The Flying Doctors- Neuanfang
von Siri Tachi
Kurzbeschreibung
Sam hatte Cooper's Crossing vor 4 Jahren mit Emma zusammen verlassen, kehrt nun aber nach einem schweren Schicksalsschlag zurück. Allerdings ist er nicht überzeugt davon, hier zu finden was er seit her verloren hat, ein zu Hause. Kate und Geoff stehen vor der Frage, ob sie die Familie vergrößern wollen, oder ein Kind und die Arbeit genug sind. Hinzu kommt, die Suche nach einer neuen Schwester gestaltet sich problematisch. Dann hat Kate eine Idee, sie fragt Caileah eine junge Frau, die im Busch aufwuchs und später dorthin zurückkehrte. Skeptisch willigt Caileah am Ende ein, keiner ahnt welche Folgen das haben wird und Kate gesteht Geoff schließlich, dass sie ihm etwas entscheidendes verschwiegen hat.
GeschichteDrama, Familie / P18 / Gen
26.09.2014
29.11.2014
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26.09.2014
4.021
Neuanfang!?
4. Das Fieber – Allein im Busch I
Sie stand vor dem mit einer Matte und einem Laken, als Behandlungstisch hergerichteten Tisch und die Frau vor ihr, setzte ihr vielleicht vierjähriges Kind vor ihr ab. Sie lächelte dem Jungen zu und schaute auf zur Mutter. „Zu welcher Impfung kommst denn du?“ Fragte sie den Kleinen ruhig und nahm ihr Klemmbrett in die Hand.
„Zu keiner!“ Entgegnete die Mutter nahezu entsetzt und legte ihrem Jungen schützend eine Hand auf den Arm.
Verwundert über den Ton der Mutter sah Leah die Frau an und nickte rasch. „Okay. Also... warum sind Sie dann hier?“ Fragte sie ruhig und nahm den blauen Stift in die Hand. „Routinemäßige Nachuntersuchung? Brauchen Sie ein Medikament?“
„Er ist krank. Er hat Fieber, diese roten Stellen und....“
Leah nickte und sah den Jungen vor sich wieder an. „Wie heißt du denn?“
„Nicki,“ sagte der Kleine. Sie nickte. „Okay, Nicki, tut dir was weh?“
Der Kleine schüttelte den Kopf. „Es juckt.“
„Ich habe doch gesagt, was ihm fehlt.... jetzt... tuen Sie schon was!“
„Ich bin doch dabei, ihn zu untersuchen,“ entgegnete Leah und nahm den Arm des Kleinen in die Hand, sie schob den Ärmel höher und betrachtete den kleinflächigen Ausschlag. Für sich genommen sah es aus wie ein Ekzem und war nicht bedenklich, das Fieber aber warf Fragen auf. Sie runzelte die Stirn und sah zurück zu der inzwischen irgendwie unverhältnismäßig panischen Mutter. „Hat er womöglich nur eine Erkältung? Ich meine... diese Stelle, das sieht aus wie ein harmloser Ausschlag und....“
„WO ist ein Arzt?!“ Rief die Mutter aufgebracht und Leah wich im ersten Moment erschrocken zurück, bis sie bemerkte das er Ausbruch der Mutter auch den Jungen erschrocken hatte und rasch strich sie dem Kind über das Haar. „Ist ja gut, die Momy macht sich nur Sorgen, mmh?“
„Ich... sagen Sie Kleine, sind Sie überhaupt Schwester, oder.... Ich will jetzt sofort....“
„He! Alles in Ordnung hier?“
Leah schaute nach rechts und nickte Sam zu. „Ich denke,“ sagte sie leise und schaute die Mutter ernst an. „Hören Sie, Dr. Standish wird ihnen da auch nichts anderes sagen. Ich gebe Ihnen etwas zum Fieber stillen mit und dann kommen Sie morgen wieder, wenn Sie unsicher sind.“
„Das.... wenn ihm was passiert dann....“
Sie seufzte und musterte den recht fitten kleinen Jungen vor sich und lächelte ihm zu. „Sag mal Nicki, hast du noch mehr wo es juckt?“ Fragte sie ruhig. Der Junge schüttelte den Kopf und sie musterte den Ausschlag noch einmal. „Hast du irgendetwas... angefasst, was du nicht durftest? Eine... Pflanze?“
Der kleine Junge schüttelte ertappt den Kopf und sah hinunter, während seine Mutter ihn entsetzt ansah. Leah blickte zu ihr auf und trat auf die Mutter zu. „Ich denke... ich hab da eine Idee, lassen Sie uns kurz alleine?“
„Kurz,“ brummte sie. Leah nickte.
