Das Herz eines Assassinen
von Shainara
Kurzbeschreibung
Amelie hat in ihrer Kindheit alles verloren. Ihre Eltern, ihr Zuhause, ihre Identität. Doch trotzdem bleibt sie stark und versucht anderen zu helfen. Bis zu dem Tag, an dem sie beim Stehlen erwischt wird. Doch ein Unbekannter rettet sie und nimmt sie mit in die Bruderschaft. Bei ihrem Aufnahmeritual lernt sie Arno kennen, der von ihr fasziniert ist, doch sie lässt sich nicht gerne etwas von jemandem sagen und er versucht, sie zu beschützen. Kann Amelie die Vergangenheit und ihre Rache vergessen und sich auf Arno einlassen?
GeschichteAbenteuer, Liebesgeschichte / P16 / Gen
07.12.2014
09.12.2014
2
3.632
07.12.2014
2.148
Ich heiße Amelie und bin 22 Jahre alt. Ich wohnte in Paris, im Stadtteil La Bievre. Normale Mädchen in meinem Alter wurden entweder schon verheiratet oder warten noch darauf. Dagegen bin ich komplett anders. Ich lebte in einem Bordell, doch um meine Ehre zu retten muss ich sagen, dass ich keine Hure war. Als kleines Mädchen von fünf Jahren starben meine Eltern bei einem schrecklichen Feuer, ich war die einzige Überlebende. Ich konnte aus dem Haus fliehen bevor es einstürzte und meine Eltern unter den Trümmern begrub und so irrte ich verstört und hungrig durch die Gassen Paris. Ich stand kurz vor dem Hungertod als Madame Rouge mich gefunden hat und mich in ihr Bordell mitnahm. Sie zog mich auf wie ihre eigene Tochter, auch wenn die Umgebung nicht unbedingt optimal für ein kleines Mädchen war, hatte ich immer sehr viel Spaß mit den ganzen Frauen dort. Ich wurde älter und verstand irgendwann den Sinn hinter diesem Haus. Ich sah die armen Frauen die dort arbeiteten und ich kannte ihre Geschichten. Ich kannte all das Leid das ihnen angetan wurde und wie froh sie waren in dem Bordell einen halbwegs sicheren Ort gefunden zu haben. Damals, mit 15 Jahren entschied ich mich den Armen zu helfen und mich an den Menschen zu rächen, die es nicht anders verdient hatten. Ich streifte durch die Straßen, klaute Essen und Geld von den Reichen und gab es den Armen. Das ging so weiter, bis irgendwann das Unvermeidbare passierte und ich erwischt wurde. Ich versuchte wegzurennen, doch das war vergeblich, die Männer der Garde waren viel zu schnell für mich. Sie überwältigten mich in einer dunklen Gasse und wollten mich vergewaltigen, als Strafe für das Stehlen. Doch ich hätte niemals damit gerechnet was als nächstes geschah. Aus heiterem Himmel erschien ein Schatten über uns, danach hörte ich nur noch einen Aufprall und zwei der Wachen gaben erstickte Laute von sich und fielen um. Die dritte und vierte Wache ließen vor Schreck von mir ab um sich zu verteidigen doch was danach geschah sah ich nicht mehr. Ich lief so schnell ich konnte davon, ohne einen Blick hinter mich zu werfen. Lautes Klirren war aus der Gasse zu hören und ich dankte Gott für was auch immer mich gerade gerettet hatte. Als ich mir sicher war das mir keiner gefolgt war, flüchtete ich mich in eine kleine Gasse und presste mich mit hektischem Atem an die Wand. Gerade als ich mich von der Wand lösen wollte, erschien wieder ein Schatten über mir. Ich hatte panische Angst, dass er nun gekommen war um mich zu töten. Doch stattdessen landete neben mir eine große Gestalt. Ich wollte um Hilfe schreien doch bevor ich auch nur Luft holen konnte, legte sich eine große behandschuhte Hand über meinen Mund. Meine Augen waren groß und blickten verängstigt zu der großen Gestalt über mir auf. Ich erkannte dass es ein Mann war, er trug einen Umhang mit einer Kapuze die ihm bis ins Gesicht fiel, sodass ich es nicht sehen konnte. Er sagte zu mir, dass ich nicht schreien sollte und dass er mir nichts tun wolle, und ich glaubte ihm. Er hatte etwas Vertrauens erweckendes an ihm. Er fragte mich, ob ich ein Zuhause hatte und ich bejahte, doch ich wollte dort nicht hin, denn das Leid dort machte mich wütend und traurig zugleich und solange ich nichts mitbringen konnte, wollte ich mich dort nicht sehen lassen. Er fragte mich ob ich den Willen hätte, aus mir etwas zu machen und anderen Menschen zu helfen. Wieder bejahte ich. Er musterte mich kurz und nahm mich schließlich bei der Hand und führte mich zum Ufer der Seine. Dort, in einer Wand versteckt durch einen Mechanismus, verbarg sich der Eingang zu meiner neuen Zukunft.
