4 - Flying Doctors - Tage wie diese...
von mops1980
Kurzbeschreibung
Es gibt so Tage, da sollte man lieber im Bett bleiben. Dr. Tom Callaghan erlebt einen dieser Tage mit ungeahnten Folgen.
GeschichteAllgemein / P12 / Gen
Dr. Chris Randall
Dr. Tom Callaghan
OC (Own Character)
16.10.2014
22.10.2014
11
14.153
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Dieses Kapitel
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16.10.2014
1.610
„Was für ein Tag“, seufzte Kelly, als sie zusammen mit Tom die Zentrale verließ.
Sie hatten heute gemeinsam Dienst im Krankenhaus gehabt. „Das kannst du laut sagen“, erwiderte Tom ebenfalls seufzend.
„Hast du Lust, den Tag mit einem Essen bei mir ausklingen zu lassen? Wir könnten eine Flasche Wein öffnen“, fragte Kelly.
„Hört sich gut an. An was hast du gedacht?“
„Mal schauen, was meine Gefriertruhe hergibt. Lass dich überraschen. Um sieben bei mir?“
Tom sah auf seine Uhr.
„Okay, aber ich bring’ den Wein mit.“
„Abgemacht. Bis gleich“, sagte Kelly begeistert.
Sie stieg auf ihr Fahrrad und fuhr davon. Tom sah ihr noch einen Augenblick nach und stieg dann gut gelaunt in seinen Wagen.
Als Kelly zu Hause ankam, schaute sie geradewegs in ihre Gefriertruhe. Sie hatte Lust auf was Deftiges.
„Ah, da sind ja noch Lammkoteletts und eine Stange Baguette“, murmelte sie vor sich hin.
Schnell legte sie die Tüte mit dem Fleisch zum Auftauen in die Mikrowelle, ging ins Schlafzimmer und zog sich eine bequeme Bluejeans und ein rotes Poloshirt an.
Sie ging zu ihrem Vorratsschrank und überlegte, was sie als Beilage machen wollte. Dort fand sie frische Tomaten und frische Maiskolben.
„Ja, Lamb-Chops mit Tomaten und Mais. Dazu das Baguette. Das hört sich doch gut an.“
Zufrieden ging sie zum Herd und fing mit der Zubereitung des Essens an.
Gerade, als sie die Koteletts in die Pfanne gelegt hatte, klopfte es.
„Komm rein, die Tür ist offen“, rief Kelly.
„Hallo, das riecht aber gut“, sagte Tom, als er die Küche betrat.
„Ich hoffe, du magst Lamb-Chops mit Mais und Tomaten“, erwiderte sie.
„Klingt lecker. Dann hab' ich ja den richtigen Wein ausgesucht. Einen Shiraz aus dem Barossa Valley.“
Tom stellte die Weinflasche auf den Tisch.
„Kann ich dir noch irgendwie helfen“, fragte Tom.
„Das Essen ist sofort fertig, aber du könntest den Tisch decken“, sagte Kelly, als sie die Koteletts umdrehte.
„Kelly, wir können den Wein nicht trinken“, meinte Tom.
Er hatte den Tisch gedeckt und hielt jetzt die Weinflasche in der Hand. Kelly hatte gerade das Baguette aus dem Ofen genommen und richtete das Essen auf den Tellern an.
„Warum nicht?“, fragte sie gespielt schockiert.
„Na ja, ich finde nirgends einen Korkenzieher.“, antwortete er grinsend. Kelly lachte.
„Sag’ das doch gleich.“ Sie griff in eine Schublade und reichte ihm den Korkenzieher. „Nimm doch einfach den hier.“
Im selben Moment, als sich die Flasche mit einem lauten Plop öffnete, sagte sie: „Es ist angerichtet.“
„War ein harter Tag heute, oder?“, fragte Kelly und nahm einen Schluck Wein.
Sie hatten aufgegessen und sich auf die hintere Veranda gesetzt.
„Ja, das war es. Mrs. Lanford hat mir den letzten Verstand geraubt heute.“
Beim Gedanken an Mrs. Lanford musste Kelly grinsen.
