als meine Mutter diesen Satz erfahren hatte, war sie außer sich gewesen. Meinte wie kaltherzig sie nicht seien. Ehrlich gesagt konnte ich nicht wirklich ihre derartige Reaktion verstehen. Erst jetzt durch Ben. Ich würde eher selbst springen, als über meinem eigenen Kind sowas zu sagen.“ Gott. Christina tat mir richtig leid. Mein Vater war nicht gerade der Beste, aber selbst er würde sowas nie im Leben über mich sagen. Ob er wohl traurig wäre, wenn es mich nicht mehr gäbe?
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich eine Hand auf meinem Oberschenkel spürte. Sofort blickte ich Fritz an, der mich besorgt durchlöcherte. „Alles okay?“
Sprachlos nickte ich. „Das ist einige Jahre her Josephine.“
Abermals nickte ich. Er hatte ja recht. Aber ihr Schicksal ging mir aus irgendeinem Grund sehr zu Herzen. „Wer kommt eigentlich alles so?“ brachte ich uns auf andere Gedanken.
Fritz lächelte erleichtert. Also laut Sandra kommen nicht alle. Saskia liegt mit nem gebrochenen Fuß im Krankenhaus. Magda muss arbeiten. Jan, Enrique und Melanie haben schon andere Pläne, Franzi, Klara und Elfriede wohnen schon im Ausland und Benjamin konnte nicht ausfindig gemacht werden so viel ich weiß. Und natürlich Alex. Nur, weil seine Frau krank geworden ist und er nicht allein kommen will.“
„Ich grinste. Du wolltest doch auch nicht ohne Begleitung kommen so viel ich mich erinnern kann.“ drückte ich ihm grinsend rein. „Gegenfrage. Wer kommt? Was machen sie so?“
„Woher soll ich das wissen?“ meinte er scheinheilig.
„Fritz komm schon. Du bist Polizist. Wer wenn nicht wir informieren uns vorher über alles und jeden.“
Ertappt lächelte er mich an. „Ich hab nicht viel rausgefunden. Karl ist Immobilienmakler. Theresa ist Sekretärin und verheiratet mit einem gewissen Johann Poik. Susan ist Frisörin.
Matthias ist Leiter einer Kunststofffirma. Elke verdient ihren Lebensunterhalt als Verkäuferin und ist mit einer gewissen Helena Winter zusammen. Marc rettet Leben. Sandra ist Geschäftsführerin. Und Sophie ist Kindergärtnerin geworden. So viel ich weiß, hat Theresa eine Tochter und einen Jungen. Ansonsten hat noch keiner ein Kind.“
„Mhm.“ brummte ich nachdenklich.
„Hoffentlich verläuft das Wochenende einigermaßen ruhig ab. Sandra und Marc waren mal ein Paar. Hoffentlich gibt’s keine Streitereien. Darauf kann ich echt verzichten.“
„Ist das nicht der Klassiker bei Klassentreffen?“
„Stimmt. Gut, dass Benjamin nicht kommt. Dann würde es wirklich ne Katastrophe werden. Er und Elke waren mal kurz zusammen. Nach dem ersten Mal der beiden kam Elke drauf, dass sie eigentlich auf Frauen steht. Den Ruf, dass Benjamin sogar so mies im Bett war, dass er Frauen umdrehen konnte, blieb ihm dank Sandra und der restlichen Clique lange Zeit. Selbst bei seinem Studium war sein Ruf bekannt, weshalb er auch keine Dates hatte. Scheinbar hatte ihn sogar die Liebe seines Leben wegen dieser Gerüchte verlassen. Gott hatten wir ihn damals deswegen verarscht. Irgendwie tut er mir leid. Wenn ich diese Arschkarte damals gezogen hätte, wäre ich heute echt ne arme Sau. Würde mich nicht wundern, dass er nach dieser Mundpropaganda weit weggezogen wäre. Würde zumindest erklären, wieso ihn niemand finden konnte.“
„Ihr ward echt fies.“ meinte ich kopfschüttelnd.
„Wir waren jung Bielefeld. Als ob ihr da nicht auch ein paar Streiche gespielt hattet. Außerdem hatten Alex und ich ihn nicht wirklich damit aufgezogen sondern die anderen.“ verteidigte er sich.
„Aber du hast auch nichts dagegen gesagt oder?“ mutmaßte ich. Er sagte nichts mehr, aber das brauchte er auch gar nicht. Sein Blick genügte mir, um zu wissen, dass er ihm nicht geholfen hatte. Wenn mir das passiert wäre, hätte ich jedem Einzelnen in den Arsch geschossen. Garantiert.


