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Here I am

von Hyoubu
Kurzbeschreibung
GeschichteFamilie, Schmerz/Trost / P16 / MaleSlash
Richárd Blood Staz Charlie Blood Vlad D. Blood
23.07.2015
23.07.2016
8
32.107
 
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Dieses Kapitel
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13.06.2016 4.749
 
Auch diese FF wird fortgesetzt. Bitteschön.^^ Achja, das ist das Lied, das Richárd sich am Ende auf der Schallplatte anhört:(Wenn ihr Klassische Musik nicht mögt, dann müsst ihr es nicht anhören, außerdem ist das blos ein Beispiel!): https://www.youtube.com/watch?v=uKqIrF2aWAA
Endlich spricht sich Staz bei Richárd aus und anders herum :D


Kapitel 2 Sei doch nicht so besorgt!


Am Morgen wachte ich auf und sah sofort in zwei Kinderaugen, die mich interessiert betrachteten. „Was… ist?“ Staz lachte kurz. „Nichts… Sie sahen bloß so friedlich aus, wenn Sie schlafen, Sir.“ „…Ach wirklich?“ Ein Nicken kam von dem Jungen. „Ach Gott, lass mich doch erst einmal aufstehen, bis du mich anstarren kannst, Shonen.“
„T-tut… mir leid…“ Ich seufzte und fiel meinen normalen, strengen Ton zurück. „Geh jetzt von mir runter. Auch wenn du leicht bist.“ Staz zuckte und krabbelte sofort von mir runter.
Ich beobachtete den Knaben, wie er ein wenig verängstigt aus dem Bett stieg und brav stehen blieb. „Geht doch. Sobald ich das Bett gemacht habe, gehen wir ins Bad. Und keine, und das meine ich ernst, keine Widerrede. Haben wir uns da verstanden?“ Der Junge nickte und senkte den Kopf gen Boden. „Hilf mir bitte beim Bettmachen. Du hast schließlich hier drin geschlafen.“ Hastig machte er es auch und nahm das Ende der großen Decke. Aber er stürzte fast auf das Bett, da er einfach nicht hinsah, was er machte. Zum Glück war das Bett weich, aber seine Knie schlug er sich an der harten Bettkante. Man konnte deutlich ein dumpfes Geräusch in Zimmer hören. „Schau hin was du machst, Kleiner!“ „J-ja!...“ Er richtete sich wieder auf und verzog sein Gesicht vor Schmerz. Ich schüttelte einfach bloß den Kopf bei dieser Szene. Er war ja selbst daran schuld. „Wir schauen uns dein Knie dann mal an. Komm her!“, mein Ton war wie eh und je streng und duldete keinen Widerstand.

Staz lief ein wenig geknickt zu mir und schaute dabei die ganze Zeit auf den Boden, auch, als ich ihn aus dem Zimmer zog. Ich lief mit ihm Richtung Bad, wo uns mein Sohn entgegen kam. „Guten Morgen, Vater.“, er beachtete den Jungen gar nicht, so wie ich es ihm aufgetragen hatte. „Guten Morgen. Vergiss deinen Unterricht nachher nicht. Und wehe du bist nicht pünktlich.“ Braz nickte und lief weiter. Der Knabe schaute mich fragend an. „Waffenkunde. Er müsste mit der Ausbildung schon längst fertig sein, wäre er da nicht so schlecht darin.“ Das reichte dem Kleinen und er verzog das Gesicht erneut. Im Bad konnte ich ihn gerade noch davon abhalten, abzuhauen und ich zog ihm die Klamotten von Körper. „Nun halt doch mal still!“ Doch er wollte einfach nicht. Staz wehrte sich sogar so sehr, dass er mich mit seinen Fingernägeln das Gesicht aufkratzte, sodass sich dort ein paar rote Streifen bildeten. Das ging zu weit. Eine kurze Ohrfeige reichte und er war still. Man konnte noch das Echo der Ohrfeige im bad hören. Nun drang ein Wimmern aus der Kehle des Kleinen und ein paar Tränen tropften aus seinen Augen. „Wenn du dich nicht so wehren würdest, würde das hier sogar angenehm sein.“ Doch der Junge schüttelte mit dem Kopf. Irgendwas war da doch faul. Wieso wehrte er sich immer so stark dagegen, wenn ihn jemand baden will? „Sag mal, hast du Angst vor Wasser?“
Und schon fing der Junge an zu zittern und blickte auf den weißen Boden „Antworte mir bitte.“
Ich wusste, dass der Junge mir antworten wollte, aber seine Lippen wie magisch versiegelt waren. Und er versuchte seine Tränen zu unterdrücken.

