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Die Geschichte der Morgaina Kaltenbach Buch II

Kurzbeschreibung
GeschichteDrama, Freundschaft / P16 / MaleSlash
Alexandra "Sascha" Mehring Heidrun "Fisch" Fischer Kathleen "Kalle" Konnopke
03.09.2014
06.01.2015
26
37.809
 
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03.09.2014 1.579
 
Auf Station B ist es wie früher. Das Aquarium, die Gitter, die kahlen Wände und die Zellentüren in grau. Momentan ist kaum jemand auf Station, offenbar sind sie alle arbeiten.
„Kommen Sie, Sie teilen sich eine Zelle mit Frau Fischer und Frau Konnopke.“, führt mich der Schließer in eine Zelle im Erdgeschoss. Ich folge ihm brav und bin auf meine Zellengenossinnen gespannt. Als er die Tür öffnet, ist keiner da.
„Richten Sie sich erstmal ein, jetzt sind noch fast alle arbeiten, aber in einer dreiviertel Stunde ist Feierabend.“
Ich suche mir das untere Bett gegenüber der Tür aus, da das andere Stockbett besetzt zu sein scheint. Nachdem meine Sachen - viel ist es ja eh nicht – ausgepackt sind, sehe ich mich bei den Sachen meiner neuen Mitbewohner um. Keine Bilder, kaum persönliche Dinge. Und auch keine besonderen Make-Ups, Cremes oder Parfum – offenbar keine Familienmenschen, aber auch keine Schönheitsköniginnen.

In meiner Zelle finde ich nichts mehr was mich aufheitern könnte, also mache ich einen kleinen Spaziergang auf Station.
Aufsicht hat eine junge Frau, offenbar asiatischer Herkunft. Ansonsten schlendere ich in den Gemeinschaftsraum, in dem 2 Frauen sitzen, die mich gekonnt ignorieren.
Ich durchstöbere die Schränke und nehme mir einen Schluck Apfelschorle, dann laufe ich ins Bad. Auch hier hat sich kaum etwas getan, also drehe ich um und laufe zurück.
Vor dem Aquarium stelle ich mich hin und warte. Das Warten ist echt schlimm. Ich denke nach. Wer wird wohl noch von den Alten da sein? Walter mit Sicherheit. Und Uschi? Mel? Auf jeden Fall die Bergdorfer – Unkraut vergeht ja bekanntlich nicht.
Vor Allem aber wie werden sie mir begegnen?

