Odyssee eines Terminkalenders
von Feael Silmarien
Kurzbeschreibung
Ein neuer Schüler macht Sweet Amoris unsicher. - Buchstäblich, denn sein unschöner Ruf eilt ihm voraus. Was für ein Pech für die schüchterne Viola, die ihm seinen Terminkalender wiedergeben muss! Doch nach und nach kommt sie seiner wahren Persönlichkeit auf die Schliche und lernt dabei auch noch, über ihren Schatten zu springen ... --- Widmung: Allen Schüchternen von einer, die nicht mehr so schüchtern ist wie früher.
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Alexy
Armin
Kim
Lysander
Viola
06.08.2015
12.11.2015
15
36.717
7
Alle Kapitel
28 Reviews
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Dieses Kapitel
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03.09.2015
1.830
Uuuuund weiter geht’s mit Kapitel fünf! ... Fünf??! Tja, Leute, wir haben die 1/3-Marke erreicht. Deswegen gibt es unter diesem Kapitel den Link für ein kleines Extra a.k.a. nutzloses Wissen über Napoleone, die als Sucrette ein halber OC ist und eine nicht unwichtige Rolle in dieser FF spielt. Über alle Canon-Charas wissen wir lauter irrelevante Dinge, nur die Su ist ein unbekanntes Wesen. Also sei Gerechtigkeit hergestellt!
Allen vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
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Kapitel 5: Die Verschwörung
Es war das Ende aller Dinge. Das Schlimmste des Schlimmsten war geschehen. Der Weltuntergang war gekommen, denn Napoleone wusste es.
Kaum hatte Viola am nächsten Morgen ihren Fuß auf den Schulhof gesetzt, schon stürzte ihr ihre kuppelwahnsinnige Freundin mit ausgebreiteten Armen und wildem Gekreische entgegen. Und so kam es, dass Viola zum ersten Mal in ihrem Leben den Wunsch verspürte, die Schule zu schwänzen ...
Doch weit kam sie nicht, denn den Bruchteil einer Sekunde später fand sie sich in einer viel zu kräftigen Umarmung gefesselt.
"Aahaah! Es läuft also etwas zwischen dir und Platon?!", quietschte Napoleone. "Ich hätte es wissen müssen! Und jetzt hat Alexy es mir erzählt, und ..." Sie hielt inne und starrte in Violas bestürztes Gesicht. "Stimmt etwas nicht?"
"Al-Alexy hat es dir erzählt?", piepste Viola errötend.
"Ja. Wieso? Sollte es ein Geheimnis sein?"
Genau so war es. Doch sie hatte Alexy nie gesagt, er solle alles für sich behalten ... Sie hätte daran denken müssen.
"Also Alexy meinte, dass ihr bei eurem ... 'Projekt' mit dem Terminkalender ein bisschen feststeckt und ich eine Hilfe sein könnte", sagte Napoleone mit einem unschuldigen Blinzeln.
"Aber dann ..." Viola schüttelte den Kopf. "Zwischen mir und Platon läuft doch nichts!"
Napoleone verschränkte nur die Arme vor der Brust. "Und das soll ich dir jetzt glauben?"
Viola senkte den Blick und nickte.
Was folgte, war zunächst eine gefährlich nachdenkliche Stille. Und dann kam es Viola so vor, als wollte Napoleone ihr dem Arm ausreißen, als sie von ihrer Freundin mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über den Schulhof gezerrt wurde.
Sobald die Welt aufgehört hatte, an ihr vorbeizurasen, fand sich Viola im Hauptflur wieder, vor ihr der weißhaarige Turm von einem Lysander.
"Ein Junge, der Viola nicht auf Anhieb zum Kreischen süß findet, ist ein Vollidiot. Sag's ihr, Lysander!", forderte Napoleone.
Es war irgendwie ein Tag der Premieren, denn - wieder zum ersten Mal im Leben - sah Viola, wie Lysander die Kinnlade absackte, er errötete und etwas hektisch von Napoleone zu Viola schielte und zurück.
Armer Lysander, dachte Viola, fand er sich doch in einer Situation wieder, in der es keine richtigen Antworten gab. Es war kein großes Geheimnis, dass er und Napoleone sich seit dem Orientierungslauf verdächtig nahe standen. Und nun war er gezwungen, ihr entweder zu sagen, dass er ein anderes Mädchen süß fand, oder als Idiot dazustehen. Warum tat Napoleone ihm das nur an?