Da stellte ich fest: ich wusste überhaupt nichts über den Jungen selbst, nur, wie er hieß und wie alt er war, wer seine Eltern waren, und woher er kam. Das war das einzige. Nebenbei dachte ich immer, Kinder aus Kriegsgebieten waren immer so schüchtern und redeten nie, aber Staz hatte mir schon das Gegenteil bewiesen. Nachdenklich schloss ich meine Augen und ließ den Jungen los, der sich den schmerzenden Arm rieb. Was er nicht ahnte, dass ich mich nun vor ihn kniete und ihn etwas freundlicher anschaute. „Ist dir mal irgendetwas mit Wasser passiert?“ Und endlich: ein Nicken kam von ihm.
„A-als ich jünger war… ich erinnere mich nur schlecht daran… wer das war, aber sie ist da. Jemand hat mich ins Wasser gedrückt und da habe ich keine Luft mehr bekommen. Und das war nicht nur… einmal. Diese Person hat das sehr oft mit mir gemacht…“
Ich riss meine Augen auf. Jemand hatte versucht den Jungen zu ertränken. Keine unübliche Sache in Zeiten wie diesen.
Aber… niemand würde ein Kind solange unter Wasser halten und es dann wiederbeleben, nur um es dann wieder ertränken zu wollen! Das ergab kein Sinn. „Verstehe. Aber ich werde das garantiert nicht machen, das kann ich dir versichern. Ich praktiziere da lieber andere Strafen an dich, angemessen für dein Alter.“, beim letzten Teil des Satzes fing ich an zu grinsen. Staz schluckte und nickte dann.

„Wenn du willst, können wir uns erstmal mit waschen bei dir beschränken. Du sollst ja schließlich sauber bleiben, sonst fängst du mir irgendwann an zu riechen und wirst krank. Das möchte ich nicht, besonders nicht in diesem großen Schloss voller Leute.“ Wieder ein Nicken.
Ich ließ den Jungen erst einmal stehen und füllte das Waschbecken mit warmem Wasser. Ein bisschen Seife dazu und schon konnte ich den Jungen waschen. Jetzt kam eine andere, etwas unnötige Frage von mir: „Hast du sich schon einmal selbst gewaschen, oder hast du nur gebadet?“
„Eigentlich… nur gebadet. Meine Eltern haben mir immer beim Waschen geholfen, da es bei uns im Bad so eng war.“

Daran konnte ich mich erinnern. Die Hütte, in dem wir den Jungen gefunden hatten, war ziemlich klein gewesen und nebenbei auch halb eingestürzt. In dieser Zeit konnte man es sich nicht leisten, ein neues Haus zu bauen, nur um zu riskieren, dass es nach ein paar Tagen weg gebombt wird. „Verstehe. Dann bringe ich es dir jetzt bei. Komm her zu mir.“ Zögernd tat der Junge ein paar Schritte zu mir und blieb dann direkt vor mir stehen. „Gut, dann bitte ich dich jetzt einmal stillzuhalten und mir zuzuhören“ Nickend blickte mich der Knabe an. Mit dem Waschlappen rieb ich über sein Gesicht, doch er blieb still. Fast eingefroren. „Hey, atmest du noch?“ Schon wieder ein Nicken. Das ging mir ein wenig auf den Geist. „Bitte nicke nicht einfach nur. Wofür hast du deinen Mund, nur zum Essen oder wie?“ „N-nein… Ich denke nur, dass es unangebracht ist, zu sprechen. Das haben meine Eltern auch immer gesagt, dass ich nicht so viel sprechen soll, da es nervt.“ Welche Eltern verbieten dem eigenen Kind das Sprechen? Gut, für eine Strafe war das immer gut zu gebrauchen, aber für das ganze Leben lang?!