//////
Ich spüre wie ich von jemandem sanft an der Schulter gerüttelt werde. Langsam kommt mein Bewusstsein wieder zurück und ich nehme meine Umgebung in Sekundenbruchteilen war. Es ist meine kleine Kammer in dem Versteck der Assassinen und ich liege in meinem Bett, schweißgebadet. Mist, schon wieder ein Alptraum. Immer wieder träume ich von der Zeit bevor ich hier her kam und immer wieder endet es darin, dass in entweder schreiend oder verschwitzt aufschrecke. Doch heute ist es anders, denn heute ist ein besonderer Tag. Langsam realisiere ich, was heute so besonderes ist. Heute ist meine Prüfung. „Amelie, geht es dir gut?“, höre ich eine Männerstimme besorgt fragen. Erst jetzt bemerke ich, dass ich nicht alleine bin, sondern jemand bei mir ist. Es ist Adrien. Er sieht mich besorgt an und ich nicke kurz und mache eine wegwerfende Handbewegung.
„Ja natürlich, ich hab nur schlecht geschlafen“, wiegle ich schnell ab. Adrien nickt langsam.
„Schon wieder der Tag an dem ich dich hier her brachte?“
„Ja, nur dieses Mal habe ich auch von dem Brand geträumt, in dem meine Eltern gestorben sind.“ Adrien nickt immer noch. „Du bist einfach nur aufgewühlt und aufgeregt wegen heute, mach dir wegen deinen Träumen keine Gedanken. Du wirst die Prüfung locker bestehen und dann wirst du endlich ganz dazu gehören.“
Dankbar für die Aufmunterung lächle ich ihn an. Er hilft mir immer wenn ich gerade schlecht drauf bin oder zu melancholisch werde. Schwungvoll werfe ich meine Beine über den Bettrand und stehe auf. Nur mit meinem Nachthemdchen bekleidet gehe ich zu meinem Schreibtisch und nehme vorsichtig meine Kette in die Hand. Adrien ist der einzige Mann der mich so sehen darf ohne dass ich ihm mein Messer ins Auge steche. Seit meiner Ankunft hier ist er mittlerweile zu so etwas wie einem Ersatzvater für mich geworden, auch wenn er gerade einmal zehn Jahre älter ist als ich. In diesen sieben Jahren hat sich nicht nur er verändert, sondern auch ich. Damals war ich ein kleines, verängstigtes Mädchen, das den Willen hatte zu helfen und die Welt besser zu machen. Heute bin ich eine junge Frau die in allem das Böse sieht und die ihre Ziele etwas zurück genommen hat. Statt jedem zu helfen und die Welt perfekt zu machen, möchte ich heute zumindest das schlimmste Übel aus der Welt schaffen. Und das schlimmste Übel auf dieser Welt sind die Templer. Bei dem Gedanken an diese Bande von abartigen Monstern fangen meine Hände an zu zittern und mir wird es unmöglich die Kette selbst anzulegen. Es ist eine filigran gearbeitete Kette in Weißgold, mit einem kleinen Anhänger daran, auf dem in einander verschlungene Blumenranken zu sehen sind und in der Mitte kann man den Kopf einer einzelnen Rose erkenne. Es ist eine Kette meiner verstorbenen Mutter. Kurz nachdem unser Haus bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, suchten die Assassinen nach einem Hinweis auf den Brandstifter, denn sie gingen keineswegs von einem Unfall aus. Kurze Zeit später fanden sie heraus dass es Templer gewesen waren. Und das einzige Erinnerungsstück das noch übrig war, war diese Kette. Kurz nachdem Adrien mich in den Unterschlupf der Assassinen gebracht hatte, übergab er mir diese Kette. Dabei erzählte er mir, dass meine Eltern beide zu der Bruderschaft gehört hatten und sie deshalb von den Templern umgebracht wurden. Mehr erfuhr ich nicht.
