Durchbrechen der Einsamkeit
von Cheza
Kurzbeschreibung
(Der Autor hat keine Kurzbeschreibung zu dieser Geschichte verfasst.)
GeschichteLiebesgeschichte / P18 / MaleSlash
Ishida Mitsunari
Tokugawa Ieyasu
22.12.2013
22.12.2013
1
5.305
1
22.12.2013
5.305
Durchbrechen der Einsamkeit
Alleine schlenderte ein junger Mann durch den verlassenen Park. Der Schnee lag knöcheltief und die Bäume, welche den Wegrand säumten, waren mit hell leuchtenden Lichtern geschmückt. Es fing wieder an zu schneien.
Der junge Mann zog seinen violetten Schal etwas enger um den Hals, um sich besser vor der Kälte zu schützten, doch es nützte nichts. Er blieb kurz stehen und sah sich um. Niemand war zu sehen. Natürlich nicht, es war heilig Abend. Jeder verbrachte den Abend mit seinen Liebsten. Jeder, ausser ihm. Er hatte niemanden mehr, mit dem er den ihn seinen Augen bisher sinnlosen Abend verbringen konnte. Jetzt hielt er ihn nicht mehr für sinnlos, jetzt, da er ihn alleine verbrachte merkte er, wie einsam und traurig es war an heilig Abend alleine zu sein.
Er setzte seinen Weg fort und schob seine Hände in die Taschen seiner Jacke, um sie etwas zu wärmen. Bei dieser Kälte sollte man besser Drinnen bleiben und sich an der Heizung wärmen, doch das konnte er nicht. Er hielt es nicht aus, alleine in dem kleinen Raum zu sein, den er nun bewohnte.
Sein Weg führte zu einer langen Mauer, an der am Ende des Weges ein Eisentor mit Doppeltüren eingelassen war. An der Eisentür war ein Schild angebracht, auf dem in verwitterter Schrift „Städtischer Friedhof“ stand.
Mühsam schob er das eiskalte, schwere Eisentor auf und trat ein. Die Berührung mit dem kalten Eisen jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er hätte Handschuhe anziehen sollen, aber was soll's. Dann fror er eben.
Er schlug den ihm nur all zu bekannten, da es dunkel war nur schwach beleuchteten, Weg durch die Gräber entlang ein. Er konnte ihn schon fast mit verbundenen Augen gehen. Wie jedes Mal fielen ihm die letzten paar Meter zu den zwei gesuchten Gräbern unglaublich schwer, jedes Mal schmerzten sie aufs Neue.
Er blieb vor den beiden Gräbern stehen und sah auf sie herab. Da die Tode nicht weit auseinander lagen, hatten sie wenigstens nebeneinander begraben werden können. Takenaka Hanbei und Toyotomi Hideyoshi. Tränen stiegen in die Augen des jungen Mannes. Hanbei war zuerst von ihnen gegangen, an den Folgen seiner schweren Krankheit. Viel zu lange hatte Hanbei seinen Krankheitszustand vor ihm verschwiegen, so dass er erst davon erfuhr, als Hanbeis Tod schon absehbar war. Hideyoshi hatte angeblich schon lange von der Krankheit seines besten Freundes gewusst, doch geschwiegen, um dem jungen Mann nicht unnötig Sorgen zu bereiten. Mit etwas Glück hätte er sogar geheilt werden können, doch dieses Glück hatte Hanbei leider nicht gehabt.
Er wandte seinen Blick von dessen Grabe ab und sah zum Grabe seines Adoptivvaters. Nun konnte er die Tränen endgültig nicht mehr zurückhalten. Stumm rollten ihm Tränen über die Wangen. Es hatte ja nicht gereicht, dass seine Adoptivmutter Nene, Hideyoshis Frau und der liebevollste Mensch auf der Welt, schon vor einigen Jahren hatte sterben müssen. Nein, auch sein Adoptivvater, denn er über alles geliebt und verehrt hatte, hatte ihn alleine gelassen.
Der junge Mann sank auf die Knie, dass sich seine Hose wegen des Schnees nach und nach nässen würden kümmerte ihn nicht. Warum mussten ihn bloss alle alleine lassen? Warum mussten bloss alle, die er liebte, sterben? Er schlang seine Arme um seinen Oberkörper, der Schmerz den er empfand war schon fast körperlich spürbar.
Noch dazu war Hideyoshis Tod völlig sinnlos und unnötig gewesen. Er war bei einem Überfall erschossen worden. Angeblich Raubmord, doch er würde das niemals glauben. Er wusste, dass sein Adoptivvater viele Feinde hatte. Er war sich sicher, dass der Mord geplant war. Und er war felsenfest davon überzeugt zu wissen, wer davon gewusst hatte.
„Ieyasu“, brachte er zähneknirschend über die Lippen. Doch das Aussprechen des Namens versetzte ihm erneut einen heftigen Stich ins Herz. Sein mittlerweile Ex-Freund. Er war sich todsicher, dass Ieyasu davon gewusst hatte. Warum sonst hätte er ihn davon abhalten sollen, Hideyoshi an diesem Tag zu begleiten? Er hätte niemals gedacht, dass Ieyasu ihn auf eine solch schreckliche Weise betrügen würde. Aber nun kniete er hier alleine an heilig Abend vor den Gräbern zweier geliebter Menschen, deren Stimmen er nie mehr hören würde.
Er war so in seine Gedanken und seine Trauer versunken, dass er nicht wahrnahm, wie ihm immer kälter wurde. Er merkte nicht einmal, dass er nicht mehr alleine auf dem Friedhof war. Eine weitere, einsame Gestalt näherte sich ihm zielstrebig. Es war unbestreitbar, dass sie sich dem kauernden Man näherten. Der junge Mann bemerkte die Person nicht einmal als sie direkt hinter ihm auf dem schmalen Weg zwischen den Gräbern stand.
„Mitsunari?“, fragte der Mann, der hinter ihm stand. Der angesprochene erwachte aus seiner Starre, sprang auf und drehte sich um. Diese Stimme würde er unter Tausenden erkennen.
„Du?“, schrie er. „Was willst du hier? Verschwinde!“ Schnell wischte er sich die Tränen ab, er wollte nicht schwach erscheinen.
„Ich wusste, dass ich dich hier finden würde“, sagte der andere mit einem sanften Ton in seiner Stimme. Das machte Mitsunari nur noch wütender.
„Ieyasu, verschwinde sofort. Du hast nicht das Recht hier zu sein.“
„Natürlich habe ich das. Ich habe Hideyoshi und Hanbei genau so gekannt wie du.“ Man konnte Mitsunari deutlich ansehen, dass er mit sich kämpfte. Der Drang einfach davon zu laufen und Ieyasu stehen zu lassen stand dem Wunsch hier bei den Gräbern zu bleiben genau so stark gegenüber.
„Lass mich einfach in Ruhe!“, schrie Mitsunari nach einer kurzen Schweigepause und machte Anstalten davonzulaufen. Er konnte später immer noch zurückkehren, es gab ja niemanden, der ihn davon abhielt. Nach wenigen Schritten holte Ieyasu jedoch zu ihm auf und packte ihn am Handgelenk. Sofort versuchte Mitsunari sich loszureissen.
„Lass sofort los!“ Er versuchte noch ein paar Mal sein Handgelenk freizubekommen, doch es war vergebens. Ieyasu war zu stark.
„Mitsunari, hör mir doch einmal zu“, bat Ieyasu, doch Mitsunari dachte nicht daran. Als sich Mitsunari weiterhin sträubte packte Ieyasu auch sein anderes Handgelenk. Jetzt war jegliche Gegenwehr endgültig sinnlos geworden und der Festgehaltene sah ein, dass es wenig Sinn machte, noch weiter Kraft zu vergeuden. Er beendete seine Befreiungsversuche.
„Du bist mir immer noch eine Antwort schuldig. Ich weiss immer noch nicht, woher deine Wut auf mich kommt und warum du dich von mir getrennt hast. Ich möchte eine Antwort von dir“, sagte Ieyasu ernst und sah Mitsunari direkt in die Augen. Dieser wandte den Blick ab.
„Ich bin dir gar nichts schuldig.“ Ieyasu seufzte. Warum war Mitsunari bloss so stur?
„Bist du heute Abend ganz alleine?“, wechselte er stattdessen das Thema, die Handgelenke des anderen hielt er immer noch fest im Griff.
„Natürlich“, zischte Mitsunari. „Es ist ja niemand mehr da!“
„Willst du nicht mit zu mir kommen? Ich bin heute Abend auch alleine und meine Wohnung ist näher als deine. Du könntest dich wärmen, du bist eiskalt.“ Ieyasus Hände lösten sich von Mitsunaris Handgelenken und umschlossen stattdessen seine Hände, welche sich so kalt wie Eiszapfen anfühlten.
Als wären Ieyasus Worte der Auslöser gewesen spürte Mitsunari plötzlich, wie kalt ihm eigentlich wirklich war. Er spürte seine Finger kaum noch und fror am ganzen Körper. Seine Hände waren so kalt, dass die Wärme von Ieyasus Händen kaum zu seinen durchdrang. Doch er wollte das Angebot nicht annehmen, jedenfalls sein Kopf nicht. Er wollte nicht in die Wohnung der Person, die ihn so betrogen hatte. Aber die Kälte frass sich immer weiter in seinen Körper und er zitterte mittlerweile am ganzen Leib. Das entging Ieyasu nicht. Er versuchte, Mitsunari sanft mit sich zu ziehen als dieser nicht antwortete, doch dieser schien nun wieder aus seiner Starre zu erwachen. Mit einem kräftigen Ruck entriss er Ieyasu seine Hände und machte ein paar Schritte rückwärts, wobei er fast über eine Kante im Boden fiel.
