Chell
von Author of Evil
Kurzbeschreibung
Vorgeschichte zu Chells Geburt mit Parallelen zu Half Life.
GeschichteDrama, Liebesgeschichte / P12 / Gen
24.09.2014
24.09.2014
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3.047
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Chell
»Wie war das? «
Ich wischte mir eine Träne von der Wange, doch folgte die nächste.
Er gab ein abfälliges Geräusch von sich, ein ungläubiges Schmunzeln. »Von wem? «
Ich wünschte, ich könnte die Frage wahrheitsgemäß beantworten, ohne dass ich dabei schluchzen müsste. Stattdessen schwieg ich.
»Ich fass‘ es nicht.« Er stand auf und griff nach seinem Handy, schaute auf die Uhrzeit, doch war sie ihm eigentlich vollkommen egal. Es war lediglich ein Ritual bevor er gehen würde.
»Bitte. «, wisperte ich. Vielleicht hörte er mich nicht, vielleicht ignorierte er mich. Ich hoffte auf letzteres. »Bitte«, sagte ich diesmal lauter und sah ihn mit Tränen erfüllten Gesicht an. »Geh nicht. Lass‘ mich nicht alleine.«
Er schnaubte verächtlich. »Wenn du nicht alleine sein möchtest, hast du ja wen, zu dem du gehen kannst.«
»Bitte. Hör auf.«
Er blieb tatsächlich still und schaute mich noch einige Momente an. Es war einer der Gründe gewesen, weswegen ich mich in ihn verliebt hatte – er war ein ruhiger Mensch und schwieg, wenn man ihn darum bat, fragte nie weiter nach. In diesem Augenblick jedoch hätte ich mir gewünscht, dass er etwas sagt. Obwohl ich wusste, dass jedes Wort verletzend wäre.
Er griff nach seinem Mantel, konnte sich die Zeit nicht mal mehr nehmen, um ihn im Haus anzuziehen. Ich senkte meinen Kopf in meine Handflächen und versuchte mein Schluchzen noch so lange weiter zu unterdrücken, bis ich die Tür ins Schloss fallen hörte und er fort war.
Ich hatte ihn verloren. Und das zurecht.
***
»Ha, vergesst es, Jungs. Sie ist verheiratet mit der Wissenschaft!« Cave lachte herzhaft und ich sah auf. Er sprach mal wieder über das Mikrofon mit den Testpersonen. Ich verdrehte die Augen – hatte er wirklich nichts Besseres zu tun als ihnen Tag ein, Tag aus sinnlosen Quatsch zu erzählen? Sie konnten ihm ja nicht einmal antworten.
»Mr. Johnson.«, ermahnte ich ihn. Wenn er schon Unsinn erzählen wollte, dann sollte er meine Persönlichkeit wenigstens außen vor lassen.
»Sie versucht sich selbst etwas vorzumachen, indem sie es verleugnet. Aber glaubt mir, in Wahrheit interessiert sie sich für nichts anderes!« Ich wusste, dass er das Mikrofon bereits aufgeschaltet hatte, sein heimlicher Blick in meine Richtung verriet, dass diese Worte allein an mich gerichtet waren.
