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Manchmal wünsch ich mir

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteAllgemein / P16 / MaleSlash
21.06.2013
14.03.2019
5
6.536
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21.06.2013 701
 
Mein Beitrag zu dem Projekt Niemals stattfindende Gespräche

Sonne und Mond - Taiyo & Tsuki


Ich sah in deine Augen. Sie glänzten so feucht, wie meine. Solange hatten wir uns nicht mehr gesehen und ich hatte mich nach deinem Anblick verzehrt. Ich wusste nicht, ob wir uns jemals wiedersehen würden.

Sanft griffst du nach dem Messer in meiner Hand und nahmst es mir weg. Legtest es zur Seite und lächeltest mich sanft an. So lange hatte ich mir gewünscht, dass wir uns noch einmal sahen. Ein trauriges Lächeln lag auf meinen Lippen, als ich an dem Moment dachte, wo du ins Auto gestiegen warst und einfach verschwandest.

„Das ist eine schlechte Idee“, hörte ich deine sanfte Stimme und langsam begannst du die Schnitte auf meinen Armen zu verarzten, „es ist nicht gut, wenn man sich selbst verletzt und erst recht nicht, wenn man sich selbst das Leben nimmt.“

„Aber… ich habe keinen anderen Weg mehr gesehen. Ich fühlte mich nur noch allein“, meine Lippen zitterten, als ich die Tränen über meine Wange laufen spürte, doch auch wenn ich es gewollt hätte, so hätte ich sie niemals stoppen können.

„Du bist nicht alleine, Tsuki“, sanft berührtest du meine Wange und ich sah in deine Augen, die meinen so sehr glichen, „ich bin immer bei dir. Wir sind doch Brüder.“

Schmerz durchraste meinen Körper und sammelte sich in meinem Herzen, bevor er sich wie ein Klotz in meinen Magen warf. Ich musste trocken schlucken und nickte sanft: „Ja, das sind wir.“

„Du kannst immer zu mir kommen. Ich werde dir zuhören“, deine Stimme blieb ruhig und sie war wie Balsam für meine Seele, wobei ich sanft lächelte und weiter deine Handlungen beobachtete. Das rote Blut verschwand hinter den weißen Verbänden und ich begann zu vergessen, warum ich dies überhaupt getan hatte.

„Mutter wird traurig sein, wenn du es wirklich getan hättest. Ich wäre traurig geworden, wenn du jetzt nicht mehr leben würdest. So viele Menschen würden um dich trauern. Der Tod ist niemals die richtige Entscheidung, denn dann ist alles endgültig vorbei.

Jegliche Chance auf Glück ist dann verworfen und kann nicht mehr wahrgenommen werden. Doch solange man lebt, besteht die Möglichkeit, dass es irgendwann einmal besser wird. Man muss nur für sein Glück kämpfen“, deine Worte waren fest und sie erreichten etwas in meinem Inneren, wobei ich sanft nach deinen Händen griff und sie festhielt.

Wie sehr genoss ich deine Nähe und wünschte mir soviel mehr. Mehr als nur die brüderliche Zweisamkeit, doch ich würde sie niemals bekommen. Niemals würde ich mehr für dich werden. Und erneut erschien mir das Messer so verlockend. Ich konnte mit dieser Lüge nicht leben.

Du schienst meine Verzweiflung zu spüren, denn du umarmtest mich und zogst mich einfach an deine Brust: „Egal, was das Leben dir angetan hat. Es kann nicht so schlimm sein, dass es keinen anderen Weg gibt. Nein, es gibt immer eine Lösung. Manchmal hilft es einfach darüber zu reden. Ein so genannter Gedankenaustausch. Aber du musst dich öffnen. Wenn nicht mir gegenüber, dann irgendwem anderen.“

„Ich kann nicht“, ich krallte mich verzweifelt in dein Oberteil und spürte, wie erneut die Tränen über meine Wange rollten. Dein Duft benebelte meine Sinne und ich wünschte mir, dass du niemals verschwinden würdest. Doch dieses Verlangen war töricht.

„Du kannst. Vertrau mir“, du strichst mir beruhigend über den Rücken und ich spürte, wie ich erneut erbebte, als mich ein weiter Heulkrampf ereilte. Ich wollte das Alles nicht. Keine einzige Pein in meinem Leben habe ich mir bewusst ausgesucht. Das Mobbing in meiner Klasse, wenn du nicht da warst. Die unerwiderte Liebe zu dir und der Tod meiner Großmutter und meines Meerschweinchens. Ich wollte nur leben und geliebt werden. Doch alle waren weg. Alle.

So auch du… Deine Worte haben mich niemals erreicht und deine Hände haben das Messer nicht weggelegt.

Niemand war hier, um meine Wunden zu verarzten oder meine Last von meinen Schultern zu nehmen. Ich wollte nicht mehr hier sein und nicht mehr gehört werden. Die Schwärze umschloss mich und zog mich in die sanfte Umarmung. Niemals wollte ich dich verlieren und es hätte gut getan deine Stimme zu hören.

Doch sie war nicht da. Du warst nicht da. Ich war alleine und starb…
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