Tanz der Tänze
von Nemain
Kurzbeschreibung
[In Extremo] Mord ist der Wollust nah wie Rauch dem Feuer. (William Shakespeare)
SongficHorror / P18 / Het
Florian "Specki T.D." Speckardt
Michael Robert "Das letzte Einhorn" Rhein
OC (Own Character)
16.09.2013
16.09.2013
1
3.814
3
16.09.2013
3.814
Band: In Extremo (Michael Robert Rhein [Das letzte Einhorn])
Genre: Horror
Typus: Songfiktion
Rating: P18
Titel: Tanz der Tänze (Saltatio Mortis)
Disclaimer: Die Handlung ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Orten und Personen sind zufällig. Michael Robert Rhein gehört sich natürlich selbst. Das Lied "Tanz der Tänze" entstammt aus der Feder der Band Saltatio Mortis.
Kurzbeschreibung: Mord ist der Wollust nah wie Rauch dem Feuer. (William Shakespeare)
Anmerkung der Autorin: Obacht! Mord und Totschlag im Anmarsch. Oder vielleicht doch nicht? Hm... Ich weiß nicht.
Jedenfalls wollte ich so etwas schon immer mal schreiben, hab mich aber – bis jetzt – nie getraut. Außerdem möge man mir verzeihen, dass ich so mit Micha umspringe, aber Freiheit des Autors und so. ^.~
Allerdings war das js erst mit Till Lindemann geplant (Der schreit auch immer noch laut nach Aufmerksamkeit. Oo), aber irgendwie vermischte sich dann der mit dem anderen Sänger und zum Schluss war da ein Herr Rhein, der da einfach mal die Oberhand hatte. Und das gegen einen Till. Man höre, sehe und staune... xD
Ein viel herzliches großes Dankeschön (Ich weiß, dass das grammatikalisch nicht einwandfrei ist... xP) gilt übrigens meinem augentier, die aus dem Text das Beste heraus geholt hat. =)
Tanz der Tänze
Micha freute sich auf einen Abend mit seinen Freunden. Überall konnte man die aufgeladene Stimmung spüren. Dieses Vibrieren in den Nervenenden, wenn man sich etwas länger von der Atmosphäre einfangen ließ. Und er konnte es nicht nur spüren, nein. Micha konnte dieses betriebsame Aufheizen sehen und hören. Um ihn herum waren seine Freunde in kleinen Grüppchen verteilt und in Unterhaltungen vertieft. Hier und da wurde gelacht oder gegröhlt. Wenn es nicht zu pathetisch wäre, würde er glatt meinen, dass das Leben nur so um ihn herum pulsierte.
Micha hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wer alles zu der „kleinen“ Runde dazugestoßen war. Jedenfalls überstieg die Meute die Zehn-Mann-Stärke bei weitem und die Hälfte davon war schon richtig gut dabei. Wenn er sich so umschaute, kam er sich gerade ziemlich alt vor, denn er machte sich nichts mehr daraus, sich an seinen freien Tagen so sehr die Kante zu geben, dass er kaum noch stehen konnte. Sprich, er war aus dem Alter heraus, sich vorher schon zu besaufen, dass er vom eigentlichen Abend nichts mehr mitbekam. Häufig redete er sich einfach ein, dass er sich mit seinen knapp fünfzig Jahren dann doch irgendwann ein bisschen beherrschen konnte. Ab und an. Rockstar hin oder her. Er wollte es ja nur ein klein wenig ruhiger als die anderen angehen lassen. Das bedeutete ja nicht, dass er sich keinen kleinen Spaß würde gönnen können. Er konnte auch Spaß ohne Alkohol haben. Und das Einzige, was er wollte, war feiern. Und feiern wollte er auf jeden Fall.
Während also die Meute langsam von der Haltestelle zu ihrer Stammkneipe wanderte, schlenderte Micha stumm vor sich hin lächelnd neben Kay her und beobachtete die Gruppe genau. Manchmal kam er einfach nicht aus seiner Haut, wenn es darum ging auf seine Freunde ein Auge zu haben, aber so langsam schaltete er ab, ließ sich ganz auf den Abend und die Vorfreude ein.
Er war schon lange nicht mehr in ihrem Schuppen gewesen. Dort trafen sie sich meist, wenn Micha und seine Bandkollegen mal nicht tourten, texteten, gleich ein ganzes Album aus dem Boden stampften oder Promotion für ein Album oder gleich die ganze Band betrieben. Kurz gesagt: Es kam recht selten vor, dass sie um die Häuser zogen, aber wenn diese Seltenheit dann endlich einmal eintraf, waren die Nächte immer lang und feuchtfröhlich. So wie heute auch. Micha hatte sich einfach nicht wehren können, als ihm sein Bassist ein Bier in die Hand gedrückt hatte. Wo das her kam? Keine Ahnung, aber er hatte einige seiner Freunde vorhin noch in einen Spätkauf sprinten sehen. Also nippte er gehorsam an der Flasche, hörte mit einem halben Ohr der Unterhaltung hinter ihm zu und kommentierte diese stumm für sich selbst. Ja, es wurde wieder einmal Zeit, dass sie sich dem Männerabend anschlossen und um die Häuser zogen. Ja, sie würden heute auf den Putz hauen und ja, heute war wirklich ein ungemein guter Tag. Heute lag etwas in der Luft und der Sänger hatte definitiv vor, das auszunutzen und auszukosten.
Die Kneipe „Corvo“ sah von außen wie eine schäbige Spelunke aus. Mit ihrer leicht abgebröckelten Fassade würde sie nicht mal mehr einen Blumentopf gewinnen, geschweige denn potentielle Gäste anziehen, die auf gehobenen Standard achteten. Doch Micha mochte den Schuppen, der etwas abseits der großen Straßen Berlins in einem kleinen Innenhof einer ehemaligen Industriehalle gelegen war. Wenn man nicht genau wusste, wohin man ging, übersah man konsequent die kleine Werbung der Kneipe, die einem den Weg in einen Drei-Seiten-Hof zeigte. Hintern dem Laden fuhr alle fünf Minuten die S-Bahn vorbei, doch das störte keinen mehr, wenn man erste einmal das Innere der Spelunke betreten hatte. Den Eingang zierten zwei riesige Ork-Skulpturen und begrüßten somit jeden, der eintrat. Sitzgelegenheiten, Tische, Wandverkleidungen und natürlich die hauseigene Bar waren in einem dunklen, fast schwarzem Holz gehalten und wenn nicht die ganzen Motorradteile, Bilder und Poster von unterschiedlichen Hard Rock Bands an den Wänden hängen würden, müsste man sich die Frage stellen, ob man nicht plötzlich im Mittelalter gelandet war. Gleich neben dem Eingang war eine kleine Bühne zu sehen, die aber auch ganz gerne mal als zusätzliche Fläche für Tische und Barhocker missbraucht wurde. Vor dieser Bühne befand sich dann auch schon eine kleine Tanzfläche, die von einigen Stroboskoplampen beleuchtet wurde, aber momentan nicht besetzt war. Und die Musik, die aus den Boxen röhrte befand sich auch noch auf Normalstärke. „Noch“ musste man dazu sagen, denn bald würden auch andere Nachtschwärmer eintreffen und die Kneipe mit noch mehr Leben füllen.
