Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast 

Fremde Zeichen

Kurzbeschreibung
GeschichteSci-Fi, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Botschafter Soval Hoshi Sato
11.08.2013
31.08.2013
18
114.512
5
Alle Kapitel
13 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
 
11.08.2013 12.376
 
Kapitel 7:

»Ha'tha ti'lu«, nuschelte Hoshi hundemüde und schlurfte mit halb geschlossenen Augen zu ihrem Waschbecken. Ihre Haare waren noch zerzaust und schienen, wie sie selbst auch, noch lange nicht aufwachen zu wollen. Das würde auch erst ein anständiger Kaffee vollbringen, das wusste sie und sie freute sich schon darauf.
Ihr Kollege hingegen war bereits gestriegelt, gebügelt, erquickt, und hellwach. Das sah sie ihm schon an, noch bevor er einen Ton zu ihr sprach. Beneidenswert! Er legte sein Rasierzeug zur Seite und warf sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht. Dann trocknete er sich ab und sah wohlwollend in Hoshis müde Augen. »Ha'tha ti'lu, Miss Sato, hatten Sie eine angenehme Nacht?«
»Nee, ich hab furchtbar geträumt.«, grummelte sie und begann sich ihre Zähne zu putzen.
»Sie sollten vielleicht vor dem Zubettgehen etwas meditieren, das hilft solchen Alpträumen entgegen zu wirken.« Er nahm ein Lederbändchen zwischen die Lippen und dann seine Haare im Nacken zusammen.
Hoshi spuckte den Schaum aus. »Ich sagte nicht, dass es ein Alptraum war, aber angenehm war es auch nicht unbedingt. Surreal. Eben ein Traum.« Sie putzte weiter.
Soval band sich die Harre mit dem ledernen Bändchen zusammen. »Nun, wie surreal Träume sind werden Sie besser wissen als ich.« Hoshi sah erstaunt auf, putzte aber weiter. Soval kannte den fragenden Blick in ihren Augen mittlerweile und erklärte es. »Vulkanier träumen nicht, wir meditieren«, erläuterte er kurz. »Und ich, ehrlich gesagt, möchte auf meinen tiefen Schlaf auch nicht verzichten. Sollte ich im Schlaf Bilder vor meinem geistigen Auge sehen, habe ich unzureichend meditiert.« Er zupfte unzufrieden an seinem Zopf herum.
Hoshi spülte den Mund aus, benetzte ihr Gesicht und trocknete es anschließend. »Das ist schade. Träume sind etwas sehr schönes, auch wenn sie manchmal beängstigend sein können.« Sie sah ihm einen Moment lang zu. »Stimmt was nicht?«
Er hielt den Zopf hoch. »Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend«, brummte er ungehalten.
Hoshi lachte und zupfte ebenfalls etwas daran. »Na ja, Ihre Wellen sind heute eben etwas widerspenstig. Dagegen werden Sie nicht viel ausrichten können.« Sie begann nun ihre Haare zu bürsten um sie anschließend ebenfalls zusammen zu binden. »Mit feuchten Haaren ins Bett gegangen?« Ein schiefer Blick und ein kurzes Nicken war die Antwort. Offenbar war ihr das Phänomen nicht unbekannt. »Was soll’s, über den Tag werden sie sich wieder aushängen.«
Das wusste auch Soval, doch das war es nicht was ihn störte. »Das Problem ist, dass sie sich nachher im Wasser zu sehr verheddern und dann habe ich große Probleme mit dem Auskämmen.«
Das war also der springende Punkt. »Oh, dann begleiten Sie mich also doch ins Wasser?«
»Ja natürlich!« Er klang, als hätte sie eine absolut unnötige Frage gestellt. »Ich freue mich ebenso wie Sie auf diese willkommene Abkühlung.«
Hoshi verschränkte die Arme und sah ihn mürrisch an. »Na, das hab ich gern! Vorher Scherze machen und sich hinterher beschweren, wenn man nachfragt.« Soval grinste. »Flechten Sie Ihr Haar«, schlug sie dann vor. »Dann kann es sich gar nicht mehr verheddern.
»Was soll ich tun?« Er kannte nicht einmal den Ausdruck, geschweige denn die Technik.
»Flechten.« Sie blickte ihn erstaunt an. »Kennen Sie das nicht?« Er schüttelte den Kopf und sie zeigte es ihm indem sie ihren Zopf drittelte und zu flechten begann. »Immer in die Mitte, ist eigentlich ganz einfach.«
Soval hob etwas überfordert die Brauen. Handwerkliches Geschick war gar nicht seine Materie. »Ich fürchte, das muss ich erst noch üben, bevor ich es bei mir praktizieren kann.«
Doch Hoshi fand eine einfachere Lösung. »Nun, wenn Sie gestatten, flechte ich Ihnen schnell Ihr Haar. Dauert ja nur eine Minute.« Er nickte zustimmend und wandte ihr den Rücken zu. Hoshi schlug innerlich Purzelbäume. Endlich durfte sie an seine Haare, endlich. Da wollte sie nämlich schon lange ran. Ohne Scheu öffnete sie seinen Zopf wieder und gab ihm das Bändchen, dann bürstete sie den Zopf noch einmal, drittelte ihn und begann zu flechten. Ein Traum und sie genoss es richtiggehend, sein in ihren Händen zu halten. Auch wenn es etwas albern war, denn immerhin verhielt sie sich gerade wie ein kleiner, verliebter Teeny, war es ihr egal. Wenn sich schon die Chance ergab, dass sich einer ihrer Wünsche erfüllte, dann musste sie schließlich mit beiden Händen zugreifen, manchmal auch im wahrsten Sinne des Wortes.
Soval fiel das offenbar auf. »Meine Haare faszinieren Sie, kann das sein?«
»Ich steh total drauf!« bemerkte sie ironisch, aber nur um davon abzulenken, wie genau seine Bemerkung tatsächlich zutraf. Sie liebte es! Soval dachte sich seinen Teil. Als Diplomat konnte er sehr gut zwischen den Zeilen lesen und hier standen nicht nur Worte dazwischen, es waren ganze Bücher. Vielleicht war es wirklich so, dass sein Pon Farr auch auf sie wirkte. Doch hoffentlich wurde es für sie niemals so intensiv, wie es für ihn in den nächsten Wochen noch werden würde. Sie sollte nicht darunter leiden müssen. »Halten Sie mal fest?« Sie gab ihm das Ende des Zopfes in die Hand und griff nach einem ihrer Haargummis. »Ihr Lederband ist zu groß, das hält jetzt nicht mehr.« Mit ein, zwei Handgriffen hatte sie den Zopf fixiert und ging einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten. »Na ja, wirkt ungewohnt, aber das hält bis heute Abend, wenn es sein muss.«
»Das ist schön, vielen Dank.« Er begutachtete den Zopf eingehend. »Darf ich Ihr Haargummi behalten, solange wir hier sind?« fragte er dann und legte seine Kette um.
»Sicher, sicher, es gehört Ihnen. Zuhause habe ich hunderte davon, eines werde ich kaum vermissen.«
Er lächelte. »Dann bedanke ich mich noch einmal.« Damit verließ er die sanitäre Einheit und suchte die Kombüse auf, um zu frühstücken. Hoshi wechselte derweil die Schlafkleidung gegen ihre Arbeitskleidung, besuchte noch einmal die Toilette und folgte ihm.

Es freute sie unheimlich, dass sie Soval mit den Haaren helfen konnte und sie hoffe, dass sie ihm diese Technik irgendwann mal lehren durfte … doch bis es soweit war, half sie ihm sehr, sehr gerne. Frohgelaunt betrat sie die Kombüse und kaum dass sie am Tisch Platz nahm, stellte ihr Soval eine Tasse wohlduftenden Kaffees vor die Nase. Sie war schier beeindruckt.
»Sie haben mir Kaffee gemacht? Oh Soval, Danke!« Sie nahm die Tasse an sich und roch genüsslich daran. Hoshi wusste, dass er wie alle Vulkanier dieses Gebräu inbrünstig hasste, umso erstaunter war sie nun, dass er ihr dieses „giftige Zeug“, wie er es nannte, freiwillig zubereitete. Vulkanier waren keine Freunde von starken Aromen und Geschmäckern, ebenso sahen sie anregende Speisen und Getränke als unnötig, ja sogar schädlich an. Das er ihr freiwillig eine Tasse zubereitete war daher äußerst ungewöhnlich. »Sie sind ja so gut zu mir.«
»Ich tue mein Möglichstes.« entgegnete er und setzte sich zu ihr. Hoshi fand es schön so verwöhnt zu werden und sie nippte genießerisch an ihrem Kaffee. Er schmeckte ausgezeichnet und das war gar nicht so einfach, da sie lediglich das gemahlene Pulver in der Tasse mit Wasser übergoss. Wenn man zu viel oder zu wenig Pulver nahm, war die Brühe ungenießbar. »Bedarf es eigentlich irgendeiner Vorbereitung um Kaffee zu trinken?« Soval sah sie fragend an.
»Ich verstehe nicht.«
»Na ja.« Er hielt ihr seine Tasse hin. »Kann man das jetzt einfach so trinken?« Hoshi war noch mehr beeindruckt, er hatte sich selbst auch Kaffee gemacht. »Spielen Sie jetzt Versuchskaninchen?« Soval hob fragend den Blick. »Ähh, vergessen Sie’s! Also ich würde erst einmal umrühren, damit das Pulver sich am Boden absetzt.« Sie nahm ihren Löffel und noch bevor er protestieren konnte, rührte sie damit in seiner Tasse.
Soval sah ihr tadelnd in die Augen. »Hätten Sie das nächste Mal die Güte meinen Löffel zu nehmen?« Er war, wie alle Vulkanier sehr reinlich und allein die Vorstellung, dass Hoshi den Löffel bereits in ihrer Tasse hatte, fand er unhygienisch. Gottlob hatte sie ihn noch nicht im Mund.
Sie blickte verlegen auf. »Oh, Verzeihung« und nahm den Löffel wieder raus. »Ich vergaß wie empfindlich Vulkanier sind.« Sie wies mit einer Hand auf die Tasse. »Trinken können Sie natürlich schon, aber Kaffee schwarz ist gerade für Anfänger sehr gewöhnungsbedürftig und an meinem Geschmack dürfen Sie sich sowieso nicht messen. Ich mag es schwarz und stark.«
»Hmm, dann wird es Zeit heraus zu finden, wie mein Geschmack ist.« Er führte sie Tasse zum Mund und man sah ihm an, dass er sich etwas sträubte, einfach diese schwarze, stark riechende Brühe zu trinken. Er nippte daran und verzog augenblicklich angewidert das Gesicht. Schmerzhaft verkniff sich Hoshi ein Lachen, auch wenn es nicht ganz von Erfolg gekrönt war. Diese Reaktion hatte sie nämlich erwartet. Ihr Gegenüber gemerkte es und er schenkte ihr lediglich einen tiefen, äußerst scharfen Blick ... mehr war aber auch nicht nötig, damit sie verstand.
Sie zwinkerte ihm kurz zu und erhob sich dann. »Ich glaube Sie sind nicht der Typ für schwarz und stark, versuchen wir es doch mal mit Milch und süß.« Sie nahm seine Tasse an sich, süßte und weißte den Kaffee nach ihrem Geschmack und stellte ihm die Tasse erneut hin. »Vielleicht liegt Ihnen das mehr?« Mit einem Kopfnicken forderte sie ihn auf zu probieren.
Soval war gar nicht begeistert. Zucker im Getränk und noch tierisches Eiweiß in Form von Milch – genau genommen hatte sie das Getränk jetzt völlig verdorben, aber er hatte es angefangen, also wollte er es auch zu Ende bringen. Etwas unwillig führte er die Tasse zum Mund und nippte erneut. Ein Leuchten huschte über sein Gesicht und Hoshi Mine zeigt größte Zufriedenheit:
Wieder einen bekehrt. »Gar nicht mal so übel, was?« Soval nickte angetan. Das war wider Erwarten ungewohnt köstlich. »Aber Vorsicht mit dem Koffein«, neckte sie frech. »Nicht dass Sie mir jetzt das große Zittern anfangen.«
»Ich versichre Ihnen, das macht mir nichts. Ich trinke zuweilen auch schwarzen Tee.« Offenbar fühlte er sich gerade in seiner Ehre angegriffen, doch Hoshi ließ das nicht kommentarlos stehen.
»So, so, schwarzer Tee also. Sieh an, sieh an, ein Rebell.«
Sovals Miene bekam langsam einen gefährlichen Ausdruck und sie musste nun unweigerlich lachen. »Sie können von Glück reden, dass ich jetzt kein Kissen habe«, knurrte er und fachte damit Hoshis Lachen noch mehr an.