Wieder vor dem Jungen hob sie seinen Kopf an und suchte seinen Blick. „Nicki, willst du das, das jucken aufhört?“
„Ja, ist ganz blöd,“ beschwerte sich der Kleine verzog das Gesicht, während er sich kratzte. Leah hielt seine Hand fest und behielt ihn genau im Blick. „Ja, weißt du,“ begann sie und zuckte die Achseln. „Also, ich würde dir ja gerne helfen. Aber wenn ich nicht weiß, was du gemacht hast, dann... kann ich dir fürchte ich nicht helfen.“
Zwei Minuten später winkte Leah die Mutter näher, schmierte etwas Hydrocutan Creme auf den Ausschlag und wickelte eine Mullbinde drumherum. Beruhigend schaute sie die Mutter an. „Er hat Erdbeeren und ihr rotes Mus gegessen, das auch nach Erdbeeren schmeckt. Ich habe ihm Antihistamin gespritzt und den Arm eingecremt. Das Hydrocutan bekommen Sie gleich mit und können es drei bis viermal am Tag auf den Ausschlag schmieren. Und Nicki hat Versprochen nicht wieder Erdbeeren zu klauen.“
Die Mutter nickte dankbar und setzte sich auf den Stuhl neben ihren Jungen. „Es... es tut mir Leid aber... aber in der Nachbarschaft gibt es angeblich Masern, oder Röteln und... und er hat nach den Impfungen nie Antikörper gebildet, ich... ich dachte....“
Leah nickte beruhigend, spürte innerlich jedoch die steigende Anspannung und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Sind... sind Sie sicher?“ Fragte sie. Die Frau nickte. „Schwester Joy war vor zwei Tagen da und hat uns gewarnt die Kinder nicht raus zu lassen, weil einige Kinder der Umgebung krank seien, juckender Ausschlag und Fieber.“
Skeptisch schaute sie den Jungen nun an. Sie war sich eigentlich wirklich sicher, anderseits.... „Er... ist zwar erkältet, aber ich... warten Sie,“ bat sie und lief eilig hinüber ins Zelt, wo Geoff mit der Gynäkologischen Sprechstunde beschäftigt war. „Entschuldigen Sie bitte Miss,“ begann sie und wandte sich dem Arzt zu, „Geoff? Ich brauch dich mal.“
x.x.x.x.x.
Da sie den ganzen Morgen und den Vortag bereits alleine mit den Impfungen und kleineren Querelen verbracht hatte, wunderte es ihn, das sie jetzt, noch dazu so unvermittelt im Zelteingang stand und ihn mit dieser fast angestrengt neutralen Miene musterte. In all den Wochen, in denen sie jetzt schon zusammen arbeiteten, immerhin inzwischen sieben Monate, hatte sie selten um Hilfe gebeten und noch nie hatte sie besorgt geklungen. Nicht mal, als sie alleine mit Kate im Busch gewesen war und bei seiner Frau die Wehen eingesetzt hatten. Er unterdrückte ein Schmunzeln, beim Gedanken an seinen kleinen Spross.
Vor dem Zelt sah er sie wachsam an und wurde sich klar auch so Ernst hatte er sie noch nicht gesehen. Er wusste einfach, das etwas nicht stimmte. Er musterte Leah noch aufmerksam. „Würdest du dir bitte mal einen Hautauschlag bei einem vierjährigen ansehen. Ich... ich dachte ja an Allergie und Erkältung, weil er Fieber hat und verschleimt ist, ach ja und er aß Erdbeeren, worauf er Allergisch ist, aber....“
„Na, dann ist doch alles klar, geb ihm....“
„Dachte ich auch, aber die Mutter war schon die ganze Zeit so besorgt fast panisch und dann hat sie eben erzählt, das Nachbarn und vor zwei Tagen auch Schwester Joy gewarnt hätten, das einige Kinder in der Mission und der Nachbarn Ausschlag mit Fieber hätten, einige reden von Masern, andere von Röteln und... Nicki, mein Patient, er... er hat nach den Impfungen keine Immunität aufgebaut.“
Wann lernen die Leute endlich, das sie die Kinder impfen lassen? Fluchte er stumm, nickte und bedeutete ihr vorzugehen. Jetzt war er auch ehrlich besorgt. Eine Epidemie war das letzte was er gebrauchen konnte. Allerdings hatte es vor 1 ½ Wochen ein Treffen der Nachbarn in dieser Gegend gegeben und sollte auch nur eines der Kinder. Er stöhnte innerlich.
