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Zu spät?

Kurzbeschreibung
KurzgeschichteSchmerz/Trost, Liebesgeschichte / P12 / FemSlash
Elphaba Thropp Glinda/Galinda Upland of the Upper Uplands
15.06.2013
15.06.2013
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Die letzten Tage, ich weiß nicht, wie ich sie überstanden habe. Alles um mich herum ist wie von dichtem Nebel umhüllt, die Menschen, der Trubel. Sie feiern ausgelassen auf den Straßen, überall höre ich nur Rufe der Freude, weil die böse Hexe des Westens endlich tot ist. Die böse Hexe des Westens? Wer ist das? Das Einzige was ich weiß ist, dass du tot bist Elphie. Du, meine einzige Freundin in dieser Welt, die sonst so oberflächlich ist. Für diese Menschen dort draußen existiert eine Welt, die nur Schwarz und Weiß kennt. Gut und Böse. Dazwischen gibt es für sie nichts. Auch ich habe einmal an diese Welt geglaubt, einst, vor sehr langer Zeit… Aber dann kamst du und hast mir gezeigt, wie viele Schattierungen von Grau es doch in Wahrheit gibt! Mit dir habe ich erst richtig angefangen, diese Welt zu entdecken, habe angefangen zu leben! Wenn ich zurückblicke auf das vergangene Jahr, dann kann ich ohne zu zögern sagen, dass dies die glücklichste Zeit meines Lebens gewesen ist. Und zwar, weil du bei mir warst.

Unsere erste Begegnung war, nun ja, nicht so toll. Ich habe damals ziemlich überreagiert, besonders weil auch all meine sogenannten „Freunde“ um uns herum standen und es garnicht anders von mir erwartet hätten. Ich war so dumm damals! War nur darauf bedacht gewesen ein gutes Bild nach außen abzugeben, so zu sein, wie es von mir erwartet wurde. Du dagegen warst immer schon deinen eigenen Weg gegangen. Ok, wegen deiner Hautfarbe hattest du auch keine andere Wahl gehabt. Manch anderer wäre an einem Leben wie dem deinen zerbrochen, aber du warst stärker! Für deinen Mut und deine Stärke habe ich dich immer bewundert, weißt du das? Ich glaube nicht. Ich hätte es dir sagen sollen, ich hätte dir so vieles sagen sollen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Aber wer konnte denn ahnen, dass unsere gemeinsame Zeit so schnell enden würde? Die Welt ist einfach noch nicht bereit gewesen für jemanden wie dich, denke ich. Die Menschen, diese dummen Menschen, die hatten dich garnicht verdient! Ich kann nur hoffen, dass zumindest du jetzt an einem Ort bist, wo du nicht mehr zu kämpfen brauchst. Dein ganzes Leben war ein einziger Kampf gewesen, kein Wunder, dass es dir schwer gefallen ist, mich an dich heran zu lassen. Erinnerst du dich noch? Ich tue es, in meinem Kopf erlebe ich unsere ganze gemeinsame Zeit noch einmal, das ist das Einzige, was ich tun kann, um nicht völlig durchzudrehen. Im Gegensatz zu dir hatte ich nie stark sein müssen, bis jetzt. Ich weiß, du würdest nicht wollen, dass ich aufgebe, einzig dieser Gedanke hält mich am Leben.

Ich lächele gerade, weißt du warum? Ich muss daran denken, wie wir letzten Sommer auf den Berg hinter der Schule geklettert sind, weil ich unbedingt auf dessen Spitze ein Picknick machen wollte. Du hast dich so angestrengt, um den Tag so schön wie möglich zu machen, hast sogar meine Lieblingsfrüchte von irgendeinem fahrenden Händler besorgt, obwohl es sie zu dieser Zeit eigentlich garnicht gab! Und dann ist dir der Korb in eine Felsspalte gefallen, erinnerst du dich? Ich musste all meine Kraft aufwenden, um dich davon abzuhalten, hinterher zu klettern. Und als wir dann endlich oben auf dem Berg angekommen waren und uns auf einen der Felsen gesetzt hatten, da wolltest du mich noch nicht einmal ansehen, weil du dachtest, dass du den Tag, auf den ich mich so gefreut hatte, ruiniert hättest. Du warst so süß, wie du da mit angezogenen Beinen auf dem Stein saßt und stur zum Horizont geschaut hast. Und wie rot du geworden bist, als ich dich plötzlich umarmt hatte, ich wusste garnicht, dass das bei deiner grünen Haut überhaupt ging! Ach Elphie, dieser Tag damals war perfekt gewesen, und ich würde alles dafür geben, ihn noch einmal zu erleben…



