»Hidden Shadow«
von Ala5ka
Kurzbeschreibung
(Der Autor hat keine Kurzbeschreibung zu dieser Geschichte verfasst.)
GeschichteAbenteuer, Drama / P16 / Gen
Aiden Pearce
OC (Own Character)
Raymond "T-Bone Grady" Kenney
05.06.2015
16.02.2017
18
36.056
5
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Dieses Kapitel
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24.01.2017
4.324
„Das klingt sowas von nach Dedsec.“, sagte Kate, nachdem Alexa diese Tatsache hinterfragt hatte. Die drei befanden sich im Treppenhaus des Hotels. Da die meisten Besucher die Aufzüge wählten, als die kalten Treppen, die nach unten, oder nach oben führten, waren die Hacker so gut wie alleine. Aiden lehnte gegen das Gelände und Alexa und Kate standen an der Wand. „Bedrohen ihre Gegner genau mit solchen Mittel. Wenn das nicht diese dämliche Hackergruppe ist, die nun den Stick besitzen, dann weiß ich auch nicht.“
„Kommt es aber nur mir so komisch vor, dass Ben von Dedsec nichts gewusst hat? Ich meine...der Typ arbeitet bei Blume. Die sind schon seit einer geraumen Zeit ein Dorn in deren Augen. Wieso hat Ben nicht von Anfang an erklärt, wer ihn bedroht hat?“, fragte Alexa.
„Weil es nicht Dedsec war und Ben das weiß.“ Aiden meldete sich zu Wort, nachdem er sich wieder aufrecht hinstellte. Mit dieser Aussage verfinsterte sich Kates Miene so stark, dass ihre Augenringe noch dunkler wirkten, als zuvor. Aiden schien diesen Ausdruck zu ignorieren und wandte sich an Alexa. Ihr nachdenkliches Gesicht schien ihm angenehmer zu sein, als das von ihrer Freundin. „Denkt mal nach. Dieses Drohen sieht denen wirklich ähnlich, aber Ben redete davon, dass diese Frau ihr Gesicht nicht gezeigt hat. Seit wann versteckt sich Dedsec? Sie wollen doch Aufmerksamkeit, richtig? Um diese zu erhalten, muss man sich auch präsentieren können und das tut man ganz sicherlich nicht mit einer Kapuze im Gesicht.“ Aiden machte eine kurze Pause und sein Blick fiel auf Kate, die ihn immer noch grimmig anschaute. „Für mich klingt das mehr als würde jemand das Motiv von Dedsec nehmen, um eine falsche Fährte zu legen.“
Kate schnaubte und verschränkte ihre Arme. „Was ist, wenn die genau das wollen, dass wir das denken? Dedsec besteht größtenteils aus junge Leute, aber die machen dennoch ihre Hausaufgaben. Die wissen sicherlich, dass wir hinter dem Stick her sind.“
„Unwahrscheinlich.“ Aiden verschränkte nun ebenfalls seine Arme vor der Brust und schien Kate mit seinen Augen zu durchbohren. Ihr plötzliches Auftreten gefiel ihm gar nicht. „Ich hab einen Freund in Dedsecs Angelegenheiten einschleusen lassen. Er hätte mich informiert, wenn die den Stick hätten.“
„Du hast jemanden bei Dedsec?“ Alexa sah überrascht aus.
Aiden nickte kurz und wollte gerade etwas dazu sagen, doch Kate kam wieder dazwischen „Und das wolltest du uns wann verraten?“
„Wenn es nötig ist und jetzt war es das. Wir können davon ausgehen, dass Dedsec nicht im Besitz des Sticks ist.“
„Und wie zuverlässig sind diese Informationen von deinem Freund?“, hackte Kate weiter nach.
„Sehr zuverlässig. Er tut mir einen Gefallen, den ich erwidere.“
„Ach ja?“
Aidens Augen formten sich zu kleinen Schlitzen, als Kate seine Aussage ins Fragwürdige zog. Er wusste genau worauf sie hinaus wollte. „Möchtest du der Gruppe vielleicht etwas mitteilen, Kate?“, fragte er schließlich. Seine Augen entspannten sich wieder und er ließ die Arme hängen.
Alexas Freundin lachte kurz auf. „Ich? Hah! Ist schon komisch, dass Dedsec uns den Stick wegschnappt und du uns dann erzählst, dass du einen Freund bei denen hast. Auf wessen Seite stehst du eigentlich, Pearce?“
Aidens Wut kochte fast über, als sie anfing ihm vorzuwerfen, die Gruppe zu verraten, doch irgendwie schaffte er es sich im Griff zu behalten, atmete tief durch und verdrängte die angesammelte Wut in sich. „Auf unserer natürlich, was ich aber von dir nicht behaupten kann.“
Eine Augenbraue von Kate ging in die Höhe, als er das sagte, dann verdrehte sie die Augen und seufzte übertrieben laut. „Richtig. Du misstraust mir ja sowieso schon die ganze Zeit.“
„LEUTE!“ Das kam von Alexas Seite und sie hatte ihren Kopf etwas zur Seite geneigt und musterte abwechselnd den Hacker und Kate. Ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und Aiden konnte nicht genau sagen, ob ihr Blick Verwirrung oder Wut ausdrückte. „Ist euch eigentlich bewusst, was ihr beide hier gerade treibt?“, fragte sie und rechnete mit keiner Antwort, doch Kate sprengte ja mal wieder den Rahmen. „Streiten?“
„Zeit verschwenden! Da draußen läuft eine Frau mit dem Stick herum, den wir brauchen. Wenn wir also die Spur nicht ganz verlieren wollen, sollten wir an die Arbeit gehen. Aiden!“ Sie wandte sich dem Hacker zu und dieser erwiderte ihren Blick sofort. „Ben erwähnte den River Edge Park. Kannst du die Kameraaufnahmen der letzten drei Stunden durchgehen und schauen, ob du Ben mit dieser Frau findest?“
Aiden nickte kurz und warf Kate noch einen abschätzenden Blick zu, bevor er sein Handy zog und sich in das ctOS hackte, doch schnell fiel ihm auf, dass die Aufnahmen fehlten. „Nun, wir haben ein Problem.“, meldete er. Der Hacker tippte einige Sekunden noch auf seinem Handy herum, dann senkte er es und blickte abwechselnd auf die beiden Frauen. „Es sind keine Kameraaufzeichnungen vorhanden.“
Kate lachte kurz ironisch auf, schüttelte mit ihrem Kopf und lief einige Schritte an Aiden vorbei, um aus dem kleinen Fenster schauen zu können, das einen Blick auf den Parkplatz gewährte. „Und was machen wir jetzt?“
Aiden warf Alexa einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder schweigend an Kate. Ihre Frage war berechtigt. Ohne ein Profil oder wenigstens die Stimme der Frau, konnten sie mit nichts anfangen. Mit Sicherheit würde es ein Backup für diese Kameras geben, doch wenn die Gruppe, zu der diese Frau gehörte, an die Hauptkameras gedacht hatte, dann würden sie es sicherlich nicht zulassen, durch ein Backup entdeckt zu werden. Aiden fluchte innerlich und ihm gingen die Optionen aus. „Hat jemand eine Idee, wie wir anfangen könnten? Trotz dieser Umstände?“, fragte er dann in die Gruppe, doch ehe jemand etwas darauf antworten konnte, kam über ihnen schon ein Vorschlag, der für Erleichterung sorgte, die jedoch bei niemanden von außen erkennbar war.
„Vielleicht... kann ich ja helfen...“
Die drei Hacker blickten die Treppe hinauf und erkannten Ben auf dem Zwischenpodest, der seine Hände verkrampft gegen seinen Körper hielt und zu ihnen nach unten schaute.