Seine Sorge blieb auch, als er sich den Jungen ansah. Zwar hatte er so gar keine klassischen Symptome, doch wenn er womöglich erst im Anfangsstadium war? Geoff fuhr sich durch die Haare. „Schwester Leah hat Recht, es wird nur ein gewöhnlicher Ausschlag sein, doch mit den kranken Kindern in der Nachbarschaft, beobachten sie ihn genau und melden sich in Cooper`s Crossing, sollte der Ausschlag schlimmer werden, oder das Fieber, okay?“
Die Mutter nickte.
„Aber direkt,“ mahnte er, sie versprach es und verabschiedete sich von ihnen allen. Ihr Sohn winkte. Sam kam näher und auch Leah kam zurück, kaum das Geoff sich die Hände desinfizierte. „Hattest du sonst noch Kinder mit Ausschlag, oder Fieber?“
„Nein, äh... doch, aber das kleine hast du gestern geimpft. Das Baby der Raiders.“
„Was machen wir jetzt Doc?“
„Es gefällt mir zwar nicht, aber wir machen hier fertig und fahren dann morgen raus, wir müssen zumindest herausfinden ob was dran ist, ehe wir eine Epidemie haben. Sam ruf in der Zentrale an. D.J. soll ausrichten das wir später kommen und... er soll die Leute dazu aufrufen, das mit Masern und Röteln nicht zu spaßen ist, da müsste noch irgendwo die Verlautbarung von vor drei Jahren herum liegen.“
„Zwei. Genauer vor zweieinhalb,“ sagte Leah und wandte sich ab. Sie wirkte seltsam angespannt, wie sie da Verbandsreste wegräumte, die Schere in die Desinfektionslösung schmiss und sich scheinbar krampfhaft bemühte keine Miene zu verziehen, oder aufzusehen.
Geoff seufzte, betrachtete sie nachdenklich und ging zurück zum Zelt.
x.x.x.x
Es war die dritte Farm die sie an diesem Tage aufsuchten, die erste, zu der sie geflogen waren, aufgrund ihrer Entfernung. Am Landeplatz hatte sie Roy Harders erwartet, ein ehemaliger Polizist, der nun hier lebte und die provisorische Landebahn in Stand hielt. Er hatte ihnen sein Auto geliehen und war mit dem Trecker zurück aufs Feld gefahren, kaum das sie sich auf den Weg zur Farm gemacht hatten.
Jetzt hielten sie vor dem Gatter zum Hof und stiegen aus.
Sie schaute sich um und entdeckte in der Ferne ein paar Gestalten, welche auf die Distanz aussahen wie Ureinwohner des Outbacks und sie sah rasch in eine andere Richtung. Sie zwang sich zur Ruhe und unterdrückte ihre aufkommende Sorge Mühsam, das alles war zu nah an dem was sie bewusst hinter sich gelassen hatte. Zu ähnlich dem, wie es damals angefangen hatte, ehe diese verfluchte Kinderkrankheit ihr alles genommen hatte.
Sie schluckte und schloss die Augen. „He, alles klar? Geht`s dir nicht gut?“
Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter und sah sich um. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, nein, alles gut. Alles in Ordnung. Weiter?“ Fragte sie und schaute zu Geoff, er nickte und öffnete das Gatter. Sie stiegen wieder ein.
.x.
Während sie vor der Veranda des Hauses warteten, musterte Sam die junge Schwester neben sich ein weiteres mal. Er wusste nicht, wie oft in den letzten vierzehn Wochen er das getan hatte, noch wie oft sie ihn schon bemerkt hatte. Er bildete sich indessen jedoch ein, das er ihre Stimmung inzwischen recht gut zu lesen vermochte. Obwohl sie ihre Mimik stets kontrollierte und zumeist guter Laune schien, nur hier und da mal entnervt, war er sicher kleine aber feine Veränderungen in ihren Augen und ihrer Haltung entdeckt zu haben, wann immer sie unsicher, unruhig, oder traurig war. Letzteres hatte er am seltensten beobachtet und eigentlich immer, wenn sie wohl dachte alleine zu sein.