"J-ja, Viola, du bist wirklich niedlich", lächelte er schließlich, sobald er sich halbwegs wieder gefasst hatte.
"Dann bist du also unserer Meinung? Du machst mit?", drängte Napoleone.
"Wobei?"
"Es bahnt sich etwas zwischen Viola und Platon an. Alexy und ich sind schon dabei, dem Ganzen auf die Sprünge zu helfen, aber da du Platon ja kennst, wärst du eine perfekte Ergänzung für unser Team!"
Wieder sackte Lysander die Kinnlade ab, doch ansonsten gab er sich offenbar größte Mühe, die Fassung zu bewahren.
"Eigentlich kenne ich ihn nur sehr flüchtig ..."
"Immer noch besser als Viola, Alexy und ich zusammengenommen. Deswegen zählen wir auf dich!"
"Es ist auch so, dass ich mich nicht in fremde Angelegenheiten einmische."
Napoleone seufzte. "Hör zu, Lysander. Viola ist sehr schüchtern und lässt sich gerade vielleicht die Chance ihres Lebens entgehen! Und du willst da tatenlos zusehen?"
Nun war es Lysander, der seufzte und sie ernst ansah. "Viola sollte selbst entscheiden, ob sie die Chance ergreifen will oder nicht. Hast du sie denn gefragt, ob sie deine Hilfe in dieser Sache überhaupt möchte?"
Und schon wanderten beide Blicke zu Viola, die sofort wieder errötete.
"Willst du?", fragte Napoleone. "Wenn du es allein schaffst, brauchst du es nur zu sagen."
"Ich ...", stammelte Viola. "Ich ..."
"Schaffst du es? Dann lasse ich dich in Ruhe."
Viola errötete nur noch mehr.
"Oder magst du Platon nicht? Ganz ehrlich, Viola: Gefällt er dir?"
Warum ... Warum musste sie ausgerechnet das fragen?! Viola wünschte sich, sie könnte jetzt einfach verschwinden, unsichtbar werden ...
"Ich weiß es nicht", flüsterte sie.
"Also ja?"
Für einen Moment stand die Welt still.
"Du schaffst es nicht, deine Meinung über ihn zu sagen", plapperte Napoleone irgendwo, scheinbar in einer Paralleldimension. "Das ist ein Zeichen! Also: In der Pause kommen wir dich ausfragen, Lysander!"
Und wieder wurde Viola durch die Schule gezerrt, diesmal in den Klassenraum. Doch sie bekam nur die Hälfte von dem mit, was um sie geschah, während sie daran dachte, dass Napoleone sich irren musste, in jeder Hinsicht. Und dann dachte sie an den kleinen stiftekauenden Jungen auf dem Foto und die schlaflose Nacht. Alles hatte sich gegen sie verschworen!
---
"Also, Lysander, erzähl", sagte Napoleone zu ihrem Angebeteten, sobald sie, Viola und Alexy um diesen einen Stuhlkreis gebildet hatten.
"Was soll ich denn erzählen?", fragte Lysander etwas verkrampft.
"Alles!", grinste Napoleone. "Was er so macht, was seine Hobbies sind, ob an seiner berühmt-berüchtigten Akte etwas dran ist ... Ich meine, ich glaube nicht daran, dass die Gerüchte stimmen. Seit ich Opfer von Debrah geworden bin, ist es irgendwie meine moralische Pflicht, solche Dinge zu hinterfragen. Was weißt du also?"
"So weit ich weiß, stimmt zumindest ein Teil dessen, was angeblich in seiner Akte steht", meinte Lysander mit einem Seufzen. "Ich habe sie nie gelesen, aber wenn da etwas von Gewaltanwendung auf der Schultoilette in der dritten Klasse, regelmäßiger Unterrichtsverweigerung, Drohungen gegenüber Mitschülern und einem Psychotherapeuten steht, dann stimmt das. Meine Freunde haben diese Geschichten ein paar Mal in meinem Beisein diskutiert."
"Dann ist er also doch gefährlich?", fragte Alexy.
"Ich weiß es nicht. Seine Prügelei mit Castiel war das erste Mal, dass ich ihn gewalttätig erlebt habe. Meine Freunde haben mir erzählt, dass er auf einige Dinge sehr empfindlich reagiert, aber zumindest in meiner Anwesenheit war er immer zurückhaltend und friedfertig." Und nach einer Pause setzte er noch hinzu: "Ich habe doch gesagt, dass ich ihn nur flüchtig kenne. Mehr als das kann ich nicht erzählen."
