Odyssee eines Terminkalenders
von Feael Silmarien
Kurzbeschreibung
Ein neuer Schüler macht Sweet Amoris unsicher. - Buchstäblich, denn sein unschöner Ruf eilt ihm voraus. Was für ein Pech für die schüchterne Viola, die ihm seinen Terminkalender wiedergeben muss! Doch nach und nach kommt sie seiner wahren Persönlichkeit auf die Schliche und lernt dabei auch noch, über ihren Schatten zu springen ... --- Widmung: Allen Schüchternen von einer, die nicht mehr so schüchtern ist wie früher.
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Alexy
Armin
Kim
Lysander
Viola
06.08.2015
12.11.2015
15
36.717
7
Alle Kapitel
28 Reviews
28 Reviews
Dieses Kapitel
2 Reviews
2 Reviews
10.09.2015
2.746
Willkommen zurück allerseits, und bevor es weitergeht, möchte ich (wie immer) etwas loswerden: Danke. Danke, danke, danke. Ich hatte in all den Jahren des Fanfictionschreibens schon viele tolle und vor allem sehr unterschiedliche Leser, aber eine insgesamt so nachdenkliche und spekulierfreudige Leserschaft wie ihr ist doch eher selten. Ich freue mich, dass ihr dabei seid, und hoffe, dass die FF euch weiterhin gefällt. Vielen Dank für all die schönen Reviews bisher!
Und viel Spaß mit dem sechsten Kapitel! :)
-----------------------------------------------------
Kapitel 6: Der Beginn von Agent Amoris
Manchmal war es einfach von Vorteil, keinen A2-Block dabeizuhaben, denn mit dem unpraktischen Ding hätte sie bestimmt nicht beschlossen, zu Fuß nach Hause zu gehen. Es war ein schöner Tag, und seit Napoleone den Einbruch ins Lehrerzimmer angekündigt hatte, brauchte ihr Gehirn dringend frische Luft. So atmete sie tief ein und aus, als sie das Schultor passierte, und schlenderte die Straße entlang. Doch weit kam sie nicht, denn -
"Nanu, nana, was haben wir denn da? Eine Viola, die nicht auf der Hut ist?"
Sie fuhr vor Schreck zusammen und starrte Platon an, der sich auf seinem Fahrrad ihrem Schritttempo angepasst hatte und nun, wo sie abrupt stehen blieb, eher unfreiwillig eine Runde um sie drehte und abstieg.
"Ich wollte dich nicht erschrecken. Sorry."
Viola spürte, wie ihr die obligatorische Röte ins Gesicht schoss. Es reichte schon, dass sie in Anwesenheit ihrer Freunde ständig errötete, aber in seiner Anwesenheit hielt sich die Röte ja durchgängig!
"Auf dem Weg nach Hause?", fragte er, als beide sich wieder in Bewegung setzten und er sein Fahrrad neben ihr herschob.
Sie nickte.
"Ich gehe nicht oft in diese Richtung", begann er mal wieder zu plappern. "Aber heute muss ich Laura von der Schule abholen."
Viola hob den Blick und sah ihn vorsichtig von der Seite an. War Laura vielleicht ...
"Sie hat eine Art Hausarrest", plätscherte er unbeschwert weiter, "und ich muss darauf achten, dass er umgesetzt wird. Schließlich war das ja auch eine Abmachung zwischen ihr und mir: Entweder sie räumt ihren Saustall von einem Zimmer am Wochenende auf oder sie tut das unter der Woche, wobei ich sie dann auch noch von der Schule abhole, damit sie das nicht wie sonst immer ignoriert und nach der Schule etwas mit ihren Freundinnen unternimmt. Sie hat am Wochenende ihr Zimmer nicht aufgeräumt, also muss sie jetzt die Konsequenzen tragen. Selber schuld, sage ich da nur. Sie hat dieser Abmachung ausdrücklich zugestimmt, Caro ist meine Zeugin, und mit neun Jahren ist sie alt genug, um zu ihren Worten zu stehen." Er hielt plötzlich kurz inne. "Sorry, dass ich dich mit dem Kram zutexte. Lauras Benehmen vergiftet mein Hirn schon seit Wochen. Es kann also hin und wieder passieren, dass ich ein wenig ... abrutsche."
Es war das erste Mal, dass sie wenigstens eine leichte Verlegenheit in seinem Gesicht erkennen konnte. Und irgendwie ... fand Viola ihre Stimme wieder.
"Es ist nicht schlimm", murmelte sie. "Aber ich wusste nicht, dass du so ... Dass du dich ..."
"Dass ich meinen Cousinen Hausarrest aufbrummen kann?", grinste Platon und seine Verlegenheit war wie weggeweht. Stattdessen ... Freute er sich über etwas? Er strahlte so ... "Tante und Onkel müssen viel arbeiten, um uns vier durchzufüttern, deswegen helfen Caro und ich mit und haben ein Auge auf die beiden Jüngsten. Das gibt uns zwar bestimmte Privilegien, aber ..." Er hüstelte. "An Lauras Geburtstag bin ich mit einer Horde Grundschulmädchen im Zoo unterwegs."