Sie mochte es noch so gut verbergen, doch seit sie vor drei Wochen zu diesem Autounfall gerufen worden waren und nur noch den Unfallverursacher hatten retten können, was ihn an den Rande der Verzweiflung gebracht hatte, da war er sicher, das auch sie etwas verbarg. Etwas, seinem Geheimnis vermutlich nicht unähnlich. Er hatte eine Panikattacke bekommen, hatte weglaufen wollen und während Chris ihn völlig verwirrt angestarrt hatte, hatte Leah begriffen. Sie hatte ihn zur Seite genommen und ihm ganz ruhig erklärt, das was immer er vor sich sähe dies ein andere Ort sei. Am Abend dann, hatte er ihr erzählt warum er solche Panik bekommen hatte und wieso er noch immer am liebste davon rennen wollte. Emma.
Wer ist deine Emma, Leah? Oder... was? Fragte er sich stumm, als die Tür sich öffnete und eine Frau irgendwo Ende dreißig öffnete.
„Entschuldigen Sie Miss, ich bin Dr. Standish, von den Flying Doctors und ich bin hier, weil man uns mitgeteilt hat, das ihre Kinder krank seien? Bitte, lassen Sie mich nach ihnen sehen.“
„Nein, nein. Sie sind krank und Gott wird helfen, Gott wird....“
„Ich bitte Sie sicherlich können wir ihnen....“
„Sie haben doch meine Frau gehört, oder? Gehen Sie!“
„In Ordnung, wir gehen, aber... beschreiben Sie mir doch wenigstens was ihnen fehlt? Die... Symptome und....“
„Doc, wir brauchen keinen Quaksalber, verschwinden Sie! Für ein paar Masern und etwas Fieber, hat noch keiner einen Arzt gebraucht!“
Sam zuckte zusammen, so erschrak er, als Leah vorpreschte und dem Mann beinahe die Tür entgegen trat, während sie sich vor den Doc schob. „Daran stirbt keiner? Sind Sie Wahnsinnig!?“ Rief sie erbost. „Bei der letzten Epidemie sind hier draußen fünf Kinder und....“
„Ungläubige Heiden, Eingeborene, wen interessiert es? Und zwei von ihren Helfern? Na, ist doch ihr Problem. Weg jetzt!“
„SIE....“
„SAM!“
Er machte einen Satz nach vorne und packte die Kollegin wie Geoff am Arm, zog sie mit entschuldigendem Lächeln von der Tür und der Veranda weg. Sie wehrte sich, schrie uns an, so was gehöre verboten und das man doch etwas würde unternehmen müssen, den Typen einsperren, irgendwas. Was hatten sie noch gesagt? Marty meinte doch sie soll fast drei Jahre im Dschungel abgetaucht sein und wie lange war laut Geoff noch mal die letzte Epidemie her? Ist es das? Hat sie....
Geoff versuchte sie zu beruhigen, doch sie hörte ihm gar nicht zu, stampfte wütend um das Flugzeug herum und hinein. Sam schaute zu Geoff. „Irgendetwas sagt mir, das....“
Ein Funkspruch unterbrach mich und ich kletterte eilig in die Nomad und weiter bis ins Cockpit.
>Viktor Charlie Charlie für Mike Sierra Foxtrott. Hört ihr mich Sam?<
„Laut und deutlich,“ antwortete er, der Doc stand gleich hinter ihm. „Was gibt es D.J.?“
„Die Porters haben sich gemeldet. Sie sagen, das der kleine Darius Monaghan letzte Nacht gestorben sei, er habe den gleichen Ausschlag gehabt wie ihre Kinder und ebenfalls starkes Fieber.“
Sam blickte auf. Geoff nahm ihm den Funk ab, er wirkte nachdenklich. „D.J. wie weit sind ihre Farmen und die der Rosewoods voneinander entfernt?“
Die Antwort brauchte etwas, doch dann erklärte ihnen D.J. das es zu weit war, um zu Fuß, oder gar mit dem Auto nur mal kurz....
