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Planet der Affen: Revolution - Heartwarming

Kurzbeschreibung
GeschichteFreundschaft, Liebesgeschichte / P18 / Gen
08.09.2014
21.09.2017
10
20.860
15
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Dieses Kapitel
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08.09.2014 2.224
 
Ein Kapitel, auf das ich ein bisschen stolz bin. :-)
Lasst mich eure Meinung wissen!
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Vorsichtig setzte ich einen Fuß nach den anderen, mit Bedacht keinen Laut von mir zu geben. Meine Augen huschten über den moosigen Waldboden und versuchten jeden noch so winzigen Zweig ausfindig zu machen, der unter meinen Sohlen mit unnötigem Lärm zerbrechen konnte. Mein Herz klopfte irgendwo in meiner Kehle, es pochte in meinen Ohren und ich glaubte, dass jedes Tier hier im Wald meinen Herzschlag hören konnte. Meine Hände klammerten sich verkrampft um Pfeil und Bogen.

Es war das erste Mal, dass ich sie auf die Jagd begleiten durfte. Vor ein paar Tagen hatte mich Blue Eyes gebeten mit ihm die Treffen der  Jagdgruppe zu besuchen. Caesar und Rocket hatten mich über menschliche Waffen ausgefragt, die auch sie herstellen und verwenden konnten. Natürlich konnte ich ihnen schlecht Gewehre oder Pistolen schmackhaft machen. Ich wusste von Blue Eyes, dass sie mit langen, spitzen Speeren auf die Jagd gingen. Und dann war mir der Bogen eingefallen, den ich bei mir hatte, als ich auf ihr Dorf gestoßen war. Also hatte ich ihn daraufhin geholt und ihnen präsentiert. Sie schienen begeistert, denn anders als mit einem Speer, konnte man mit einem Bogen noch versteckter und aus weiterer Entfernung angreifen.

Und damit hatten Caesar und Rocket entschieden, dass ich mit auf die Jagd kommen sollte, um ihnen zu zeigen, wie man mit Pfeil und Bogen umging. Ich war keine schlechte Bogenschützin. Als kleines Kind hatte ich einen Bogenschützenverein besucht, an Wettkämpfen teilgenommen und gut abgeschnitten. Allerdings hatte ich noch nie in meinem Leben auf Tiere schießen müssen. Animalischen Gefahren war ich bis jetzt mehr oder weniger geschickt ausgewichen.  

Die heutige Jagd war wichtig. Ich musste einen Treffer hinlegen. Nicht nur, damit ich mich nicht blamierte, sondern damit ich bei denjenigen, die mir gegenüber noch immer misstrauisch waren, höheres Ansehen gewann. Außerdem wollte ich Caesar nicht enttäuschen.

Ich blieb stehen und atmete so gut es ging ruhig aus. Caesar befand sich vor uns oben auf einem Baum und hatte einen Arm gehoben. Darauf hatten schlagartig auch die anderen Affenmännchen gehorcht, die sich auf den Bäumen hinter ihm befanden, bewegten sich nicht mehr, waren still. Alle samt mit einem Speer gewappnet.

Vor uns war eine große Hirschherde am Grasen. Sie hatte uns bis jetzt nicht bemerkt.
Schließlich drehte Caesar seinen Kopf in meine Richtung. Blue Eyes, der mich auf dem Waldboden begleitete, trat neben mich.

"Bleib ruhig. Vater wird ein Zeichen geben. Du hast den ersten Schuss. Herde wird aufgescheucht. Danach jagen sie weiter." Er legte seine Hand auf meine, die zitternd den Bogen umklammerte.

"Erster Schuss ist der Wichtigste. Bleibt in Erinnerung."

Ich schluckte und nickte. Die Jagd sollte mit meinem Abschuss eröffnet werden. Meine Nervosität hatte mit Blue Eyes' Worten nicht im geringsten reduziert werden können. Im Gegenteil, mein Herz raste in meiner Brust. Für einen kurzen Augenblick schloss ich konzentriert die Augen. Anschließend spannte ich den Bogen und setzte den Pfeil an, die Augen auf Caesar gerichtet. Blue Eyes gab seinem Vater daraufhin eine knappe Handbewegung als Zeichen dafür, dass wir bereit waren. In diesem Moment hätte ich am liebsten auf der Stelle kehrt gemacht.

