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Unstillbares Verlangen

von Lady S
Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P18 / Het
Draco Malfoy Hermine Granger Lucius Malfoy Pansy Parkinson
16.01.2015
10.07.2015
23
88.101
393
Alle Kapitel
394 Reviews
Dieses Kapitel
36 Reviews
 
 
16.01.2015 4.253
 
Disclaimer: Solange J.K. Rowling nichts dagegen hat, dass wir uns ihre Figuren ausleihen, nutze ich das aus. Sollte sie ihre Meinung ändern, werde ich die Geschichten selbstverständlich löschen.



Anmerkung: Wer sich über den letzten Absatz des Epilogs aus `Blutsmörder´ amüsiert hat, mag weiterlesen. Allen anderen empfehle ich, direkt zum 1. Kapitel zu scrollen. Und jetzt halte ich die Klappe und überlasse das Reden meinen Protagonisten.




Sanft wurde Hermine wachgerüttelt. Verschlafen drehte sie sich um und sah in Dracos grinsendes Gesicht.

»Was ist los?«

»Es geht weiter. Die Lady hat tatsächlich mit  unserer nächsten Geschichte begonnen.«

Jetzt war Hermine hellwach. »Und ich dachte schon, die hat uns vergessen.« Sie richtete sich auf und sah auf die Schlafzimmertür. Ein Lichtschein fiel durch den unteren Spalt.

»Ich weiß nicht«, zögerte sie. »Wieder jung zu sein und nach Hogwarts zu gehen ist reizvoll, aber auf diese ständigen Streitereien mit dir habe ich ehrlich gesagt überhaupt keine Lust.«

»Wir werden uns nicht streiten, und wenn doch, dann nur sehr kurz«, antwortete Draco zuversichtlich.

»Das ist eine Geschichte über uns, mein Lieber. Die lebt von Streit und Missverständnissen«, widersprach Hermine.

»Diese nicht.«

»Darco, was hast du angestellt? Hast du sie etwa gelesen?« Die Hexe wurde blass.

Der blonde Zauberer schüttelte den Kopf. »Ich bin doch nicht lebensmüde.«

Hermine wollte gerade erleichtert aufatmen, als er fortfuhr: »Ich habe die Lady lediglich ein wenig erpresst.«

»Du hast WAS?«

Draco verschränkte die Arme. »Hey, jetzt rege dich nicht auf. Ich meinte nur, sie soll mal ihren Grips anstrengen und sich was überlegen, weil ich die ständigen Streitereien satt habe. Ansonsten würde ich mich in Stillschweigen hüllen, was ich zuweilen auch getan habe. Du weißt selbst, dass jeder Autor auf die Mitarbeit seiner Protagonisten angewiesen ist.«

»Und dem hat sie zugestimmt?« Entsetzt sah sie ihn an.

Der Slytherin zuckte mit den Achseln. »Was blieb ihr anderes übrig?«

Stöhnend presste Hermine die Bettdecke an sich. Jetzt wurde Draco unsicher. »Sie hatte allerdings so ein merkwürdiges Funkeln in den Augen.«

»Du schnallst es nicht! Das hat sie immer, wenn sie eine ganz besonders gemeine Idee ausbrütet. Vielleicht setzt sie einem von uns wieder ein Messer an die Kehle.«

»Daran habe ich gedacht«, lächelte Draco überheblich. »Bedingung war: keine blutige Geschichte.«

»Hast du auch daran gedacht, deinen Vater von ihrer Liste streichen zu lassen?«, fauchte Hermine.

Er stockte. »Nein, aber glaubst du im Ernst, die Lady würde ihn den Cruciatus-Fluch oder ähnliches an mir ausprobieren lassen?«

Die Hexe schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich, ich weiß, dass sie es nur schwer ertragen kann, wenn dein Vater so dargestellt wird. Aber ein Todesfluch, versehentlich abgefeuert, ob erfolgreich oder nicht hatten wir schon. Und der ist auch nicht blutig!«

»Uns wird schon nichts passieren. Sie hat nämlich eine klasse Beta, die auf mich steht. Da wird nichts schiefgehen«, meinte Draco.

