Danke
von LovelyBeanie
Kurzbeschreibung
Ein kurzer OS über Margaret Langstons Kindheit und beleuchtet grob die Beziehung zwischen ihr und ihrem Vater. Spielt noch vor der Zeit als das mit der Fabrik war . Fandom ist natürlich Resurrection.
KurzgeschichteFamilie / P6 / Gen
Margaret Langston
10.05.2015
10.05.2015
1
2.104
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10.05.2015
2.104
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als es Margaret Anderson endlich gelang zu erwachen. Etwas erstaunt schielte die Siebenjährige unter der Decke in Richtung Fenster hervor. Das war seltsam. Normalerweise schlief sie doch nie solange. Sonst war sie immer mit den ersten Sonnenstrahlen aufgewacht. So ein blöder Mist. Sie würde jetzt ganz bestimmt zu spät zur Schule kommen und Miss Henderson würde wieder mit ihr schimpfen. Die schimpfte ja eh dauernd. Als ob Margaret etwas dafür konnte, dass es draußen eben viel lustiger war, als drinnen. Sie war ja trotzdem eine der besten ihrer Klasse. Sie musste nur kurz darüber nachdenken, um zu wissen, dass sie heute lieber nicht in die Schule wollte. Dann verpasste sie eben einen Tag, na und? Die Sonne schien draußen so schön und es war generell ein warmer, schöner Tag. Viel zu schön um ihn in dem blöden kleinen Klassenzimmer zu verbringen, wo man sich sowieso nur gegenseitig auf die Füße trat.
Schnell war sie angezogen und das Frühstück war auch ziemlich schnell eingenommen. Dass es schon kalt war, störte sie dabei absolut nicht. Sie aß es ja sowieso nur, weil sie sonst nichts Anderes bekommen würde. Zu Josie, ihrer absoluten besten Freundin und Klassenkameradin konnte sie ja nicht wie sonst nach der Schule. Sonst wäre ja alles herausgekommen und Margaret wusste, dass das nicht passieren durfte. Schließlich war sie schon schlau genug um zu wissen, dass man eigentlich nicht die Schule schwänzte. Brav stellte sie, nachdem sie fertig war, alles weg und beeilte sich, um zu den Wasserfällen, welche ganz in der Nähe waren, zu laufen. Dort spielte sie am liebsten, denn es verirrte sich nur selten jemand hin. Außerdem gab es da diesen einen wirklich riesigen Baum, auf dem man so prima klettern konnte. Und klettern, das konnte Margaret, wie sonst niemand den sie kannte. Ihr war allerdings auch nichts zu hoch oder zu gefährlich. Sogar auf das Dach der Scheune, wagte sie sich.
Heute stand Klein-Margaret allerdings nicht der Sinn nach Klettern. Sie hüpfte lieber über die Steine des Flusses und versuchte dabei, nicht nass zu werden. Das war eine ganz besondere Herausforderung, denn die Steine waren ziemlich glitschig. Das Mädchen stellte schnell fest, dass die Aufgabe nicht zu bewältigen war. Dafür entdeckte sie etwas Anderes. Fische! Margaret strahlte. Das war ja ausgezeichnet. Vielleicht konnte sie ja wenigstens einen von ihnen fangen. Dann könnte sie für ihren Vater ein Abendessen daraus machen und er wäre sicher stolz auf sie.
Vorsichtig kniete sie auf dem rutschigen Stein und beugte sich nach vorne. Blitzschnell griff sie ins Wasser und hatte auch direkt einen Fisch in der Hand. Dummerweise wollte dieser aber nicht gefangen werden. Er zappelte wild und glitt ihr direkt wieder aus der Hand. Während der Fisch zusah, dass er so schnell wie möglich davon schwamm, sah Margaret nur etwas verdutzt auf ihre Hände, die zuvor noch den Fisch gehalten hatten. Doch davon ließ sie sich nicht entmutigen. Für so etwas war sie viel zu stur. Unermüdlich versuchte sie es weiterhin, egal wie oft ihr die Fische auch wieder entglitten, egal wie oft sie auch ins Wasser fallen mochte. Irgendwann hatte sie es geschafft. Klatschnass, aber glücklich, behielt sie das Tier in den Händen und strahlte. Allerdings verriet ihr der Blick in den Himmel und ein Magenknurren, dass sie schon viel zu lange von zuhause fort war. Sie musste sich beeilen, wenn sie noch mit ihrer Überraschung fertig werden wollte.