Sie fand es bewundernswert, dass er sich neuen Herausforderungen stellte und über seinen Horizont als Vulkanier hinaus blicken wollte. Veränderungen begannen im Kleinen und Verständnis erlangte man nur durch Offenheit. Soval hatte beides und das achtete sie außerordentlich. Sie sah ihn lange an, während sie frühstückten und sie spürte plötzlich wie sehr sie ihn mittlerweile mochte. Obwohl sich vieles nicht geändert hatte und er sich in vielen Dingen auch noch genauso verhielt wie früher, war er dennoch ein völlig anderer Mann. Sie wünschte ihm, dass sich das nie wieder änderte. Die Balance zwischen Logik und Emotion, zwischen kühler Zurückhaltung und freundlicher Nähe machte viel von seinem Charme aus. Er wirkte unnahbar, würdevoll, aber dennoch offen und sensibel und dafür hatte er ihre größte Achtung.
Soval spürte ihre Blicke, doch er sagte nichts und ließ sie gewähren. Er ahnte, dass er sie vermutlich nur in Verlegenheit bringen würde, würde er sie auf ihre gedankenvolle Blicke ansprechen.

Nach dem Frühstück, ging es dann endlich zu den Höhlen und für Hoshi endlich ins Wasser. Da Soval noch einen Bericht nach Vulkan schicken musste, nutzte sie die Gelegenheit um die wasserfesten Padds und Handtücher zu richten. Umziehen mussten sich beide nicht mehr, sie trugen ihre Badekleidung schon seit dem Aufstehen unter ihrer normalen Kleidung. Hoshi war froh darum. Schließlich wollte sie keine Zeit verlieren. Sicherlich hätte sie sogar noch ein wenig mehr Zeit sparen können, wenn sie im Bikini zu den Höhlen hoch gegangen wäre, doch aus ihr unerklärlichen Gründen war es ihr unangenehm sich jetzt schon so leicht bekleidet vor Soval zu präsentieren, und offenbar war sie nicht die einzige mit dem Empfinden. Auch Soval trug noch seine normale Kleidung. Sie vermutete, dass es wohl auch für ihn ein seltsames Gefühl, ab heute nur noch halb nackt mit ihr zu arbeiten. Ob die Schamgrenzen je so fallen würden, dass sie völlig ungezwungen miteinander umgingen, trotz der spärlichen Bekleidung? Abwarten, möglich war schließlich vieles.

Aufgeregt lief Hoshi den Pfad zu den Höhlen hoch – genaugenommen rannte sie ihn hoch und zum ersten Mal war sie tatsächlich die erste in der Höhle. Soval kam schmunzelnd nach. Vorfreude war bestimmt etwas Schönes, doch er kannte sie nicht. Sie stellte für ihn auch heute noch eine unlogische Reaktion dar. Man konnte sich nicht an etwas erfreuen, dass man nicht kannte. Man konnte lediglich neugierig sein. Nun das war er, keine Frage, doch egal wie schnell er zur Höhle gelange, das Ergebnis würde sich dadurch nicht verändern. Demnach war auch Ungeduld sehr unlogisch. Er betrat die Höhle und sah, dass seine Kollegin bereits bis zum Bauchnabel im Wasser stand. Sie hatte sich längst ihrer Kleidung entledigt und war ins Wasser gestiegen.
»Erster!!!«, frohlockte sie und warf sich rücklings ins Wasser. Die Freude war ihr direkt anzusehen.
Soval musste unweigerlich lachen. »Und das war nun wichtig?« hakte er nach.
Sie nickte eifrig und schwamm ihm langsam entgegen. »Natürlich, Forscher wollen doch immer die Ersten sein.«
Soval blickte sich erheitert um. »Nun, dann werden sie beim Abendessen aber die Letzten sein, weil sie ihre Habseeligkeiten erst noch zusammen suchen müssen.« Hoshis Kleider lagen verstreut auf dem Höhlenboden, weil sie sie einfach ausgezogen hatte und liegen ließ. Soval raffte sie auf und legte sie ordentlich zur Seite. Es war zwar nicht seine Aufgabe, aber es störte seinen Sinn für Ordnung, wenn er sie liegen lassen würde. Außerdem konnte er sich so besser von ihrem Anblick ablenken. Niemals hätte er gedacht, dass der Körper einer menschlichen Frau, solche Auswirkungen auf ihn haben könnte, noch dazu wo er am gestrigen Abend so intensiv und erfolgversprechend meditierte. Nun gut, es war nicht so, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte, aber er spürte inzwischen deutlicher als ihm lieb war, dass Hoshis weibliche Reize ihn beeinflussten.

Hoshi beobachtete ihn während er ihre Kleider zusammen raffte und es war ihr jetzt doch etwas peinlich, weil er das machte, es wäre ja schließlich ihre Aufgabe gewesen. Nachdem Soval alles zur Seite geräumt hatte, begann auch er damit sich seiner Kleidung zu entledigen. Hoshi beobachtete ihn immer noch. Ja, sie war vielleicht sogar neugierig ... und nicht nur vielleicht …

Er öffnete sein Oberteil und zog es betont langsam aus. Auch wenn er wusste, dass seine Kollegin ihn die ganze Zeit schon genau beäugte, tat er so, als fiele ihm das jetzt erst auf.
»Wird jetzt jede meiner Aktivitäten genaustens verfolgt?« Er ließ es leicht genervt klingen, aber insgeheim erfreute es ihn schon, wenn eine Frau offen zeigte, dass ihr gefiel was sie sah … und sein trainierter Oberkörper war außerordentlich sehenswert. Hoshi kannte ihn zwar bereits, doch sie sah gerne noch mal hin, außerdem war sie gespannt wie es weiter ging. Nur dass sie sich davon nichts anmerken ließ, sie grinste lediglich. »Ich glaube erst, dass Sie ins Wasser steigen, wenn Sie hier vor mir stehen.«
»Ah, dann bin ich ja beruhigt«, entgegnete er und zog sich dabei die Hosen aus. Die Ironie in seiner Stimme war unüberhörbar. »Ich hatte schon die Befürchtung Sie könnten es kaum erwarten mich halb nackt zu sehen.«
Hoshi lächelte charmant, auch wenn sie sich ein wenig ertappt fühlte. »Das auch, aber ich bin ebenso halb nackt. In so fern… genieren Sie sich etwa?« konterte sie mir einer Gegenfrage.
Soval sprang Kopf voran ins Wasser und tauchte direkt vor ihr auf. Als er sich dann vor ihr Aufrichtete, sah sie fast schon ehrfürchtig an ihm hoch. Vielleicht hätte sie sich besser auch hinstellen sollen, dann käme sie sich jetzt nicht so klein vor. Soval legte den Kopf etwas schief und stützte die Hände in die Seiten. »Nein liebe Kollegin, ich geniere mich ganz und gar nicht, und das, was eventuell für eine Frau von Interesse sein könnte, bekommen Sie sowieso nicht zu Gesicht.« In seiner Stimme lag eine Genugtuung die sich kaum beschreiben ließ.
Hoshi jedoch begann nur frech zu grinsen und ließ sich lässig auf dem Rücken liegend durchs Wasser treiben. »Dass Frauen Geschenke viel reizvoller finden, wenn sie noch verpackt sind, wissen Sie, oder? Wenn nicht müssen Sie noch so einiges über Frauen lernen, Herr Botschafter.« Sie betonte es ausdrücklich und Soval reagierte dementsprechend - er tauchte sie unter. Hoshi war völlig überrascht und sie rügte sich, sie hätte wirklich aufstehen sollen, dann wäre diese Reaktion nur schwer möglich gewesen. Leicht entsetzt kam sie wieder hoch und begegnete Sovals amüsierten Blick.
»Sie müssen offenbar noch so einiges über Syrraniten lernen.«, betonte er voller Zufriedenheit und ging ihre Padds holen. »Fangen wir an?« Hoshi nickte nur. Der Punkt ging eindeutig an ihn, soviel war sicher. Feuer bekämpfte man am besten mit Gegenfeuer … oder mit kaltem Wasser. Soval ließ sich nichts anmerken. Er wirkte kühl und sogar etwas distanziert, doch innerlich zersprang er fast vor Vergnügen. Es hatte ihm unsagbaren Spaß bereitet, diese junge Frau ein wenig zu schockieren.

Zwei Stunden später war längst Ruhe eingekehrt und sie arbeiteten ruhig nebeneinander her. Das Wasser war recht angenehm und so ließ es sich gut darin arbeiten. Dennoch würden sie nicht mehr als zwei, höchstens drei Stunden darin verbringen können, weil es einem dann doch kalt wurde und es auch für die Haut nicht besonders zuträglich war.

Hoshi war in ihre Arbeit vertieft und summte unablässig eine Melodie. Dass ihre klare Stimme an den Wänden widerhallte und man sie damit in der ganzen Höhle hörte, bemerkte sie gar nicht. Doch Soval störte sich nicht daran. Im Gegenteil. Ihm gefiel dieses Liedchen immer mehr und er konnte es beinahe schon selbst mitsummen.
»Das ist eine sehr eingängige Melodie.«, bemerkte er angetan.
Hoshi blickte von ihrem Padd auf. »Wie bitte?« Sie war zu vertieft in ihre Arbeit.
»Das Lied, welches sie seit fast zwanzig Minuten unablässig summen…«
»Oh!« Sie wurde etwas rot, weil sie Soval offenbar auf die Nerven ging. »Tut mir leid, ich wollte Sie nicht stören. Das Lied ist so ein furchtbarer Ohrwurm, ich bekomme es einfach nicht mehr aus meinem Kopf.«
Soval hatte dafür Verständnis. »In der Tat, es ist ein Ohrwurm« Er kannte den Ausdruck noch von seiner Zeit auf der Erde und er fand ihn äußerst zutreffend. »Als furchtbar empfinde ich es jedoch nicht. Die Melodie ist sehr eingänglich. Was ist das?«
»Oh, ein Lied aus einer einzigartigen Zirkus-Show des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts. Es ist wohl das repräsentativste Werk aus dieser Aufführung. Sein Titel ist Alegría, Freude.«
»In welcher Sprache?«
»In Portugiesisch«, sagte sie dann und lachte kurz. »Allerdings wird in diesem Lied in vier Sprachen gesungen. Das ganze Ensemble ist multikulturell besetzt und vielsprachig.«
Soval staunte, das passte ja sehr genau. »Na, wenn das nicht für sie wie gemacht ist?« Hoshi lachte und nickte zustimmend. »Haben sie eine Aufzeichnung mitgenommen?«
»Oh ja, natürlich! Ich liebe diese Show sehr. Wie gesagt, es ist Zirkus, man bekommt nicht nur was für die Ohren geboten, auch für die Augen. Artistische Darbietungen der Extraklasse, mit wundervollen Kostümen und einer einzigartigen Geschichte.« Sie sah verträumt in die Luft. »Es ist atemberaubend schön anzusehen.«
Soval lehnte sich neben ihr gegen die Wand. »Das würde ich mir sehr gerne mal anschauen, gerade weil Sie so bewundernd davon sprechen.«
Hoshi blickte entschuldigend auf. »Ich fürchte mit der visuellen Aufzeichnung kann ich nicht dienen. Ich habe nur die Audioaufzeichnung dabei, aber ich kann Sylvia fragen, ob sie mir eine Aufnahme zukommen lassen kann. Das dauert aber dann noch ein paar Tage.«
»Nicht schlimm, außerdem kann ich warten.« Soval hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Aber es ehrt mich, dass Sie mir diese Freude bereiten wollen.« Er deaktivierte sein Padd und legte es beiseite, dann stieg er aus dem Wasser und trocknete sich etwas ab.