Mit einem Grinsen bestellte sich Micha an der Bar noch ein Bier und einen Kurzen, während er sich so ganz nebenbei mit der Stammbarkeeperin in ein Gespräch vertiefte. Micha genoss diese kleinen freien Momente ungemein, denn Erholung von seinem Arbeitsleben hatte er wenig bis gar nicht. Sie sprachen über ihren Job, was hier in der letzten Zeit los gewesen war und was sie für neuen Schnaps zur Probe an der Bar hatten und so probierte sich der Musiker letztlich durch die unterschiedlichen Vodkasorten und gab sein Urteil dazu ab. Die Barkeeperin kannte er schon ein Weilchen und so kamen sie, logischerweise, von Ästchen zu Stöcken, zu Steinchen, sodass sich der Laden schon ziemlich gefüllt hatte, als er sich endlich zu den zwei Tischen aufmachte, an denen seine Freunde saßen.
Die Nacht ist jung Musik spielt auf
So nimmt das Schicksal seinen Lauf
Ein sanfter Wind wiegt sie im Tanz
Betörend schön erstrahlt ihr Glanz
Ihr süßer Zauber fängt micht ein
Wird dies die Nacht der Nächte sein?
Während sich also der Sänger auf den Weg zu seinen Freunden machte und sich über die Tanzfläche schob, bemerkte er sie. Unabsichtlich hatte sie ihn angerempelt und wäre auch fast über ihre eigene Füße gestolpert. Sofort hatte sie Halt suchend nach ihm gegriffen und sich an seinen Unterarmen festgehalten.
Auf den ersten Blick hätte man denken können, dass sie die Unschuld vom Lande wäre, doch weit gefehlt. Mit einem Augenaufschlag für den man eigentlich einen Waffenschein bräuchte, sah sie zu ihm auf und instinktiv griff Micha nach ihr, um sie vorm Umfallen zu bewahren. Gleichzeitig stierte er sie an. Ihr langes braunes Haar fiel ihr in Wellen locker über die Schultern und umschmeichelte sie bis zu ihren Hüften. Ihre dunklen, großen Augen mit den viel zu langen Wimpern hatten ihn sofort gefangen genommen. Dieses außergewöhnliche Glimmen in diesen ließ ihn sie glatt noch einmal genauer ansehen. Während Micha mit seiner Musterung fortfuhr, und das was er sah für gut befand, sah sie ihn kurz überrascht an, eh sie sofort in den Modus übersprang, der jeden Mann im Raum um den Finger gewickelt hätte. Leicht hatte sie die vollen Lippen geöffnet und strich Micha kurz mit ihren feingliedrigen Fingern über die Arme.
„Entschuldigung.“, wisperte sie ihm mit rauchiger Stimme ins Ohr, nachdem sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hatte. Dann drehte sie sich wieder um und machte damit weiter, wobei Micha sie unterbrochen hatte. Sich zum Takt der Musik bewegen. Und das schien sie – zumindest in Michas Augen – wie keine Zweite auf der Tanzfläche drauf zu haben. Mehr als nur einladend ließ sie ihre Hüften kreisen, bewegte ihren gesamten Körper mit einer Geschmeidigkeit, dass Micha umgehend der Mund trocken wurde und ihm das Blut vom Kopf in eine andere Region schießen ließ. Das sie ihn allerdings einfach so hatte abblitzen lassen, stieß den Musiker vor den Kopf und weckte seine Jagdtriebe. Sie wollte spielen? Das konnte sie haben. Damit war dann wohl die Jagdsaison eröffnet.
Sie dreht sich um, zeigt ihr Gesicht
Schwarze Schatten weichen Licht
Zarte Züge weißer Haut
Seltsam fremd und doch vertraut
Ihr Blick aus Eis spricht einen Bann
Dem ich mich nicht entziehen kann
Bei seinen Freunden angekommen, ließ sich Micha erst einmal neben Specki fallen und nahm sich unaufgefordert eine Zigarette aus dessen Schachtel. Sofort zündete sich der Sänger die Fluppe an, inhalierte tief den Rauch und stierte dann wieder zu der Frau in Schwarz auf der Tanzfläche.
„Sag mir nicht, dass du sie flachlegen willst.“, kam es da von Specki, der sich ein Stück vorgebeugt hatte, um zu sehen bei wem Michas Aufmerksamkeit lag.
„Wieso sollte ich nicht?“, kam allerdings nur als Gegenfrage.
„Wir wollten uns 'nen schönen Abend unter Männern machen und du willst stattdessen mit der da weg?“
'Na das sagt ja der Richtige', dachte der Sänger ärgerlich, sparte sich darauf aber einen Kommentar. Dann war jetzt eben bei ihm eine Planänderung eingetreten. Wer warf ihm denn immer vor er wäre nicht spontan? Nun, heute war er das mal, denn wie hatte er vorhin festgestellt? Er gönnte sich ja sonst nichts und arbeitete momentan fast ausschließlich an den Texten und dem Gesang des kommenden Albums. Und während sich seine Kollegen zwischendrin eine Auszeit zugestanden hatten, machte er das heute nun mal so. Jeder entspannte anders und für ihn war Sex nun einmal pure Entspannung.
„Ich kann dich ja eh nicht davon abhalten. Kaum hast du Eine gefunden, die ansatzweise dein Beuteschema ist und bei dir setzt alles aus.“, meinte Specki ätzend, dass Micha schon zu einer drohenden Antwort ansetzen wollte, aber gnadenlos unterbrochen wurde.
„Ich weiß, ich weiß. Ich bin der Letzte, der das sagen dürfte, aber schau sie dir doch mal an! Irgendetwas stimmt nicht mit der.“
Nun war Micha doch überrascht. Verblüfft zog der Sänger beide Augenbrauen nach oben und legte die Stirn in Falten. Das waren ja ganz neue Töne. Doch dann lächelte Micha amüsiert und klopfte dem Drummer auf die Schulter.
„Keine Angst, ich bin schon groß und kann auf mich selbst aufpassen“, meinte der Sänger gut gelaunt, nahm noch einen großen Schluck von seinem Bier und stand dann auch schon wieder auf.
„Ich mach mir mit der Hübschen einen schöne Nacht und morgen bin ich wieder pünktlich in Tonstudio.“
Und damit war er auch schon auf der Tanzfläche verschwunden. Skeptisch sah ihm Specki hinterher.