Aaaaahah ... Vor Violas geistigem Auge erschien das Bild von einem Platon, der inmitten von Elefanten, Tigern und Giraffen von einer Traube kleiner Mädchen umquietscht wurde und, einen rosafarbenen Luftballon in der Hand, mit seinem linken Auge funkelte. Sie musste unwillkürlich glucksen.
"Das ist nicht lustig!", rief Platon, während sein Grinsen breiter wurde. "Caro und ich haben's ausgelost, und ich habe den Kürzeren gezogen. Ich wette, sie hat geschummelt, damit ich es bin, der mit gerissenem Trommelfell beim HNO antanzt!"
"Du wirst es bestimmt überstehen", sagte Viola und wagte ein kurzes Lächeln in seine Richtung. Er kümmerte sich offenbar sehr lieb um seine Familie ... Für die Gerüchte und seine Akte gab es bestimmt eine Erklärung!
"Das hat Caro auch gesagt", seufzte Platon. "Aber was ich eigentlich wollte ... Ich bin mit meinen Projekten demnächst durch, und es tut sich gerade ein Zeitfenster auf. Und ich habe extreme Gewissensbisse, dass ich erst in dich hineingerannt bin und nun, nach einer ganzen Woche, es immer noch nicht auf die Reihe bekommen habe, dich dafür einzuladen. Hast du morgen nach der Schule vielleicht Zeit?"
"Ich ..." Die Welle an Selbstbewusstsein ebbte jäh wieder ab. "Ich bin ..." Jaah, da gab es diese Sache mit dem Einbruch, um Platons Akte zu lesen ... Und sie konnte doch auch nicht ... Absagen?! Erklären?! Napoleone würde ... Und außerdem ... Die Akte ... Viola holte Luft. "Ich bin mit Freunden verabredet."
"Mist ...", grummelte Platon. "Ich meine ... Ich wünsche dir natürlich viel Spaß; finde es nur schade, dass es schon wieder nicht klappt. Aber wenigstens kann ich mich darüber freuen, dass du heute etwas gesprächiger bist als sonst." Er gab ihr einen sanften Klaps auf die Schulter.
Aus irgendeinem Grund nahm die Röte in ihrem Gesicht wieder zu ...
"Ich muss geradeaus", sagte er, und sie merkte, dass sie an der großen Kreuzung angelangt waren, an der sie rechts abbiegen musste.
Da ihre Kehle seit seiner Bemerkung über ihre Gesprächigkeit wie zugeschnürt war, zeigte sie nur in die Richtung.
"Dann heißt es wohl Abschied nehmen", meinte er mit einem etwas enttäuschten Lächeln. Und dann - "Komm her!" - streckte er seinen linken Arm aus, legte ihn um ihre Schultern und drückte sie kurz an sich. "Ich wünsche dir einen schönen Nachmittag. Bis morgen!"
Während sie zusah, wie er sich auf sein Fahrrad schwang und davonfuhr, glaubte sie, Dampf aus ihren Ohren pfeifen zu hören.
---
Viola fühlte sich kriminell. Es war Unterrichtsschluss, und Napoleones abenteuerlustig funkelnde Augen sowie ihr leicht irres Grinsen verkündeten den Beginn der Operation Ocean's Eleven, wie sie den Lehrerzimmereinbruch liebevoll nannte. Platon, das ahnungslose Opfer, hängte sich seine Laptoptasche um die Schulter, gab ihr, Viola, der Täterin in spe, ein Abschiedslächeln und wünschte ihr einen schönen Resttag, sodass ihr Gesicht wieder mal von Röte geflutet wurde. Die bevorstehende Missetat und die Umarmung von vor fast genau vierundzwanzig Stunden fielen unbarmherzig über sie her, und sie wünschte sich nichts sehnlicher als an Ort und Stelle ins Koma zu fallen und erst zwei Monate später wieder unter den Menschen zu weilen. Warum musste er nur so hübsche Wangenknochen haben?!
"Na? Ausnahmsweise bis zum bitten Ende in der Schule geblieben, du Emo?", rief er gerade mit bösem Grinsen seinem Lieblingsfeind Castiel zu.
"Nur dir zuliebe", erwiderte dieser mit einem nicht minder bösen Grinsen.
"Ich bin gerührt!" Platon ließ einen falschen Schluchzer hören. Und dann: "Du liebst mich also so sehr? Ich sag's dir, irgendwann heirate ich dich noch, Cassy!"
Für einen Moment war Castiels Gesicht wie zu Stein erstarrt und hatte eine seltsame grünliche Farbe angenommen, zerfloss im nächsten Augenblick aber wieder zu einem Lächeln. "Okay - aber nur, wenn du die Braut bist, Mariechen!"
"Ich bin ja froh, dass du meinen Zweitnamen magst - aber ehrlich, ein weißes Kleid und - oh ja, eine Hochsteckfrisur! - würden dir viel besser stehen!"
Castiel antwortete etwas, doch das konnte Viola nicht mehr hören, da die beiden sich mittlerweile zu weit entfernt hatten. Aber bildete sie sich das ein oder hatte Platons Stimme etwas kratzig geklungen? Gestern war es noch nicht der Fall gewesen ...