„Lass mich in ruhe“, wiederholte er, machte kehrt und ging ohne noch einmal zurückzuschauen davon. Weit kam er nicht. Ieyasu holte ihn erneut ein und schlang seine starken Arme um die schlanken Hüfte von Mitsunari. Aus diesem Griff gab es kein Entrinnen. Mitsunari versuchte sich verzweifelt von ihm loszureissen, sich aus seiner Umarmung zu winden, doch alles brachte nichts.
„Mitsunari, bitte“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Ich sorge mich doch nur um dich.“
„Spar dir deine Sorgen für jemanden auf, den es auch interessiert“, knurrte dieser und versuchte erneut sich zu befreien. Mit einem seufzen liess Ieyasu ihn frei.
Einen kurzen Moment bereute Mitsunari, sich befreit zu haben, denn Ieyasus Nähe hatte ihn etwas gewärmt. Den Gedanken liess er jedoch nicht lange zu und er rief sich erneut ins Gedächtnis, was Ieyasu getan hatte. Das versetzte ihn erneut in Wut.
„Bitte, Mitsunari. Heilig Abend sollte man nicht alleine verbringen“, fing Ieyasu erneut an. Er wollte nicht, dass Mitsunari alleine war. Der Gedanke schmerzte ihn. Er wusste nicht, was er getan hatte, damit Mitsunari so wütend auf ihn war, aber er wollte es wieder in Ordnung bringen. Mitsunari schien es aber strikt nicht zulassen zu wollen.
„Und warum bist du dann alleine?“, fauchte er.
„Ich wollte den Abend mit dir verbringen“, sagte Ieyasu ganz offen. Das brachte Mitsunari kurz zum schweigen, und es reichte fast um ihn schwach zu kriegen. Aber nur fast.
„Dann ist das wohl dein Problem.“ Mit diesen Worten wandte sich Mitsunari ab und ging den Weg zurück, den er vorhin gekommen war. Er hoffte dabei inständig, dass Ieyasu ihn nicht erneut verfolgen und festhalten würde. Diesmal liess es dieser bleiben, Mitsunari konnte den Friedhof verlassen, ohne noch einmal aufgehalten zu werden.
Mittlerweile schneite es stärker uns ständig flogen ihm grosse Schneeflocken in die Augen, welche er andauernd energisch wegwischte. Bald vermischte sich das Wasser der geschmolzenen Flocken mit seinen eigenen Tränen.
Auch wenn er es sich selber kaum eingestand wäre er am liebsten mit Ieyasu gegangen. Seine Gefühle für ihn hatte er noch immer nicht auslöschen können. Doch er wollte sie nicht zulassen. Nicht nach dem, was Ieyasu getan hatte. Lieber quälte er sich durch die Einsamkeit und den Kummer.
Als der erste Schluchzer seine Kehle verliess liess er sich auf eine Bank am Wegrand fallen, die von einer Strassenlaterne erleuchtet wurde. Er vergrub sein Gesicht in seinen kalten Händen. Warum hatte ihm das alles passieren müssen? Er liess seinen Tränen freien lauf.
Er wusste nicht, wie lange er auf der Bank gesessen hatte als er Schritte auf dem frisch gefallenen Schnee hörte. Er beachtete sie nicht. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass diese Person auf ihn zuging bis er spürte, dass jemand einen Arm unter seine Beine schob und ihn anschliessend in seine Arme hob. Als er sah, wer ihn hochgehoben hatte, versuchte er sich strampelnd zu befreien.
„Lass mich runter, Ieyasu!“, schrie er und wehrte sich weiter, doch Ieyasu dachte gar nicht daran.
„Nein, du kommst jetzt mit, ob du willst oder nicht.“ Etwas mühsam, da Mitsunari sich nach wie vor wehrte, setzte Ieyasu seinen Weg mit Mitsunari in den Armen fort.
Irgendwann sah Mitsunari ein, dass Gegenwehr einfach nichts brachte und er liess sich widerstandslos tragen. Kaum merklich lehnte er sogar seinen Kopf an Ieyasus Schulter. Dieser Lächelte und drückte Mitsunari etwas fester an sich.
Er liess Mitsunari erst wieder runter als sie an der Eingangstüre eines Wohnblocks angekommen waren und er die Türe öffnen musste. Schweigend erklommen sie die Treppe zum ersten Stock und Ieyasu öffnete die Tür zur rechten Wohnung. Mitsunari trat ein paar Schritte weiter ein während Ieyasu die Tür abschloss. Seit er ausgezogen war hatte sich nicht viel verändert. Im Wohnzimmer zur linken Seite stand immer noch das schwarze Sofa, gegenüber an der Wand der kleine Fernseher. Einzig neu war der kleine geschmückte Tannenbaum, welcher auf der Kommode vor dem Fenster stand. An der glasigen Balkontür hing ein kleiner leuchtender Weihnachtsstern. Hätte er noch hier gewohnt hätte er so etwas ganz bestimmt nicht in der Wohnung gewollt. In der Küche, welche sich gegenüber der Eingangstür befand brannte noch das Licht, während im Schlafzimmer zur rechten alles dunkel war.
Er hörte, dass Ieyasu hinter ihm die Jacke auszog und tat es ihm nach. Es war ein seltsames Gefühl wieder hier in der Wohnung zu sein nach dem er vor nicht all zu langer Zeit von heute auf morgen ausgezogen war.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte Ieyasu, nachdem sie ihre Aussenkleidung fertig ausgezogen hatten. Mitsunari schüttelte den Kopf.
„Nein.“
„Setz dich doch“, sagte Ieyasu während er in die Küche ging. Da er sonst nichts mit sich anzufangen wusste folgte Mitsunari seinem Ratschlag und setzte sich auf das Sofa. Er rieb seine Hände aneinander, damit sie schneller wieder warm wurden. Er hörte wie in der Küche die eine oder andere Schublade aufging und das Klirren von Tassen und Löffeln. War ein Nein so schwer zu verstehen?
Wenig später kehrte Ieyasu mit zwei dampfenden Tassen zurück und hielt eine Mitsunari hin.
„Ich habe nein gesagt“, sagte dieser ohne eine Mine zu verziehen.
„Dann wärme wenigstens deine Hände an der Tasse“, antwortete Ieyasu mit einem Lächeln und setzte sich neben ihn. Für Mitsunaris Geschmack etwas zu nahe. Er nahm ihm jedoch die Tasse aus der Hand und sah auf ihren Inhalt. An der Farbe und dem Duft der ihm in die Nase stieg erkannte er, dass es grüner Tee war.
Die Wärme der Tasse breitete sich schnell in seinen Händen aus und weiter seine Arme hoch. Allerdings brannten seine Hände nun etwas von dem schnellen Kalt-Heiss Wechsel weswegen er sie dann doch auf den kleinen Tisch stellte.
„Mitsunari, bitte sag mir jetzt endlich warum du so wütend auf mich bist. Ich verstehe es wenn ich etwas getan habe, dass dich verletzt hat, aber ich weiss nicht was es war. Ich will es wieder gut machen“, fing Ieyasu nach ein paar Schweigeminuten an. Mitsunari sah kurz zu ihm, wandte jedoch den Blick gleich wieder ab. Er ertrug es nicht, dass Ieyasu ihn so besorgt ansah.
„Das kannst du nicht wieder gut machen“, antwortete er leise und sah wieder auf seine Tasse hinab. Ieyasu stellte seine Tasse nun ebenfalls auf den kleinen Tisch vor ihnen und ergriff Mitsunaris Hand. Dieser wehrte sich zwar nicht, machte jedoch keine Anstalten die Berührung zu erwidern.
„Was habe ich denn getan?“, fragte er während er anfing Mitsunaris Hand zu streicheln, doch dieser zog sie sofort weg.
„Du hast es gewusst, oder?“, flüsterte er. Etwas Überrascht sah Ieyasu ihn an, sagte aber nichts. Er wusste, was Mitsunari ansprach. Man sah Ieyasu an, dass er angestrengt nachdachte, was er sagen sollte, und entschied sich schlussendlich für die Wahrheit.
„Ja, ich habe es gewusst.“ Endlich hatte er die Bestätigung dafür bekommen, was er ohnehin schon lange gewusst hatte. Wütend sprang er auf.
„Warum? Warum hast du ihn nicht gewarnt?“, schrie Mitsunari Ieyasu an und betonte das Warum deutlich.
„Mitsunari, setzt dich wieder, ich erkläre es dir“, bat Ieyasu doch Mitsunari dachte gar nicht erst daran. Alle Gefühle der letzten Wochen kamen wieder in ihm hoch. Trauer, Wut, Enttäuschung, Kummer, Zorn. Er hatte nicht einmal das Bedürfnis sich jetzt zu beruhigen und noch weniger, sich irgendwelche Erklärungen anzuhören.
„Da gibt es nichts zu erklären!“
„Mitsunari, was hätte ich denn machen sollen? Ich habe es ohnehin nur zufällig erfahren. Hätten die herausgefunden, dass ich es wusste, hätten sie nicht nur Hideyoshi sondern auch mich getötet.“
„Lügner! Du wolltest doch das er stirbt!“
Nun erhob sich au Ieyasu. Er schien nach wie vor nicht wütend auf Mitsunari zu sein und wurde auch nicht lauter. Seine Stimme blieb so ruhig und sanft wie zuvor. Er wusste, dass Mitsunari jemanden brauchte, dem er die Schuld geben konnte. Es schmerzte ihn bloss, dass er ausgerechnet ihn dafür ausgesucht hatte. Er hatte sich sehr gewünscht, dass der Abend wenigstens friedlich sein würde, es war doch heilig Abend. Mitsunari kümmerte das nicht, er wurde fast mit jeder Sekunde, in der Ieyasu nichts sagte, wütender.