Auf dem Dach eines Gebäudes, nicht allzu weit entfernt von dem Haus, an dessen einzig erleuchtetem Fenster eine zierliche Gestalt mit blonden Locken zu sehen ist, sitzt im Schatten des Kamins eine junge Frau. Fest hat sie den schwarzen Umhang um ihren dünnen Körper gewickelt, die Kapuze fällt ihr weit ins Gesicht. Der Mond kommt hinter einer Wolke hervor und für einen kurzen Augenblick sieht man das Gesicht der Frau. Eine Träne droht über die grüne Haut zu laufen, wird mit einer schnellen Handbewegung fortgewischt. Die Menschen auf den Straßen scheinen wie zu einer anderen Welt zu gehören, mit ihrer Freude und ihrer Musik. Eine Welt, die alle mit einschließt. Bis auf diese zwei Personen, die sich so nach einander sehnen, aber doch nicht zusammen sein dürfen. Gibt es wirklich keine Möglichkeit? Elphaba hadert mit sich selbst. Sie ist hin und hergerissen zwischen zwei verschiedenen Möglichkeiten, die ihre Zukunft haben könnte. Sie muss sich entscheiden, jetzt, noch sind die Menschen alle abgelenkt und keiner würde sie beim Verlassen der Stadt bemerken. Aber… Sie will nicht gehen, zumindest nicht alleine. Nicht ohne sie. Aber sollte sie es wirklich wagen? Und würde Glinda überhaupt ihr gesamtes bisheriges Leben einfach so zurücklassen und mit ihr fliehen? Was wenn nicht? Schon einmal hat sie sich dagegen entschieden, wer sagte ihr, dass es diesmal anders war? Es gibt so viele Fragen, viele Fragen und wenig Zeit.

Doch auf einmal richtet sie sich auf, sie scheint sich entschlossen zu haben. Sie erinnert sich an die vergangene Zeit, daran, wie glücklich sie und Glinda  gewesen waren. Wollten sie doch zusammen in die Smaragdstadt ziehen, ein gemeinsames Leben aufbauen! Das ist immernoch möglich, nur eben nicht hier. Elphaba weiß genau, wo sie hin will. Was hat sie schon noch zu verlieren? So leise wie möglich läuft sie im Schatten der Wolken den Dachfirst entlang, streckt die Hand mit ihrem Besen nach oben und murmelt einen kurzen Spruch. Sie hat Glück, dass das Fenster zu Glindas Zimmer weit geöffnet ist. Und schon ist sie im Inneren, keiner hat sie gesehen, alle anderen dort draußen sind viel zu sehr damit beschäftig, ihren Tod zu feiern. Nur eine Person ist in ihrem Zimmer geblieben, nur eine trauert um ihren Verlust.

„Glinda.“

Wie vom Blitz getroffen dreht sich die zierliche Blondine um und starrt ihren unerwarteten Gast mit weit aufgerissenen Augen an. Durch das helle Mondlicht, das durch das Fenster herein scheint, kann sie nur die Umrisse der Gestalt ausmachen, aber die Stimme hat sie sofort erkannt.  Eine Stimme von der sie dachte, dass sie sie nie wieder hören würde.

„ Elphie?“

Aus ihren blauen Augen quellen Tränen, so viele, sie fängt an hemmungslos zu schluchzen und stolpert in Richtung Fenster. Die grüne Hexe eilt auf sie zu und nimmt sie in ihre Arme, als ihre Beine versagen und beide zu Boden sinken. Ganz fest klammert sich Glinda an ihre Freundin, als wollte sie ganz sicher gehen, dass sie nicht noch einmal verschwindet.