Hoshi stand da wie versteinert. Kein Ton über ihre Lippen. Nicht nur, dass er sie untertauchte, nein, jetzt hatte Soval sie auch noch geküsst … direkt auf die Wange! Aber … warum nur? Aus Dankbarkeit etwa? Bei Archer hätte sie daran nicht einmal einen Gedanken verschwendet, aber bei Soval durfte sie das getrost eigenartig finden. Als Vulkanier legte er schließlich sehr viel Wert auf Zurückhaltung und ein solches Verhalten war absolut unüblich. Immer noch perplex beobachtete sie, wie er die Höhle verließ. Da es aber noch lange nicht Mittag war, wunderte sie sich einmal mehr.
»Fehlt was?« rief sie ihm nach. »Oder warum gehen Sie?«
Doch Soval schien sein Gehen nicht wirklich erklären zu wollen. »So genau möchten Sie das gar nicht wissen«, antwortete er lediglich und war verschwunden.
Wie? Hoshi stutzte und vergaß was vorgefallen war. Ist ja, eigenartig? Was ist denn los?, dachte sie verwirrt und stieg ebenfalls aus dem Wasser, dann folgte sie ihrem Kollegen. Als sie vor die Höhle trat und zum Camp blickte, sah sie wie er unvermittelt den Weg zur sanitären Einheit nahm. Sie schmunzelte, denn ihr wurde einmal mehr bewusst, dass auch dieser Mann nur mit Wasser kochte … und ja, er hatte völlig Recht: So genau wollte sie es nun wirklich nicht wissen.

Hoshi war sehr dankbar um Sovals Diskretion, vor allem weil es voraus zu sehen war, dass es für beide nicht einfach werden würde, so lange, so eng aufeinander zu sitzen. Allein aus diesem Grund waren sie jedem bisschen Privatsphäre und Zurückhaltung auch sehr zugetan, schließlich mussten sie noch eine lange Zeit miteinander auskommen. Ein Grund mehr, warum sich Hoshi über den unerwarteten Kuss so wunderte. Zudem bekam man auch so schon genug Dinge mit, die man eigentlich nicht mitbekommen mochte, aber das ließ sich manchmal nicht ändern.

Sovals Diskretion begann alleine schon damit, dass er grundsätzlich eine halbe Stunde früher aufstand, wenn Hoshi dann die sanitäre Einheit aufsuchte, war er im Allgemeinen bereits seinen hygienischen Notwendigkeiten nachgekommen und angekleidet. Er brauchte dazu nicht lange. Sie gaben sich meist nur mit einem morgendlichen Gruß die Türe in die Hand. Das Einzige was er mit Hingabe zelebrierte, das hatte Hoshi bereits nach wenigen Tagen bemerkt, war rasieren, und lediglich während dieser Zeit benutzten sie gemeinsam diesen Raum. Dennoch verkniff sich Hoshi den Toilettengang, bis er das Zelt verlassen hatte und sie sich alleine fühlte. Er musste nicht bei allem zuhören. Zumal sie dies nicht einmal vor ihrer besten Freundin erledigen würde, geschweige denn vor Soval. Sie war so erzogen und darum fühlt sie sich anfangs auch ziemlich unwohl, als sie feststellen musste, dass nicht jeder einen Waschraum bekam, sondern beide einen. Gott sei Dank hatte sie in Soval einen sehr rücksichtsvollen Kollegen. Entweder ahnte er, dass sie solcherlei Dinge als unangenehm empfand, oder es ging ihm ähnlich. Sie vermutete von jedem etwas. Vulkanier waren schließlich noch empfindlicher was die Privatsphäre betraf als Menschen, in so fern war sie schon erstaunt, dass sie überhaut an irgendwelchen, morgendlichen Ritualen seinerseits teilhatte. Für viele menschliche Männer war rasieren schon äußerst privat. Andererseits, so zurückhaltend war Soval auch wieder nicht. Seine Badehose beispielsweise, war nämlich nichts anderes als simple Unterwäsche. Schwarze Shorts, die kaum einen Unterschied zu einer Badehose mit gleichem Schnitt aufwiesen. Sehr wahrscheinlich sah er das eben ganz pragmatisch und in Hoshis Augen auch sehr logisch, denn rein optisch war eine Badehose auch nichts anderes als eine Unterhose. Dennoch, sie hätte nicht gedacht, dass er sich ihr gegenüber überhaupt so freizügig geben würde. Immerhin war und ist er ein hochgeschätztes Mitglied des vulkanischen Volkes, eine Respektsperson. Auch wenn er sie als gleichwertig ansah, die Stellung, die er unter den vulkanischen Wissenschaftlern einnahm, würde sie niemals inne haben und eine solche Person in Unterwäsche zu sehen, kam ihr schon eigenartig vor.

Plötzlich begriff sie - die Barriere war nur in ihrem Kopf und sonst nirgends. Im Gegenteil Soval tat einiges dafür, diese Barriere nieder zu reißen. Vielleicht war das auch ein möglicher Grund für das Untertauchen oder den Kuss. Er wollte endlich wieder als völlig normal angesehen werden. Doch selbst für einen Vulkanier mit Gefühlen wirkte dieses Verhalten alles andere als normal. Außerdem: Soval, war immerhin noch Soval. Bei ihm gab es kein „normal“! Egal wie sehr er sich anstrengen würde, sein Ruf und sein Ansehen eilten ihm voraus und konnten ein ungezwungenes Miteinander zuweilen sehr schwierig gestalten. Vielleicht sollte ihm das mal einer sagen.

Hier draußen in der Sonne war es momentan noch sehr angenehm. Hoshi war etwas ausgekühlt vom Wasser und genoss die Sonnenstrahlen auf einem Felsen sitzend. Wahrscheinlich war es das erste Mal, dass sie die Hitze lediglich als Wärme und daher als angenehm empfand. Sich räkelnd lehnte sie sich vorsichtig an den Felsen. Sie musste aufpassen, denn an manchen Stellen konnten diese empfindlich heiß sein. Doch sie fand eine angenehme Position und lehnte sich entspannt zurück.

Soval hatte die sanitäre Einheit bereits wieder verlassen, sich noch eine kühle Flasche Wasser mitgenommen und kehrte nun zur Höhle zurück. Hoshi, die immer noch vor der Höhle Sonne tankte, bemerkte sein Kommen jedoch nicht. Er hingegen hatte schon von Weitem gesehen, dass sie mitten in der Sonne lag. Doch dieses Verhalten war sehr unvernünftig, da sie keinen ausreichenden Sonnenschutz trug. Nachdem er sie erreicht hatte, wollte er ihr eigentlich schon ziemlich ungehalten mitteilen, dass sie gerade die Gesundheit ihrer Haut aufs Spiel setzte, doch als er sie erblickte, waren die mahnenden Worte beinahe wie weggeblasen. Wieder fühlte er wie sehr ihre Reize ihn beeinflussten, doch er musste widerstehen. Nicht noch einmal durfte er seinem unkontrollierten Geist erlauben die Oberhand zu gewinnen. Sicher, es war lediglich ein kleiner Kuss gewesen, doch nur all zu schnell konnte daraus mehr werden.
»Gehen Sie sofort wieder in die Höhle, Ihre Haut ist nicht geschützt!« schrie er auffallend erzürnt, um über seinen Verlangen hinweg zu täuschen und es gleichermaßen im Zaum zu halten.
Doch Hoshi hatte dafür kein Verständnis. Sie wusste ja nicht einmal was los war und setzte sich daher dementsprechend erschrocken auf. Diesen zornigen Ton war sie von Soval weder gewohnt, noch würde sie ihn dulden! »Können Sie mir vielleicht mal erklären, was das soll? Zuerst nähern Sie sich mir in einer Art und Weise, die ich weder von Ihnen erwartet hätte, noch für angebracht halte und jetzt, nur Minuten später, schnauzen sie mich an?« Sie stützte die Hände in die Seiten. »Was fällt Ihnen eigentlich ein?«
Soval dämpfte seine Erregung, dennoch war es offensichtlich wie sehr er unter Druck stand und sich beherrschen musste Hoshi nicht noch einmal anzuschreien. »Ich entschuldige mich dafür Ihnen so nahe getreten zu sein. Ich stimme Ihnen zu, es war absolut unangebracht!« Er fasste sie am Oberarm und schob sie dann Richtung Höhleneingang. »Und jetzt gehen Sie verdammt noch mal aus der Sonne, bevor Sie Ihre Haut zu stark schädigen.«
»Sie sind doch auch nicht geschützt«, konterte sie und Soval wäre am liebsten aus der Haut gefahren.
»Ich bin Vulkanier!« betonte er überdeutlich. »Meine Spezies hat sich auf einem solchen Planeten entwickelt und unsere Haut ist eine so intensive Sonneneinstrahlung gewöhnt. Ich könnte hier Tagelang ohne Schutz und Wasser auskommen, aber Sie nicht, Sie sind ein Mensch und momentan ein sehr unvernünftiger noch dazu! Aufenthalt im Freien nur in angemessener Schutzkleidung! Sie erinnern sich?« Sie nickte und er wies ungeduldig mit einer Hand zur Höhle. »Wenn ich also bitten dürfte?« Hoshi schnaufte verärgert, aber sie gab nach und ging Richtung Höhle. Soval hingegen wandte sich ab. »Ich bin gleich wieder zurück, ich …« Er holte tief Luft. »Geben sie mir zehn Minuten«, damit lief er zum Camp zurück und verschwand in seiner Wohneinheit.