So schnell sie konnte, war sie nachhause gelaufen. Was machte es schon, dass sie zwischendurch an Sträuchern und Ästen hängen blieb und ihr Kleid nun ganz eindeutige Risse aufwies. Die Hauptsache war doch, sie war pünktlich. Und tatsächlich war sie das. Von ihrem Vater fehlte jede Spur. Sofort machte sie sich ans Werk. Sie kletterte auf den Stuhl, nur um darüber auf den Tisch zu klettern. So war das Ganze noch viel bequemer. Mit einem großen scharfen Messer hackte sie dem Fisch sowohl Flosse, als auch Kopf ab, ganz wie sie es des Öfteren mal gesehen hatte, wenn ihr Vater am Wochenende kochte. Dass sie sich dabei fast geschnitten hätte, störte sie nicht. Schließlich verletzte sie sich sowieso ständig irgendwo. Und sie war ganz sicher kein Baby, das deswegen gleich losheulte. Bei dem Versuch, die Gräten herauszuziehen, zerfledderte sie das tote Tier mehr, als dass es ihr gelang, etwas herauszubekommen. Auch das fand die Kleine nicht weiter störend.
Schnell hüpfte sie, kaum dass sie mit der Bearbeitung des Fisches fertig war, vom Tisch herunter und schob den Stuhl zum Wandregal. Dort lagen die Streichhölzer, die sie eigentlich unter gar keinen Umständen benutzen durfte. Doch nicht daran denkend, holte Margaret diese einfach herunter und lief zum Gasherd. Sie drehte ihn auf und versuchte das Streichholz anzuzünden. Laut schrie sie auf, als sie sich verbrannte und ließ das Streichholz fallen. Zu ihrem Glück löschte sich die Flamme von selbst. Seufzend starrte sie auf den Herd. So ein blöder Mist aber auch. Was machte sie jetzt nur? Die Kleine war durchaus enttäuscht, dass ihr schöner Plan jetzt so vermasselt wurde. Erneut seufzte sie, ehe sie mit den Schultern zuckte. Dann musste eben ihr Vater ihr helfen. So einfach war das für sie. Ohne daran zu denken, den Herd wieder auszudrehen oder den Fisch kühl zu lagern, holte sie einfach ihre Puppe und begann wieder zu spielen, darauf wartend, dass ihr Vater nachhause kommen würde.
Jacob Anderson hatte einen langen anstrengenden Tag hinter sich. Manchmal fragte er sich, warum er eigentlich überhaupt noch in dieser Fabrik schuftete. Er arbeitete im Endeffekt für einen Hungerlohn, doch wenigstens reichte es zum Überleben. Wenn da nur nicht dieses schlechte Gefühl wäre, dass er seine Tochter die meiste Zeit alleine lassen musste. Doch hatte er eine andere Wahl? Er musste alleine für sie sorgen, nachdem Beth bei Margarets Geburt gestorben war. Die Kleine verwilderte ziemlich und manchmal gab es Tage, da fragte er sich, ob es wirklich so gut war, dass sie so viel alleine war. Oder er einfach nicht streng genug sein konnte. Doch jedes Mal, wenn er es versuchte, brauchte er ihr nur in die großen grauen Kulleraugen zu sehen, das Einzige, was sie von ihm hatte, und er wurde doch wieder schwach. Leise seufzte er. Es war wirklich eine schwierige Situation, in welcher er sich befand. Vielleicht sollte er sie einfach irgendwo in Pflege geben? Den Gedanken hatte er öfters. Nicht, weil er seine Tochter nicht liebte, eben weil er sie so sehr liebte. Er wünschte sich für sie eine richtige Familie, mit einer Mutter die für sie da war und einem Vater, der vielleicht nicht ganz so viel schuften musste wie er.
Erschöpft betrat er schließlich das Haus, doch es war seltsam. Normalerweise rannte ihm Margaret sonst immer freudig entgegen und schien es kaum abwarten zu können, ihm von ihrem Tag zu berichten, doch heute herrschte eine seltsame Stille.