"Du bist so rot, Viola!" Mit einem Schlag spürte sie, wie ihr jemand von hinten um die Schultern fiel. "Aber ja, auch wenn Lysander immer noch am süßesten ist, hat Platon ein sehr gutes Äußeres - zumindest das, was man von ihm so sieht. Und er hat genau die richtige Größe für dich: kein Zwerg, aber immer noch klein genug, damit du dir nicht den Hals verrenken musst, um ihn zu küssen!"
Viola versteifte sich und versuchte krampfhaft, Napoleone nicht anzusehen. Für diese stand es mittlerweile fest, dass Viola und Platon ein Paar wären, und Bemerkungen dieser Art hatte Viola schon den ganzen Tag über sich ergehen lassen müssen. Aber andererseits ... hatte Napoleone in manchen Dingen nicht ganz unrecht. Platon hatte tatsächlich eine ganz nette Statur, derer er sich offenbar auch bewusst war, da seine Jacke und seine Hose sie sehr betonten. Und es war ihr erst jetzt, durch Napoleones Bemerkung, wirklich aufgefallen, dass er tatsächlich zu den kleineren Jungs der Klasse gehörte. 1,70 vielleicht, gerade mal acht Zentimeter größer als Viola und zehn Zentimeter kleiner als sein Feind Castiel.
Während sie ihm nun stumm hinterherblickte, weigerte sich die Röte verbissen, ihre Wangen zu verlassen, und die Erkenntnis dessen ließ sie nur noch mehr erröten. Das war ja nicht auszuhalten!
"Ah, da seid ihr!", gesellte sich nun auch Alexy zu ihnen und verkündete strahlend: "Ich habe Verstärkung mitgebracht!"
Glücklich über diese Ablenkung, richtete Viola ihren Blick auf ihn und seinen Zwillingsbruder.
"Du machst also auch mit, Armin?", zwitscherte Napoleone und hielt es offenbar immer noch nicht für nötig, Viola loszulassen.
"Aber klar!", rief dieser. "Ein gemeinsamer Einbruch ins Lehrerzimmer ist ja, wie wenn Thief einen Koop-Modus hätte!"
"Dann hoffe ich mal, dass die Lehrer sich nicht in Monster verwandeln", grummelte Napoleone. "Die Dinger machen einen ja paranoid!"
"Dann zünden wir eben Fackeln an!", grinste Armin schulterzuckend.
War Viola eigentlich die einzige, die nur "Bahnhof" verstand?
"Ähm ... Sagt Bescheid, wenn wir beginnen können", räusperte sich Alexy, offenbar Violas Leidensgenosse.
"Haha, hast recht, wir sollten uns an die Arbeit machen", sagte Napoleone und wurde plötzlich so ernst, dass sie sogar von Viola abließ. "Also hört zu: Gestern Abend hatten wir zu Hause einen Kurzschluss, und der hat mir einen grandiosen Geistesblitz beschert! Kommt! Wir sollten keine Zeit verlieren. Ich erkläre euch den Plan unterwegs."
---
"Ihr hättet wegen Platon übrigens auch mich ausfragen können!", verkündete Armin stolz, während sie sich dem Lehrerzimmer näherten.
Drei Augenpaare richteten sich auf ihn.
"Aber du kennst ihn doch erst seit einer Woche - genau wie wir!", meinte Alexy.
"Wir spielen zusammen im Multiplayer", erwiderte Armin mit einem vielsagenden Ernst im Blick.
Alexy, Viola und Napoleone verdrehten nur die Augen.
"Was denn?", schnaubte Armin. "Er ist verdammt gut in Stealth, wird bei offenen Kämpfen aber richtig panisch. Das ist eine wichtige Information!"
"Ja. Für den Multiplayer", grummelte Alexy.
"Und was würde Viola wohl tun, wenn sie mit ihm mal im Multiplayer spielen müsste und nicht wüsste, wie er spielt?", blaffte Armin zurück.
"Pssst!", zischte Napoleone. "Wir sind da."
Die vier standen nun vor der verschlossenen Tür, der magischen und verbotenen Tür zum Lehrerzimmer, der Oase der Schulgeheimnisse und Schülerakten. Irgendwie ließ die geheimnisvolle Aura, die von diesem Raum ausging, alle für eine Sekunde die Luft anhalten. Dann -
"Tut mir leid, aber du darfst hier nicht rein, Napoleone!", ertönte die weiche Stimme von Mr. Faraize.
Napoleone stand da, die Tür zum Lehrerzimmer weit aufgerissen, und grinste Mr. Faraize und Mr. Boris entgegen, die konzentriert zu arbeiten schienen.
"Tut mir leid", sagte sie mit einer Stimme, die preisgab, dass ihr eigentlich nichts leidtat. "Ich habe eine Frage wegen der Hausaufgabe in Mathe und suche Frau Dupont."
"Warte bitte ein wenig", sagte Mr. Faraize. "Sie kommt sicherlich bald."
"Ja, danke!", zwitscherte Napoleone und schloss mit einem zufriedenen Lächeln die Tür.
