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Kurzbeschreibung
GeschichteSci-Fi, Liebesgeschichte / P12 / Gen
Botschafter Soval Hoshi Sato
11.08.2013
31.08.2013
18
114.512
5
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Dieses Kapitel
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11.08.2013 6.560
 
Kapitel 9:


Soval spürte bereits seit mehreren Tagen, dass die Stärke seines Pon Farrs nachließ, ganz allmählich verlor sich diese berauschende Wirkung auf ihn. Hoshi hingegen war noch völlig in ihren tiefen Gefühlen. Es kam mitunter vor, dass sich die Emotionen der Partner nicht gleich schnell abbauten, doch das stellte im Normalfall keine großen Probleme dar. Wichtig war nur, dass der andere Partner die Zuwendung nicht abrupt entzog. Soval musste also ganz behutsam vorgehen, um wieder etwas Distanz zwischen sich und Hoshi zu bringen. Der erste Schritt dazu war die Wiederaufnahme der gemeinsamen Arbeit, vor allem im Hinblick darauf, diese auch ohne längere Unterbrechungen fortzuführen. Meist küssten sie sich zwischendurch und das war häufig der Initiator für intensivere Zärtlichkeiten. Es war daher zwingend erforderlich, dass sie vorläufig getrennt arbeiteten. Soval schwieg über den wahren Grund zu dieser Maßnahme, denn er wusste, dass es Hoshi sehr unglücklich machen würde, wenn sie erfahren würde, dass er nun schon an das Ende ihrer Liaison dachte. Stattdessen hoffte er darauf, dass diese kleinere Trennung dazu beitrug wieder etwas Abstand zu gewinnen und seine Erfahrung gab ihm Recht: nach nur wenigen Tagen beschränkten sich ihre innigeren Aktivitäten nur noch auf das Zubettgehen. Ja, es dauerte deutlich länger, als mit einer vulkanischen Frau und Soval hatte das so auch niemals geplant, doch nun oblag es seiner Verantwortung für ihr Wohlergehen zu sorgen und das würde er niemals vernachlässigen. Es dauerte über eine Woche bis sich auch bei ihr deutliche Anzeichen zeigten, dass ihre Zuneigung weniger wurde und für Soval war das der Zeitpunkt für den nächsten, aber entscheidenden Schritt: sie würden von nun an auf sexuelle Kontakte verzichten. Kleinere Zärtlichkeiten wie Küssen oder liebevolle Berührungen, würde er ihr gegenüber noch zulassen, zumindest für eine Weile noch, doch auch die mussten irgendwann ein Ende finden. Zurück würde lediglich eine sehr tiefe Freundschaft bleiben und von der konnten sie beide nur profitieren.
     
Hoshi streckte sich und schaltete dann das Padd aus. Sie saß seit fast vier Stunden hinten im Arbeitsbereich und führte Übersetzungen aus, doch mittlerweile rauchte ihr der Kopf. Zeit für eine Pause. Sie wandte sich um und machte sich einen Kaffee, dann sah sie zur Uhr. Soval würde bestimmt auch gleich kommen und das freute sie noch am meisten, auch, weil er heute kochen wollte. Es gab Gemüseauflauf und wer weiß, vielleicht auch noch ein paar entspannende Zärtlichkeiten hinterher. Gestern Abend waren sie nämlich beide so müde, dass die gleich eingeschlafen sind. Doch heute war ihr Hunger umso größer und sie wusste wie sie ihn stillen würde.

Wie aufs Stichwort betrat Soval die Einheit. Er war offenbar schon im hydroponischen Gewächshaus gewesen, denn er trug einen kleinen Korb voll Gemüse bei sich. Er schenkte ihr ein kleines Lächeln.
»Na du«, begrüßte er sie mit einem Küsschen. »Vorerst fertig?«
Sie nickte und legte den Kopf auf seine Schulter. »Mein Kopf brummt etwas vom Konzentrieren.« Es war so schön ihn zu fühlen, seine Wärme, sein Duft. Sie atmete tief ein und fühlte wie es ihre Sinne berauschte. Nie wieder wollte sie je einem anderen Mann gehören, als nur noch ihm.
»Nun«, frohlockte er und hielt den Korb hoch. »Dann gibt es ja gleich etwas zur Stärkung.« Er gab ihr noch mal einen Kuss auf die Wange und setzte sich an den Tisch.
Hoshi sah ihm etwas sehnsüchtig hinterher, dann setzte sie sich dazu und schmiegte sich an. Wenigstens einen innigeren Kuss hätte er ihr geben können. »Das Essen dauert sicher noch eine ganze Weile, oder?«
Soval schmunzelte, er ahnte worauf sie hinaus wollte und auch wenn es verlockend war, er durfte ihr nicht wieder verfallen. Sonst nahm ihr Zustand überhaupt keine Ende mehr. Darum hielt er ihr kurzerhand Messer und Zucchini unter die Nase. »Wenn du mir hilfst geht es schneller.«
Ihr Blick sprach Bände und diesmal verstand sie auch, ohne direkt darauf hingewiesen zu werden. Sie nahm das Gemüse und das Messer und begann zu schälen. »Du gehst mir aus dem Weg«, stellte sie dann leicht vorwurfsvoll fest.
»Nein, das mache ich nicht!« Hoshi schluckte, die Antwort war sehr kühl und für ihr Empfinden etwas zu kühl. Er sah sie an. »Ich bin nur der Meinung, dass wir beide in Zukunft wieder getrenntere Wege gehen sollten.« Er würde es also wirklich wahr machen? Ihre Seifenblase platzte und ihr Traum von einer längeren Beziehung, vielleicht sogar mehr, rückte in unerreichbare Ferne. Sie hatte nach diesen drei wunderbaren Wochen, in denen sie sich so innig zugetan waren, so gehofft, dass es mehr werden würde. Sie hoffte, er würde sich in sie verlieben, gerade weil es schon länger dauerte, als er sagte, doch offenbar war dem nicht so. Er wollte Abstand.