„Margaret?“, rief er etwas besorgt.
Keine Reaktion. Es machte ihm durchaus Sorgen, doch er redete sich ein, dass sie über das Spielen, eventuell die Zeit vergessen haben könnte. Allerdings lag auch ein merkwürdiger Geruch in dem Haus. Er schnupperte ein wenig, ehe ihm klar wurde, was das war. Mit schnellen Schritten beeilte sich Jacob in die Küche zu kommen. Ihm bot sich ein Bild des Schreckens. Dort lag seine Tochter, bewusstlos am Boden und hielt ihre Puppe fest im Arm. Es wirkte fast schon, als ob sie schlafen würde. Das Streichholz am Boden und der Gasgeruch taten ihr Übriges. Blitzschnell riss er die Fenster auf und drehte den Herd aus, ehe er sich zu dem Mädchen stürzte.
„Margaret! Maggie! Wach auf. Bitte…“
Verzweifelt flehte er seine Tochter an. Er fühlte nach ihrem Puls und lauschte ihrem schwachen Atem. Gott sei Dank! Sie lebte noch! Tränen liefen ihm über die Wangen, während er sie auf die Arme hob und nach draußen brachte. Sanft legte er sie zu Boden, während er versuchte sie aufzuwecken. Sie durfte ihm einfach nicht wegsterben. Er hatte doch schon seine Beth verloren! Margaret war alles was er hatte! Sanft schlug er ihr gegen die Wange und versuchte weiterhin sie zu wecken. Mit Erleichterung sah er, wie sich die bleichen Wangen des Kindes langsam aber sicher wieder färbten und wie die Kleine langsam die Augen aufschlug. Jacob drückte sie fest an sich.
„Margaret!“, rief er erleichtert und strich ihr über die Stirn.
„Daddy?“
Sie klang verschlafen. Müde schielte sie zu ihrem Vater und versuchte sich zappelnd aus dem festen Griff des Vaters zu befreien.
„Was ist los?“, fragte sie, immer noch müde. „Du zerquetschst mich.“
Es klang ein wenig weinerlich und auch etwas ängstlich. So hatte ihr Vater ja noch nie reagiert. Dieser löste sich langsam von ihr und sah sie ernst an.
„Wieso warst du am Herd? Habe ich dir nicht verboten, alleine dahin zu gehen?“, fragte er streng und diesmal half es ihr auch nicht, dass sie so unschuldig guckte.
„Ich… ich… ich wollte doch nur etwas kochen“, schniefte sie. „Für dich. Weil du doch immer so viel arbeitest.“
Treuherzig sah sie zu ihm und hängte sich an ihn. Jacob seufzte leise. Das war sie. Seine kleine unvernünftige Tochter. Sanft strich er ihr durch die Haare und drückte sie erneut an sich.
„Trotzdem darfst du nicht alleine an den Herd gehen, Margaret“, sagte er sanft. „Das ist gefährlich. Liebling, du hättest sterben können, verstehst du?“
Er schob sie wieder ein wenig von sich und sah sie ernst an. Jacob wollte, dass sie begriff, was sie da getan hatte und wie gefährlich es gewesen war.
„Sterben?“, fragte Margaret erstaunt. „So richtig echt totsterben? So wie Mommy?“
Noch einmal nickte er und ließ zu, dass sie ihren kleinen Körper gegen seinen Großen presste und die Ärmchen wieder fest um seinen Hals schlang. Auch wenn er bei ihrer letzten Frage doch leicht zusammenzuckte, wusste er, dass sie es nicht böse meinte.
„Genau so wie Mommy“, stimmte er leise zu.
Lange noch hielt er sie einfach in seinen Armen. Schweigend. Den Moment genießend. Und glücklich darüber, dass er seine Tochter immer noch bei sich hatte.
Margaret wich den ganzen restlichen Abend nicht mehr von seiner Seite. Es war, als würde sie spüren, dass er sie unbedingt in seiner Nähe wissen wollte, weil er Angst hatte, sie könne sich doch noch in Luft auflösen. Erst als es für sie Zeit wurde ins Bett zu gehen, löste sie sich widerwillig von ihm. Fest in ihre Decke gekuschelt lag sie da und sah ihn mit ihren großen Kulleraugen an. Normalerweise kam jetzt ihre Bettelei nach einer Geschichte, doch diesmal sah sie ihn nur schweigend an und zog die Stirn kraus, als müsse sie nachdenken.