„Na wenn das mal gut geht.“, murmelte der mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend.
Micha hingegen hatte seine künftige Eroberung auf der Tanzfläche erspäht und tippte dieser dann auch schon auf die Schulter.
„Wenn ich dich auf einen Drink einladen dürfte?“, wollte der Sänger wissen, als er sich zu ihr hinunter beugte. Ihr Duft machte ihn augenblicklich benommen und gleichzeitig hellwach, als wäre er high. Tief atmete er ein um sich den Geruch einzuprägen. Ihre Haare rochen nach Äpfeln und er hätte schwören können, dass sie seinen Lieblingsduft trug. Und dann noch ihren ganz ureigener Geruch, der ihn stark an Zimt erinnerte, fand er ungemein ansprechend, sodass ihm das Wasser im Mund zusammen lief.
Doch in dem Moment, indem Micha das alles in sich aufnahm, krallte sich die Fremde in seine Arme, erstarrte buchstäblich zu einem Brett und stierte ihm in die Augen. Wieder war da dieses Glitzern, dass vollkommen im Kontrast zu ihrer Körperhaltung stand. Aber so schnell ihr irritierendes Verhalten gekommen war, so schnell war es auch wieder verschwunden und statt einem schon fast kalten, glasigem Blick zeigten ihre Augen einen feurigen, heißblütigen Ausdruck, sodass sich Micha nicht mehr sicher war, ob er sich nicht einfach getäuscht hatte.
„Von so einem attraktiven Mann wie dir, lasse ich mich doch gerne einladen“, säuselte sie als Antwort, nun ebenfalls an seinem Ohr. Na die Frau wusste ja augenscheinlich sehr eindeutig was sie wollte.
Tanz für mich, tanz für mich!
Ich spür die Macht
Tanz mit mir, tanz mit mir
Durch diese Nacht
Tanz für mich, tanz für mich!
Ich spür die Macht
Tanz mit mir, tanz mit mir
Tanz mit mir heut Nacht.
Und wieder klebte Michas Blick an ihr, als sie sich auf den Weg zur Bar machten. Genau studierte er ihre Rückansicht und musste zugeben, dass der Spruch „Ein schöner Rücken kann auch entzücken“ zu hundert Prozent auf sie passte. Vor allem ihr Hintern hatte es ihm angetan. Er war zwar noch nicht dazu gekommen, den anzufassen, aber er war sich ziemlich sicher, dass der genau in seine Hände passen würde. Und die waren ja bekanntlich nicht gerade klein.
Doch das was sie tat, war die Hölle. Oder der Himmel. Kam drauf an, aus welchem Blickwinkel man es betrachtete. Einerseits machte sie den Sänger allein nur mit anzüglichen Blicken scharf und gleichzeitig ließ sie ihn stehen, dass er sich anstrengen musste, sie zu bekommen. Wenn es nach ihm ging, ließ sie ihn jetzt schon am langen Arm verhungern. Herrgott noch einmal, so verhältnismäßig lange hatte er dieses Spiel noch nie spielen müssen. Micha wusste, was er für eine Wirkung auf Frauen hatte, wenn er es denn darauf anlegte. Selbst wenn er es nicht wissentlich darauf anlegte, konnten Frauen ihm nun nicht wirklich lange widerstehen. Aber er musste zugeben, dass er in ihr quasi seinen Meister in diesem Spielchen gefunden hatte. Denn umso mehr sie sich zierte, umso mehr wollte er sie. Und doch zierte sie sich gleichzeitig nicht, sendete ihm eindeutige Signale, dass er auch ja nicht zu schnell das Interesse an dem Spiel verlor. Letztendlich war das eine verflucht aufregende Mischung und Micha ließ sich darauf ein.
So gab er ihr ein ums andere Getränk aus, während er ihrer einmaligen Art immer mehr verfiel. Und als sie dann auch noch für ihn tanzte, war es vollkommen aus. Zum Takt der Musik ließ sie ihre Hüften kreisen, bezog ihn in ihre Bewegungen mit ein, rieb sich an ihm oder streichelte ihm ab und an über Arme, Hände oder Wangen. Sie tanzte nur für ihn, schien jeden anderen Mann in der Kneipe – und es stierten sie eine große Anzahl von Männern unübersehbar an – auszublenden und nur noch ihn zu sehen. Sie wollte nur ihm gefallen, nur ihm allein. Und dann war da noch etwas anderes. Sie war sich ihrer Wirkung durchaus bewusst. Und sie genoss es. Und auch Micha spürte die Macht, die sie über ihn hatte und die sie auf ihn wirken ließ und gleichzeitig war er sich nicht mehr sicher, wer hier wen becircen und mit nach Hause zu nehmen versuchte. Augenscheinlich hatte er sich ganz in ihre Hände begeben, ohne es zu wirklich zu wissen, noch zu bemerken.
Nicht, dass er ein Problem damit hatte. Er liebte es von Frauen dominiert zu werden, die definitiv wussten was sie wollten und wie sie es auch bekamen. Und die Fremde, deren Namen er immer noch nicht wusste, war ein Prachtexemplar dieser Gattung. Micha freute sich schon von dieser süßen Sünde zu kosten.
Als die beiden es dann endlich, endlich aus der Bar geschafft hatten, war sich der Musiker dann auch nicht mehr sicher, wer es eiliger hatte, den anderen nackt zu sehen. Abrupt hatte sie ihn zu sich gezogen und ihm einen Kuss gestohlen, dass ihm Hören und Sehen vergangen war und es ihm nicht schnell genug ging, sich mit ihr zu verdrücken. Eilig hatte hatte er sich seine Jacke geschnappt und sie mit sich nach draußen gezogen, wo sie beide noch einmal in eine wilde Knutscherei verfielen, in der sie eindeutig die Oberhand hatte. Kurz musste er an ihren Lippen grinsen. Wenn das so weiter ging, würde er morgen eine blutige Unterlippe besitzen, aber das war es ihm verdammt noch einmal wert. So viel Aufregung und Abenteuerlust hatte er schon lange nicht mehr gefühlt. Zwischendrin hatte er noch gefragt, ob sie zu ihm oder doch zu ihr wollten. Stattdessen hatte sie nur verführerisch gelächelt und ihn noch einmal herrisch geküsst. Dabei hatte sie eine Hand in seine Arschtasche gesteckt und begonnen ihn auf den nächstgelegenen Park zu zuziehen. Micha musste sich also korrigieren. Sie hatte es eilig. Aber bevor er eine Nummer auf er Parkbank schob, wollte er wenigstens ihren Namen wissen.
„Wie heißt du?“, fragte er. Kurz schien sie in ihrem Schritt zu straucheln, fing sich dann aber wieder, eh sie zu ihm aufblickte und sich noch enger an seine Brust schmiegte. Unterdessen begann sie kleine Kreise auf seiner Brust zu malen.