„Das glaub' ich dir aufs Wort. Sie scheint ein wenig verliebt in dich zu sein, so oft wie sie nach dir geklingelt hat heute.“
Tom setzte eine Leidensmiene auf. „Erinnere’ mich nicht daran. Zu allem Überfluss wurde dann auch noch mein absoluter ‚Lieblingspatient’ eingeliefert.“
„Du meinst Jason.“
„Der Kandidat hat einhundert Punkte.“
„Aber eigentlich magst du Jason, oder nicht?“
„Schuldig im Sinne der Anklage. Er ist ein neunjähriger Rabauke, der einen wirklich um den Verstand bringen kann, aber er ist auf seine Art und Weise ein lieber kleiner Kerl“, sagte Tom lächelnd.
„Ja, ihr beiden könnt nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander.“, stimmte Kelly ihm grinsend zu.
„Sag mal Kelly, ich wollte dich schon immer mal was fragen.“, wechselte Tom plötzlich das Thema.
„Ja, dann frag’ doch mal.“
Sie war von dem plötzlichen Themenwechsel ein wenig überrascht.
„Wie gefällt es dir hier in Coopers Crossing? Du bist ja jetzt schon eine Weile hier.“
„Sehr gut. Ich möchte hier nicht wieder weg.“, antwortete Kelly.
„Schön zu hören. Aber dein alter Job hat dir doch auch gefallen, oder nicht?“
„Ja sicher, aber nicht so gut wie dieser. Hier ist der menschliche Kontakt einfach besser. Auf der Gynäkologie im Royal Central Hospital hatte man keine Zeit, sich mit den persönlichen Angelegenheiten der Patientinnen zu beschäftigen.“, erklärte Kelly.
„Ja, deswegen bin ich auch nach Coopers Crossing gekommen. Bevor ich hierher kam, war ich Assistenzarzt im Community Medical Center in Melbourne. Aber die Patienten waren dort auch nur eine Nummer. Und das gefiel mir überhaupt nicht.“, erwiderte Tom. „Ich bewarb mich auf eine Anzeige im Ärzteblatt und jetzt bin ich hier.“
„Und, bereust du es?“; fragte Kelly interessiert.
„Nein, auch wenn ich es am Anfang nicht einfach hatte. Der alte Harry Sinclair war eine lebende Legende. Besonders schwierig wurde es für mich schon bei meinem ersten Einsatz. Der kleine Peter Hennessy starb unter meinen Händen und man gab mir die Schuld. Er hatte einen Milzriss, den ich zu spät erkannt hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Leute mich angefeindet haben. Die einzigen, die hinter mir standen, waren die Kollegen vom Service und Jean, Peters Mutter. Am schlimmsten war aber George Baxter.“, sagte Tom nachdenklich.
„Ja, George Baxter ist nicht einfach“, bestätigte Kelly. „Was hat er denn gesagt?“
„Er bezeichnete mich als unerfahrenen, jungen Medikus, der von seinem Fach nichts versteht. Ich war drauf und dran, Coopers Crossing wieder zu verlassen, aber dann wurde Jean Hennessy schwanger. Es war eine Risikoschwangerschaft, weil sie nicht mehr die jüngste war, aber sie wollte das Kind unbedingt austragen. Sie meinte, dass sie so am besten über den Tod von Peter hinwegkommen würde. Ich hatte das Gefühl, ich müsste etwas bei ihr gut machen und blieb. Die Geburt ihrer Tochter Elisabeth war mit Komplikationen verbunden. Aber beide überlebten. Ein paar Tage nach der Geburt erlitt Jean allerdings eine Lungenembolie und starb. Ich konnte sie nicht retten.“, fuhr Tom bedrückt fort.
Dieser Fall ging ihm immer noch sehr nahe.
„Ich merke schon, du hast es hier nicht einfach gehabt“, erwiderte Kelly.
„In der Zwischenzeit hatte Harry es irgendwie geschafft, mich zu rehabilitieren. Harry litt an Angina pectoris, deshalb wollte er mich unbedingt als seinen Nachfolger. Er verließ Coopers Crossing und Chris kam dann als Verstärkung. Das war vor zwei Jahren.“, erzählte er weiter.
„Wo ist Dr. Sinclair hingegangen?“, erkundigte Kelly sich.
„Er hat sich ein Haus an der Westküste in Fremantle gekauft.“, antwortete Tom.