„Daddy? Wenn ich heute totgesterbt wäre, hättest du dann geweint?“, wollte sie wissen.
Jacob sah seine Tochter etwas fassungslos an. Er konnte nicht so ganz glauben, dass sie so etwas wirklich fragte. Schmerzlich wurde ihm erneut bewusst, wie wenig Zeit er doch für sie hatte, wenn sie so etwas fragte.
„Natürlich hätte ich dann geweint, du Dummchen“, sagte er dennoch sanft und gab sich Mühe, seine Trauer über diese Frage zu verbergen. Er stupste sie kurz an. „Du bist doch alles was ich habe.“
„Aber warum hättest du geweint?“, fragte sie weiter. „Vielleicht wäre ich ja nur ganz kurz totgesterbt und hätte Mommy besucht.“
Erneut musste Jacob schlucken. Margaret hatte noch gar keine Vorstellung davon, was es bedeutete zu sterben. Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, hätte er fast schon angefangen zu lachen. In gewisser Weise war es ja doch niedlich. Trotzdem sollte er ihr vielleicht besser beibringen, dass sie nicht einfach mal kurz sterben und dann wieder zurückkommen konnte.
„Wenn du gestorben wärst, dann wärst du nicht zurückgekommen“, versuchte er ihr zu erklären. „Weißt du, wenn du stirbst, dann kommst du in den Himmel. Und da ist es so schön, dass man nie wieder zurück will. Man vergisst alles was vorher war.“
„Hat Mommy uns auch vergessen?“, fragte die Kleine etwas unsicher. „Kommt sie deshalb nicht wieder zu uns?“
„Nein“, erklärte Jacob. „Sie bleibt im Himmel, damit sie besser auf dich aufpassen kann. Damit dir nichts Schlimmes passiert.“
Margaret nickte nachdenklich. Für den Moment war sie zufrieden. Jacob strich ihr noch einmal über den Kopf und stand auf.
„Schlaf gut, Kleines“, war alles was er sagte.
Und während Margaret ziemlich schnell eingeschlafen war, blieb er noch lange, lange wach. Ihm wurde klar, was er für ein wahnsinniges Glück gehabt hatte, dass seine Tochter überlebt hatte. Sein Blick glitt kurz zu dem Foto von Beth. Das einzige Foto, welches er von ihr besaß und welches er extra eingerahmt hatte, damit ihm auch ja nichts passierte. Leise seufzte er, ehe sich dieses Seufzen in ein Lächeln wandelte. Nur ein einziges Wort kam ihm leise über die Lippen:
„Danke.“
Schnell war sie angezogen und das Frühstück war auch ziemlich schnell eingenommen. Dass es schon kalt war, störte sie dabei absolut nicht. Sie aß es ja sowieso nur, weil sie sonst nichts Anderes bekommen würde. Zu Josie, ihrer absoluten besten Freundin und Klassenkameradin konnte sie ja nicht wie sonst nach der Schule. Sonst wäre ja alles herausgekommen und Margaret wusste, dass das nicht passieren durfte. Schließlich war sie schon schlau genug um zu wissen, dass man eigentlich nicht die Schule schwänzte. Brav stellte sie, nachdem sie fertig war, alles weg und beeilte sich, um zu den Wasserfällen, welche ganz in der Nähe waren, zu laufen. Dort spielte sie am liebsten, denn es verirrte sich nur selten jemand hin. Außerdem gab es da diesen einen wirklich riesigen Baum, auf dem man so prima klettern konnte. Und klettern, das konnte Margaret, wie sonst niemand den sie kannte. Ihr war allerdings auch nichts zu hoch oder zu gefährlich. Sogar auf das Dach der Scheune, wagte sie sich.