„Ist das denn wichtig?“, stellte sie die Gegenfrage, als Micha seinen Arm um ihren Nacken legte. Zweifelnd sah er zu ihr hinunter und runzelte die Stirn. Sie war wirklich eigenartig, dass musste er nun wirklich zugeben. Fast hätte man meinen können, dass sie überlegte, wie sie hieß, oder das sie ihm einen Bären aufbinden wollte, damit sie nach dieser Nummer einfach locker und flockig wieder in die Arme ihres Freundes, Verlobten oder Mannes zurückkehren konnte. Doch dann hätte sie auch einfach mit offenen Karten spielen können und nicht so ein Geheimnis draus machen müssen. Normalerweise hätte er ihr das auch so gesagt, denn einen Hauch Ehrlichkeit und Wahrheit wollte er selbst in einem One-Night-Stand haben. Und wenn es nur um den Beziehungsstatus und den Namen der Frau ging. Aber er war ihr schon zu sehr verfallen, als noch von ihr ernsthaft ablassen zu können, geschweige denn, dass er ihr hätte eine Rede von Ehrlichkeit und Wahrheit halten können. Wenn er eine Schwäche hatte, dann waren es Frauen.
„Wäre mir schon ganz lieb“, meinte er deshalb nur sehr leise. Beruhigend tätschelte sie ihm die Brust und zog ihn nur noch bestimmter zum Park hin.
„Du wirst ihn heute Abend schon noch erfahren“, murmelte sie mit dunkler, schon fast bedrohlicher Stimme. Gehörte das zu ihrem Spiel? Gehörte das überhaupt zu einem Spiel? Wenn ja, hätte er das doch schon ganz gerne vorher gewusst. Nicht, dass er nicht auf Rollenspiele stand und dergleichen, doch wenn sie die Domina rauslassen wollte, wusste er lieber vorher, woran er war.
Zarte Lippen mich berührn
Wild und stürmisch mich entführn
Die Sinne schwinden, mir wird kalt
Beginn zu falln verlier den Halt
Mit einem Male wird mir klar
Dass dieser Kuss mein letzter war.
Kaum hatte das Pärchen die beleuchteten Straßen und die letzten Lampen im Park hinter sich gelassen, drehte sich die Fremde auch schon schwungvoll zu ihm um. Sie waren nicht mal wirklich weit von der Straße entfernt, aber dann so weit in der Abgeschiedenheit, dass sie niemand stören würde. Nicht, dass ihn das gestört hätte, aber etwas abseits der Wege zu sein, hatte eben doch seine Vorteile.
Mit einem Lächeln, das zwischen ablehnend und anzüglich rangierte, schubste sie den Sänger auf die nächstgelegene Parkbank, die sich gänzlich dem Laternenlicht entzog. Dann schwang sie auch schon ein Bein über seinen Schoß und lehnte sich vor. Langsam und schon fast träge ließ sie ihre Hüften über seinen kreisen und presste ihre Lippen auf seine. Sie nahm sich quasi alles, was Micha auch nur ansatzweise gab und zeigte ihm stattdessen dafür, was sie ihm im Gegenzug alles zu bieten hatte. Und da setzte etwas in Michas Kopf aus. Der Sänger presste die Fremde noch näher an sich, begann mit den Händen unter ihr Top zu fahren und die blasse, weiche Haut an Hüften und Rücken zu erkunden. Micha bemerkte ein Zittern ihrerseits, störte sich daran aber nicht. Eigentlich dachte er auch, dass er für dieses Beben verantwortlich war. Immerhin war er kein unbeschriebenes Blatt und wusste wo und wie man eine Frau berühren musste, damit sie den Verstand verlor. Und deshalb würde ihr eh gleich heiß genug werden, sollte sie wirklich frieren. Kurz ließ sie von ihm ab, sah zu ihm hinunter und zog sich dann mit einem eiskalten Lächeln ihre Lederjacke aus.
Irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht. Irgendetwas lief hier verdammt schief, doch der Musiker konnte nicht erfassen was. Immerhin hatte sie ihn so heiß gemacht, dass er nur schwer in alte Denkmuster zurück finden konnte. Doch da lehnte sie sich schon wieder vor. Diesmal jedoch so, dass er sich nur schwer unter ihr bewegen konnte, da sich ihr gesamtes Gewicht knapp über seinem Zwerchfell konzentrierte und ihm die Luft zu atmen nahm. Da war es egal, dass sie ihm von Größe und Gewicht nicht das Wasser reichen konnte.
„Du bist genauso wie die Anderen. Du bist genau wie die Anderen, die Bernadette weh getan haben. Aber sie muss keine Angst mehr haben. Jetzt werde ich sie beschützen. Beschützen vor Männern wie dir!“, zischte sie den Sänger an, bevor sie ein aufklappbares Jagdmesser zog. Im Schein der am nächsten stehenden Laterne blitze die lange Klinge einmal auf, eh die Frau den Arm anwinkelte und vorschnellen ließ. Blitzschnell stach sie drei Mal zu.
Micha hatte gar keine Chance sie abzuwehren. Zu sehr war er damit beschäftigt gewesen, die Informationen in ihrem Satz auseinander zu nehmen. Welche Bernadette? Was zum Teufel ging hier vor? Und was hatte er mit dem ganzen Scheiß zu tun? Er war mit ihrem kleinen Monolog schlicht und ergreifend überfordert gewesen.
Und jetzt?
Micha hatte die Einstiche schon bemerkt, aber er hatte sie nicht gespürt. Er spürte einfach keine Schmerzen, nein. Eher wurde ihm kalt. Einfach unglaublich kalt. Und die Kälte breitete sich von seinem Brustkorb in die Gliedmaßen aus, lähmte ihn fast vollständig. Nur mühsam konnte Micha seine Hände zunächst zu den Einstichstellen und danach vor seine Augen heben. Es tat ja nicht weh. Vielleicht hatte sie ihn einfach nicht mit der Klinge, sondern mit dem Griff des Messers getroffen, um ihm eine Lehre zu erteilen. Stellvertretend für all die Männer, die dieser Bernadette was auch immer angetan hatten. Doch dann musste er seine Hoffnungen wieder im Keim ersticken. Er blutete. Und wie er blutete. Kaum hatte er diese Tatsache erfasst, begann auch schon seine Sicht zu verschwimmen und Micha hatte das Gefühl zu fallen. So tief zu fallen, wie in seinem ganzen Leben noch nicht. Und obendrein begann dann auch noch sich die Welt um ihn zu drehen, sodass er alsbald die Orientierung verlor, wo den noch oben und unten war.
'Das war es dann also', schoss es ihm durch den Kopf, als er mit Macht versuchte die Augen offen zu halten.