„Mitsunari, das ist nicht war. So etwas schreckliches hätte ich nie gewollt, erst recht nicht da ich wusste, wie viel er dir bedeutet hatte.“ Diese Worte brachten Mitsunari aus seinem Konzept, er wusste nicht, was er als nächstes sagen sollte. Er hatte sich oft dieses Streitgespräch zwischen ihnen im Kopf vorgestellt, doch in seiner Version hatte Ieyasu immer gewollt, dass Hideyoshi stirbt. Dass Ieyasu nun das genaue Gegenteil sagte brachte ihn durcheinander.
Diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte Ieyasu aus, schlang seine Arme um Mitsunaris Hüfte und zog ihn fest an sich. Diese Geste kam für Mitsunari völlig unerwartet und er liess es einen Moment lang einfach geschehen, bevor er sich wie so oft am heutigen Abend wieder zu befreien versuchte. Aber dieses Mal liess es Ieyasu nicht zu, dass sich Mitsunari befreite und zog ihn stattdessen mit sich aufs Sofa zurück.
Lange wehrte sich Mitsunari nicht. Schon nach kurzer Zeit gab er jeglichen Widerstand auf und liess sich in Ieyasus Arme sinken. Er merkte, wie sehr er die Zuneigung im Moment brauchte.
Glücklich lächelte Ieyasu und zog Mitsunari auf seinen Schoss, welcher sogleich seinen Kopf an Ieyasus Schulter lehnte. Er sagte nichts als Ieyasu begann, ihm sanft über den Rücken zu streicheln.
„Glaube mir, ich hatte nie gewollt das so etwas Schreckliches passierte, und ich hatte auch überhaupt nichts damit zu tun. Das Einzige, was ich noch tun konnte, war dich vor dem Unglück zu bewahren. Ich wollte dich nicht verlieren.“ Als Mitsunari nichts Antwortete sah Ieyasu ihn an und sah, wie stumme Tränen über seine Wangen rollten. Es tat ihm weh den Menschen, den er so sehr liebte, so traurig zu sehen. Er drückte Mitsunari fester an sich und strich im sanft durch die Haare. Jetzt brachen alle Dämme und Mitsunari weinte sich hemmungslos an Ieyasus Schulter aus. Es war langsam einfach alles zu viel für ihn. Ieyasu wusste nicht, was er sonst tun sollte, weswegen er einfach weiter tröstend über Mitsunaris Rücken und durch seine Haare streichelte.
Irgendwann versiegten Mitsunaris Tränen, und nach einigen weiteren Schluchzer gab er keinen Laut mehr von sich. Ganz beruhigt hatte er sich noch nicht, denn er zitterte noch immer, doch es wurde etwas besser.
„Willst du heute Nacht nicht hierbleiben?“, fragte Ieyasu leise. Mitsunari zuckte schwach mit den Schultern. Ihm war nicht danach nach Hause in sein leeres Zimmer zu gehen, wo er wieder alleine sein musste. Aber hierzubleiben hielt er auch für falsch. Gewollt oder nicht, hätte Ieyasu etwas gesagt hätte man Hideyoshi vielleicht noch retten können.
Als Mitsunari weiter nichts sagte hob Ieyasu ihn kurzerhand hoch und trug ihn nach hinten ins Schlafzimmer. Er legte ihn sanft auf das Bett und verliess daraufhin nochmal den Raum. Mitsunari setzte sich auf und sah ihm nach. Sollte er wirklich hier bleiben?
Eigentlich hatte er nicht mehr die Kraft, sich erneut zu wehren, und er war sich sicher, dass Ieyasu ihn nur äussert ungern gehen lassen würde. Aber sein Kopf wollte es nicht zulassen, er wollte nicht, dass seine Gefühle für Ieyasu wieder die Oberhand gewannen. Nicht nach allem was passiert war.
In ihm tobte ein furchtbarer Kampf, den keine Seite klar für sich entscheiden konnte. Und dabei musste er sich schnell entscheiden, falls er noch gehen wollte. Ieyasu würde es bestimmt nicht zulassen, dass er noch einmal alleine in die Kälte ging.
Schlussendlich entschied er die Nacht hierzubleiben. Sich jetzt rauszuschleichen war eh ein Ding der Unmöglichkeit, Ieyasu war viel zu aufmerksam. Wenn er jetzt so tat als würde er schlafen, würde sich Ieyasu bestimmt auch bald hinlegen und einschlafen und dann konnte er morgen früh verschwinden, bevor der andere erwachte. Danach musste er nur noch darauf achten, ihm ja nie mehr zu begegnen, damit so etwas nicht noch einmal passieren konnte.
Für Mitsunari ging sein Plan im Kopf auf. Schnell schlüpfte er aus seiner Jeans, damit es zum Schlafen bequemer war und zog sich die Decke über den Körper. Er legte sich auf die Seite des Bettes, welche der Tür näher war und drehte sich auf die Seite, den Rücken zur Bettmitte.
Er schloss die Augen und lauschte. Er hörte, wie Ieyasu das Wasser in der Küche abdrehte und kurz darauf das Klicken zweier Lichtschalter. Ieyasus Schritte waren auf dem Flur zu hören und kurz darauf auch das Klicken der Türfalle, als Ieyasu die Tür zum Schlafzimmer schloss. Mitsunari versuchte so regelmässig und ruhig wie möglich zu atmen, damit Ieyasu dachte er schläft. Wenig später war das Rascheln von Kleidung zu hören und Mitsunari spürte, wie sich die Matratze neben ihm senkte. Er konzentrierte sich angestrengt auf seine Atmung, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen, doch es fiel ihm immer schwerer. Ieyasus Nähe brachte sein Herz dazu schneller zu Schlagen.
Ieyasu hingegen rutschte zu Mitsunari unter die Decke, schlang ohne zu zögern seine Arme um ihn und zog ihn an sich. Sofort verkrampfte sich Mitsunari, was seine Tarnung natürlich auffliegen liess. Er verfluchte sich. Ieyasus Grinsen war für ihn fast schon spürbar.
„Dachte ich mir doch, dass du noch nicht schläfst. Du bist nie vor mir eingeschlafen“, murmelte ihm Ieyasu leise ins Ohr. Mitsunari antwortete nichts. Er wollte bloss schnell einschlafen, damit er auch bald wieder verschwinden konnte. Doch Ieyasu hatte andere Pläne. Er fing an über Mitsunaris Seite zu streicheln, und als dieser sich nicht sofort wehrte, begann er auch sanft seinen Hals zu küssen. Aber das wollte Mitsunari sich nicht gefallen lassen. Unsanft stiess er Ieyasu von sich weg.
„Lass das“, knurrte er und zog die Decke enger um sich. Sein Herz raste. Wie konnte es Ieyasu nur wagen so zu tun als wäre nichts gewesen, nur weil er bei ihm im Bett lag?
„Mitsunari“, flüsterte Ieyasu und zog ihn fest an sich. Die Art, wie er seinen Namen sagte, liess Mitsunari erröten. Er musste sich eingestehen, dass er einen aussichtslosen Kampf gegen seine Gefühle führte, aber er wollte dennoch nicht nachgeben.
Ieyasu seufzte schwer, als Mitsunari nach ein paar Minuten immer noch nichts erwiderte. Er freute sich, Mitsunari wieder in seinen Armen halten zu können, doch er hatte sich die Situation etwas anders vorgestellt. Er verstand nicht, warum Mitsunari immer noch wütend auf ihn war, jetzt da er wusste, dass er nichts mit Hideyoshis Tod zu tun hatte. Er hatte sich gewünscht, dass Mitsunari ihm verzeihen würde, und noch viel mehr, dass sie wieder zusammen sein konnten. Aber da hatte er seine Erwartungen wohl zu hoch gesteckt.
Ieyasus sah es zumindest als kleinen Sieg, dass Mitsunari sich widerstandslos von ihm umarmen liess, auch wenn es ihm gerade unglaublich schwer fiel, sich zurückzuhalten. Aber er wollte Mitsunari zu nichts drängen, was dieser nicht wollte, er war vorhin schon viel zu weit gegangen.
„Mitsunari, bitte verzeih mir“, begann Ieyasu erneut. So schnell würde er sich nicht geschlagen geben. „Ich habe wirklich nicht gewollt, dass Hideyoshi stirbt, und noch weniger wollte ich dich verletzten. Es war auch wirklich nicht mein Plan, ich kenne nicht mal die Namen der Männer, die ihn getötet haben.“ Ihm fiel einfach nichts anderes ein was er sagen konnte, ausser seine Unschuld zu beteuern.
„Lass es einfach, ich will nicht mehr darüber reden“, murmelte Mitsunari. Er war es leid ständig an das Geschehene erinnert zu werden. Tief im Inneren wusste er, dass Ieyasu wirklich nichts für Hideyoshis Tod konnte, und er wusste, dass er ihm unrecht getan hatte, dass er ihm dankbar sein musste, zumindest ihm das Leben gerettet zu haben, indem er ihn an diesem Tag für sich alleine haben wollte. Doch etwas in ihm sperrte sich, sich das einzugestehen. Etwas hielt ihn davon ab, Ieyasu zu verzeihen. Er hatte Ieyasu so lange die Schuld an allem gegeben, dass es ihm nun schwer fiel, anders zu denken. Ausserdem wusste er nicht einmal, wie glaubwürdig Ieyasus Worte waren. Zugegeben, angelogen hatte er ihn nie, aber dennoch fiel es Mitsunari schwer alles ohne zu zögern zu glauben.
Gedankenverloren begann Ieyasu erneut, über Mitsunaris Seite zu streicheln. Mitsunaris innerer Kampf tobte weiter. Er hatte einerseits das Bedürfnis, Ieyasus Hand wegzuschlagen und ihn anzufauchen, er solle ihn nicht anfassen. Aber die Berührung fühlte sich zu gut an, weswegen er sie vorerst einfach zuliess.