"Weißt du was? Du erinnerst mich immer mehr an Rosalia", flüsterte Alexy.
Viola sagte nichts, musste ihm innerlich aber irgendwie recht geben.
Napoleone runzelte nur die Stirn. "Meinst du?"
"Ja, normalerweise bist du immer so lieb und unschuldig, besonders gegenüber Lehrern", meinte Armin zwinkernd. "Du nimmst einiges in Kauf, um dein Ziel zu erreichen. Viola mit Platon zu verkuppeln scheint dir ja wirklich wichtig zu sein!"
"Ist es!", nickte Napoleone mit einer Entschlossenheit, die Viola irgendwie Bauchschmerzen machte. "Aber nun zur Sache: Die Lage ist perfekt, nur zwei Lehrer sind drin, Mr. Faraize versteht wohl nicht viel von Elektrik und er arbeitet zudem auch noch am Computer. Also, Armin, du weißt, was zu tun ist."
Armin nickte, salutierte scherzhaft und lief in Richtung Treppenhaus davon, wo Napoleone auf ihren heutigen Streifzügen während der Pausen den Sicherungskasten geortet hatte. Kurze Zeit später ertönte hinter der magischen Tür ein Aufjaulen von Mr. Faraize. Die Tür ging auf und Mr. Boris trat heraus mit dem schusseligen Geschichtslehrer im Schlepptau.
"Es ist bestimmt nur ein Kurzschluss", sagte Mr. Boris beruhigend. "Wir müssen nur die Sicherung wieder reinmachen."
"A-aber das Arbeitsblatt für morgen! Ich habe es nicht abgespeichert!"
Mr. Faraize wirkte so niedergeschlagen, dass Viola ein noch schlechteres Gewissen bekam als ohnehin schon. Es war nicht das erste Mal, dass er für die Missetaten seiner Schüler büßen musste. Dabei war er doch ein so netter Lehrer!
"Wir lassen die Tür kurz offen", wandte sich Mr. Boris an Alexy, Viola und Napoleone. "Würdet ihr bitte aufpassen, dass keiner der Schüler hineingeht? Wir sind gleich wieder da."
"Natürlich!", riefen Alexy und Napoleone im Chor, während Viola nur hoffnungslos errötete.
"Also rein da!", zischte Alexy, kaum dass die Lehrer außer Hörweite waren.
Napoleone ließ es sich nicht zweimal sagen, packte Viola am Arm und zerrte sie ins Lehrerzimmer. Alexy schloss die Tür hinter ihnen.
Das Wetter war eindeutig auf Seiten der Einbrecher, da dunkle Wolken den Himmel draußen zugezogen hatten und somit elektrische Beleuchtung notwendig machten, um im Lehrerzimmer arbeiten zu können. Kein Wunder also, dass Mr. Boris und Mr. Faraize sofort losgegangen waren, um sich um das Problem zu kümmern, wenn als einzige Lichtquelle nur noch die grünen Lämpchen des Kopierers übriggeblieben waren, dessen Steckdose offenbar über eine eigene Sicherung verfügte. Doch bevor sie die Stromversorgung wieder auf die Beine bekamen, mussten Napoleone und Viola vieles schaffen, also sprinteten sie durch das Zwielicht zu dem Regal mit den Schülerakten und zückten ihre Handys, um mit dem Licht, das von ihren Bildschirmen ausging, die Namen auf den Mappen besser lesen zu können.
"Platon .... Platon ... Platon Maria?!", flüsterte Napoleone, während sie mit ihren Finger über die Namensschilder gleiten ließ und schließlich an einem hängen blieb.
"Ja, das ist sein Zweitname", bestätigte Viola.
"Gut, dann ist das diese hier." Ohne noch länger zu überlegen trat Napoleone zum Kopierer, kramte dort ein wenig herum und zischte dann: "Die Kopierkarte von Mr. Faraize - schnell!"
"A-aber wird er es denn nicht bemerken, wenn sein Guthaben plötzlich kleiner ist?", piepste Viola, begab sich aber zum Arbeitsplatz des Geschichtslehrers, wo sein Portemonnaie glücklicherweise ganz offen dalag.
"Wir sprechen hier von Mr. Faraize, Viola", sagte Napoleone kopfschüttelnd und drückte auf den großen grünen Knopf, sodass sich der Kopierer augenblicklich in Gang setzte und aufleuchtete, während er die Seiten einscannte und die Kopien im unteren Fach herausfegte. An Napoleone war wirklich eine Geheimagentin verlorengegangen ...
"Hier -", zischte Napoleone, als sie die losen Blätter in die Mappe zurückstopfte und diese in Violas Hände drückte. Viola stürzte sogleich zum Regal, um die Mappe an ihren Platz zu stellen, doch kaum stand diese da, als wäre nichts geschehen, ging plötzlich das Licht an. Zum Glück war Napoleone bereits fertig damit, die Kopien aufzusammeln und in ihrer Tasche zu verstauen. Armin hatte seine Arbeit gut gemacht und die Lehrer lange genug von ihrem Vorhaben abgelenkt, um den beiden Mädchen zusätzliche Zeit zu verschaffen.