„Hast du noch Kontakt mit ihm?“
„Ja, wir telefonieren manchmal, aber seit seinem Weggang ist er nicht mehr in Coopers Crossing gewesen.“
„Ich würde ihn sehr gerne mal kennen lernen. Ich hab schon einiges von ihm gehört.“, sagte Kelly.
„Vielleicht hast du ja irgendwann mal die Gelegenheit.“
Schweigen breitete sich aus. Außer den Outback-Geräuschen war nichts zu hören.
Kelly sprach schließlich in die Stille.
„Ich hab schon lange nichts mehr von deiner Mutter gehört. Wie geht es ihr?“
„Oh, es könnte ihr nicht besser gehen. Sie betreut jetzt regelmäßig Kinder und ihre Familien auf der Kinderkrebsstation. Das scheint irgendwie zu ihrer Lebensaufgabe geworden zu sein.“, sagte Tom gedankenvoll.
„Das klingt so, als wenn dich das beunruhigt.“
„Na ja, ich hab Angst, dass es alles zu viel für sie wird.“
„Nein, das glaube ich nicht. Ich finde das gut.“
„Ich soll dich übrigens grüßen.“
„Danke.“ Kelly lächelte beim Gedanken an Sarah. Sie hatte sie vom ersten Moment an in ihr Herz geschlossen.
Die Weinflasche war inzwischen leer.
„Möchtest du noch einen Kaffee?“, fragte Kelly.
„Nein danke. Wie spät ist es eigentlich?“
Tom sah auf seine Armbanduhr.
„Oh, schon halb elf. Ich mach’ mich jetzt besser auf den Heimweg. Wir haben morgen eine lange Tour vor uns.“, sagte er.
„Ja, das stimmt allerdings.“
Tom stand auf. Kelly begleitete ihn zur Tür.
„Okay, danke für das super Essen. Es war ein schöner Abend. Wir sehen uns morgen“, verabschiedete er sich.
„Ja, bis morgen.“
Tom hauchte ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und ging zur Tür hinaus. Kelly blieb noch in der Tür stehen und sah Tom gedankenverloren nach, der mit seinem Fahrrad davon fuhr. Ihre Hand tastete an die Stelle, wo Tom sie kurz vorher geküsst hatte. Langsam drehte sie sich um und ging zurück ins Haus.
Fröhlich vor sich hin summend schloss Tom die Tür zu seinem Haus auf. Im Wohnzimmer brannte noch Licht. Er ging hinein und sah Sam auf der Couch sitzen.
„Nanu, du bist noch wach?“
„Ja, ich wollte mit dir reden.“
Tom sah ihn überrascht an. „Okay, was gibt’s?“
„Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll.“
Tom setzte sich Sam gegenüber in den Sessel und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
„Na komm’ schon, so schlimm wird’s wohl nicht sein. Also los, raus mit der Sprache.“
„Ich ziehe aus“, sagte Sam schnell.
„Wie, du ziehst aus“, fragte Tom überrascht.
„Na ja, als ich vor einem Jahr hier eingezogen bin, hatten wir ja von Anfang an gesagt, dass es nur vorübergehend ist.“
„Ja stimmt, aber es kommt jetzt doch ein bisschen plötzlich“, erwiderte Tom langsam.
„Das weiß ich“, sagte Sam leise.
„Und, wo wirst du wohnen?“
„Im alten Haus der Roberts. Sie haben es mir günstig verkauft“, erklärte der Pilot.
„Na ja, wenigstens brauch ich dann nicht mehr diese laute Rockmusik ertragen“, sagte Tom mit einem Grinsen im Gesicht.
„Und, wann wirst du umziehen?“, fragte der Arzt jetzt.
„Ich denke irgendwann nächste Woche.“
„Sag auf jeden Fall Bescheid, damit ich dir helfen kann.“
„Na klar, mach ich.“
„Jetzt wird’s Zeit, dass ich ins Bett komme. Ich bin hundemüde“, sagte Tom gähnend und stand auf.
„Ja, für mich wird’s auch Zeit. Gute Nacht.“
„Gute Nacht, Sam.“
„Ach Tom“, sagte Sam.