Hoshi sah ihm nach. Was war denn nur los mit ihm. So unbeherrscht hatte sie ihn in all den Jahren noch nicht erlebt und dieses Verhalten hatte auch nichts mit seinem Glauben zu tun. Er schien ihr von Tag zu Tag emotionaler zu werden und er schien auch ganz eindeutig mit ihr zu flirten. Nicht, dass er ihr jetzt ganz offensichtliche Avancen machte, es geschah eher im Kleinen, immer mal wieder ein wenig. Einzeln für sich genommen, war so ein Verhalten nicht unbedingt ungewöhnlich für ihn und selbst das Untertauchen oder der kleine Kuss auf ihre Wange musste nicht viel bedeuten, doch in Summe, in so kurzer Zeit? Wie hieß es doch so schön: “Das Ganze war mehr, als die Summe seiner Teile“ und sie vermutete, dass da um einiges mehr war. Vielleicht war er krank, aber sie hatte noch nie von einer Krankheit gehört, die mit solchen Symptomen einher ging. Verlust der emotionalen Kontrolle, zittern, schwitzen, wenig Schlaf und offensichtliche Unruhe. Für einen Vulkanier musste das die Hölle sein. Außerdem aß und trank er in ihren Augen extrem wenig. Sie hoffte nur, dass er keine weiteren Annäherungsversuche startete, denn sie wusste nicht, wie sie sich seiner Zudringlichkeit hätte erwehren können. Nicht dass es ihr nicht schmeicheln würde von ihm als begehrenswert erachtet zu werden, doch eine innigere Beziehung wollte sie zu ihm gewiss nicht pflegen. Er war zwar ausgesprochen Attraktiv für sein Alter, keine Frage, aber definitiv zu alt für sie. Außerdem hatte sie andere Pläne, als sich mit einem Vulkanier einzulassen. Sie betrat die Höhle und scannte ihre Inschriften weiter. Sollte Soval wirklich erkrankt sein, musste schleunigst etwas unternommen werden. Denn eine solche Situation durfte nicht mehr eintreten. Es war zu belastend für beide Seiten. Schweigen würde sie jedenfalls nicht! Das musste heute noch geklärt werden. Sie waren erst zwei Wochen hier, es würden also noch mindestens zehn, wenn nicht sogar zwölf weitere werden und diese wollte sie in angenehmer Erinnerung behalten. Ohne Dauerstreit mit Soval.

Soval kniete mit geschlossenen Augen vor seinem Bett und meditierte. Es war absolut notwendig! Sein Geist war ihm völlig entglitten und er schaffte es nur mit Mühe ihn wieder in geregelte Bahnen zu lenken. So sehr wie gerade eben wollte er die Kontrolle nie wieder verlieren. Das war für Hoshi absolut unzumutbar und darüber hinaus musste er sich definitiv bei ihr entschuldigen. Sie würde sich sicher Sorgen machen oder vielleicht sogar Angst vor ihm haben und das war das Letzte was er wollte. Schlüssel des Ganzen war wiederum die Meditation. Er musste es ab jetzt nur öfter praktizieren, dann war das Ganze auch sehr viel leichter zu bewältigen. Er atmete tief und es erschien ihm nahezu unvorstellbar, dass Hoshi ihn so sehr reizte, doch sie wirkte sehr stark auf seinen disziplinierten Geist und sie brachte diese Disziplin gehörig ins Wanken. Er sah sie vor sich und er sah mehr, als er sich hätte vorstellen dürfen. Berührungen … sie berührte ihn zärtlich, sie lag in seinen Armen, ließ sich von ihm liebkosen mit tausend Küssen. Es war ein wundervoller Gedanke und er hätte ihn gerne weiter verfolgt, aber dazu hatte er kein Recht. Hoshi war absolut tabu!

Ein tiefer Atemzug und das Bild verschwand vor seinem geistigen Auge. Ruhe und Ordnung kehrten in seinen Geist zurück. Er vertiefte die Meditation, um von Grund auf gegen das Ungleichgewicht seiner Gefühle vorzugehen. So konnte er das Übel bei der Wurzel packen und sein aufkommendes Verlangen im Keim ersticken. Damit würde er bestimmt mehr Erfolg haben. Soval rügte sich dafür Hoshis weibliche Reize so unterschätzt zu haben und er konnte von Glück reden, dass diese Fehleinschätzung nur einen Gefühlsausbruch seinerseits zur Folge hatte. Jüngere vulkanische Männer hätten sie in dieser Phase bereits enorm bedrängt und zum Beischlaf genötigt. Sie wäre absolut nicht mehr sicher. Im Grunde profitierte sie von Sovals geschultem Geist und seiner jahrelangen Erfahrung. Er war fähig zu widerstehen, auch wenn das den einen oder anderen Gefühlsausbruch zur Folge hatte. Solange nichts Schlimmeres passierte, war das vertretbar. Und etwas Schlimmeres würde nicht passieren, dafür sorgte er gewissenhaft.

Noch etwa drei Wochen, dann hätte er es überstanden und das war definitiv zu schaffen. Nach zwei Wochen müsste er sich allerdings völlig von Hoshi zurückziehen, denn in Gegenwart einer Frau den Höhepunkt zu übergehen war schon sehr schwer, schwerer wurde es allerdings wenn er nicht nur wusste, dass sie da ist, sondern sie auch sehen und über ihre Pheromone wahrnehmen konnte. Vielleicht war es gar nicht so unklug sich für eine Woche in die Berge zu begeben. Die Extreme dort forderten noch mehr von ihm als das Pon Farr, und sie ermöglichten eine Abgeschiedenheit, die er im Camp nicht hatte.

Kurz darauf suchte er die Höhlen wieder auf. Hoshi war erwartungsgemäß sehr kühl und sie sprach ihn nur an, wenn es um die Arbeit ging. Er spürte wie gekränkt sie von seinem Gefühlsausbruch war, doch das jetzt zu klären würde die Effektivität ihrer Arbeit einschränken und das war es auch nicht wert. Er wartete lieber bis heute Abend, nichtsahnend, dass dann auch Hoshi mit allergrößter Sicherheit ihr Schweigen brechen würde.

Im Waschraum lief es ähnlich ab. Sie kam gerade aus der Dusche, als Soval zur Tür hereinkam. Normalerweise hätten sie einige Worte miteinander gewechselt und es wäre ihr unangenehm gewesen, wenn er sie lediglich in ein Handtuch gehüllt gesehen hätte, doch heute Abend war es ihr ehrlich gesagt ziemlich egal. Lag vielleicht aber auch daran, dass sie den ganzen Tag schon sehr leicht bekleidet beieinander standen. Soval störte sich ebenfalls nicht daran und zwinkerte ihr freundlich zu, bevor er die Umkleide betrat und sich seiner Badehose entledigte. Hoshi nickte nur und begab sich ebenfalls in ihre Umkleide, um sich abzutrocknen und anschließend anzukleiden. Soval derweil suchte die Dusche auf. Keiner redete ein Wort und die Stille war fast unerträglich, sowohl für ihn, als auch für sie.

Kurze Zeit später waren beide mit einer Tasse Tee im Aufenthaltsbereich der Kombüse. Hoshi hatte sich noch eine Kleinigkeit zu Essen gemacht und räumte die benötigten Utensilien gerade weg. Soval sah ihr einen Moment lang zu, doch dann räusperte er sich und brach als erster das Schweigen. »Ich denke wir müssen uns ganz dringend unterhalten.«
Hoshi nickte zustimmend und setzte sich gegenüber an den Tisch. »Das meine ich aber auch! Und glauben Sie mir, Sir, ich hätte auch nicht geschwiegen. Ich wollte lediglich bequem sitzen.«
»Schön, dann lassen Sie den Sir weg und wir können reden. Es geht hier nicht um Förmlichkeiten.« Hoshi nickte. Soval wusste genau warum sie diese Form der Anrede wählte, sie wollte etwas Distanz zwischen ihn und sich bringen. »Ich verstehe Ihren Groll. Ich habe mich Ihnen auf eine Art genähert, die absolut unangebracht war und ich habe Sie sehr gekränkt mit meinem Gefühlsausbruch. Ich entschuldige mich hiermit nochmals in aller Form.«
Hoshi verschränkte die Arme. »Soval, Ihre Entschuldigung in allen Ehren, aber das ist nicht der Punkt über den wir reden sollten.« Sie konnte sehen, wie er die Farbe verlor. Hatte sie wirklich mehr bemerkt? »Sie sind krank, Soval und Sie versuchen es zu verbergen … zumindest sieht es für mich so aus. Sie sind unruhig, Sie zittern und Sie schwitzen und sagen Sie mir nicht, es war die heiße Dusche, so wie gestern. Sie essen auch kaum was.«
»Ich kenne die Symptome, Hoshi«, lenkte er ein und sie weitete die Augen. »Emotionale Erregbarkeit haben Sie noch vergessen und daran haben Sie auch gemerkt das etwas nicht stimmt, richtig?« Sie nickte, aber glücklich sah sie dabei nicht aus, im Gegenteil, sie machte sich große Sorgen.
»Also, wenn Sie das wussten, warum zum Kuckkuck sind Sie immer noch hier, statt sich auszukurieren?«
»Weil ich nicht krank bin.«
»Klar!«
»Ich versuche es zu erklären. Zwei Wochen vor Abflug haben sich die ersten Symptome gezeigt. Dieser Zustand ereilt alle paar Jahre jeden Vulkanier und glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass Gefühlsausbrüche gleich welcher Art vergleichsweise harmlos sind. Junge, unerfahrene, vulkanische Männer können daran sogar sterben und was sie mit Ihnen machen würden, will ich gar nicht erst offenbaren.« Hoshis Gesichtsaudruck wechselte von besorgt zu fassungslos. Das Gesagte machte ihr Angst. »Lassen Sie mich Ihnen folgendes versichern: Sie sind in meiner Gegenwart, trotz meines Zustandes, absolut sicher. Mein Geist ist im höchsten Maße diszipliniert und daran gewöhnt mit diesem Zustand adäquat umzugehen. Das einzige um was ich Sie bitten möchte, ist etwas mehr Nachsicht. Denn zum Einen muss ich jetzt etwas öfter meditieren und zum Anderen kann es trotz intensiven Meditierens, vorkommen, dass ich manchmal etwas gereizt reagiere. Dieses Gefühl wird sich wohl am häufigsten in meinem Geist manifestieren, da Aggressionen eine normale Begleiterscheinung darstellen. Es können sich aber auch andere Emotionen in verstärktem Maße zeigen, doch darauf dürfen Sie mich gerne aufmerksam machen. Wann immer Ihnen auffällt, dass meine mentale Disziplin nachlässt, halten Sie mich zum Meditieren an. Es ist besser für uns beide. Bis ich dies nämlich selbst bemerke, ist meine Emotionalität meist schon zu intensiv oder ich entsprechend gereizt. Aber bitte«, er sah sie eindringlich an. »Nehmen Sie diese Gefühlsausbrüche niemals persönlich. Sehen Sie es viel eher als vorübergehende Begleiterscheinung meines Zustandes.«
»Und welcher Zustand wäre das? Reden Sie doch nicht so drum herum.«
Er seufzte entschuldigent. »Meine Aussage muss Ihnen genügen, Hoshi. Diese Lebensphase ist etwas absolut privates. Nicht einmal Vulkanier unterhalten sich darüber. In so fern können Sie froh sein, dass ich Sie zumindest etwas aufgeklärt habe.«
»Dann sagen Sie mir auch nicht warum Sie dieser Zustand ereilt hat?« Er schüttelte den Kopf. »Das ist doch unlogisch.«
»Wenn es der Situation dienlich ist, dürfen Sie sicher sein, dass ich Sie allumfassend aufkläre, dann ist es auch notwendig. Halten wir einfach noch drei Wochen durch, dann ist die intensivste Phase überstanden und genauere Erklärungen bis dahin vielleicht nicht mehr nötig.«
»Kann ich Ihnen in dieser Zeit irgendwie helfend unter die Arme greifen, oder bleibt Ihnen nur die Meditation?«
Soval bedauerte, dass er diese Frage nicht einfach mit einem „Ja“ beantworten konnte, denn natürlich hätte sie ihm helfen können, doch das wollte ihr auf keinen Fall zumuten. Es war zu riskant und es würde für die Effektivität ihrer Arbeit hier weitreichende Folgen haben. »Sie können mir gar nichts helfen, da muss ich alleine durch. Die beste Hilfe ist immer noch Ihr Verständnis und Ihre Diskretion.«
»Also gut«, lenkte Hoshi mit einem tiefen Seufzer ein. Mehr würde sie im Moment aus Soval sowieso nicht herauskriegen. »Ich werde vorbereitet sein.« Sie hoffte nur, dass er sich auch wirklich so unter Kontrolle hatte, wie er sagte. Sie wusste zwar nicht was passieren würde wenn nicht, aber das wollte sie vermutlich auch nicht wissen. Soval trank schweigend seinen Tee. Er wirkte sehr angespannt und in sich gekehrt, völlig in Gedanken, offenbar machte er sich mehr Sorgen, als er zugeben wollte und das verunsicherte sie sehr. Ihre Briefe an Sylvia, in den nächsten Tagen, waren dementsprechend ernster verfasst.