Sie ließ das Messer sinken und sah ihn traurig an. »Und wie soll das aussehen«
Er strich ihr über die Wange. Natürlich wusste er was er mit diesem Schritt in ihr auslösen würde, doch irgendwann war es soweit, das war unausweichlich und alleine für sein eigenes Seelenleben war es wichtig wieder Abstand zu gewinnen. Schließlich fühlte auch er sich immer noch zu ihr hingezogen. Zwar nicht mehr in dem Maße wie zum Höhepunkt, aber immer noch recht stark und das musste unter Kontrolle gebracht werden. »Ich halte es für klug, das wir in Zukunft nicht mehr das Bett teilen und zukünftig auf sexuellen Kontakt verzichten.«
Hoshi sah entsetzt auf und sie fühlte sich, als hätte ihr jemand ihr Lieblingsspielzeug weggenommen. »Und diese Maßnahme soll ab jetzt in Kraft treten?« Soval nickte, denn er sah kein Problem darin. »Das ist zu schnell, wirklich …«
»Hoshi«, besänftigte Soval.
»Nein, bitte, … ich …« Ihr kamen die Tränen. »Tu’ mir das nicht an. Es ist zu früh, bitte.«
»Hoshi« damit wandte er sich ihr zu und nahm sie liebevoll in den Arm. Er wusste, dass dies nicht einfach für sie werden würde, das war es ja nicht einmal für ihn. »Ich bin doch für dich da«, sagte er ganz liebevoll und Hoshi nahm dankbar seine Nähe an. Fest kuschelte sie sich in seinen Arm. »Ich überlasse dich bestimmt nicht einfach so deinen Gefühlen. So herzlos bin ich nicht. Ich werde dir helfen und dich im Meditieren anleiten. Dabei wirst du sehr schnell dieses Gefühl überwinden lernen.«
Hoshi blickte unsicher auf. Wie genau sollte das gehen, etwa… »Aber keine Verschmelzung, du weißt dass ich mich davor ängstige.«
»Ja, das weiß ich und ohne deine Erlaubnis würde ich das auch auf keinen Fall initiieren«, beruhigte er sie und strich ihr zart über die Wange. Für viele Menschen war eine Geistesverschmelzung ein unangenehmer Gedanke und warum auch immer, Hoshi fürchtete sich ganz extrem davor. »Hoshi, habe doch Vertrauen zu mir und zu meinen Fähigkeiten, meinem Wissen«, ergänzte er und sah sie aufmunternd an.           
»Ich … ich habe ja Vertrauen zu dir und zu deinen Fähigkeiten, dennoch hätte ich von diesem Tag X gerne früher gewusst, Soval«, sagte sie traurig und sah zu Boden. »Vielleicht verstehst du das nicht, aber wenn ich weiß, dass dies das letzte Mal ist, denn erlebe ich es doch viel anders und bin hinterher auch eher bereit es aufzugeben, weil ich mich darauf einstellen konnte.«
Er nickte. Natürlich hatte er das verstanden. Diese Empfindungen waren seinen nicht unähnlich. Nur dass er damit umgehen konnte, im Gegensatz zu ihr. Es hätte ihm eigentlich klar sein müssen, wenn ihre Emotionen noch so stark waren, dass es ihr unmöglich war ihr Verlangen schon in dem Maße zu zügeln. Er lenkte ein, auch wenn er das nicht wirklich beabsichtigt hatte. Vielleicht war es wirklich sinnvoller ihr eine Möglichkeit des Abschieds zu geben. Dann war dieses Verlustgefühl nicht ganz so einschneidend. »Verbringen wir heute unsere letzte gemeinsame Nacht, aber dann müssen wir unbedingt von solchen Aktivitäten absehen. Für kleinere Zärtlichkeiten bin ich gerne noch eine Zeitlang offen, so dass ein langsamer Ausklang deiner Gefühle auch möglicht ist, aber ich werde mich auf keinerlei sexuelle Handlungen mehr einlassen!«
Hoshi nickte, doch sie war immer noch traurig. Das ging ihr einfach viel zu schnell. Sie hatte gehofft mehr dieser berauschenden Zeit mit ihm zu verbringen, obwohl sie eigentlich genau wusste, dass die drei Wochen, die sie bereits hatten, schon wesentlich länger waren, als Soval prophezeit hatte. Doch es war so unglaublich schön, dass es ihr einfach furchtbar erschien es aufgeben zu müssen. Andererseits, wenn Sovals Gefühlswelt sich bereits wieder normalisiert hatte, wie echt war dann diese letzte Nacht überhaupt noch? »Bist du dann eigentlich noch mit dem nötigen Gefühl dabei? Sind deine Emotionen überhaupt noch echt oder tust du das nur, damit ich noch mal meinen Spaß habe?«
Es klang enttäuscht in Sovals Ohren und er reagierte auch entsprechend. Sein Gesichtsausdruck nahm beinahe fassungslose Züge an und er wirkte gekränkt. »Hoshi, ich habe jede unserer Begegnungen über die Maßen genossen und natürlich wird es mir auch heute Nacht noch äußerste Wonnen bereiten, dich noch einmal glücklich zu machen. Daher verstehe ich nicht, wie du mir eine solche Gefühllosigkeit zutrauen kannst.«
Sein vorwurfsvoller Ton machte ihr Angst. Vielleicht sollte sie ihre nächsten Worte sehr genau wählen, sonst würde sie diese letzte Nacht, die er ihr gewähren wollte, sehr wahrscheinlich nicht erleben. Sie seufzte tief. »Verzeih, ich dachte deine Gefühle seien schon alle vergangen und wenn dem so wäre, hätte ich lieber auf diese Nacht verzichtet.«
»Meine Gefühle haben nachgelassen, natürlich, aber sie sind dennoch stark genug, eine so intensive Begegnung mit dir als äußerst lustbringend und erfüllend zu empfinden. So schnell geht das auch bei mir nicht. Nicht einmal mit Meditation.« Er küsste sie innig und sah ihr dann liebevoll in die Augen. Es war sehr deutlich, dass auch ihm diese wundervollen Innigkeiten fehlen würden. »Glaubst du, ich könnte dich so küssen, wenn ich deine Nähe nicht mehr anregend finden würde?«, fragte er mit leiser Stimme und blickte ihr tief in die Augen. Hoshi erwiderte verlegen seinen Blick und schüttelte dann schweigend den Kopf. Es tat ihr sehr leid. Sie hatte ihm wohl gerade Unrecht getan.