„… Vergiss das. Du hast das Recht dazu zu sprechen. Wer zur Hölle verbietet dem eigenen Kind nicht zu sprechen?! Jetzt weiß ich wieso du so schlecht sprichst. Du hast nicht viel gesprochen, nicht wahr?“ Staz blickte zu Boden und sagte nun gar nichts mehr. Das war ja gruselig! Ein quietschen kam von dem Kleinen, als ich sein Kinn nahm und sein Gesicht so drehte, dass er gezwungen war mir in die Augen zu schauen. „Schau mich an. Was siehst du?“ Das war eine schwierige Frage. „Ihr Gesicht. Und…“ Und was? Mein Blick wurde weicher als er den Tränen nah war.„Sie… sie sind tot… nicht wahr…?“  Meine Augen weiteten sich. „Sie… werden nicht mehr wiederkommen…“ „Ja… Aber sie werden immer über dich wachen. Sie sind genau hier.“ Ich legte meine Hand über die Stelle auf seiner Brust, wo sein kleines Herz hastig schlug. Und anscheinend hat das hier das Seil seiner Nerven reißen lassen, denn er fing an bitterlich zu weinen. So drückte ich die splitternackte Figur vor mir in die Arme.

„Shh, ich bin ja da. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde nicht so leicht sterben. Und wenn darfst du mich in die Hölle schimpfen…“ Der weinende Knabe drückte sich an mich und weinte ehrlich. Zum ersten Mal sah ich jemanden so bitterlich weinen.
Nun ließ er sich auch weiter von mir waschen, als er sich wieder beruhigt hatte. Seine Augen waren vom Weinen gerötet und er atmete ruhig.
Lächelnd fuhr ich fort und wickelte den Jungen in ein großes Handtuch. Endlich konnte er auch mal etwas genießen. So ließ er mich alles machen und wurde auch ausgiebig beobachtet. „Weißt du, ich habe mir etwas überlegt. Nachdem ich wieder von der Front komme, gehen wir mal ein paar Klamotten für dich kaufen. Wie klingt das?“ Ich sah ein wenig Verwunderung und Besorgnis den Augen des Jungen. „Keine Sorge, ich werde dort nicht draufgehen. Falls du es noch nicht bemerkt hast, ich bin der König dieser Welt. Ich bin einer der stärksten Dämonen überhaupt.“ Dem Knaben klappte der Kiefer nach unten. „Was hast du denn gedacht?“
Oho, er dachte nach und hatte ein schaute sehr angestrengt aus. Anscheinend wollte er nichts falsches Sagen.
„Ach, weißt du was, ich will es gar nicht erst wissen. Du solltest dich erst einmal darauf konzentrieren deine Aussprache und dein Vokabular zu verbessern. Da ist ja jeder sechsjährige besser als du.“

Und schon wurde sein Gesicht rot, aber man konnte es ihm nicht verübeln, so wenig wie er gesprochen hat. „Wenn ich weg bin, wird mein Sohn auf dich aufpassen und du wirst auf ihn hören, hast du mich verstanden?“ Nickend zog sich der Junge frische Sachen an und drehte sich ihm Spiegel umher. Ein kindliches Lächeln zierte sein Gesicht und ihm stand es auch ziemlich gut. „Wenn du lächelst siehst du viel besser aus, Kleiner.“ Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich den Jungen lieber mit Vornamen nennen sollte. „Haben Sie das ausgesucht, Sir?“ Ich bejate es ihm und ich fing an mich selbst zu waschen. Und schon wieder lief Staz rot an und drehte sich um. „Du musst nicht wegschauen. Weißt du… mein Sohn hat mich schon so oft nackt gesehen, da ist es mit nicht mehr peinlich wenn das auch du machen würdest. Außerdem habe ich es dir doch gestern schon erklärt, dass ich auch ein Mann bin und das gleiche habe wie du.“
Einen Versuch wagte der Junge. Und es klappte. Einfach ignorierte er es und beobachtete mich beim Waschen. Doch als ich mich in meinem Intimbereich wusch, wurde es ihm zu peinlich. „Was denn, das gehört auch dazu. Das habe ich vorhin bei dir auch gemacht, auch wenn du da mit deinen Gedanken wo anders warst.“ „J-ja… ich weiß.“