Die Mission war ein Erfolg und irgendwie konnte Viola es kaum erwarten, Platons Akte zu studieren; doch während Napoleone sie aus dem Lehrerzimmer zerrte und die beiden sich draußen ganz unschuldig wieder neben Alexy stellten, fühlte sie, wie sich etwas in ihrem Magen wand. Was tat sie nur da?! Sie würde Platons Akte lesen, ohne dass er es wusste, und dazu schlachtete sie auch noch die Schusseligkeit und Gutmütigkeit von Mr. Faraize voll und ganz aus. Was war nur aus ihr geworden ...
-----------------------------------------------------
Fortsetzung folgt ...
Und viel Spaß mit dem sechsten Kapitel! :)
-----------------------------------------------------
Kapitel 6: Der Beginn von Agent Amoris
Manchmal war es einfach von Vorteil, keinen A2-Block dabeizuhaben, denn mit dem unpraktischen Ding hätte sie bestimmt nicht beschlossen, zu Fuß nach Hause zu gehen. Es war ein schöner Tag, und seit Napoleone den Einbruch ins Lehrerzimmer angekündigt hatte, brauchte ihr Gehirn dringend frische Luft. So atmete sie tief ein und aus, als sie das Schultor passierte, und schlenderte die Straße entlang. Doch weit kam sie nicht, denn -
"Nanu, nana, was haben wir denn da? Eine Viola, die nicht auf der Hut ist?"
Sie fuhr vor Schreck zusammen und starrte Platon an, der sich auf seinem Fahrrad ihrem Schritttempo angepasst hatte und nun, wo sie abrupt stehen blieb, eher unfreiwillig eine Runde um sie drehte und abstieg.
"Ich wollte dich nicht erschrecken. Sorry."
Viola spürte, wie ihr die obligatorische Röte ins Gesicht schoss. Es reichte schon, dass sie in Anwesenheit ihrer Freunde ständig errötete, aber in seiner Anwesenheit hielt sich die Röte ja durchgängig!
"Auf dem Weg nach Hause?", fragte er, als beide sich wieder in Bewegung setzten und er sein Fahrrad neben ihr herschob.
Sie nickte.
"Ich gehe nicht oft in diese Richtung", begann er mal wieder zu plappern. "Aber heute muss ich Laura von der Schule abholen."
Viola hob den Blick und sah ihn vorsichtig von der Seite an. War Laura vielleicht ...
"Sie hat eine Art Hausarrest", plätscherte er unbeschwert weiter, "und ich muss darauf achten, dass er umgesetzt wird. Schließlich war das ja auch eine Abmachung zwischen ihr und mir: Entweder sie räumt ihren Saustall von einem Zimmer am Wochenende auf oder sie tut das unter der Woche, wobei ich sie dann auch noch von der Schule abhole, damit sie das nicht wie sonst immer ignoriert und nach der Schule etwas mit ihren Freundinnen unternimmt. Sie hat am Wochenende ihr Zimmer nicht aufgeräumt, also muss sie jetzt die Konsequenzen tragen. Selber schuld, sage ich da nur. Sie hat dieser Abmachung ausdrücklich zugestimmt, Caro ist meine Zeugin, und mit neun Jahren ist sie alt genug, um zu ihren Worten zu stehen." Er hielt plötzlich kurz inne. "Sorry, dass ich dich mit dem Kram zutexte. Lauras Benehmen vergiftet mein Hirn schon seit Wochen. Es kann also hin und wieder passieren, dass ich ein wenig ... abrutsche."
Es war das erste Mal, dass sie wenigstens eine leichte Verlegenheit in seinem Gesicht erkennen konnte. Und irgendwie ... fand Viola ihre Stimme wieder.
"Es ist nicht schlimm", murmelte sie. "Aber ich wusste nicht, dass du so ... Dass du dich ..."
"Dass ich meinen Cousinen Hausarrest aufbrummen kann?", grinste Platon und seine Verlegenheit war wie weggeweht. Stattdessen ... Freute er sich über etwas? Er strahlte so ... "Tante und Onkel müssen viel arbeiten, um uns vier durchzufüttern, deswegen helfen Caro und ich mit und haben ein Auge auf die beiden Jüngsten. Das gibt uns zwar bestimmte Privilegien, aber ..." Er hüstelte. "An Lauras Geburtstag bin ich mit einer Horde Grundschulmädchen im Zoo unterwegs."
Aaaaahah ... Vor Violas geistigem Auge erschien das Bild von einem Platon, der inmitten von Elefanten, Tigern und Giraffen von einer Traube kleiner Mädchen umquietscht wurde und, einen rosafarbenen Luftballon in der Hand, mit seinem linken Auge funkelte. Sie musste unwillkürlich glucksen.
"Das ist nicht lustig!", rief Platon, während sein Grinsen breiter wurde. "Caro und ich haben's ausgelost, und ich habe den Kürzeren gezogen. Ich wette, sie hat geschummelt, damit ich es bin, der mit gerissenem Trommelfell beim HNO antanzt!"
