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Eva

von T-ruth
Kurzbeschreibung
KurzgeschichteAllgemein / P12 / Gen
Adam Jensen OC (Own Character)
20.08.2014
20.08.2014
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1.779
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20.08.2014 1.779
 
Nacht liegt über Detroit. Gefühlt ist hier immer Nacht. Immer dann, wenn ich arbeite. Tagsüber arbeite ich in verrauchten Kneipen, nachts auf der Straße. In den Kneipen stinkt es; nach Pisse, schalem Bier und Rauch; draußen ist es immer zu kalt.
Heute ist es sogar noch windig. Ich stehe in einer halbwegs geschützten Ecke, aber mein Outfit ist einfach zu dünn, um mich vor irgendwas zu schützen. Nicht nur der kurze Rock setzt mir zu, sondern besonders mein fast vollständig freigelegter Rücken. Auf meinem Rücken ist nämlich ein ein elegantes Muster von implantierten Elektroden zu erkennen. Diese Elektroden sind mit meinem Rückenmark und anderen Nervenschnittstellen verbunden und verbessern die Reaktionen meines Körpers auf äußere Einflüsse. Die Aug ist wie so vieles, ursprünglich zu militärischen Zwecken entwickelt worden. Sie steigert die Reaktionsgeschwindigkeit und Präzision im Nahkampf beträchtlich, indem sie mithilfe einer Netzhautprothese, einem Sensor im Ohr sowie über den Körper verteilten dicht unter der Haus sitzenden Elektroden die Bewegungen des Gegners analysiert und die eigenen Bewegungen dem anpasst. Aber nicht nur im Kampf macht sie sich nützlich, auch bei anderen Dingen. In meinem Job zum Beispiel, ich kann gutes Geld dafür nehmen, wenn ich garantieren kann, dass das Sexerlebnis seinen Wünschen entspricht. Allmählich hat es sich rumgesprochen und ich bekomme zusätzliche Freier. Einige gehen auch. Wollen keine Augs an den Weibern. Deshalb trage ich auch das weite Kleid, damit jeder sehen kann, was er an mir hat. Oder nicht hat.
Ich habe noch ein paar zusätzliche Augs. Meine Augen sind mit künstlichen Linsen ausgestattet, die mir einerseits leuchtende blaue Augen geben (im wortwörtlichen Sinne, gestatten mir Nachtsicht), andererseits auch die Möglichkeit meine Freier genau unter die Lupe zu nehmen. Das hat mir schon mehrmals das Leben oder zumindest meine Gesundheit gerettet. Und dann natürlich die verfluchte Herz-Aug. Mit der hat alles angefangen. Böse Geschichte. Gerade das Studium beendet, wird ein Herzfehler festgestellt. Ich hatte die Wahl: Spenderherz oder Augmentierung – Immunsuppressiva oder Neuropozin? Ich habe eine Menge Schulden gemacht und stehe jetzt hier…
„Hey, Lust auf 'ne heiße Nummer?“ Meine Aug wirft meinen Körper automatisch in Position. Er ist vielleicht etwas größer als der Durchschnitt, hat kurzes rötlich-braunes Haar und einen kurzen Bart von gleicher Farbe. Die Augen sind verdeckt von messingfarbenen Brillengläsern, die an den Wangenknochen befestigt sind. Ich schaue ihn noch etwas genauer an. Unter dem stilvollen dunklen Mantel komme eine absolut undurchsichtige Körperpanzerung zum Vorschein, aber ich mache einige Hirn-Augs sowie Arm und Beinprothesen aus. Es braucht keinen Spezialisten zu erkennen, dass das erstklassige Militärarbeit ist. Nicht die billigen, für die die MCBs ihre Arme hergeben, sondern beinahe lebensechte gut verarbeitete High-Tech-Tötungsinstrumente. Außerdem erfasse ich ein umfangreiches Waffenarsenal.
Ich streiche mir mit der Hand durchs Haar und gehe sicher, dass er die Elektroden in meinem Arm bemerkt hat.
„Ich besorg's dir gut!“, raune ich.
Sein Blick streift mich kaum. Er spricht Jenny an.
Jenny, der Neuzugang. Niemand weiß etwas über sie, aber die einzigen Leute mit denen sie geht, sind Polizisten. Ich höre ihnen unauffällig zu. Sie kennen sich offensichtlich schon länger, denn sie nennt ihn Adam.
Adam.
Ich heiße Eva.
Nicht, dass ich irgendwelche Gefühle für irgendwelche Freier habe.
Oder andere Männer, die zufällig vorbeigehen.