Soval gab sich alle Mühe die letzte Nacht so unvergesslich wie möglich zu machen und zwar für beide. Hoshi empfand es wie eine kleine Abschiedsfeier. Sie plauderten, sie kuschelten innig zu leiser Musik und Soval verwöhnte sie mit einer sehr anregenden Neuropressur. Die in einer solch lusterfüllenden Begegnung endete, dass Hoshi förmlich die Sinne schwanden … und das sollte nicht die einzige Begegnung in dieser Nacht sein. In Hoshi kam langsam die Vermutung auf, dass auch Soval sich sehr schwer damit tat auf innigere Zärtlichkeiten zu verzichten. Er ging zwar in den nächsten Tagen sehr konsequent mit ihr und ihrer unmittelbaren Nähe um, doch er konnte nicht verbergen, dass auch ihm ihre Zärtlichkeit fehlte.


In den folgenden zwei Wochen gewannen sie allmählich wieder den Abstand, der für sie und vor allem für ihre Arbeit nötig war. Hoshi spürte es sehr deutlich an Soval. Er zeigte sich wesentlich kühler und logischer, als noch zu Beginn der Untersuchungen und er begegnete ihr wieder mit der nötigen Distanz. Keine Küsse, keine sonstigen Zärtlichkeiten. Lediglich das „Du“ behielten sie bei. Soval war der Meinung, dass dies an ihrer Distanz nur etwas ändern würde, wären sie sich nicht bereits so nahe gekommen. Eigentlich hatte er auch recht, eigentlich auch wieder nicht! Das „Sie“ war gerade für Hoshi eine große Hemmschwelle und es würde ihr noch mehr das Gefühl geben etwas Verbotenes zu tun, wenn sie Soval begehrte. Doch sie akzeptierte es, wie es war. In ihren Augen war es sinnlos gegen seine Argumente anzugehen, denn er war ihr als Diplomat einfach zu Wortgewandt. Viel lieber erfreute sie sich an der vertrauensvollen, innigen Zweisamkeit während der Meditationen. Sie hätte nie gedacht, wie wundervoll und gewinnbringend diese Art der Alltagsbewältigung sein konnte und sie genoss diese Momente, denn nur in diesen waren sie sich noch nahe. Unter Sovals Anleitung, lernte sie, wie sie einen großen Teil ihrer Lust, ihres Verlangens aus ihrem Innern filtern konnte. Wie sie ihre Libido besänftigte. Dennoch fühlte sie deutlich, dass sich Sehnsucht dort breit machte, wo Sovals Zärtlichkeit fehlte und sie fühlte ebenso deutlich, dass sie das mehr und mehr belastete. Für sie war vor allem die Mischung aus körperlicher Nähe und emotionaler Distanz kaum noch zu ertragen. Meditation half nur geringfügig.

Auch Soval erkannte das und er gewann langsam den Eindruck, dass Hoshi ihm mehr, als die von ihm verursachte, sexuelle Lust entgegenbrachte. Es war ungewöhnlich, doch es schien fast, als würde sie ihm gegenüber wirkliche Liebe verspüren und wenn dem so war, wäre das fatal! Ihre Gefühle würden sich dann nicht abbauen und sie würde sehr leiden. Das durfte nicht geschehen! Er musste ihr helfen und aufgrund seiner mentalen Fähigkeiten war ihm das auch durchaus möglich, doch dafür musste sie offen zu ihren Gefühlen stehen und das tat sie nicht. Wann immer er sie darauf ansprach, verneinte sie. Sie wusste, dass er keine Beziehung zu ihr wollte, warum also sollte sie ehrlich darauf antworten? Sie stürzte sich lieber wie eine Besessene in die Arbeit um sich abzulenken. Ihm erzählte sie, dass es die Meditationen seien, die ihr so viel Kraft gaben, doch dass es das nicht sein konnte, war Soval absolut bewusst. Meditationen entspannten ungemein, aber sie regten die Arbeitsmoral keinesfalls in der Art an. Oft war es bereits dunkel, wenn sie noch in den Höhlen arbeitete und sehr oft musste Soval sie zu Pausen anhalten. Ihre Pflichten vernachlässigte sie nicht, eher im Gegenteil, sie übertrieb es zuweilen sehr stark. Andererseits musste er ihr zugute halten, dass sie die Zeit, die sie wegen seines Pon Farrs versäumten, fast aufgearbeitet hatte. Ein großer Teil der Inschriften entlang der Wasseroberfläche war bereits eingescannt und übersetzt. Offenbar hatte sie sich die Nächte um die Ohren geschlagen. Effektiv war ihre Methode, keine Frage, aber lange würde sie das auch nicht mehr durchhalten. Er schwor sich, dass er eigenhändig für eine geregelte Nachtruhe sorgen würde, sollte er bemerken, dass ihre Gesundheit darunter litt oder sie sich anderweitig in Gefahr brachte.