Als wir dann endlich fertig waren, gingen wir in die große Halle und aßen zum Frühstück, wo der Junge auch endlich genug aß. „Braz, du wirst nachher wenn ich weg bin, auf den Jungen aufpassen. Das wird dieses Mal ein paar Tage dauern Wie lange weiß ich nicht, aber das ist egal. Wenn ihr etwas braucht, schickt unsere Bediensteten, Geld weißt du ja wo es liegt. Und du Staz, du hörst bitte auf ihn. Ich möchte nichts Schlechtes hören wenn ich wieder da bin.“ Die beiden nickten eifrig. „Braz, wenn er sich nicht benimmt, dann gib ihm eine angemessene Strafe.  Aber nicht übertreiben, ja?“ Staz zuckte zusammen und seufzte. Noch hatte er ja noch nichts gemacht.

Dann wollte der Junge noch unbedingt wissen, wie meine Uniform aussah. Er machte große Augen, als ich den schweren Mantel über meine Schultern hing. „Ist der nicht schwer?“ Ich lachte ausgiebig. „Für einen kleinen Jungen wie dich ja. Aber er wiegt ein bisschen mehr als ein normaler Mantel.“ Nun kam wieder der neugierige Junge aus Staz heraus und er staunte über die ganzen aufgestickten Zeichen und Abzeichen. „Holst du mir bitte meine Mütze aus dem Schrank? Sie hat die gleiche Farbe wie meine Uniform.“ Staz nickte und kramte in meinem Uniformschrank herum, bis er wieder auftauchte. Er hatte sich die Mütze aufgesetzt und sah dabei richtig niedlich aus, da sie ihm viel zu groß war und ins Gesicht rutschte. Da nahm ich meinen Fotoapparat und machte ein Foto von ihm. „Kann ich sie jetzt bitte wiederhaben?“ Nickend gab der Junge sie mir und ich setzte sie mir auf. Meine zurückgestylten haare wurden nun von ihr gebändigt und ich grinste den Kleinen an, der mich mit großen Augen anschaute. „Sie sehen richtig…uhmm.“ „Gut?“, gab ich ihm einen Vorschlag, da er nicht wusste, was er sagen sollte. „Ja, Sie sehen richtig gut aus!“
Lächelnd beugte ich mich zu ihm nach unten und strich durch seine Haare mit meinen weißen Handschuhen. „Ich bin bald wieder da, ok? Und wenn ich wieder da bin… Dann gehen wir einkaufen, Staz.“
Der Kleine ließ mich gehen, aber ich wusste wie schwer es für ihn war, jemanden in den Krieg ziehen zu lassen. Staz selbst wusste ja wie schlimm es dort sein kann. Er winkte mir traurig zu, als ich durch das große Tor in Garten ging. „Daran wirst du dich noch gewöhnen müssen, Kleiner.“, es war Braz.

Staz‘ POV:
„Daran wirst du dich noch gewöhnen müssen, Kleiner.“, Es war der Sohn von meinen jetzigen Herren. Wenn man da so nennen konnte. Richárd war eher wie ein Ziehvater für mich, so wie er mich behandelt hatte. „Ja… ich weiß. Aber hast du denn keine Angst wenn dein Dad in den Krieg geht.“ Der junge mann lächelte und schaute zu mir herunter.
„Doch schon. Aber ich weiß, dass mein Vater stark ist, er ist schließlich der König dieser Welt. Vampire sterben übrigens nicht so schnell. Das müsstest du doch selbst an dir gemerkt haben. Du hast etwas Schlimmes überlebt. Deine Eltern sind dabei gestorben, nicht wahr?“ Ich nickte und lief langsam Richtung Schloss, und der Typ folgte mir. „Achja, ich bin übrigens Braz. Und du bist… Staz, nicht wahr?“ Ich nickte und lächelte ihn an. Ich kann dich ja nicht für immer Kleiner nennen, nicht wahr?“ Ich konnte nur nicken, doch ich erinnerte mich was Richárd gesagt hatte.
„Ja, stimmt.“ Ich folgte Braz, der in einen Kampfraum ging. „Du musst nicht mitkommen. Ich muss bloß nur noch ein wenig üben, sonst wird Vater wieder wütend, wenn ich nichts mache. Oder sag bloß du willst auch mal trainieren?“ Da wurde ich neugierig. „Du würdest mir das erlauben?“ Braz lachte und kramte in einem der Waffenschränke herum. „Natürlich nur mit Holzwaffen.“ Und im Nu war meine Langweile weg. Ich schlug ein wenig mit dem Schwert gegen eine Holzfigur, doch es bereitete mir Blasen an den Händen, doch ich machte weiter. Braz zeigte mir, wie ich das Schwert halten sollte, dass ich weniger Blasen bekam und besser zuschlagen konnte. „Sag mal, hast du schon mal mit dem Schwert gekämpft?“, fragte ich Braz, der auf meine Frage hin nickte. „Ja, mit Vater, aber er hat mich innerhalb von ein paar Sekunden niedergedrückt. Er ist einfach zu stark.“ Ich nickte und blickte zu Boden. „Mein Vater hat mal jemanden mit dem Schwert umgebracht.