Hermine schnaufte. »Das hoffe ich, die Lady kann nämlich verdammt dickköpfig sein.«

Sie schlug die Bettdecke zurück und stand auf. »Wir sollten die LeserInnen, die sich unser Geplänkel angetan haben, nicht länger warten lassen.«

Der Zauberer erhob sich ebenfalls. »Ach, noch was. Macht euch mit Reviews bloß keinen Stress. Zugriffe freuen die Lady schon sehr.«

»Das musst du schon den LeserInnen überlassen.« Hermine trat ungeduldig vor die Tür. »Bist du jetzt fertig?«

Draco runzelte die Stirn und dachte nach. »Updates kommen jeden Freitag. Manche Gewohnheiten will sie wohl nicht ändern.«

»Komm jetzt endlich.« Hermine griff nach seiner Hand. Gemeinsam öffneten sie die Tür und traten ein in die neue Geschichte.











Erstes Kapitel

Der Trank des unstillbaren Verlangens



Es war kurz nach den Weihnachtsferien, als Professor Horace Slughorn den Klassenraum mit einem tiefgründigen Lächeln auf den Lippen betrat. »Meine lieben 7.-Klässler, die UTZ-Prüfungen werfen ihre Schatten voraus und es ist mir gelungen, von der Schulleiterin die Erlaubnis zum Brauen eines besonderen Zaubertrankes zu erhalten: dem Trank des Unstillbaren Verlangens.«

Der walrossartige Professor machte eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen, sah aber lediglich in ratlose Gesichter. »Miss Granger, was können Sie uns dazu sagen?«

Hermine zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Fieberhaft ging sie sämtliche Tränke durch, von denen sie je gehört oder vielmehr gelesen hatte. Schließlich zuckte sie ratlos mit den Schultern. »Es tut mir wirklich leid, Professor. Ein solches Gebräu ist mir vollkommen unbekannt.«

Slughorn klatschte sichtlich begeistert in die Hände. »Großartig, fünf Punkte für Gryffindor.«

»Moment mal«, meldete sich aus der hinteren Reihe Draco Malfoy zu Wort und zog die Stirn kraus. »Granger hat die Antwort diesmal gar nicht gewusst. Weshalb bekommt sie dennoch Punkte für ihr Haus?« Zustimmendes Gemurmel aus den Reihen der Slytherins ertönte.

»Weil sie den Mut besessen hat, das offen zuzugeben«, konterte Slughorn zufrieden.

»Dann müsste Longbottom ständig Punkte einheimsen«, schloss Blaise Zabini messerscharf und die Slytherins kicherten, während die Gryffindors ihnen böse Blicke zuwarfen.

»Ruhe!«, verlangte der Professor sofort. »Es gibt nicht viele Tränke, von denen Miss Granger noch nie etwas gehört hat. Deshalb freut es mich ganz besonders, dass sie diesen nicht kennt. Ich muss allerdings zugeben, dass er in keinem Lehrbuch zu finden ist und es auch nur wenige Aufzeichnungen über ihn gibt.«

Kurz erläuterte Slughorn, dass das durch den Trank geweckte Verlangen sich stetig steigert und ein Leben lang anhält. Nichts kann die Wirkung aufheben. »Der Trank muss zwingend von einem Paar gebraut werden. Je stärker die gegenseitige Abneigung ist, desto wirkungsvoller wird er. Deshalb werden Slytherins mit Gryffindors zusammen arbeiten. Mr. Malfoy, Sie begeben sich bitte zu Miss Granger, Miss Parkinson einen Tisch daneben zu Mr. Longbottom.«

Nach und nach teilte der Professor die Schüler auf, die allseits geäußerte Entrüstung ignorierend.

Draco schleppte sich nach vorne und stellte sich so weit von Hermine entfernt, wie es der Tisch gerade noch zuließ. Die Gryffindor sah stur geradeaus und würdigte ihn keines Blickes.

»Hat jede ihren Partner und jeder seine Partnerin? Dann verteile ich jetzt die Pergamente«, schloss Professor Slughorn und ließ die Unterlagen von seinem Platz aus durch die Klasse schweben.

Dracos Arm schoss nach oben, als das einzelne Blatt vor ihm gelandet war.

»Ja, Mr. Malfoy?«

»Sir, wir werden den Trank doch wohl nicht selbst probieren, oder?«, fragte er entsetzt.