Aiden runzelte die Stirn und Alexa tat es ihm nach. Nur Kate blieb gelassen, schmunzelte und lehnte sich zurück. „Tatsächlich? Erst erzählen Sie uns nur die halbe Wahrheit und jetzt sind Sie bereit uns zu helfen? Welchen Hacken hat das?“
„Gar keinen.“ Das kam wie aus der Pistole geschossen, doch traf das Projektil nicht sein Ziel, denn Aiden und Alexa sahen nur noch skeptischer aus, als vorhin. Die Hackerin neben Aiden ergriff dann das Wort: „Ben.“, begann sie ruhig und kam mit langsamen Schritte auf ihn zu, dabei stieg sie einige Stufen hinauf. „Was können Sie uns über diese Frau sagen? Dass sie nicht von Dedsec ist, war Ihnen von Anfang an bewusst. War auf ihrem Handy wirklich die Motive von der Hackergruppe zu sehen oder haben Sie sich das nur ausgedacht?“ Vier Stufen von ihm entfernt blieb Alexa wieder stehen.
Ben zögerte, seufzte dann und nickte. „Habe ich, da haben Sie recht. Sie müssen mich aber verstehen!“, wandte er plötzlich ein. „Es waren Drohungen, die ernst zu nehmen sind. Die ruinieren mein ganzes Leben, wenn ich nicht die Klappe halte.“
„Wieso rücken Sie dann plötzlich mit der Sprache raus?“, hackte Kate nach und verschränkte die Arme.
„Weil Sie drei mir helfen können. Beziehungsweise Sie.“ Er machte eine kurze Bewegung mit seinem Kinn und deutete damit auf Aiden. „Sie können mir eine komplett neue Identität verschaffen.“
„Redet man bei Blume so schlecht über mich, dass mir solch ein kriminelles Verhalten vorgeworfen wird?“, scherzte Aiden und neigte seinen Kopf etwas zur Seite. Er überlegte schon, wer der richtige Mann für diese Sache wäre.
„Man redet noch schlimmer über Sie, aber das tut es jetzt nicht zur Sache. Ich will diese Frau loswerden.“
„Woah. Ganz ruhig. Das sind mehr Forderungen, als Sie sich leisten können, Ben.“, warf Kate ein und stand nun neben Alexa, um den Entwickler besser mit ihren Blicken verunsichern zu können. Jetzt erst erkannte Ben, dass Kate um einiges jünger war als die Frau, die neben ihr stand. Er schätzte sie auf 24 Jahre. „Warum sollten wir Ihnen trauen?“, fragte die jüngere von den beiden Frauen.
Ben zuckte unschuldig mit der Schulter. „Sie können gern diesen Vorschlag nicht annehmen und selbst im Dunkeln umhertappen, aber dann können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie den Stick nie wieder sehen werden.“
„Woher kommt denn plötzlich diese Selbstsicherheit?“, wollte Kate wissen.
„Ich sage die Wahrheit. Darum.“
Alexa musterte den Mann noch mal von oben bis unten und wandte sich dann an Aiden. „Wir haben keine andere Wahl.“, sagte sie schließlich und der Hacker erkannte in ihrem Gesichtsausdruck, dass ihr diese Idee genauso wenig gefiel, wie ihm selbst, doch Alexa hatte recht: Sie hatten keine andere Wahl.
„Na schön. Sie geben uns die Information, die wir brauchen und ich arrangiere das, was sie wollen.“
Ben lächelte leicht „Ich wusste doch, dass wir auf einen Nenner kommen.“
„Blume hatte in letzter Zeit Probleme mit einer Sekte, die sich „New Dawn“ nennt.“, erklärte Ben. Sie befanden sich im Wohnzimmer seiner Suite. Ben hatte Kaffee angeboten, doch keiner von den Hacker hatte überhaupt den Tassen, die auf dem Tisch standen, auch nur einen kurzen Blick gewürdigt. Seine plötzliche Kooperation heckte bei jedem Misstrauen.
„Ach ja...die Sekte, wo sich verzweifelte Berühmtheiten aufhalten...“, spottete Kate und setzte ihr typisches Lächeln auf ihre Lippen. Sie war die einzige, die nicht ruhig auf der Couch sitzen konnte. Sie wanderte im Zimmer herum, schielte durch die Ritzen der Rollladen nach draußen, wandte sich wieder ab und verschränkte die Arme. Alexa fiel auf, dass sie nervös wirkte. Immer wieder prüfte sie die Fenster, doch gleichzeitig galt ihre Aufmerksamkeit auch der eigentlichen Sache: Herauszufinden, wer diese Frau nun war, die Ben den Stick abgenommen hatte.
„Genau. Der Sachverhalt ist eigentlich ganz einfach. Blume hat Geld in New Dawn gepumpt, um die Prominente für ihre Werbekampanien zu gewinnen, aber die Sekte hat immer mehr an Ansehen verloren und Blume vermutet, dass sie mit in diesen Dreck gezogen werden. Was machen sie also?“
„Blume wendet sich von New Dawn ab und streicht die Gelder.“, beantwortete Alexa die Frage. „Also sind sie nach Rache aus?“
Ben presste seine Lippen zusammen, wippte etwas mit seinem Kopf hin und her, während er überlegte und schüttelte diesen dann. „Eigentlich nicht. Der Vorsitzende der Sekte war zwar ziemlich sauer, aber ich glaube auch, dass er Einsicht hatte. Eine Sekte steht niemals gut im Licht. Sagen wir es mal so: New Dawn hat eine neue finanzierende Kraft.“
„Und die wäre?“, fragte nun Aiden. Kate hatte sich endlich zu ihnen gesellt und fixierte den Entwickler mit ihren grünen Augen.
Ben zuckte mit seiner Schulter. „Der Name wurde in keiner der Protokolle genannt.“
„Sie haben in Blume geschnüffelt? Als Mitarbeiter?“ Kate stellte ihre Ellbogen auf ihre Knie, legte ihren Kopf in den Händen und lehnte sich etwas nach vorne. „Für mich klingt das alles ziemlich...mh...wie soll ich das ausdrücken? Suspekt. Für mich sehen Sie nicht aus, als würden Sie befugt sein, solche Informationen wissen zu dürfen.“
Dass Ben Kate gar nicht mochte, konnte man jetzt am deutlichsten erkennen. Er spannte seinen Kiefer an und beherrschte sich regelrecht kein böses Wort ihr gegen den Kopf zu werfen. Er musste sich jetzt zusammenreißen, wenn er das erreichen wollte, woran er nun so hart arbeitete: Aidens Vertrauen. Ben wollte endlich weg aus dieser Stadt. Weg aus Chicago, aus seinem alten Leben und Aiden war seine Fahrkarte. Auch wenn der Rächer kriminell war, war er doch ein ehrlicher Mensch. Er glaubte, dass er ihm helfen konnte. Als Einziger.
Kate deutete seinen Blick richtig und lehnte sich zurück. „In was für eine Scheiße stecken Sie wirklich, Ben?“, fragte sie.
Der Mann zuckte zusammen, doch bevor er sich rechtfertigen konnte – und er hob schon seine Hände dazu - stand Aiden mit einem Ruck auf und hielt sein Handy hoch. „Wir bekommen Besuch!“
Kate war die erste die reagierte, sprang von der Couch, lief zum Fenster, blieb jedoch in Deckung, als sie zwischen den Ritzen der Rollladen schielte. „Schwarze Transporter? Moment...“ Mit einem Male hatte sie schon ihre Waffe gezogen und richtete diese auf Ben. „Die sind von New Dawn! Sie haben uns verraten!“, zischte sie. „Sie gottverdammter-“
„KATE! Runter mit der Waffe!“, schrie Alexa und stellte sich zwischen Kate und Ben. Sie hielt ihre Hände hoch, um ihrer Freundin zu zeigen, dass sie unbewaffnet war und es auch blieb.
„Ach halt die Klappe, Lex und geh zur Seite.“ Sie machte eine kurze Bewegung mit ihrer Waffe, um Alexa aufzufordern, von Ben zu weichen. „Ich hab keine Lust mehr auf diese sinnlosen Spielchen! Seit Tagen tappen wir ohne Erfolg herum. Ben soll endlich Klartext reden! Also raus mit der Sprache!“
„Nehmen Sie erst die Waffe runter!“, verlangte Ben. Er war nun in Deckung gegangen. um sich hinter Alexa zu verstecken und hielt seine Hände vor seinem Kopf, den er eingezogen hatte.