„Du wolltest doch wissen, wie ich heiße. Marianne Renoir ist mein Name.“, war das Letzte, was Micha wahrnahm, bevor sein Körper ihn mit gnädiger Schwärze bedachte.
Genre: Horror
Typus: Songfiktion
Rating: P18
Titel: Tanz der Tänze (Saltatio Mortis)
Disclaimer: Die Handlung ist frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Orten und Personen sind zufällig. Michael Robert Rhein gehört sich natürlich selbst. Das Lied "Tanz der Tänze" entstammt aus der Feder der Band Saltatio Mortis.
Kurzbeschreibung: Mord ist der Wollust nah wie Rauch dem Feuer. (William Shakespeare)
Anmerkung der Autorin: Obacht! Mord und Totschlag im Anmarsch. Oder vielleicht doch nicht? Hm... Ich weiß nicht.
Jedenfalls wollte ich so etwas schon immer mal schreiben, hab mich aber – bis jetzt – nie getraut. Außerdem möge man mir verzeihen, dass ich so mit Micha umspringe, aber Freiheit des Autors und so. ^.~
Allerdings war das js erst mit Till Lindemann geplant (Der schreit auch immer noch laut nach Aufmerksamkeit. Oo), aber irgendwie vermischte sich dann der mit dem anderen Sänger und zum Schluss war da ein Herr Rhein, der da einfach mal die Oberhand hatte. Und das gegen einen Till. Man höre, sehe und staune... xD
Ein viel herzliches großes Dankeschön (Ich weiß, dass das grammatikalisch nicht einwandfrei ist... xP) gilt übrigens meinem augentier, die aus dem Text das Beste heraus geholt hat. =)
Tanz der Tänze
Micha freute sich auf einen Abend mit seinen Freunden. Überall konnte man die aufgeladene Stimmung spüren. Dieses Vibrieren in den Nervenenden, wenn man sich etwas länger von der Atmosphäre einfangen ließ. Und er konnte es nicht nur spüren, nein. Micha konnte dieses betriebsame Aufheizen sehen und hören. Um ihn herum waren seine Freunde in kleinen Grüppchen verteilt und in Unterhaltungen vertieft. Hier und da wurde gelacht oder gegröhlt. Wenn es nicht zu pathetisch wäre, würde er glatt meinen, dass das Leben nur so um ihn herum pulsierte.
Micha hatte irgendwann aufgehört zu zählen, wer alles zu der „kleinen“ Runde dazugestoßen war. Jedenfalls überstieg die Meute die Zehn-Mann-Stärke bei weitem und die Hälfte davon war schon richtig gut dabei. Wenn er sich so umschaute, kam er sich gerade ziemlich alt vor, denn er machte sich nichts mehr daraus, sich an seinen freien Tagen so sehr die Kante zu geben, dass er kaum noch stehen konnte. Sprich, er war aus dem Alter heraus, sich vorher schon zu besaufen, dass er vom eigentlichen Abend nichts mehr mitbekam. Häufig redete er sich einfach ein, dass er sich mit seinen knapp fünfzig Jahren dann doch irgendwann ein bisschen beherrschen konnte. Ab und an. Rockstar hin oder her. Er wollte es ja nur ein klein wenig ruhiger als die anderen angehen lassen. Das bedeutete ja nicht, dass er sich keinen kleinen Spaß würde gönnen können. Er konnte auch Spaß ohne Alkohol haben. Und das Einzige, was er wollte, war feiern. Und feiern wollte er auf jeden Fall.
Während also die Meute langsam von der Haltestelle zu ihrer Stammkneipe wanderte, schlenderte Micha stumm vor sich hin lächelnd neben Kay her und beobachtete die Gruppe genau. Manchmal kam er einfach nicht aus seiner Haut, wenn es darum ging auf seine Freunde ein Auge zu haben, aber so langsam schaltete er ab, ließ sich ganz auf den Abend und die Vorfreude ein.
Er war schon lange nicht mehr in ihrem Schuppen gewesen. Dort trafen sie sich meist, wenn Micha und seine Bandkollegen mal nicht tourten, texteten, gleich ein ganzes Album aus dem Boden stampften oder Promotion für ein Album oder gleich die ganze Band betrieben. Kurz gesagt: Es kam recht selten vor, dass sie um die Häuser zogen, aber wenn diese Seltenheit dann endlich einmal eintraf, waren die Nächte immer lang und feuchtfröhlich. So wie heute auch. Micha hatte sich einfach nicht wehren können, als ihm sein Bassist ein Bier in die Hand gedrückt hatte. Wo das her kam? Keine Ahnung, aber er hatte einige seiner Freunde vorhin noch in einen Spätkauf sprinten sehen. Also nippte er gehorsam an der Flasche, hörte mit einem halben Ohr der Unterhaltung hinter ihm zu und kommentierte diese stumm für sich selbst. Ja, es wurde wieder einmal Zeit, dass sie sich dem Männerabend anschlossen und um die Häuser zogen. Ja, sie würden heute auf den Putz hauen und ja, heute war wirklich ein ungemein guter Tag. Heute lag etwas in der Luft und der Sänger hatte definitiv vor, das auszunutzen und auszukosten.
Die Kneipe „Corvo“ sah von außen wie eine schäbige Spelunke aus. Mit ihrer leicht abgebröckelten Fassade würde sie nicht mal mehr einen Blumentopf gewinnen, geschweige denn potentielle Gäste anziehen, die auf gehobenen Standard achteten. Doch Micha mochte den Schuppen, der etwas abseits der großen Straßen Berlins in einem kleinen Innenhof einer ehemaligen Industriehalle gelegen war. Wenn man nicht genau wusste, wohin man ging, übersah man konsequent die kleine Werbung der Kneipe, die einem den Weg in einen Drei-Seiten-Hof zeigte. Hintern dem Laden fuhr alle fünf Minuten die S-Bahn vorbei, doch das störte keinen mehr, wenn man erste einmal das Innere der Spelunke betreten hatte. Den Eingang zierten zwei riesige Ork-Skulpturen und begrüßten somit jeden, der eintrat. Sitzgelegenheiten, Tische, Wandverkleidungen und natürlich die hauseigene Bar waren in einem dunklen, fast schwarzem Holz gehalten und wenn nicht die ganzen Motorradteile, Bilder und Poster von unterschiedlichen Hard Rock Bands an den Wänden hängen würden, müsste man sich die Frage stellen, ob man nicht plötzlich im Mittelalter gelandet war. Gleich neben dem Eingang war eine kleine Bühne zu sehen, die aber auch ganz gerne mal als zusätzliche Fläche für Tische und Barhocker missbraucht wurde. Vor dieser Bühne befand sich dann auch schon eine kleine Tanzfläche, die von einigen Stroboskoplampen beleuchtet wurde, aber momentan nicht besetzt war. Und die Musik, die aus den Boxen röhrte befand sich auch noch auf Normalstärke. „Noch“ musste man dazu sagen, denn bald würden auch andere Nachtschwärmer eintreffen und die Kneipe mit noch mehr Leben füllen.