Vor meinen Augen und hat gesagt: Das musst du irgendwann auch mal können. In einer Zeit wie diese muss man sich verteidigen können. Außerdem ist er selbst daran schuld, er hat uns angegriffen. Hier geht es ums töten oder getötet werden. Nur die Starken überleben in dieser Welt. Das hat er gesagt. Dabei war er voller Blut und der mann vor uns hat Blut gespuckt und um Hilfe gebettelt. Das war echt schrecklich. Aber, weißt du was das Schlimmste war? Ich musste ihn umbringen. Vater hat gesagt ich soll ihm einfach das Schwert in den Hals stecken. Ich hab mich nächtelang deswegen übergeben. Und…“, doch Braz hielt mich auf. „Erzähl nicht weiter. Ich weiß das Tod ein sehr schlimmes Thema ist, aber du musst es nicht aufbringen.“ „Aber wieso lernst du dann, andere zu töten, wenn der Tod doch so schlimm ist?“ Braz blickte mich ungläubig an. „Das…“ Wir hatten beide keine Antwort darauf. Jetzt war es ruhig in dem Raum, man konnte nur noch das Geräusch von meinem und Braz‘ Schwert gegen die Puppen schlagen hören.

„Braz… tut mir leid… Dass ich das vorhin gesagt habe. Aber ich musste es einfach loswerden.“ Der Mann hinter mir nickte. „Hast… du noch mehr Menschen getötet?“ Es kam eine heiße Welle von Unsicherheit in mir auf, und die Erinnerungen an die vielen Toten. „Ja… Mehr als du dir vorstellen kannst.“ Braz sog scharf die Luft ein und stoppte in seinem Tun. „Du musste es niemanden erzählen, wenn du das nicht möchtest.“ Doch ich schüttelte mit dem Kopf.
„Es tut gut mit dir darüber zu sprechen. Weil… Ich weiß auch nicht. Ich hab das Gefühl das ich dir trauen kann. Und ich mag dich, auch wenn wir uns erst seit ein paar Tagen kenn. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich dich schon gekannt habe, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Das war auch bei deinem Dad so. Ich weiß nicht, wieso?“ Ein verständliches Nicken kam von ihm.
Als ich mich setzte, passierte es: Plötzlich kamen ein paar Rückblenden auf mich zu:

Ein Garten, ein buntes Zimmer, und eine Person, die mich anlächelte, aber ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Die Person sagte etwas, aber ich konnte sie nicht verstehen. Nur meinen Namen konnte ich heraushören. Ich streckte die Arme nach der Person aus, und schon wurde ich hochgehoben und auf den Arm genommen. Und ein Rütteln verriet mir, das die oder derjenige mich wiegte. Ein hohes Lachen kam von mir und eine warme Decke wurde um mich gewickelt. Eine Wiege, eine große Person, Spielzeug.

„Staz? Staz! Alles ok mit dir? Du bist plötzlich bewusstlos geworden!“ Ich setzte mich auf und sah in die hellen Rubine von Braz. „Ah.. schonwieder.“ Fragen wurde ich angesehen. „Eine Erinnerung.“ Braz kniete sich neben mich. „Erzähl, was hast du gesehen?“ „Also, das war so…“
Ich erzählte ihm jedes kleine Detail.
„Verstehe, das müsste eine Erinnerung sein, wo du noch sehr klein warst. Da ist es normal, dass man sich nicht an jedes kleine Detail erinnert.“ „Ja, aber wieso erinnere ich mich an sowas?“ Braz überlegte. „Keine Ahnung, aber du solltest es dir merken. Am besten du schreibst es auf.“ „Ähm…“ Braz schaute mich erneut fragend an. “Was ist denn?“ Ich fing an zu stottern, da es mir sehr peinlich war. „I-ich kann nicht schreiben oder lesen…“ „Verstehe. Soll ich es dann für dich aufschreiben? Und ich bringe dir lesen und schreiben bei. Wie wäre das?“ Ich war so aufgeregt und umarmte ihn. „Jaa, danke!“ Braz lächelte weich und umarmte mich auch.