Tom drehte sich noch mal um. „Ja?“
„Bevor ich es vergesse. Ich fahre morgen ziemlich früh zum Flugplatz, weil ich noch etwas an der Nomad machen muss. Du müsstest also alleine fahren“, sagte er.
„Kein Problem“, gab Tom ihm als Antwort und verschwand dann gähnend in seinem Schlafzimmer.
Sie hatten heute gemeinsam Dienst im Krankenhaus gehabt. „Das kannst du laut sagen“, erwiderte Tom ebenfalls seufzend.
„Hast du Lust, den Tag mit einem Essen bei mir ausklingen zu lassen? Wir könnten eine Flasche Wein öffnen“, fragte Kelly.
„Hört sich gut an. An was hast du gedacht?“
„Mal schauen, was meine Gefriertruhe hergibt. Lass dich überraschen. Um sieben bei mir?“
Tom sah auf seine Uhr.
„Okay, aber ich bring’ den Wein mit.“
„Abgemacht. Bis gleich“, sagte Kelly begeistert.
Sie stieg auf ihr Fahrrad und fuhr davon. Tom sah ihr noch einen Augenblick nach und stieg dann gut gelaunt in seinen Wagen.
Als Kelly zu Hause ankam, schaute sie geradewegs in ihre Gefriertruhe. Sie hatte Lust auf was Deftiges.
„Ah, da sind ja noch Lammkoteletts und eine Stange Baguette“, murmelte sie vor sich hin.
Schnell legte sie die Tüte mit dem Fleisch zum Auftauen in die Mikrowelle, ging ins Schlafzimmer und zog sich eine bequeme Bluejeans und ein rotes Poloshirt an.
Sie ging zu ihrem Vorratsschrank und überlegte, was sie als Beilage machen wollte. Dort fand sie frische Tomaten und frische Maiskolben.
„Ja, Lamb-Chops mit Tomaten und Mais. Dazu das Baguette. Das hört sich doch gut an.“
Zufrieden ging sie zum Herd und fing mit der Zubereitung des Essens an.
Gerade, als sie die Koteletts in die Pfanne gelegt hatte, klopfte es.
„Komm rein, die Tür ist offen“, rief Kelly.
„Hallo, das riecht aber gut“, sagte Tom, als er die Küche betrat.
„Ich hoffe, du magst Lamb-Chops mit Mais und Tomaten“, erwiderte sie.
„Klingt lecker. Dann hab' ich ja den richtigen Wein ausgesucht. Einen Shiraz aus dem Barossa Valley.“
Tom stellte die Weinflasche auf den Tisch.
„Kann ich dir noch irgendwie helfen“, fragte Tom.
„Das Essen ist sofort fertig, aber du könntest den Tisch decken“, sagte Kelly, als sie die Koteletts umdrehte.
„Kelly, wir können den Wein nicht trinken“, meinte Tom.
Er hatte den Tisch gedeckt und hielt jetzt die Weinflasche in der Hand. Kelly hatte gerade das Baguette aus dem Ofen genommen und richtete das Essen auf den Tellern an.
„Warum nicht?“, fragte sie gespielt schockiert.
„Na ja, ich finde nirgends einen Korkenzieher.“, antwortete er grinsend. Kelly lachte.
„Sag’ das doch gleich.“ Sie griff in eine Schublade und reichte ihm den Korkenzieher. „Nimm doch einfach den hier.“
Im selben Moment, als sich die Flasche mit einem lauten Plop öffnete, sagte sie: „Es ist angerichtet.“
„War ein harter Tag heute, oder?“, fragte Kelly und nahm einen Schluck Wein.
Sie hatten aufgegessen und sich auf die hintere Veranda gesetzt.
„Ja, das war es. Mrs. Lanford hat mir den letzten Verstand geraubt heute.“
Beim Gedanken an Mrs. Lanford musste Kelly grinsen.
„Das glaub' ich dir aufs Wort. Sie scheint ein wenig verliebt in dich zu sein, so oft wie sie nach dir geklingelt hat heute.“
Tom setzte eine Leidensmiene auf. „Erinnere’ mich nicht daran. Zu allem Überfluss wurde dann auch noch mein absoluter ‚Lieblingspatient’ eingeliefert.“
„Du meinst Jason.“
„Der Kandidat hat einhundert Punkte.“
„Aber eigentlich magst du Jason, oder nicht?“
„Schuldig im Sinne der Anklage. Er ist ein neunjähriger Rabauke, der einen wirklich um den Verstand bringen kann, aber er ist auf seine Art und Weise ein lieber kleiner Kerl“, sagte Tom lächelnd.