Heute stand Klein-Margaret allerdings nicht der Sinn nach Klettern. Sie hüpfte lieber über die Steine des Flusses und versuchte dabei, nicht nass zu werden. Das war eine ganz besondere Herausforderung, denn die Steine waren ziemlich glitschig. Das Mädchen stellte schnell fest, dass die Aufgabe nicht zu bewältigen war. Dafür entdeckte sie etwas Anderes. Fische! Margaret strahlte. Das war ja ausgezeichnet. Vielleicht konnte sie ja wenigstens einen von ihnen fangen. Dann könnte sie für ihren Vater ein Abendessen daraus machen und er wäre sicher stolz auf sie.
Vorsichtig kniete sie auf dem rutschigen Stein und beugte sich nach vorne. Blitzschnell griff sie ins Wasser und hatte auch direkt einen Fisch in der Hand. Dummerweise wollte dieser aber nicht gefangen werden. Er zappelte wild und glitt ihr direkt wieder aus der Hand. Während der Fisch zusah, dass er so schnell wie möglich davon schwamm, sah Margaret nur etwas verdutzt auf ihre Hände, die zuvor noch den Fisch gehalten hatten. Doch davon ließ sie sich nicht entmutigen. Für so etwas war sie viel zu stur. Unermüdlich versuchte sie es weiterhin, egal wie oft ihr die Fische auch wieder entglitten, egal wie oft sie auch ins Wasser fallen mochte. Irgendwann hatte sie es geschafft. Klatschnass, aber glücklich, behielt sie das Tier in den Händen und strahlte. Allerdings verriet ihr der Blick in den Himmel und ein Magenknurren, dass sie schon viel zu lange von zuhause fort war. Sie musste sich beeilen, wenn sie noch mit ihrer Überraschung fertig werden wollte.
So schnell sie konnte, war sie nachhause gelaufen. Was machte es schon, dass sie zwischendurch an Sträuchern und Ästen hängen blieb und ihr Kleid nun ganz eindeutige Risse aufwies. Die Hauptsache war doch, sie war pünktlich. Und tatsächlich war sie das. Von ihrem Vater fehlte jede Spur. Sofort machte sie sich ans Werk. Sie kletterte auf den Stuhl, nur um darüber auf den Tisch zu klettern. So war das Ganze noch viel bequemer. Mit einem großen scharfen Messer hackte sie dem Fisch sowohl Flosse, als auch Kopf ab, ganz wie sie es des Öfteren mal gesehen hatte, wenn ihr Vater am Wochenende kochte. Dass sie sich dabei fast geschnitten hätte, störte sie nicht. Schließlich verletzte sie sich sowieso ständig irgendwo. Und sie war ganz sicher kein Baby, das deswegen gleich losheulte. Bei dem Versuch, die Gräten herauszuziehen, zerfledderte sie das tote Tier mehr, als dass es ihr gelang, etwas herauszubekommen. Auch das fand die Kleine nicht weiter störend.
Schnell hüpfte sie, kaum dass sie mit der Bearbeitung des Fisches fertig war, vom Tisch herunter und schob den Stuhl zum Wandregal. Dort lagen die Streichhölzer, die sie eigentlich unter gar keinen Umständen benutzen durfte. Doch nicht daran denkend, holte Margaret diese einfach herunter und lief zum Gasherd. Sie drehte ihn auf und versuchte das Streichholz anzuzünden. Laut schrie sie auf, als sie sich verbrannte und ließ das Streichholz fallen. Zu ihrem Glück löschte sich die Flamme von selbst. Seufzend starrte sie auf den Herd. So ein blöder Mist aber auch. Was machte sie jetzt nur? Die Kleine war durchaus enttäuscht, dass ihr schöner Plan jetzt so vermasselt wurde. Erneut seufzte sie, ehe sie mit den Schultern zuckte. Dann musste eben ihr Vater ihr helfen. So einfach war das für sie. Ohne daran zu denken, den Herd wieder auszudrehen oder den Fisch kühl zu lagern, holte sie einfach ihre Puppe und begann wieder zu spielen, darauf wartend, dass ihr Vater nachhause kommen würde.