Für einige Zeit herrschte Stille, während der Viola sich nicht entscheiden konnte, was sie von Lysanders Bestätigung der Gerüchte halten sollte. War es wirklich in allen Fällen eine übersteigerte Notwehr gewesen? Und das ging ja mindestens seit der dritten Klasse! Entweder war er schon immer überempfindlich und aggressiv gewesen oder er hatte schon damals sein abscheuliches Image gepflegt. Was tat er sich all die Jahre nur an!
"Also schön ...", sagte Napoleone langsam. "Wenn sich das mit den Gerüchten vorerst erledigt hat, kommen wir zu etwas ... Positiverem. Nämlich der Frage, ob er und Viola zusammenpassen. Da er ein Freund von deinen Musikerfreunden ist, nehme ich mal an, dass er auch musikalisch ist?"
Aus irgendeinem Grund musste Lysander plötzlich schmunzeln.
"Platon kann eine Prime nicht von einer Oktave unterscheiden", erklärte er.
Sein Publikum glotzte.
"Ist er so unbegabt oder einfach nur ein musikalischer Analphabet?", wagte Alexy nachzuhaken.
"Beides", grinste Lysander. "Er mag Musik, aber ... Meine Freunde scherzen, dass man seinen Gesang im Krieg zur Folter von Gefangenen einsetzen sollte. An seinen besten Tagen trifft er angeblich immerhin ein Drittel der Töne. Etwas Künstlerisches hat er aber trotzdem. Es ..." Er schielte kurz zu Viola. "Es wird euch bestimmt gefallen, dass er für alles Grafische der Band meiner Freunde zuständig ist. Er hat das Logo entworfen, er malt die Albumcover, und außerdem ist er der Administrator ihrer Webseite, die er komplett selbst designt und gescriptet hat. Tatsächlich bekommt er Geld dafür; immer einen bestimmten Prozentsatz von den Konzerteinnahmen und Albumverkäufen. Meine Freunde machen sich zwar Sorgen, weil er oft so überarbeitet wirkt und vor allem gerne nachts arbeitet, aber er sagt, das sei schon in Ordnung. Er scheint es zu mögen, viel zu tun zu haben."
Etwas in Violas Brust machte einen Hüpfer. Warum nur? Es gab doch so viele Menschen, die gut malen konnten und das auch noch mehr oder weniger professionell machten ... Warum kam er ihr auf einmal noch hübscher vor als ohnehin schon?
Es gefiel ihr im Übrigen auch nicht, mit welcher Begeisterung Napoleone und Alexy die Neuigkeit aufnahmen. Beide strahlten über das ganze Gesicht und zwinkerten der armen Viola zu. Vergeblich versuchte sie, nicht schon wieder zu erröten.
"War das alles, was ihr wissen wolltet?"
Napoleone und Alexy schwiegen, während ihnen offensichtlich bewusst wurde, dass sie sich vielleicht vorher hätten konkrete Fragen überlegen sollen.
"Wir kommen auf dich zu, wenn wir wieder welche haben", grinste Napoleone schließlich unschuldig. "Doch jetzt -"
"W-wo ...", piepste plötzlich Violas Stimme zu ihrer eigenen Überraschung. "Wenn seine Familie tot ist - wo lebt er dann?"
Alle Blicke richteten sich auf sie, und Lysander gab ihr ein sonderbares Lächeln, als ob er sie loben wollte, die einzige sinnvolle Frage gestellt zu haben.
"Bei seiner Tante und seinem Onkel. Er hat außerdem drei Cousinen, glaube ich."
Also ... Irgendwie fühlte Viola sich erleichtert. Platon hatte also doch eine Familie. Er war nicht allein und ...
"... Hörst du zu, Viola?", riss Napoleone sie aus den Gedanken. "Ich sagte gerade, dass wir das mit den Gerüchten und der Akte klären müssen, weswegen wir morgen ins Lehrerzimmer einbrechen!"
"Wir ... WAS?!" Es kam nun wirklich nicht oft vor, dass Viola laut aufschrie, und dies war eine jener Gelegenheiten, wo sie verzweifelt hoffte, sich verhört zu haben, und schon wieder rot anlief. "Das ... Das können wir doch nicht ..."
"Doch!", sagte Napoleone bestimmt. "Wir gehen nach dem Unterricht rein, während Alexy Schmiere steht und notfalls die Lehrer ablenkt, bis wir geflohen sind."
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Fortsetzung folgt ...