Um mich abzulenken spiele ich Billard, immerhin vertreibt das die Zeit ein wenig.
Nach einiger Zeit höre ich Geräusche. Zur Sicherheit stelle ich mich vorerst hinter die marmorne Säule vor meiner Zelle. Geschnatter und das Schieben der Gittertüren signalisieren mir, dass nun die Arbeiter herkommen. Eine grobe Stimme, sehr in Rage, bildet sich heraus:
„Ey wenn die meine Sachen angefasst hat, mach ich die Alte kalt!“
Eine andere, viel sanftere Stimme antwortet darauf:
„Also ich freu mich. Endlich kommt mal jemand Neues zu uns.“
„Man bist du blöd! Das is nich Kalle. Wer weiß ob die Kuh zum Beispiel so’ne Tussi is wie der Itaker.“
Die zwei Frauen reißen meine Zellentür auf und gehen herein. Die erste ist sehr drahtig und muskulös, sie hat mittellanges, blondes Haar. Danach kommt eine extrem dicke Frau mit braunen, geflochtenen Haaren.
Nach kurzem Abwarten stelle ich mich in die Tür – die beiden sind beschäftigt damit, sich meine Sachen anzusehen. Ich lehne gelassen im Türrahmen und frage locker:
„Wenn ihr was haben wollt, müsst ihr es nur sagen.“
Beide drehen sich erschrocken zu mir und mustern mich. Dann läuft die Blonde gerade auf mich zu und stellt sich vor mir auf.
„Ich will alles, is das klar?“, fragt sie in motzendem Ton.
Doch nach meinen Erfahrungen ist es in solchen Fällen besser, mit Gelassenheit zu reagieren.
„Leider hab ich nicht besonders viel. Aber bedien‘ dich, wenn du was brauchst.“
„Was bist du d’n für ne Type?“, fragt die Blonde.
„Mein Name ist Morgaina Kaltenbach. Und mit wem hab ich das Vergnügen? Frau Fischer und Konnopke?“
Die Drahtige ist sichtlich verwirrt. Dafür spricht jetzt die Dicke:
„Das ist Fisch und ich bin Nancy.“
„Alles klar.“, gebe ich nett zurück.
Doch offenbar ist Nancy jetzt in Fahrt:
„Aber eigentlich sind wir immer zu dritt, weißt du? Meine Cousine Kalle, naja, eigentlich heißt sie Kathleen, die is auch hier, aber leider auf ‘ner andren Station. Aber die wird dir gefallen, die ist echt toll! Wir drei, wir sind sowas wie ne Familie.“
„Nancy!“, ruft Fisch genervt. „Halt‘ doch einmal deine doofe Klappe.“
Die Dicke senkt den Kopf und sagt leise „Entschuldige“. Fisch klettert auf ihr Bett und legt sich gespielt cool hin. Ich dagegen drehe mich um und laufe zurück in den großen Raum, der mittlerweile ganz schön gefüllt ist.
Als erstes entdecke ich Jeanette. Sie läuft mal hier mal dahin, bis sie mich ebenfalls erblickt. Sie reißt ihre Augen auf und bleibt wie angewurzelt stehen. Ich mache mir einen Spaß daraus und grinse sie nur an.
Daraufhin rennt sie los und kommt mit Ilse im Schlepptau an. Auch die starrt mich zunächst an. Dann fasst sie sich ein Herz:
„Morgaina bist du das?“
Ich grinse immer noch vor Unterhaltung und gebe locker zurück:
„Ja, Ilse, ich bin wieder da. Hier hat sich ja äußerlich fast gar nichts getan..?“
„Jaah, das stimmt, aber wir sind jetzt mehr auf der Station. Ach ja, und Uschi hat Haftverschonung bekommen. Walter ist aber noch immer die Alte.“
„Uschi ist weg? Schade. Naja, wir kommen und gehen, wie?“
„Sag e’ma, warum bist’n du nu hier? Soag bloß wieder Schutzhaft?“, fragt die alte Ledertasche neugierig.
Ich lehne mich zu ihr und deute ihr geheimnisvoll an mir näher zu kommen.
„Ich will ein Buch über dein Leben verfassen.“, flüstere ich beiden ernst zu.
Jeanette ist entzückt, Ilse verzieht fragend das Gesicht.
„Ein Buch über Jeanette?“, fragt Ilse ungläubig nach.
Ich entgegne immer noch ernst:
„Ja, über Jeanette.“
Die strahlt über beide Ohren und wendet sich zu Ilse:
„Warum fragst‘n so blöd? Is doch gar nich abwegig - eine Frau mit so viel Schönheit und Extravaganz wie mich siehst du nich oft.“
„Stimmt, höchstens zwei Mal im Jahr: in der Geisterbahn.“, gibt Ilse bissig zurück. Jeanette dreht sich hochnäsig zu ihr und nennt sie völlig zusammenhangslos „Pummel!“. Da ist Ilse entsetzt und sucht Mitleid bei mir:
„Hast du das gehört? Das macht die immer!“
„Tut mir echt Leid, Ilse. Aber das ist ein Zeichen dafür, dass sie keine Argumente mehr hat.“, zwinkere ich ihr zu, als plötzlich hinter mir eine mir wohl bekannte, tiefe Stimme ruft:
„Das kann doch gar nicht sein, oder?!“
In meinem Gesicht spiegelt sich nun echte Freude und ich drehe mich um.
„MEL!“, rufe ich fröhlich. Dann laufe ich zu ihr und umarme sie. „na wie geht’s dir so?“
„Ganz okay, naja abgesehen von dem Scheiß-Knast. Aber was machst’n du hier? Ich dachte, das mit der Kaltenbach war geklärt.“
Noch bevor ich antworten kann, drängt sich Jeanette dazwischen:
„Sie schreibt ‘n Buch über mich.“
Mel wird stuzig, dann kontert sie:
„Pff, wie langweilig. „Das Leben einer Ledertasche“, wen intressiert das schon?“
Ilse und ich lachen, Jeanette ist bestürzt.
„Du bist ja nur eifersüchtig!“
Ich hänge mich nun dazwischen:
„Ist schon gut, Jeanette. Ich geh jetzt erstmal kurz auf meine Zelle, gleich geht’s zum Abendbrot.“
Sofort nachdem ich den Satz beendet habe, lasse ich die drei Frauen stehen und gehe zurück in mein Schlafgemach. Fisch liegt noch immer auf ihrem Bett und schreibt offenbar einen Brief. Nancy ist nicht mehr hier.
„Liebesbriefe?“, ziehe ich Fisch auf. Ich bin mir sicher, dass es nicht so ist.
Fisch steigt wie erwartet darauf ein und widmet sich mir:
„Spinnst du? “, geht sie mich an. Ich lächle nett und gebe zurück:
„War doch nur ein Scherz. Jetzt mal im Ernst, du musst nicht alles so verbissen sehen. Klar ist das Leben scheiße, aber Spaß kann man trotzdem haben.“
Fisch aber sieht mich nur genervt an und sagt:
„Halt einfach dein Maul.“