Jacob Anderson hatte einen langen anstrengenden Tag hinter sich. Manchmal fragte er sich, warum er eigentlich überhaupt noch in dieser Fabrik schuftete. Er arbeitete im Endeffekt für einen Hungerlohn, doch wenigstens reichte es zum Überleben. Wenn da nur nicht dieses schlechte Gefühl wäre, dass er seine Tochter die meiste Zeit alleine lassen musste. Doch hatte er eine andere Wahl? Er musste alleine für sie sorgen, nachdem Beth bei Margarets Geburt gestorben war. Die Kleine verwilderte ziemlich und manchmal gab es Tage, da fragte er sich, ob es wirklich so gut war, dass sie so viel alleine war. Oder er einfach nicht streng genug sein konnte. Doch jedes Mal, wenn er es versuchte, brauchte er ihr nur in die großen grauen Kulleraugen zu sehen, das Einzige, was sie von ihm hatte, und er wurde doch wieder schwach. Leise seufzte er. Es war wirklich eine schwierige Situation, in welcher er sich befand. Vielleicht sollte er sie einfach irgendwo in Pflege geben? Den Gedanken hatte er öfters. Nicht, weil er seine Tochter nicht liebte, eben weil er sie so sehr liebte. Er wünschte sich für sie eine richtige Familie, mit einer Mutter die für sie da war und einem Vater, der vielleicht nicht ganz so viel schuften musste wie er.
Erschöpft betrat er schließlich das Haus, doch es war seltsam. Normalerweise rannte ihm Margaret sonst immer freudig entgegen und schien es kaum abwarten zu können, ihm von ihrem Tag zu berichten, doch heute herrschte eine seltsame Stille.
„Margaret?“, rief er etwas besorgt.
Keine Reaktion. Es machte ihm durchaus Sorgen, doch er redete sich ein, dass sie über das Spielen, eventuell die Zeit vergessen haben könnte. Allerdings lag auch ein merkwürdiger Geruch in dem Haus. Er schnupperte ein wenig, ehe ihm klar wurde, was das war. Mit schnellen Schritten beeilte sich Jacob in die Küche zu kommen. Ihm bot sich ein Bild des Schreckens. Dort lag seine Tochter, bewusstlos am Boden und hielt ihre Puppe fest im Arm. Es wirkte fast schon, als ob sie schlafen würde. Das Streichholz am Boden und der Gasgeruch taten ihr Übriges. Blitzschnell riss er die Fenster auf und drehte den Herd aus, ehe er sich zu dem Mädchen stürzte.
„Margaret! Maggie! Wach auf. Bitte…“
Verzweifelt flehte er seine Tochter an. Er fühlte nach ihrem Puls und lauschte ihrem schwachen Atem. Gott sei Dank! Sie lebte noch! Tränen liefen ihm über die Wangen, während er sie auf die Arme hob und nach draußen brachte. Sanft legte er sie zu Boden, während er versuchte sie aufzuwecken. Sie durfte ihm einfach nicht wegsterben. Er hatte doch schon seine Beth verloren! Margaret war alles was er hatte! Sanft schlug er ihr gegen die Wange und versuchte weiterhin sie zu wecken. Mit Erleichterung sah er, wie sich die bleichen Wangen des Kindes langsam aber sicher wieder färbten und wie die Kleine langsam die Augen aufschlug. Jacob drückte sie fest an sich.
„Margaret!“, rief er erleichtert und strich ihr über die Stirn.
„Daddy?“
Sie klang verschlafen. Müde schielte sie zu ihrem Vater und versuchte sich zappelnd aus dem festen Griff des Vaters zu befreien.
„Was ist los?“, fragte sie, immer noch müde. „Du zerquetschst mich.“
Es klang ein wenig weinerlich und auch etwas ängstlich. So hatte ihr Vater ja noch nie reagiert. Dieser löste sich langsam von ihr und sah sie ernst an.
„Wieso warst du am Herd? Habe ich dir nicht verboten, alleine dahin zu gehen?“, fragte er streng und diesmal half es ihr auch nicht, dass sie so unschuldig guckte.
„Ich… ich… ich wollte doch nur etwas kochen“, schniefte sie. „Für dich. Weil du doch immer so viel arbeitest.“
Treuherzig sah sie zu ihm und hängte sich an ihn. Jacob seufzte leise. Das war sie. Seine kleine unvernünftige Tochter. Sanft strich er ihr durch die Haare und drückte sie erneut an sich.