Hi Du,

Momentan geht es hier wie am Schnürchen. Wir übersetzen und übersetzen und schicken sogar schon erste Ergebnisse nach Vulkan. Es ist phantastisch! Soval und ich haben in den letzten Tagen meine Matrix noch etwas verfeinert und es ist erstaunlich, wie viel uns das bereits geholfen hat. Die Texte am Eingang sind seit heute alle Übersetzt. Tataaaa!!! Applaus, Applaus!!! Wir wissen jetzt einiges mehr über diese vulkanische Gruppe hier, aber ich darf noch nichts verraten, denn es ist zu sensationell! Allerdings kommen jetzt die schwer erreichbaren Texte, die entlang der Wasseroberfläche. Sie müssen noch fertig erfasst werden, ehe wir zur Übersetzung schreiten können und das ist noch einiges. Ich zweifle stark, dass drei Monate ausrei-chen. Ich denke eher, dass wir Minimum noch vier Wochen dran hängen müssen, vielleicht sogar mehr, oder eine neue Gruppe die Arbeit fortsetzt, mal schauen. Ehrlich gesagt möchte ich die Arbeit nicht in andere Hände geben. Soval und ich sind wirklich ein super eingespieltes Team, wir ergänzen uns nahezu perfekt. Es wäre unklug uns abzuziehen …“never change a running system“ … und das sieht Soval genauso.

Ihm scheint es übrigens wieder besser zu gehen, zumindest verhält er sich relativ normal. Etwas gereizt manchmal, aber dann weise ich ihn darauf hin, dass er wieder meditieren sollte und damit kommen wir beide ganz gut zurecht. Schade, dass Du nichts über diesen Zustand herausgefunden hast, der ihn da alle paar Jahre ereilt. Ich meine, es sollte doch wenigstens möglich sein etwas in Erfahrung zu bringen … na ja, ich gebe zu, dass er bereits sagte, dass sich nicht einmal Vulkanier darüber unterhalten würden - und das für ein so aufgeklärtes, logisches Volk, schon komisch! Mir erschließt sich die Logik in dem gezeigten Verhalten jedenfalls nicht, um es mal mit vulkanischen Worten auszudrücken. Wie dem auch sei, er hat es recht gut unter Kontrolle und ich habe auch Vertrauen zu ihm, dass er das ohne größere Komplikationen übersteht. Was auch immer er zu überstehen hat - ????

Du wolltest doch den goldenen Bikini mal sehen. Tataa…im Anhang ist ein Bild, nur für Dich. Allerdings zum Arbeiten trage ich den nicht, er ist mir etwas zu knapp geschnitten, um mich so vor Soval zu zeigen. Zum Arbeiten trage ich den Roten mit den Pantys und dem Bustier. Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, ob ich den hier auf dem Planeten überhaupt mal tragen werde, denn irgendwie habe ich nun doch ein paar Hemmungen. Vielleicht liegt es auch an dem, was ich Dir noch schreiben wollte: Ich habe mich nämlich gestern dabei ertappt, dass ich äußerst intensiv nach einem Grund suchte, Sovals Unterkunft zu betreten und wenn ich so die Tage zurückdenke, dann finde ich immer wieder ähnliche Situationen. Sylvia, ich suche seine Nähe! Definitiv!!! Auch hat sich meine Gefühlswelt ihm gegenüber geändert. Attraktiv fand ich ihn ja schon immer, das weißt du, aber was ich jetzt empfinde, wenn ich ihn sehe, möchte ich nicht einmal mehr aufschreiben, so sehr schäme ich mich dieser Gedanken. Ich meine, ich sollte ihm Respekt zollen, ihn aber nicht begehren. Natürlich lasse ich mir nichts anmerken, aber ich hege den Verdacht, dass mit fortschreiten seines Zustandes auch meine Gefühlswelt, mehr und mehr aus den Fugen gerät. Es ist äußerst verwirrend … und spar Dir jetzt bitte jeglichen Kommentar! Nicht mal im Traum würde ich mich diesem Mann nähern, egal wie sehr ich mich momentan auch zu ihm hingezogen fühle. Andererseits …okay vergiss es, kein Wort mehr drüber!

Ach ja, danke für die Aufzeichnung vom Cirque du Soleil. Die werden wir uns heute Abend noch anschauen. Wir haben ja schließlich was zu feiern. Die erste vollständige Übersetzung verdient es schließlich begossen zu werden. Ich habe sogar etwas zum Anstoßen dabei. Soval wird davon sicher nichts trinken, aber ich genehmige mir ein Gläschen, vielleicht auch zwei. Hauptsache wir können heute Abend die Arbeit mal Arbeit sein lassen. Ich brauch jetzt einfach mal einen freien Kopf, allein um mit meinen Gefühlen wieder klar zu kommen … sonst falle ich am Ende doch noch über den armen, alten Mann her. Okay, das war ein Scherz.

Ich werde dann mal meinen verehrten Kollegen „einfangen“, und gemütlich mit ihm den Abend verbringen. Ich hoffe Vulkanier wissen, was Gemütlichkeit ist … und wenn nicht bringe ich es ihm bei.
Ich wünsch Dir dann mal was und wir hören von einander.


Bis denne und grüß mir die Kollegen,
Deine Hoshi!



Hoshi verließ ihr Zelt und suchte Soval. Sie ging die einzelnen Einheiten ab, doch sie fand ihn nicht. Wo ist er? Bereits in seiner Unterkunft? Na ja, wenn er dort nicht war, blieb ja nur noch die Höhle, aber zuerst würde sie in seinem Zelt nachschauen. Nachdem sie sich noch etwas “Unterstützung“ aus der Kombüse mitgenommen hatte, klopfte sie zaghaft gegen die Aluminiumtür seiner Unterkunft. Keine Antwort. Im Automatismus öffnete sie die Tür und späte hinein. Stark gedämpftes Licht empfing sie und es war kaum etwas zu erkennen, bis auf Sovals Umrisse. Er kniete mit einer Kerze in der Hand vor seinem Bett. Hoshi wurde es heiß und kalt gleichzeitig. Sie hatte ihn beim Meditieren unterbrochen. Na klasse! Das konnte ja heiter werden. Sie rügte sich selbst für ihre Voreiligkeit.
»Ich kann mich nicht an ein „Herein“ erinnern«, knurrte er und warf ihr einen sehr verärgerten Blick zu. »Ich bin am Meditieren.« Nun, das sah Hoshi auch und ihr war gar nicht mehr so wohl zu mute.
»Verzeihung, ich wollte nicht so unverschämt eindringen. Ich komme später noch einmal.« Besser ihn jetzt alleine lassen, nach der Meditation war er sowieso ausgeglichener.
»Später? Damit Sie mich noch einmal stören?« Er löschte die Kerze, stand auf und stelle die Beleuchtung wieder auf normal. »Keine gute Idee! Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann sagen Sie es jetzt! Meine Meditation ist ohnehin unterbrochen.« Mit verschränkten Armen und grimmigem Blick lehnte er sich an den Pfosten seiner Unterkunft.
Hoshi seufzte, denn das war ihr nicht recht. Er war manchmal unausstehlich, wenn er nicht meditiert hatte. Was bei der Vertiefung in ihre Arbeit öfter vorkam, als beiden lieb war. Es tat ihm hinterher auch immer furchtbar leid, wenn er die Kontrolle verloren hatte, doch das machte es für Hoshi nicht angenehmer, denn sie musste damit leben. Na ja, noch eine Woche vielleicht auch etwas länger und dann hatten sie es beide überstanden. Wichtig war nur, dass sie Verständnis für ihn hatte und ihm seine unkontrollierten Gefühle verzieh. »Ich möchte Sie einladen«, sagte sie dann, wobei sie einen Speicherchip und ein mit Kamillenblüten gefülltes Glas hochhielt. »Zu Cirque du Soleil und Kamillentee?« Sie zwinkerte ihm zu. »Ich weiß, dass Sie diesen Tee nur bei besonderen Angelegenheiten trinken und wir haben heute Abend doch was zu feiern, oder nicht?«
Soval trat auf sie zu und nahm ihr das Teeglas weg. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. »Ganz recht, nur bei besonderen Angelegenheiten.« Hoshi ließ die Schultern fallen. Der Abend war gelaufen, aber so was von. »Der Grund warum Sie dafür ungefragt meine privaten Vorräte durchstöbern, erschließt sich mir jedoch nicht.«
»Och Soval bitte, ich habe Ihre Vorräte doch nicht durchstöbert. Der Kamillentee steht doch gleich ganz vorne in Ihrem Regal. Ich habe mich lediglich erdreistet das Glas mitzunehmen, um es meiner Einladung hinzuzufügen!« Sie wandte sich um und ging zur Tür. »Mein Fehler, darum gehe ich jetzt besser, ohne mich noch auf irgendwelche Diskussionen einzulassen. Meditieren Sie in bitte aller Ruhe, ich werde Sie heute auch nicht mehr behelligen. Ich wäre Ihnen nur dankbar, wenn Sie in Zukunft vor dem Meditieren ein Schild an die Tür hängen könnten. Ich möchte Sie nicht noch einmal dabei stören.«
Er sah sie ärgerlich an. »Wenn auf Ihr Klopfen keine Aufforderung erfolgt, sollte das eigentlich Hinweis genug sein.« Er holte tief Luft. »Nun denn, ich werde Ihrer Bitte das nächste Mal nachkommen, und jetzt verlassen Sie meine Unterkunft!«
»Ja Sir!« Hoshi hob lediglich eine Hand. »Eine angenehme Nacht noch und erfolgreiche Meditation.« Hoffentlich!!! Er nickte nur, während sie seine Unterkunft schleunigst wieder verließ.

Er war ja so manchmal schon unausstehlich, doch so mitten in der Meditation? Holla, das passierte ihr nie wieder, das schwor sie sich. Eher band sie sich eigenhändig am Pfosten in ihrer Unterkunft fest. Der war ja nicht nur unausstehlich, der war ja fast schon bösartig! Wow, heftig!!! … … … und Himmel noch mal, was sah er gut aus! Wie er da stand und mich ansah. Vielleicht blickte er grimmig, aber auch so was von sexy … das war extrem anziehend! Hoshi schwelgte in Schwärmereien und Soval konnte von Glück reden, dass sie ihn so bewundernswert fand, sonst hätte sie es nicht noch länger mit ihm ausgehalten. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, vielleicht war das der Grund warum sie sich so zu ihm hingezogen fühlte. Vielleicht sendete sein Körper unbewusste Signale, damit sie seinen Zustand als nicht gar so unerträglich empfand. Wie eine Art „Kindchenschema“ nur auf anderer Ebene. Möglich war alles und da er kein Mensch war … nun gut, ihn brauchte sie diesbezüglich nicht zu fragen, er würde ihr auch nicht mehr verraten, als sie jetzt schon wusste.