»Mr. Johnson!«, sagte ich diesmal energischer und erreichte damit, dass er sich gänzlich zu mir drehte und mich mit seinem verschmitzten Lächeln angrinste. »Ich wäre Ihnen verbunden, mich aus Ihren Erzählung raus zu lassen.«
»Hör auf, dich selbst zu belügen, meine Liebe. Wir wissen alle, wie es in deinem Inneren aussieht, soll es die ganze Welt erfahren.«
»Auch, wenn Ihre Worte schmeichelhaft sind, Sir« – er hatte das Thema mit meiner Schönheit begonnen – »ich meine es ernst. Abgesehen davon wissen Sie genau, dass–«
Er gestikulierte mit seiner Hand in der Luft herum und winkte somit ab, während er sich zeitgleich wieder zum Fenster drehte, um die Testpersonen zu beobachten. »Jaja, du hast wieder einen Neuen. Wie war sein Name noch gleich? Wir wissen beide, Caroline, das hält nicht. – Wie auch immer – wie geht’s voran? «
Ich wollte ihm widersprechen; es brannte mir förmlich auf der Zunge – er war nicht einmal neu! Aber ich hielt meine Gedanken für mich – ich musste Cave wirklich nicht weiter dazu provozieren, meine Beziehung herunter zu spielen. »Nach wie vor, Sir. Bisher gab es keine positiven Ergebnisse. Sie ist nach wie vor schwer zu kontrollieren. «
Knirschend rieb Cave seine Zähne aufeinander. »Dann ändert das! «, rief er entnervt auf – als wenn das so einfach wäre.
Ich verschränkte mürrisch meine Arme vor der Brust. »Anstatt ständig ihre Selbstgespräche zu führen, könnten Sie uns auch behilflich sein. Sie versucht uns noch immer umzubringen. «
»Ihr wollt meine Lösung ja nicht akzeptieren. «, erwiderte er mit erboster Stimme und stemmte seine Hände auf die Tischplatte, versteifte seinen Blick wieder nach vorne durch die Scheibe. »Aber ich sage dir, Caroline, sie ist die einzig richtige. Und das weißt du genau so gut wie alle anderen hier, die auch nur ein bisschen Grips im Köpfchen haben! Selbst Greg stimmt mir zu! «
Ich sah hinter Cave. Greg saß vor einem der Bildschirme und rieb sich schweigend die Schläfen. »Wir sind noch nicht so weit, die Persönlichkeit gefahrlos in einen Computer stecken zu können. «, erwiderte ich ebenso gereizt wie er.
»Ach«, rief er aus, »Willensstärke ist gefragt, Caroline! Du willst es ebenso sehr wie ich! «
»Wollen Sie damit andeuten, dass–«
»Ja, will ich. Ich will dich in ihr haben. Du bist die einzige, der ich so weit vertraue. Und ich weiß, dass du dich nach dem ewigen Leben sehnst. «
»Ich habe eine Familie. «
»Irgendein Dahergelaufener ist keine ›Familie‹!«
»Wir haben uns verlobt. «
Cave sah auf, sichtlich erschrocken, starrte zu mir. »Wie bitte? «
»Wir sind verlobt, Sir. Und ich verbitte mir dort hineinreden zu lassen. «
Er knirschte mit den Zähnen. »Hast du das gewusst, Greg?« Greg nickte lediglich stumm, obwohl Cave zu mir gewandt es nicht sehen konnte. »Verlobt. Mit einem unwürdigen Schmarotzer. Was kommt als nächstes? Der Kinderwunsch?«
»Sie haben sich da nicht mit einzumischen. « Ich wandte mich von ihm ab, nahm ein paar der Akten vom Stapel meines Tisches und gedachte aus dem Raum zu gehen.
»Du verhinderst unsere weitere Forschung, Caroline. Und wie ich mich dort einmischen werde! «
Erzürnt schloss ich die Tür hinter mir. So einen ungehobelten Mann wie Cave Johnson gab es wirklich nur ein mal auf der Welt. Er war genial, ohne Frage, doch sein großes Maul und Unfreundlichkeit trieben das Fass oftmals zum Überlaufen.
Das Schlimmste am Ganzen war, dass ich mich tatsächlich einst für ihn interessiert hatte. Kurz nach meiner Einstellung. Er sah gut aus, hatte durchaus seinen Charme und sein Intellekt faszinierte mich. Damals fand ich seine Art sogar noch auf skurrile Art und Weise niedlich. Doch Cave war im Gegensatz zu mir wirklich mit der Wissenschaft verheiratet. Ich hatte ihn nie über Frauen sprechen hören oder über eine Familie. Was mir vor einigen Jahren sogar noch Hoffnungen gemacht hatte, bis ich endlich begriffen hatte, dass er schlicht nicht interessiert war. Die Erkenntnis war schmerzlich, doch kam ich letztendlich doch darüber hinweg, schätzte ich.