Langsam balle ich meine Hand um die Kette zusammen um meine Wut in den Griff zu bekommen. Erst als ich das wohlbekannte Gesicht von Adrien mit seinen Haselnussbraunen Augen und seinen fast schwarzen, kurzen Haaren sehe, komme ich wieder in der Realität an. Ohne ein Wort zu sagen tritt er auf mich zu, schließt seine Finger um meine Faust und öffnet sie behutsam. Er nimmt die Kette, stellt sich hinter mich und schließt den Verschluss. Als er damit fertig ist, tritt er wieder vor mich und streicht mir sachte über meine Kastanienbraunen Haare.
„In diesen ganzen Jahren bist du wahrlich zu einer bezaubernden jungen Frau heran gewachsen. Du bist stark und wirst alles erreichen was du dir vornimmst. Denk immer daran das du alles schaffen kannst wenn du nur an dich glaubst.“ Plötzlich treten mir Tränen in die Augen. Ich habe ein sehr schlechtes Gefühl dabei, denn was er gerade gesagt hat klang mehr nach einem Abschied als nach einer Aufmunterung. Mit erstickter Stimme frage ich ihn deshalb: „Du wirst mich nicht verlassen, oder?“ Hoffnung keimt in mir auf. Er kann einfach nicht weggehen, ich brauche ihn doch!
Sein Gesichtsausdruck wird traurig, doch seine Lippen verziehen sich zu einem aufmunternden Lächeln. „Leider ja. Der Rat meinte, ich sollte wo anders meine Aufträge erfüllen, deswegen werde ich nach London versetzt. Dort brauchen sie mich im Moment mehr als hier, gerade weil du als ein neues Mitglied mich ersetzten kannst.“ Adrien wird bei seinen Ausführungen immer leiser. Ich stehe kurz unter Schock. Das meint er doch nicht ernst, oder? Langsam beginnt mein Verstand zu arbeiten und zu begreifen, was er da eben gesagt hat. Entschlossen nehme ich meine Sachen aus einer kleinen Kommode, stelle mich hinter einen Paravent und ziehe mich um. Innerhalb kürzester Zeit bin ich fertig, flechte meine Haare über meiner linken Schulter zu einem dicken Zopf und schnüre meine Waffen fest. Zuerst meine Wurfmesser, dann meine Giftmesser, meinen Dolch und meine Pistole, am Schluss befestige ich meine versteckte Klinge an meinem Handgelenk. Adrien sieht mir bei allem wortlos zu. Als ich aus der Tür trete fragt er mich dann doch, wohin ich will.
„Ich werde zu unserem Rat gehen und ihm klar machen, dass du hier gebraucht wirst und nicht in London!“, schreie ich fast schon durch die Gänge, wobei der Schrei von den Felswänden wiederhallt. Adrien folgt mir und versucht mich am Arm zu packen und mich aufzuhalten, doch ich weiche geschickt aus und sprinte die Gänge entlang. Adrien ist mir dicht auf den Fersen, doch er holt mich nicht ein. Erst vor einer großen Holztür bleibe ich stehen und reiße sie auf. Ich trete in den Raum und sehen fünf Personen um einen schweren Holztisch herum sitzen, die mich alle überrascht mustern. Der erste der seine Sprache wiederfindet ist ein großer Hüne mit karamellfarbenem Haar und blauen Augen. Er heißt Leon. „Ah Amelie, wie schön dich zu sehen. Heute ist dein großer Tag, nicht wahr? Doch ich hatte erwartet, dass wir uns erst in der Versammlungshalle sehen würden, wie es üblich ist?“ Unmissverständlich hört man heraus, dass er nicht unbedingt so erfreut ist, mich zu sehen wie er es gesagt hat. Ich mag Leon nicht wirklich. Er versucht immer mehr als nett zu mir zu sein, doch ich komme mir immer sehr unbehaglich vor, wenn er in meiner Nähe ist. Ich fühle mich dann immer wie ein Kaninchen das von der Schlange anvisiert wird.
Schnell versuche ich meinen Atem zu beruhigen und noch immer atemlos beginne ich meine Bitte vorzutragen, wobei es mehr nach einem Befehl klingt als nach einer Bitte. „Ihr dürft Adrien nicht weg schicken! Die Bruderschaft braucht ihn hier! Ich brauche ihn hier! Er hat so viel geleistet und nun wollt ihr ihn einfach abschieben? Das dürft ihr nicht!“
Verwundert hebt Leon die Augenbrauen.