"Du wirst es bestimmt überstehen", sagte Viola und wagte ein kurzes Lächeln in seine Richtung. Er kümmerte sich offenbar sehr lieb um seine Familie ... Für die Gerüchte und seine Akte gab es bestimmt eine Erklärung!
"Das hat Caro auch gesagt", seufzte Platon. "Aber was ich eigentlich wollte ... Ich bin mit meinen Projekten demnächst durch, und es tut sich gerade ein Zeitfenster auf. Und ich habe extreme Gewissensbisse, dass ich erst in dich hineingerannt bin und nun, nach einer ganzen Woche, es immer noch nicht auf die Reihe bekommen habe, dich dafür einzuladen. Hast du morgen nach der Schule vielleicht Zeit?"
"Ich ..." Die Welle an Selbstbewusstsein ebbte jäh wieder ab. "Ich bin ..." Jaah, da gab es diese Sache mit dem Einbruch, um Platons Akte zu lesen ... Und sie konnte doch auch nicht ... Absagen?! Erklären?! Napoleone würde ... Und außerdem ... Die Akte ... Viola holte Luft. "Ich bin mit Freunden verabredet."
"Mist ...", grummelte Platon. "Ich meine ... Ich wünsche dir natürlich viel Spaß; finde es nur schade, dass es schon wieder nicht klappt. Aber wenigstens kann ich mich darüber freuen, dass du heute etwas gesprächiger bist als sonst." Er gab ihr einen sanften Klaps auf die Schulter.
Aus irgendeinem Grund nahm die Röte in ihrem Gesicht wieder zu ...
"Ich muss geradeaus", sagte er, und sie merkte, dass sie an der großen Kreuzung angelangt waren, an der sie rechts abbiegen musste.
Da ihre Kehle seit seiner Bemerkung über ihre Gesprächigkeit wie zugeschnürt war, zeigte sie nur in die Richtung.
"Dann heißt es wohl Abschied nehmen", meinte er mit einem etwas enttäuschten Lächeln. Und dann - "Komm her!" - streckte er seinen linken Arm aus, legte ihn um ihre Schultern und drückte sie kurz an sich. "Ich wünsche dir einen schönen Nachmittag. Bis morgen!"
Während sie zusah, wie er sich auf sein Fahrrad schwang und davonfuhr, glaubte sie, Dampf aus ihren Ohren pfeifen zu hören.
---
Viola fühlte sich kriminell. Es war Unterrichtsschluss, und Napoleones abenteuerlustig funkelnde Augen sowie ihr leicht irres Grinsen verkündeten den Beginn der Operation Ocean's Eleven, wie sie den Lehrerzimmereinbruch liebevoll nannte. Platon, das ahnungslose Opfer, hängte sich seine Laptoptasche um die Schulter, gab ihr, Viola, der Täterin in spe, ein Abschiedslächeln und wünschte ihr einen schönen Resttag, sodass ihr Gesicht wieder mal von Röte geflutet wurde. Die bevorstehende Missetat und die Umarmung von vor fast genau vierundzwanzig Stunden fielen unbarmherzig über sie her, und sie wünschte sich nichts sehnlicher als an Ort und Stelle ins Koma zu fallen und erst zwei Monate später wieder unter den Menschen zu weilen. Warum musste er nur so hübsche Wangenknochen haben?!
"Na? Ausnahmsweise bis zum bitten Ende in der Schule geblieben, du Emo?", rief er gerade mit bösem Grinsen seinem Lieblingsfeind Castiel zu.
"Nur dir zuliebe", erwiderte dieser mit einem nicht minder bösen Grinsen.
"Ich bin gerührt!" Platon ließ einen falschen Schluchzer hören. Und dann: "Du liebst mich also so sehr? Ich sag's dir, irgendwann heirate ich dich noch, Cassy!"
Für einen Moment war Castiels Gesicht wie zu Stein erstarrt und hatte eine seltsame grünliche Farbe angenommen, zerfloss im nächsten Augenblick aber wieder zu einem Lächeln. "Okay - aber nur, wenn du die Braut bist, Mariechen!"
"Ich bin ja froh, dass du meinen Zweitnamen magst - aber ehrlich, ein weißes Kleid und - oh ja, eine Hochsteckfrisur! - würden dir viel besser stehen!"
Castiel antwortete etwas, doch das konnte Viola nicht mehr hören, da die beiden sich mittlerweile zu weit entfernt hatten. Aber bildete sie sich das ein oder hatte Platons Stimme etwas kratzig geklungen? Gestern war es noch nicht der Fall gewesen ...
"Du bist so rot, Viola!" Mit einem Schlag spürte sie, wie ihr jemand von hinten um die Schultern fiel. "Aber ja, auch wenn Lysander immer noch am süßesten ist, hat Platon ein sehr gutes Äußeres - zumindest das, was man von ihm so sieht. Und er hat genau die richtige Größe für dich: kein Zwerg, aber immer noch klein genug, damit du dir nicht den Hals verrenken musst, um ihn zu küssen!"