Geoff seufzte und sah aus dem Flugzeug, vor ihnen stand ein Eingeborener, in der Hand ein Baby. „D.J. gab es irgendwelche Ausgaben in dieser Gegend durch eine Hilforganisation? Egal an wen?“
>An was genau denken Sie Doc?<
„Nichts besonderes, nur... Decken, Lebensmittel, irgendwas?“
Dieses mal war es länger still, dann kam die Antwort. >Decken und künstliche Schafsfelle. Die Felle an die Siedler und die Amishgemeinde. Die Decken an die Aborigines.<
„Danke D.J.“ Der Doc ging nach hinten und besprach sich leise mit Leah, die sich wieder gefasst zu haben schien. Doch sie war definitiv alles andere als begeistert, als Geoff mir das Startsignal gab, mit neuem Ziel.
Die nächste Piste, die ihre Landebahn wurde hatte definitiv schon länger keine Ausbesserungen mehr erhalten und so machten sich die beiden Ärzte alleine auf den Weg, während er mit Spaten und Spitzhacke bewaffnet auf der Piste ans Werk machte, man konnte ja nie wissen.
Sie kämpfte nach der Landung direkt wieder gegen den Drang wegzulaufen und ein weiteres mal dachte sie an den Unfall vor einigen Wochen zurück, bei dem Sam eine Panikattacke bekommen hatte und dem Kerl, den sie gerettet hatten am liebsten erwürgt hätte. Während Geoff und die meisten anderen nach wie vor keine Ahnung von dem Grund dieser Attacke hatten, wusste sie es inzwischen genauer. Denn Geoff hatte sich selbst um den sich mäßig wehrenden Mann gekümmert, mit Unterstützung des Sergeants und ihre Aufgabe war es gewesen Sam zu beruhigen.
Das hatte ihr Eindrücke in seine Vergangenheit gegeben und als einziger im Ort, abgesehen von seiner Schwester erklärt, warum er ohne Emma hier war.
Sie blieb stehen und sah Geoff fragend an. „Was ist?“
„Ich kenne diese Familie,“ sagte er und deutete hinüber in den Hof, wo ein Mädchen und seine Mutter Wäsche aufhingen. Sie sah ihn fragend an. „Ist das... gut, oder schlecht?“ Fragte sie leise.
„Gut denke ich.“ Er schaute sie unsicher an und zuckte die Achseln. „Zumindest waren sie immer regelmäßig auf den Sprechstunden.“
„Das klingt doch nicht so schlecht?“
„Schon nur, wenn sie ein krankes Kind haben? Warum sind sie dann dieses mal nicht gekommen?“
„Okay, Punkt gegen uns,“ sagte sie und griff nach dem Gatter. Sie öffnete es und er ging voran. Die Frau hatte sie indessen bemerkt, ihr Kind hineingeschickt und kam nun auf sie zu. „Zweiter Punkt gegen uns?“ Fragte sie leise. „Abwarten,“ entgegnete er, „Julia ist in der Regel recht vorsichtig. Sie hat hier einige Jahre mit ihren Mädchen und dem Jungen alleine gelebt.“
„Oh... wow. Mutig.“
Er nickte.
„Julia? Hallo.“
„Doc? Was... machen Sie hier?“
„Nach dem rechten sehen?“ Fragte Geoff zurück und behielt alles genau im Blick. „Auf der Visite gestern ist uns gesagt worden, das einige Kinder hier krank seien. Die Leute sprechen von Masern und Röteln?“
„Tat- tatsächlich?“ Fragte sie unsicher und ehe Geoff sie fragen konnte, ob ihre Kinder krank waren nickte sie. „Die kleinsten sind krank, ich... weiß nicht was es ist. Kommen Sie!“
„Julia, Sie sind doch sonst immer gekommen, warum dieses mal nicht?“
„Die... die Leute reden, wissen Sie? Ich... ich schicke seit Wochen nur noch die Mädchen zu Charlie.“
„Was soll das heißen sie reden?“
„Erinnern Sie sich, das ich Ihnen gesagt habe, wir hätten neue Nachbarn und das wir entschieden haben, die Farmen zusammen zu legen?“
Er nickte und schaute die Frau im Laufen ernst an. „Ja ich erinnere mich, sie klangen... gut.“
Sie nickte. „Er war zum Teil Afrikaner, zum Teil Aborigine und die Leute hier... nun ja, sie verfluchen mich, oder drohen mir, das jüngste Gericht würde kommen. Die beiden jüngsten Ammey und Lukas sind nicht die ersten Kranken, das weiß ich. Aber wenn wir... wenn wir zur Sprechstunde gekommen wären... all das Gerede und wir seien Schuld und es geschehe ganz Recht?“ Sie schüttelte den Kopf. „Morgen ist Joy in der Gegend, zu ihr wären wir gegangen.“
„Gut zu hören,“ erklärte Geoff und folgte ihr ins Haus, Leah hinterher. „Wissen Sie wer als erstes erkrankt ist?“ Fragte sie. Die Frau, Julia nickte. „Die Corinne Kinder. Aber da können Sie nichts machen. Der Vater glaubt das Gott die Spreu vom Weizen trennt, wie er es sagt.“
Geoff sah, nach einer Untersuchung von Julias Kindern ernst in die Runde und auf seine neueste im Team. Nachdenklich schaute er sie an, nickte dann. „Julia? Arbeitet Hal noch für Sie?“
Die Frau nickte. „Ja, wieso?“
„Rufen Sie ihn, ich brauche jemanden der mich zu den Corinnes begleitet. Leah? Du bleibst mit Sam hier.“
„Ja, aber.... was wenn....“
„Du schaffst das schon, ich muss nach den Corinnes sehen.“
Sie nickte, doch er sah deutlich ihre Unsicherheit. „Leah? Wirklich alles in Ordnung?“
Sie atmete sichtbar durch und nickte.