„Einen Scheiß werde ich tun.“
Aiden hatte nun ebenfalls seine Pistole gezogen, behielt sie jedoch unten. „Ich hab die Türen abgesperrt. Das verschafft uns etwas Zeit. Wir sollten verschwinden!“, warnte er.
„Ohne Informationen gehe ich nirgendwo hin! Was hat New Dawn Ihnen geboten?“
„Gar nichts! Ich hab Sie nicht verraten! Die kommen, weil die Datei auf dem Stick verschlüsselt ist.“
„Und das wussten die schon vorher nicht?“, fragte Kate weiter und kam einige Schritte näher, doch Alexa blieb dort wo sie war. Sie vertraute darauf, dass ihre Freundin nicht schießen würde.
„Doch. Die mussten nur überprüfen, ob-“, stammelte Ben, doch die junge Frau unterbrach ihn wieder. „Warum sind Sie so scharf darauf, eine neue Identität zu erhalten?“
Aiden sah wieder auf sein Handy und merkte, dass die Typen von New Dawn bereits in der Lobby waren, doch die Frage, die Kate Ben gestellt hatte, interessierte ihn ebenfalls, deshalb schätzte er kurz die Zeit, die sie noch hatten und blickte dann von seinem Handy auf.
„Weil...weil ich Daten von Blume verkauft habe...“, murmelte der Entwickler.
„An?“
„Dedsec.“
„Sie sind tatsächlich nur ein dummer Entwickler, der absolut keine Ahnung hat, was er da getan hat. Lassen Sie mich raten. Sie wollten also uns zu denen schicken, damit wir sie etwas aufwühlen und Sie untertauchen können, hab ich recht?“
Alexa, die Ben bis jetzt noch vor Kate geschützt hatte, wich tatsächlich einen Schritt zurück und sah den Entwickler mit einem schief gelegten Kopf an.
„Ach komm, Alexa, das wundert dich genau so wenig wie mich.“, warf Kate noch ein. Ben befand sich direkt in ihrer Schusslinie. Sollte sie jetzt einfach abdrücken, hätte der Entwickler ein Loch im Gesicht. „Doch er hatte einen kurzen Gedankenwandel. Wenn Aiden ihm eine neue Identität verschaffen kann, dann hätte er noch mehr Zeit, komplett unterzutauchen. Dedsec hat nicht sein Versprechen gehalten, was Ben? Und Blume ist ja auch noch dicht hinter Ihnen.“
Ben schluckte laut. „Woher wissen Sie das alles?“, wollte er wissen.
„Man braucht kein Experte zu sein, um Eins plus Eins rechnen zu können. Außerdem weiß ich wer Dedsec ist. Sie anscheinend ja nicht. Haben Sie tatsächlich Blume unterschätzt?“
„Ich dachte, ich tue das Richtige... ich wollte doch nur-“
„Helfen? Nun das versuchen wir ja alle, aber für Sie scheint es wohl kaum noch irgendwelche Chancen zu geben. Ich meine...Sie haben Blume und New Dawn am Hals...also Ihre Chancen auf Freiheit sinken krass.“
„Genug! Die sind gleich bei uns.“ Aiden ergriff wieder das Wort und deutete mit seiner Waffe zur Tür. „Wir haben absolut keine Chance gegen diese Typen. Entweder wir verschwinden sofort oder wir sind so gut wie erledigt. Die Feuertreppe ist frei. Wenn wir-“
„Ist das diese Frau?“ Alexa hielt ihr Handy in Bens Gesicht. Sie hatte sich, wie Aiden vorhin auch, in die Kameras gehackt und einen Blick auf die Lobby erhascht. Eine Frau mit einem langen Mantel und die Kapuze tief in ihrem Gesicht gezogen, stand zwischen den bewaffneten Männern. Eigentlich hätte das ctOS sofort ein Profil von ihr erstellt und verraten, wer sie war, doch die Sätze bestanden nur aus Zahlenreihenfolgen oder Buchstaben, die zusammen keinen Sinn ergaben.
„Ja!“, rief Ben auf. „Ja! Das ist diese Frau! Ich erkenne ihren Mantel wieder!“
„Aiden. Das wäre unsere Chance herauszufinden, wer die sind. Wer sie ist! Ich glaube nämlich, dass New Dawn Söldner angeheuert hat. Die machen sich nämlich ungern selbst die Hände dreckig.“ Alexa hatte ihr Handy wieder weggesteckt und an Aiden gewandt, doch dieser schüttelte mit dem Kopf. „Und wie willst du das bewerkstelligen? Söldner sind im meisten Falle dazu geneigt Menschen umzubringen. Ich glaube nicht, dass die mit uns reden wollen.“
„Ich könnte sie aufnehmen...“
Es war genau der gleiche Blick, den Ben von den drei Hacker bekam, wie damals im Treppenhaus.
„Sie können mir vertrauen. Ich meine...mehr bleibt Ihnen ja nicht übrig.“
„Ich hasse diese Idee, aber wir sollten Ben eine Chance geben sich zu beweisen. Wie wollen Sie es also anstellen?“ Es war Alexa, die ihm vertraute. Aiden stand an der Tür und blickte nur ein paar Mal von seinem Handy auf. „Die sind im ersten Stock.“
„Ich aktiviere ein Mikro in meinem Arbeitszimmer. Da dort meine Ausrüstung ist, werden wir uns wohl dort hinbegeben. Verbinden Sie einfach ihr Handy mit meinem Mikro und dann sollten Sie das Gespräch mithören können.“
Alexa zögerte, reichte ihm aber dann ihr Handy und ließ Ben die beiden Geräte miteinander verbinden.
„So.“ Er gab Alexa das Handy zurück. „Nun verschwinden Sie, wenn Sie nicht wollen, dass das hier alles in einem Blutbad endet und vergessen Sie nicht unsere Abmachung, Mr Pearce.“
Aiden schüttelte mit seinem Kopf und öffnete die Tür. Er trat als erstes raus und sicherte den Flur. „Alles frei. Los jetzt!“, zischte er. Kate kam als Nächstes und Alexa warf Ben noch ein Lächeln zu. „Machen Sie einfach keine Dummheiten und schauen Sie, dass Sie am Leben bleiben. Spielen Sie nicht den Helden, sondern tun Sie einfach das, was die von Ihnen wollen. Wenn die weg sind, nehmen wir Kontakt mit Ihnen auf und sagen Ihnen, wo wir uns treffen können.“
„Danke.“, flüsterte Ben und zum ersten Mal konnte Alexa den Entwickler lächeln sehen. Sie sah Hoffnung in seinen Augen und mit einem Male auch Sympathie. Mit einem Nicken verließ sie dann seine Suite und folgte Aiden und Kate zur Tür die zu der Feuertreppe führte. Leise, aber schnell liefen sie diese hinunter und als sie endlich wieder auf dem Asphalt standen, hob Aiden seinen Arm und signalisierte damit, dass sie still bleiben sollten. „Die sind um das ganze Gebäude. Wir müssen zum Auto, dort sind wir erst Mal sicher.“
„Kate? Hast du unsere Spuren verwischt?“, fragte Alexa und spähte um die Ecke. Sie entdeckte eine bewaffnete Person am Vordereingang.
„Bin gerade dabei. Und...“, sie zog das „und“ lang wie ein Kaugummi. „...fertig. Wir sind nie hier gewesen.“
„Danke. Wozu der ganze Aufwand? Rechnen die wohl mit Leuten wie uns?“
Aiden nickte. „Das sind immer noch Söldner. Erledigen die ihre Arbeit schlecht, bekommen die weniger Geld. Das ruiniert deren ihr Ruf...das übliche halt.“ Der Hacker prüfte mit seinem Handy die Kameras und entdeckte eine Lücke. „Wir müssen außenrum.“ Er lief geduckt voraus und die beiden Frauen folgten ihm wortlos.