„Ach so, darum geht es also.“ Mit einem Blick auf Adrien, der links hinter mir steht, fragt er: „Ich dachte, du wolltest es ihr erst nach der Einführung sagen?“ Ich blicke zu Adrien und dieser senkt ehrfurchtsvoll den Kopf. „Ja, das hatte ich eigentlich vor. Doch ich habe mich verrate und sie fand es sofort heraus. Es tut mir leid, Monsieur.“
Als ich mich wieder Leon zuwende, sehe ich, dass alle anderen Mitglieder des Rates langsam aufstehen und gehen. Wieso lassen sie uns alleine?
Gerade als ich mich verwirrt zu Adrien umdrehen will, um heraus zu finden was hier vor sich geht, merke ich kleine Erschütterungen im Boden, direkt vor mir. Blitzschnell drehe ich mich um und nun stehe ich direkt vor der Schlange. Blitzschnell packt seine Hand mein Kinn und zwingt mich so meinen Kopf zu heben und ihm in die Augen zu sehen.
Langsam beugt er sich vor und flüstert leise in mein Ohr: „Sei lieber vorsichtig wie du mit mir redest. Auch wenn du eine Frau bist, heißt das noch lange nicht, dass du mit den Ratsmitgliedern reden darfst wie mit einer Gruppe ungezogener Jungs. Hast du mich verstanden?“ Der letzte Satz zischt er mir regelrecht ins Ohr. Vorsichtig nicke ich. „Ja ich habe verstanden, Monsieur.“ Ich könnte ihn ohne Mühe umbringen, doch das wäre Hochverrat. Ich hasse es, mich jemandem unterordnen zu müssen, vor allem Männern.
Ruckartig lässt er mein Kinn los, tritt einige Schritte zurück und lächelt mich dabei an.
„Braves Mädchen.“
Ich beiße mir fest auf die Lippen damit ich nicht anfange ihn anzuschreien das ich kein Hund bin, mit dem er so reden kann. Doch noch mal kann ich mir so etwas wie gerade eben nicht leisten. Ich fixiere ihn mit den Augen, beuge meinen Kopf leicht nach unten ohne ihn aus den Augen zu lassen und gehe dann schließlich ohne ein weiteres Wort. Hinter mir höre ich ihn noch „Wir sehen uns bei deiner Einführung“ sagen bevor ich außer mir vor Wut los renne, um möglichst weit weg von diesem Ekel zu kommen, wie nur möglich.
//////
Ich spüre wie ich von jemandem sanft an der Schulter gerüttelt werde. Langsam kommt mein Bewusstsein wieder zurück und ich nehme meine Umgebung in Sekundenbruchteilen war. Es ist meine kleine Kammer in dem Versteck der Assassinen und ich liege in meinem Bett, schweißgebadet. Mist, schon wieder ein Alptraum. Immer wieder träume ich von der Zeit bevor ich hier her kam und immer wieder endet es darin, dass in entweder schreiend oder verschwitzt aufschrecke. Doch heute ist es anders, denn heute ist ein besonderer Tag. Langsam realisiere ich, was heute so besonderes ist. Heute ist meine Prüfung. „Amelie, geht es dir gut?“, höre ich eine Männerstimme besorgt fragen. Erst jetzt bemerke ich, dass ich nicht alleine bin, sondern jemand bei mir ist. Es ist Adrien. Er sieht mich besorgt an und ich nicke kurz und mache eine wegwerfende Handbewegung.
„Ja natürlich, ich hab nur schlecht geschlafen“, wiegle ich schnell ab. Adrien nickt langsam.