Eine Weile lang geschah nichts und ich glaubte, mein Herz zersprang in meiner Brust. Meinen Körper hielt ich gestreckt, stolz hatte ich mich aufgerichtet und wartete auf das finale Signal des Anführers vor mir. In meinem Augenwinkel erkannte ich Blue Eyes, dessen Blick nur mir galt. Er schien meine Erscheinung zu bewundern, seine Augen huschten von meinem Kopf bis zu meinen Füßen.

Und dann senkte Caesar endlich seinen Arm. Nun lag es an mir. Ich spürte hunderte Augenpaare auf mir ruhen, mit Gespanntheit darauf, ob ich treffen würde. Mein Blick wanderte durch die Herde, fing jedes einzelne Tier ein. Ich musste eines erwischen, das günstig stand und schließlich entdeckte ich eine Hirschkuh, die im Profil zu mir graste. Sie bildete die perfekte Zielscheibe. Ich ließ mein Opfer nicht mehr aus den Augen, wie besessen starrte ich das Tier an.

Mit einem letzten Atemzug presste ich die Lippen zusammen, nahm ein paar Schritte Anlauf, streckte meinen Arm, spannte den Bogen, lockerte meine verkrampften Finger und gab den Pfeil zum Schuss frei. Die Hirschkuh fiel augenblicklich mit einem stumpfen Aufschrei zu Boden, die Herde erschrak und galoppierte los. Kurz darauf ließ Caesar einen grellen Schrei ertönen und die Gruppe nahm die Verfolgungsjagd auf. Nach kurzer Zeit war von ihnen nichts mehr zu sehen, man konnte nur noch die schrillen, aufgeregten Rufe durch den Wald hallen hören.

Die Anspannung fiel mit einem Schlag von mir ab und erschöpft sank ich in die Knie. Die erste Jagd im Wald, der erste Schuss auf ein bewegliches Ziel. Und es war mir gelungen. Schweiß rann mir über die Schläfen, mein Atem war schwer, als hätte ich soeben einen Marathon hinter mich gebracht. Meine Lippen verließ ein erleichtertes Lachen. Folglich sah ich zu Blue Eyes hinauf, dem der Stolz in sein Gesicht geschrieben stand. Er lächelte und sah mich mit sanften Augen an. Er ging ebenfalls in die Hocke, sodass er mit mir auf Augenhöhe war.

"Gut. Gemacht", sagte er leise mit seiner tiefen Stimme und berührte mich mit seinen Fingerknöcheln zärtlich am Knie.

"Danke, Blue Eyes, dass du an meiner Seite warst", keuchte ich.  

Er schmunzelte. "Komm, lass uns deine Beute holen."

Wir bahnten uns einen Weg durch das dichte Geäst. Als wir die Hirschkuh erreichten, stellte ich mit Erleichterung fest, dass ich sie mit einem sauberen Treffer erwischt und dieser ihr Leben augenblicklich beendet hatte. Starr und leer starrte mich ein großes, schwarzes Auge an. Meine Haut war von einer Gänsehaut überzogen. Ob ich mich mit dem Jagen jemals anfreunden konnte? Es war vermutlich besser, Caesar, Rocket und den anderen so schnell wie möglich das Schießen beizubringen. Ich tendierte wohl eher dazu mit den Weibchen den Wald nach Früchten und Beeren abzusuchen. Die Vorstellung weiteren Tieren das Leben zu nehmen, ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Jagen war Männersache.

Ich reichte Blue Eyes ein Seil, dass ich um meinen Oberkörper gelegt hatte. Er band jeweils die Vorder- und Hinterbeine der Hirschkuh zusammen und begann sie hinter sich her zu schleifen. Schweigend folgte ich ihm durch den Wald zurück zu unseren Pferden, die wir in weiter Entfernung am Rande eines breiten Waldweges angebunden hatten. Blue Eyes legte seinem Hengst die Hirschkuh auf das breite Hinterteil und schwang sich anschließend auf den Rücken.