„Nun Ben... zu Ihrem Glück ist auf diesem Stick alles drauf, was wir wollten...“ Die Söldnerin lief um die Couch herum, auf der Ben saß und lächelte schief. „Wir brauchen nur Ihre Hilfe, die Daten zu entschlüsseln. Unser Kunde möchte keine unfertige Ware, wenn Sie verstehen was ich meine.“ Die Frau war mit einem anderen Mann alleine in seiner Suite, doch Ben war sich sicher, dass vor seiner Tür wahrscheinlich noch jemand, oder zwei standen.
So räusperte er sich kurz und erinnerte sich daran, was Alexa ihm geraten hatte: spiele nicht den Helden. Also nickte der Entwickler und stand auf. „Ich muss nur meinen Laptop holen und...“
Die Frau stand plötzlich vor ihm und drückte ihn zurück in die Couch. „Das wird Gabe für Sie tun. Gabe! Hol den Laptop.“
Ein stämmiger Mann, mit einem Dreitagebart und mittellangen Haaren nickte kurz und verschwand in Bens Arbeitszimmer. Mit einem kleinen schwarzen Laptop kam er zurück und ließ diesen unsanft auf Bens Schoß fallen. „Machen Sie sich an die Arbeit.“, verlangte die Frau und warf ihm noch zusätzlich den Stick hin, doch Ben merkte schnell, dass es ein anderer war.
„Das ist nicht der Stick, den ich Ihnen damals im River Edge Park gab...“
„Scharf beobachtet, Ben“, spottete sie und setzte sich auf den Sessel, der auf der anderen Seite des Wohnzimmertisches stand. Sie waren nun auf gleicher Höhe und ihr Blick, der auf Ben ruhte, machte ihn nervös. „Für den Fall der Fälle, sollten Sie Dummheiten machen, wie zum Beispiel die Daten löschen, oder ein Virus drauf laden, haben wir ein Backup erstellt, an dem Sie sich austoben können. Jetzt machen Sie sich schon an die Arbeit! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“
Ben ließ sich das nicht zweimal sagen und klappte seinen Laptop auf. Den Stick steckte er in den USB-Anschluss und wartete darauf, dass der Ordner sich öffnete.
„Haben Sie eigentlich schon Blume angerufen?“, fragte die Söldnerin und legte den Kopf schief. Ben wusste, dass sie sofort wusste, wenn er lügen würde, da sie das sicherlich schon nachgeprüft hatten, aber da er sowieso keine Zeit gehabt hatte Blume zu kontaktieren, schüttelte er nur wortlos den Kopf und tat so, als wäre er schon hochkonzentriert. Er wollte keine Fragen beantworten...keine, die ihn in Schwierigkeiten bringen könnten.
Der Mann, der den Namen Gabe trug, stand hinter ihm und blickte über seine Schulter. Er kontrollierte, dass Ben nicht Hilfe holte, oder sonst mit irgendjemanden schrieb und solange er das nicht tat, blieb er entspannt.
„Die machen sich doch bestimmt schon Sorgen, warum ihr Kontaktmann nicht gekommen ist und sich noch niemand bei ihnen gemeldet hat.“
Ben erinnerte sich daran, wie sein Gegenüber ihm berichtet hatte, dass der Mann, den er im River Edge Park hätte treffen müssen, tot in einer Gasse lag – wahrscheinlich war die Leiche schon entsorgt worden, doch der Gedanke ließ sein Blut erneut in seinen Adern gefrieren und schnell versuchte er die Bilder in seinem Kopf zu verscheuchen. Seine Hände begannen zu zittern und er musste kurz durchatmen, um die Fassung zu behalten. „Bitte...ich versuche mich zu konzentrieren...“, flüsterte er und hoffte, dass die Frau einfach ihren Mund halten würde, doch die Söldnerin hatte Spaß daran, ihr Opfer mit der Angst zu quälen.
„Wenn ich so darüber nachdenke, hätte der Mann von heute Mittag gar nicht sterben müssen...aber wir lassen ungern Beweise übrig. Na ja.“ Da war wieder diese Leichtigkeit in ihrer Stimme. Sie redete über diesen Mord so, als wäre er leichter gewesen, als jemanden leben zu lassen.
Der Mann mittleren Alters ignorierte ihre Aussage und starrte auf den hellen Bildschirm. Langsam öffnete sich das Programm und vor ihm hatte Ben nun ctOS 2.0 - die verschlüsselte Version jedenfalls. „Das wird jetzt eine Weile dauern...wenn Sie möchten, können Sie sich einen Kaffee machen. Ich hätte nichts dagegen, wenn-“
„Klappe und machen Sie sich an die Arbeit. Sie reden zu viel, Ben!“, unterbrach die Frau seine bemühte Höflichkeit und lehnte sich zurück. Ben zuckte zusammen, nickte dann und machte sich an die Arbeit.
Nach einer Viertelstunde stand die Söldnerin auf und ging in Bens Küche um zu telefonieren. Gabe blieb stets bei ihm und schnaubte ein paar Mal. Er verstand nichts von dem, was Ben da an seinem Laptop machte und es interessierte ihn wahrscheinlich genau so wenig, doch er blieb wachsam. „In Ihrer Haut würde ich jetzt wirklich ungern stecken.“, sagte er.
„Schön, dass Sie das kommentieren müssen...“, murmelte Ben. Er wünschte, er würde es selbst nicht...doch den Umständen entsprechend hatte er wohl oder übel keine andere Wahl. So beachtete er seinen Kommentar nicht weiter und tippte schnell auf seiner Tastatur herum. Code für Code arbeitete er sich voran und irgendwann drückte er die Enter-Taste und die Arbeit war erledigt. Genau in diesem Moment kam die Frau zurück. Sie trug auf ihren Lippen ein zufriedenes Lächeln. „Nun. Wie weit sind wir?“, wollte sie wissen.
Ben atmete durch und schob ihr den Laptop hin. „Fertig. Sie müssen nur noch die Datei speichern und dann-“ Er brach abrupt ab und starrte auf die Frau. Sie hatte eine Pistole gezogen und schraubte nun einen Schalldämpfer an den Lauf ihrer Waffe. „Sehr schöne Arbeit. Ich bin stolz auf Sie, denn endlich haben Sie ihren Wert verloren. Tut mir leid, dass es leider nicht anders kommen kann oder darf. Ich hab angefangen Sie zu mögen.“, log sie um die Stimmung etwas aufzulockern.
Bens Magen verkrampfte sich und die Angst um sein Leben schien ihn zu übermannen, sodass er das Gefühl hatte sich jeden Moment übergeben zu müssen. Er hob seine Hände. Die Frau meinte es ernst „Bitte...oh Gott. Sie können mich nicht erschießen.“
„Hm...da bin ich anderer Meinung.“, erwiderte die Söldnerin und richtete die Waffe auf seinen Kopf. „Ich wünschte, ich müsste das nicht tun.“ Eine erneute Lüge.
„Wir können darüber reden. Vielleicht...ich weiß nicht. Was wollen Sie? Ich gebe Ihnen alles. Sagen Sie mir nur, was sie wollen.“
„Das Sie endlich die Klappe halten.“
Dann drückte sie ab.
Im Auto rührte sich eine Zeit lang gar nichts mehr. Alle drei Hacker blickten wortlos auf Alexas Handy, das auf der Ablagefläche lag, als der Schuss fiel. Es war vorhersehbar gewesen, dass es dazu kam. Alexa hatte gewusst, dass es so enden würde. „Hast du die Stimme?“, fragte sie schließlich um die Stille zu durchbrechen. Der Hacker nickte. „Ich lasse sie nur gerade durch die Suche durch. Wir müssten in wenigen Sekunden den Namen haben.“
„Gut.“ Was Ben anging: Sie wollte kein Wort darüber verlieren. Es tat ihr leid, dass er durch diese Hölle gehen musste und dennoch nichts gefunden hatte als den sicheren Tod. Aber nur so, kamen sie weiter. Es war grausam, aber die einzige Möglichkeit.