Nach vielen Jahren habe ich endlich einen Mann gefunden, der mich glücklich machen kann, obwohl er absolut gar nichts mit der Wissenschaft am Hut hat. Das meiste verstand er nicht einmal, was praktisch war, denn ich durfte über meine Arbeit bei Aperture sowieso nicht mit Außenstehenden sprechen. Ich vermisste es manchmal, über Theorien zu streiten, aber dafür hatte ich wenigstens den Ausblick auf eine Familie…
Es waren einige Tage vergangen ohne spektakuläre Ereignisse. Abgesehen vom Üblichen, selbstverständlich, denn sie – wir hatten ihr mittlerweile den Namen GLaDOS gegeben – hatte mal wieder ein wahnsinns Theater veranstaltet. Glücklicherweise kamen die meisten gerade noch mit ihrem Leben davon und erlitten nur ein paar schwerwiegende Verletzungen. Aber das war seit einigen Monaten schon beinahe normal.
Ich saß in der Kantine, Mittagspause, und nippte an meinem Kaffee, während ich Kuchen in mich hinein schaufelte als wäre es das letzte Stück dieser Welt und zeitgleich noch Akten verschiedener Testpersonen durchblätterte. Scheinbar qualifizierten sich langsam endlich ein paar für die ersten Tests mit der Portalkanone – wurde auch mal Zeit.
Ich war so sehr in Gedanken bei meinem köstlichen Kuchen und den Aufzeichnungen der einzelnen Personen, dass ich gar nicht bemerkte, als sich jemand mir gegenüber setzte. Erst als ich ein Räuspern vernahm, und dieses auch nur allzu gut kannte, blickte ich auf.
»Mr. Johnson? «
»Caroline. «, begrüßte Cave mich, seine Hände ineinander verschränkend, »Was macht die Arbeit?«
Skeptisch begutachtete ich ihn, legte langsam die Akte auf den Tisch. Ich hatte ihn bisher nie in der Pause gesehen. »Was machen Sie hier? «, erwiderte ich mit einer Gegenfrage.
Er senkte seinen Blick auf seine Finger. »Ich wollte dich sehen. Um mich zu entschuldigen. Wegen letztens. War wohl nicht so freundlich von mir. «
»In der Tat…« Meine Skepsis wurde größer.
Cave sah wieder zu mir. »Vielleicht würdest du zur Entschädigung mit mir ausgehen? Ich möchte dich heute zum Essen einladen. «
Oh je – wurde ich etwa gerade rot? Cave und sich entschuldigen? Cave und mich zum Essen einladen? In diesem Moment fühlte ich mich wie ein kleines Schulmädchen. Ich freute mich doch nicht etwa? Zustimmend nickte ich. »O…kay? Ich weiß nur nicht, ob ich Zeit habe; ich sollte erst mal meinem Freund–«
Augenblicklich fiel er mir ins Wort. »Gut, heute Abend also. Wann hast du Feierabend? Wir gehen dann direkt los. «
Ich nannte ihm die Uhrzeit und konnte beobachten, wie seine Miene sich leicht verzog. Nun, wo ich darüber nachdachte, hatte ich ihn auch nie vor mir heimfahren sehen – verbrachte er normalerweise seinen gesamten Tag hier? »Gut. «, sprach er trotz seiner geringen Begeisterung und erhob sich wieder vom Stuhl. »Ich nehme an, dass ich mich schon darauf freue. Ich habe bereits für den heutigen Abend reserviert. « Cave ging um den Tisch herum, nahm die Gabel von meinem Teller und aß ohne zu fragen mein letztes Stück vom Kuchen. »Mh. Schokolade. Sollte ich auch mal bestellen. « Er lachte auf, dann verließ er die Kantine.