In den nächsten Tagen verließ es ähnlich, nur dass Braz mir Lesen und Schreiben beibrachte. Es war schwer, aber anscheinend war Braz von mir begeistert. Er sagt immer wieder, dass ich sehr schnell lernte. Ich glaube das lag daran, dass ich nichts zu tun hatte und deshalb freiwillig lernte.
Ein was Tolles hatte es auch: Braz erlaubte mir viel mehr, zum Beispiel länger wach zu bleiben oder mich schmutzig zu machen oder allein im Büro zu sitzen. Oder das mit den Waffen. Er ließ mich einige ausprobieren, wo ich merkte, dass ich gut mit dem Bogen umgehen konnte, oder dem Speer. Und dann war es auch soweit: Richárd kam von der Front zurück. Er hatte sich einen Arm und viele Narben zugezogen, die aber innerhalb von zwei Tagen heilten. Ich war sowas von erstaunt über diese Heilkraft die Richárd besaß. Nicht mal ich konnte Gebrochenes innerhalb von einer Woche heilen.

„Braz hat mir erzählt ,dass du fleißig lernst, nicht nur mit dem Schwert, sondern auch lesen und schreiben. Schön, dass du so brav warst. Dann gehen wir morgen einkaufen, ja?“ Eifrig nickte ich und lief in das Schlafzimmer, und Richárd folgte mir.
Dort überraschte er mich mit einer Nachricht. „Weißt du, ich habe mir überlegt dich zu adoptieren. Dann kannst du hier ohne Probleme leben. Aber nur wenn du möchtest, sonst bringe ich dich in ein Waisenheim.“ Schnell nickte ich und drückte mich an meinem Herren. „Ich bin sozusagen dein Ziehvater. Und es macht mir auch nichts aus wenn du…“, ich ließ ihn nicht ausreden. „I-ich würde schon gerne hierbleiben… A-aber dann nennen Sie mich einfach Staz… Sonst ist es so… unpersönlich. Verstehen Sie das?“, man merkte, dass ich in den paar Tagen hier mehr Wörter gelernt hatte und mich deshalb besser ausdrücken konnte

Richárds POV:


Der Kleine hatte mich schonwieder unterbrochen, aber dieses Mal hatte er auch einen triftigen Grund. „Gerne, Staz. Aber dann wirst du mich… einfach…“, ich wusste einfach nicht, was er außer Richárd oder Dad sagen sollte, aber Zweiteres… das war ein wenig… nun ja, peinlich. „Darf… ich sie einfach… Dad nennen?“ Nervös rieb ich über mein rasiertes Kinn. „Von… mir aus. Aber du musst mir sagen, wenn du etwas hast, oder du dich nicht gut fühlst. Verstanden?“ Und der Junge grinste. Ich hatte das Gefühl, dass der Junge viel offener in den letzten Tagen geworden ist, seitdem Braz auf ihn aufgepasst hat. „Sag mal, du bist ja richtig aufgekratzt? Ist was in den letzten Tagen passiert, wovon ich nichts weiß?“ Und das Grinsen wurde breiter. „Nein, nich wirklich, aber wie würdest du reagieren, wenn dir jemand sagt, dass er nun ohne Probleme hier leben darf? Und das man nun die Person, die den Schutz anbietet, Dad nennen darf?“ Ich fing an zu lächeln, da der Junge so viel sprach. „Ich glaube, wenn ich jünger wäre, hätte ich genauso reagiert. Aber jetzt weiß ich es nicht genau.“ „Aber… ich hab mich an was erinnert.“, und der Junge erzählte mir etwas von einer Kindheitserinnerung, die auf den ersten Blick unwichtig schien, aber dann traf es mich direkt: Der Junge wusste nicht, wo er vor seinem vierten Lebensjahr gewesen war. „Verstehe. Und du hast gesagt Braz schreibt es für dich auf?“ Ein Nicken als Antwort. „… ich glaube Braz wird dir noch was sagen. Aber das möchte ich jetzt nicht noch einmal. Ich… will mich nicht noch einmal daran erinnern.“