Sie machte sich einen Tee und verkrümelte sich mit einem Padd in ihre Sitzecke. Sie hatte auf dem Hinflug ein Buch angefangen und vielleicht war es für heute Abend besser dort weiter zu lesen, wo sie auf der Ka'Lir aufgehört hatte. In dieser Nacht würde die Ausgeglichenheit, die sie dadurch erreichte, wichtig sein, damit sie ruhig schlafen konnte.

Die Kerze war längst erloschen, doch Sovals Augen waren noch immer geschlossen. Mehr als zwei Stunden hatte er meditiert. Seine innere Kontrolle war wieder völlig hergestellt, sein schlechtes Gewissen aber auch. Fast verkrampft hielt er die Meditationsschale mit der Kerze und er rügte sich sehr für seine Unbeherrschtheit gegenüber Hoshi. Sie hatte es wirklich nur gut gemeint und er war so ekelhaft zu ihr. Dass sie das überhaupt so gut wegsteckte. Natürlich wusste sie, dass es nur eine Phase war und dass sie bald vorbei sein würde, doch es war sehr schwierig damit umzugehen. Nicht nur für sie, auch für ihn. Er spürte immer deutlicher, dass er dem Höhepunkt entgegen schritt. Sechs bis zehn Tage noch, maximal, dann hatten sie es überstanden. Doch es würde sehr, sehr schwer für ihn werden, das musste er sich nun eingestehen. Sein Verlangen nach ihrer Nähe, war enorm stark und die Pheromone die sie ausschied, wirkten im hohen Maße auf ihn. Zuerst hielt er das nicht für möglich, doch nach genauerem Nachforschen wurde er eines Besseren belehrt und er musste sich nun eingestehen, dass er die Wirkung einer menschlichen Frau vollkommen unterschätzt hatte. Die sexuellen Lockstoffe ihrer beider Spezies waren sehr, sehr ähnlich aufgebaut. Aus diesem Grund war für ihn mittlerweile eine unwiderlegbare Tatsache, dass sie sich über diese Pheromone gegenseitig beeinflussten und ihre Libido ungewollt steigerten. Zudem zeichneten sich weitete ungünstige Faktoren ab: Hoshi war seit wenigen Tagen in einen neuen Fruchtbarkeitszyklus eingetreten. Er erkannte das an ihrem Körpergeruch, aber auch an den weniger werdenden Tampons auf der Ablage im WC. Die Pheromone die sie jetzt aussandte waren ebenso wirksam, wie die einer vulkanischen Frau im Pon Farr. Zudem schwitzte Hoshi durch die Hitze auf diesem Planeten meist recht stark und das verteilte ihre Pheromone noch mehr. Vulkanische Frauen aber schwitzten nur auf dem Höhepunkt ihres Pon Farrs und sonst nahezu gar nicht. Hoshi wirkte daher länger und intensiver auf ihn. Erschwerend kam hinzu, dass sie auf sein Pon Farr auch mit erhöhter Zuneigung und vermutlich erhöhter, sexueller Lust reagierte und der Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit sich etwa zur gleichen Zeit ereignen würde, wie der Höhepunkt seines Pon Farrs. Dies war ein äußerst ungünstiges Zusammentreffen mehrerer Faktoren, das ungewollte Folgen nach sich ziehen konnte, wenn sie nicht äußerst vorsichtig vorgingen. Es musste bald eine räumliche Trennung stattfinden, sonst konnte er für seine Zurückhaltung nicht mehr garantieren, das wusste er jetzt.

Es war weniger das Unvermögen erfolgreich zu meditieren, als vielmehr die Machtlosigkeit gegenüber ihren körperlichen Einflüssen. Er musste handeln, bald, bevor es zu spät war. Schließlich würde auch sie unter diesem Zustand leiden und seine Nähe suchen und sie hatte nicht die Möglichkeit ihr emotionales, wie sexuelles Ungleichgewicht in dem Maße zu kontrollieren, wie es ihm möglich war. Daher brachte Wissen vielleicht Klarheit dort, wo Emotionen das Chaos beherrschten. Es konnte nur sinnvoll sein sie über seinen Zustand und den Ihrigen jetzt genau aufzuklären.

Er verließ seine Unterkunft, mit dem Glas voller Kamillenblüten und betrat die Kombüse. Eine kleine, gut gemeinte Entschuldigung musste er ihr mitbringen und Hoshi würde es sicher zu schätzen wissen, wenn er ihr eine Tasse seines Kamillentees zubereitete. Er gab die entsprechende Menge Blüten in zwei Tassen und füllte sie mit kochendem Wasser auf. Dieser Tee war für ihn deswegen so besonders, weil er diese Blüten während seines letzten Besuches auf der Erde im vorigen Jahr selbst gesammelt und getrocknet hatte. Kamillentee gab es überall, sogar auf Vulkan, aber dieser hier barg Erinnerungen und irgendwie gefiel es ihm so herrlich unlogisch an diesen verdorrten Blüten zu hängen. Nach einer Weile entnahm er die Blüten wieder. Sie hatten ihr Aroma abgegeben und der Tee war trinkfertig. Er süßte ihn lediglich etwas und ging dann damit zu Hoshis Unterkunft in der Hoffnung, dass sie nicht allzu ärgerlich auf ihn war. Sie war ihm ja mehr oder weniger ins offene Messer gerannt. Wenn sie sonst zusammen zu tun hatten, war das wesentlich anders. Reagierte er gereizt, dann hielt sie ihn immer zum Meditieren an, ganz wie er es vorgeschlagen hatte. Das war keine Bevormundung und Soval reagierte auch nie ärgerlich auf ihre Aufforderung. Meist spürte er nicht sofort, wie ihm die Kontrolle entglitt und darum war er sehr froh, wenn sie ihn rechtzeitig darauf aufmerksam machte. Soval – Ja – Gehen Sie bitte meditieren! – Natürlich – es war immer gleich und die letzten eineinhalb Wochen hatte das auch immer gut geklappt, nur heute leider nicht.