„Ihr Name ist Rachel Hanson. Sie leitet eine Söldnertruppe namens „Phénix“. Wieso haben die einen französischen Namen? Ich konnte nicht einmal einen Hauch von französischem Akzent in ihrer Stimme hören.“, fragte Aiden.
„Ist doch egal wie die heißen. Hauptsache, wir wissen, wo wir nun anfangen… oder eher, wo wir sie abfangen können…“, sagte Kate und rammte ein Magazin in ihre Waffe.
„Kommt es aber nur mir so komisch vor, dass Ben von Dedsec nichts gewusst hat? Ich meine...der Typ arbeitet bei Blume. Die sind schon seit einer geraumen Zeit ein Dorn in deren Augen. Wieso hat Ben nicht von Anfang an erklärt, wer ihn bedroht hat?“, fragte Alexa.
„Weil es nicht Dedsec war und Ben das weiß.“ Aiden meldete sich zu Wort, nachdem er sich wieder aufrecht hinstellte. Mit dieser Aussage verfinsterte sich Kates Miene so stark, dass ihre Augenringe noch dunkler wirkten, als zuvor. Aiden schien diesen Ausdruck zu ignorieren und wandte sich an Alexa. Ihr nachdenkliches Gesicht schien ihm angenehmer zu sein, als das von ihrer Freundin. „Denkt mal nach. Dieses Drohen sieht denen wirklich ähnlich, aber Ben redete davon, dass diese Frau ihr Gesicht nicht gezeigt hat. Seit wann versteckt sich Dedsec? Sie wollen doch Aufmerksamkeit, richtig? Um diese zu erhalten, muss man sich auch präsentieren können und das tut man ganz sicherlich nicht mit einer Kapuze im Gesicht.“ Aiden machte eine kurze Pause und sein Blick fiel auf Kate, die ihn immer noch grimmig anschaute. „Für mich klingt das mehr als würde jemand das Motiv von Dedsec nehmen, um eine falsche Fährte zu legen.“
Kate schnaubte und verschränkte ihre Arme. „Was ist, wenn die genau das wollen, dass wir das denken? Dedsec besteht größtenteils aus junge Leute, aber die machen dennoch ihre Hausaufgaben. Die wissen sicherlich, dass wir hinter dem Stick her sind.“
„Unwahrscheinlich.“ Aiden verschränkte nun ebenfalls seine Arme vor der Brust und schien Kate mit seinen Augen zu durchbohren. Ihr plötzliches Auftreten gefiel ihm gar nicht. „Ich hab einen Freund in Dedsecs Angelegenheiten einschleusen lassen. Er hätte mich informiert, wenn die den Stick hätten.“
„Du hast jemanden bei Dedsec?“ Alexa sah überrascht aus.
Aiden nickte kurz und wollte gerade etwas dazu sagen, doch Kate kam wieder dazwischen „Und das wolltest du uns wann verraten?“
„Wenn es nötig ist und jetzt war es das. Wir können davon ausgehen, dass Dedsec nicht im Besitz des Sticks ist.“
„Und wie zuverlässig sind diese Informationen von deinem Freund?“, hackte Kate weiter nach.
„Sehr zuverlässig. Er tut mir einen Gefallen, den ich erwidere.“
„Ach ja?“
Aidens Augen formten sich zu kleinen Schlitzen, als Kate seine Aussage ins Fragwürdige zog. Er wusste genau worauf sie hinaus wollte. „Möchtest du der Gruppe vielleicht etwas mitteilen, Kate?“, fragte er schließlich. Seine Augen entspannten sich wieder und er ließ die Arme hängen.
Alexas Freundin lachte kurz auf. „Ich? Hah! Ist schon komisch, dass Dedsec uns den Stick wegschnappt und du uns dann erzählst, dass du einen Freund bei denen hast. Auf wessen Seite stehst du eigentlich, Pearce?“
Aidens Wut kochte fast über, als sie anfing ihm vorzuwerfen, die Gruppe zu verraten, doch irgendwie schaffte er es sich im Griff zu behalten, atmete tief durch und verdrängte die angesammelte Wut in sich. „Auf unserer natürlich, was ich aber von dir nicht behaupten kann.“
Eine Augenbraue von Kate ging in die Höhe, als er das sagte, dann verdrehte sie die Augen und seufzte übertrieben laut. „Richtig. Du misstraust mir ja sowieso schon die ganze Zeit.“
„LEUTE!“ Das kam von Alexas Seite und sie hatte ihren Kopf etwas zur Seite geneigt und musterte abwechselnd den Hacker und Kate. Ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und Aiden konnte nicht genau sagen, ob ihr Blick Verwirrung oder Wut ausdrückte. „Ist euch eigentlich bewusst, was ihr beide hier gerade treibt?“, fragte sie und rechnete mit keiner Antwort, doch Kate sprengte ja mal wieder den Rahmen. „Streiten?“
„Zeit verschwenden! Da draußen läuft eine Frau mit dem Stick herum, den wir brauchen. Wenn wir also die Spur nicht ganz verlieren wollen, sollten wir an die Arbeit gehen. Aiden!“ Sie wandte sich dem Hacker zu und dieser erwiderte ihren Blick sofort. „Ben erwähnte den River Edge Park. Kannst du die Kameraaufnahmen der letzten drei Stunden durchgehen und schauen, ob du Ben mit dieser Frau findest?“
Aiden nickte kurz und warf Kate noch einen abschätzenden Blick zu, bevor er sein Handy zog und sich in das ctOS hackte, doch schnell fiel ihm auf, dass die Aufnahmen fehlten. „Nun, wir haben ein Problem.“, meldete er. Der Hacker tippte einige Sekunden noch auf seinem Handy herum, dann senkte er es und blickte abwechselnd auf die beiden Frauen. „Es sind keine Kameraaufzeichnungen vorhanden.“
Kate lachte kurz ironisch auf, schüttelte mit ihrem Kopf und lief einige Schritte an Aiden vorbei, um aus dem kleinen Fenster schauen zu können, das einen Blick auf den Parkplatz gewährte. „Und was machen wir jetzt?“
Aiden warf Alexa einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder schweigend an Kate. Ihre Frage war berechtigt. Ohne ein Profil oder wenigstens die Stimme der Frau, konnten sie mit nichts anfangen. Mit Sicherheit würde es ein Backup für diese Kameras geben, doch wenn die Gruppe, zu der diese Frau gehörte, an die Hauptkameras gedacht hatte, dann würden sie es sicherlich nicht zulassen, durch ein Backup entdeckt zu werden. Aiden fluchte innerlich und ihm gingen die Optionen aus. „Hat jemand eine Idee, wie wir anfangen könnten? Trotz dieser Umstände?“, fragte er dann in die Gruppe, doch ehe jemand etwas darauf antworten konnte, kam über ihnen schon ein Vorschlag, der für Erleichterung sorgte, die jedoch bei niemanden von außen erkennbar war.
„Vielleicht... kann ich ja helfen...“
Die drei Hacker blickten die Treppe hinauf und erkannten Ben auf dem Zwischenpodest, der seine Hände verkrampft gegen seinen Körper hielt und zu ihnen nach unten schaute.
Aiden runzelte die Stirn und Alexa tat es ihm nach. Nur Kate blieb gelassen, schmunzelte und lehnte sich zurück. „Tatsächlich? Erst erzählen Sie uns nur die halbe Wahrheit und jetzt sind Sie bereit uns zu helfen? Welchen Hacken hat das?“
„Gar keinen.“ Das kam wie aus der Pistole geschossen, doch traf das Projektil nicht sein Ziel, denn Aiden und Alexa sahen nur noch skeptischer aus, als vorhin. Die Hackerin neben Aiden ergriff dann das Wort: „Ben.“, begann sie ruhig und kam mit langsamen Schritte auf ihn zu, dabei stieg sie einige Stufen hinauf. „Was können Sie uns über diese Frau sagen? Dass sie nicht von Dedsec ist, war Ihnen von Anfang an bewusst. War auf ihrem Handy wirklich die Motive von der Hackergruppe zu sehen oder haben Sie sich das nur ausgedacht?“ Vier Stufen von ihm entfernt blieb Alexa wieder stehen.
