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Die Ankunft der Heldin

Kurzbeschreibung
GeschichteThriller, Suspense / P16 / Gen
10.11.2013
10.11.2013
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Es war ein großes Lagerhaus. Detective Marcus Williams war hierhergefahren, weil er hoffte, so auf eine Spur von Mindy zu stoßen. Aber immerhin konnte die Polizei trotz alledem einen fetten Fang machen. Im Inneren des Lagerhauses lagen nämlich gut und gerne 30 Leute gefesselt auf dem Boden. Es hatte einen heftigen Kampf gegeben, es gab mehrere Verletzte und sogar einige Tote.
„Was schätzen Sie, was hier passiert ist?“ wollte Chief Liam Roberts wissen.
„Es gab einen Kampf“ antwortete Williams, „Eine ganze Reihe Superhelden trat gegen eine Menge Superschurken an. Tja, wie´s aussieht, haben die Helden wohl gewonnen, und die Schurken gefesselt zurückgelassen, bevor sie die Polizei riefen.“
„Wir haben genug Schwierigkeiten mit Gangs die sich auf offener Straße gegenseitig massakrieren, wir brauchen jetzt nicht auch noch die gleiche Show mit Kostümfreaks, die zu oft Comics gelesen haben.“ motzte der Chief verärgert.
„Sir, wenn ich Ihnen widersprechen darf, ich denke, die Helden waren letztendlich doch noch gut. Wir haben hier eine ganze Menge Sprengstoff sichergestellt. Wenn die bösen Jungs und Mädels nicht aufgehalten worden wären, hätten sie damit die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt.“ erwiderte Marcus.
„Und was wäre falsch daran gewesen, wenn diese sogenannten Helden einfach sofort die Polizei gerufen hätten?“ entgegnete der Chief, „Für meinen Geschmack ist die ganze Sache einfach ein bisschen zu sehr außer Kontrolle geraten.“
„Sir?“ fragte Williams verwirrt.
„Als einige Leute angefangen hatten, sich als Superhelden zu verkleiden um Gutes zu tun, fand ich es vollkommen in Ordnung“ redete Chief Roberts, „Denn meistens haben sie nur alten Opas über die Straße geholfen, vermisste Katzen gesucht, bei der Heilsarmee geholfen, und dergleichen mehr. Hin und wieder haben die Kostümierten auch ein echtes Verbrechen verhindert. Da gab es einen Fall im Stadtpark, als eine Frau anfing ihren Partner zu verprügeln, bloß weil dieser ein Problem mit der Monogamie hatte. Zwei Superhelden hatten sie bewusstlos geschlagen, um dem jungen Mann zu helfen. Und ich habe darüber hinweggesehen, dass sie sie ein bisschen härter angepackt hatten, als es notwendig war. Ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen soviel Mut und Zivilcourage hätten, Leuten in Bedrängnis zu helfen. Und ich dachte mir, dass es völlig okay ist, wenn diese mutigen Leute der Meinung sind, sich dafür verkleiden zu müssen. Wer weiß, vielleicht sind unsere Straßen durch sie wirklich etwas sicherer geworden. Aber dann... das wissen Sie ganz genau!“
„Ja“ antwortete Detective Marcus, „Dann sind bei einem Aufeinandertreffen von Superhelden und Superschurken zehn Polizisten ums Leben gekommen. Und kurz darauf hat meine Adoptivtochter Mindy alias Hit-Girl sechs Mafiosi-Handlanger erschossen. Und Sie haben beschlossen, alle Kostümierten zu verhaften. Bloß haben wir dabei fast ausschließlich die Guten erwischt. Die Bösen hatten sich hier versammelt, und ihren Angriff auf die Stadt geplant.“
„Jetzt sehen Sie, was ich meine“ stellte Chief Liam fest, „Kostümierte haben außer auf Comic-Veranstaltungen und Partys nichts verloren. Wir brauchen keine Pantoffelhelden auf der einen Seite, und Psychopathen auf der anderen Seite, die hier einen kleinen Bandenkrieg anzetteln.“
Alle kostümierten Verbrecher wurden abgeführt, sofern sie bei Bewusstsein waren. In diesem Moment riss sich einer der Schurken von den beiden Polizisten los, die ihn festgenommen hatten. Aus den Ärmeln seiner Jacke ragten plötzlich jeweils zwei Messer, mit denen er die Beamten angriff. Einer der Polizisten hielt sich das blutende Bein, während der andere seine Hand mit einem schmerzerfüllten Gesichtsausdruck auf seine linke Seite presste.