"Sollen wir nicht auf die anderen warten?", fragte ich, während ich meine Stute losband und ihr als Belohnung für das brave Warten einen Apfel in das samtene Maul schob. Mit lautem Krachen vernaschte sie ihn.

"Die anderen kommen nach. Jagd kann länger dauern. Keine Lust zu warten."

Herzhaft lachte ich auf.

"Wenn das Caesar wüsste", antwortete ich scherzhaft.

Blue Eyes musste als potentieller Nachfolger seines Vaters seinen Befehlen gehorchen und seine Pflichten als junger Prinz erfüllen. Darunter fiel auch der Anstand, auf seine Jagdgruppe zu warten und mit ihnen gemeinsam heimzukehren. Sowie zu horchen, ob jemand in Gefahr war und man ihm zu Hilfe eilen musste. Doch Blue Eyes war ganz der alte, er war dickköpfig. Ich musste erneut lachen. Er hob daraufhin den Kopf und sah verblüfft von seinem Hengst aus zu mir herunter. Verwirrt hielt ich inne.

"Was ist los?"

Es dauerte einen Moment bis er antwortete.

"Menschenlachen klingt so ... hell, klar. Ganz anders. Aber schön."

Ich lächelte. "Nicht jedes Lachen von Menschen klingt angenehm."

"Wie dann?"

"Das kann ich dir nicht erklären. Manche lachen tief, andere wieder schrill. Vielleicht wirst du eines Tages andere Menschen lachen hören."

Blue Eyes wurde ernst. "Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht."

Ich schwang mich auf den Rücken meiner Stute und lenkte sie neben seinen Hengst.

"Lass uns nach Hause reiten. Ich freue mich auf den Hirschbraten heute Abend."

Schweigend ritten wir nebeneinander her, kleine Steine knirschten unter den Hufen der Pferde. Alles war ruhig im Wald, Vögel zwitscherten über unseren Köpfen, versteckt in den dichten Baumkronen. Zwischendurch knackte es im Dickicht und immer wieder wandte ich meinen Kopf erschrocken in die Richtung, aus der ich es vermutete. Ich glaubte des Öfteren einen schwarzen Schatten hinter den Baumstämmen verschwinden zu sehen, doch sicher war ich nicht, und meine Angst spielte mir vermutlich nur einen Streich. Solange Blue Eyes ruhig war, hatte ich nichts zu befürchten.

Irgendwann tauchten die bedrohlichen Vogelscheuchen zwischen den Bäumen auf, die aus Stämmen und Ästen gebaut worden waren, um Menschen abzuschrecken, um zu zeigen, dass man in das Revier der Affen eindrang, in tödliches Revier. Die riesigen Bauten aus Geäst sahen von weitem aus betrachtet wie lange, knochige Waldriesen aus, die durch den Wald staksten oder oben auf den Gipfeln über das Dorf wachten.

Nach einer Weile erreichten wir den Eingang des Dorfes. Hier bildeten die Hütten der Gorillas, der Wachen, einen langen Durchgang, dem man eine gewisse Zeit folgen musste, um letztendlich in das Herz des Dorfes zu gelangen. Vor den schwarzen Eingängen der Hütten waren kleine Lagerfeuer errichtet worden, einzelne von ihnen waren erloschen und weißer Rauch schlängelte sich zwischen Ästen in die Luft empor, verlieh der Atmosphäre etwas geisterhaftes. Zwischenzeitlich wagte ich einen Blick in die dunklen Eingänge und begegnete funkelnden, schwarzen Augenpaaren, die aus der Dunkelheit spähten und uns wachsam folgten. Mein ganzer Körper war von einer Gänsehaut überzogen, ich fröstelte. Es machte mir noch immer Angst.

Als wir den Hofbereich des Dorfes erreichten, wurde die Luft von aufgeregtem Tschilpen erfüllt, kleine Äffchen sprangen mir auf die Schultern, legten ihre kurze Arme um meinen Hals, spielten mit meinem Haar. Andere sprangen hinter mir auf den Rücken meiner Stute und zupften an meinem T-Shirt. Sie freuten sich über unsere Rückkehr und ich musste lachen. Blue Eyes beobachtete mich amüsiert, schickte die Kleinen aber dann mit einem leisen Schnaufen durch die Nase und einer knappen Kopfbewegung weg. Sie hüpften von meinen Schultern und von der Stute und rannten zu ihren Eltern.