»Allerdings, das werden Sie, aber keine Sorge, es ist ganz ungefährlich. Es fehlt eine wichtige Zutat und zudem werden die Herren auch nicht den eigenen Trank ausprobieren, sondern den des Nachbarn.«

Draco war beruhigt. Das Letzte, was er wollte war, dass er verrückt nach Granger würde, oder sie nach ihm. Seine grauen Augen streiften kurz die Gryffindor, deren Blick sich starr auf das Pergament geheftet hatte.

»Die Damen holen bitte die Zutaten, während die Herren das Zubehör organisieren«, sagte Professor Slughorn.

Hermine sah Draco fragend an.

»Nimm du die Liste«, sagte er gönnerhaft, »die Anzahl der Zutaten ist weit länger. Die paar Messer kann ich mir locker merken.«

Leicht verärgert registrierte er, wie Granger spöttisch eine Augenbraue hochzog. Doch zu ihrem Glück enthielt sich die Gryffindor jeden Kommentars. Draco hätte sich sonst sicherlich zu einer wenig schmeichelhaften Bemerkung hinreißen lassen.

Im Laufe des Unterrichtes musste er allerdings mit Erstaunen feststellen, dass es sehr angenehm war, mit Granger zu arbeiten. Sie stellte keine Fragen und wie in stiller Übereinkunft wechselten sie sich mit dem Häckseln, Zerschneiden und Pressen der Zutaten auf der Liste ab. Mit Genugtuung betrachtete Draco das Arbeitsergebnis. Auch seine Partnerin sah mit einem leisen Lächeln auf den tiefroten Trank. Sie spitzte die Lippen und pustete sacht darüber.

Professor Slughorn ging durch die Reihen. Er schien mit den Tränken weitgehend zufrieden zu sein. Bei Hermine und Draco grunzte er glücklich, ehe er Nevilles und Pansys Gebräu am Nebentisch einer kritischen Musterung unterzog. Durch den Luftzug, den der korpulente Lehrer bei der Drehung verursachte, flatterte das Pergament von Dracos und Hermines Tisch. Die Gryffindor bückte sich blitzschnell und hob es auf. Erschreckt betrachtete sie die Rückseite.

Draco trat einen Schritt näher. »Affodillwurzel?«, raunte er leise. »Hast du an die gedacht?«

Hermine schüttelte betrübt den Kopf. »Ich habe vergessen das Blatt zu wenden.

»Ist bestimmt nicht schlimm. Ist eh die letzte Zutat.«

»Ich hole eine, rühr du inzwischen weiter«, wisperte sie und huschte zu dem Vorratsschrank.

Draco griff nach dem Holzstiel und wurde sich gerade bewusst, dass er widerstandslos dem Befehl einer Gryffindor gehorcht hatte, als Grangers brauner Haarschopf auch schon wieder neben ihm auftauchte. Zum Glück musste die Wurzel lediglich zerkleinert und nicht noch geschält werden und so kippte Hermine bereits wenig später die Stücke in den Trank. Er schäumte kurz auf, behielt aber seine blutrote Farbe.

»Noch fünf Minuten im Uhrzeigersinn rühren«, kündigte Professor Slughorn an. Nach Ablauf der Zeit forderte er seine Schülerinnen und Schüler auf, die vor ihnen stehenden kleinen Tonbecher zu füllen. Nachdem alle den Trank vor sich stehen hatten, sagte der Professor: »Die Herren nehmen nun ihren Becher und reichen ihn an ihren Nachbarn zur Linken weiter. Die Damen behalten den ihren. Auf mein Zeichen hin trinken alle gleichzeitig die Becher leer. Wenn alles richtig läuft, wird Sie ein warmes Gefühl durchströmen. Doch wie gesagt, keine Bange, es kann nichts passieren.«

Währenddessen betrachtete Draco skeptisch das hellrosafarbene Gebräu, dass ihm Longbottom gegeben hatte. Seine Gedanken rasten. Der Gryffindor war nicht gerade bekannt dafür, eine Leuchte in Zaubertränke zu sein und seine Partnerin und Dracos Hauskollegin Pansy Parkinson auch nicht. Im Bruchteil der Sekunde entschied der blonde Slytherin daher, Longbottoms Trank an Gregory Goyle weiter zu reichen, als Hermine einen Augenblick durch Harry Potter abgelenkt wurde, dem die Brille von der Nase gerutscht und auf den Tisch gefallen war.