Auch wenn er es sog gut wie möglich versuchte, er konnte seine Gefühle nicht mehr verleugnen, er genoss die Berührung mehr als er sich eingestehen wollte. Selbst als Ieyasu mutig seine Hand unter seinen Pullover gleiten liess und über seinen Bauch streichelte wehrte er sich nicht. Mitsunari wusste, dass sein leises Seufzen Ieyasu triumphierend lächeln liess. Aber das war ihm nun egal, er konnte sich einfach nicht mehr sträuben. Ieyasu hatte gewonnen, seine Gefühle hatten über seinen Kopf gesiegt.
Etwas unsicher drehte sich Mitsunari nun zu Ieyasu. Er konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht sehen, war sich aber sicher, dass dieser immer noch lächelte. Er spürte, wie Ieyasus Hand sich von ihm löste und nun liebevoll über seine Wange streichelte. Mitsunari schloss die Augen. Bis jetzt hatte er immer verdrängt, wie sehr er Ieyasu vermisst hatte. Erst jetzt, da er wieder hier in seinen Armen lag wurde ihm bewusst, wie sehr er sich nach ihm gesehnt hatte. Aber das würde er niemals offen zugeben, den Triumph wollte er Ieyasu nicht auch noch gönnen.
Da Mitsunari sich nun offensichtlich Ieyasu hingab, erlaubte dieser sich noch weiter zu gehen. Er beugte sich vor, um die wenigen Zentimeter die ihn von Mitsunari trennten zu überbrücken. Er zögerte einen Moment. Er war sich nicht sicher, ob Mitsunari ihn gewähren lassen würde. Aber es gab nur eine Möglichkeit, dass herauszufinden. Er beugte sich noch etwas weiter vor, bis seine Lippen die von Mitsunari berührten. Er küssten ihn vorsichtig und schloss dabei die Augen. Er hoffte sehr, dass Mitsunari sich nicht losreissen würde. Zu Ieyasus Überraschung begann Mitsunari den Kuss zögerlich zu erwidern. Erleichtert zog er Mitsunari an sich und küsste ihn um einiges intensiver als zu vor. Fordernd strich er mit seiner Zunge über Mitsunaris Lippen. Er zweifelte nicht mehr daran, dass Mitsunari nachgeben würde.
Wenig später schon tat Mitsunari ihm den gefallen. Er teilte seine Lippen und gewährte Ieyasus fordernder Zunge Einlass.
Jetzt kostete es Ieyasu mehr Willenskraft als jemals zuvor, um nicht wild über Mitsunari herzufallen. Selbst als Mitsunari leise in den Kuss hineinstöhnte versuchte er so zurückhaltend wie möglich zu bleiben. Dies war vielleicht seine letzte Chance bei Mitsunari und die wollte er nicht mit Ungeduld zerstören.
Mitsunari merkte, dass er mehr und mehr gefallen an der Situation fand. Er ärgerte sich über sich selbst, er hätte es gar nicht so weit kommen lassen dürfen. Aber nun konnte er sich einfach nicht mehr vom Kuss losreissen, es gefiel ihm zu sehr.
Schon bald war ihm Ieyasus zurückhaltende Art nicht mehr genug und er begann selber aktiver zu werden. Er küsste Ieyasu intensiver, fast schon gierig, und versuchte die Oberhand zu gewinnen. Einen Moment liess ihm Ieyasu die Oberhand, glücklich über die Eigeninitiative, die Mitsunari zeigte. Doch schon nach wenigen Augenblicken drückte er Mitsunari aufs Bett, so dass dieser nun unter ihm lag und schob seine Hand wieder unter seinen Pullover, um ihn erneut zu streicheln. Er löste seine Lippen von Mitsunari, nur um kurz darauf schon seinen Hals zu küssen.
Mitsunari versuchte angestrengt sein Stöhnen zurückzuhalten, denn diesen Triumph wollte er Ieyasu nicht jetzt schon geben, schlimm genug, dass er sich vorhin schon fast vergessen hatte und er sich überhaupt auf alles eingelassen hatte. Das Gestaltete sich aber als äusserst schwierig, denn Ieyasu wusste genau, wo Mitsunaris Schwachstelle war. Er liess seine Lippen über Mitsunaris Hals nach Oben wandern und küsste und saugte an einer ganz bestimmten Stelle hinter seinem Ohr, um ihm endlich ein Stöhnen entlocken zu können.
Unfähig, sich noch weiter zurückzuhalten stöhnte Mitsunari leise und fuhr mit seiner Hand durch Ieyasus Haare. Er genoss Ieyasus Liebkosungen zu sehr als dass er sich noch weiter beherrschen wollte. Eine leise Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er das morgen früh bereuen würde, doch je höher Ieyasu mit seiner Hand über Mitsunaris Oberkörper fuhr, desto leise wurde die Stimme bis Mitsunari sie gar nicht mehr beachtete. Er merkte, wie Ieyasu seinen Pullover immer weiter hochschob und er richtete sich etwas auf, so dass Ieyasu ihm das Kleidungsstück ausziehen konnte. Er hörte weiteres Rascheln von Kleidung und war sich sicher, dass sich Ieyasu nun ebenfalls sein Oberteil ausgezogen hatte. Wenig später verwickelte ihn Ieyasu auch schon in einen weiteren leidenschaftlichen Kuss.
Jetzt fing Mitsunari wieder an, selber aktiv zu werden und liess seine Hand langsam über Ieyasus nackten Rücken gleiten. Im Gegensatz zu ihm selber hatte dieser kein Problem damit, seine Gefühle offen zu zeigen. Er stöhnte zufrieden auf und ermutigte Mitsunari damit weiterzumachen. Während dessen fuhr Ieyasu mit seiner Hand wieder über Mitsunaris Oberkörper immer weiter nach unten bis er zum Bund seiner Boxershorts gelangte. Neckisch liess er seine Finger am Bund entlanggleiten, um Mitsunari etwas zu reizen. Dieser keuchte auf und reckte sich der Berührung entgegen. Spätestens jetzt war auch der letzte Widerstand in ihm gebrochen.
Ieyasu löste den Kuss und leckte Mitsunari stattdessen übers Ohr, was diesen erschaudern liess.
„Soll ich weitermachen?“, flüsterte er ihm leise ins Ohr. Er wusste selbst, dass die Frage eigentlich überflüssig war, so wie Mitsunari auf ihn reagierte. Aber er wollte es hören. Er wollte wirklich ganz sicher sein, dass er nicht zu weit ging.
Mitsunaris Antwort liess nicht lange auf sich warten, er brauchte nicht mehr darüber nachzudenken.
„Ja“, flüsterte er ebenso leise, froh darüber, dass Ieyasu nicht sehen konnte, wie er errötete. „Mach weiter.“
Das liess sich Ieyasu nicht zwei Mal sagen. Er verwickelte ihn erneut in einen Kuss und zog ihm ihm langsam das letzte noch vorhandene Kleidungsstück aus.
Als Mitsunari am nächsten Morgen erwachte und die Augen öffnete, wusste er einen Moment nicht, wo er war. Durch das grelle Licht welches durch das Fenster fiel konnte er seine Umgebung zuerst auch gar nicht richtig wahrnehmen. Doch schon kurz darauf kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück und er bemerkte die starken Arme, die um ihn geschlungen waren und das leise Atmen eines anderen an seinem Ohr. Er seufzte schwer. Warum hatte er sich bloss darauf eingelassen? Er hätte es nicht tun dürfen. Aber andererseits hatte es sich auch nicht falsch angefühlt...
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Auch wenn er am vorigen Abend geplant hatte, heute morgen wortlos zu verschwinden, hatte er jetzt kein Bedürfnis mehr dazu, was ihn fast noch mehr ärgerte. Er unterbrach seinen Gedankengang als sich Ieyasu neben ihm regte. Wenig später verstärkte sich die bisher lockere Umarmung und Ieyasu rückte näher an ihn heran, auch wenn das fast nicht möglich war.
„Guten Morgen“, murmelte dieser verschlafen und strich Mitsunari durch die Haare. Dieser antwortete nichts. Ieyasu kümmerte das nicht grossartig, er hatte schon fast erwartet, dass Mitsunari ihn ignorieren würde. Er setzte sich auf und streckte sich, bevor er erneut zu Mitsunari blickte. Dieser hatte ihm noch immer den Rücken zugekehrt und starrte die Wand an.
Mitsunari wusste, dass Ieyasu auf ihn herabsah, was ihn erst recht davon abhielt, zu ihm zu schauen. Er konnte es nicht ausstehen, wenn jemand auf ihn herabblickte. Ausserdem war er sich sicher, dass die Decke bis zu Ieyasus Hüften heruntergerutscht war und nun sein Oberkörper entblösst war. Den Blick wollte er nicht riskieren...
Als Mitsunari ihn weiter ignorierte fuhr Ieyasu mit seiner Hand liebevoll über dessen Oberarm und beugte sich zu ihm hinunter, um ihm einen Kuss zu geben, doch Mitsunari wich ihm aus. Ieyasu seufzte, es war wirklich nicht einfach mit Mitsunari.
„Bitte Mitsunari, gib dir selber einen Ruck. Gestern Nacht hast du doch gezeigt, dass du immer noch etwas für mich empfindest“, sagte Ieyasu und strich ihm erneut durch die Haare.
„So einfach ist das nicht“, knurrte dieser, schlug aber Ieyasus Hand nicht weg.
„Du machst es schwerer als es ist. Versuch es doch wenigstens. Besser als die Einsamkeit ist es bestimmt.“ Nach einer kurzen Schweigeminute fügte er noch leise hinzu: „Du könntest auch wieder hier einziehen.“
Im Stillen wusste Mitsunari, dass Ieyasu recht hatte. Sich durch die Einsamkeit zu quälen brachte ihn nicht weiter, es verschlimmerte den Schmerz über seine Verluste mehr als alles andere.
Er drehte sich nun doch auf den Rücken und sah Ieyasu an, welcher sich mittlerweile wieder aufgerichtet hatte, ihn aber immer noch ansah. Ieyasu meinte es wirklich ernst.