Mit einem Grinsen bestellte sich Micha an der Bar noch ein Bier und einen Kurzen, während er sich so ganz nebenbei mit der Stammbarkeeperin in ein Gespräch vertiefte. Micha genoss diese kleinen freien Momente ungemein, denn Erholung von seinem Arbeitsleben hatte er wenig bis gar nicht. Sie sprachen über ihren Job, was hier in der letzten Zeit los gewesen war und was sie für neuen Schnaps zur Probe an der Bar hatten und so probierte sich der Musiker letztlich durch die unterschiedlichen Vodkasorten und gab sein Urteil dazu ab. Die Barkeeperin kannte er schon ein Weilchen und so kamen sie, logischerweise, von Ästchen zu Stöcken, zu Steinchen, sodass sich der Laden schon ziemlich gefüllt hatte, als er sich endlich zu den zwei Tischen aufmachte, an denen seine Freunde saßen.
Die Nacht ist jung Musik spielt auf
So nimmt das Schicksal seinen Lauf
Ein sanfter Wind wiegt sie im Tanz
Betörend schön erstrahlt ihr Glanz
Ihr süßer Zauber fängt micht ein
Wird dies die Nacht der Nächte sein?
Während sich also der Sänger auf den Weg zu seinen Freunden machte und sich über die Tanzfläche schob, bemerkte er sie. Unabsichtlich hatte sie ihn angerempelt und wäre auch fast über ihre eigene Füße gestolpert. Sofort hatte sie Halt suchend nach ihm gegriffen und sich an seinen Unterarmen festgehalten.
Auf den ersten Blick hätte man denken können, dass sie die Unschuld vom Lande wäre, doch weit gefehlt. Mit einem Augenaufschlag für den man eigentlich einen Waffenschein bräuchte, sah sie zu ihm auf und instinktiv griff Micha nach ihr, um sie vorm Umfallen zu bewahren. Gleichzeitig stierte er sie an. Ihr langes braunes Haar fiel ihr in Wellen locker über die Schultern und umschmeichelte sie bis zu ihren Hüften. Ihre dunklen, großen Augen mit den viel zu langen Wimpern hatten ihn sofort gefangen genommen. Dieses außergewöhnliche Glimmen in diesen ließ ihn sie glatt noch einmal genauer ansehen. Während Micha mit seiner Musterung fortfuhr, und das was er sah für gut befand, sah sie ihn kurz überrascht an, eh sie sofort in den Modus übersprang, der jeden Mann im Raum um den Finger gewickelt hätte. Leicht hatte sie die vollen Lippen geöffnet und strich Micha kurz mit ihren feingliedrigen Fingern über die Arme.
„Entschuldigung.“, wisperte sie ihm mit rauchiger Stimme ins Ohr, nachdem sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hatte. Dann drehte sie sich wieder um und machte damit weiter, wobei Micha sie unterbrochen hatte. Sich zum Takt der Musik bewegen. Und das schien sie – zumindest in Michas Augen – wie keine Zweite auf der Tanzfläche drauf zu haben. Mehr als nur einladend ließ sie ihre Hüften kreisen, bewegte ihren gesamten Körper mit einer Geschmeidigkeit, dass Micha umgehend der Mund trocken wurde und ihm das Blut vom Kopf in eine andere Region schießen ließ. Das sie ihn allerdings einfach so hatte abblitzen lassen, stieß den Musiker vor den Kopf und weckte seine Jagdtriebe. Sie wollte spielen? Das konnte sie haben. Damit war dann wohl die Jagdsaison eröffnet.
Sie dreht sich um, zeigt ihr Gesicht
Schwarze Schatten weichen Licht
Zarte Züge weißer Haut
Seltsam fremd und doch vertraut
Ihr Blick aus Eis spricht einen Bann
Dem ich mich nicht entziehen kann
Bei seinen Freunden angekommen, ließ sich Micha erst einmal neben Specki fallen und nahm sich unaufgefordert eine Zigarette aus dessen Schachtel. Sofort zündete sich der Sänger die Fluppe an, inhalierte tief den Rauch und stierte dann wieder zu der Frau in Schwarz auf der Tanzfläche.
„Sag mir nicht, dass du sie flachlegen willst.“, kam es da von Specki, der sich ein Stück vorgebeugt hatte, um zu sehen bei wem Michas Aufmerksamkeit lag.
„Wieso sollte ich nicht?“, kam allerdings nur als Gegenfrage.
„Wir wollten uns 'nen schönen Abend unter Männern machen und du willst stattdessen mit der da weg?“
'Na das sagt ja der Richtige', dachte der Sänger ärgerlich, sparte sich darauf aber einen Kommentar. Dann war jetzt eben bei ihm eine Planänderung eingetreten. Wer warf ihm denn immer vor er wäre nicht spontan? Nun, heute war er das mal, denn wie hatte er vorhin festgestellt? Er gönnte sich ja sonst nichts und arbeitete momentan fast ausschließlich an den Texten und dem Gesang des kommenden Albums. Und während sich seine Kollegen zwischendrin eine Auszeit zugestanden hatten, machte er das heute nun mal so. Jeder entspannte anders und für ihn war Sex nun einmal pure Entspannung.
„Ich kann dich ja eh nicht davon abhalten. Kaum hast du Eine gefunden, die ansatzweise dein Beuteschema ist und bei dir setzt alles aus.“, meinte Specki ätzend, dass Micha schon zu einer drohenden Antwort ansetzen wollte, aber gnadenlos unterbrochen wurde.
„Ich weiß, ich weiß. Ich bin der Letzte, der das sagen dürfte, aber schau sie dir doch mal an! Irgendetwas stimmt nicht mit der.“
Nun war Micha doch überrascht. Verblüfft zog der Sänger beide Augenbrauen nach oben und legte die Stirn in Falten. Das waren ja ganz neue Töne. Doch dann lächelte Micha amüsiert und klopfte dem Drummer auf die Schulter.
„Keine Angst, ich bin schon groß und kann auf mich selbst aufpassen“, meinte der Sänger gut gelaunt, nahm noch einen großen Schluck von seinem Bier und stand dann auch schon wieder auf.
„Ich mach mir mit der Hübschen einen schöne Nacht und morgen bin ich wieder pünktlich in Tonstudio.“
Und damit war er auch schon auf der Tanzfläche verschwunden. Skeptisch sah ihm Specki hinterher.
„Na wenn das mal gut geht.“, murmelte der mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend.
Micha hingegen hatte seine künftige Eroberung auf der Tanzfläche erspäht und tippte dieser dann auch schon auf die Schulter.