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+++ EXTRA +++
Weil das Extra ein Steckbrief ist und ich nicht mit den Regeln von FF.de in Konflikt geraten möchte, gibt es dieses Extra nur im SA-Forum, wo diese FF parallel hochgeladen wird. (Ihr FF.de-Leser habt dafür das Privileg, dass die Kapitel hier früher erscheinen.) Wenn ihr das Extra lesen wollt, dann klickt auf den Link zu diesem Kapitel auf SA: http://www.sweetamoris.de/forum/t76507,1-odyssee-eines-terminkalenders-viola-romanze-drama.htm&#p5981015. Einfach bis zum Ende des Kapitels scrollen und den Kasten "Steckbrief: Napoleone" ausklappen. :)
Allen vielen Dank fürs Lesen und viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
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Kapitel 5: Die Verschwörung
Es war das Ende aller Dinge. Das Schlimmste des Schlimmsten war geschehen. Der Weltuntergang war gekommen, denn Napoleone wusste es.
Kaum hatte Viola am nächsten Morgen ihren Fuß auf den Schulhof gesetzt, schon stürzte ihr ihre kuppelwahnsinnige Freundin mit ausgebreiteten Armen und wildem Gekreische entgegen. Und so kam es, dass Viola zum ersten Mal in ihrem Leben den Wunsch verspürte, die Schule zu schwänzen ...
Doch weit kam sie nicht, denn den Bruchteil einer Sekunde später fand sie sich in einer viel zu kräftigen Umarmung gefesselt.
"Aahaah! Es läuft also etwas zwischen dir und Platon?!", quietschte Napoleone. "Ich hätte es wissen müssen! Und jetzt hat Alexy es mir erzählt, und ..." Sie hielt inne und starrte in Violas bestürztes Gesicht. "Stimmt etwas nicht?"
"Al-Alexy hat es dir erzählt?", piepste Viola errötend.
"Ja. Wieso? Sollte es ein Geheimnis sein?"
Genau so war es. Doch sie hatte Alexy nie gesagt, er solle alles für sich behalten ... Sie hätte daran denken müssen.
"Also Alexy meinte, dass ihr bei eurem ... 'Projekt' mit dem Terminkalender ein bisschen feststeckt und ich eine Hilfe sein könnte", sagte Napoleone mit einem unschuldigen Blinzeln.
"Aber dann ..." Viola schüttelte den Kopf. "Zwischen mir und Platon läuft doch nichts!"
Napoleone verschränkte nur die Arme vor der Brust. "Und das soll ich dir jetzt glauben?"
Viola senkte den Blick und nickte.
Was folgte, war zunächst eine gefährlich nachdenkliche Stille. Und dann kam es Viola so vor, als wollte Napoleone ihr dem Arm ausreißen, als sie von ihrer Freundin mit halsbrecherischer Geschwindigkeit über den Schulhof gezerrt wurde.
Sobald die Welt aufgehört hatte, an ihr vorbeizurasen, fand sich Viola im Hauptflur wieder, vor ihr der weißhaarige Turm von einem Lysander.
"Ein Junge, der Viola nicht auf Anhieb zum Kreischen süß findet, ist ein Vollidiot. Sag's ihr, Lysander!", forderte Napoleone.
Es war irgendwie ein Tag der Premieren, denn - wieder zum ersten Mal im Leben - sah Viola, wie Lysander die Kinnlade absackte, er errötete und etwas hektisch von Napoleone zu Viola schielte und zurück.
Armer Lysander, dachte Viola, fand er sich doch in einer Situation wieder, in der es keine richtigen Antworten gab. Es war kein großes Geheimnis, dass er und Napoleone sich seit dem Orientierungslauf verdächtig nahe standen. Und nun war er gezwungen, ihr entweder zu sagen, dass er ein anderes Mädchen süß fand, oder als Idiot dazustehen. Warum tat Napoleone ihm das nur an?
"J-ja, Viola, du bist wirklich niedlich", lächelte er schließlich, sobald er sich halbwegs wieder gefasst hatte.
"Dann bist du also unserer Meinung? Du machst mit?", drängte Napoleone.
"Wobei?"
"Es bahnt sich etwas zwischen Viola und Platon an. Alexy und ich sind schon dabei, dem Ganzen auf die Sprünge zu helfen, aber da du Platon ja kennst, wärst du eine perfekte Ergänzung für unser Team!"
Wieder sackte Lysander die Kinnlade ab, doch ansonsten gab er sich offenbar größte Mühe, die Fassung zu bewahren.
"Eigentlich kenne ich ihn nur sehr flüchtig ..."