Viola versteifte sich und versuchte krampfhaft, Napoleone nicht anzusehen. Für diese stand es mittlerweile fest, dass Viola und Platon ein Paar wären, und Bemerkungen dieser Art hatte Viola schon den ganzen Tag über sich ergehen lassen müssen. Aber andererseits ... hatte Napoleone in manchen Dingen nicht ganz unrecht. Platon hatte tatsächlich eine ganz nette Statur, derer er sich offenbar auch bewusst war, da seine Jacke und seine Hose sie sehr betonten. Und es war ihr erst jetzt, durch Napoleones Bemerkung, wirklich aufgefallen, dass er tatsächlich zu den kleineren Jungs der Klasse gehörte. 1,70 vielleicht, gerade mal acht Zentimeter größer als Viola und zehn Zentimeter kleiner als sein Feind Castiel.
Während sie ihm nun stumm hinterherblickte, weigerte sich die Röte verbissen, ihre Wangen zu verlassen, und die Erkenntnis dessen ließ sie nur noch mehr erröten. Das war ja nicht auszuhalten!
"Ah, da seid ihr!", gesellte sich nun auch Alexy zu ihnen und verkündete strahlend: "Ich habe Verstärkung mitgebracht!"
Glücklich über diese Ablenkung, richtete Viola ihren Blick auf ihn und seinen Zwillingsbruder.
"Du machst also auch mit, Armin?", zwitscherte Napoleone und hielt es offenbar immer noch nicht für nötig, Viola loszulassen.
"Aber klar!", rief dieser. "Ein gemeinsamer Einbruch ins Lehrerzimmer ist ja, wie wenn Thief einen Koop-Modus hätte!"
"Dann hoffe ich mal, dass die Lehrer sich nicht in Monster verwandeln", grummelte Napoleone. "Die Dinger machen einen ja paranoid!"
"Dann zünden wir eben Fackeln an!", grinste Armin schulterzuckend.
War Viola eigentlich die einzige, die nur "Bahnhof" verstand?
"Ähm ... Sagt Bescheid, wenn wir beginnen können", räusperte sich Alexy, offenbar Violas Leidensgenosse.
"Haha, hast recht, wir sollten uns an die Arbeit machen", sagte Napoleone und wurde plötzlich so ernst, dass sie sogar von Viola abließ. "Also hört zu: Gestern Abend hatten wir zu Hause einen Kurzschluss, und der hat mir einen grandiosen Geistesblitz beschert! Kommt! Wir sollten keine Zeit verlieren. Ich erkläre euch den Plan unterwegs."
---
"Ihr hättet wegen Platon übrigens auch mich ausfragen können!", verkündete Armin stolz, während sie sich dem Lehrerzimmer näherten.
Drei Augenpaare richteten sich auf ihn.
"Aber du kennst ihn doch erst seit einer Woche - genau wie wir!", meinte Alexy.
"Wir spielen zusammen im Multiplayer", erwiderte Armin mit einem vielsagenden Ernst im Blick.
Alexy, Viola und Napoleone verdrehten nur die Augen.
"Was denn?", schnaubte Armin. "Er ist verdammt gut in Stealth, wird bei offenen Kämpfen aber richtig panisch. Das ist eine wichtige Information!"
"Ja. Für den Multiplayer", grummelte Alexy.
"Und was würde Viola wohl tun, wenn sie mit ihm mal im Multiplayer spielen müsste und nicht wüsste, wie er spielt?", blaffte Armin zurück.
"Pssst!", zischte Napoleone. "Wir sind da."
Die vier standen nun vor der verschlossenen Tür, der magischen und verbotenen Tür zum Lehrerzimmer, der Oase der Schulgeheimnisse und Schülerakten. Irgendwie ließ die geheimnisvolle Aura, die von diesem Raum ausging, alle für eine Sekunde die Luft anhalten. Dann -
"Tut mir leid, aber du darfst hier nicht rein, Napoleone!", ertönte die weiche Stimme von Mr. Faraize.
Napoleone stand da, die Tür zum Lehrerzimmer weit aufgerissen, und grinste Mr. Faraize und Mr. Boris entgegen, die konzentriert zu arbeiten schienen.
"Tut mir leid", sagte sie mit einer Stimme, die preisgab, dass ihr eigentlich nichts leidtat. "Ich habe eine Frage wegen der Hausaufgabe in Mathe und suche Frau Dupont."
"Warte bitte ein wenig", sagte Mr. Faraize. "Sie kommt sicherlich bald."
"Ja, danke!", zwitscherte Napoleone und schloss mit einem zufriedenen Lächeln die Tür.
"Weißt du was? Du erinnerst mich immer mehr an Rosalia", flüsterte Alexy.
Viola sagte nichts, musste ihm innerlich aber irgendwie recht geben.
Napoleone runzelte nur die Stirn. "Meinst du?"
"Ja, normalerweise bist du immer so lieb und unschuldig, besonders gegenüber Lehrern", meinte Armin zwinkernd. "Du nimmst einiges in Kauf, um dein Ziel zu erreichen. Viola mit Platon zu verkuppeln scheint dir ja wirklich wichtig zu sein!"