Verblüfft starrte ich ihm hinterher. Wenn Cave tatsächlich eher Schluss machte und auch noch Geld für mich ausgeben wollte, musste er seine Entschuldigung wirklich ernst meinen, oder nicht? Doch erst musste ich meinen Verlobten anrufen.
»Du gehst aus? Mit wem? «, hörte ich ihn auf der anderen Seite der Leitung.
»Cave Johnson. Mein Boss. Ich habe dir mal von ihm erzählt, glaube ich. «
»Mehr als oft genug, ja. « Er schien zu seufzen. »In Ordnung, dann… bestell ich mir wohl irgendetwas oder so. Viel Spaß, schätze ich. «
Ich kicherte erleichtert auf. »Danke. Wir sehen uns dann später am Abend. « Ich verabschiedete mich noch von ihm, ehe ich auflegte und wieder an die Arbeit ging.
Cave holte mich mit dem Auto ab. Es war eines der wenigen Erzeugnisse, welche wir durch unsere Forschung wirklich im Alltag gebrauchen konnten; so war es mit dem Beschleunigungsgel ausgestattet, was praktisch war, denn die nächste Stadt war doch einige Kilometer weit von unserer Station entfernt. Dennoch war es das einzige Auto bisher, welches wir hergestellt hatten und offiziell erlaubt war es schon mal gar nicht.
Während wir also viel zu schnell über die Straßen fuhren und Cave sich lautstark über unsere Gegner beschwerte, dachte ich darüber nach, was ich hier überhaupt tat. Ich fühlte mich wie im Teenageralter, so aufgeregt war ich, wusste nicht einmal, weswegen überhaupt. Gut, es war einst mein Traum gewesen, mit Cave auszugehen – als Date. Doch es war kein Date und mein Traum war es auch nicht mehr, immerhin hatte ich ja bereits einen Freund. Wieso hatte ich überhaupt so schnell zugesagt? Und obwohl ich mich fragte, was mein Verlobter gerade tat, vor allem aber dachte, so erschien mir die Überlegung trotzdem nicht spannend genug, um weiter darüber nachzudenken. Stattdessen richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder der vorbeisausenden Umgebung und Caves wütendem Gebrabbel. Bis wir endlich zum Halt kamen und ausstiegen.
»Dieses gottverdammte Black Mesa zum Beispiel. «, beschwerte er sich noch immer und öffnete mir die Tür zum Restaurant. Fisch. Ich hatte lange keinen Fisch mehr gegessen. »Was haben die uns bisher überhaupt gebracht? Mal ganz vom vielen Ärger abgesehen. « Einer der Kellner führte uns zum Tisch. »Nichts! Absolut rein gar nichts! Ich weiß nicht einmal, was sie genau erreichen wollen mit ihrem Außerirdischen-Quatsch. Ich sag dir – irgendwann werden die dafür verantwortlich sein, dass eine riesige Katastrophe ausbricht. Und wo sind wir dann? «
Er schob meinen Stuhl nach hinten, meine Überraschung darüber überspielend, setzte ich mich. »Bei der Rettung der Welt. «
»Eben! Genau da! « Er setzte sich mir gegenüber. Der Kellner reichte uns die Karte an, doch Cave legte sie augenblicklich neben sich auf den Tisch. Ob er schon wusste, was er nimmt? War er öfter hier?
Ich hingegen öffnete meine und durchblätterte sie, hörte derweil weiter zu wie er sich beklagte. Die Preise der einzelnen Gerichte waren teuer, doch schienen sie mir angemessen, zumindest wenn die Qualität des Essens genau so hoch war wie die Innenausstattung. Es sah ziemlich edel hier aus.