Er klopfte und zeitgleich spürte er sein Herz bis zum Hals schlagen. Wie sie wohl reagieren würde? Er hatte so ein schlechtes Gewissen, auch wenn ihm völlig klar war, dass er nichts dafür konnte. Es dauerte eine Weile, dann kam leise eine Aufforderung. In seinen Ohren klang sie aber recht gleichgültig. Er betrat ihre Unterkunft, doch ein ungutes Gefühl begleitete ihn dabei. »Versöhnungstee?« Er hielt beide Tassen hoch und sah zu Hoshi, die immer noch auf ihrer Sitzecke saß und las.
Sie musste schmunzeln, nicht nur als sie seinen treuen Dackelblick bemerkte, sondern auch wegen des Tees. Sie wies auf das Polster neben sich. »Aber zuerst reden wir, Soval.« Es war keine Bitte, das erkannte er sofort. Ihre Stimme ließ kein „Nein“ zu.
Er nickte und setzte sich neben sie. »Genau das hatte ich auch vor.« Er war froh, dass sie so ruhig reagierte und er hatte richtig vermutet, sie wusste die Geste mit dem Tee zu schätzen. Er hielt ihr eine der Tassen hin. »Ich wollte Sie nun doch über alles informieren und das sollten wir tun, bevor ich erneut die Kontrolle verliere.«
»Das sehe ich aber ganz genau so.« Sie nahm dankbar die Tasse entgegen und nippte dran. »Oh, etwas gesüßt?« Soval nickte. »Der ist wirklich sehr gut.« Sie nippte noch einmal. »Tja, dann komme ich doch gleich auf den Punkt.« Ein strenger Blick traf ihn. »Was genau ist los? Und heute bitte kein Drumherumgerede. Es ist ja sowieso nicht Ihre Art.«
»Bei dem Thema schon«, gestand Soval und man sah ihm an, wie schwer es ihm viel überhaupt sein Schweigen zu brechen. Dieses Tabu von dem noch nie ein Außenstehender erfahren hatte. »Ich werde Ihnen alles ohne Umschweife mitteilen, doch zuerst muss ich mir Ihrer absoluten Verschwiegenheit sicher sein. Ich sagte Ihnen ja bereits wie persönlich diese Angelegenheit ist, wir sprechen sonst mit niemanden darüber. Insofern stellt unser Gespräch eine absolute Ausnahme da. Ich würde mich Ihnen unter gar keinen Umständen anvertrauen, würde es Sie nicht auch im höchsten Maße betreffen.«
Hoshi seufzte, denn sie verstand nicht, was so schlimm an seinem körperlichen Zustand sein sollte, dass es so ein Tabu war, doch sie nickte. Wenn sie Antworten wollte, dann nur nach seinen Spielregeln. Also gut, spielte sie mit. »Soval«, sagte sie beruhigend. »Ich möchte Sie einfach nur verstehen. Ich möchte verstehen was hier vor sich geht, denn es wird langsam unerträglich und natürlich bin ich verschwiegen, wieso sollte ich hiervon anderen erzählen? Es geht doch niemanden etwas an. Ganz gleich was es ist.« Sie sah ihn eindringlich an. »Womit ich auch wieder bei meiner Frage wäre, was ist es?«
Soval holte tief Luft und er unterdrückte seine aufkommenden Schamgefühle. »Dieser Zustand nennt sich „Pon Farr“«, sagte er schließlich. »Es ist unser Paarungszyklus, der bei uns alle sieben Jahre auftritt. Im Normalfall verbringt man diese Zeit mit dem Ehepartner, oder, sollte man nicht verheiratet sein, einem Geschlechtspartner. Wem beides nicht vergönnt ist, dem bleibt nur die Meditation.«
Hoshi war vollkommen überrascht! Sie hatte mit allem Möglichen gerechnet, vielleicht sogar irgendwas Geheimes, Rituelles, aber dass dieser Mann ihr Gegenüber, simpel ausgedrückt, nur sexuellen Notstand zu verzeichnen hatte, empfand sie fast schon als lachhaft. Sie versuchte sich einen amüsierten Gesichtsausdruck zu verbeißen, doch es wollte ihr nicht ganz gelingen. Soval erkannte das und es kränkte ihn sehr.
Er stand auf. »Ich bedauere sehr, Ihre Zeit gestohlen zu haben. Offenbar ist ein ernstes Gespräch, auf das ich wirklich sehr gehofft hatte, nicht möglich.« Damit wollte er sich abwenden und die Unterkunft verlassen.
»Soval, warten Sie!« Hoshi hielt ihn gerade noch so auf und sie musste ihn richtig festhalten. »Es tut mir leid. Ich nehme Sie ernst, wirklich und ich wollte Sie auch nicht belächeln. Ich hatte nur mit irgendwelchen furchtbaren Hiobsbotschaften gerechnet. Was weiß ich, dass Sie sich auf dem Höhepunkt dieses Zustandes in ein reißendes Tier verwandeln und über mich herfallen.«
Er senkte den Blick. »Diese Analogie ist von der Wahrheit weit weniger entfernt, als Sie ahnen.«
Hoshi wurde aschfahl und sie bekam riesige Augen. »Aber, sie verwandeln sich nicht wirklich, oder?«
Soval schüttelte den Kopf und musste nun doch etwas schmunzeln. Hoshi war so leicht zu verunsichern, dass es schon wieder liebenwert war. »Nein, aber es war eine sehr treffende Metapher.«
Sie kombinierte recht schnell, Paarungszyklus, reißendes Tier, fehlende, emotionale Kontrolle, ganz klar… »Dann würde das übersetzt heißen, dass Sie mich eventuell zum Sex drängen würden, wenn nötig sogar gewaltsam?«
»Sollte ich meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle bringen, ja! Definitiv!« Hoshi setzt sich grübelnd und auch Soval nahm wieder Platz. Jetzt war er zuversichtlich, dass dieses Gespräch den gewünschten Verlauf nehmen würde, denn Hoshi hatte verstanden um was es hier nun ging. Nämlich einzig und allein um ihr Wohl, um ihre Sicherheit.
Ein unangenehmes Gefühl keimte in ihrem Innern, auch wenn sie die Vorstellung gar nicht mal so schlimm fand, dass Soval ihr doch einmal so nahe kommen könnte. »Das nennt man dann wohl sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, nicht?«
»Mir würden stärkere Worte, als Belästigung einfallen«, offenbarte er und trank an seinem Tee.
Hoshi hob die Schultern und drehte ihre Tasse unschlüssig in den Händen. Sollte sie wirklich sagen was ihr gerade in den Sinn kam? Es wäre nur fair, denn Soval war auch ehrlich zu ihr. Sie fasste sich ein Herz. »Ehrlich gesagt: es gibt bestimmt Schlimmeres, als eine leidenschaftliche Begegnung mit Ihnen«, entgegnete sie verhältnismäßig lässig und schenkte Soval einen eher arglosen Blick.
Doch Soval sah ihr mahnend in die Augen. »Ich glaube Sie verstehen nicht, welcher Gefahr sie sich dabei aussetzen würden. Die Gefühle, die mich durchfluten sind mit normaler, sexueller Lust überhaupt nicht vergleichbar. Ich könnte Sie unter Umständen ernsthaft verletzen, selbst dann, wenn Sie sich mir freiwillig hingeben würden.«
»Würde Ihnen das überhaupt helfen?« Es war nur eine Frage.
»Was, dass Sie sich mir freiwillig hingeben?« Hoshi nickte und Sovals Gesichtszüge entglitten ihm für einen Moment. Er hatte mit einem Angebot ihrerseits absolut nicht gerechnet. »Ähm, ja natürlich könnten auch Sie mir helfen, aber … das würde ich nie von Ihnen verlangen.« Niemals hätte er ein solches Angebot angenommen.
Hoshi seufzte tief. »Wissen Sie Soval, es ist doch so, wenn Sie und ich …«
»Nein!« ging ihr Gegenüber unvermittelt dazwischen. »Daran brauchen Sie nicht einmal zu denken! Egal wie logisch dieses Angebot auf Sie wirkt, es ist es absolut nicht. Ich hätte entsetzliche Angst Sie zu verletzen, außerdem sind Ihre Gefühle mir gegenüber nicht echt. Sobald mein Pon Farr nachlässt, verschwinden sie wieder.«
»Welche Gefühle denn?« Sie tat, als wüsste sie von nichts, doch sie hätte im Boden versinken können, weil er ihr diese auf den Kopf zusagte.
Soval schenkte ihr einen aufmunternden Blick. Er konnte ihre Empfindungen sehr gut verstehen, es ging ihm momentan ja auch nicht anders. »Es braucht ihnen nicht peinlich zu sein, wenn Sie sich zu mir hingezogen fühlen, denn dafür können Sie nichts.« Hoshi wurde dennoch rot. Soval war sehr überzeugt von seiner Wirkung auf sie, aber er hatte leider auch verdammt recht damit … Und wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte. »Versuchen Sie das Ganze einmal rein biologisch zu sehen, dann vergeht vielleicht auch ein wenig des Reizes. Mein Körper produziert momentan im höchsten Maße Pheromone. Selbst wenn Sie es wollten, Sie könnten sich niemals dagegen wehren. Jahrmillionen alte Instinkte überlistet man nicht so schnell! Dennoch sind diese Gefühle nicht echt, mein Zustand hat sie lediglich verursacht. Sie würden sich hinterher sehr wahrscheinlich in Grund und Boden schämen, wenn ich so unvernünftig wäre und Ihrem Wunsch entspreche.« Er blickte ihr aufmunternd in die Augen, obwohl er sie momentan viel lieber in den Arm genommen hätte. Seine Sehnsucht nach ihr, nach inniger Zweisamkeit, war sehr stark und darüber zu reden schürte seinen Wunsch noch mehr. Heute Abend würde er noch einmal meditieren müssen, um überhaupt ruhigen Schlaf zu finden.
Hoshi war recht still. Einerseits, weil es ihr sehr peinlich war, so offen auf ihre Gefühle angesprochen zu werden, andererseits aber auch, weil Soval ihr nun doch Angst gemacht hatte. »Wie können Sie überhaupt dagegen vorgehen. Wie wollen Sie diesen Zustand meistern, ohne Frau?«
»Durch Meditation. Das Pon Farr dauert dann zwar länger an, aber es ist möglich es zu übergehen und es ist mir bereits mehrmals erfolgreich gelungen. Doch dazu braucht man einen äußerst disziplinierten, geschulten Geist und nur die wenigsten finden in so einer Situation die nötige Konzentration zum Meditieren. Sie können zur Gefahr werden, für sich und andere. Ungeübte, meist junge, Individuen unserer Spezies, können an diesem Ungleichgewicht, welches durch das Pon Farr ausgelöst wird, sogar sterben. Es sollte sich also dringend eine Möglichkeit der Auflösung finden.«
Das wusste sie bereits. »Ja, das sagten Sie in unserem ersten Gespräch schon, aber dieses Schicksal wird Sie jetzt hoffentlich nicht ereilen.«
Soval fand es bezaubernd, wie sie sich um ihn sorgte, doch er konnte sie beruhigen. »Nein, dazu ist mein Geist zu geschult. Ein Mann meines Alters ist im Allgemeinen sehr gefestigt in seiner Fähigkeit zur Konzentration und in der Anwendung der Logik. Auch wenn meine Libido, im Gegensatz zu einem jungen Vulkanier, um ein vielfaches ausgeprägter ist, bestimmt sie nur unwesentlich mein Handeln.«
Ob das stimmte, oder war es nur Schönmalerei, um sie etwas zu beruhigen? »Und das schaffen Sie auch, trotz meiner unmittelbaren Nähe zu Ihnen? Ich meine, ich muss doch auch eine Wirkung auf Sie haben, oder etwa nicht?« Es war gut möglich, dass er ihr gegenüber leichtes Spiel hatte, sie war ja ein Mensch und keine vulkanische Frau. Doch Soval nahm ihr diese Hoffnung sofort wieder.
»Und wie Sie auf mich wirken.« Soval zwinkerte ihr zu und Hoshi wurde es heiß und kalt gleichzeitig. Sie hatte also wirklich eine Wirkung auf ihn. Sollte sie sich nun freuen oder sich doch besser Sorgen machen. »Haben Sie keine Angst, ich komme Ihnen nicht zu nahe.« Sie verfluchte ihn gerade, er konnte wirklich Gedanken lesen! »Daran erkennt man aber auch meine Erfahrung«, führte er das Gespräch fort. »Ein junger Mann hätte Sie bereits mehrfach bedrängt und sehr wahrscheinlich hätte er längst sein Ziel erreicht.«
Hoshi verschränkte die Arme. Jetzt hatte er ihren Stolz beleidigt. »Glauben Sie wirklich, dass ich es so weit kommen lassen würde?«
Soval lachte auf und leerte seine Tasse. Sie nahm das ganze immer noch viel zu leicht. »Ich glaube, liebste Hoshi, dass Sie sich einem erwachsenen, vulkanischen Mann, trotz Ihrer mannigfaltigen Kampfkünste, nicht erwehren könnten. Vor allem nicht, solange er im Pon Farr ist. Wobei dieser Kampf ein Segen für den Betroffenen wäre.«
»Warum?« Kämpfen war nie eine Lösung, warum also in so einer abstrusen Situation?
»Die dritte und letzte Möglichkeit das Pon Farr zu lösen ist der offene Kampf, Ka-lif-fee genannt.« Hoshi seufzte innerlich. Das war ja klar. Vulkanier hatten wohl für alles vielfältige Lösungen. Doch wenn dem so war, wer hinderte sie beide daran, einen kleinen Kampf auszutragen. Es musste ja niemand verletzt werden und wenn sie Soval damit half. Wann sonst durfte sie ihm schon mal auf die Nase hauen. »Es ist allerdings ein Kampf auf Leben und Tod«, verdeutlichte er dann und presste etwas entschuldigend die Lippen aufeinander.
Hoshi fühlte sich wie in einem schlechten Film. »Warum um Himmels Willen denn immer gleich so theatralisch? Warum muss immer gleich einer sterben.«