Es war ein herrlicher Morgen. Klar und frisch, wie auf Vulkan vor Morgengrauen. So mochte es Soval sehr. So natürlich und unverfälscht. Er schloss genüsslich die Augen und atmete tief durch die Nase ein, als er aus seiner Unterkunft trat. Wie wundervoll und schön so eine raue Landschaft doch sein konnte. Er betrat die sanitäre Einheit und wollte seinen morgendlichen Prozeduren nachkommen, als er bemerkte, dass Hoshi offenbar schon erwacht war. Ihr Waschbecken war bereits benutzt worden und teilweise waren die Wassertropfen auch schon wieder abgetrocknet. Das hieß, dass sie schon länger als eine Stunde auf den Beinen war. Soval sah prüfend noch mal auf die Uhr, auch wenn er wusste, dass es halb sechs war, er wurde ja pünktlich geweckt. Unzufrieden ließ er die Schultern fallen. Jetzt war es zu viel! Jetzt übertrieb sie es! Sie musste mehr schlafen, das war so nämlich nicht mehr zu vertreten. Nachts um zwei ins Bett gehen und morgens um vier wieder raus, das wäre selbst einem Vulkanier zu stramm. Er verließ umgehend die sanitäre Einheit und suchte die Kombüse auf, denn meist fertigte sie morgens Übersetzungen an, da das Wasser in den Höhlen erst gegen zehn Uhr wärmer wurde. Doch hier war sie nicht. Klar, dann saß sie in ihrer Unterkunft. Soval klopfte nicht, er betrat sie einfach so, er wollte sie überraschen, damit sie sich nicht wieder herausreden konnte. Doch auch hier war sie nicht. Jetzt kam Sorge in ihm auf. Sollte sie wirklich zu den Höhlen gegangen sein? Allein? Er überprüfte den Schaltkasten, der für die Beleuchtung der Höhle zuständig war. Der Schalter wurde umgelegt, also hatte sie sich Licht gemacht, also war sie oben! Jetzt kam Ärger in ihm auf, denn es war extrem unvernünftig zu der Zeit schon in den Höhlen zu arbeiten, schließlich waren diese nur unzureichend ausgeleuchtet. Die Beleuchtung ergänzte lediglich nur die Öffnungen, erhellte aber nicht die ganze Höhle. Manche Etappen, wie der Eingansbereich, lagen völlig im Dunkeln. Es war lebensgefährlich in dieser Schwärze zu den beleuchtete Bereichen zu schwimmen! Außerdem war es noch zu kühl und sie war allein. Das Wasser war zwar nicht wirklich kalt, aber es war auf Dauer ungesund und sie würde sich sehr schaden, wenn sie es übertrieb. Er entnahm der Ausrüstung eine Taschenlampe und machte sich besorgt auf den Weg zu den Höhlen. Die Außentemperaturen lagen etwa bei zehn Grad. Es war kalt, aber er war daran gewöhnt, auch auf Vulkan zeigten sich  die Nächte so kühl, zumindest in der Regionen in der er lebte. Darum störte es ihn nicht, auch wenn er außer seiner kurzen Schlafwäsche nichts Weiteres trug. In den Höhlen hatte es dafür um die zwanzig Grad, aber es war noch stockfinster, als er eintrat. Er leuchtete sich den Weg und stieg dann ins Wasser. Erstaunlich, es kam einem gegen die Kühle des Morgens wirklich sehr angenehm warm vor. Langsam watete er vor zu dem Seitenarm in dem er Hoshi vermutete. Das Wasser wurde tiefer und er musste schwimmen. Allmählich wurde es heller, hier hinten im Seitenarm war günstiger weise eine Beleuchtung, doch von Hoshi fehlte jede Spur. Er schwamm zum Ende und auf einem der Felsvorsprünge lag ein aktiviertes Padd. Sie war also hier, doch wo? Ein Blick ins Wasser ließ eine Vermutung aufkommen. Sie war alleine zu der Halle getaucht. Er ohrfeigte sich gerade selbst, denn er hatte ihr erzählt, dass die Sondierung ergab, dass der Durchgang nur wenige Meter breit war und dahinter sehr viel Platz und Luft. Theoretisch hätte man ohne Atemgerät hindurchtauchen können. Er wollte gerade hinter ihr her tauchen, als er unter sich einen Lichtschein sah. Sie kam wohl gerade zurück und da es ihr offensichtlich gut ging, verschwand seine Sorge spurlos, sein Ärger aber noch lange nicht. Er stützte sich mit den Füßen links und rechts an den Felswänden ab, so wie sie es beim Arbeiten auch taten und verschränkte abwartend die Arme. Hier musste Tacheles geredet werden, wie die Menschen so schön sagten und zwar ganz dringend!
Hoshi hatte ihn schon bemerkt, als sie auftauchen wollte und sie wusste, allein an seiner Körperhaltung, was die Stunde geschlagen hatte. Fast schon reumütig kam sie zur Wasseroberfläche. »Morgen«, sagte sie kleinlaut und getraute sich gar nicht ihn anzuschauen.
»Wir beide müssen ganz dringend reden!« knurrte er. »Ich erwarte dich in zehn Minuten in der Kombüse – angemessen angekleidet!« damit wandte er sich um und verließ die Höhle.
Hoshi schluckte, da hatte sie sich wohl gerade ganz gehörigen Ärger eingebrockt. Sie schwamm hinter ihm her und folgte ihm ins Camp. Nur im Gegensatz zu ihm betrat sie ihre Unterkunft, um sich etwas anzuziehen. Er kam derweil seinen morgendlichen Prozeduren nach und als er die Kombüse betrat hatte Hoshi ihm sogar schon einen Tee gemacht. Fast hätte er gelächelt, doch er verkniff es sich, stattdessen sah er sie mürrisch an.
»Glaubst du ein Tee besänftigt mein Gemüt und entlässt dich aus dieser Unterredung?«
Sie zuckte mit den Schultern während sie auf einem Padd schrieb. »Den Versuch war es wert.«
Er setzte sich zu ihr an den Tisch. »Vielen Dank, aber bei dem Versuch wird es auch bleiben, Hoshi«, sagte er ernst und sah sie enttäuscht an. »Wir reden dennoch!«
»Mann dann lass’ es eben!« platzte es aus ihr heraus. Sie warf das Padd auf den Tisch und stand augenblicklich auf.
Soval sah ihr schweigend hinterher und zum allerersten Mal war er wieder der Soval, den sie noch von der Enterprise her kannte. Kühl, distanziert und verachtend, vor allem Emotionen gegenüber. »Mäßige dich in deiner Ausdrucksweise und setze dich wieder!« Der Ton war deutlich und definitiv keine Bitte.