Normalerweise bin ich vorsichtig bei Männern die bewaffnet und gepanzert sind, aber dieser eine – Adam – reizt mich irgendwie. Seine Stimme ist tief und rauh. Offenbar ist Jenny in Wirklichkeit ein Cop und er soll ihr bei der Ermittlungsarbeit helfen. Kein Kunde… schade. Irgendwie.
Bestimmt hat er einiges an Credits.
Er wendet sich zum Gehen. Ich schaue ihm nach. Scanne seinen Körper durch die Klamotten. Obwohl ich erst letzte Woche ein Update hab einspielen lassen, bleibt seine Panzerung undurchdringlich. Ich erahne nur einen drahtigen, gut definierten Körper mit kräftigen Schultern und einem knackigen Hintern.
„Sag mal, Jenny“, frage ich möglichst unverdächtig, „woher kennst du … den?“
„Gefällt er dir?“, grinst sie, „wir hatten mal beruflich miteinander zu tun.“
„Beruflich?“
„Du hast genug gehört, um zu wissen, was ich hier wirklich mache. Tu mir einen Gefallen und sag nichts. Was immer dir jemand bietet, ich zahl das Doppelte. Kapiert?“
Ich nicke.
„Er ist übrigens nicht der Typ, der für Frauen bezahlt.“
„Er hat es ja auch nicht nötig“, sage ich vielleicht etwas zu sarkastisch.
Jenny nickt: „Ohne die Augs gefiel er mir eigentlich noch besser.“
Ich unterbreche das Gespräch, als ein MCB in die Straße einbiegt. So in der Nähe der D-Row halten sie sich eigentlich nur dann auf, wenn sie entweder auf Erkundungsgang sind, oder einen Sondertermin brauchen. Generell sind sie gute Kunden, weil sie augmentierte Mädels ganz gerne haben und es bisher wenige von uns augmentiert sind. Dieser hier hat sich wie eigentlich alle MCBer die Arme durch hellgoldene Augs ersetzen lassen, die zwar schick aussehen, aber hart und kalt auf der Haut sind. Drei dunkle Punkte an seiner Stirn lassen mich zusätzlich auch eine Hirn-Aug schließen, was bedeutet, dass er eine recht hohe Stellung in der Gang innehat. Der zahlt gut. Ich werfe mich in Pose und spreche ihn an.

Was bin ich froh über meine Aug. Die ganze Zeit bin ich abgelenkt. Dieser Mann geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Adam. Adam und Eva. Ich überlege, ob ich überhaupt in der Lage wäre, ihn aus diesem Panzer zu befreien, wahrscheinlich bräuchte ich einen Schraubenzieher. Sind seine Arm-Augs eigentlich beheizt? Sie sehen ja auf jeden Fall angenehmer aus, als die kalten, die meine Hüften gepackt halten. Die Kampf-Aug leistet erstklassige Dienste. Gibt ihm genau die Kraft und die Geschwindigkeit, die er braucht und minimiert für mich das Risiko einer Verletzung. Nicht, dass es bei diesem Kerl nötig wäre, aber bei einigen anderen Freiern war ich schon ganz froh. Ich darf nur nicht vergessen, angemessen zu stöhnen, denn das macht die Aug nicht für mich.

Er ist zufrieden. Glück für mich. Bucht mich sogar für nächste Woche für eine Extra-Nummer und verspricht mir eine Extraration Nu-Poz, wenn ich noch so eine Freundin mitbringe. Er meint, eine Augmentierte. Ich sage, ich kenne zwar ein paar Mädchen, müsste sie aber nochmal fragen. Aber ich könnte so ein großzügiges Angebot ja unmöglich ausschlagen.