„Bist du dir sicher, dass wir hier richtig sind? Ich meine hier ist überhaupt nichts.“ fragte ich ungläubig nach, da hier auf dem Parkplatz außer ein Dixieklo weit und breit nichts zu finden war.
„Sicher bin ich mir sicher.“ meinte Fritz, glaubte jedoch auch nicht wirklich daran. Er holte den Plan, den Sandra uns zukommen hatte lassen, heraus und studierte ihn. Okay. Wir sind eindeutig richtig. Oh. Offensichtlich mussten wir jetzt zu Fuß weiter. Na wunderbar. Fritz und ich sahen uns um, da leider nirgends auf der Karte stand, in welche Richtung wir gehen mussten. Da wir jedoch Polizisten waren, und unser Job es war, Sachen zu finden, stach uns irgendwann ein kleines Schild, auf dem Schloss Winter stand.
„Hattest du nicht gesagt, dass es bei den Gästen auch eine Winter gibt?“ fiel mir sofort ein. Fritz nickte. „Ja. Scheinbar haben dort drin mal ihre Urururgroßeltern oder so gelebt. Das Schloss scheint abgeschieden zu sein, weshalb Sandra auch Lebensmittel eingekauft hatte.“
„Verstehe. Deswegen ist die Übernachtungsmöglichkeit auch so billig.“ Es hatte mich ohnehin schon gewundert, dass wir für drei Tage nur hundert Euro zahlen mussten. Um Essen zu besorgen. Demnach war das Schlafen also um sonst. Na wunderbar. Das versprach ja schon einiges. Mit Sack und Pack gingen wir durch die Einöde. Keine drei Minuten später befanden wir uns vor einer Brücke. Ich blickte nach links und recht, doch die Brücke schien der einzige Weg zu sein. Unsicher gingen wir darüber und gingen immer gerade aus durch den Wald, bis wir endlich etwas Graues entdeckten. Wir näherten uns dem Objekt. Als wir dort ankamen, wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte. Erleichterung, dass wir es gefunden hatten, oder Angst, weil es wirklich gewaltig einem Geisterschloss ähnelte.
„Hast du etwa Angst?“ spöttelte Fritz ein wenig. Ich versuchte, cool zu bleiben und zuckte lässig die Schultern. „Ne. Weshalb auch?!“
„Der Legende nach ist dort drin ne junge Frau gestorben. Seitdem soll sie dort drin nachts immer spucken.“ probierte er mir einen Schrecken einzujagen. Ich schluckte. Ich hatte zwar keine Panik. Aber der Gedanke, dort zu schlafen, wo ein Mensch gestorben war, entlockten mir eben keine Freudensprünge.
Ich spürte, wie mich jemand in den Arm nahm. Reflexartig wollte ich zusammenzucken, als sich mein Körper sofort wieder beruhigte. „Keine Sorge Schatz. Ich bin ja da.“ meinte Fritz in seiner Rolle vertieft, bevor er mir einen dicken Schmatzer auf die Wange gedrückt hatte. Ich schloss intuitiv die Augen und konnte das Kribbeln dort spüren, wo seine Lippen meine Haut berührt hatten. Stimmt ja. Ich hatte ganz vergessen, dass wir ja ein Paar waren. Also natürlich nur hier auf dem Schloss versteht sich. So Josephine. Verliere nie die Rolle aus deinen Augen. Fritzs Freundin spielen. Wie schwer konnte das schon werden? Immerhin bin ich ja nicht wirklich verlie …........ Moment.

„Hast du nicht gesagt, dass du wie ein Trottel dastehen würdest ohne Freundin?“ fragte ich ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Und?“ meinte er beiläufig.
„Also wenn ich mich richtig erinnern kann, mein Lieber, dann gibt’s dort drin keinen Mann, der ne Freundin vorzuweisen hat! Und das wusstest du! Du hast mich die ganze Zeit verarscht!“ redete ich mich in Rage.
„Das hab ich erst nach deinem Angebot erfahren Bielefeld. Reg dich doch nicht so auf. Hattest sowieso nichts vor. Und wo du sowieso schon hier bist, kannst du meinen seelischen Beistand spielen.“ Toll. Das hätte er mir trotzdem mitteilen können. Dann wär ich nämlich nicht mitgefahren in dieses Spukschloss!

Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch bevor ich überhaupt ein Wort hätte sagen können, drückte mir Fritz seine Lippen auf und brachte mich so für kurze Zeit zu schweigen.
„Ey“ war alles, was ich herausbrachte, nachdem er sich zu meinem Bedauern von mir gelöst hatte.
Fritz grinste mich an und streichelte mir kurz über die Wangen. „Gibs zu Bielefeld. Du hättest doch trotzdem nicht abgesagt. Dafür lockt dich diese Situation viel zu sehr. Und jetzt halt die Klappe und konzentriere dich! Schatz!“ Er hatte gerade das letzte Wort betont, als in diesem Moment die Tür geöffnet wurde und eine schwarzhaarige Frau mit offenen Armen hinaus trat.
„Da seid ihr ja! Schön, dich zu sehen Fritz.“ meinte diese Frau freundlich und lächelte uns an. Übertrieben wenn man mich fragte. Flirtete die etwa gerade mit Fritz? „Wen hast du uns denn da mitgebracht?“
Fritz räusperte sich. „Elke. Das ist meine Freundin Josephine.“ Elke? War das nicht die, die mit einer Frau zusammen war? Okay. Also kein Grund zur Eifersucht. Also natürlich nur für meine Rolle. Muss ja immerhin überzeugend rüberkommen. Aus irgendeinem Grund jedoch hatte ich das Gefühl, als würde mir das gar nicht schwer fallen. Fritz und ich ein Paar. Wer hätte das im Leben für möglich gehalten bei unserem ersten Treffen? Verständlich nur offiziell. Inoffiziell bin ich ja eigentlich also rein theoretisch mit Greg zusammen. Vielleicht sollte ich mir das als Spicker klein auf die Handfläche schreiben, damit ich diese Tatsache nicht vergessen. Anna hatte recht. Wenn man in einer Rolle mal so richtig drin ist, kann man das reale Leben ganz schnell vergessen.



Lg eure Bichi
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