Mitsunari seufzte. Ein Versuch konnte nicht schaden...
Alleine schlenderte ein junger Mann durch den verlassenen Park. Der Schnee lag knöcheltief und die Bäume, welche den Wegrand säumten, waren mit hell leuchtenden Lichtern geschmückt. Es fing wieder an zu schneien.
Der junge Mann zog seinen violetten Schal etwas enger um den Hals, um sich besser vor der Kälte zu schützten, doch es nützte nichts. Er blieb kurz stehen und sah sich um. Niemand war zu sehen. Natürlich nicht, es war heilig Abend. Jeder verbrachte den Abend mit seinen Liebsten. Jeder, ausser ihm. Er hatte niemanden mehr, mit dem er den ihn seinen Augen bisher sinnlosen Abend verbringen konnte. Jetzt hielt er ihn nicht mehr für sinnlos, jetzt, da er ihn alleine verbrachte merkte er, wie einsam und traurig es war an heilig Abend alleine zu sein.
Er setzte seinen Weg fort und schob seine Hände in die Taschen seiner Jacke, um sie etwas zu wärmen. Bei dieser Kälte sollte man besser Drinnen bleiben und sich an der Heizung wärmen, doch das konnte er nicht. Er hielt es nicht aus, alleine in dem kleinen Raum zu sein, den er nun bewohnte.
Sein Weg führte zu einer langen Mauer, an der am Ende des Weges ein Eisentor mit Doppeltüren eingelassen war. An der Eisentür war ein Schild angebracht, auf dem in verwitterter Schrift „Städtischer Friedhof“ stand.
Mühsam schob er das eiskalte, schwere Eisentor auf und trat ein. Die Berührung mit dem kalten Eisen jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er hätte Handschuhe anziehen sollen, aber was soll's. Dann fror er eben.
Er schlug den ihm nur all zu bekannten, da es dunkel war nur schwach beleuchteten, Weg durch die Gräber entlang ein. Er konnte ihn schon fast mit verbundenen Augen gehen. Wie jedes Mal fielen ihm die letzten paar Meter zu den zwei gesuchten Gräbern unglaublich schwer, jedes Mal schmerzten sie aufs Neue.
Er blieb vor den beiden Gräbern stehen und sah auf sie herab. Da die Tode nicht weit auseinander lagen, hatten sie wenigstens nebeneinander begraben werden können. Takenaka Hanbei und Toyotomi Hideyoshi. Tränen stiegen in die Augen des jungen Mannes. Hanbei war zuerst von ihnen gegangen, an den Folgen seiner schweren Krankheit. Viel zu lange hatte Hanbei seinen Krankheitszustand vor ihm verschwiegen, so dass er erst davon erfuhr, als Hanbeis Tod schon absehbar war. Hideyoshi hatte angeblich schon lange von der Krankheit seines besten Freundes gewusst, doch geschwiegen, um dem jungen Mann nicht unnötig Sorgen zu bereiten. Mit etwas Glück hätte er sogar geheilt werden können, doch dieses Glück hatte Hanbei leider nicht gehabt.
Er wandte seinen Blick von dessen Grabe ab und sah zum Grabe seines Adoptivvaters. Nun konnte er die Tränen endgültig nicht mehr zurückhalten. Stumm rollten ihm Tränen über die Wangen. Es hatte ja nicht gereicht, dass seine Adoptivmutter Nene, Hideyoshis Frau und der liebevollste Mensch auf der Welt, schon vor einigen Jahren hatte sterben müssen. Nein, auch sein Adoptivvater, denn er über alles geliebt und verehrt hatte, hatte ihn alleine gelassen.
Der junge Mann sank auf die Knie, dass sich seine Hose wegen des Schnees nach und nach nässen würden kümmerte ihn nicht. Warum mussten ihn bloss alle alleine lassen? Warum mussten bloss alle, die er liebte, sterben? Er schlang seine Arme um seinen Oberkörper, der Schmerz den er empfand war schon fast körperlich spürbar.
Noch dazu war Hideyoshis Tod völlig sinnlos und unnötig gewesen. Er war bei einem Überfall erschossen worden. Angeblich Raubmord, doch er würde das niemals glauben. Er wusste, dass sein Adoptivvater viele Feinde hatte. Er war sich sicher, dass der Mord geplant war. Und er war felsenfest davon überzeugt zu wissen, wer davon gewusst hatte.
„Ieyasu“, brachte er zähneknirschend über die Lippen. Doch das Aussprechen des Namens versetzte ihm erneut einen heftigen Stich ins Herz. Sein mittlerweile Ex-Freund. Er war sich todsicher, dass Ieyasu davon gewusst hatte. Warum sonst hätte er ihn davon abhalten sollen, Hideyoshi an diesem Tag zu begleiten? Er hätte niemals gedacht, dass Ieyasu ihn auf eine solch schreckliche Weise betrügen würde. Aber nun kniete er hier alleine an heilig Abend vor den Gräbern zweier geliebter Menschen, deren Stimmen er nie mehr hören würde.
Er war so in seine Gedanken und seine Trauer versunken, dass er nicht wahrnahm, wie ihm immer kälter wurde. Er merkte nicht einmal, dass er nicht mehr alleine auf dem Friedhof war. Eine weitere, einsame Gestalt näherte sich ihm zielstrebig. Es war unbestreitbar, dass sie sich dem kauernden Man näherten. Der junge Mann bemerkte die Person nicht einmal als sie direkt hinter ihm auf dem schmalen Weg zwischen den Gräbern stand.
„Mitsunari?“, fragte der Mann, der hinter ihm stand. Der angesprochene erwachte aus seiner Starre, sprang auf und drehte sich um. Diese Stimme würde er unter Tausenden erkennen.
„Du?“, schrie er. „Was willst du hier? Verschwinde!“ Schnell wischte er sich die Tränen ab, er wollte nicht schwach erscheinen.
„Ich wusste, dass ich dich hier finden würde“, sagte der andere mit einem sanften Ton in seiner Stimme. Das machte Mitsunari nur noch wütender.
„Ieyasu, verschwinde sofort. Du hast nicht das Recht hier zu sein.“
„Natürlich habe ich das. Ich habe Hideyoshi und Hanbei genau so gekannt wie du.“ Man konnte Mitsunari deutlich ansehen, dass er mit sich kämpfte. Der Drang einfach davon zu laufen und Ieyasu stehen zu lassen stand dem Wunsch hier bei den Gräbern zu bleiben genau so stark gegenüber.
„Lass mich einfach in Ruhe!“, schrie Mitsunari nach einer kurzen Schweigepause und machte Anstalten davonzulaufen. Er konnte später immer noch zurückkehren, es gab ja niemanden, der ihn davon abhielt. Nach wenigen Schritten holte Ieyasu jedoch zu ihm auf und packte ihn am Handgelenk. Sofort versuchte Mitsunari sich loszureissen.
„Lass sofort los!“ Er versuchte noch ein paar Mal sein Handgelenk freizubekommen, doch es war vergebens. Ieyasu war zu stark.
„Mitsunari, hör mir doch einmal zu“, bat Ieyasu, doch Mitsunari dachte nicht daran. Als sich Mitsunari weiterhin sträubte packte Ieyasu auch sein anderes Handgelenk. Jetzt war jegliche Gegenwehr endgültig sinnlos geworden und der Festgehaltene sah ein, dass es wenig Sinn machte, noch weiter Kraft zu vergeuden. Er beendete seine Befreiungsversuche.
„Du bist mir immer noch eine Antwort schuldig. Ich weiss immer noch nicht, woher deine Wut auf mich kommt und warum du dich von mir getrennt hast. Ich möchte eine Antwort von dir“, sagte Ieyasu ernst und sah Mitsunari direkt in die Augen. Dieser wandte den Blick ab.
„Ich bin dir gar nichts schuldig.“ Ieyasu seufzte. Warum war Mitsunari bloss so stur?
„Bist du heute Abend ganz alleine?“, wechselte er stattdessen das Thema, die Handgelenke des anderen hielt er immer noch fest im Griff.
„Natürlich“, zischte Mitsunari. „Es ist ja niemand mehr da!“
„Willst du nicht mit zu mir kommen? Ich bin heute Abend auch alleine und meine Wohnung ist näher als deine. Du könntest dich wärmen, du bist eiskalt.“ Ieyasus Hände lösten sich von Mitsunaris Handgelenken und umschlossen stattdessen seine Hände, welche sich so kalt wie Eiszapfen anfühlten.
Als wären Ieyasus Worte der Auslöser gewesen spürte Mitsunari plötzlich, wie kalt ihm eigentlich wirklich war. Er spürte seine Finger kaum noch und fror am ganzen Körper. Seine Hände waren so kalt, dass die Wärme von Ieyasus Händen kaum zu seinen durchdrang. Doch er wollte das Angebot nicht annehmen, jedenfalls sein Kopf nicht. Er wollte nicht in die Wohnung der Person, die ihn so betrogen hatte. Aber die Kälte frass sich immer weiter in seinen Körper und er zitterte mittlerweile am ganzen Leib. Das entging Ieyasu nicht. Er versuchte, Mitsunari sanft mit sich zu ziehen als dieser nicht antwortete, doch dieser schien nun wieder aus seiner Starre zu erwachen. Mit einem kräftigen Ruck entriss er Ieyasu seine Hände und machte ein paar Schritte rückwärts, wobei er fast über eine Kante im Boden fiel.
„Lass mich in ruhe“, wiederholte er, machte kehrt und ging ohne noch einmal zurückzuschauen davon. Weit kam er nicht. Ieyasu holte ihn erneut ein und schlang seine starken Arme um die schlanken Hüfte von Mitsunari. Aus diesem Griff gab es kein Entrinnen. Mitsunari versuchte sich verzweifelt von ihm loszureissen, sich aus seiner Umarmung zu winden, doch alles brachte nichts.