Es fehlte ja immerhin noch eine Zutat, wie der Professor eingangs versichert hatte, da würde schon nichts schief gehen. So setzte Draco auf Professor Slughorns Kommando hin, seinen eigenen Trank an die Lippen, schloss die Augen und kippte ihn hinunter.

Er hatte den Eindruck flüssiges Feuer zu trinken. Es schien seine Kehle hinunterzurinnen und die Haut zu verbrennen. Die Tränen schossen ihm in die Augen und er biss die Zähne zusammen, als der Trank, einem Klumpen Lava gleich, in seinem Magen landete und dort weiterbrodelte.

Granger schien ähnlich zu empfinden. Sie wischte sich verstohlen über die Augenlider. Ein leises Stöhnen entwich ihr. Ihre Finger hatten den Becher so fest umschlungen, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

Professor Slughorn bemerkte nichts davon, weil er gerade zu Seamus Finnigan eilte, der Gregory Goyle wüst beschimpfte, dessen Trank hätte ihn beinahe innerlich erfrieren lassen.

»Das war mehr als nur warm, was Granger?«, presste Draco hervor.

Ihre braunen Augen bohrten sich in seine. »Hoffentlich haben wir nichts falsch gemacht.«

»Ach was«, winkte Draco lässig ab. »Der Professor hat doch Vorkehrungen getroffen, damit nichts passiert. Lag sicher daran, dass wir die Wurzel erst im letzten Moment hinzugegeben haben.« Gleichzeitig fuhr ihm ein kleiner Schreck durch die Glieder. Vielleicht hätte er doch nicht sein eigenes Gebräu trinken sollen.

Hermine hatte ihre Augen immer noch in Dracos versenkt und plötzlich war das brennende Gefühl in ihrem Magen verschwunden. Stattdessen breitete sich eine wohltuende Wärme aus.

Auch der Slytherin richtete sich nun auf und rieb sich verwundert über den Bauch. Er spürte der Wärme nach, die durch seine Adern rauschte und jede Zelle seines Körpers eroberte.

Auf Hermines Lippen erschien ein zartes Lächeln, als sie sagte: »Merlin sei Dank. Es ist alles gut gegangen.«

Draco starrte auf ihren Mund und spürte ein leises, sehnsuchtsvolles Ziehen in der Magengegend. Schnell löste er den Blickkontakt. Es war schon lange her, dass er ein Mädchen geküsst hatte, zu lange, wenn man bedenkt, dass er gerade daran gedacht hatte, wie sich Grangers Lippen wohl auf den seinen anfühlen würden.

Auch Hermine hatte den Blick abgewandt und rief sich gerade zur Ordnung. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Ron auf Abstand zu halten. Es war ihr, als hätte sie Draco Malfoy zum ersten Mal in ihrem Leben richtig angesehen. Er sah gut aus, verdammt gut. Schade, dass er so ein Idiot war.

Moment, widersprach sie sich sofort, seit ihrer Rückkehr an die Schule nach dem Krieg, hatte er weder Harry, noch sonst jemanden vom Goldenen Trio beleidigt. Malfoy war stiller geworden, wirkte nicht mehr ganz so überheblich und hatte sich darauf beschränkt, Gryffindors komplett zu übersehen.

Die heutige Zusammenarbeit mit ihm war erfrischend angenehm gewesen. Er hatte sie noch nicht einmal damit aufgezogen, dass sie beinahe die letzte Zutat vergessen hätte.

Hermine riskierte noch einen Blick auf ihn, als Professor Slughorn das Ende der Stunde verkündete und alle aufforderte, die Gerätschaften zu säubern und die Tränke verschwinden zu lassen.

Der blonde Slytherin arbeitete konzentriert. Seine Stirn zog sich ein wenig kraus, als er nun das saubere Messer einer letzten kritischen Musterung unterzog. Gründlich und gewissenhaft, stellte Hermine fest, nicht unbedingt Eigenschaften, die sie ihm zugeschrieben hätte. Auf sie hatte er immer einen eher oberflächlichen Eindruck gemacht. Ob sie sich in ihm getäuscht hatte?

