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Die Jagd nach einem Schatten

Kurzbeschreibung
GeschichteKrimi, Thriller / P18 / Gen
Hannibal Lecter
23.07.2013
10.03.2014
35
46.156
2
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23.07.2013 2.287
 
Es war 3 Uhr Nachts und ein eisiger Wind fegte über den warmen Asphalt. Der Vollmond schimmerte in den dunklen Pfützen, die eine Hinterlassenschaft von einem Unwetter zu sein schien.
Niemand war auf den Straßen von London zu sehen, bis auf…. Die Schatten der Nacht.

Die herrschende Stille wurde plötzlich unterbrochen, als eine Katze bei ihrem Mitternachtsimbiss gestört wurde und lauthals aus der Mülltonne eines Restaurants sprang.
Auslöser hierfür war ein Streifenwagen der Polizei, die ihren nächtlichen Rundgang durchführten. In letzter Zeit häuften sich nämlich die Straftaten um ein doppeltes. Jugendliche und junge Erwachsene nutzen ihre Chance, die ihnen ein frei umherlaufender Mörder gab. Polizei und Staatsanwälte, selbst das MI 5 waren hinter dem Serientäter her. Da blieb kaum Zeit für die etwas harmloseren Straftaten.
Die meisten Anzeigen wegen Raub, Diebstahl oder Vandalismus verliefen ins Leere.

Während der Streifenwagen seine Route fuhr, gab der Beifahrer, Kommissar Hugh Lane per Funk an die Zentrale durch, dass heute Nacht mit keinen Übergriffen mehr gerechnet werden muss.
Special Agent Alan P. Owen war gerade dabei auf seinem Bürostuhl einzuschlafen, als er plötzlich den Funkspruch hörte. Er schrak kurz zusammen, schaute sich prüfend um und griff dann zum Funkgerät.
„Zentrale verstanden. Dreht noch eine Runde und kommt dann zur Basis wieder zurück. Schönen Feierabend, Männer!".
„Verstanden! Angenehmen Dienst Agent Owen."
Bevor er das Funkgerät wieder zur Seite stellte, schüttelte er noch einmal den Kopf und sagte leise zu sich „Special Agent. Ich habe die 3 Jahre Studium nicht umsonst gemacht. Und dass in meinem Alter…"
Wie ferngesteuert machte sich der Special Agent daran, die Akten seines letzten Falls zu sortieren. Sein Schreibtisch drohte schon beinahe unter der Last der ganzen Stapel und Akten zusammen zu brechen. Zumindest glaubte Owen das.

Er stellte etwa 15 Ordner von seinem Tisch direkt an die Wand und platzierte daneben 4 große Stapel an Dokumenten. Zwar war sein Schreibtisch noch lange nicht leer geräumt, aber so hatte er wenigstens noch etwas Platz, um sich mit dem Höllending namens „Computer" zu beschäftigen.
Er hasste dieses elektronische Ding. Es tat nie dass, was er eigentlich von ihm wollte und ohnehin war die Bedienung schon kompliziert genug. Was war bloß aus der Zeit geworden, als die Beamten noch mit Schreibmaschinen und Dokumentenhallen gearbeitet haben?

Er ließ sich seufzend zurück auf den alten Bürostuhl fallen und startete mit einer flinken Handbewegung den Computer.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis sich der Rechner endlich hochfuhr; und Owen hatte sich bereits einen Kaffee geholt und einen Blick auf sein Handy riskiert.
Er hatte eine SMS auf dem Bildschirm und nachdem er rasch einen Schluck vom Kaffee genommen und die Akte auf dem PC geöffnet hatte, wandte er seine kurze Aufmerksamkeit der Nachricht auf seinem Handy zu.

„Es war ein wunderschöner Morgen, hoffe wir sehen uns bald wieder. Kuss … Arija."

Für einen kurzen Moment verfiel er in einen Rausch der Sinne. Erinnerungen die an seinem Körper entlang wanderten und jede Zone berührten. Sein Verstand bildete ein Schatten von ihrem Ansehen, doch ihr Gesicht erkannte er nicht. Er hörte ihre Stimme, er fühlte ihren Atem und spürte ihre Nähe. Doch sehen konnte er sie nicht.