Der kostümierte Schurke rannte auf Williams und Roberts zu, die Messer an den Handgelenken drohend vorgestreckt. Er hieb in Gesichtshöhe nach dem Chief, doch der erfahrene Polizist konnte rechtzeitig ausweichen. Der Detective reagierte sofort. Er rammte ihm die geballte Faust in den Bauch, und schmetterte ihn dann gegen einen Polizeiwagen, an welchem er bewusstlos zu Boden rutschte.
„Dieser Wolverine für Arme beweist meine These nur umso deutlicher.“ meinte der Chief trocken, während er sich nach unten beugte, um ihm Handschellen anzulegen.
Detective Marcus erwiderte nichts darauf. Besorgt dachte er an Mindy. Er hoffte, dass es ihr gutging, wo auch immer sie jetzt sein mochte.

Etwa ein halbes Jahr später in Denver

Mindy ging zu ihrer Wohnung. Es war eine billige, abgelegene Wohnung, in der keiner viele Fragen stellte. Sie hätte sich auch eine teurere und luxuriösere Wohnung leisten können, immerhin hatte sie einen Vorrat von drei Millionen Dollar. Doch sie wollte nicht gefunden werden, und das Geld musste obendrein für eine längere Zeit reichen. Die 15-jährige betrat den Hausflur und schloss ihre Wohnungstür auf. Gegenüber stand ein 9-jähriger Junge, Jimmy, vor der Tür seiner Wohnung. Er ging immer nach draußen, wenn seine Eltern sich stritten. Und er war der Einzige, der nett zu Mindy war. Er lächelte, wenn er sie sah, und manchmal ließ sie ihn zu sich in die Wohnung, um mit ihr zusammen an der Konsole zu spielen. Er glaubte, dass sie die ganze Nacht über arbeitete, um in den frühen Morgenstunden zurückzukehren. Und ganz falsch war diese Annahme auch nicht. Denn nachts befreite sie als Hit-Girl die Straßen von üblen Verbrechern.
Mindy lächelte ihm zu, ging dann in ihre Wohnung und warf den Rucksack mit ihrem Kostüm und ihren Waffen in die Ecke. Erschöpft ließ sie sich auf´s Bett fallen. Das Mädchen dachte kurz an Dave, wie schön es gewesen war, mit ihm zu reden, mit ihm zu lachen, mit ihm zu trainieren. Sie vermisste ihn. Und kurz darauf war sie eingeschlafen.

Clarice verstand was von ihrem Handwerk. Wie es in Großstädten üblich war, war auch in Denver die Kriminalitätsrate ziemlich hoch. Für Leute von ihrem Schlag war das hingegen das reinste Paradies. Sie hatte schnell den Zugang zur örtlichen Halbwelt gefunden, und sich mit Drogengeschäften einen Namen gemacht. Inzwischen lief kaum noch etwas ohne sie.
Bei diesen Gedanken musste Clarice höhnisch lächeln. Sie war 20 Jahre alt, hatte aber bereits soviel erreicht. Die junge Afroamerikanerin trug Dreadlocks und trug Alltagskleidung, mit der sie auf der Straße kaum aufgefallen wäre. Die hellen Farben ihrer Kleidung schienen ein Widerspruch in Bezug auf ihre dunklen Geschäfte zu sein. Oder vielleicht waren sie gerade die beste Tarnung.
Ihr jüngerer Bruder, John, kam auf sie zu, kaum dass sie das Geheimversteck betreten hatte. Er war vier Jahre jünger, leitete aber die meisten ihrer Geschäfte, wenn sie selbst zu beschäftigt dafür war.