„Wenn ich dich auf einen Drink einladen dürfte?“, wollte der Sänger wissen, als er sich zu ihr hinunter beugte. Ihr Duft machte ihn augenblicklich benommen und gleichzeitig hellwach, als wäre er high. Tief atmete er ein um sich den Geruch einzuprägen. Ihre Haare rochen nach Äpfeln und er hätte schwören können, dass sie seinen Lieblingsduft trug. Und dann noch ihren ganz ureigener Geruch, der ihn stark an Zimt erinnerte, fand er ungemein ansprechend, sodass ihm das Wasser im Mund zusammen lief.
Doch in dem Moment, indem Micha das alles in sich aufnahm, krallte sich die Fremde in seine Arme, erstarrte buchstäblich zu einem Brett und stierte ihm in die Augen. Wieder war da dieses Glitzern, dass vollkommen im Kontrast zu ihrer Körperhaltung stand. Aber so schnell ihr irritierendes Verhalten gekommen war, so schnell war es auch wieder verschwunden und statt einem schon fast kalten, glasigem Blick zeigten ihre Augen einen feurigen, heißblütigen Ausdruck, sodass sich Micha nicht mehr sicher war, ob er sich nicht einfach getäuscht hatte.
„Von so einem attraktiven Mann wie dir, lasse ich mich doch gerne einladen“, säuselte sie als Antwort, nun ebenfalls an seinem Ohr. Na die Frau wusste ja augenscheinlich sehr eindeutig was sie wollte.
Tanz für mich, tanz für mich!
Ich spür die Macht
Tanz mit mir, tanz mit mir
Durch diese Nacht
Tanz für mich, tanz für mich!
Ich spür die Macht
Tanz mit mir, tanz mit mir
Tanz mit mir heut Nacht.
Und wieder klebte Michas Blick an ihr, als sie sich auf den Weg zur Bar machten. Genau studierte er ihre Rückansicht und musste zugeben, dass der Spruch „Ein schöner Rücken kann auch entzücken“ zu hundert Prozent auf sie passte. Vor allem ihr Hintern hatte es ihm angetan. Er war zwar noch nicht dazu gekommen, den anzufassen, aber er war sich ziemlich sicher, dass der genau in seine Hände passen würde. Und die waren ja bekanntlich nicht gerade klein.
Doch das was sie tat, war die Hölle. Oder der Himmel. Kam drauf an, aus welchem Blickwinkel man es betrachtete. Einerseits machte sie den Sänger allein nur mit anzüglichen Blicken scharf und gleichzeitig ließ sie ihn stehen, dass er sich anstrengen musste, sie zu bekommen. Wenn es nach ihm ging, ließ sie ihn jetzt schon am langen Arm verhungern. Herrgott noch einmal, so verhältnismäßig lange hatte er dieses Spiel noch nie spielen müssen. Micha wusste, was er für eine Wirkung auf Frauen hatte, wenn er es denn darauf anlegte. Selbst wenn er es nicht wissentlich darauf anlegte, konnten Frauen ihm nun nicht wirklich lange widerstehen. Aber er musste zugeben, dass er in ihr quasi seinen Meister in diesem Spielchen gefunden hatte. Denn umso mehr sie sich zierte, umso mehr wollte er sie. Und doch zierte sie sich gleichzeitig nicht, sendete ihm eindeutige Signale, dass er auch ja nicht zu schnell das Interesse an dem Spiel verlor. Letztendlich war das eine verflucht aufregende Mischung und Micha ließ sich darauf ein.
So gab er ihr ein ums andere Getränk aus, während er ihrer einmaligen Art immer mehr verfiel. Und als sie dann auch noch für ihn tanzte, war es vollkommen aus. Zum Takt der Musik ließ sie ihre Hüften kreisen, bezog ihn in ihre Bewegungen mit ein, rieb sich an ihm oder streichelte ihm ab und an über Arme, Hände oder Wangen. Sie tanzte nur für ihn, schien jeden anderen Mann in der Kneipe – und es stierten sie eine große Anzahl von Männern unübersehbar an – auszublenden und nur noch ihn zu sehen. Sie wollte nur ihm gefallen, nur ihm allein. Und dann war da noch etwas anderes. Sie war sich ihrer Wirkung durchaus bewusst. Und sie genoss es. Und auch Micha spürte die Macht, die sie über ihn hatte und die sie auf ihn wirken ließ und gleichzeitig war er sich nicht mehr sicher, wer hier wen becircen und mit nach Hause zu nehmen versuchte. Augenscheinlich hatte er sich ganz in ihre Hände begeben, ohne es zu wirklich zu wissen, noch zu bemerken.
Nicht, dass er ein Problem damit hatte. Er liebte es von Frauen dominiert zu werden, die definitiv wussten was sie wollten und wie sie es auch bekamen. Und die Fremde, deren Namen er immer noch nicht wusste, war ein Prachtexemplar dieser Gattung. Micha freute sich schon von dieser süßen Sünde zu kosten.
Als die beiden es dann endlich, endlich aus der Bar geschafft hatten, war sich der Musiker dann auch nicht mehr sicher, wer es eiliger hatte, den anderen nackt zu sehen. Abrupt hatte sie ihn zu sich gezogen und ihm einen Kuss gestohlen, dass ihm Hören und Sehen vergangen war und es ihm nicht schnell genug ging, sich mit ihr zu verdrücken. Eilig hatte hatte er sich seine Jacke geschnappt und sie mit sich nach draußen gezogen, wo sie beide noch einmal in eine wilde Knutscherei verfielen, in der sie eindeutig die Oberhand hatte. Kurz musste er an ihren Lippen grinsen. Wenn das so weiter ging, würde er morgen eine blutige Unterlippe besitzen, aber das war es ihm verdammt noch einmal wert. So viel Aufregung und Abenteuerlust hatte er schon lange nicht mehr gefühlt. Zwischendrin hatte er noch gefragt, ob sie zu ihm oder doch zu ihr wollten. Stattdessen hatte sie nur verführerisch gelächelt und ihn noch einmal herrisch geküsst. Dabei hatte sie eine Hand in seine Arschtasche gesteckt und begonnen ihn auf den nächstgelegenen Park zu zuziehen. Micha musste sich also korrigieren. Sie hatte es eilig. Aber bevor er eine Nummer auf er Parkbank schob, wollte er wenigstens ihren Namen wissen.
„Wie heißt du?“, fragte er. Kurz schien sie in ihrem Schritt zu straucheln, fing sich dann aber wieder, eh sie zu ihm aufblickte und sich noch enger an seine Brust schmiegte. Unterdessen begann sie kleine Kreise auf seiner Brust zu malen.