Vor dem großen Zeremoniefelsen wartete Maurice auf uns. Ein Lächeln erschien in seinem breiten Gesicht. Ich mochte den großen Orang-Utan sehr. Maurice war die Ruhe in Person selbst, er war sehr klug. Jeden Morgen, wenn wir frühstückten, genoss ich unsere kleinen, beinahe philosophischen Unterhaltungen. Und auch in den Unterrichtsstunden für die Kleinen bildeten wir ein gutes Team, wir ergänzten uns gegenseitig.  

"Wie war die Jagd? Wo sind die anderen?", fragte er und blickte hinter uns zum Eingang, verwundert darüber, dass wir nur zu Zweit gekommen waren.

Blue Eyes schwang sich von seinem Hengst. "Kommen noch."

Anschließend zog er die Hirschkuh vom Rücken des Pferdes, schlaff landete der Körper auf dem Boden.  

"Ihre erste Beute, erster Schuss gelang."

Er deutete auf das Wild neben ihm. Maurice ließ daraufhin einen begeisterten Ton in seiner Kehle ertönen und kam auf uns zu. Ich stieg ebenfalls ab und stellte mich zu ihnen. Stolz lächelte ich.

"Jagen mit Pfeil und Bogen ist praktisch. Vater wird stolz sein", sagte Blue Eyes und sah mich freundlich an.

"Caesar wird auf sie stolz sein, ohne Zweifel. Doch du hättest auf die anderen warten sollen, Blue Eyes. Du weißt, dass Caesar sich schnell Sorgen macht."

Blue Eyes knurrte genervt. "Tut es ohne Grund ..."

"Falsch. Du handelst noch immer unüberlegt. Dass du früher als sie im Dorf bist, beweist es."

"Ich bin kein kleines Kind mehr! Kann selbst entscheiden", signierte Blue Eyes ärgerlich, Zähne zusammen gebissen, Kiefer angespannt.

Maurice setzte sich hin.

"Entscheidest und handelst impulsiv. Nicht rational."

"Du redest wie mein Vater ..."

Wütend schmiss Blue Eyes seinen Speer auf den Boden, schnappte sich die Beute und machte sich ohne ein weiteres Wort auf den Weg zur Lagerhütte. Ich wollte ihn aufhalten, doch Maurice hob seine Hand und bedeutete mir hier zu bleiben.  

"Lass ihn. Er kommt wieder."

Traurig sah ich Blue Eyes nach.

"Er hat es nicht leicht im Moment. Und das liegt größtenteils an mir."

"Wegen Plan, Menschen zu suchen?"

Caesar hatte also bereits mit Maurice darüber gesprochen.

"Wer weiß noch davon?", fragte ich leise und sah Maurice ängstlich an.

"Caesar, Blue Eyes und ich. Mehr nicht. Wollen Kolonie nicht unruhig machen."

Erleichtert atmete ich aus.

"Blue Eyes muss noch viel lernen. Wie du. Sieht es aber nicht ein. Meint, er weiß und kann schon alles."

Ich schmunzelte. "Ja, er ist etwas stur."

Maurice nickte zustimmend. "Versuche für ihn da zu sein. In dir sieht er etwas, was wir uns nicht erklären können. Macht ihn glücklich. Niemand ist ihm so nahe wie du. Selbst Caesar und Cornelia nicht."

Selbst seine Eltern hatten Schwierigkeiten, zu ihm durchzudringen. Vielleicht merkte Blue Eyes, dass er mit mir im selben Boot saß. Trotz allem hatte er beide Ruder in der Hand und wusste welchen Weg er einschlagen musste, während ich nur daneben saß, beobachtete und sonst nichts tat. Dank mir war das Boot am kentern.

"Ich werde mein Bestes versuchen, Maurice. Ich werde ihn nicht alleine lassen."

Ich nahm die beiden Pferde bei den Zügeln, hob Blue Eyes' Speer auf und brachte die Tiere zu ihrer Koppel.
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