»Ja Sir!«, knurrte Hoshi und Sovals Blick bekam zunehmend einen gefährlicheren Charakter. Sie seufzte innerlich und ließ sich auf den Stuhl fallen. Warum sagte er ihr nicht einfach was er sagen wollte und ließ sie dann in Ruhe. Das wäre für alle Beteiligten besser. Sie wusste ja, dass sie grob fahrlässig gehandelt hatte.
Er atmete tief ein und überhörte das provozierende „Sir“. Es war ihm bewusst, dass sie ihm damit nur zeigte, wie sehr es ihr missfiel, wenn er den Vorgesetzten herausspielte. Wenn sich aber jemand so unvernünftig verhielt, blieb ihm auch nichts anderes übrig. »Wir beide hatten Regeln festgelegt, Hoshi«, sagte er völlig ruhig. »Ich erwarte, dass du dich zukünftig wieder daran hältst! Ich sage es in aller Deutlichkeit und auch nur dieses eine Mal!« Es klang wie eine Warnung und genaugenommen war es das auch. »Sollte ein geregeltes Miteinander nicht möglich sein, …« Er wählte auf ihrem Padd den Regelkatalog aus und legte ihn vor ihre Nase, damit sie ihn einsehen konnte. »… werde ich mich um einen neuen Kollegen bemühen müssen!« Hoshi sah entsetzt auf. »Ich sehe das hast du verstanden. Ich verzichte nur ungern auf dich, aber wenn du mein Vertrauen so ausnutzt…«
»Das habe ich nicht!« rief sie dazwischen. »Niemals!«
Soval blieb erstaunlich ruhig. »Wenn ich mir mehr Sorgen machen muss, als ich Vertrauen haben kann, dann schon, definitiv! Ich fühle mich eingeschränkt, Hoshi. Daher halte dich an diese Regeln und unterlasse solcherlei unlogische Aktionen!«
Jetzt war sie also unlogisch. Sehr schön! Dafür hatte sie Tag und Nacht gearbeitet, um vom Meister der Logik als unlogisch erachtet zu werden. Sie erhob sich und warf ihm einen äußerst gekränkten Blick zu. Gerade, weil er sie so unter Druck setzte. »Entschuldige, ich bin leider nur ein Mensch! Wir können nur arbeiten, aber nicht denken, vor allem nicht logisch!« Ironie konnte man den Tonfall schon nicht mehr nennen, es war blanker Sarkasmus.
Soval lehnte sich langsam in seinem Stuhl zurück und sah sie an. Auf ihre herausfordernden Worte ging er nicht ein, das war unnötig, denn es würde nur weitere unsachgemäße Äußerungen heraufbeschwören. »So kommen wie nicht weiter, Hoshi. Ich denke du tust uns beiden einen Gefallen, wenn du die von mir erlernten Techniken anwendest und etwas in dich gehst. Danach darfst du das Gespräch gerne noch einmal suchen … oder, wenn du das vorziehst, packen!« Mit dem letzten Wort erhob er sich und verließ die Kombüse. Die Tasse Tee vergaß er in seiner Erregung allerdings. Auch für ihn war es jetzt besser etwas in sich zu gehen. Ihr gekränkter Gemütszustand zerrte enorm an seinen Nerven. Es entsprach normalerweise nicht seinem Habitus eine Kollegin in der Form vor die Wahl zu stellen, doch bei ihr sah er momentan keinen anderen Weg um an sie heran zu kommen. Er hatte in den letzten beiden Wochen sehr oft das Gespräch mit ihr gesucht, um hinter ihren veränderten Gemütszustand blicken zu können, doch sie ließ es nicht zu. Sie verschloss sich völlig vor ihm und darum zwangen ihn die Umstände nun zu drastischeren Maßnahmen zu greifen.

Hoshi blieb allein in der Küche zurück. Sie starrte nur geradeaus, gedankenverloren. Was war nur in sie gefahren? War sie jetzt im Pon Farr, oder warum reagierte sie so gereizt? Himmel, sie hatte Soval so weit, dass er sie schon wegschicken wollte. Sie überlegte: vielleicht war es sogar das Beste, vielleicht sollte sie wirklich packen, dann war sie ihm nicht mehr ausgesetzt und verzehrte sich nicht jede Minute nach ihm. Ihr kamen die Tränen, denn sie wollte nicht ohne ihn sein. Allein die Vorstellung dass die Untersuchungen irgendwann einmal vorbei waren und sich ihre Wege dann trennten, löste schon eine wahre Flut von Emotionen in ihr aus. Wie viel schlimmer war es dann erst, wenn er sie nicht mehr mochte und wegschicken würde? Außerdem genoss sie die Arbeit hier und nur, weil sie emotional überreagiert hatte, würde sie sich nicht so einfach vor die Tür setzen lassen. Da gab es andere Lösungen. Sie konnte Soval ja verstehen, denn sie hatte ihn zum wiederholten Male erzürnt und sie war in den letzten Tagen auch nicht besonders nett zu ihm gewesen. Das alles summierte sich und wenn sie ehrlich war, hatte er ihre Launen lange genug ertragen. Jetzt musste sie einlenken. Doch wie? Einfach zu ihm gehen? Davor hatte sie offengestanden sogar Angst, weil sie nicht wusste wie verärgert er war, doch allem Anschein nach blieb ihr nichts anderes übrig. Ihr Blick fiel auf die Teetasse und eine Erinnerung wurde in ihr wach. Der Abend als er so emotional reagierte. Sollte sie es noch einmal versuchen mit dem Tee? Soval war jemand, der solche Gesten normalerweise zu schätzen wusste, auch wenn er den Tee vorhin verschmähte. Die Antwort war Ja, sie würde es noch einmal versuchen. Sie nahm ihre und Sovals Tasse und begab sich zu seiner Unterkunft. Mit unbändigem Herzklopfen und dickem Kloß im Hals klopfte sie an seine Tür und als sie von drinnen ein leises „Ja bitte“ hörte, öffnete sie diese vorsichtig, doch sie erstarrte im gleichen Augenblick. Er war am meditieren. Nein, nicht schon wieder! Hoshi wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen, warum standen nur überall Fettnäpfchen in die sie hinein trat. »Entschuldige« Ihre Stimme war extrem unsicher. »Ich komme später wieder.«
»Warum denn?« Soval blies die Kerze aus und erhob sich. »Ich habe dich doch herein gebeten.« Das stimmte, doch sie war so schockiert, dass er am meditieren war, dass ihr das völlig entfallen war. »Du hast dich offenbar schnell entschieden. Schön, setzen wir uns!« Er wies zur Sitzecke und sie nickte zustimmend, dann hielt sie die beiden Tassen hoch.