Ben zögerte, seufzte dann und nickte. „Habe ich, da haben Sie recht. Sie müssen mich aber verstehen!“, wandte er plötzlich ein. „Es waren Drohungen, die ernst zu nehmen sind. Die ruinieren mein ganzes Leben, wenn ich nicht die Klappe halte.“
„Wieso rücken Sie dann plötzlich mit der Sprache raus?“, hackte Kate nach und verschränkte die Arme.
„Weil Sie drei mir helfen können. Beziehungsweise Sie.“ Er machte eine kurze Bewegung mit seinem Kinn und deutete damit auf Aiden. „Sie können mir eine komplett neue Identität verschaffen.“
„Redet man bei Blume so schlecht über mich, dass mir solch ein kriminelles Verhalten vorgeworfen wird?“, scherzte Aiden und neigte seinen Kopf etwas zur Seite. Er überlegte schon, wer der richtige Mann für diese Sache wäre.
„Man redet noch schlimmer über Sie, aber das tut es jetzt nicht zur Sache. Ich will diese Frau loswerden.“
„Woah. Ganz ruhig. Das sind mehr Forderungen, als Sie sich leisten können, Ben.“, warf Kate ein und stand nun neben Alexa, um den Entwickler besser mit ihren Blicken verunsichern zu können. Jetzt erst erkannte Ben, dass Kate um einiges jünger war als die Frau, die neben ihr stand. Er schätzte sie auf 24 Jahre. „Warum sollten wir Ihnen trauen?“, fragte die jüngere von den beiden Frauen.
Ben zuckte unschuldig mit der Schulter. „Sie können gern diesen Vorschlag nicht annehmen und selbst im Dunkeln umhertappen, aber dann können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie den Stick nie wieder sehen werden.“
„Woher kommt denn plötzlich diese Selbstsicherheit?“, wollte Kate wissen.
„Ich sage die Wahrheit. Darum.“
Alexa musterte den Mann noch mal von oben bis unten und wandte sich dann an Aiden. „Wir haben keine andere Wahl.“, sagte sie schließlich und der Hacker erkannte in ihrem Gesichtsausdruck, dass ihr diese Idee genauso wenig gefiel, wie ihm selbst, doch Alexa hatte recht: Sie hatten keine andere Wahl.
„Na schön. Sie geben uns die Information, die wir brauchen und ich arrangiere das, was sie wollen.“
Ben lächelte leicht „Ich wusste doch, dass wir auf einen Nenner kommen.“
„Blume hatte in letzter Zeit Probleme mit einer Sekte, die sich „New Dawn“ nennt.“, erklärte Ben. Sie befanden sich im Wohnzimmer seiner Suite. Ben hatte Kaffee angeboten, doch keiner von den Hacker hatte überhaupt den Tassen, die auf dem Tisch standen, auch nur einen kurzen Blick gewürdigt. Seine plötzliche Kooperation heckte bei jedem Misstrauen.
„Ach ja...die Sekte, wo sich verzweifelte Berühmtheiten aufhalten...“, spottete Kate und setzte ihr typisches Lächeln auf ihre Lippen. Sie war die einzige, die nicht ruhig auf der Couch sitzen konnte. Sie wanderte im Zimmer herum, schielte durch die Ritzen der Rollladen nach draußen, wandte sich wieder ab und verschränkte die Arme. Alexa fiel auf, dass sie nervös wirkte. Immer wieder prüfte sie die Fenster, doch gleichzeitig galt ihre Aufmerksamkeit auch der eigentlichen Sache: Herauszufinden, wer diese Frau nun war, die Ben den Stick abgenommen hatte.
„Genau. Der Sachverhalt ist eigentlich ganz einfach. Blume hat Geld in New Dawn gepumpt, um die Prominente für ihre Werbekampanien zu gewinnen, aber die Sekte hat immer mehr an Ansehen verloren und Blume vermutet, dass sie mit in diesen Dreck gezogen werden. Was machen sie also?“
„Blume wendet sich von New Dawn ab und streicht die Gelder.“, beantwortete Alexa die Frage. „Also sind sie nach Rache aus?“
Ben presste seine Lippen zusammen, wippte etwas mit seinem Kopf hin und her, während er überlegte und schüttelte diesen dann. „Eigentlich nicht. Der Vorsitzende der Sekte war zwar ziemlich sauer, aber ich glaube auch, dass er Einsicht hatte. Eine Sekte steht niemals gut im Licht. Sagen wir es mal so: New Dawn hat eine neue finanzierende Kraft.“
„Und die wäre?“, fragte nun Aiden. Kate hatte sich endlich zu ihnen gesellt und fixierte den Entwickler mit ihren grünen Augen.
Ben zuckte mit seiner Schulter. „Der Name wurde in keiner der Protokolle genannt.“
„Sie haben in Blume geschnüffelt? Als Mitarbeiter?“ Kate stellte ihre Ellbogen auf ihre Knie, legte ihren Kopf in den Händen und lehnte sich etwas nach vorne. „Für mich klingt das alles ziemlich...mh...wie soll ich das ausdrücken? Suspekt. Für mich sehen Sie nicht aus, als würden Sie befugt sein, solche Informationen wissen zu dürfen.“
Dass Ben Kate gar nicht mochte, konnte man jetzt am deutlichsten erkennen. Er spannte seinen Kiefer an und beherrschte sich regelrecht kein böses Wort ihr gegen den Kopf zu werfen. Er musste sich jetzt zusammenreißen, wenn er das erreichen wollte, woran er nun so hart arbeitete: Aidens Vertrauen. Ben wollte endlich weg aus dieser Stadt. Weg aus Chicago, aus seinem alten Leben und Aiden war seine Fahrkarte. Auch wenn der Rächer kriminell war, war er doch ein ehrlicher Mensch. Er glaubte, dass er ihm helfen konnte. Als Einziger.
Kate deutete seinen Blick richtig und lehnte sich zurück. „In was für eine Scheiße stecken Sie wirklich, Ben?“, fragte sie.
Der Mann zuckte zusammen, doch bevor er sich rechtfertigen konnte – und er hob schon seine Hände dazu - stand Aiden mit einem Ruck auf und hielt sein Handy hoch. „Wir bekommen Besuch!“
Kate war die erste die reagierte, sprang von der Couch, lief zum Fenster, blieb jedoch in Deckung, als sie zwischen den Ritzen der Rollladen schielte. „Schwarze Transporter? Moment...“ Mit einem Male hatte sie schon ihre Waffe gezogen und richtete diese auf Ben. „Die sind von New Dawn! Sie haben uns verraten!“, zischte sie. „Sie gottverdammter-“
„KATE! Runter mit der Waffe!“, schrie Alexa und stellte sich zwischen Kate und Ben. Sie hielt ihre Hände hoch, um ihrer Freundin zu zeigen, dass sie unbewaffnet war und es auch blieb.
„Ach halt die Klappe, Lex und geh zur Seite.“ Sie machte eine kurze Bewegung mit ihrer Waffe, um Alexa aufzufordern, von Ben zu weichen. „Ich hab keine Lust mehr auf diese sinnlosen Spielchen! Seit Tagen tappen wir ohne Erfolg herum. Ben soll endlich Klartext reden! Also raus mit der Sprache!“
„Nehmen Sie erst die Waffe runter!“, verlangte Ben. Er war nun in Deckung gegangen. um sich hinter Alexa zu verstecken und hielt seine Hände vor seinem Kopf, den er eingezogen hatte.
„Einen Scheiß werde ich tun.“
Aiden hatte nun ebenfalls seine Pistole gezogen, behielt sie jedoch unten. „Ich hab die Türen abgesperrt. Das verschafft uns etwas Zeit. Wir sollten verschwinden!“, warnte er.