"Immer noch besser als Viola, Alexy und ich zusammengenommen. Deswegen zählen wir auf dich!"
"Es ist auch so, dass ich mich nicht in fremde Angelegenheiten einmische."
Napoleone seufzte. "Hör zu, Lysander. Viola ist sehr schüchtern und lässt sich gerade vielleicht die Chance ihres Lebens entgehen! Und du willst da tatenlos zusehen?"
Nun war es Lysander, der seufzte und sie ernst ansah. "Viola sollte selbst entscheiden, ob sie die Chance ergreifen will oder nicht. Hast du sie denn gefragt, ob sie deine Hilfe in dieser Sache überhaupt möchte?"
Und schon wanderten beide Blicke zu Viola, die sofort wieder errötete.
"Willst du?", fragte Napoleone. "Wenn du es allein schaffst, brauchst du es nur zu sagen."
"Ich ...", stammelte Viola. "Ich ..."
"Schaffst du es? Dann lasse ich dich in Ruhe."
Viola errötete nur noch mehr.
"Oder magst du Platon nicht? Ganz ehrlich, Viola: Gefällt er dir?"
Warum ... Warum musste sie ausgerechnet das fragen?! Viola wünschte sich, sie könnte jetzt einfach verschwinden, unsichtbar werden ...
"Ich weiß es nicht", flüsterte sie.
"Also ja?"
Für einen Moment stand die Welt still.
"Du schaffst es nicht, deine Meinung über ihn zu sagen", plapperte Napoleone irgendwo, scheinbar in einer Paralleldimension. "Das ist ein Zeichen! Also: In der Pause kommen wir dich ausfragen, Lysander!"
Und wieder wurde Viola durch die Schule gezerrt, diesmal in den Klassenraum. Doch sie bekam nur die Hälfte von dem mit, was um sie geschah, während sie daran dachte, dass Napoleone sich irren musste, in jeder Hinsicht. Und dann dachte sie an den kleinen stiftekauenden Jungen auf dem Foto und die schlaflose Nacht. Alles hatte sich gegen sie verschworen!
---
"Also, Lysander, erzähl", sagte Napoleone zu ihrem Angebeteten, sobald sie, Viola und Alexy um diesen einen Stuhlkreis gebildet hatten.
"Was soll ich denn erzählen?", fragte Lysander etwas verkrampft.
"Alles!", grinste Napoleone. "Was er so macht, was seine Hobbies sind, ob an seiner berühmt-berüchtigten Akte etwas dran ist ... Ich meine, ich glaube nicht daran, dass die Gerüchte stimmen. Seit ich Opfer von Debrah geworden bin, ist es irgendwie meine moralische Pflicht, solche Dinge zu hinterfragen. Was weißt du also?"
"So weit ich weiß, stimmt zumindest ein Teil dessen, was angeblich in seiner Akte steht", meinte Lysander mit einem Seufzen. "Ich habe sie nie gelesen, aber wenn da etwas von Gewaltanwendung auf der Schultoilette in der dritten Klasse, regelmäßiger Unterrichtsverweigerung, Drohungen gegenüber Mitschülern und einem Psychotherapeuten steht, dann stimmt das. Meine Freunde haben diese Geschichten ein paar Mal in meinem Beisein diskutiert."
"Dann ist er also doch gefährlich?", fragte Alexy.
"Ich weiß es nicht. Seine Prügelei mit Castiel war das erste Mal, dass ich ihn gewalttätig erlebt habe. Meine Freunde haben mir erzählt, dass er auf einige Dinge sehr empfindlich reagiert, aber zumindest in meiner Anwesenheit war er immer zurückhaltend und friedfertig." Und nach einer Pause setzte er noch hinzu: "Ich habe doch gesagt, dass ich ihn nur flüchtig kenne. Mehr als das kann ich nicht erzählen."
Für einige Zeit herrschte Stille, während der Viola sich nicht entscheiden konnte, was sie von Lysanders Bestätigung der Gerüchte halten sollte. War es wirklich in allen Fällen eine übersteigerte Notwehr gewesen? Und das ging ja mindestens seit der dritten Klasse! Entweder war er schon immer überempfindlich und aggressiv gewesen oder er hatte schon damals sein abscheuliches Image gepflegt. Was tat er sich all die Jahre nur an!
"Also schön ...", sagte Napoleone langsam. "Wenn sich das mit den Gerüchten vorerst erledigt hat, kommen wir zu etwas ... Positiverem. Nämlich der Frage, ob er und Viola zusammenpassen. Da er ein Freund von deinen Musikerfreunden ist, nehme ich mal an, dass er auch musikalisch ist?"