Es war seltsam.

Denn obwohl er diese Frau mittlerweile so oft sah, dass man es schon eine Beziehung hätte nennen können, konnte er sich danach nie an ihr Gesicht erinnern. Er kannte sie nun schon seit mehreren Jahren und sie war mehr als nur eine gute Freundin.
Sie hatte etwas Geheimnisvolles und doch war sie so vertraut.
Doch ehe er noch weiter darüber nachdenken konnte, meldete sich sein E-Mail Postfach.

Er steckte das Handy zurück in seine schwarze Anzugstasche und nahm noch einen großen Schluck von seinem Kaffee, bevor er sich voll und ganz auf seine Arbeit stürzte.
Es war eine neue Vermissten-Meldung. Gesucht wurde ein 35 jähriger Mann, der zuletzt vor 12 Tagen nachts in der U-Bahn gesehen wurde. Die Überwachungskameras ergaben nichts und es waren auch keine Passagiere an Bord. Nur der Lokführer selber, der drei Tage später im Sever-Fluss gefunden wurde. Die Todesursache lautet Ertrinken, doch das MI 5 vermutete, dass es mit den mysteriösen Morden zusammen hing.
Owen hatte das Gefühl dem Täter so nah an den Fersen zu sein, doch er erkannte ihn einfach nicht.
Es war wie ein riesiger Fels, den er einfach nicht zur Seite schieben konnte. Er hatte in seiner Laufbahn als Special Agent schon so viele Fälle gelöst, doch er war noch nie an einem so lange dran, wie an diesem.

Seine letzte Beziehung war das Opfer für seinen Job. Er hatte bereits 6 Jahre in den Fall investiert und seine Frau trennte sich von ihm. Sie hielt es nicht mehr aus, dass er täglich einer solchen Gefahr ausgesetzt war und sich wochenlang nicht melden konnte. Sie sahen sich, wenn überhaupt, nur einmal im Monat, doch egal wie sehr Alan seine Frau auch geliebt hatte, er konnte diesen Fall einfach nicht abgeben. Er war zu nah dran, zu nah! Und er war es immer noch.
Sein Herzschmerz verbarg er unter seiner Arbeit und dem Alkohol. Oder er vergaß ihn für einen Moment, wenn er mit Arija zusammen war.
Plötzlich fiel es ihm wieder ein.

Er sprang von seinem Bürostuhl und kniete sich vor den Akten auf dem Boden nieder. Er durchwälzte den Ordner, bis zu einem Zeitungsbericht über die Flucht eines intelligenten Serienmörders Namens Hannibal Lecter. Er war ein Psychiater und Kannibale, mit einer traumatischen Störung und einem unglaublichen Hass gegenüber Menschen.
Die Zeitungsartikel waren bereits 4 Jahre alt, doch obwohl die Morde vorher schon begonnen hatten, glaubte Owen daran, dass er daran beteiligt sein musste.
Seine These hatte er von Arija, die ihm schon seit einiger Zeit bei dem Fall half. Sie arbeitete als Agent Black in der Mordkommission und ihre Interessen galten der Forensik und der Kriminalpsychologie. Sie nahm sich zwar immer vor zu studieren wie Owen selbst, aber ihr fehlten die Zusage vom Chef und die nötigen finanziellen Mittel.

Er heftete den Zeitungsbericht aus dem Ordner und legte ihn zusammen mit einem anderen Stapel von Dokumenten auf den Tisch. Er verglich die Fundorte der Leichen und nach 2 Stunden intensiven studierens, verband er grafisch die Orte. Zusammen ergaben sie ein Symbol, das einem Tier glich. Es hatte vier Pfoten und einen Schwanz, doch den Rest erkannte man nicht. Die Grafik hatte Lücken. Owen schmiss die Stadtkarte, auf der er die Orte markiert hatte, unter dem Scanner und machte eine Kopie. Währenddessen klemmte er sich den Kugelschreiber hinter die Ohren und riss, sobald die Kopie fertig war, die Landkarte wieder aus dem Scanner.
Er legte sie erneut vor sich und begann damit, die Entfernungen zwischen den einzelnen Fundorten auszurechnen und aufzuschreiben.
Als er damit fertig war, legte er die Kopie der Karte, sowie den Zettel mit den aufgeschriebenen Entfernungen auf einen Stapel und durchsuchte danach erneut einen Aktenordner.