»Versöhnungstee?« Es war der gleiche Wortlaut, den auch Soval damals benutzte und genau wie sie, begann auch er diesmal zu schmunzeln.
»Gerne, aber dabei sollten wir reden.«
Hoshi nickte zustimmend und nahm Platz. »Bevor du etwas sagst, möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich glaube es war nötig mir die Pistole auf die Brust zu setzen. Ich war nicht besonders nett zu dir in letzter Zeit.« Hoshi sah ihn bei diesen Worten jedoch nicht an, das konnte sie noch nicht, weil sie sich viel zu sehr schämte.
»Ja, du warst etwas gereizt in den letzten Tagen, aber ich fand das noch erträglich in Anbetracht dessen, was du dir selbst zugemutet hast. Doch ich kann mit gereizten Damen recht gut umgehen. Du glaubst nicht wie gereizt meine T'Lal in den ersten Schwangerschaftswochen war.« Seine Augen begannen vor Liebe zu leuchten, wie das meist der Fall war, wenn er an sie dachte. »Weißt du, dein Verhalten erinnert mich sogar sehr stark daran.« Er lachte. »Wenn ich es nicht besser wüsste …«
»Du weißt es aber besser«, versicherte Hoshi, doch eigentlich wollte sie nur hören, dass sie tatsächlich nicht schwanger sein konnte. Was sie Soval nämlich noch nicht erzählt hatte war, dass sie sich in den letzten beiden Wochen nicht sehr wohlgefühlt hatte, was aber sicher nur an ihren übertriebenen Bemühungen lag und Soval bestätigte das auch direkt.
»Sei unbesorgt, zwischen Menschen und Vulkaniern wird es niemals Kinder geben. Wir sind und wir bleiben viel zu unterschiedlich.«
Hoshi nickte betrübt. »Ja, ich weiß.«
Soval wurde hellhörig und er sah sie erstaunt an. »Bedauerst du das etwa?« Sie nickte nach einer Weile und eine einzelne, verlorene Träne rollte über ihre Wange.
Er setzte sich zu ihr, denn er ahnte, dass sich hier der Grund für ihr Verhalten verbergen könnte. Dann nahm er sie fest in den Arm. »Bitte erkläre mir das genauer.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Was soll ich da noch erklären, darüber haben wir schon gesprochen und du glaubst mir ja doch nicht.«
Soval ließ die Schultern fallen. »Hoshi, rede bitte nicht in Rätseln. Über was haben wir gesprochen und was glaube ich dir nicht?«
»Dass ich dich liebe!« platzte es unter Tränen aus ihr heraus. »Das glaubst du mir nicht!« Sie schmiegte sich an ihn und weinte bitterlich. »Und dass du keine Beziehung mit mir möchtest, weil ich dir keine Kinder schenken kann.«
Soval wurde es heiß und kalt gleichzeitig. »Oh Hoshi!« Wie sollte er ihr diese komplizierte Situation erklären, ohne sie zu verletzen. »Ich würde dir doch niemals deine Gefühle absprechen, ich hegte nur die Hoffnung, dass deine intensiven Gefühle durch das Pon Farr ausgelöst wurden, nicht durch echte Zuneigung. Und dass ich mit dir keine Beziehung möchte liegt ganz bestimmt nicht daran, dass du mir keine Kinder schenken kannst. Selbst wenn du es könntest, würde es nichts ändern, da ich eine vulkanische Frau bevorzuge. Das habe ich dir aber alles schon erzählt und zwar an dem Abend, als wir diese Aufzeichnung sahen.«
»Sag ich doch!«, schimpfte sie und seufzte dann ganz tief. »Ich … ich dachte eben, dass du es dir nach der wundervollen Zeit, die wir hatten, vielleicht doch noch mal überlegt hättest.« In ihren Augen standen die Chancen sehr gut dazu, doch nicht in Sovals.
»Nein«, sagte er sanft. »Mein Entschluss steht unumstößlich fest und Hoshi mal ganz ehrlich. Im Gegensatz zu dir bin ich ein alter Mann, was willst du mit mir?«
»Dich lieben!« Sagte sie fast schon naiv und wischte sich die Tränen weg, dann sah sie ihn zum ersten Mal in diesem Gespräch an. »Ich empfinde dich nicht als zu alt, sondern als genau richtig.« Sie begann ihm vorzurechnen und er musste doch schmunzeln. »Vulkanier werden wie alt? Zweihundert etwa, richtig?« Er nickte. »Gut das heißt, dass du noch fünfundsiebzig Jahre hättest. So, Menschen werden etwa einhundert, das sind für mich noch etwa sechsundsechzig Jahre. Genaugenommen bin ich sogar zu alt für dich!« Er lachte kurz auf und drückte sie dann an sich. Sie war wirklich zu charmant und er mochte sie so gerne, aber er liebte sie nicht. Sie sah ihn an und sein Gesicht sprach Bände … zumindest in Hoshis Augen. »So wie du mich gerade anschaust, kannst du mir doch nicht weis machen, dass du mich nicht liebst!«
»Es ist aber so, Hoshi. Ich liebe dich nicht! Meine Zuneigung dir gegenüber ist sehr groß, es ist auch eine äußerst liebevolle Zuneigung, aber nicht die Art Liebe, die du von mir wünschst. Ich schätze dich sowohl als Freund, als auch als Kollegen und natürlich schätze ich dich besonders auf deinem Fachgebiet. Außerdem bin ich dir dankbar für die Einblicke, die du mir in die menschliche Sexualität ermöglicht hast. Eine solche Chance wird sich mir nie wieder bieten und darum stehe ich auf ewig in deiner Schuld, aber mehr ist da nicht.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Hab vielen Dank, für alles, aber habe bitte auch Verständnis für meine Wünsche.«
Hoshi nickte einsichtsvoll. »Das habe ich, wirklich« und dem war auch so, absolut. Doch einen Versuch musste sie noch starten, es war ihr letzter Trumpf und den wollte sie wenigstens ausgespielt wissen. Kampflos würde sie ihn jedenfalls nicht ziehen lassen, dafür liebte sie ihn zu sehr. »Ich möchte dir nur etwas zu bedenken geben. Hier neben dir sitzt eine Frau aus Fleisch und Blut. Eine, die dich aufrichtig liebt. Auf Vulkan muss sich so eine erst noch finden.«
Soval senkte den Blick. Jetzt war es wohl doch besser ihr reinen Wein einzuschenken. Schließlich war Samel diese Frau auf Vulkan. »Eine solche Frau hat sich bereits gefunden, Hoshi«, sagte er und sah sie unsicher an, weil er sich denken konnte, dass sie jetzt furchtbar schockiert reagieren würde, und er behielt Recht.