„Große Schwester, es gibt schlechte Neuigkeiten.“ verkündete er und sah schuldbewusst zu Boden.
„Ich will nichts über schlechte Neuigkeiten hören!“ warnte sie ihn.
„Zugleich gibt es auch gute Neuigkeiten“ beruhigte John seine Schwester, „Und wir haben Besuch. Was der zu sagen hat, wirst du mit Sicherheit hören wollen.“
„Dann mal raus damit, was ist vorgefallen?“ fragte die Kriminelle.
„Wir haben zwei Kuriere verloren“ begann ihr Bruder, „Sie sind getötet worden. Aber unsere Konkurrenz hat ebenfalls Leute verloren. Insgesamt sind gestern Nacht zehn Dealer erledigt worden. Keine kleinen Fische mehr, aber noch weit von der großen Liga entfernt.“
„Es soll Leute geben, die weniger Schaden als etwas positives sehen“ grollte Clarice, „Zufällig gehöre ich aber nicht dazu.“
„Das verrückte dabei ist“ fuhr ihr jüngerer Bruder fort, „Dass sie offenbar von einem Superhelden oder einer Superheldin getötet wurden.“
„Einem oder einer? Ein Kerl oder eine Tussi, eine einzelne Person, hat gestern Nacht zehn Dealer gekillt?“ fragte Clarice fassungslos, „Und dann auch noch als Superheld verkleidet? Wenn da einer zuviele Comics liest, ist das seine Sache. Aber meine Geschäfte zu versauen, ist etwas ganz anderes!“
„Dass wir Besuch haben, habe ich schon erwähnt“ sprach John weiter, „Und das ist der Teil, der dich wirklich interessieren wird!“
Ihr Bruder führte sie zu dem Raum, in welchem sie immer ihre Geschäfte abwickelte. Er war tatsächlich nur spärlich möbliert, und die wenigen Möbel die dort standen, waren schon alt und verschmiert. Ursprünglich war dieser Raum ein Versteck für Punks. Um den Schein zu wahren, waren einige von Clarices Leuten tatsächlich hin und wieder als Punks verkleidet. So hatte die Polizei keinen Grund, sich das vermeintliche Punkversteck genauer anzuschauen, wenn nicht weit von hier gedealt wurde.
Auf dem alten, fleckigen Sofa saßen ein junger Mann und eine junge Frau, die von Kopf bis Fuß kostümiert waren. Clarice handelte sofort. Hinten im Hosenbund hatte sie eine Pistole. Diese zog sie nun, entsicherte sie und richtete sie auf die beiden Kostümierten.
„Jetzt könnt ihr mit euren Superkräften mal gegen meine Wumme antreten.“ sagte Clarice mit kalter, sarkastischer Stimme.
Die beiden standen erschrocken auf und wollten ausweichen, als Clarice schoss. Ihr Bruder John fiel ihr in den Arm, sodass der Schuss danebenging.
„Schwester, beruhige dich“ bat er sie eindringlich, „Das sind keine Superhelden. Sie sind auf unserer Seite.“
Mit kurzen Worten klärte er sie über das auf, was ihm die beiden Kostümierten erzählt hatten; welche sich nun wieder hinsetzten, als die Drogenbaronin die Waffe senkte.
„Ihr seid also Black-Ogre und Gigantic-Tail“ stellte sie fest, „Und ihr kommt aus New York. Weshalb seid ihr denn dann jetzt hier? Ist das nicht ein bisschen weit von Zuhause entfernt?“
„Der Boden wurde zu heiß“ antwortete Black-Ogre und sah nachdenklich auf ihre schwarz-lackierten Fingernägel, „Gerade als wir die Stadt so richtig plattmachen wollten, haben uns diese verdammten Superhelden fertiggemacht.“
„Doch die Bullen konnten uns nicht lange halten“ fuhr Gigantic-Tail fort, „Nur einige von uns wurden gesucht und waren polizeibekannt, die meisten wollten ihre Karriere gerade erst starten. Und allein dafür, ein Superschurke zu sein, kann man nicht in den Knast wandern. Trotzdem zog es fast alle von uns aus der Stadt. In New York weht für Kostümierte – egal ob es Helden oder Schurken sind – momentan ein ziemlich harter Wind.“
Die Superschurkin rammte ihrem Kollegen mit einem wütenden Zischen ihren Ellenbogen in die Seite. Und plötzlich wurde dem Mann bewusst, was er gesagt hatte. Er hatte ganz offen zugegeben, dass sie beide noch nicht viel auf dem Kerbholz hatten. Dümmer hätte er sich nicht anstellen können, jetzt würde die Drogenbaronin sie beide für Papiertiger halten. Dummerweise waren sie tatsächlich nur Schüler auf dem College gewesen, bevor sich ihnen die Möglichkeit bot, sich einer Armee von Superschurken anzuschließen.