„ Ich dachte du wärest tot!“

„ Das solltet ihr auch alle denken. Sonst hätten sie mich weiter gejagt, so hat das endlich ein Ende. Aber ich muss fort von hier, hätte schon längst die Stadt verlassen sollen, aber ich konnte einfach nicht. Nicht ohne dich…“

Elphaba löst sich ein wenig von Glinda und schaut ihr in das vom Mond beschienene Gesicht. Sie zögert, hat Angst vor der Antwort. Dann fragt sie aber doch.

„ Glinda, willst du mit mir kommen? Wir müssten - “

„ Ja, will ich!“„ Aber du hast noch garnicht gehört, was ich sagen wollte! Das Leben mit mir wird nicht einfach sein, ganz anders als dein bisheriges. Wir werden weit fort gehen, ganz neu anfangen, und du darfst niemandem etwas sagen.“

„ Es ist mir egal, wie dieses neue Leben sein wird. Weißt du, wie schlimm die letzten drei Tage für mich gewesen sind? Erst nachdem es hieße du seist tot, habe ich gemerkt, wie wichtig du mir doch bist! Und jetzt habe ich wie durch ein Wunder eine zweite Chance bekommen und da denkst du ernsthaft, ich müsste groß darüber nachdenken?“

Da Elphaba sie nur ungläubig anstarrt, anstatt etwas zu erwidern, beugt sich die Kleinere einfach vor und küsst sie.

„ Elphie, ich liebe dich, ich will mit dir zusammen sein und alles andere ist egal! Hey, pass auf, du verletzt dich doch!“

Schnell wischt Glinda die Tränen weg, die Elphaba über die Wangen laufen, aber einige haben bereits ihre Spur in der Haut hinterlassen. Die Grüne lächelt nur und streicht Glinda sanft eine Haarsträhne aus der Stirn.

„ Ach, das habe ich garnicht gespürt. Und du bist dir wirklich sicher?“

Ein strafender Blick ist die Antwort, dann lachen beide. Elphaba erhebt sich als Erste und zieht ihre Freundin vom Boden hoch, dann blickt sie sich im Zimmer um.

„ Wenn du etwas mitnehmen willst, dann pack es jetzt schnell ein, aber nicht viel. Mein Besen wird uns beide tragen können, nicht viel mehr.“

„ Ok, warte, ich zieh mir etwas anderes an. Dauert nicht lange, versprochen!“

Und wirklich, innerhalb von Sekundenschnelle hat Glinda ihr festliches blaues Kleid gegen ein einfaches aus braunem Stoff getauscht. Elphaba kann nur staunen, das hat sie von der Zeit, als sie in der Schule ein Zimmer geteilt haben, ganz anders in Erinnerung. Schnell ist auch eine Tasche gepackt, dann steht Glinda wieder vor ihr.

„ Und wie geht das jetzt mit deinem Besen?“

„ Ach, das ist garnicht schwer. Halte dich einfach an mir fest, dann wird dir nichts passieren.“

Glinda nickt, sie weiß, dass sie Elphaba vertrauen kann. Die setzt sich nun auf den Besen und bedeutet Glinda mit einer Handbewegung, es ihr nachzumachen. Ganz fest schmiegt sie sich an den Körper ihrer Freundin, sie hört einige gemurmelte Sprüche, dann plötzlich spürt sie den Boden nicht mehr. Sie verlassen das Zimmer, weich streicht der Nachtwind an ihnen vorbei. Schnell fühlt sich Glinda sicher genug, einen Blick nach unten zu riskieren. Die dunkle Nacht wird überall in der Stadt von den bunten Laternen des Festes erhellt. Seit drei Tagen dauert es nun schon an und die Menschen machen einfach immer weiter. Und dann ist die Stadt auch schon hinter ihnen. Immer weiter fort fliegen sie, dem leuchtenden Vollmond entgegen.

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So, wie hat euch meine Geschichte gefallen? Zu Anfang war ich die ganze Zeit am Überlegen, ob ich ein Happy End schreibe oder Elphie alleine die Stadt verlässt, ohne vorher mit Glinda gesprochen zu haben. Ich habe mich dann aber doch hier für entschieden, hatte Lust was Süßes zu schreiben^^ Reviews sind immer gerne gesehen! *Cookies hinstell*
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