Beim Abendessen gewinne ich einen ersten kleinen Überblick über alle Insassinnen. Die Meisten kenne ich nicht, nur Gerda kann ich ausmachen.
Die ganze Zeit über werde ich von Nancy in Anspruch genommen.
„Das ist echt toll, wir sind nämlich eine Familie und wir halten immer zusammen. Und Kalle ist der Boss. Sie weiß immer alles und ist total toll. Warte bis sie da ist!“
Fisch ist genervt, ich lasse das Geschwafel einfach über mich ergehen, obwohl mich Kalle nun doch ein wenig interessiert.
Als ich mein Tablett mit Essen zu einem Tisch tragen will, kommt mir von der Seite eine Frau entgegen. Aus dem Augenwinkel sehe ich zum Glück früh genug, dass sie mit ihrer Hand ausholt und mir das Tablett überkippen will. Ich drehe mich gekonnt weg, stelle ihr hinter mir schnell das Bein, dass sie stolpert und laufe cool weiter.
Ich spüre ihren fluchenden Blick auf mir, doch sehe nicht zu ihr. Fisch setzt sich neben mich und Nancy kommt auch dazu.
„Warum bist du eigentlich hier?“, fragt mich Nancy vorsichtig.
Ohne aufzusehen überlege ich und erkläre:
„Das ist ‘ne komplizierte Sache, Nancy.“
Diese Aussage macht spürbar sogar Fisch neugierig, doch plötzlich sehe ich ein fettes Grinsen in Nancys Gesicht.
„Da kommt Kalle!“, teilt sie uns mit und winkt. „Kalle!“
Auf den leeren Platz mir gegenüber setzt sich die Frau, die mir eben das Tablett überkippen wollte und mustert mich finster. Ich schaue sie mit einem leichten Lächeln an und schweige wie sie. Nancy übernimmt das Reden:
„Kalle, das ist..“
„Morgaina“, helfe ich der Dicken auf die Sprünge.
„..genau! Sie ist mit mir und Fisch auf einer Zelle.“
„Ach ja?“, fragt Kalle ruhig nach, ohne die Augen von mir abzuwenden.
„Ja“, erwidert Nancy, „Und sie ist total nett. Sie hat Fisch und mir alle ihre Sachen gegeben.“
Kalle lehnt sich neugierig nach vorn.
„Ist das so? Klingt ja interessant.“
Fisch ist die ganze Zeit sehr still. Sie löffelt ihre Suppe und blickt nicht nach oben. Doch nun ergreife ich das Wort:
„Nancy hat mir schon viel von ihrer Cousine Kathleen erzählt.“
Offenbar fasst Kalle das als Drohung auf, denn sie lehnt sich demonstrativ nach hinten und lässt die Coole raushängen. Ich fahre fort:
„Und von eurer Familie. Kalle ist der Boss, hab‘ ich gehört?“
Jetzt grinst Kathleen schief und ihre Stimme ertönt:
„Richtig gehört.“
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