Hermine schüttelte über sich selbst den Kopf. Es gab für sie nun wirklich keinen Grund, sich näher mit Malfoys Charakter auseinander zu setzen. Die Zusammenarbeit war halt wider Erwarten gut verlaufen und mehr war nicht wichtig. Energisch griff Hermine nach ihrer Tasche und verließ im Tross der anderen den Kerker.



Es war am nächsten Morgen, als Hermine gerade unter der Dusche stand. Sie verspürte ein leichtes Ziehen in der Magengegend. Hunger fühlte sich anders an. Doch da das Gefühl eher unangenehm als schmerzhaft war, beschloss sie, es zu ignorieren. Sie verließ ihr Badezimmer, zog sich an und eilte wenig später durch den gemeinsamen Wohnraum, den sie sich mit dem zweiten Schulsprecher, Ernie Macmillan von den Hufflepuffs, teilen musste.

Wie gewöhnlich füllte sich die große Halle schnell zum Frühstück. Hermine huschte zu ihrem Platz zwischen Ron und Harry, die beide schon fleißig Rührei in sich hineinstopften. Von dort aus beobachtete Hermine den Aufmarsch der Slytherins. Wie immer ging Draco Malfoy an der Spitze, Blaise Zabini und Gregory Goyle ein wenig dahinter, ehe die Mädchen des Jahrgangs folgten: Pansy Parkinson, Millicent Bulstrode und Daphne Greengrass, denen wiederum ein etwas gehetzt dreinblickender Theodore Nott folgte. Dieser hatte wohl den Anschluss verpasst und versuchte gerade erfolglos, sich an den Mädchen vorbei zu kämpfen.

Bevor Malfoy an seinem Haustisch Platz nahm, rieb er sich verstohlen über den Bauch und ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Schnell drehte Hermine den Kopf zur Seite und verwickelte Harry in ein Gespräch über die letzte Stunde in Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Dabei griff sie nach einer Scheibe Toastbrot und bestrich sie großzügig mit Butter und Erdbeermarmelade.

Aufmerksam verfolgte sie Harrys Ausführungen über Schutzzauber gegen Kattfiller, kleine, dunkle Wesen, die vorzugsweise in Kanalschächten wohnten und nachts gerne an die Oberfläche kamen, um ahnungslose Passanten in die Fußknöchel zu beißen.

Hermines Magen schien sich leicht beruhigt zu haben. Das Ziehen war zwar noch zu spüren, hatte sich aber ein wenig verringert. Nach Beendigung des Frühstücks erhob sie sich.

Plötzlich quiekte Pansy Parkinson schrill, als Theodore Nott seinen Becher umstieß. Die orange Flüssigkeit ergoss sich über den Tisch und Malfoy sprang auf, ehe der Kürbissaft seine Hose ruinieren konnte.

Hermine beobachtete amüsiert die hektische Geschäftigkeit, die jetzt an der Tafel der Slytherins ausbrach. Ein sichtlich genervter Malfoy, der seinen Hauskollegen anbellte, woraufhin Nott seinen Zauberstab zog und das Missgeschick beseitigte.

Draco sah auf und zum Gryffindortisch hinüber. Hermines Blick verhakte sich mit dem seinen. Eine Sekunde verstrich und noch eine.

Unverhofft breitete sich ein warmes Gefühl in ihrem Bauch aus. Sie riss sich regelrecht von den grauen Augen los und eilte hinaus zu ihrer nächsten Stunde.

Während Professor Sprout sich über die Pflege von Schwirzkraut ausließ, aus dessen Wurzeln sich eine hervorragende Arznei gegen Fliegenpocken gewinnen ließ, stellte Hermine erstaunt fest, dass ihre Magenprobleme gänzlich verschwunden waren.



Auch Draco bemerkte verwundert, dass das merkwürdige Drücken in der Magengegend sich verflüchtigt hatte, das ihn seit dem Aufstehen geplagt hatte.

So konnte er den Ausführungen von Professor Flitwick über den Metamorphosezauber problemlos folgen. Auch den Rest des Tages verspürte er keinerlei Unbehagen. Das Quidditchtraining am Nachmittag absolvierte er als Kapitän und Sucher mit gewohnter Leichtigkeit. Das nächste Spiel gegen Ravenclaw würde in zwei Wochen stattfinden und Draco war guten Mutes, es für Slytherin zu entscheiden. Der Abend verlief in gewohnter Manier, wie auch die anschließenden Diskussionen im Gemeinschaftsraum.