Er versuchte herauszufinden wo Doktor Hannibal Lecter zuletzt gesehen wurde und überprüfte dabei jedes Kamerabild, dass er von den Sicherheitsaufnahmen von Flughäfen und Bahnhöfen fand. Er durchsuchte 25 Schuhkartons voll von Aufnahmen und Berichten und stöberte danach im Computer nach.

Nach 4 Stunden erhob er sich von seinem Stuhl und streckte seinen Körper.
Die Knochen knackten und allmählig sagte ihm sein Gefühl, dass er dringend einen Kaffee nötig hatte. Er schlenderte zur Kantine und durchsuchte die Schränke nach Kaffee. Die Mitarbeiter waren bereits alle gegangen und die nächste Schicht begann erst wieder in 4 Stunden.

Nachdem er jeden Winkel abgesucht hatte und nur die letzten Überreste von löslichen Kaffee fand, wurde ihm plötzlich klar, dass heute erst die neue Lebensmittel-Lieferung kommen würde. Er musste also noch 4 Stunden warten, bis er seinen Kaffee bekam.
Wütend schlug er eine Schranktür zu und ballte gerade seine Faust um gegen die Tür zu schlagen, als sein Handy plötzlich piepste.

Eine neue SMS.

Er hielt kurz inne, bevor er seine Faust langsam entspannte und sein Handy aus der Hosentasche zog.

Er las die Nachricht und es dauerte nicht lange, bis er plötzlich sanft lächelte.
Es war Arija, die ihm schrieb, dass sie gleich nach der Schicht im Büro vorbei kommen würde und da sie sich denken konnte, dass er da war, wollte sie ihm einen Kaffee vorbei bringen. Ein Dankeschön würde sich schon finden lassen.
Er überlegte kurz, was er ihr antworten sollte, doch dann fiel ihm plötzlich wieder etwas bezüglich des Falls ein. Er steckte sein Handy wieder zurück in die Tasche und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Schreibtisch.

Er stürmte an der Kante des Tischs vorbei und registrierte im Eifer des Gefechts gar nicht, dass er den kompletten Stapel Papiere umgeworfen hatte.
Er schmiss sich in seinen Stuhl, tippte auf die Tastatur und suchte im Kriminalregister nach Informationen.

Die Stunden verflogen und die Sonne zeigte sich bereits in voller Pracht, als Agent Black das Büro betrat und direkt auf ihn zu lief. Sie stellte einen Kaffee-Becher neben ihm ab und beobachtete, wie er völlig konzentriert auf den Monitor starrte. Er schien sie nicht einmal zu bemerken.
Sie schob ihre Koppel mit der 9-mm noch einmal zurecht, bevor sie sich langsam von hinten an ihn heran pirschte und ihm in den Nacken hauchte.
Ein plötzlicher Strom von Zärtlichkeit durchzog seinen Nacken und sein Körper sehnte sich nach mehr. Sanft senkte er seinen Kopf hinunter, während ihr heißer Atem über seine Haut kroch.
Als sie spürte, dass sie seine Aufmerksamkeit hatte, hauchte sie ihm einen Kuss auf den Nacken und wanderte langsam mit ihren Händen zu seiner Brust.
Er war wie in Trance und es fühlte sich eher an wie eine Erinnerung, als ein reales Erlebnis; als er wieder durch seinen Fall heraus gerissen wurde. Sein E-Mail Postfach piepte und er zuckte leicht zusammen, bevor er seine Augen aufschlug und zum Monitor blickte.

Arija Black zuckte ebenfalls zurück und schlug ihm danach auf die Schulter.
„Musst Du mich so erschrecken?!"

Er drehte sich hektisch zu ihr um und schaute sie etwas schockiert an „Ich… Ich wusste nicht, dass Du da bist."
Arija stemmte sofort ihre Hände in die Hüfte, bevor sie mit einem kurzen Nicken zu seinem Schoß deutete und sagte: „Na, ER schon!".
Nach einem kurzen, prüfenden Blick, der ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb, zog er sich das Hemd etwas aus der Hose und überdeckte die leichte Wölbung.
Er räusperte sich verlegen, wandte seinen Blick zum Monitor und wollte gerade fragen, was sie eigentlich von ihm wollte, als sie bereits das Wort ergriff.
„Da – Kaffee!" sie deutete auf die Tasse, direkt neben ihm und er bedankte sich leise, bevor er sie an sich nahm und daraus trank.