Als ich wieder auf der Straße ankomme, ist Jenny weg. Lucy sagt, sie hätte sich mit dem Opti mit der verspiegelten Sonnenbrillen-Aug verabredet. Irgendwo bei den Innenstadt-Apartments. Noch eine halbe Stunde bis zu meinem Termin bei LIMB. Ich mache mich auf den Weg und finde sie tatsächlich. Gerade höre ich Jenny noch fragen, ob sich sein knackiger Arsch nicht mal wieder in der Gegend herumtreiben würde. Dann gehen sie getrennte Wege, Adam kommt in meine Richtung. Er ist einfach zum Niederknien sexy. Im Dämmerlicht der Stadt sieht er in dem Mantel beinahe majestätisch aus. Ich frage mich, ob sein Haar wohl weich ist, studiere die markante Nase und das Kinn, als er vorbeigeht.
„Adam!“, entfährt es mir leise. Er dreht sich ruckartig zu mir um. Obwohl ich seine Augen nicht sehen kann, bin ich mir sicher, dass er mich anstarrt. Sein Gesicht bleibt ausdruckslos, aber sein Körper ist in Alarmstellung. Kein Wunder, wenn irgendsoeine dahergelaufene Nutte seinen Namen kennt. Ich spüre, wie mir der Schweiß ausbricht. Mein Hirn setzt kurz aus und mein falsches Herz, dass doch irgendwie von meinem Hirn gesteuert wird, beschleunigt.
Auf Grund mangelnder Reize nimmt meine Nerven-Aug die übliche Körperhaltung ein.
„Ich finde augmentierte Männer ja besonders sexy“, bringe ich schließlich hervor.
Über den verspiegelten Gläsern werden zwei hochgezogene Augenbrauen sichtbar.
„Ich besorg's dir richtig gut, versprochen! Ist auch ganz billig.“
Du kriegst mich gratis, flüstert eine Stimme tief in mir drin, Quatsch, ich würde sogar dich bezahlen! Ein anderer Teil von mir fragt sich, was ich da gerade für einen Blödsinn rede.
„Wenn du wüsstest, was alles an mir augmentiert ist…“, knurrt er. Bevor er sich abwendet, spielen meine implantierten Linsen einen Augenblick lang verrückt. Ich glaube seine Augen sehen zu können. Und den Schmerz darin. Und ich begreife, dass es nicht an mir liegt, denn er nimmt mich überhaupt nicht wahr. Eine andere Frau hat schon vor langer Zeit sein Herz gestohlen und irgendwohin mitgenommen, wohin er ihr nicht folgen kann.
Ich sehe Adam nach, bis er um die nächste Ecke verschwunden ist.

Ich habe einen Kloß im Hals, als ich die LIMB-Klinik betrete. Ich kann mich nicht freuen, als mein Arzt meine Neuropozin-Dosis als zu hoch einschätzt und sie um 10% niedriger festlegt, was mich meinen letzten Kredit wesentlich schneller abzahlen ließe.
In einer plötzlichen Eingebung, demonstriere ich einem jungen Assistenten, wie meine Kampf-Aug auch funktioniert und er lässt mich dafür in die Datenbank schauen. Ich finde ihn: Jensen, Adam; 34 Jahre alt, seit einigen Monaten Sicherheitschef bei Sarif-Industries, die ihn nach einem Anschlag auf das Unternehmen knapp gerettet haben.

In den nächsten Tagen kreisen meine Gedanken weiter um Adam. Er lässt sich nicht wieder blicken und auch Jenny ist spurlos verschwunden. Wahrscheinlich wieder bei ihrem normalen Job als Cop, nachdem Adams knackiger Arsch ihre Probleme so gut beseitigt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie jetzt noch sehen möchte. Ich glaube nicht, dass sie die Frau ist, die Adam so unglücklich macht. Aber einsame Männer haben ihre eigene Art, sich zu trösten – ich hatte schon einige von der Sorte. Und was bedeutete dieser eine Satz: Wenn du wüsstest, was alles an mir augmentiert ist? Redet er von seinen Armprothesen? Ich bin das Angebot von Sarif-Industries durchgegangen und habe herausgefunden, dass lange Klingen in diesen Armen stecken. Oder meint er etwas anderes? Eine Hirn-Aug, die seine Gefühle kontrolliert? Halte ich für unwahrscheinlich. Oder kann es sein, dass bei so einer schweren Attacke, die er laut LIMB überlebt hat, auch andere Körperteile…

Während ich früher meinen Job irgendwie als Schicksal gesehen habe, dem ich mich fügen musste, habe ich inzwischen keine Lust mehr. Es nervt mich, dass sich jeder Typ für ein paar Credits einfach so bedienen kann. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Zu oft denke ich an Adam. Oft liege ich wach und stelle mir vor, wie sich seine Hände wohl anfühlen, ob die Armprothesen tatsächlich beheizt sind und welche Farbe seine Augen wohl haben.
Manchmal überlege ich, ob ich umsatteln und mich irgendwo bewerben sollte, wo die Kampf-Aug wirklich zum Einsatz kommt. Ich könnte spionieren gehen, vielleicht bei der Polizei. Oder privat bei Sarif-Industries, wenn mich jemand ausbilden würde…

Es klingt vielleicht blöd, aber ich habe gehofft, dass mir so etwas mit Cyberherz nicht passieren würde. Aber es ist eine traurige Tatsache: Auch ein Cyberherz kann brechen.




Ein bisschen weibliche Fanfiktion.
Ja, ich gebe es zu. Der einzige Zweck der Geschichte ist es, einmal zu schreiben, dass Adam Jensen schon ziemlich gut aussieht.
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