„Ist das denn wichtig?“, stellte sie die Gegenfrage, als Micha seinen Arm um ihren Nacken legte. Zweifelnd sah er zu ihr hinunter und runzelte die Stirn. Sie war wirklich eigenartig, dass musste er nun wirklich zugeben. Fast hätte man meinen können, dass sie überlegte, wie sie hieß, oder das sie ihm einen Bären aufbinden wollte, damit sie nach dieser Nummer einfach locker und flockig wieder in die Arme ihres Freundes, Verlobten oder Mannes zurückkehren konnte. Doch dann hätte sie auch einfach mit offenen Karten spielen können und nicht so ein Geheimnis draus machen müssen. Normalerweise hätte er ihr das auch so gesagt, denn einen Hauch Ehrlichkeit und Wahrheit wollte er selbst in einem One-Night-Stand haben. Und wenn es nur um den Beziehungsstatus und den Namen der Frau ging. Aber er war ihr schon zu sehr verfallen, als noch von ihr ernsthaft ablassen zu können, geschweige denn, dass er ihr hätte eine Rede von Ehrlichkeit und Wahrheit halten können. Wenn er eine Schwäche hatte, dann waren es Frauen.
„Wäre mir schon ganz lieb“, meinte er deshalb nur sehr leise. Beruhigend tätschelte sie ihm die Brust und zog ihn nur noch bestimmter zum Park hin.
„Du wirst ihn heute Abend schon noch erfahren“, murmelte sie mit dunkler, schon fast bedrohlicher Stimme. Gehörte das zu ihrem Spiel? Gehörte das überhaupt zu einem Spiel? Wenn ja, hätte er das doch schon ganz gerne vorher gewusst. Nicht, dass er nicht auf Rollenspiele stand und dergleichen, doch wenn sie die Domina rauslassen wollte, wusste er lieber vorher, woran er war.
Zarte Lippen mich berührn
Wild und stürmisch mich entführn
Die Sinne schwinden, mir wird kalt
Beginn zu falln verlier den Halt
Mit einem Male wird mir klar
Dass dieser Kuss mein letzter war.
Kaum hatte das Pärchen die beleuchteten Straßen und die letzten Lampen im Park hinter sich gelassen, drehte sich die Fremde auch schon schwungvoll zu ihm um. Sie waren nicht mal wirklich weit von der Straße entfernt, aber dann so weit in der Abgeschiedenheit, dass sie niemand stören würde. Nicht, dass ihn das gestört hätte, aber etwas abseits der Wege zu sein, hatte eben doch seine Vorteile.
Mit einem Lächeln, das zwischen ablehnend und anzüglich rangierte, schubste sie den Sänger auf die nächstgelegene Parkbank, die sich gänzlich dem Laternenlicht entzog. Dann schwang sie auch schon ein Bein über seinen Schoß und lehnte sich vor. Langsam und schon fast träge ließ sie ihre Hüften über seinen kreisen und presste ihre Lippen auf seine. Sie nahm sich quasi alles, was Micha auch nur ansatzweise gab und zeigte ihm stattdessen dafür, was sie ihm im Gegenzug alles zu bieten hatte. Und da setzte etwas in Michas Kopf aus. Der Sänger presste die Fremde noch näher an sich, begann mit den Händen unter ihr Top zu fahren und die blasse, weiche Haut an Hüften und Rücken zu erkunden. Micha bemerkte ein Zittern ihrerseits, störte sich daran aber nicht. Eigentlich dachte er auch, dass er für dieses Beben verantwortlich war. Immerhin war er kein unbeschriebenes Blatt und wusste wo und wie man eine Frau berühren musste, damit sie den Verstand verlor. Und deshalb würde ihr eh gleich heiß genug werden, sollte sie wirklich frieren. Kurz ließ sie von ihm ab, sah zu ihm hinunter und zog sich dann mit einem eiskalten Lächeln ihre Lederjacke aus.
Irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht. Irgendetwas lief hier verdammt schief, doch der Musiker konnte nicht erfassen was. Immerhin hatte sie ihn so heiß gemacht, dass er nur schwer in alte Denkmuster zurück finden konnte. Doch da lehnte sie sich schon wieder vor. Diesmal jedoch so, dass er sich nur schwer unter ihr bewegen konnte, da sich ihr gesamtes Gewicht knapp über seinem Zwerchfell konzentrierte und ihm die Luft zu atmen nahm. Da war es egal, dass sie ihm von Größe und Gewicht nicht das Wasser reichen konnte.
„Du bist genauso wie die Anderen. Du bist genau wie die Anderen, die Bernadette weh getan haben. Aber sie muss keine Angst mehr haben. Jetzt werde ich sie beschützen. Beschützen vor Männern wie dir!“, zischte sie den Sänger an, bevor sie ein aufklappbares Jagdmesser zog. Im Schein der am nächsten stehenden Laterne blitze die lange Klinge einmal auf, eh die Frau den Arm anwinkelte und vorschnellen ließ. Blitzschnell stach sie drei Mal zu.
Micha hatte gar keine Chance sie abzuwehren. Zu sehr war er damit beschäftigt gewesen, die Informationen in ihrem Satz auseinander zu nehmen. Welche Bernadette? Was zum Teufel ging hier vor? Und was hatte er mit dem ganzen Scheiß zu tun? Er war mit ihrem kleinen Monolog schlicht und ergreifend überfordert gewesen.
Und jetzt?
Micha hatte die Einstiche schon bemerkt, aber er hatte sie nicht gespürt. Er spürte einfach keine Schmerzen, nein. Eher wurde ihm kalt. Einfach unglaublich kalt. Und die Kälte breitete sich von seinem Brustkorb in die Gliedmaßen aus, lähmte ihn fast vollständig. Nur mühsam konnte Micha seine Hände zunächst zu den Einstichstellen und danach vor seine Augen heben. Es tat ja nicht weh. Vielleicht hatte sie ihn einfach nicht mit der Klinge, sondern mit dem Griff des Messers getroffen, um ihm eine Lehre zu erteilen. Stellvertretend für all die Männer, die dieser Bernadette was auch immer angetan hatten. Doch dann musste er seine Hoffnungen wieder im Keim ersticken. Er blutete. Und wie er blutete. Kaum hatte er diese Tatsache erfasst, begann auch schon seine Sicht zu verschwimmen und Micha hatte das Gefühl zu fallen. So tief zu fallen, wie in seinem ganzen Leben noch nicht. Und obendrein begann dann auch noch sich die Welt um ihn zu drehen, sodass er alsbald die Orientierung verlor, wo den noch oben und unten war.
'Das war es dann also', schoss es ihm durch den Kopf, als er mit Macht versuchte die Augen offen zu halten.
„Du wolltest doch wissen, wie ich heiße. Marianne Renoir ist mein Name.“, war das Letzte, was Micha wahrnahm, bevor sein Körper ihn mit gnädiger Schwärze bedachte.