x.x.x.x.x.x.x.x
Es war mitten in der Nacht als sie hektisch geweckt wurde. Die Mutter der Kinder weinte, klang irgendwie panisch und in ihr krampfte sich alles in furchtbarer Ahnung zusammen. Alles in ihr schrie auf, war zum zerreißen gespannt und sie wollte weglaufen. Doch der ängstliche Ruf eines der älteren Kinder nach der Mutter ließ sie den Instinkt unterdrücken. Sie ahnte aber, das es ihr womöglich bald nicht mehr möglich sein würde. Sie kämpfte mit sich und griff ihre Tasche, schob die ältere Frau vor sich her.
Einige Zimmer weiter lag das vierjährige Mädchen in ruhigem Schlaf in ihrem Bettchen, zuerst hatte sie gerade befürchtet, es sei zu reglos, hatte dann aber in aufkommender Panik entdeckt, das sich ihre Decke mit jedem Atemzug hob und senkte. Sie hielt die Luft an, trat ans Bett des kleinen Jungen. Seine Haut war ebenso von herrlicher helbrauner Farbe, wie das des Jungen, den sie damals ans Fieber verloren hatte. Der gleiche Hautton nur Nuancen dunkler als ihr eigener Oliventon. Sie kämpfte mit Macht alle Gefühle nieder, hörte das Kind ab und nahm die Temperatur.
Sie war viel zu hoch, hinzu kam, das der Kleine nicht genug Luft bekam. Sie spürte die heißen Tränen, während sie sich zur Tür herumdrehte sie hoffte inständig dort einen Kollegen zu sehen, entdeckte aber nur die dreizehnjährige Schwester.
„Wasser! Kaltes! Möglichst mit Eis!“ Rief sie ihr entgegen. Das Kind zuckte zusammen, nickte und wirbelte herum, lief jedoch gegen jemanden, der eine Hand auf ihre Schulter legte.
„Komm mit mir. Ich mach das,“ sagte Sam ruhig und sie bemerkte den besorgten Blick den er ihr zu warf sie schluckte, strich sich über Stirn und Augen und betrachtete wieder das heiße Kind vor sich. Sie griff in ihre Tasche holte etwas intravenöses zum Fieber senken und verabreichte es. Das Kind zuckte kaum zusammen, als sie es stach, noch schien es zu bemerken, das sie es auszog, wusch und frisch anzog, bis Sam kam deckte sie es warm zu. Die Mutter stand schluchzend und verzweifelt daneben.
Leah glaubte ihr eigenes Herz müsse aufreißen und zerspringen, als das Kind japste. „Bitte... bitte... nein....“ flehte sie.
Das reichte. Das war zu viel.
Sie schlug sich die Hand vors Gesicht, versuchte erfolglos die eigenen Erinnerungen und die Qual zu unterdrücken, ihr wurde schlecht und sie sprang auf, rannte hastig hinaus. Die Frau schrie ihr nach und als sie unten im Haus die Tür aufriss hörte sie noch, wie Sam oben etwas von kalten Winkeln sagte. Sie stürzte von der Veranda und beugte sich das Geländer umklammert vor. Sie würgte und spie die Reste ihres Abendbrotes aus. Keuchend wischte sie sich über die Hand und sank zitternd auf der Treppe zusammen, lehnte sich Augen schließend an das Geländer. Das konnte sie einfach nicht. Das wollte sie nicht sehen. Sie konnte nicht.