„Trotzdem darfst du nicht alleine an den Herd gehen, Margaret“, sagte er sanft. „Das ist gefährlich. Liebling, du hättest sterben können, verstehst du?“
Er schob sie wieder ein wenig von sich und sah sie ernst an. Jacob wollte, dass sie begriff, was sie da getan hatte und wie gefährlich es gewesen war.
„Sterben?“, fragte Margaret erstaunt. „So richtig echt totsterben? So wie Mommy?“
Noch einmal nickte er und ließ zu, dass sie ihren kleinen Körper gegen seinen Großen presste und die Ärmchen wieder fest um seinen Hals schlang. Auch wenn er bei ihrer letzten Frage doch leicht zusammenzuckte, wusste er, dass sie es nicht böse meinte.
„Genau so wie Mommy“, stimmte er leise zu.
Lange noch hielt er sie einfach in seinen Armen. Schweigend. Den Moment genießend. Und glücklich darüber, dass er seine Tochter immer noch bei sich hatte.
Margaret wich den ganzen restlichen Abend nicht mehr von seiner Seite. Es war, als würde sie spüren, dass er sie unbedingt in seiner Nähe wissen wollte, weil er Angst hatte, sie könne sich doch noch in Luft auflösen. Erst als es für sie Zeit wurde ins Bett zu gehen, löste sie sich widerwillig von ihm. Fest in ihre Decke gekuschelt lag sie da und sah ihn mit ihren großen Kulleraugen an. Normalerweise kam jetzt ihre Bettelei nach einer Geschichte, doch diesmal sah sie ihn nur schweigend an und zog die Stirn kraus, als müsse sie nachdenken.
„Daddy? Wenn ich heute totgesterbt wäre, hättest du dann geweint?“, wollte sie wissen.
Jacob sah seine Tochter etwas fassungslos an. Er konnte nicht so ganz glauben, dass sie so etwas wirklich fragte. Schmerzlich wurde ihm erneut bewusst, wie wenig Zeit er doch für sie hatte, wenn sie so etwas fragte.
„Natürlich hätte ich dann geweint, du Dummchen“, sagte er dennoch sanft und gab sich Mühe, seine Trauer über diese Frage zu verbergen. Er stupste sie kurz an. „Du bist doch alles was ich habe.“
„Aber warum hättest du geweint?“, fragte sie weiter. „Vielleicht wäre ich ja nur ganz kurz totgesterbt und hätte Mommy besucht.“
Erneut musste Jacob schlucken. Margaret hatte noch gar keine Vorstellung davon, was es bedeutete zu sterben. Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, hätte er fast schon angefangen zu lachen. In gewisser Weise war es ja doch niedlich. Trotzdem sollte er ihr vielleicht besser beibringen, dass sie nicht einfach mal kurz sterben und dann wieder zurückkommen konnte.
„Wenn du gestorben wärst, dann wärst du nicht zurückgekommen“, versuchte er ihr zu erklären. „Weißt du, wenn du stirbst, dann kommst du in den Himmel. Und da ist es so schön, dass man nie wieder zurück will. Man vergisst alles was vorher war.“
„Hat Mommy uns auch vergessen?“, fragte die Kleine etwas unsicher. „Kommt sie deshalb nicht wieder zu uns?“
„Nein“, erklärte Jacob. „Sie bleibt im Himmel, damit sie besser auf dich aufpassen kann. Damit dir nichts Schlimmes passiert.“
Margaret nickte nachdenklich. Für den Moment war sie zufrieden. Jacob strich ihr noch einmal über den Kopf und stand auf.
„Schlaf gut, Kleines“, war alles was er sagte.
Und während Margaret ziemlich schnell eingeschlafen war, blieb er noch lange, lange wach. Ihm wurde klar, was er für ein wahnsinniges Glück gehabt hatte, dass seine Tochter überlebt hatte. Sein Blick glitt kurz zu dem Foto von Beth. Das einzige Foto, welches er von ihr besaß und welches er extra eingerahmt hatte, damit ihm auch ja nichts passierte. Leise seufzte er, ehe sich dieses Seufzen in ein Lächeln wandelte. Nur ein einziges Wort kam ihm leise über die Lippen:
„Danke.“