Erst am nächsten Morgen wurde Draco erneut an seinen Magen erinnert. Er krampfte sich immer wieder zusammen, hart an der Grenze zum Schmerz. Stöhnend wälzte er sich aus dem Bett. Ob er etwas gegessen hatte, was er nicht vertrug?

Nachdem er sich geduscht und angezogen hatte, wartete er missmutig auf die anderen. Goyles Gebrabbel und Pansys Gekicher gingen ihm heute besonders auf die Nerven. Zügig schritt er voran und betrat die große Halle.

Wie von selbst glitt sein Blick zum Tisch der Gryffindors. Hermine Granger saß dort und starrte auf ihr Omelett ohne es anzurühren. Sie hob den Kopf und ihre Blicke kreuzten sich.

Der Krampf, der Dracos Magen gerade durchschüttelte, verflüchtigte sich und es blieb ein dumpfes Grollen zurück. Irritiert runzelte er die Stirn, doch Granger hatte den Augenkontakt längst abgebrochen und begonnen, ihre Eierspeise zu zerteilen.

Nachdenklich setzte sich Draco an seinen Tisch. Zufall, alles Zufall, versuchte er sich sogleich einzureden. Er hatte in der zweiten Stunde gemeinsam mit Granger Arithmantik. Vielleicht sollte er sie fragen, ob es ihr gut ginge.

Blöde Idee, Draco, schalt er sich sofort, nachdem er einen weiteren Blick auf den Gryffindortisch riskiert hatte. Er beobachtete, wie Granger langsam begonnen hatte zu essen.

Draco schrak regelrecht zusammen, als er Pansys Hand auf dem Oberschenkel fühlte.

»Du siehst aus, als hättest du etwas«, erkundigte sich die Dunkelhaarige fürsorglich.

»Nichts weiter«, wehrte Draco unwirsch ab. »Nur ein wenig Magengrummeln.«

»Vielleicht solltest du anstelle des Kaffees lieber Tee trinken«, schlug seine Hauskollegin vor und zog ihre Hand zurück.

»Wenn ich deinen Rat brauche, sage ich dir Bescheid«, schnappte Draco.

»Uh, wer hat denn dich gebissen? Ich wollte nur nett sein.«

»Ich weiß, Pansy, entschuldige. Ich bin halt nicht gut drauf«, murrte Draco und schob den gebratenen Speck an den Rand des Tellers, um sich seinem Spiegelei zu widmen.

Während der ersten Schulstunde rumorte es in seinem Magen wieder stärker. Draco entschied sich dafür, nach Arithmantik Madam Pomfrey aufzusuchen, wenn bis dahin keine Besserung eingetreten sein sollte.

Als er vor dem Klassenraum stand und auf Professor Vector wartete, bemühte er sich, Granger nicht anzusehen. Sie hatte nichts mit seinem Magen zu tun.

Erleichtert nahm er das Erscheinen der Lehrerin zur Kenntnis. Professor Vector schloss den Raum auf und alle Schülerinnen und Schüler begaben sich auf ihre Plätze.

Die Lehrerin ließ komplizierte Formeln an der Tafel erscheinen. »Mr. Malfoy, wozu könnten diese Berechnungen dienen?«

Draco dachte angestrengt nach, doch die Lösung wollte ihm nicht einfallen. Resigniert schüttelte er den Kopf.

»Miss Granger, haben Sie eine Idee?«

Verwundert registrierte Draco, dass auch die Gryffindor nach einer kurzen Zeit verneinte. Ihre Stimme löste ein sanftes Schwingen in seinem Innern aus.

»Dann begeben Sie sich bitte zu Mr. Malfoy und schlagen das Buch auf Seite 320 auf. Das gilt auch für die anderen. Finden Sie sich mit einem Partner zusammen und versuchen Sie herauszufinden, für welchen Planeten die Berechnung gilt.«

Nervös beobachtete Draco, wie die junge Hexe sich seinem Tisch näherte. Noch nie hatten sie zusammen arbeiten müssen und jetzt schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche. Seine Hände zitterten ein wenig, als er das Buch auf der richtigen Seite aufschlug und in die Mitte schob.