»Caroline, ich…«, begann Cave seinen Satz, nachdem wir beide unsere Bestellung aufgegeben hatten, »ich gebe zu, dass ich ziemlich nutzlos bin, sobald es um Smalltalk geht. Du musst mir dabei ein klein wenig helfen. «
Ich musste lächeln. »Das ist schon in Ordnung, Sir. Ich hatte von Ihnen gar keinen Smalltalk erwartet. « Er passte nicht mal zu ihm – und das war auch gut so. Ich mochte seine Art zu reden, auch wenn sie des öfteren provokant war. Doch sobald es um seine Wissenschaft ging, war er Feuer und Flamme. Dieses Aufblühen gefiel mir an ihm am meisten.
Doch Cave winke mit seiner Rechten ab. »Lass‘ endlich dieses bescheuerte ›Sir‹. Wie lange arbeitest du schon für mich? Wir sind mittlerweile sowieso längst so etwas wie Partner, also hör‘ gefälligst mit diesem höflichen Gerede auf. «
»Ich bin Ihr Partner? «
»Hast du nicht gehört, was ich gerade sagte? «
»Ich bin dein Partner? « Ein Schauer durchfuhr mich, als ich ihn duzte. Es war so ungewohnt, so fremd. Näher.
Er lachte. »Du weißt, dass ich dich schätze, Caroline. Ich habe es an dem ersten Tag gemerkt, als ich dich eingestellt habe. Du und ich. Wir sind ein Team. «
»Wie kommt es, dass ich davon nie etwas gespürt habe? «
»Natürlich hast du das! «, antwortete er in entschlossenem Ton. »Wir gehören zusammen. Das wird sich auch nicht ändern. «
Seine Worte verunsicherten mich. »Was genau meinen Sie– meinst du damit? «
»Genau das. Du solltest jemanden an deiner Seite haben, der deiner würdig ist. Ich hatte gedacht, dir sei das klar. Und ich dachte, dass es auch bereits so wäre. «
Verdutzt blickte ich ihn an. Also darauf lief es hinaus. Wollte er ernsthaft andeuten, dass er an ›meiner Seite‹ sein sollte anstatt meines Verlobten? Ich war mir nicht mehr ganz klar darüber, was ich gerade dachte oder spürte, abgesehen von der übermäßig großen Verwirrung. Ich hatte Cave noch nie so erlebt – offener, wenn auch mit Andeutungen. Vielleicht war mir das sogar noch fremder als das Duzen.
»Aber lass uns nicht über so einen Blödsinn sprechen. Womöglich habe ich einfach nicht eingesehen, dass dir diese Art von Aufmerksamkeit so wichtig ist. Mein Fehler. « Das Essen wurde uns gebracht. Ich starrte ihn noch immer fassungslos an. »Wie auch immer. Verzeih mir nur, dass ich euch nicht alles Gute wünschen kann. Das ist das Letzte, was ich hierzu sage. «
»Ist… Ist schon okay. «
***
»Wo warst du? « Mein Verlobter kam mir entgegen, als ich das Haus betrat. «
»Bei-«
»Cave? «
Ich wich seinem Blick aus, sah betreten zu Boden. »Nein. Diesmal nicht. «
»Vielleicht sollten wir mal reden. «, schlug er vor.
»Vielleicht…«, stimmte ich ein.
Ich ging an ihm vorbei und er folgte mir ins Wohnzimmer. Ich setzte mich auf die Couch, er auf den Sessel. Der Abstand, der in den letzten Monaten aufgekommen war, spürte ich nun umso deutlicher.
»Ich…« Planlos suchte ich nach Worten. Mir war bewusst, dass dieses Gespräch früher oder später geführt werden musste – immerhin hatte ich alles kaputt gemacht. Das war mir bewusst.
»Hast du was mit ihm? «, fiel er mir zusätzlich noch ins Wort.