Aber wird er, und das für sein ganzes Leben. „Eine Erinnerung wird uns nie verlassen. Egal wie schmerzhaft oder schön sie war. Ich habe auch schmerzhafte Erinnerungen, nicht nur was den Krieg betrifft, sondern auch meine eigene Familie.“ „… Was ist denn passiert?“ Doch ich antwortete ihm nicht. „Dann verrätst du mir, das was für dich schlimm ist, und ich verrate dir mein.“
Ein Tauschgeschäft. Seufzend setzte ich mich auf mein Bett und winkte den Jungen zu mir. Dieser kam auch ohne zu zögern zu mir und ich hob ihn in meinen Schoß. Und ich fing an zu erzählen:

„Vor… ungefähr acht Jahren begann der Krieg zwischen den beiden Fraktionen der Dämonenwelt und den gemixten Rassen. Die Menschen mischten sich ebenfalls ein. Wir, die Dämonen haben eine große Kraft, hier im Schloss, die aber unter alles Umständen nicht freigesetzt werden darf. Jedoch wollten die Menschen diese Kraft, die Kraft des ersten Dämonenkönigs Herrschaft Grimm und damit unsere Welt vernichten. Eigentlich wären wir froh, wenn wir diese Kraft nicht hätten. Der Dämonenkönig hat damals alle Magiekraft der Dämonen an einen Punkt gesammelt um diese irgendwann in sich aufzunehmen. Aber wie du sicher weißt, kann ein Dämon nur so viel Magiekraft aufnehmen, wie sein Körper es braucht. Doch Grimm war gierig. Er wollte sie aufnehmen, ist aber schlussendlich an der Magiekraft erstickt. Das Monster haben unsere Vorfahren hinter eine Tür gesperrt, und es ist die Aufgabe des Königs das Volk vor diesem Ungeheuer zu schützen.“ „Ungeheuer?“ Ich nickte und mein Blick verfinsterte sich. „Ich habe davon auch nichts gewusst, als ich König wurde, doch mein Vorgänger hat mir alles erzählt. Grimms Magiekraft hat eine Form einer riesigen Hand angenommen… Grimm hat seiner Magiekraft einen letzten Auftrag gegeben: Zerstöre die Dämonenwelt und ihre Bewohner.“ „Aber was hat das mit deiner Familie zu tun, Dad?“

Ich atmete tief ein und begann weiter zu erzählen: „Diese Hand versucht ständig aus seinem Gefängnis zu entkommen. Das tat es auch vor acht Jahren: es befreite sich und wir mussten gegen das Monster kämpfen. Mein Meister, Daddy Wolf, meine Frau und ich. Wir konnten das Monster wieder in sein Nest zurückdrängen… Doch es nahm meine Frau mit sich. Sie dürfte dort nach kurzer Zeit erstickt sein… Dort drin schwimmt man regelrecht in Mazo. Und diese Menschen… Sie sahen ihre Chance und nahmen meinen Sohn mit. Ich war zu geschwächt von Grimms Magiekraft, die ich in mir gesammelt hatte und konnte sie nicht ausstoßen. Nur mein Meister konnte mich retten, indem der sie aus mir herauszog.“ Der Junge sah mich entsetzt an. „Das alles… an einem Tag?!“  Langsam nickte ich. „Und… dann tauchst du auf. Du siehst meinem Sohn so ähnlich. Du trägst sogar den gleichen Namen.“ Das machte den Jungen noch nervöser. „Wow…“