„Ja, ihr beiden könnt nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander.“, stimmte Kelly ihm grinsend zu.
„Sag mal Kelly, ich wollte dich schon immer mal was fragen.“, wechselte Tom plötzlich das Thema.
„Ja, dann frag’ doch mal.“
Sie war von dem plötzlichen Themenwechsel ein wenig überrascht.
„Wie gefällt es dir hier in Coopers Crossing? Du bist ja jetzt schon eine Weile hier.“
„Sehr gut. Ich möchte hier nicht wieder weg.“, antwortete Kelly.
„Schön zu hören. Aber dein alter Job hat dir doch auch gefallen, oder nicht?“
„Ja sicher, aber nicht so gut wie dieser. Hier ist der menschliche Kontakt einfach besser. Auf der Gynäkologie im Royal Central Hospital hatte man keine Zeit, sich mit den persönlichen Angelegenheiten der Patientinnen zu beschäftigen.“, erklärte Kelly.
„Ja, deswegen bin ich auch nach Coopers Crossing gekommen. Bevor ich hierher kam, war ich Assistenzarzt im Community Medical Center in Melbourne. Aber die Patienten waren dort auch nur eine Nummer. Und das gefiel mir überhaupt nicht.“, erwiderte Tom. „Ich bewarb mich auf eine Anzeige im Ärzteblatt und jetzt bin ich hier.“
„Und, bereust du es?“; fragte Kelly interessiert.
„Nein, auch wenn ich es am Anfang nicht einfach hatte. Der alte Harry Sinclair war eine lebende Legende. Besonders schwierig wurde es für mich schon bei meinem ersten Einsatz. Der kleine Peter Hennessy starb unter meinen Händen und man gab mir die Schuld. Er hatte einen Milzriss, den ich zu spät erkannt hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die Leute mich angefeindet haben. Die einzigen, die hinter mir standen, waren die Kollegen vom Service und Jean, Peters Mutter. Am schlimmsten war aber George Baxter.“, sagte Tom nachdenklich.
„Ja, George Baxter ist nicht einfach“, bestätigte Kelly. „Was hat er denn gesagt?“
„Er bezeichnete mich als unerfahrenen, jungen Medikus, der von seinem Fach nichts versteht. Ich war drauf und dran, Coopers Crossing wieder zu verlassen, aber dann wurde Jean Hennessy schwanger. Es war eine Risikoschwangerschaft, weil sie nicht mehr die jüngste war, aber sie wollte das Kind unbedingt austragen. Sie meinte, dass sie so am besten über den Tod von Peter hinwegkommen würde. Ich hatte das Gefühl, ich müsste etwas bei ihr gut machen und blieb. Die Geburt ihrer Tochter Elisabeth war mit Komplikationen verbunden. Aber beide überlebten. Ein paar Tage nach der Geburt erlitt Jean allerdings eine Lungenembolie und starb. Ich konnte sie nicht retten.“, fuhr Tom bedrückt fort.
Dieser Fall ging ihm immer noch sehr nahe.
„Ich merke schon, du hast es hier nicht einfach gehabt“, erwiderte Kelly.
„In der Zwischenzeit hatte Harry es irgendwie geschafft, mich zu rehabilitieren. Harry litt an Angina pectoris, deshalb wollte er mich unbedingt als seinen Nachfolger. Er verließ Coopers Crossing und Chris kam dann als Verstärkung. Das war vor zwei Jahren.“, erzählte er weiter.
„Wo ist Dr. Sinclair hingegangen?“, erkundigte Kelly sich.
„Er hat sich ein Haus an der Westküste in Fremantle gekauft.“, antwortete Tom.
„Hast du noch Kontakt mit ihm?“
„Ja, wir telefonieren manchmal, aber seit seinem Weggang ist er nicht mehr in Coopers Crossing gewesen.“
„Ich würde ihn sehr gerne mal kennen lernen. Ich hab schon einiges von ihm gehört.“, sagte Kelly.
