Nichts mehr zu retten.
von Neonschwarz
Kurzbeschreibung
"Der letzte auf der Liste ist Olli. Ich will seinen Segen. Und mit genügend Welpenblick und Anspielungen auf meine beschissene Kindheit, meine beschissene Jugend, meine halbbeschissene Zeit in der Schwebe zwischen alt genug und noch nicht alt genug wird er sich eine Träne aus dem Augenwinkel wischen und mir das Beste wünschen." [komplett überarbeitet in 2022]
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / Gen
Jan Böhmermann
Joachim "Joko" Winterscheidt
Klaas Heufer-Umlauf
OC (Own Character)
Olli Schulz
07.02.2015
19.05.2015
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19.05.2015
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Olli
„He! Warten Sie! Sie haben Ihren Regenschirm vergessen!“
Ich drehe mich um. Die junge rothaarige Frau schwenkt den Schirm über dem Kopf und kommt vor mir zum Stehen.
„Sie merken sich, welcher Schirm welchem Gast gehört?“, frage ich überrascht.
„Ist ziemlich auffällig mit den ganzen Blumen“, entgegnet sie mit einem Lächeln, „den wird Ihre Tochter sicher vermissen.“
„Ich habe keine Kinder. Den habe ich in einem anderen Restaurant mitgehen lassen und Sie haben mir gerade erfolgreich ein schlechtes Gewissen gemacht.“
„Oh, das wollte ich nicht“, sagt sie hastig, „niemand wird so einen hässlichen Schirm vermissen.“
„Das tröstet mich“, ich nehme ihr den Schirm aus der Hand und sehe zum Restaurant, „wirst du nicht schon vermisst?“
„Ach bitte, mir steht eine Pause zu“, sagt sie und ihr Grinsen wird mutiger, „bist du nicht Olli Schulz? Der Musiker?“
„Und du bist ...?“
„Leni“, sagt sie mit einer angedeuteten Verbeugung, „die Kellnerin.“
„Und du willst über mich an Joko rankommen?“, frage ich.
„Joko?“, sie schüttelt verständnislos den Kopf, „nee. Klaas find ich sympathischer.“
Ich lache.
„Den kann ich dir vorstellen“, schlage ich vor und weiß nicht, warum.
„Also magst du ihn nicht besonders?“
Ich schweige. Mir ist nicht entgangen, dass sie vom höflichen Siezen zum Du übergangen ist.
„Ich weiß, dass klingt jetzt komplett falsch, aber wann hast du Feierabend?“, frage ich aus einer plötzlichen Eingebung heraus.
„Sollte ich jetzt schnell reinrennen und mich von meinem Kollegen nach Hause bringen lassen?“, fragt sie skeptisch.
„Bitte nicht“, ich hebe entschuldigend die Hände, „ich wollte dich nur auf einen Kaffee einladen. Unverbindlich. Ich weiß nicht, wieso du hier kellnerst, aber ich bin mir sicher, du solltest auf irgendeiner Bühne stehen. Du schreibst, oder?“
„Woher weißt du das?“
„Man erkennt seinesgleichen.“
„Talentlose Schriftstellerin“, sagt sie achselzuckend, „ich habe in einer halben Stunde Feierabend und trinke meinen Kaffee nur unterwegs.“
„Und schwarz?“
„Hellseher?“
Ich warte eine halbe Stunde auf sie. Sie ist pünktlich. Und in flachen Schuhen viel kleiner.
„Rauchst du?“, ich halte ihr die Schachtel hin. Sie greift nach einer Zigarette und zieht ein Feuerzeug aus ihrer Jackentasche.
„Nein, nie“, sagt sie, „aber wenn man von Olli Schulz auf einen Kaffee eingeladen wird, gehört eine Zigarette wohl zum guten Ton. Naja, vielleicht Gelegenheitsraucherin.“
„Niemand ist Gelegenheitsraucher“, sage ich amüsiert.
„Doch, klar“, sie bleibt hartnäckig, „bei jeder Gelegenheit.“
Wir laufen durch die schlecht beleuchteten Straßen und halten irgendwann bei einem Kiosk, der mit einem großen gelben Coffee To Go-Schild wirbt. Sie trinkt ihren Kaffee tatsächlich schwarz und kochend heiß, während ich geduldig darauf warte, dass er endlich abkühlt.
„Erzähl mir was von dir“, schlage ich vor.
„Die ganze Situation ist so bizarr“, stellt sie fest, „erzähl du mir doch was von dir.“
„Bizarr? Wer benutzt dieses Wort heutzutage noch?“, frage ich verwundert.
„Das kommt in meiner Generation jetzt langsam wieder“, informiert sie mich diplomatisch, „also, was willst du wissen?“