Diese Mutter, die so sehr empfand und hilflos daneben stand, wie sie. Das verzweifelte Luft holen des kleinen Jungen, sein feuchtes, rotes Gesicht, die Hitze seiner blassen Haut. Es brach alles wieder über sie hinein. All das was sie so sorgfältig vergraben hatte und vor dem sie davon gelaufen war, weiter und weiter und weiter.
x.x.x.x
Sam schaffte es eben noch ihr auszuweichen, als sie mit aufgeschrecktem Blick als sei ihr total Übel, an ihm vorbei stürzte. Die Kindsmutter rief ihr flehentlich nach. Yvonne, die dreizehnjährige neben ihm schluchzte auf. Er sah sie ruhig an und schüttelte den Kopf. „Geh... zu deiner Mum,“ wies er sie an und betrat das Zimmer. Ein Blick auf die Frau reichte ihm, um zu wissen, sie war gerade nicht in der Lage die Wadenwickeln anzulegen. Also kniete er sich neben das Kinderbett und übernahm es selber. Sanft strich er dem Jungen mit einem verbliebenen Tuch über die Stirn, drückte das Tuch aus und legte es auf den Kinderkopf.
Unwillkürlich fragte er sich, was er tuen würde, sei es sein Sohn. Sein Herz krampfte sich ruckartig zusammen. Er schloss gepeinigt die Augen. Dann schüttelte er den Kopf. Nein, ich hatte eine Tochter. Rief er sich stumm in Erinnerung und wiederholte sich stumm die Namen seiner beiden geliebten Menschen, deren Verlust er noch immer betrauerte. Langsam stand er auf und schaute die Farmerin an. „Ich sehe nach Leah. Bleiben Sie hier.“ Sie nickte und setzte sich auf das Kinderbett, zog ihr Mädchen mit sich.
Er selbst ging nach einem letzten Blick in den Raum hinunter und nach draußen. Es war inzwischen einige Monate her, seit jenem Unfall am Fluss, der ihn so sehr an den Tot seiner Frau und seiner kleinen, ungeborenen Tochter erinnert hatte. Seines eigenen kleinen Mädchens. Es gab da ein Detail, das er bisher noch niemandem gesagt hatte, weder dem Psychologen in der Stadt, noch seiner Schwester, oder bei dem Einsatz damals, Leah. Er hatte sein kleines Mädchen gesehen, es gehalten.
Der Notarzt hatte einen Kaiserschnitt gemacht und die Kleine geholt. Sie hatte geatmet, sie hatte gelebt. Ganz kurz. Viel zu kurz. Sie war zu klein gewesen, nicht kräftig genug, um alleine lange genug durchzuhalten bis sie im Krankenhaus gewesen waren. Er schloss erneut die Augen. Lily. Mein kleiner Engel. Emma, das... das war nicht fair.....
Seit dem Fluss.... seit dem beschäftigte ihn eine Frage. Die Frage, warum und woher, Leah so genau gewusst hatte, was in ihm vorging. Sie hatte nicht nur genau die passenden Worte gefunden, nein, sie schien genau zu wissen, wie es war.
Sam erinnerte sich in ihren Augen für den Bruchteil von Sekunden den eigenen Schmerz gesehen zu haben. Wie einen Spiegel, den man ihm vorhielt. Er fragte sich seither, ob das der Grund war, wieso sie ihm von allen am sympathischsten war, das sie sich etwas teilten, das es ihnen leichter machte die Launen, des anderen zu begreifen?
Er schob die Gedanken beiseite und schaute suchend nach draußen. Er fand sie einige Meter vom Haus entfernt im Sand knien. Ihre Schultern bebten. Eilige lief er los und stürzte neben ihr zu Boden. „Leah? Gott... Leah!“
Sie zuckte zusammen und als sie den Kopf hob, traf ihn ihre Verzweiflung mit solcher Wucht, das er beinahe zurückwich. „Himmel, Leah? Fehlt dir was? Was hast du, du....“
Sie schüttelte den Kopf schluchzte auf und sank an seine Schulter, ihr Körper bebte und erschrocken hielt er sie einfach fest. „Leah? Leah, was ist es?“ Fragte er nach einer Weile sanft und war sich keineswegs sicher, die Antwort hören zu wollen.