»Hallo Granger, also wir schon wieder«, presste er hervor.

»Hallo Malfoy, scheint so. Dann wollen wir mal anfangen.«

Sie beugte sich vor und betrachtete eingehend die Formeln im Buch und verglich sie mit der an der Tafel. »Jupiter«, murmelte sie schließlich. »Die Berechnung bezieht sich auf den Abstand zur Erde.«

»Ja, und zwar an einem bestimmten Tag«, ergänzte Draco, der ebenfalls zu diesem Ergebnis gekommen war. »Also geht es um seinen Einfluss auf die Menschen.«

Hermine nickte und begann, eifrig mit dem Finger die Zeilen entlang zu fahren.

»Hier, siehst du?«, sagte sie und tippte auf eine Zahlenkombination.

»Habe ich schon längst entdeckt«, behauptete Draco und grinste unwillkürlich.

Sie richtete ihren fragenden Blick auf ihn und schmunzelte. »Na, wenn das so ist, sollten wir unsere Entdeckung nicht länger für uns behalten«, meinte sie und prompt stieg ihr Arm in die Höhe.

Auch Draco folgte ihrem Beispiel. Ein anerkennendes Nicken seitens Professor Vectors und je fünf Hauspunkte waren die Belohnung für die Lösung. Und noch etwas war geschehen, wie Draco wenig später feststellte. Sein Magen hatte sich vollkommen beruhigt.



Hermine saß in der Bibliothek und hatte einen Stapel Heilkundebücher vor sich liegen. Sie suchte nach einem bestimmten Krankheitsbild: morgendliche Magenschmerzen.

Heute waren sie heftiger gewesen, als am Tag zuvor und hatten sich erst nach der Arithmantikstunde verflüchtigt.

Natürlich könnte sie auch Madam Pomfrey aufsuchen. Die Medihexe hatte bestimmt einen wirkungsvollen Trank gegen die Beschwerden, aber Harry und vor allem Ron waren immer sehr besorgt, sobald Hermine auch nur in die Nähe der Krankenstation kam. Sie übertrafen sich darin, ihr alle möglichen Leiden anzudichten und Hermine verspürte keine Lust auf solche Diskussionen. Also versuchte sie selbst ihr Glück, war bisher jedoch nicht erfolgreich gewesen.

Die Tür der Bibliothek öffnete sich und Draco Malfoy und Blaise Zabini traten ein. Hermine gab vor, intensiv zu lesen, als die beiden Slytherins ihren Tisch passierten.

»Was liest du denn da, Granger?«, fragte Malfoy und klang ehrlich interessiert.

»Das geht dich gar nichts an«, schnaubte sie. Er war so ziemlich der Letzte, mit dem sie über ihre Sorgen reden würde. Sogleich spürte sie einen Stich in den Eingeweiden. Ein leises Stöhnen entwich ihr.

»Hast du was?«, ließ Malfoy nicht locker und erntete einen bösen Blick.

Energisch schlug Hermine die Buchdeckel zu. »Lass mich einfach in Ruhe, ja? Verzieh dich und such dir jemand anderen zum Vollquatschen.« Die zunehmenden Schmerzen machten sie aggressiv.

Sie sah, wie Malfoys Augen dunkler wurden, als er patzig antwortete: »Bild dir bloß nichts ein, Bücherwurm. Sei dankbar, dass ich mich überhaupt dazu herablasse, dich anzusprechen.« Kaum hatte er das gesagt, verzog er den Mund.

Hermine schnitt ihm eine Grimasse und beeilte sich, aus der Bibliothek und seiner Reichweite zu entkommen.

Doch das Stechen in der Magengegend hörte nicht auf. Es wurde sogar noch schlimmer, je weiter der Nachmittag fortschritt. Sie hatte sich in das gemeinsame Wohnzimmer zurückgezogen, das sie mit Ernie teilte, weil sie im Moment keinem der Gryffindors begegnen wollte.

Stöhnend rieb sie sich den Magen, als der blonde Hufflepuff eintrat.

»Hallo Hermine«, grüßte er freundlich.