Doch Clarice sah darüber hinweg und sagte: „Wenn ihr bei mir einsteigen wollt, möchte ich sehen, was ihr so draufhabt.“
Clarice schrieb eine Adresse auf einem Zettel und reichte das Papier Black-Ogre. Dann fuhr sie fort: „Der Typ ist neu hier, und weiß noch nicht, dass mir die Stadt gehört. Wenn ihr ihn und seine Leute fertigmacht, so richtig fertig, dürft ihr in meiner VIP-Lounge sitzen.“
Gigantic-Tail und seine Kollegin sahen sich an und nickten sich zu. Dann standen sie auf und gingen los, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Als die Sonne unterging, verließ Mindy wieder ihre Wohnung. Sie hatte letzte Nacht einen Dealer ausgequetscht, und so herausgefunden, wo sich ein weiteres Drogennest befand. Sie ging in eine dunkle Gasse und zog sich hinter einer Mülltonne um. Ihr Alltagskleidung versteckte sie so, dass man diese nicht so schnell finden musste. Auf ihren ersten Einsätzen war diese nicht selten gestohlen worden, als sie zurückkam. Da sie nicht in Unterwäsche durch die Stadt laufen wollte, hatte sie sich wohl oder übel in voller Montur Nachhause schleichen müssen. Doch jetzt war sie besser vorbereitet. Wenige Minuten später verließ Hit-Girl die Gasse.
Die Superheldin fuhr auf ihrem Motorrad quer durch die Stadt. Da sie einen Motorradhelm trug, fiel ihre Maske nicht weiter auf. Der Rest ihres Kostüms war schon zu erkennen, doch nur die wenigsten Autofahrer maßen dem viel Bedeutung bei. Nach nur wenigen Minuten erreichte sie den Ort, an welchem die Dealer ihre Geschäfte machten. Es war eine Kneipe, die in einer Gegend lag, die als kriminelles Viertel verschrieen war. Nur wenige Leute trauten sich hierher. Und Hit-Girl war eine von ihnen.
Sie parkte ihr Motorrad nur wenige Meter entfernt. Dann stieg sie von der Maschine und trat auf die üble Kneipe zu. Abschätzig erkannte sie, dass noch nicht einmal Leute vor der Tür standen, die Wache hielten. Entweder waren die Dealer hier sehr dumm, oder sie fühlten sich ziemlich sicher. Mindy holte ihre beiden Klingen aus einer speziellen Tasche heraus und schob sie zusammen, sodass sie einen klingenbewehrten Kampfstock hatte. Zielsicher trat sie die Tür der Kneipe auf und betrat den Raum.
Sofort richteten sich alle Blicke auf sie. Im Raum saßen sechs Männer die ziemlich wild aussahen. Sie hatten dichte Bärte und trugen abgewetzte Klamotten. Es roch nach Alkohol, Blut, Schweiß und anderen, nicht näher definierbaren Substanzen. Im Grunde wirkte dieser Ort fast wie eine Rockerbar. Doch die Superheldin wusste es besser. Allgemeines Gelächter ertönte.
„Hey Kleine, der Spielplatz ist woanders.“ sagte einer der Männer.
Gelächter erklang.
„Da hat jemand vergessen, wann Halloween ist.“ sagte ein Zweiter.
Das Gelächter wurde lauter.