Aus irgendeinem Grund musste Lysander plötzlich schmunzeln.
"Platon kann eine Prime nicht von einer Oktave unterscheiden", erklärte er.
Sein Publikum glotzte.
"Ist er so unbegabt oder einfach nur ein musikalischer Analphabet?", wagte Alexy nachzuhaken.
"Beides", grinste Lysander. "Er mag Musik, aber ... Meine Freunde scherzen, dass man seinen Gesang im Krieg zur Folter von Gefangenen einsetzen sollte. An seinen besten Tagen trifft er angeblich immerhin ein Drittel der Töne. Etwas Künstlerisches hat er aber trotzdem. Es ..." Er schielte kurz zu Viola. "Es wird euch bestimmt gefallen, dass er für alles Grafische der Band meiner Freunde zuständig ist. Er hat das Logo entworfen, er malt die Albumcover, und außerdem ist er der Administrator ihrer Webseite, die er komplett selbst designt und gescriptet hat. Tatsächlich bekommt er Geld dafür; immer einen bestimmten Prozentsatz von den Konzerteinnahmen und Albumverkäufen. Meine Freunde machen sich zwar Sorgen, weil er oft so überarbeitet wirkt und vor allem gerne nachts arbeitet, aber er sagt, das sei schon in Ordnung. Er scheint es zu mögen, viel zu tun zu haben."
Etwas in Violas Brust machte einen Hüpfer. Warum nur? Es gab doch so viele Menschen, die gut malen konnten und das auch noch mehr oder weniger professionell machten ... Warum kam er ihr auf einmal noch hübscher vor als ohnehin schon?
Es gefiel ihr im Übrigen auch nicht, mit welcher Begeisterung Napoleone und Alexy die Neuigkeit aufnahmen. Beide strahlten über das ganze Gesicht und zwinkerten der armen Viola zu. Vergeblich versuchte sie, nicht schon wieder zu erröten.
"War das alles, was ihr wissen wolltet?"
Napoleone und Alexy schwiegen, während ihnen offensichtlich bewusst wurde, dass sie sich vielleicht vorher hätten konkrete Fragen überlegen sollen.
"Wir kommen auf dich zu, wenn wir wieder welche haben", grinste Napoleone schließlich unschuldig. "Doch jetzt -"
"W-wo ...", piepste plötzlich Violas Stimme zu ihrer eigenen Überraschung. "Wenn seine Familie tot ist - wo lebt er dann?"
Alle Blicke richteten sich auf sie, und Lysander gab ihr ein sonderbares Lächeln, als ob er sie loben wollte, die einzige sinnvolle Frage gestellt zu haben.
"Bei seiner Tante und seinem Onkel. Er hat außerdem drei Cousinen, glaube ich."
Also ... Irgendwie fühlte Viola sich erleichtert. Platon hatte also doch eine Familie. Er war nicht allein und ...
"... Hörst du zu, Viola?", riss Napoleone sie aus den Gedanken. "Ich sagte gerade, dass wir das mit den Gerüchten und der Akte klären müssen, weswegen wir morgen ins Lehrerzimmer einbrechen!"
"Wir ... WAS?!" Es kam nun wirklich nicht oft vor, dass Viola laut aufschrie, und dies war eine jener Gelegenheiten, wo sie verzweifelt hoffte, sich verhört zu haben, und schon wieder rot anlief. "Das ... Das können wir doch nicht ..."
"Doch!", sagte Napoleone bestimmt. "Wir gehen nach dem Unterricht rein, während Alexy Schmiere steht und notfalls die Lehrer ablenkt, bis wir geflohen sind."
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Fortsetzung folgt ...
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Weil das Extra ein Steckbrief ist und ich nicht mit den Regeln von FF.de in Konflikt geraten möchte, gibt es dieses Extra nur im SA-Forum, wo diese FF parallel hochgeladen wird. (Ihr FF.de-Leser habt dafür das Privileg, dass die Kapitel hier früher erscheinen.) Wenn ihr das Extra lesen wollt, dann klickt auf den Link zu diesem Kapitel auf SA: http://www.sweetamoris.de/forum/t76507,1-odyssee-eines-terminkalenders-viola-romanze-drama.htm&#p5981015. Einfach bis zum Ende des Kapitels scrollen und den Kasten "Steckbrief: Napoleone" ausklappen. :)