Sie löste sich augenblicklich aus seiner Umarmung und sprang auf. Die Vorstellung, dass er auf Vulkan eine Andere hatte war niederschmetternd. »Was? Das ist doch ein schlechter Scherz!« rief sie aufgebracht. »Du hast mich benutzt, um eine Andere zu betrügen?« Sie fühlte sich so was von schlecht, obwohl sie noch nicht einmal was dafür konnte.
Doch Soval hatte mit ihrer Bestürzung schon gerechnet und darum reagierte er auch verhältnismäßig gelassen. »Traust du mir ein solch niederträchtiges Verhalten wirklich zu?«
Hoshi sah in die andere Richtung, doch sie war weit weniger gelassen. »Ich weiß nicht mehr in wie weit ich dir überhaupt trauen kann.« Sie wandte sich um und ein fassungsloser Blick traf ihn daraufhin. Warum hatte er ihr das verschwiegen? »Du hast eine Partnerin auf Vulkan und steigst mit mir ins Bett! Weißt du eigentlich, wie ich mich jetzt fühle?« Sie hob ihre Stimme, ließ Soval allerdings keine Zeit zum Antworten. »Und da wäre auch noch T'Pol …« Hoshi machte eine abwehrende Geste. »Aber darüber schweigst du dich ja aus und ich kann mir jetzt auch denken warum.« Sie war tief gekränkt.
Soval blieb weiterhin ruhig. Wenn er seine Position stärken wollte, dann bestimmt nicht mit Emotionalitäten, auch wenn er die Bemerkung zu T'Pol sehr provokativ fand. »Ich verstehe deine starken Emotionen, Hoshi, aber du hast wirklich keinen Grund verletzt zu reagieren«, sagte er geduldig, aber dennoch blitzten seine Augen gefährlich auf. Die Anspielung auf T'Pol verärgerte ihn doch mehr, als er sich zugestehen wollte. »Vielleicht setzt du dich einfach nur hin und hörst zu!« Seine Stimme hatte einen sehr nachdrücklichen Klang und Hoshi verstand, dass es wohl doch besser war seinen Worten zu folgen. Er rang offenbar um Beherrschung und ihn jetzt noch mehr zu provozieren war sehr unklug. Schweigend, aber immer noch tief gekränkt ließ sie sich wieder auf der Sitzecke nieder. Nur dass sie diesmal die größtmögliche Distanz wählte, denn das was sie momentan von diesem Mann nicht wollte, war Nähe … zumindest jetzt nicht, solange das nicht geklärt war.
»Nun gut «, seufzte er und holte tief Luft. »Dann eben doch einige kurze Worte …« Er betonte das explizit. »… zu T'Pol, auch wenn ich dir im Grunde keine Rechenschaft schuldig bin. T'Pol prägte sich auf mich und nicht auf Koss, obwohl sie ihm versprochen war und ich brauche dir nicht zu sagen was das heißt!« Sie schüttelte den Kopf. Nein, das war nicht nötig, das wusste sie mittlerweile. »Was mich und Samel betrifft, so heißt die Dame übrigens …«
»Warum hast du mir nichts von ihr erzählt?« Hoshi sah Soval traurig an.