„Mitsunari, bitte“, flüsterte er ihm ins Ohr. „Ich sorge mich doch nur um dich.“
„Spar dir deine Sorgen für jemanden auf, den es auch interessiert“, knurrte dieser und versuchte erneut sich zu befreien. Mit einem seufzen liess Ieyasu ihn frei.
Einen kurzen Moment bereute Mitsunari, sich befreit zu haben, denn Ieyasus Nähe hatte ihn etwas gewärmt. Den Gedanken liess er jedoch nicht lange zu und er rief sich erneut ins Gedächtnis, was Ieyasu getan hatte. Das versetzte ihn erneut in Wut.
„Bitte, Mitsunari. Heilig Abend sollte man nicht alleine verbringen“, fing Ieyasu erneut an. Er wollte nicht, dass Mitsunari alleine war. Der Gedanke schmerzte ihn. Er wusste nicht, was er getan hatte, damit Mitsunari so wütend auf ihn war, aber er wollte es wieder in Ordnung bringen. Mitsunari schien es aber strikt nicht zulassen zu wollen.
„Und warum bist du dann alleine?“, fauchte er.
„Ich wollte den Abend mit dir verbringen“, sagte Ieyasu ganz offen. Das brachte Mitsunari kurz zum schweigen, und es reichte fast um ihn schwach zu kriegen. Aber nur fast.
„Dann ist das wohl dein Problem.“ Mit diesen Worten wandte sich Mitsunari ab und ging den Weg zurück, den er vorhin gekommen war. Er hoffte dabei inständig, dass Ieyasu ihn nicht erneut verfolgen und festhalten würde. Diesmal liess es dieser bleiben, Mitsunari konnte den Friedhof verlassen, ohne noch einmal aufgehalten zu werden.
Mittlerweile schneite es stärker uns ständig flogen ihm grosse Schneeflocken in die Augen, welche er andauernd energisch wegwischte. Bald vermischte sich das Wasser der geschmolzenen Flocken mit seinen eigenen Tränen.
Auch wenn er es sich selber kaum eingestand wäre er am liebsten mit Ieyasu gegangen. Seine Gefühle für ihn hatte er noch immer nicht auslöschen können. Doch er wollte sie nicht zulassen. Nicht nach dem, was Ieyasu getan hatte. Lieber quälte er sich durch die Einsamkeit und den Kummer.
Als der erste Schluchzer seine Kehle verliess liess er sich auf eine Bank am Wegrand fallen, die von einer Strassenlaterne erleuchtet wurde. Er vergrub sein Gesicht in seinen kalten Händen. Warum hatte ihm das alles passieren müssen? Er liess seinen Tränen freien lauf.
Er wusste nicht, wie lange er auf der Bank gesessen hatte als er Schritte auf dem frisch gefallenen Schnee hörte. Er beachtete sie nicht. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass diese Person auf ihn zuging bis er spürte, dass jemand einen Arm unter seine Beine schob und ihn anschliessend in seine Arme hob. Als er sah, wer ihn hochgehoben hatte, versuchte er sich strampelnd zu befreien.
„Lass mich runter, Ieyasu!“, schrie er und wehrte sich weiter, doch Ieyasu dachte gar nicht daran.
„Nein, du kommst jetzt mit, ob du willst oder nicht.“ Etwas mühsam, da Mitsunari sich nach wie vor wehrte, setzte Ieyasu seinen Weg mit Mitsunari in den Armen fort.
Irgendwann sah Mitsunari ein, dass Gegenwehr einfach nichts brachte und er liess sich widerstandslos tragen. Kaum merklich lehnte er sogar seinen Kopf an Ieyasus Schulter. Dieser Lächelte und drückte Mitsunari etwas fester an sich.
Er liess Mitsunari erst wieder runter als sie an der Eingangstüre eines Wohnblocks angekommen waren und er die Türe öffnen musste. Schweigend erklommen sie die Treppe zum ersten Stock und Ieyasu öffnete die Tür zur rechten Wohnung. Mitsunari trat ein paar Schritte weiter ein während Ieyasu die Tür abschloss. Seit er ausgezogen war hatte sich nicht viel verändert. Im Wohnzimmer zur linken Seite stand immer noch das schwarze Sofa, gegenüber an der Wand der kleine Fernseher. Einzig neu war der kleine geschmückte Tannenbaum, welcher auf der Kommode vor dem Fenster stand. An der glasigen Balkontür hing ein kleiner leuchtender Weihnachtsstern. Hätte er noch hier gewohnt hätte er so etwas ganz bestimmt nicht in der Wohnung gewollt. In der Küche, welche sich gegenüber der Eingangstür befand brannte noch das Licht, während im Schlafzimmer zur rechten alles dunkel war.
Er hörte, dass Ieyasu hinter ihm die Jacke auszog und tat es ihm nach. Es war ein seltsames Gefühl wieder hier in der Wohnung zu sein nach dem er vor nicht all zu langer Zeit von heute auf morgen ausgezogen war.
„Möchtest du etwas trinken?“, fragte Ieyasu, nachdem sie ihre Aussenkleidung fertig ausgezogen hatten. Mitsunari schüttelte den Kopf.
„Nein.“
„Setz dich doch“, sagte Ieyasu während er in die Küche ging. Da er sonst nichts mit sich anzufangen wusste folgte Mitsunari seinem Ratschlag und setzte sich auf das Sofa. Er rieb seine Hände aneinander, damit sie schneller wieder warm wurden. Er hörte wie in der Küche die eine oder andere Schublade aufging und das Klirren von Tassen und Löffeln. War ein Nein so schwer zu verstehen?
Wenig später kehrte Ieyasu mit zwei dampfenden Tassen zurück und hielt eine Mitsunari hin.
„Ich habe nein gesagt“, sagte dieser ohne eine Mine zu verziehen.
„Dann wärme wenigstens deine Hände an der Tasse“, antwortete Ieyasu mit einem Lächeln und setzte sich neben ihn. Für Mitsunaris Geschmack etwas zu nahe. Er nahm ihm jedoch die Tasse aus der Hand und sah auf ihren Inhalt. An der Farbe und dem Duft der ihm in die Nase stieg erkannte er, dass es grüner Tee war.
Die Wärme der Tasse breitete sich schnell in seinen Händen aus und weiter seine Arme hoch. Allerdings brannten seine Hände nun etwas von dem schnellen Kalt-Heiss Wechsel weswegen er sie dann doch auf den kleinen Tisch stellte.
„Mitsunari, bitte sag mir jetzt endlich warum du so wütend auf mich bist. Ich verstehe es wenn ich etwas getan habe, dass dich verletzt hat, aber ich weiss nicht was es war. Ich will es wieder gut machen“, fing Ieyasu nach ein paar Schweigeminuten an. Mitsunari sah kurz zu ihm, wandte jedoch den Blick gleich wieder ab. Er ertrug es nicht, dass Ieyasu ihn so besorgt ansah.
„Das kannst du nicht wieder gut machen“, antwortete er leise und sah wieder auf seine Tasse hinab. Ieyasu stellte seine Tasse nun ebenfalls auf den kleinen Tisch vor ihnen und ergriff Mitsunaris Hand. Dieser wehrte sich zwar nicht, machte jedoch keine Anstalten die Berührung zu erwidern.
„Was habe ich denn getan?“, fragte er während er anfing Mitsunaris Hand zu streicheln, doch dieser zog sie sofort weg.
„Du hast es gewusst, oder?“, flüsterte er. Etwas Überrascht sah Ieyasu ihn an, sagte aber nichts. Er wusste, was Mitsunari ansprach. Man sah Ieyasu an, dass er angestrengt nachdachte, was er sagen sollte, und entschied sich schlussendlich für die Wahrheit.
„Ja, ich habe es gewusst.“ Endlich hatte er die Bestätigung dafür bekommen, was er ohnehin schon lange gewusst hatte. Wütend sprang er auf.
„Warum? Warum hast du ihn nicht gewarnt?“, schrie Mitsunari Ieyasu an und betonte das Warum deutlich.
„Mitsunari, setzt dich wieder, ich erkläre es dir“, bat Ieyasu doch Mitsunari dachte gar nicht erst daran. Alle Gefühle der letzten Wochen kamen wieder in ihm hoch. Trauer, Wut, Enttäuschung, Kummer, Zorn. Er hatte nicht einmal das Bedürfnis sich jetzt zu beruhigen und noch weniger, sich irgendwelche Erklärungen anzuhören.
„Da gibt es nichts zu erklären!“
„Mitsunari, was hätte ich denn machen sollen? Ich habe es ohnehin nur zufällig erfahren. Hätten die herausgefunden, dass ich es wusste, hätten sie nicht nur Hideyoshi sondern auch mich getötet.“
„Lügner! Du wolltest doch das er stirbt!“
Nun erhob sich au Ieyasu. Er schien nach wie vor nicht wütend auf Mitsunari zu sein und wurde auch nicht lauter. Seine Stimme blieb so ruhig und sanft wie zuvor. Er wusste, dass Mitsunari jemanden brauchte, dem er die Schuld geben konnte. Es schmerzte ihn bloss, dass er ausgerechnet ihn dafür ausgesucht hatte. Er hatte sich sehr gewünscht, dass der Abend wenigstens friedlich sein würde, es war doch heilig Abend. Mitsunari kümmerte das nicht, er wurde fast mit jeder Sekunde, in der Ieyasu nichts sagte, wütender.
„Mitsunari, das ist nicht war. So etwas schreckliches hätte ich nie gewollt, erst recht nicht da ich wusste, wie viel er dir bedeutet hatte.“ Diese Worte brachten Mitsunari aus seinem Konzept, er wusste nicht, was er als nächstes sagen sollte. Er hatte sich oft dieses Streitgespräch zwischen ihnen im Kopf vorgestellt, doch in seiner Version hatte Ieyasu immer gewollt, dass Hideyoshi stirbt. Dass Ieyasu nun das genaue Gegenteil sagte brachte ihn durcheinander.