„Jetzt bist du dran. Was wolltest du mir erzählen?“ Der Junge schaute hoch zu mir. „A-also… ich habe Braz erzählt, was ich damals so erlebt hatte. Als ich ungefähr 6 oder 7 war, hat mein Vater eine Person genau vor meinen Augen fast getötet, da er etwas von uns stehlen wollte. Der Mann hat vor Hilfe Vergebung gebettelt, doch mein Vater hat das ignoriert und hat mir befohlen ihn umzubringen.“ Ich riss meine Augen auf. Der Junge hatte… also schon getötet. Mit so einem zarten Alter. „ich sollte dem mann einfach die Lunge aufspießen. Er hat mich dazu gezwungen. Ich hatte es also hinter mich gebracht. Das ganze Blut und diese Geräusche, die der Mann von sich geben hat, waren ekelhaft. Mein Vater hat mich auch noch gefragt, wie ich mich dabei gefühlt hatte. Als ich ihm geantwortet hatte, dass ich es schrecklich und ekelhaft empfand, hat er mich den ganzen Abend verprügelt. Ich hatte auch noch die Bilder im Kopf, weshalb ich die ganze Zeit mich übergeben musste. Er hatte gesagt, ich solle mich mächtig dabei fühlen, wenn ich jemanden das Leben nahm, denn nur die Starken überleben in dieser Welt. Das weißt du auch, oder Dad?“ Leider musste ich zustimmen. „Man kann sich in dieser Zeit nicht mit Entschuldigungen über Bord halten. Man wird dafür gnadenlos umgebracht.“
„Aber sonst war er immer so nett. Und meine Mutter auch. Aber ich musste viele Leute töten. Ich kann sie auch gar nicht mehr zählen, oder mich genau daran erinnern. Aber an den einen schon. Ich hatte einen Freund aus Wut getötet.
Mein Vater hat mich dann auch noch dafür gelobt. Ich hab mich so scheiße gefühlt.“ Der Junge hatte ein Begriff verwendet, für den ich ihn eine Ohrfeige geben würde, doch ich ließ ihn aussprechen. „Doch ich habe vor meinem Vater so getan, als hätte er es verdient und ich hätte mich dabei gut gefühlt. Er war so stolz auf mich, das mir schlecht davon geworden ist. Als er weg war habe ich einfach alles ausgespuckt. Und da habe ich noch nicht mal meine Sachen oder Hände gewaschen, ich hatte also noch das Blut auf meinen Händen. Und ich hatte Durst. Also habe ich das Blut meines toten Freundes getrunken. Er war sogar noch warm… Mein Vater hatte damals herausbekommen, dass ich ein Vampir bin. Er war erst einmal geschockt, doch dann hat er es schweigend akzeptiert. Seit dem Abend hatte er immer etwas Blut mitgebracht. Woher er das hatte wusste ich nicht, aber es gab immer wieder Nachrichten in der Zeitung, das Tiere und ein paar jüngere Kinder auf unbekannte Art und Weise verschwunden sind. Ich wusste, dass mein Vater dafür verantwortlich war. So ekelhaft es war, ich brauchte das Blut.“

Ich hatte dem Jungen aufmerksam zugehört und hatte nun ein besseres Bild von dem Jungen. Nun wusste ich, dass Staz und ich vieles durchgemacht hatten. Wir beide trugen Leid in uns, Erinnerungen, die wir am liebsten nie hätten. „Verstehe. Danke, dass du mir das erzählt hast.“ Der Junge nickte und atmete aus. „Ich fühl mich irgendwie besser…“ Ich mich auch. Der Junge konnte endlich etwas loswerden, sein leid teilen und gleichzeitig mein leid erfahren. Wir teilten uns sozusagen etwas. „Ja..“ Sanft nahm ich den Jungen in den Arm und wiegte ihn. Und das mochte er, da er auch ziemlich schnell einschlief. Hoffentlich hatte er keinen Albtraum.

Doch auch nach zwei Stunden sah es nicht danach aus, dass er einen bekommen würde, deshalb legte ich ihn in mein Bett und deckte ihn zu. Sein friedliches Gesicht war so schön, dass es mir warm um mein Herz wurde. „Schlaf gut…“
Dann ließ ich ihn allein im Zimmer und ging herunter in unsere private Stube. Dort legte ich eine Schallplatte auf und hörte eine Aufnahme von Braz, als er noch jünger war und ein paar Lieder mit dem Chor in dem er war gesungen hatte. Damals war seine Stimme so ähnlich wie dich von Staz. Ich schloss meine Augen und erinnerte mich daran.
„Erinnerungen werden einen nicht verlassen, egal ob sie schön oder schrecklich war…“
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