„Lass doch mal sehen, wie du unter dem Kostüm aussiehst, Süße.“  meinte ein Dritter.
„Ich gebe euch noch eine Chance“ sagte Mindy mit leiser, drohender Stimme, „Ruft die Polizei an, und liefert euch wegen eurer Drogengeschäfte selbst aus. Dann muss ich euch nicht fertigmachen.“
Plötzlich wurde es ganz still im Raum.
„Wir können sie nicht davonkommen lassen“ sagte der Barkeeper energisch und nahm sein Gewehr, welches sich unter der Theke befunden hatte, „Wenn sie bei den Bullen redet, kommen wir in den Knast.“
„Weg mit der Wumme, Stan“ wies einer der Verbrecher an, „Ein Schuss lockt die Bullen erst recht an. Ich kümmere mich um die Kleine.“
Er zog ein langes Kampfmesser und stürmte auf Hit-Girl zu. Das Mädchen drehte sich halb um die eigene Achse und schwang ihre Waffe. Der Mann brüllte vor Schmerz, als sein Messer durch die Luft flog, gefolgt von seiner Hand. Mit einem Stich in den Bauch brachte Hit-Girl ihren Gegner endgültig zum Verstummen. Zwei weitere Gangster stürzten sich auf sie. Die Superheldin erstach den ersten, sprang dann zur Seite, um den Angriff des zweiten Gegners zu entgehen und rammte dann eine ihrer Klingen in dessen Rücken.
Ein Gangster zerschmetterte einen Holzstuhl und nahm dann zwei der Holzbeine als Knüppel, um die Superheldin anzugreifen. Hit-Girl rammte eine Spitze ihrer Waffe in den Boden und sprang dann wie zum Stabhochsprung vor, schmetterte ihre Beine gegen ihren Gegner, sodass dieser zurückprallte und seine beiden Knüppel verlor. Kaum, dass er auf den Boden knallte, war sie auch schon heran, und enthauptete ihn.
Der Wirt richtete sein Gewehr auf Hit-Girl, doch die Superheldin warf eine Art Schnur, welche sich um die Waffe wickelte, und riss diese aus den Händen des Wirtes. Gleichzeitig warf sie ihren Klingenstab wie einen Speer und erstach den Wirt auf diese Art und Weise. Der letzte Gangster drehte sich um und wollte fliehen, doch Mindy nahm das Gewehr und schoss ihm in den Rücken. Mit einem Aufschrei fiel er sterbend zu Boden.
Die Superheldin sah sich kurz um, ob es in diesem Raum noch weitere Gegner gab. Als sie keinen fand, warf sie das Gewehr zu Boden und wandte sich zum Gehen. In diesem Moment ging die Tür hinter der Bar auf. Ein junger Afroamerikaner, kaum älter als Mindy selbst, trat heraus. Er sah sich erschrocken um, als er die Leichen bemerkte.
Mindy zog einen grimmigen Gesichtsausdruck und ging auf ihn zu. Doch er hob die Hände und sagte schnell: „Warte, ich gehöre nicht zu ihnen. Ich bin gegen meinen Willen hier.“
Die Superheldin zögerte einen Moment. Dann ließ sie ihre Waffe sinken und sagte: „Ich gebe dir eine Minute, um mich davon zu überzeugen, dass du die Wahrheit sagst.“
„Diese Kerle haben gesagt, dass ich auf ihren Stoff aufpassen muss. Wenn ich das nicht tue, muss meine Schwester für mein Versagen büßen. Und sie haben ziemlich deutlich gemacht, auf welche Art sie das tun muss. Wir sind sehr arm, und es gibt nicht viele andere Möglichkeiten, an Geld zu kommen.“ erzählte er und sah sie dabei verängstigt an.
„In Ordnung. Heute ist dein Glückstag.“ sagte Mindy kurz angebunden und drehte sich um.
„Halt, warte.“ bat er und kam um den Tresen herum, auf sie zu.
„Du bist eine von diesen Superhelden, oder?“ fragte er, „Ich habe davon gehört, dass in New York eine Gruppe von Superhelden aktiv war.“
„Und wenn es so wäre?“ fragte Hit-Girl lauernd.
