Tom hatte den ganzen Vormittag gut zu tun gehabt und sich seine Mittagspause jetzt redlich verdient. Er wollte zum Pub rübergehen, um dort was zu essen. Wahrscheinlich hatte es sich schon rumgesprochen, dass er zurück war.
Er wollte gerade die Eingangstür zum Pub öffnen, als diese von der anderen Seite geöffnet wurde.
„Tanya… ich meine Miss Burns!“, begrüßte er seine Halbschwester. Sie trug ihre Schwesternuniform.
„Tom… ähm Dr. Callaghan, sie sind zurück?“ Irgendwie wussten beide nicht so recht, wie sie den jeweils anderen ansprechen sollten.
„Es ist gut, dass wir uns treffen. Können wir reden? Ich denke, wir haben einiges zu besprechen.“, meinte Tom, ohne auf ihre Frage einzugehen.
„Sehr gerne.“ Sie sah auf ihre Uhr. „Wie wäre es jetzt? Ich hab noch ein wenig Zeit, bevor mein Dienst beginnt.“, fragte Tanya, die froh war, dass Tom auf sie zukam.
„Okay, gehen wir da rüber?“, fragte Tom und deutete zum Pavillon gegenüber dem Pub. Tanya nickte und so gingen sie nebeneinander her zum Pavillon. Als sich beide gesetzt hatten, herrschte erst mal Schweigen.
„Ich…“, begannen plötzlich beide gleichzeitig und mussten lachen.
„Du zuerst.“, ließ Tom seiner Schwester den Vortritt und ging automatisch zum Du über.
„Ich möchte mich entschuldigen. Der Zeitpunkt meines Auftauchens und meiner Offenbarung hätte nicht unglücklicher sein können.“, begann Tanya.
„Dafür konntest du nichts. Du konntest ja nicht ahnen, dass während deines Aufenthaltes einer meiner besten Freunde sterben würde. Ich muss mich aber auch entschuldigen. Dass ich dir unterstellt habe, nur auf Geld aus zu sein, tut mir sehr leid.“, entschuldigte sich Tom.
„Schon okay, ich hätte wahrscheinlich ähnlich reagiert. Ist es eigentlich okay für dich, dass ich jetzt hier in Coopers Crossing lebe und arbeite?“, wollte Tanya wissen.
„Das ist einfach großartig. Die beste Gelegenheit, uns näher kennen zu lernen.“, sagte Tom und lächelte sie an. Tanya seufzte erleichtert auf.
Schweigen breitete sich aus. Tanya sah irgendwann auf ihre Uhr.
„Mein Dienst im Krankenhaus beginnt gleich, ich sollte langsam mal rüber gehen.“, meinte sie und erhob sich.
„Ja, ich sollte auch zurück gehen.“, antwortete Tom und erhob sich ebenfalls. Nebeneinander her gingen sie zum Krankenhaus. Sein Mittagessen hatte Tom völlig vergessen.

Inzwischen waren einige Tage vergangen. Tom hatte sich ganz gut wieder in Coopers Crossing eingelebt. Die Bevölkerung hatte ihn wieder sehr gut aufgenommen, worüber Tom natürlich sehr froh war. Er hatte das Gefühl, das Richtige mit seiner Rückkehr getan zu haben.
Er hatte Tanya an einem Abend zum Essen eingeladen, wo sie sehr lange geredet hatten. Sie hatte ihm von ihrer Mutter erzählt, im Gegenzug erzählte er von ihrem gemeinsamen Vater, den sie ja nie kennengelernt hatte. Er hatte ihr Fotos gezeigt. Insgesamt war es ein sehr emotionaler Abend gewesen, an dem sie sich sehr angenähert hatten.
Mit ihr zusammen zu arbeiten, war sehr angenehm. Sie war eine gute Krankenschwester, egal ob im Krankenhaus oder während der Kliniktouren. Die Patienten mochten sie.
Außer Kelly hatte bisher noch niemand gewusst, das Tanya die Halbschwester von Tom war. Weil Tom und Tanya immer häufiger zusammen gesehen wurden, kamen erste Gerüchte über eine Affäre auf. So war Tom nichts anderes übrig geblieben, als zu erzählen, dass Tanya seine Schwester war.
Mit der Zentrale in Sydney hatte er abgesprochen, dass er erst nach ein paar Wochen wieder als Chefarzt eingesetzt wurde. Er wollte nicht sofort wieder die volle Verantwortung übernehmen.
Dann war da Kelly. Auf beruflicher Ebene verstanden sie sich gut. Sie arbeiteten zusammen wie immer, als wäre er nie weg gewesen. Privat sah es da ganz anders aus. Sie gingen zwar freundlich miteinander um, aber mehr war da nicht.
Tom war klar, dass er nicht einfach da weiter machen konnte, wo sie vor einigen Monaten aufgehört hatten, auch wenn ihre Beziehung offiziell nie beendet wurde. Er hatte Kelly sehr verletzt, das war ihm klar, aber er hatte die Hoffnung, dass er sie irgendwie zurück gewinnen könnte.