"Ist es!", nickte Napoleone mit einer Entschlossenheit, die Viola irgendwie Bauchschmerzen machte. "Aber nun zur Sache: Die Lage ist perfekt, nur zwei Lehrer sind drin, Mr. Faraize versteht wohl nicht viel von Elektrik und er arbeitet zudem auch noch am Computer. Also, Armin, du weißt, was zu tun ist."
Armin nickte, salutierte scherzhaft und lief in Richtung Treppenhaus davon, wo Napoleone auf ihren heutigen Streifzügen während der Pausen den Sicherungskasten geortet hatte. Kurze Zeit später ertönte hinter der magischen Tür ein Aufjaulen von Mr. Faraize. Die Tür ging auf und Mr. Boris trat heraus mit dem schusseligen Geschichtslehrer im Schlepptau.
"Es ist bestimmt nur ein Kurzschluss", sagte Mr. Boris beruhigend. "Wir müssen nur die Sicherung wieder reinmachen."
"A-aber das Arbeitsblatt für morgen! Ich habe es nicht abgespeichert!"
Mr. Faraize wirkte so niedergeschlagen, dass Viola ein noch schlechteres Gewissen bekam als ohnehin schon. Es war nicht das erste Mal, dass er für die Missetaten seiner Schüler büßen musste. Dabei war er doch ein so netter Lehrer!
"Wir lassen die Tür kurz offen", wandte sich Mr. Boris an Alexy, Viola und Napoleone. "Würdet ihr bitte aufpassen, dass keiner der Schüler hineingeht? Wir sind gleich wieder da."
"Natürlich!", riefen Alexy und Napoleone im Chor, während Viola nur hoffnungslos errötete.
"Also rein da!", zischte Alexy, kaum dass die Lehrer außer Hörweite waren.
Napoleone ließ es sich nicht zweimal sagen, packte Viola am Arm und zerrte sie ins Lehrerzimmer. Alexy schloss die Tür hinter ihnen.
Das Wetter war eindeutig auf Seiten der Einbrecher, da dunkle Wolken den Himmel draußen zugezogen hatten und somit elektrische Beleuchtung notwendig machten, um im Lehrerzimmer arbeiten zu können. Kein Wunder also, dass Mr. Boris und Mr. Faraize sofort losgegangen waren, um sich um das Problem zu kümmern, wenn als einzige Lichtquelle nur noch die grünen Lämpchen des Kopierers übriggeblieben waren, dessen Steckdose offenbar über eine eigene Sicherung verfügte. Doch bevor sie die Stromversorgung wieder auf die Beine bekamen, mussten Napoleone und Viola vieles schaffen, also sprinteten sie durch das Zwielicht zu dem Regal mit den Schülerakten und zückten ihre Handys, um mit dem Licht, das von ihren Bildschirmen ausging, die Namen auf den Mappen besser lesen zu können.
"Platon .... Platon ... Platon Maria?!", flüsterte Napoleone, während sie mit ihren Finger über die Namensschilder gleiten ließ und schließlich an einem hängen blieb.
"Ja, das ist sein Zweitname", bestätigte Viola.
"Gut, dann ist das diese hier." Ohne noch länger zu überlegen trat Napoleone zum Kopierer, kramte dort ein wenig herum und zischte dann: "Die Kopierkarte von Mr. Faraize - schnell!"
"A-aber wird er es denn nicht bemerken, wenn sein Guthaben plötzlich kleiner ist?", piepste Viola, begab sich aber zum Arbeitsplatz des Geschichtslehrers, wo sein Portemonnaie glücklicherweise ganz offen dalag.
"Wir sprechen hier von Mr. Faraize, Viola", sagte Napoleone kopfschüttelnd und drückte auf den großen grünen Knopf, sodass sich der Kopierer augenblicklich in Gang setzte und aufleuchtete, während er die Seiten einscannte und die Kopien im unteren Fach herausfegte. An Napoleone war wirklich eine Geheimagentin verlorengegangen ...
"Hier -", zischte Napoleone, als sie die losen Blätter in die Mappe zurückstopfte und diese in Violas Hände drückte. Viola stürzte sogleich zum Regal, um die Mappe an ihren Platz zu stellen, doch kaum stand diese da, als wäre nichts geschehen, ging plötzlich das Licht an. Zum Glück war Napoleone bereits fertig damit, die Kopien aufzusammeln und in ihrer Tasche zu verstauen. Armin hatte seine Arbeit gut gemacht und die Lehrer lange genug von ihrem Vorhaben abgelenkt, um den beiden Mädchen zusätzliche Zeit zu verschaffen.
Die Mission war ein Erfolg und irgendwie konnte Viola es kaum erwarten, Platons Akte zu studieren; doch während Napoleone sie aus dem Lehrerzimmer zerrte und die beiden sich draußen ganz unschuldig wieder neben Alexy stellten, fühlte sie, wie sich etwas in ihrem Magen wand. Was tat sie nur da?! Sie würde Platons Akte lesen, ohne dass er es wusste, und dazu schlachtete sie auch noch die Schusseligkeit und Gutmütigkeit von Mr. Faraize voll und ganz aus. Was war nur aus ihr geworden ...
-----------------------------------------------------
Fortsetzung folgt ...