Diesen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte Ieyasu aus, schlang seine Arme um Mitsunaris Hüfte und zog ihn fest an sich. Diese Geste kam für Mitsunari völlig unerwartet und er liess es einen Moment lang einfach geschehen, bevor er sich wie so oft am heutigen Abend wieder zu befreien versuchte. Aber dieses Mal liess es Ieyasu nicht zu, dass sich Mitsunari befreite und zog ihn stattdessen mit sich aufs Sofa zurück.
Lange wehrte sich Mitsunari nicht. Schon nach kurzer Zeit gab er jeglichen Widerstand auf und liess sich in Ieyasus Arme sinken. Er merkte, wie sehr er die Zuneigung im Moment brauchte.
Glücklich lächelte Ieyasu und zog Mitsunari auf seinen Schoss, welcher sogleich seinen Kopf an Ieyasus Schulter lehnte. Er sagte nichts als Ieyasu begann, ihm sanft über den Rücken zu streicheln.
„Glaube mir, ich hatte nie gewollt das so etwas Schreckliches passierte, und ich hatte auch überhaupt nichts damit zu tun. Das Einzige, was ich noch tun konnte, war dich vor dem Unglück zu bewahren. Ich wollte dich nicht verlieren.“ Als Mitsunari nichts Antwortete sah Ieyasu ihn an und sah, wie stumme Tränen über seine Wangen rollten. Es tat ihm weh den Menschen, den er so sehr liebte, so traurig zu sehen. Er drückte Mitsunari fester an sich und strich im sanft durch die Haare. Jetzt brachen alle Dämme und Mitsunari weinte sich hemmungslos an Ieyasus Schulter aus. Es war langsam einfach alles zu viel für ihn. Ieyasu wusste nicht, was er sonst tun sollte, weswegen er einfach weiter tröstend über Mitsunaris Rücken und durch seine Haare streichelte.
Irgendwann versiegten Mitsunaris Tränen, und nach einigen weiteren Schluchzer gab er keinen Laut mehr von sich. Ganz beruhigt hatte er sich noch nicht, denn er zitterte noch immer, doch es wurde etwas besser.
„Willst du heute Nacht nicht hierbleiben?“, fragte Ieyasu leise. Mitsunari zuckte schwach mit den Schultern. Ihm war nicht danach nach Hause in sein leeres Zimmer zu gehen, wo er wieder alleine sein musste. Aber hierzubleiben hielt er auch für falsch. Gewollt oder nicht, hätte Ieyasu etwas gesagt hätte man Hideyoshi vielleicht noch retten können.
Als Mitsunari weiter nichts sagte hob Ieyasu ihn kurzerhand hoch und trug ihn nach hinten ins Schlafzimmer. Er legte ihn sanft auf das Bett und verliess daraufhin nochmal den Raum. Mitsunari setzte sich auf und sah ihm nach. Sollte er wirklich hier bleiben?
Eigentlich hatte er nicht mehr die Kraft, sich erneut zu wehren, und er war sich sicher, dass Ieyasu ihn nur äussert ungern gehen lassen würde. Aber sein Kopf wollte es nicht zulassen, er wollte nicht, dass seine Gefühle für Ieyasu wieder die Oberhand gewannen. Nicht nach allem was passiert war.
In ihm tobte ein furchtbarer Kampf, den keine Seite klar für sich entscheiden konnte. Und dabei musste er sich schnell entscheiden, falls er noch gehen wollte. Ieyasu würde es bestimmt nicht zulassen, dass er noch einmal alleine in die Kälte ging.
Schlussendlich entschied er die Nacht hierzubleiben. Sich jetzt rauszuschleichen war eh ein Ding der Unmöglichkeit, Ieyasu war viel zu aufmerksam. Wenn er jetzt so tat als würde er schlafen, würde sich Ieyasu bestimmt auch bald hinlegen und einschlafen und dann konnte er morgen früh verschwinden, bevor der andere erwachte. Danach musste er nur noch darauf achten, ihm ja nie mehr zu begegnen, damit so etwas nicht noch einmal passieren konnte.
Für Mitsunari ging sein Plan im Kopf auf. Schnell schlüpfte er aus seiner Jeans, damit es zum Schlafen bequemer war und zog sich die Decke über den Körper. Er legte sich auf die Seite des Bettes, welche der Tür näher war und drehte sich auf die Seite, den Rücken zur Bettmitte.
Er schloss die Augen und lauschte. Er hörte, wie Ieyasu das Wasser in der Küche abdrehte und kurz darauf das Klicken zweier Lichtschalter. Ieyasus Schritte waren auf dem Flur zu hören und kurz darauf auch das Klicken der Türfalle, als Ieyasu die Tür zum Schlafzimmer schloss. Mitsunari versuchte so regelmässig und ruhig wie möglich zu atmen, damit Ieyasu dachte er schläft. Wenig später war das Rascheln von Kleidung zu hören und Mitsunari spürte, wie sich die Matratze neben ihm senkte. Er konzentrierte sich angestrengt auf seine Atmung, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen, doch es fiel ihm immer schwerer. Ieyasus Nähe brachte sein Herz dazu schneller zu Schlagen.
Ieyasu hingegen rutschte zu Mitsunari unter die Decke, schlang ohne zu zögern seine Arme um ihn und zog ihn an sich. Sofort verkrampfte sich Mitsunari, was seine Tarnung natürlich auffliegen liess. Er verfluchte sich. Ieyasus Grinsen war für ihn fast schon spürbar.
„Dachte ich mir doch, dass du noch nicht schläfst. Du bist nie vor mir eingeschlafen“, murmelte ihm Ieyasu leise ins Ohr. Mitsunari antwortete nichts. Er wollte bloss schnell einschlafen, damit er auch bald wieder verschwinden konnte. Doch Ieyasu hatte andere Pläne. Er fing an über Mitsunaris Seite zu streicheln, und als dieser sich nicht sofort wehrte, begann er auch sanft seinen Hals zu küssen. Aber das wollte Mitsunari sich nicht gefallen lassen. Unsanft stiess er Ieyasu von sich weg.
„Lass das“, knurrte er und zog die Decke enger um sich. Sein Herz raste. Wie konnte es Ieyasu nur wagen so zu tun als wäre nichts gewesen, nur weil er bei ihm im Bett lag?
„Mitsunari“, flüsterte Ieyasu und zog ihn fest an sich. Die Art, wie er seinen Namen sagte, liess Mitsunari erröten. Er musste sich eingestehen, dass er einen aussichtslosen Kampf gegen seine Gefühle führte, aber er wollte dennoch nicht nachgeben.
Ieyasu seufzte schwer, als Mitsunari nach ein paar Minuten immer noch nichts erwiderte. Er freute sich, Mitsunari wieder in seinen Armen halten zu können, doch er hatte sich die Situation etwas anders vorgestellt. Er verstand nicht, warum Mitsunari immer noch wütend auf ihn war, jetzt da er wusste, dass er nichts mit Hideyoshis Tod zu tun hatte. Er hatte sich gewünscht, dass Mitsunari ihm verzeihen würde, und noch viel mehr, dass sie wieder zusammen sein konnten. Aber da hatte er seine Erwartungen wohl zu hoch gesteckt.
Ieyasus sah es zumindest als kleinen Sieg, dass Mitsunari sich widerstandslos von ihm umarmen liess, auch wenn es ihm gerade unglaublich schwer fiel, sich zurückzuhalten. Aber er wollte Mitsunari zu nichts drängen, was dieser nicht wollte, er war vorhin schon viel zu weit gegangen.
„Mitsunari, bitte verzeih mir“, begann Ieyasu erneut. So schnell würde er sich nicht geschlagen geben. „Ich habe wirklich nicht gewollt, dass Hideyoshi stirbt, und noch weniger wollte ich dich verletzten. Es war auch wirklich nicht mein Plan, ich kenne nicht mal die Namen der Männer, die ihn getötet haben.“ Ihm fiel einfach nichts anderes ein was er sagen konnte, ausser seine Unschuld zu beteuern.
„Lass es einfach, ich will nicht mehr darüber reden“, murmelte Mitsunari. Er war es leid ständig an das Geschehene erinnert zu werden. Tief im Inneren wusste er, dass Ieyasu wirklich nichts für Hideyoshis Tod konnte, und er wusste, dass er ihm unrecht getan hatte, dass er ihm dankbar sein musste, zumindest ihm das Leben gerettet zu haben, indem er ihn an diesem Tag für sich alleine haben wollte. Doch etwas in ihm sperrte sich, sich das einzugestehen. Etwas hielt ihn davon ab, Ieyasu zu verzeihen. Er hatte Ieyasu so lange die Schuld an allem gegeben, dass es ihm nun schwer fiel, anders zu denken. Ausserdem wusste er nicht einmal, wie glaubwürdig Ieyasus Worte waren. Zugegeben, angelogen hatte er ihn nie, aber dennoch fiel es Mitsunari schwer alles ohne zu zögern zu glauben.
Gedankenverloren begann Ieyasu erneut, über Mitsunaris Seite zu streicheln. Mitsunaris innerer Kampf tobte weiter. Er hatte einerseits das Bedürfnis, Ieyasus Hand wegzuschlagen und ihn anzufauchen, er solle ihn nicht anfassen. Aber die Berührung fühlte sich zu gut an, weswegen er sie vorerst einfach zuliess.
Auch wenn er es sog gut wie möglich versuchte, er konnte seine Gefühle nicht mehr verleugnen, er genoss die Berührung mehr als er sich eingestehen wollte. Selbst als Ieyasu mutig seine Hand unter seinen Pullover gleiten liess und über seinen Bauch streichelte wehrte er sich nicht. Mitsunari wusste, dass sein leises Seufzen Ieyasu triumphierend lächeln liess. Aber das war ihm nun egal, er konnte sich einfach nicht mehr sträuben. Ieyasu hatte gewonnen, seine Gefühle hatten über seinen Kopf gesiegt.