„Schon wieder der Tag an dem ich dich hier her brachte?“
„Ja, nur dieses Mal habe ich auch von dem Brand geträumt, in dem meine Eltern gestorben sind.“ Adrien nickt immer noch. „Du bist einfach nur aufgewühlt und aufgeregt wegen heute, mach dir wegen deinen Träumen keine Gedanken. Du wirst die Prüfung locker bestehen und dann wirst du endlich ganz dazu gehören.“
Dankbar für die Aufmunterung lächle ich ihn an. Er hilft mir immer wenn ich gerade schlecht drauf bin oder zu melancholisch werde. Schwungvoll werfe ich meine Beine über den Bettrand und stehe auf. Nur mit meinem Nachthemdchen bekleidet gehe ich zu meinem Schreibtisch und nehme vorsichtig meine Kette in die Hand. Adrien ist der einzige Mann der mich so sehen darf ohne dass ich ihm mein Messer ins Auge steche. Seit meiner Ankunft hier ist er mittlerweile zu so etwas wie einem Ersatzvater für mich geworden, auch wenn er gerade einmal zehn Jahre älter ist als ich. In diesen sieben Jahren hat sich nicht nur er verändert, sondern auch ich. Damals war ich ein kleines, verängstigtes Mädchen, das den Willen hatte zu helfen und die Welt besser zu machen. Heute bin ich eine junge Frau die in allem das Böse sieht und die ihre Ziele etwas zurück genommen hat. Statt jedem zu helfen und die Welt perfekt zu machen, möchte ich heute zumindest das schlimmste Übel aus der Welt schaffen. Und das schlimmste Übel auf dieser Welt sind die Templer. Bei dem Gedanken an diese Bande von abartigen Monstern fangen meine Hände an zu zittern und mir wird es unmöglich die Kette selbst anzulegen. Es ist eine filigran gearbeitete Kette in Weißgold, mit einem kleinen Anhänger daran, auf dem in einander verschlungene Blumenranken zu sehen sind und in der Mitte kann man den Kopf einer einzelnen Rose erkenne. Es ist eine Kette meiner verstorbenen Mutter. Kurz nachdem unser Haus bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, suchten die Assassinen nach einem Hinweis auf den Brandstifter, denn sie gingen keineswegs von einem Unfall aus. Kurze Zeit später fanden sie heraus dass es Templer gewesen waren. Und das einzige Erinnerungsstück das noch übrig war, war diese Kette. Kurz nachdem Adrien mich in den Unterschlupf der Assassinen gebracht hatte, übergab er mir diese Kette. Dabei erzählte er mir, dass meine Eltern beide zu der Bruderschaft gehört hatten und sie deshalb von den Templern umgebracht wurden. Mehr erfuhr ich nicht.
Langsam balle ich meine Hand um die Kette zusammen um meine Wut in den Griff zu bekommen. Erst als ich das wohlbekannte Gesicht von Adrien mit seinen Haselnussbraunen Augen und seinen fast schwarzen, kurzen Haaren sehe, komme ich wieder in der Realität an. Ohne ein Wort zu sagen tritt er auf mich zu, schließt seine Finger um meine Faust und öffnet sie behutsam. Er nimmt die Kette, stellt sich hinter mich und schließt den Verschluss. Als er damit fertig ist, tritt er wieder vor mich und streicht mir sachte über meine Kastanienbraunen Haare.
„In diesen ganzen Jahren bist du wahrlich zu einer bezaubernden jungen Frau heran gewachsen. Du bist stark und wirst alles erreichen was du dir vornimmst. Denk immer daran das du alles schaffen kannst wenn du nur an dich glaubst.“ Plötzlich treten mir Tränen in die Augen. Ich habe ein sehr schlechtes Gefühl dabei, denn was er gerade gesagt hat klang mehr nach einem Abschied als nach einer Aufmunterung. Mit erstickter Stimme frage ich ihn deshalb: „Du wirst mich nicht verlassen, oder?“ Hoffnung keimt in mir auf. Er kann einfach nicht weggehen, ich brauche ihn doch!
Sein Gesichtsausdruck wird traurig, doch seine Lippen verziehen sich zu einem aufmunternden Lächeln. „Leider ja. Der Rat meinte, ich sollte wo anders meine Aufträge erfüllen, deswegen werde ich nach London versetzt. Dort brauchen sie mich im Moment mehr als hier, gerade weil du als ein neues Mitglied mich ersetzten kannst.“ Adrien wird bei seinen Ausführungen immer leiser. Ich stehe kurz unter Schock. Das meint er doch nicht ernst, oder? Langsam beginnt mein Verstand zu arbeiten und zu begreifen, was er da eben gesagt hat. Entschlossen nehme ich meine Sachen aus einer kleinen Kommode, stelle mich hinter einen Paravent und ziehe mich um. Innerhalb kürzester Zeit bin ich fertig, flechte meine Haare über meiner linken Schulter zu einem dicken Zopf und schnüre meine Waffen fest. Zuerst meine Wurfmesser, dann meine Giftmesser, meinen Dolch und meine Pistole, am Schluss befestige ich meine versteckte Klinge an meinem Handgelenk. Adrien sieht mir bei allem wortlos zu. Als ich aus der Tür trete fragt er mich dann doch, wohin ich will.