Er stoppte in seinen Ausführungen und für einen kurzen Moment flammte der Ärger wieder in ihm auf. »Vielleicht hättest du die Güte mich zu Ende sprechen zu lassen? Das würde deine Frage nämlich beantworten.«
Sie sah ihn an und ein paar Tränen rannen über ihr Gesicht. »Mich interessiert nur diese eine Antwort, Soval!« Sie ließ den Kopf hängen. »Ich verstehe dich nämlich nicht mehr und ich bin furchtbar enttäuscht und gekrängt.«
»Bin ich jetzt von dem Sockel gefallen auf den du mich gehoben hast?« Ein eindringlicher Blick traf sie und er seufzte tief. »Hoshi, ich bin weit davon entfernt der Heilige zu sein, den du offenbar in mir sehen möchtest, aber ich bin bestimmt auch nicht so charakterlos, wie du momentan annimmst.« Er setzte sich zu ihr und nahm ihre Hände. »Lass es mich erklären und zwar ohne mich zu unterbrechen, dann wird sich bestimmt einiges von selbst lösen« Sie nickte zustimmend, wenn sie nur endlich eine plausible Antwort bekam. Alles andere war ihr momentan egal. »Also gut, vielleicht hole ich etwas weiter aus, denn dann wird es klarer. Vulkanische Beziehungen beginnen sehr viel anders, als die der Menschen. Korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber Menschen, die sich kennen und lieben lernen, pflegen nach einer gewissen Zeit eine gemeinsame Partnerschaft, auch auf sexueller Ebene, richtig?« Sie nickte, klar, aber warum sollte es bei Vulkaniern so viel anders laufen? »Wir hingegen werden entweder einander versprochen oder, so wie in meinem Fall, pflegen eine langjährige, rein platonische Freundschaft ohne einander irgendwelche Verpflichtungen einzugehen und wenn wir es als logisch erachten oder auch, wenn Zuneigung besteht, dann heiraten wir, häufig erst im Zuge eines Pon Farrs. Und genau das ist der Punkt: Samel weiß nicht einmal, dass ich sie als mögliche Partnerin in Betracht ziehe. Ich mag sie sehr und ich könnte mir vorstellen sie einmal zu heiraten, oder der Vater ihrer Kinder zu sein, doch noch ist alles offen. Ich weiß nicht einmal, ob sie mich oder Kinder überhaupt möchte und darum schwieg ich auch dir gegenüber. Es kann sogar gut sein, dass ich zurück komme und sie einen anderen geheiratet hat. Das wäre zwar sehr ärgerlich, aber nicht zu ändern.«
Hoshi seufzte laut und sank in sich zusammen, dann ließ sie den Kopf an seine Brust fallen und wurde von ihm sogleich fest in den Arm genommen. Es tat ihr furchtbar leid ihm solch ein niederträchtiges Verhalten unterstellt zu haben. Andererseits, was hatte er erwartet? Ihre Reaktion war verständlich, nachdem sie erfahren hatte, dass es auf Vulkan offenbar eine Frau gab, die er begehrte. Doch auch Hoshi musste sich eingestehen, dass sie schon die eine oder andere Bekanntschaft pflegte, obwohl sie ein Auge auf einen anderen geworfen hatte und dabei hatte sie keinesfalls ein schlechtes Gewissen. Solange der Betreffende nichts davon wusste, war es in ihren Augen vertretbar. »Es tut mir leid, ich sollte zukünftig mehr Vertrauen zu dir haben. Du bist zu anständig, um so etwas Abscheuliches zu tun.«
»Mach den Sockel nicht zu hoch, auf den du mich gerade wieder stellst. Ich sagte es ja bereits, ich bin weit davon entfernt der Heilige zu sein, den du offenbar in mir siehst. Gleichwohl stimme ich mit dir überein, so etwas Abscheuliches würde ich nie tun. Mit Gefühlen spielt man nicht!«
Hoshi nickte, doch sie sah ihn bekümmert an. »Ich wäre um Offenheit dankbar gewesen, verstehst du?«
»Und ich schätze die Verschwiegenheit. Ich konnte unmöglich von einer zukünftigen Gemahlin sprechen, wenn die Betreffende nicht einmal weiß, dass ich besagtes Interesse hege. Noch ist sie lediglich eine Freundin, noch«, betonte er.
»Und wann wirst du ihr deine Wünsche offenbaren?« Wenn er jemanden heiraten wollte, dann musste er die Auserwählte doch zumindest mal fragen, ob sie das auch wünschte.
»Nun, eine Hochzeit ziehe ich bereits nach unserer Rückkehr in Betracht, aber mit Nachwuchs wird es jetzt leider noch bis zu ihrem Pon Farr dauern müssen. Sofern sie mein Angebot annimmt, was ich noch nicht weiß.« Er lächelte hoffnungsvoll. »Aber ich bin sehr zuversichtlich.«
»Aber, warum hast du dein jetziges Pon Farr nicht genutzt?« Hoshi war das unverständlich, denn an seiner Stelle hätte sie alle Möglichkeiten genutzt um diese Hochzeit und was noch so dazu gehörte, zu vollziehen. Danach hätte er immer noch starten können.
»Oh, das hätte sich sehr schwierig gestaltet, denn mein jetziges Pon Farr trat über ein Jahr zu früh ein. Ich war nicht vorbereitet und ohne eingehende Vorbereitung Hochzeit und Familie zu planen ist unlogisch. Außerdem konnten wir die Untersuchungen hier nicht mehr verschieben, wegen dem georderten Proviant und wegen anderen Dingen. Nein, ich musste in den sauren Apfel beißen, wie die Menschen so schön sagen, und es übergehen. Dass es sich allerdings als so schwierig heraus stellen würde, war auch für mich nicht abzusehen, doch dafür kannst du dankbar sein, denn eine konsequente Zurückhaltung von meiner Seite hätte dich mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben gekostet.«
Hoshi sah leicht entsetzt auf. »Glaubst du wirklich ich…« Er nickte mit hochgezogenen Augenbrauen und sie spürte, dass er nicht Scherzte. Er hatte ihr das zwar nie gesagt, aber er hatte es befürchtet, genau wie sie auch. »Dann hast du mir im Grunde sogar … das Leben gerettet?« Und diesem Mann hatte sie Vorwürfe gemacht? Sie hoffte, dass er ihr das jetzt nicht vorwerfen würde.
Doch ganz so uneigennützig waren Sovals Handlungen auch wieder nicht und darum musste er auch etwas schmunzeln, als er sich mit verschränkten Armen zurücklehnte. »Weißt du, ich könnte dein schlechtes Gewissen jetzt noch etwas bedienen, wenn ich dir erzähle wie groß die Opfer waren, die ich bringen musste, nur um dein Leben zu retten. Immerhin habe ich mich einer menschlichen Frau hingegeben und damit habe ich auch mein Ansehen auf Vulkan gefährdet.«
Hoshi war zwar jung, aber gewiss nicht naiv. »Ja, du bist mein Held.« Sie schenkte ihm einen eingehenden Blick. »Du Filou hattest doch auch deinen Spaß, also komm mir bloß nicht so.« Er begann zu lachen. Nein, das hatte er auch nicht erwartet, dass sie ihm das abkaufte. Doch wenn er ehrlich war, hatte es ihn schon ein wenig Überwindung gekostet ihr näher zu kommen, sie war schließlich ein Mensch, doch nach der ersten intensiven Begegnung hatte er keinerlei Bedenken mehr. Ob Mensch oder Vulkanierin, sie ließen sich beide gerne verwöhnen und es war mit beiden sehr, sehr erfüllend.
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