Arija pirschte um ihn herum, stellte sich hinter ihn und blickte ebenfalls auf den Monitor. Ihre Hände, die sie zunächst in der Hosentasche verborgen hielt, legte sie nun sanft auf seine Schultern. Während sie ihn zärtlich massierte, flüsterte sie: „Willst Du noch lange weiter tüfteln, oder machst Du gleich auch mal Feierabend? Wir könnten Frühstücken gehen und uns darüber unterhalten? Oder… Wir könnten auch sofort zu Dir und verbringen ein paar Stunden im Bett."
Alan seufzte, bevor er den Kopf schüttelte und sagte „Ich kann nicht. Ich bin so nah dran, so nah! Mir rennt die Zeit davon. Es fehlen nur noch 4 Opfer, dann ist das Muster komplett."
Arija riss ihre Hände sofort wieder an sich und war enttäuscht, dass er wieder einmal nur diesen dämlichen Fall im Kopf hatte. Immerhin plagten sie sich schon genug damit rum; pro Tag 19 Stunden. Da sollte ein bisschen Privatsphäre doch gegönnt sein.

Sie lief wütend zum gegenüberliegenden Aktenschrank und versuchte wieder Herr ihrer Sinne zu werden, als ihr seine letzten Worte wieder durch den Kopf hallten.
Sie drehte sich augenblicklich wieder zu ihm um und lief zurück zum Schreibtisch, bevor sie nachhakte „Welches Muster? Was hast Du heraus gefunden?!"
Er schob die Landkarte in Arijas Blickfeld und zeigte ihr das Muster.
„Siehst Du das? Ich habe die Fundorte der Leichen markiert und sie miteinander verbunden. Es ergibt ein Muster, aber ich weiß nicht was. Ein Tier."
Er tippte auf die Markierung, bevor er fortfuhr: „4 Beine und einen Schwanz. Der Rest fehlt noch."
Arija trat näher an den Tisch heran und studierte die Karte, während sie mit ihren Fingern an den Lienen der Verbindungspunkten entlang strich.
In ihre Gedanken versuchte sie krampfhaft das Bild zu vervollständigen und ihre Erinnerungen spiegelten sich wieder.
Sie sah die Dunkelheit. Blauer Nebel breitete sich aus und durch einen leichten Schein erkannte sie den Schatten eines Panthers. Er pirschte sich an etwas heran, seine Augen funkelten und seine Zähne blitzen hervor.

Dass zerriss der Gedanke und Arija sah wieder die Landkarte vor sich.

Ihre Finger streiften etwas oberhalb der letzten Linien entlang, bis sie leise sagte: „Eine Raubkatze".
„Was?" fragte Owen nach und Arija schnappte sich sofort den Stift hinter seinem Ohr.
Sie vervollständigte das Bild; setzte 4 Punkte, wo sie dachte, dass dort die nächsten Opfer gefunden werden müssten und wiederholte: „Eine Raubkatze."
Special Agent Alan P. Owen sah fassungslos zwischen Arijas Gesicht und der Landkarte hin und her. Stundenlang hatte er damit verbracht, die Anhaltspunkte zusammen zu kriegen und Arija deutete das Muster innerhalb von nur wenigen Minuten.

Er fragte sich langsam immer mehr, wieso ihr Vorgesetzter es eigentlich nicht für gut hieß, dass sie studieren würde. Sie wäre ein hervorragender Special Agent. Und vor allem hätte er sie dann womöglich als Partner an seiner Seite. Doch ob das wirklich eine gute Idee war, wusste er selber nicht.
„Können wir jetzt Frühstücken gehen?" lächelte Arija und Alan nickte ihr zu.
Er erhob sich von seinem Stuhl, trank den letzten Schluck Kaffee aus und fuhr den Computer runter, bevor er mit Arija das Büro verließ und in ein Café ging.
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