„Ich werde zu unserem Rat gehen und ihm klar machen, dass du hier gebraucht wirst und nicht in London!“, schreie ich fast schon durch die Gänge, wobei der Schrei von den Felswänden wiederhallt. Adrien folgt mir und versucht mich am Arm zu packen und mich aufzuhalten, doch ich weiche geschickt aus und sprinte die Gänge entlang. Adrien ist mir dicht auf den Fersen, doch er holt mich nicht ein. Erst vor einer großen Holztür bleibe ich stehen und reiße sie auf. Ich trete in den Raum und sehen fünf Personen um einen schweren Holztisch herum sitzen, die mich alle überrascht mustern. Der erste der seine Sprache wiederfindet ist ein großer Hüne mit karamellfarbenem Haar und blauen Augen. Er heißt Leon. „Ah Amelie, wie schön dich zu sehen. Heute ist dein großer Tag, nicht wahr? Doch ich hatte erwartet, dass wir uns erst in der Versammlungshalle sehen würden, wie es üblich ist?“ Unmissverständlich hört man heraus, dass er nicht unbedingt so erfreut ist, mich zu sehen wie er es gesagt hat. Ich mag Leon nicht wirklich. Er versucht immer mehr als nett zu mir zu sein, doch ich komme mir immer sehr unbehaglich vor, wenn er in meiner Nähe ist. Ich fühle mich dann immer wie ein Kaninchen das von der Schlange anvisiert wird.
Schnell versuche ich meinen Atem zu beruhigen und noch immer atemlos beginne ich meine Bitte vorzutragen, wobei es mehr nach einem Befehl klingt als nach einer Bitte. „Ihr dürft Adrien nicht weg schicken! Die Bruderschaft braucht ihn hier! Ich brauche ihn hier! Er hat so viel geleistet und nun wollt ihr ihn einfach abschieben? Das dürft ihr nicht!“
Verwundert hebt Leon die Augenbrauen.
„Ach so, darum geht es also.“ Mit einem Blick auf Adrien, der links hinter mir steht, fragt er: „Ich dachte, du wolltest es ihr erst nach der Einführung sagen?“ Ich blicke zu Adrien und dieser senkt ehrfurchtsvoll den Kopf. „Ja, das hatte ich eigentlich vor. Doch ich habe mich verrate und sie fand es sofort heraus. Es tut mir leid, Monsieur.“
Als ich mich wieder Leon zuwende, sehe ich, dass alle anderen Mitglieder des Rates langsam aufstehen und gehen. Wieso lassen sie uns alleine?
Gerade als ich mich verwirrt zu Adrien umdrehen will, um heraus zu finden was hier vor sich geht, merke ich kleine Erschütterungen im Boden, direkt vor mir. Blitzschnell drehe ich mich um und nun stehe ich direkt vor der Schlange. Blitzschnell packt seine Hand mein Kinn und zwingt mich so meinen Kopf zu heben und ihm in die Augen zu sehen.
Langsam beugt er sich vor und flüstert leise in mein Ohr: „Sei lieber vorsichtig wie du mit mir redest. Auch wenn du eine Frau bist, heißt das noch lange nicht, dass du mit den Ratsmitgliedern reden darfst wie mit einer Gruppe ungezogener Jungs. Hast du mich verstanden?“ Der letzte Satz zischt er mir regelrecht ins Ohr. Vorsichtig nicke ich. „Ja ich habe verstanden, Monsieur.“ Ich könnte ihn ohne Mühe umbringen, doch das wäre Hochverrat. Ich hasse es, mich jemandem unterordnen zu müssen, vor allem Männern.
Ruckartig lässt er mein Kinn los, tritt einige Schritte zurück und lächelt mich dabei an.
„Braves Mädchen.“
Ich beiße mir fest auf die Lippen damit ich nicht anfange ihn anzuschreien das ich kein Hund bin, mit dem er so reden kann. Doch noch mal kann ich mir so etwas wie gerade eben nicht leisten. Ich fixiere ihn mit den Augen, beuge meinen Kopf leicht nach unten ohne ihn aus den Augen zu lassen und gehe dann schließlich ohne ein weiteres Wort. Hinter mir höre ich ihn noch „Wir sehen uns bei deiner Einführung“ sagen bevor ich außer mir vor Wut los renne, um möglichst weit weg von diesem Ekel zu kommen, wie nur möglich.
Dieser Autor möchte Reviews nur von registrierten Nutzern erhalten. Bitte melde dich an, um einen Review für diese Geschichte zu schreiben.