„Wenn du hier bist um die Stadt von Abschaum wie diesem zu befreien“ er wies auf die Leichen, „Dann kann ich dir sicher helfen. Ich habe Namen, Adressen. Diese Leute haben mit vielen Drogenbossen gedealt, und Kontakte weit in die Halbwelt hinein.“ sagte er.
Mindy war interessiert. Sie drehte sich wieder zu ihm um und sagte: „Sprich weiter, ich bin ganz Ohr.“

Clarice staunte nicht schlecht, als sie sah, was die beiden Superschurken anrichten konnten. Sie hatten sie angerufen, und gesagt, dass der Auftrag erledigt sei. Und so wollte die Drogenbaronin selber sehen, ob das der Wahrheit entsprach. Und das tat es.
Vier Dealer lagen tot im Raum. Gigantic-Tail wischte gerade die Klingen seiner beiden Mini-Speere an der Kleidung eines der Toten ab. Die Minispeere hatten relativ große Klingen, waren jedoch kaum so lang wie ein ausgestreckter Arm. Zwei der Toten waren offenbar durch Wurfmesser und Wurfsterne getötet worden, nur dass diese aus Glas bestanden. Und tatsächlich besaß Black-Ogre noch mehr solcher Glaswaffen, welche an der Innenseite ihres Kostüm geheftet waren.
„Ich bin wirklich beeindruckt“ sagte Clarice nur, „Ehrlich gesagt, ich habe eher damit gerechnet, hier eure Leichen vorzufinden. Aber habt wirklich mehr zu bieten, als man es euch ansieht.“
In diesem Moment klingelte ihr Handy. John hatte angerufen und erzählte seiner Schwester etwas, was wirklich wichtig zu sein schien, denn sie hörte gebannt zu. Als das Gespräch zuende war, legte Clarice auf und sah die beiden Superschurken an.
„Mein Bruder hat mir soeben mitgeteilt, dass er die Superheldin auffinden konnte, die meine Leute dezimiert. Er hat sie zu einer geheimen Adresse geschickt, die nicht weit von hier ist. Dort werden wir auf sie warten.“

Mindy parkte ihr Motorrad in einer kleinen Seitenstraße, stieg ab, und eilte zu Fuß weiter. Vor ihr ragte das alte, verlassene Lagerhaus auf, wie ein Mahnmal. Die junge Superheldin war nicht so dumm, durch den Vordereingang zu gehen. Wenn der Junge Recht hatte, dann warteten dort etliche Gegner auf sie. Nach kurzer Suche entdeckte Hit-Girl ein offenes Fenster. Sie kletterte mehrere Kisten hoch, und schlich sich durch das Fenster.
Mindy stand nun auf einem langen Steg aus Metall, und ihre Schritte gaben leise Geräusche von sich, als sie diesen entlangging. Sie lauschte angestrengt, doch sie konnte nichts verdächtiges hören. Überall war es dunkel, sodass Hit-Girl sich nach einer Weile eher vorantastete, als dass sie wirklich ging. Und plötzlich ging das Licht an.
Mindy verdeckte ihre Augen und blinzelte mehrmals, bevor sie sich umsah. Sie befand sich in einem leeren Lagerhaus. Der Junge hatte sie belogen, hier war keinesfalls ein Gangsterversteck, welches häufig benutzt wurde. Doch sie war trotzdem nicht alleine. Ihr gegenüber standen zwei Kostümierte, und eine junge Frau mit Dreadlocks.
„Wie ich sehe, haben Fat Tony und seine Clowns mich also bereits erwartet.“ sagte Hit-Girl und klappte ihren Klingenstab aus.
Eine junge Afroamerikanerin mit Dreadlocks trat vor und sah sie an. Dann sagte sie: „Du bist also diejenige, welche meine Leute getötet hat? Macht sie fertig!“
Black-Ogre und Gigantic-Tail gingen auf die Superheldin zu. Und dann entbrannte der Kampf.