Soval hob abwehrend beide Hände, obwohl er ihre Verzweiflung verstehen konnte. »Ich habe unsere Natur nicht erfunden, aber ich kann Ihnen versichern, dass solange ich mich zurück erinnern kann, es keinen Kampf mehr gegeben hat. Ich denke es ist einfach ein Relikt aus alten Tagen. Durch den Kampf kann man die inneren Spannungen abbauen, was ebenfalls die Auflösung dieses Zustandes bewirkt. Die weitaus häufigere und wesentlich angenehmere Form der Auflösung ist die angeleitete Meditation in verschiedenen Klostern oder eben der Vollzug der Paarung selbst.«
Bei Soval hörte sich das so lieblos und so leidenschaftslos an, aber vielleicht war körperliche Liebe bei Vulkaniern so. Der Gedanke war ja nicht mal so abwegig. Andererseits sprachen sie momentan ja nur darüber und es lag auf der Hand, dass wenn man sich sachlich über ein solches Thema unterhalten wollte, eine rationale Herangehensweise wesentlich dienlicher war. »Wenn ich Paarung höre, denke ich automatisch an Zeugung. Geht aus einer solchen Verbindung denn immer ein Kind hervor?«
Soval schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Nein, in den allermeisten Fällen nicht. Wenn doch wäre ich bereits mehrfach Vater.« Er setzte sich auf und man merkte ihm an, dass er in seinen Erzählungen etwas weiter ausholen würde. »Ich war zweiundvierzig, als ich mein erstes Pon Farr erlebte«, ein Zwinkern für Hoshi. »Jetzt dürfen sie mal rechnen, wie viele Kinder ich dann hätte.«
Doch Hoshi war dafür viel zu müde und das sagte sie ihm auch unverblümt. »Dafür ist es mir ehrlich gesagt zu spät, auch wenn ich Ihr Alter kenne.«
»Vierzehn«, entgegnete er und Hoshi ließ gedanklich die Schultern fallen. Typisch Vulkanier! Grrrr! »Wenn ich ganz genau sein möchte«, führte er seine Ausführungen zu Hoshis Leidwesen fort. »Dann nur zehn, weil ich mit diesem Pon Farr dann vier übergangen habe.«
»Aha, und wie viele Kinder sind es tatsächlich?« jetzt war sie gespannt.
»Keine.« Hoshi sah ihn perplex an. »Meine Frau T'Lal starb, als sie im vierten Monat schwanger war und ich habe nach ihrem Tod einfach nie wieder geheiratet. Ich fand auch irgendwie nie die Zeit dazu. Wenige Jahre nach dem Tod meiner Frau bin ich als Botschafter zur Erde beordert worden und diese Aufgabe empfand ich als sehr erfüllend. Sie war anspruchsvoll und sie ließ mir Anfangs nur wenig Freizeit, doch das begrüßte ich wohlwollend, denn so konnte ich mich ablenken.«
Hoshi sah ihn mitfühlend an. Es tat ihr schrecklich leid, was da passiert war, auch wenn es schon sehr lange her war. »Das ist furchtbar. Ich möchte mir gar nicht vorstellen wie schmerzhaft ein solcher Verlust ist, selbst für einen Vulkanier.«
»Oh, nur weil ich meine Gefühle damals noch vollständig unterdrückte, heißt das nicht, dass ich sie nicht deutlich spürte. Ich habe monatelang meditiert um meinen Schmerz zu verarbeiten und ich habe dabei das Kolinahr abgelegt. Meine Versetzung zur Botschaft der Erde kam mir daher wie gerufen.«
Sie nickte verständnisvoll und jetzt wusste sie auch was da so schreckliches passiert war. »Das glaube ich gerne. Schade finde ich nur, dass Sie nie wieder heirateten. Sie sind bestimmt ein wundervoller Ehemann.« Im selben Moment bekam Hoshi riesige Augen und wandte verlegen den Blick ab. »Nein, das habe ich jetzt nicht gesagt.«, murmelte sie sich in den Bart und wäre am liebsten im Erdboden versunken, doch Soval hatte ihre Äußerung genau verstanden und diesmal schwieg er nicht.
»Warum denn«, lachte er aufmunternd »Sie haben es gesagt und es war ehrlich. Meinen Sie mir schmeichelt eine solche Äußerung nicht? Noch dazu von einer Menschenfrau? Ein schöneres Kompliment können Sie mir doch gar nicht machen.«
Hoshi war das dennoch peinlich. »Das nervt langsam, ich plappere mich hier um Kopf und Kragen, weil Sie mich mit Ihren … Ihren Pheromonen ganz kirre machen! Das ist unfair!« Soval lachte auf, doch Hoshi wurde nun sehr ernst. »Soval, mal ganz ehrlich. Was ist mit mir, mit meinen Gefühlen zu Ihnen, werden sie stärker. Laufe ich eventuell sogar Gefahr daran zu sterben?« Die Frage war berechtigt, dann wenn sie im Geiste schon so reagierte wie eine vulkanische Frau, warum nicht auch körperlich, mit allen negativen Konsequenzen, die sich im Regelfall für Vulkanier ergeben würden.
Soval wusste darum und es macht ihm Angst. »Das ist die einzige Unbekannte in der Gleichung«, gestand er ehrlich »Ich kann es noch nicht absehen, was passieren wird. Sollten Sie wirklich diesen Zustand nicht ohne größere Komplikationen überstehen, dann müssen wir handeln. Dennoch vermute ich, dass Sie davon verschont bleiben, Sie sind ja keine vulkanische Frau. Meditation wäre ein guter Katalysator, doch leider darf ich Sie momentan nicht zum Meditieren anleiten, weil das Ihre Gefühle bedingt durch mein Pon Farr nur verstärken würde, und zum alleinigen Meditieren sind Sie gegenwärtig noch zu ungeübt.«
Das war ihr klar, anderes wiederum nicht. »Handeln heißt was genau?«
»Sex!« sagte er kurz und hob die Brauen. Man merkte ihm aber an, dass er das unter allen Umständen vermeiden wollte. »Ich bin mir sicher, dass wir das umgehen können.« Hoshi hingegen war sich gar nicht so sicher, ob sie das wirklich umgehen wollte, vielleicht war es sogar ganz aufregend. Sie begegnete Sovals amüsiertem Blick und fragte sich augenblicklich, welcher von ihren Gedanken er jetzt wieder richtig interpretierte. Sie musste sich dringend angewöhnen neutraler zu wirken, ganz dringend!
»Ihre Gedanken verraten Sie«, schmunzelte er. »Aber das sagt mir auch wie sehr meine Wirkung auf Sie ist und dagegen müssen wir was tun.«
»Und was?«
»In drei Tagen kommt der Versorgungsfrachter. Bis dahin werden wir es tunlichst vermeiden miteinander zu arbeiten, damit wir uns gegenseitig nicht noch mehr beeinflussen. Jeder geht seinen Weg, ich übersetze, Sie scannen oder umgekehrt.« Sie nickte. »Wenn der Frachter hier ist, sollte sich aus Gründen der Diskretion keiner etwas anmerken lassen. Die Crew vom Frachter wird sich, wenn überhaupt, nur eine oder zwei Stunden hier aufhalten, das müsste zu schaffen sein. Sobald dieser Frachter ablegt, packte ich mir ein paar Vorräte ein und verschwinde für etwa eine Woche in den Bergen, damit ich mich ihnen völlig entziehen und mich einzig dem Meditieren widmen kann.« Hoshi wollte was sagen, doch er unterbrach sie. »Keine Angst, ich nehme einen Kommunikator mit, Sie sind also nicht allein hier.«
»Natürlich bin ich dann alleine hier!« In ihrer Stimme schwang Verzweiflung mit und die Panik wuchs. Sie würde unter keinen Umständen hier alleine bleiben, sie würde sich dabei zu Tode fürchten. »Können Sie nicht in Ihrer Unterkunft meditieren? Ich halte mich auch absolut fern von Ihnen, versprochen. Ich komme nur zum Essen oder zum Schlafen hierher, den Tag über verbringe ich in der Höhle, das muss doch auch reichen, oder?«
»Sie müssen doch keine Angst haben.«
»Die habe ich aber, ich drehe durch wenn ich eine Woche lang hier völlig alleine bin. Außerdem, was ist, wenn sich meine Gefühle nicht wieder abbauen, oder wenn Ihnen was passiert?«
»Darum wollte ich ja den Kommunikator mitnehmen.«
»Tun Sie mir das bitte nicht an. Ich halte mich gerne an jede Regel, die Sie in unserer Situation für sinnvoll erachten, doch bitte lassen Sie mich nicht alleine zurück, bitte!« Sie sah ihn flehend an und er spürte, dass sie nicht nur Angst hatte, es war echte Panik. Unschlüssig wackelte er mit dem Kopf. »Soval, bitte!« appellierte sie noch einmal an ihn.
»Es ist zu gefährlich. Ich könnte für nichts garantieren.«
»Na und? Dann ist dem eben so.«
»Sie verstehen nicht, ich habe Angst Sie ernsthaft zu verletzen«, rief er verzweifelt.
»Mein Gott, ich bin nicht aus Porzellan!« konterte sie. »So schnell gehen Menschenfrauen auch nicht kaputt.« Er ließ den Kopf in beide Hände sinken und sie setzte sich zu ihm. »Hören Sie, ich kann mir auch was Schöneres vorstellen, aber es gibt nun wirklich schlimmere Umstände, als eine leidenschaftliche Begegnung mit Ihnen und um ehrlich zu sein, ziehe ich diese „Gefahr“ dem Alleinsein vor. Außerdem, Sie haben das Kolinahr bestanden, wenn Sie Ihre Gefühle nicht in den Griff bekommen, wer dann?«
Er gab nach. Es hatte keinen Sinn mehr auf sie einzureden, egal mit welchen Argumenten er noch kommen würde. Musste er eben besonders gut meditieren, damit sie sicher war. »Also gut, ich bleibe, aber es werden genaue Regeln festgelegt, die ein Miteinander ermöglichen. Na ja, eigentlich sollen sie genau dies verhindern aber, … ja, Sie verstehen was ich meine.«
Hoshi nickte. Natürlich verstand sie, auch wenn sie noch nie gesehen hatte, dass ein Vulkanier dermaßen durcheinander sein konnte. »Vielen Dank. Ich weiß wirklich zu schätzen, über welchen Abgrund Sie gerade gesprungen sind.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich befürchte leider, dass Sie das ganz und gar nicht wissen.« Es war nicht gesagt, dass er sie tatsächlich verletzen würde, nur es würde zu spät sein, wenn sie es feststellten.
Hoshi setzte sich wieder zurück auf ihren Platz. Irgendwie ging es ihr langsam auf die Nerven, dass Soval sich so über die Maßen besorgt zeigte, obwohl es gar nicht nötig war. Doch sie ahnte den Grund seiner Besorgnis, schließlich hatte er diesbezüglich schon Andeutungen gemacht. »So, auch auf die Gefahr hin, dass Sie mich für unbelehrbar halten.« Er nickte. »Jetzt sagte ich Ihnen mal was. Sofern Sie während einer solchen Paarung nicht kratzen, treten, beißen oder um sich schlagen.« Soval sah entsetzt auf. »Okay, das also nicht.« Stellte sie fest und er schüttelte energisch den Kopf. »Sofern Sie also nicht gewalttätig werden, fällt mir beim besten Willen nichts ein, womit Sie mir gefährlich werden könnten!« Soval wollte ein Veto einlegen, doch Hoshi war schneller. »Und sollten vulkanische Männer temperamentvoller agieren, weil diese Emotionen so überschwänglich sind, dann können sie eine Menschenfrau dennoch niemals verletzen!« versicherte sie. »Menschen nennen so was auch „Leidenschaft“«, fügte sie an. »Und die meisten Frauen mögen das sehr.« Sie zwinkerte Soval zu. »Auch wenn, oder gerade weil, es etwas heißblütiger zugeht.«
Offenbar war das der Stein des Anstoßes. Soval ließ sich langsam gegen die Rückenlehne sinken. »Wenn Sie das sagen«, brummte er. »Mir wurden gegenteilige Dinge berichtet.«
Hoshi begann zu lachen. »Etwa vom Oberkommando? Soval, vertrauen Sie mir, ich bin eine Menschenfrau. Also lassen wir es einfach auf uns zu kommen. So und jetzt Schluss damit. Mein Tee ist leer, mein Schädel brummt nach so vielen Diskussionen und ich mag mich jetzt etwas entspannen.«
Er seufzte, doch Hoshi hatte absolut recht. Vielleicht sollten sie es wirklich einfach auf sich zu kommen lassen. »Einverstanden!« stimmte er dann zu. »Ich schlage vor, dass ich uns noch mal Tee mache, bei der Gelegenheit noch etwas in mich gehe und Sie in der Zwischenzeit alles vorbereiten, damit wir in aller Gemütlichkeit Ihre Aufzeichnung anschauen können. Okay?« Es kam ihm seltsam vor dieses Wort zu benutzen, denn es entsprach gar nicht seiner gängigen Ausdrucksweise, doch manchmal übernahm man auch ein paar schlechte Angewohnheiten.
Hoshi bemerkte es auch direkt, doch sie schmunzelte nur. »Okay! Dann mal los.« Soval nickte und verließ ihre Unterkunft, dann suchte er die Kombüse auf. Während er den Tee zubereitete und noch einmal seine mentale Kontrolle festigte, richtete Hoshi die Sitzecke so her, dass man sich bequem hinlümmeln konnte. Soval schien das Konzept der Gemütlichkeit schon mal nicht fremd zu sein und damit war bereits viel gewonnen. Hoshi war glücklich, endlich konnte sie diese herrliche Aufführung mit ihm teilen und den Abend doch noch so genießen, wie er geplant war.

Die beiden saßen noch bis drei Uhr Nachts zusammen und plauderten. Nichts spezielles, einfach so, meist private Dinge oder Begebenheiten die amüsant anzuhören oder unterhaltsam zu erzählen waren. Gerade Soval hatte in seiner langjährigen Karriere, vor allem auf der Erde, einiges erlebt und Hoshi fand es unglaublich interessant seinen Worten zu lauschen. Auch wenn Vulkanier sonst weniger die waren, die sich einfach nur so unterhielten. Ihm schien es zu gefallen und sie hätte ihm Stunden zuhören können.
Review schreiben
 Schriftgröße  Schriftart  Ausrichtung  Zeilenabstand  Zeilenbreite  Kontrast