»Hi, Ernie.«

»Geht es dir nicht gut? Du siehst blass aus«, stellte der junge Mann sogleich fest.

»Wird schon wieder«, winkte Hermine ab. »Ich habe mir den Magen verdorben.«

»Warte, da habe ich etwas für dich«, sagte Ernie und verschwand in seinem Schlafraum. Kurz darauf kam er mit einem grünen Fläschchen zurück, das mit einer braunen Flüssigkeit gefüllt war.

»Ein Rezept von meiner Mutter.« Der Stolz in seiner Stimme war unüberhörbar. »Ich habe selbst einen nervösen Magen. Ein Schluck und du fühlst dich wie neugeboren.«

Erwartungsvoll hielt er Hermine die Phiole unter die Nase. Die Gryffindor beäugte sie zunächst skeptisch, entkorkte sie jedoch und trank. Kaum hatte der Inhalt ihren Magen erreicht, als zu dem Stechen noch ein Brennen hinzukam.

»Danke, Ernie, aber ich glaube, das lasse ich lieber«, keuchte Hermine und reichte das Fläschchen zurück.

Der Hufflepuff wirkte sichtlich enttäuscht und sah seiner Schulsprecherkollegin nach, die sich auf ihr Zimmer zurückzog.

Hermine warf sich aufs Bett und zog die Beine an. Sie hatte ihren Blinddarm noch. Vielleicht machte der ihr auch solche Beschwerden. Nach einer kleinen Weile ließ das Brennen nach und verschwand schließlich ganz, doch das Stechen blieb. Dennoch gelang es Hermine sich ein wenig zu entspannen und schaffte es sogar einzuschlummern.

Als sie erwachte, stellte sie fest, dass es höchste Zeit zum Abendessen war und ihr Magen sich noch nicht beruhigt hatte. Nach einem kurzen Blick in den Spiegel hastete Hermine los.



Draco war ebenfalls in Eile. Er war nicht mehr lange in der Bibliothek geblieben, nachdem Granger hinaus gerauscht war. Plötzlich waren diese verdammten Magenschmerzen wieder da gewesen. Draco hatte sich in seinen Schlafraum zurückgezogen und die anderen hatten ihn tunlichst in Ruhe gelassen. Sie wussten, wie grantig er werden konnte, wenn er gestört wurde. Leider hatten sie es dadurch versäumt, ihn rechtzeitig zu wecken. Nun sauste er um die Ecke des vorletzten Korridors, der ihn noch von der großen Halle trennte.

Der Aufprall war heftig und hätte ihn beinahe von den Füßen gerissen. Instinktiv schlang er seine Arme um das Mädchen, das sich Halt suchend an ihn klammerte. Schwer atmend sah er auf den braunen Haarschopf hinab, der sich in seine Schulter bohrte. Natürlich, es konnte ja auch nur sie sein.

Jetzt sah Hermine auf und das um Verzeihung heischende Lächeln auf ihren Lippen geriet plötzlich etwas schief.

Draco ließ sie los und trat verlegen einen Schritt zurück. Dann nickte er ihr zu, wandte sich ab und setzte seinen so rüde unterbrochenen Weg fort. Zu seiner Verwunderung registrierte er, wie sie neben ihm auftauchte.

»Ich bin auch zu spät zum Abendessen«, murmelte sie.

Draco antwortete nicht und sah stur den Korridor entlang. Er konnte schon das bereits geschlossene Tor zur Großen Halle sehen, als Granger ihn kurz am Ärmel zupfte.

»Sorry, dass ich dich heute in der Bibliothek so angeranzt habe«, stieß sie hastig hervor. »Ich habe tatsächlich ein Problem, dem ich auf den Grund gehen muss.«

»Schon gut«, erwiderte er automatisch. »Ich war auch nicht gerade nett zu dir.«

Sie legte den Kopf ein wenig schief. »Gibst du mir einen kleinen Vorsprung?«

»Meinetwegen«, brummte Draco und sah ihr nach, wie sie das Tor zur Großen Halle öffnete. Er wartete noch ein wenig, nachdem es sich wieder hinter ihr geschlossen hatte.

Sein Magen knurrte vernehmlich, er hatte Hunger. Aber das war auch das einzige Gefühl, was er ihm signalisierte. Das Stechen war verschwunden.
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