Gigantic-Tail zog seine beiden Kampfspeere und schlug nach Hit-Girl. Das Superheldin schwang ihren Klingenstab, um die Hiebe abzuwehren, als auch schon etwas knapp an ihrem Ohr vorbeizischte. Black-Ogre hatte ein Glasmesser geworfen, und Hit-Girl nur knapp verfehlt. Als eine Speerspitze knapp an Mindys Gesicht vorbeiging, wich sie aus und rammte ein Ende ihres Klingenstabs in Gigantic-Tails Bauch. Doch die Klinge verletzte ihn nicht. An seinem hämischen Grinsen erkannte Mindy, dass ein Bestandteil seines Kostüms offenbar eine dicke Schutzweste sein musste.
Sie zog ihre Klinge wieder heraus und sprang nach hinten, um zwei weiteren Glasdolchen auszuweichen. Gigantic-Tail stürmte heran, und ließ seine Speere auf Hit-Girl niedersausen, doch sie wehrte sie mit ihrem Klingenstab ab. Als eine weitere Speerspitze sie nur knapp verfehlte, wich sie ein Stück nach hinten aus, und trat Gigantic-Tail wuchtig in den Bauch. Der Tritt warf ihn zu Boden, und Hit-Girl rammte ihren Klingenstab durch seinen Unterleib tief in Gigantic-Tails Körper.
„Du musst sie ablenken!“ schrie Clarice und zog eine Waffe, „Ich werde sie einfach abknallen! Gegen eine Knarre kann sie nichts ausrichten!“
Black-Ogre warf diesmal einen Glaswurfstern auf Hit-Girl, doch sie wehrte diesen mit ihrem Klingenstab ab. Auch weitere Glaswaffen konnte Mindy mit ihrer Waffe zerschmettern, oder ihnen ausweichen. Als Clarice eine Pistole auf sie richtete, konzentrierte sich das Mädchen. Ein weiterer Glasdolch kam auf Hit-Girl zugeflogen, und sie streckte die Hand aus, und fing ihn in der Luft auf. In der gleichen Bewegung drehte sie sich halb um die eigene Achse und warf ihn auf die Drogenbaronin.
Clarice starrte ungläubig auf die Glasklinge, welche in ihrem Brustkorb steckte, und auf den immer größer werdenden Blutfleck darum herum. Dann sackte sie schnell zu Boden.
Black-Ogre stürmte wütend auf Hit-Girl zu. Offenbar hatte sie keine Waffen mehr, denn sie hatte beide Hände ausgestreckt und zu bloßen Fäusten geballt. Mindy wartete, bis sie sie beinahe erreicht hatte, dann wich sie aus und schwang ihren Klingenstab. Black-Ogre lag auf dem Boden, ihr Körper war in der Mitte zerteilt worden.
Mindy sah sich noch einmal um, dann steckte sie ihren Klingenstab ein und ging langsam weg.

Am nächsten Tag

John stand im alten Lagerhaus und sah fassungslos auf die Leiche seiner Schwester. Hass und Wut wallten in ihm auf.
„Ich werde dich kriegen!“ schrie er, „Wo auch immer du bist, verdammte Superheldin, ich werde dich finden! Und dann wirst du büßen!“

„Werden wir uns wiedersehen?“ fragte Jimmy Mindy mit großen Augen, als diese ihre Sachen packte, und auf ihr Motorrad zuging.
„Wahrscheinlich nicht, aber ich werde sicher an dich denken.“ versprach Mindy dem kleinen Jungen.
Sie streichelte ihm über die Haare, lächelte ihn an und setzte dann ihren Motorradhelm auf. Als Mindy auf ihr Motorrad stieg und losfuhr, winkte Jimmy ihr noch aufgeregt hinterher und schaute ihr nach, bis ihr Motorrad nicht mehr zu sehen war. Mindy musste die Stadt verlassen. Zeugen hatten sie gesehen, und es war nicht auszuschließen, dass auch die New Yorker Polizei davon erfuhr. Ihr nächstes Ziel kannte sie nicht, aber die Superheldin wusste, dass sie dort sein würde, wo man sie brauchen würde.

ENDE
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