„Vielleicht hast du ja irgendwann mal die Gelegenheit.“
Schweigen breitete sich aus. Außer den Outback-Geräuschen war nichts zu hören.
Kelly sprach schließlich in die Stille.
„Ich hab schon lange nichts mehr von deiner Mutter gehört. Wie geht es ihr?“
„Oh, es könnte ihr nicht besser gehen. Sie betreut jetzt regelmäßig Kinder und ihre Familien auf der Kinderkrebsstation. Das scheint irgendwie zu ihrer Lebensaufgabe geworden zu sein.“, sagte Tom gedankenvoll.
„Das klingt so, als wenn dich das beunruhigt.“
„Na ja, ich hab Angst, dass es alles zu viel für sie wird.“
„Nein, das glaube ich nicht. Ich finde das gut.“
„Ich soll dich übrigens grüßen.“
„Danke.“ Kelly lächelte beim Gedanken an Sarah. Sie hatte sie vom ersten Moment an in ihr Herz geschlossen.
Die Weinflasche war inzwischen leer.
„Möchtest du noch einen Kaffee?“, fragte Kelly.
„Nein danke. Wie spät ist es eigentlich?“
Tom sah auf seine Armbanduhr.
„Oh, schon halb elf. Ich mach’ mich jetzt besser auf den Heimweg. Wir haben morgen eine lange Tour vor uns.“, sagte er.
„Ja, das stimmt allerdings.“
Tom stand auf. Kelly begleitete ihn zur Tür.
„Okay, danke für das super Essen. Es war ein schöner Abend. Wir sehen uns morgen“, verabschiedete er sich.
„Ja, bis morgen.“
Tom hauchte ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange und ging zur Tür hinaus. Kelly blieb noch in der Tür stehen und sah Tom gedankenverloren nach, der mit seinem Fahrrad davon fuhr. Ihre Hand tastete an die Stelle, wo Tom sie kurz vorher geküsst hatte. Langsam drehte sie sich um und ging zurück ins Haus.
Fröhlich vor sich hin summend schloss Tom die Tür zu seinem Haus auf. Im Wohnzimmer brannte noch Licht. Er ging hinein und sah Sam auf der Couch sitzen.
„Nanu, du bist noch wach?“
„Ja, ich wollte mit dir reden.“
Tom sah ihn überrascht an. „Okay, was gibt’s?“
„Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll.“
Tom setzte sich Sam gegenüber in den Sessel und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
„Na komm’ schon, so schlimm wird’s wohl nicht sein. Also los, raus mit der Sprache.“
„Ich ziehe aus“, sagte Sam schnell.
„Wie, du ziehst aus“, fragte Tom überrascht.
„Na ja, als ich vor einem Jahr hier eingezogen bin, hatten wir ja von Anfang an gesagt, dass es nur vorübergehend ist.“
„Ja stimmt, aber es kommt jetzt doch ein bisschen plötzlich“, erwiderte Tom langsam.
„Das weiß ich“, sagte Sam leise.
„Und, wo wirst du wohnen?“
„Im alten Haus der Roberts. Sie haben es mir günstig verkauft“, erklärte der Pilot.
„Na ja, wenigstens brauch ich dann nicht mehr diese laute Rockmusik ertragen“, sagte Tom mit einem Grinsen im Gesicht.
„Und, wann wirst du umziehen?“, fragte der Arzt jetzt.
„Ich denke irgendwann nächste Woche.“
„Sag auf jeden Fall Bescheid, damit ich dir helfen kann.“
„Na klar, mach ich.“
„Jetzt wird’s Zeit, dass ich ins Bett komme. Ich bin hundemüde“, sagte Tom gähnend und stand auf.
„Ja, für mich wird’s auch Zeit. Gute Nacht.“
„Gute Nacht, Sam.“
„Ach Tom“, sagte Sam.
Tom drehte sich noch mal um. „Ja?“
„Bevor ich es vergesse. Ich fahre morgen ziemlich früh zum Flugplatz, weil ich noch etwas an der Nomad machen muss. Du müsstest also alleine fahren“, sagte er.
„Kein Problem“, gab Tom ihm als Antwort und verschwand dann gähnend in seinem Schlafzimmer.