„Ohne Informationen gehe ich nirgendwo hin! Was hat New Dawn Ihnen geboten?“
„Gar nichts! Ich hab Sie nicht verraten! Die kommen, weil die Datei auf dem Stick verschlüsselt ist.“
„Und das wussten die schon vorher nicht?“, fragte Kate weiter und kam einige Schritte näher, doch Alexa blieb dort wo sie war. Sie vertraute darauf, dass ihre Freundin nicht schießen würde.
„Doch. Die mussten nur überprüfen, ob-“, stammelte Ben, doch die junge Frau unterbrach ihn wieder. „Warum sind Sie so scharf darauf, eine neue Identität zu erhalten?“
Aiden sah wieder auf sein Handy und merkte, dass die Typen von New Dawn bereits in der Lobby waren, doch die Frage, die Kate Ben gestellt hatte, interessierte ihn ebenfalls, deshalb schätzte er kurz die Zeit, die sie noch hatten und blickte dann von seinem Handy auf.
„Weil...weil ich Daten von Blume verkauft habe...“, murmelte der Entwickler.
„An?“
„Dedsec.“
„Sie sind tatsächlich nur ein dummer Entwickler, der absolut keine Ahnung hat, was er da getan hat. Lassen Sie mich raten. Sie wollten also uns zu denen schicken, damit wir sie etwas aufwühlen und Sie untertauchen können, hab ich recht?“
Alexa, die Ben bis jetzt noch vor Kate geschützt hatte, wich tatsächlich einen Schritt zurück und sah den Entwickler mit einem schief gelegten Kopf an.
„Ach komm, Alexa, das wundert dich genau so wenig wie mich.“, warf Kate noch ein. Ben befand sich direkt in ihrer Schusslinie. Sollte sie jetzt einfach abdrücken, hätte der Entwickler ein Loch im Gesicht. „Doch er hatte einen kurzen Gedankenwandel. Wenn Aiden ihm eine neue Identität verschaffen kann, dann hätte er noch mehr Zeit, komplett unterzutauchen. Dedsec hat nicht sein Versprechen gehalten, was Ben? Und Blume ist ja auch noch dicht hinter Ihnen.“
Ben schluckte laut. „Woher wissen Sie das alles?“, wollte er wissen.
„Man braucht kein Experte zu sein, um Eins plus Eins rechnen zu können. Außerdem weiß ich wer Dedsec ist. Sie anscheinend ja nicht. Haben Sie tatsächlich Blume unterschätzt?“
„Ich dachte, ich tue das Richtige... ich wollte doch nur-“
„Helfen? Nun das versuchen wir ja alle, aber für Sie scheint es wohl kaum noch irgendwelche Chancen zu geben. Ich meine...Sie haben Blume und New Dawn am Hals...also Ihre Chancen auf Freiheit sinken krass.“
„Genug! Die sind gleich bei uns.“ Aiden ergriff wieder das Wort und deutete mit seiner Waffe zur Tür. „Wir haben absolut keine Chance gegen diese Typen. Entweder wir verschwinden sofort oder wir sind so gut wie erledigt. Die Feuertreppe ist frei. Wenn wir-“
„Ist das diese Frau?“ Alexa hielt ihr Handy in Bens Gesicht. Sie hatte sich, wie Aiden vorhin auch, in die Kameras gehackt und einen Blick auf die Lobby erhascht. Eine Frau mit einem langen Mantel und die Kapuze tief in ihrem Gesicht gezogen, stand zwischen den bewaffneten Männern. Eigentlich hätte das ctOS sofort ein Profil von ihr erstellt und verraten, wer sie war, doch die Sätze bestanden nur aus Zahlenreihenfolgen oder Buchstaben, die zusammen keinen Sinn ergaben.
„Ja!“, rief Ben auf. „Ja! Das ist diese Frau! Ich erkenne ihren Mantel wieder!“
„Aiden. Das wäre unsere Chance herauszufinden, wer die sind. Wer sie ist! Ich glaube nämlich, dass New Dawn Söldner angeheuert hat. Die machen sich nämlich ungern selbst die Hände dreckig.“ Alexa hatte ihr Handy wieder weggesteckt und an Aiden gewandt, doch dieser schüttelte mit dem Kopf. „Und wie willst du das bewerkstelligen? Söldner sind im meisten Falle dazu geneigt Menschen umzubringen. Ich glaube nicht, dass die mit uns reden wollen.“
„Ich könnte sie aufnehmen...“
Es war genau der gleiche Blick, den Ben von den drei Hacker bekam, wie damals im Treppenhaus.
„Sie können mir vertrauen. Ich meine...mehr bleibt Ihnen ja nicht übrig.“
„Ich hasse diese Idee, aber wir sollten Ben eine Chance geben sich zu beweisen. Wie wollen Sie es also anstellen?“ Es war Alexa, die ihm vertraute. Aiden stand an der Tür und blickte nur ein paar Mal von seinem Handy auf. „Die sind im ersten Stock.“
„Ich aktiviere ein Mikro in meinem Arbeitszimmer. Da dort meine Ausrüstung ist, werden wir uns wohl dort hinbegeben. Verbinden Sie einfach ihr Handy mit meinem Mikro und dann sollten Sie das Gespräch mithören können.“
Alexa zögerte, reichte ihm aber dann ihr Handy und ließ Ben die beiden Geräte miteinander verbinden.
„So.“ Er gab Alexa das Handy zurück. „Nun verschwinden Sie, wenn Sie nicht wollen, dass das hier alles in einem Blutbad endet und vergessen Sie nicht unsere Abmachung, Mr Pearce.“
Aiden schüttelte mit seinem Kopf und öffnete die Tür. Er trat als erstes raus und sicherte den Flur. „Alles frei. Los jetzt!“, zischte er. Kate kam als Nächstes und Alexa warf Ben noch ein Lächeln zu. „Machen Sie einfach keine Dummheiten und schauen Sie, dass Sie am Leben bleiben. Spielen Sie nicht den Helden, sondern tun Sie einfach das, was die von Ihnen wollen. Wenn die weg sind, nehmen wir Kontakt mit Ihnen auf und sagen Ihnen, wo wir uns treffen können.“
„Danke.“, flüsterte Ben und zum ersten Mal konnte Alexa den Entwickler lächeln sehen. Sie sah Hoffnung in seinen Augen und mit einem Male auch Sympathie. Mit einem Nicken verließ sie dann seine Suite und folgte Aiden und Kate zur Tür die zu der Feuertreppe führte. Leise, aber schnell liefen sie diese hinunter und als sie endlich wieder auf dem Asphalt standen, hob Aiden seinen Arm und signalisierte damit, dass sie still bleiben sollten. „Die sind um das ganze Gebäude. Wir müssen zum Auto, dort sind wir erst Mal sicher.“
„Kate? Hast du unsere Spuren verwischt?“, fragte Alexa und spähte um die Ecke. Sie entdeckte eine bewaffnete Person am Vordereingang.
„Bin gerade dabei. Und...“, sie zog das „und“ lang wie ein Kaugummi. „...fertig. Wir sind nie hier gewesen.“
„Danke. Wozu der ganze Aufwand? Rechnen die wohl mit Leuten wie uns?“
Aiden nickte. „Das sind immer noch Söldner. Erledigen die ihre Arbeit schlecht, bekommen die weniger Geld. Das ruiniert deren ihr Ruf...das übliche halt.“ Der Hacker prüfte mit seinem Handy die Kameras und entdeckte eine Lücke. „Wir müssen außenrum.“ Er lief geduckt voraus und die beiden Frauen folgten ihm wortlos.
„Nun Ben... zu Ihrem Glück ist auf diesem Stick alles drauf, was wir wollten...“ Die Söldnerin lief um die Couch herum, auf der Ben saß und lächelte schief. „Wir brauchen nur Ihre Hilfe, die Daten zu entschlüsseln. Unser Kunde möchte keine unfertige Ware, wenn Sie verstehen was ich meine.“ Die Frau war mit einem anderen Mann alleine in seiner Suite, doch Ben war sich sicher, dass vor seiner Tür wahrscheinlich noch jemand, oder zwei standen.