Etwas unsicher drehte sich Mitsunari nun zu Ieyasu. Er konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht sehen, war sich aber sicher, dass dieser immer noch lächelte. Er spürte, wie Ieyasus Hand sich von ihm löste und nun liebevoll über seine Wange streichelte. Mitsunari schloss die Augen. Bis jetzt hatte er immer verdrängt, wie sehr er Ieyasu vermisst hatte. Erst jetzt, da er wieder hier in seinen Armen lag wurde ihm bewusst, wie sehr er sich nach ihm gesehnt hatte. Aber das würde er niemals offen zugeben, den Triumph wollte er Ieyasu nicht auch noch gönnen.
Da Mitsunari sich nun offensichtlich Ieyasu hingab, erlaubte dieser sich noch weiter zu gehen. Er beugte sich vor, um die wenigen Zentimeter die ihn von Mitsunari trennten zu überbrücken. Er zögerte einen Moment. Er war sich nicht sicher, ob Mitsunari ihn gewähren lassen würde. Aber es gab nur eine Möglichkeit, dass herauszufinden. Er beugte sich noch etwas weiter vor, bis seine Lippen die von Mitsunari berührten. Er küssten ihn vorsichtig und schloss dabei die Augen. Er hoffte sehr, dass Mitsunari sich nicht losreissen würde. Zu Ieyasus Überraschung begann Mitsunari den Kuss zögerlich zu erwidern. Erleichtert zog er Mitsunari an sich und küsste ihn um einiges intensiver als zu vor. Fordernd strich er mit seiner Zunge über Mitsunaris Lippen. Er zweifelte nicht mehr daran, dass Mitsunari nachgeben würde.
Wenig später schon tat Mitsunari ihm den gefallen. Er teilte seine Lippen und gewährte Ieyasus fordernder Zunge Einlass.
Jetzt kostete es Ieyasu mehr Willenskraft als jemals zuvor, um nicht wild über Mitsunari herzufallen. Selbst als Mitsunari leise in den Kuss hineinstöhnte versuchte er so zurückhaltend wie möglich zu bleiben. Dies war vielleicht seine letzte Chance bei Mitsunari und die wollte er nicht mit Ungeduld zerstören.
Mitsunari merkte, dass er mehr und mehr gefallen an der Situation fand. Er ärgerte sich über sich selbst, er hätte es gar nicht so weit kommen lassen dürfen. Aber nun konnte er sich einfach nicht mehr vom Kuss losreissen, es gefiel ihm zu sehr.
Schon bald war ihm Ieyasus zurückhaltende Art nicht mehr genug und er begann selber aktiver zu werden. Er küsste Ieyasu intensiver, fast schon gierig, und versuchte die Oberhand zu gewinnen. Einen Moment liess ihm Ieyasu die Oberhand, glücklich über die Eigeninitiative, die Mitsunari zeigte. Doch schon nach wenigen Augenblicken drückte er Mitsunari aufs Bett, so dass dieser nun unter ihm lag und schob seine Hand wieder unter seinen Pullover, um ihn erneut zu streicheln. Er löste seine Lippen von Mitsunari, nur um kurz darauf schon seinen Hals zu küssen.
Mitsunari versuchte angestrengt sein Stöhnen zurückzuhalten, denn diesen Triumph wollte er Ieyasu nicht jetzt schon geben, schlimm genug, dass er sich vorhin schon fast vergessen hatte und er sich überhaupt auf alles eingelassen hatte. Das Gestaltete sich aber als äusserst schwierig, denn Ieyasu wusste genau, wo Mitsunaris Schwachstelle war. Er liess seine Lippen über Mitsunaris Hals nach Oben wandern und küsste und saugte an einer ganz bestimmten Stelle hinter seinem Ohr, um ihm endlich ein Stöhnen entlocken zu können.
Unfähig, sich noch weiter zurückzuhalten stöhnte Mitsunari leise und fuhr mit seiner Hand durch Ieyasus Haare. Er genoss Ieyasus Liebkosungen zu sehr als dass er sich noch weiter beherrschen wollte. Eine leise Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er das morgen früh bereuen würde, doch je höher Ieyasu mit seiner Hand über Mitsunaris Oberkörper fuhr, desto leise wurde die Stimme bis Mitsunari sie gar nicht mehr beachtete. Er merkte, wie Ieyasu seinen Pullover immer weiter hochschob und er richtete sich etwas auf, so dass Ieyasu ihm das Kleidungsstück ausziehen konnte. Er hörte weiteres Rascheln von Kleidung und war sich sicher, dass sich Ieyasu nun ebenfalls sein Oberteil ausgezogen hatte. Wenig später verwickelte ihn Ieyasu auch schon in einen weiteren leidenschaftlichen Kuss.
Jetzt fing Mitsunari wieder an, selber aktiv zu werden und liess seine Hand langsam über Ieyasus nackten Rücken gleiten. Im Gegensatz zu ihm selber hatte dieser kein Problem damit, seine Gefühle offen zu zeigen. Er stöhnte zufrieden auf und ermutigte Mitsunari damit weiterzumachen. Während dessen fuhr Ieyasu mit seiner Hand wieder über Mitsunaris Oberkörper immer weiter nach unten bis er zum Bund seiner Boxershorts gelangte. Neckisch liess er seine Finger am Bund entlanggleiten, um Mitsunari etwas zu reizen. Dieser keuchte auf und reckte sich der Berührung entgegen. Spätestens jetzt war auch der letzte Widerstand in ihm gebrochen.
Ieyasu löste den Kuss und leckte Mitsunari stattdessen übers Ohr, was diesen erschaudern liess.
„Soll ich weitermachen?“, flüsterte er ihm leise ins Ohr. Er wusste selbst, dass die Frage eigentlich überflüssig war, so wie Mitsunari auf ihn reagierte. Aber er wollte es hören. Er wollte wirklich ganz sicher sein, dass er nicht zu weit ging.
Mitsunaris Antwort liess nicht lange auf sich warten, er brauchte nicht mehr darüber nachzudenken.
„Ja“, flüsterte er ebenso leise, froh darüber, dass Ieyasu nicht sehen konnte, wie er errötete. „Mach weiter.“
Das liess sich Ieyasu nicht zwei Mal sagen. Er verwickelte ihn erneut in einen Kuss und zog ihm ihm langsam das letzte noch vorhandene Kleidungsstück aus.
Als Mitsunari am nächsten Morgen erwachte und die Augen öffnete, wusste er einen Moment nicht, wo er war. Durch das grelle Licht welches durch das Fenster fiel konnte er seine Umgebung zuerst auch gar nicht richtig wahrnehmen. Doch schon kurz darauf kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück und er bemerkte die starken Arme, die um ihn geschlungen waren und das leise Atmen eines anderen an seinem Ohr. Er seufzte schwer. Warum hatte er sich bloss darauf eingelassen? Er hätte es nicht tun dürfen. Aber andererseits hatte es sich auch nicht falsch angefühlt...
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Auch wenn er am vorigen Abend geplant hatte, heute morgen wortlos zu verschwinden, hatte er jetzt kein Bedürfnis mehr dazu, was ihn fast noch mehr ärgerte. Er unterbrach seinen Gedankengang als sich Ieyasu neben ihm regte. Wenig später verstärkte sich die bisher lockere Umarmung und Ieyasu rückte näher an ihn heran, auch wenn das fast nicht möglich war.
„Guten Morgen“, murmelte dieser verschlafen und strich Mitsunari durch die Haare. Dieser antwortete nichts. Ieyasu kümmerte das nicht grossartig, er hatte schon fast erwartet, dass Mitsunari ihn ignorieren würde. Er setzte sich auf und streckte sich, bevor er erneut zu Mitsunari blickte. Dieser hatte ihm noch immer den Rücken zugekehrt und starrte die Wand an.
Mitsunari wusste, dass Ieyasu auf ihn herabsah, was ihn erst recht davon abhielt, zu ihm zu schauen. Er konnte es nicht ausstehen, wenn jemand auf ihn herabblickte. Ausserdem war er sich sicher, dass die Decke bis zu Ieyasus Hüften heruntergerutscht war und nun sein Oberkörper entblösst war. Den Blick wollte er nicht riskieren...
Als Mitsunari ihn weiter ignorierte fuhr Ieyasu mit seiner Hand liebevoll über dessen Oberarm und beugte sich zu ihm hinunter, um ihm einen Kuss zu geben, doch Mitsunari wich ihm aus. Ieyasu seufzte, es war wirklich nicht einfach mit Mitsunari.
„Bitte Mitsunari, gib dir selber einen Ruck. Gestern Nacht hast du doch gezeigt, dass du immer noch etwas für mich empfindest“, sagte Ieyasu und strich ihm erneut durch die Haare.
„So einfach ist das nicht“, knurrte dieser, schlug aber Ieyasus Hand nicht weg.
„Du machst es schwerer als es ist. Versuch es doch wenigstens. Besser als die Einsamkeit ist es bestimmt.“ Nach einer kurzen Schweigeminute fügte er noch leise hinzu: „Du könntest auch wieder hier einziehen.“
Im Stillen wusste Mitsunari, dass Ieyasu recht hatte. Sich durch die Einsamkeit zu quälen brachte ihn nicht weiter, es verschlimmerte den Schmerz über seine Verluste mehr als alles andere.
Er drehte sich nun doch auf den Rücken und sah Ieyasu an, welcher sich mittlerweile wieder aufgerichtet hatte, ihn aber immer noch ansah. Ieyasu meinte es wirklich ernst.
Mitsunari seufzte. Ein Versuch konnte nicht schaden...