Erschrocken sah ich auf, sah ihn mit ängstlichem Blick an. »Nein! «, rief ich aus. Doch was sollte diese Lüge jetzt noch? Und so senkte ich meinen Kopf wieder. »Ja…« Es wäre gelogen, wenn ich behauptete, dass ich meine Zeit mit Cave nicht genossen hätte. Womöglich war ich sogar glücklicher mit ihm gewesen als ich es mir je hätte ausmalen können. Und trotzdem verspürte ich nichts als Angst. Ich liebte ihn und meine Beziehung trotzdem. Ich liebte auch seine Berührungen und Gesten, Dinge, die ich bei Cave weder spürte noch jemals kriegen würde.
»Und was soll das jetzt bitte bedeuten, Caroline?! «, fuhr er mich an. Hatte ich meine Gedanken etwa laut ausgesprochen? Was war ich doch für ein Idiot… »Dass wir uns ergänzen? Dass du dich nicht für einen entscheiden kannst? «
»Ich habe keine Ahnung! « Und das war die Wahrheit. »Ich weiß nicht, was ich fühle und was ich denke. Ich habe keinen blassen Schimmer, was ich getan habe. Ich liebe dich. Nur dich. Cave… Ich weiß nicht, was mit Cave ist. Es war ein dämlicher Traum von mir gewesen – ich habe mich jung gefühlt. Aber es ist schon längst wieder vorbei, seit mehreren Wochen. Und es ging auch nie lange. Vielleicht hatte ich auch Zweifel wegen unserer Verlobung. Ich… weiß es nicht. «
»Du denkst also, ich sei nicht der Richtige für dich? Weil ich nichts von deiner Wissenschaft verstehe? «
»So meinte ich das nicht…« Ich drückte mich aber auch wirklich beschissen aus. »Es tut mir leid. Wirklich. Ich habe einen Riesenfehler begannen, das weiß ich jetzt. «
»Und du weißt jetzt auch, was du willst? «
Ich musste leicht lächeln. »Ich möchte deine Frau Freeman sein. «
Es herrschte Stille zwischen uns. Ich wünschte mir so sehr, dass er einwilligte, dass wir das vergaßen. »Wie kommt dein plötzlicher Sinneswandel? Dass du angeblich nun wüsstest, dass du mich heiraten möchtest? Dass es ein Fehler war? «
Tränen stiegen mir in die Augen. »Ich muss dir noch etwas sagen. «, wisperte ich leise, »Ich ... bin schwanger. «
»Wie war das? «
***
Vielleicht hatte Cave Recht mit dem, was er gesagt hatte. Vielleicht war auch das der Grund, weswegen ich mich tatsächlich auf ihn eingelassen hatte, obwohl mir von Anfang an klar war, was für ein Fehler das sein würde. Wenn Cave etwas verkörperte, dann war es die Wissenschaft. Er lebte für sie, er sprach in ihr, er handelte durch sie.
Und ich war so dämlich, mich davon anziehen zu lassen.
Dass es Caves Ziel gewesen war, mich zu manipulieren, indem ich meinen Verlobten verlassen sollte, war mir nach unserer ersten Nacht bewusst. Dennoch folgten noch ein paar weitere, bevor ich es geschafft hatte, mich dagegen zu wehren. Und doch war es schon viel zu spät gewesen.
Als ich Cave von unserer Trennung erzählte, schien er bestätigt, siegreich. Ihm hatte nie etwas an mir persönlich gelegen. Und mich verließ der Mut, ihm etwas über das Kind zu sagen – über sein Kind – und so tat ich dies auch nie.
Vollkommen irrelevant, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte.
Ich hatte mir Urlaub genommen, trug das Kind aus und ließ sie von Greg adoptieren. Ich konnte nicht für sie sorgen. Ich wäre keine gute Mutter gewesen. Ich war nunmal kein Familien-Mensch – ich war verheiratet mit der Wissenschaft. Und bereits zwei Tage nach meiner Entbindung traf ich Cave in seinem Büro.
»Mr. Johnson. «, begrüßte ich ihn flüchtig. »Sie haben die Erlaubnis, meine Persönlichkeit in GLaDOS zu transferieren. «