So räusperte er sich kurz und erinnerte sich daran, was Alexa ihm geraten hatte: spiele nicht den Helden. Also nickte der Entwickler und stand auf. „Ich muss nur meinen Laptop holen und...“
Die Frau stand plötzlich vor ihm und drückte ihn zurück in die Couch. „Das wird Gabe für Sie tun. Gabe! Hol den Laptop.“
Ein stämmiger Mann, mit einem Dreitagebart und mittellangen Haaren nickte kurz und verschwand in Bens Arbeitszimmer. Mit einem kleinen schwarzen Laptop kam er zurück und ließ diesen unsanft auf Bens Schoß fallen. „Machen Sie sich an die Arbeit.“, verlangte die Frau und warf ihm noch zusätzlich den Stick hin, doch Ben merkte schnell, dass es ein anderer war.
„Das ist nicht der Stick, den ich Ihnen damals im River Edge Park gab...“
„Scharf beobachtet, Ben“, spottete sie und setzte sich auf den Sessel, der auf der anderen Seite des Wohnzimmertisches stand. Sie waren nun auf gleicher Höhe und ihr Blick, der auf Ben ruhte, machte ihn nervös. „Für den Fall der Fälle, sollten Sie Dummheiten machen, wie zum Beispiel die Daten löschen, oder ein Virus drauf laden, haben wir ein Backup erstellt, an dem Sie sich austoben können. Jetzt machen Sie sich schon an die Arbeit! Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“
Ben ließ sich das nicht zweimal sagen und klappte seinen Laptop auf. Den Stick steckte er in den USB-Anschluss und wartete darauf, dass der Ordner sich öffnete.
„Haben Sie eigentlich schon Blume angerufen?“, fragte die Söldnerin und legte den Kopf schief. Ben wusste, dass sie sofort wusste, wenn er lügen würde, da sie das sicherlich schon nachgeprüft hatten, aber da er sowieso keine Zeit gehabt hatte Blume zu kontaktieren, schüttelte er nur wortlos den Kopf und tat so, als wäre er schon hochkonzentriert. Er wollte keine Fragen beantworten...keine, die ihn in Schwierigkeiten bringen könnten.
Der Mann, der den Namen Gabe trug, stand hinter ihm und blickte über seine Schulter. Er kontrollierte, dass Ben nicht Hilfe holte, oder sonst mit irgendjemanden schrieb und solange er das nicht tat, blieb er entspannt.
„Die machen sich doch bestimmt schon Sorgen, warum ihr Kontaktmann nicht gekommen ist und sich noch niemand bei ihnen gemeldet hat.“
Ben erinnerte sich daran, wie sein Gegenüber ihm berichtet hatte, dass der Mann, den er im River Edge Park hätte treffen müssen, tot in einer Gasse lag – wahrscheinlich war die Leiche schon entsorgt worden, doch der Gedanke ließ sein Blut erneut in seinen Adern gefrieren und schnell versuchte er die Bilder in seinem Kopf zu verscheuchen. Seine Hände begannen zu zittern und er musste kurz durchatmen, um die Fassung zu behalten. „Bitte...ich versuche mich zu konzentrieren...“, flüsterte er und hoffte, dass die Frau einfach ihren Mund halten würde, doch die Söldnerin hatte Spaß daran, ihr Opfer mit der Angst zu quälen.
„Wenn ich so darüber nachdenke, hätte der Mann von heute Mittag gar nicht sterben müssen...aber wir lassen ungern Beweise übrig. Na ja.“ Da war wieder diese Leichtigkeit in ihrer Stimme. Sie redete über diesen Mord so, als wäre er leichter gewesen, als jemanden leben zu lassen.
Der Mann mittleren Alters ignorierte ihre Aussage und starrte auf den hellen Bildschirm. Langsam öffnete sich das Programm und vor ihm hatte Ben nun ctOS 2.0 - die verschlüsselte Version jedenfalls. „Das wird jetzt eine Weile dauern...wenn Sie möchten, können Sie sich einen Kaffee machen. Ich hätte nichts dagegen, wenn-“
„Klappe und machen Sie sich an die Arbeit. Sie reden zu viel, Ben!“, unterbrach die Frau seine bemühte Höflichkeit und lehnte sich zurück. Ben zuckte zusammen, nickte dann und machte sich an die Arbeit.
Nach einer Viertelstunde stand die Söldnerin auf und ging in Bens Küche um zu telefonieren. Gabe blieb stets bei ihm und schnaubte ein paar Mal. Er verstand nichts von dem, was Ben da an seinem Laptop machte und es interessierte ihn wahrscheinlich genau so wenig, doch er blieb wachsam. „In Ihrer Haut würde ich jetzt wirklich ungern stecken.“, sagte er.
„Schön, dass Sie das kommentieren müssen...“, murmelte Ben. Er wünschte, er würde es selbst nicht...doch den Umständen entsprechend hatte er wohl oder übel keine andere Wahl. So beachtete er seinen Kommentar nicht weiter und tippte schnell auf seiner Tastatur herum. Code für Code arbeitete er sich voran und irgendwann drückte er die Enter-Taste und die Arbeit war erledigt. Genau in diesem Moment kam die Frau zurück. Sie trug auf ihren Lippen ein zufriedenes Lächeln. „Nun. Wie weit sind wir?“, wollte sie wissen.
Ben atmete durch und schob ihr den Laptop hin. „Fertig. Sie müssen nur noch die Datei speichern und dann-“ Er brach abrupt ab und starrte auf die Frau. Sie hatte eine Pistole gezogen und schraubte nun einen Schalldämpfer an den Lauf ihrer Waffe. „Sehr schöne Arbeit. Ich bin stolz auf Sie, denn endlich haben Sie ihren Wert verloren. Tut mir leid, dass es leider nicht anders kommen kann oder darf. Ich hab angefangen Sie zu mögen.“, log sie um die Stimmung etwas aufzulockern.
Bens Magen verkrampfte sich und die Angst um sein Leben schien ihn zu übermannen, sodass er das Gefühl hatte sich jeden Moment übergeben zu müssen. Er hob seine Hände. Die Frau meinte es ernst „Bitte...oh Gott. Sie können mich nicht erschießen.“
„Hm...da bin ich anderer Meinung.“, erwiderte die Söldnerin und richtete die Waffe auf seinen Kopf. „Ich wünschte, ich müsste das nicht tun.“ Eine erneute Lüge.
„Wir können darüber reden. Vielleicht...ich weiß nicht. Was wollen Sie? Ich gebe Ihnen alles. Sagen Sie mir nur, was sie wollen.“
„Das Sie endlich die Klappe halten.“
Dann drückte sie ab.
Im Auto rührte sich eine Zeit lang gar nichts mehr. Alle drei Hacker blickten wortlos auf Alexas Handy, das auf der Ablagefläche lag, als der Schuss fiel. Es war vorhersehbar gewesen, dass es dazu kam. Alexa hatte gewusst, dass es so enden würde. „Hast du die Stimme?“, fragte sie schließlich um die Stille zu durchbrechen. Der Hacker nickte. „Ich lasse sie nur gerade durch die Suche durch. Wir müssten in wenigen Sekunden den Namen haben.“
„Gut.“ Was Ben anging: Sie wollte kein Wort darüber verlieren. Es tat ihr leid, dass er durch diese Hölle gehen musste und dennoch nichts gefunden hatte als den sicheren Tod. Aber nur so, kamen sie weiter. Es war grausam, aber die einzige Möglichkeit.
„Ihr Name ist Rachel Hanson. Sie leitet eine Söldnertruppe namens „Phénix“. Wieso haben die einen französischen Namen? Ich konnte nicht einmal einen Hauch von französischem Akzent in ihrer Stimme hören.“, fragte Aiden.
„Ist doch egal wie die heißen. Hauptsache, wir wissen, wo wir nun anfangen… oder eher, wo wir sie abfangen können…“, sagte Kate und rammte ein Magazin in ihre Waffe.