Normal.?
von Aenia
Kurzbeschreibung
Ein ganz stinknormales Mädchen, das ganz stinknormal aussieht, will ein ganz stinknormales Leben führen. Aber wie das immer so ist, kommt es nie so, wie man es gern will. Ob das nun schlecht ist oder nicht, wird sich erst zeigen. Nur leider dauert das "sich zeigen" bei Lydia sehr lange. Genaugenommen um die 11 Jahre. Und 10 Jahre lang hat sie die Illusion des "Normalen" sogar fast aufrecht erhalten können. Doch dann steht da Logan vor ihrer Tür und will seine 10-jährige Tochter sehen. (Ein Neuversuch der Kurzbeschreibung- liegt mir echt nicht besonders. ;D)
GeschichteDrama / P12 / Gen
02.06.2013
31.05.2014
37
96.983
1
Alle Kapitel
33 Reviews
33 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
1 Review
02.06.2013
2.178
"Mutter? Mama? Lydia!"
Ich schreckte auf und sah direkt in ihre blauen Augen. Das erste was ich fühlte, war Erleichterung, aber das wurde augenblicklich weggeschwemmt, als ich bemerkte, wo ich war.
"Bleib ruhig..." sagte Ronan, der neben mir hockte. Ich lag in der Mitte des schwarzen Autos, wo Elise, Dean und ich darauf gewartet hatten, was als nächstes passieren würde. Jetzt hockten meine Tochter und Ronan über mir und Elise und Dean saßen auf den Sitzen, weil woanders kein Platz war. Sie warfen mir besorgte Blicke zu. Ich sah Ronan in die Augen und sagte: "Ich bin ruhig."
"Mama..du zitterst."
Ich sah zuerst Dora an und warf Elise einen verzweifelten Blick zu. Endlich schnappte sich Elise Dora und zog sie aus dem Wagen.
"Dora..komm schon. Das ist besser so.."
"Nein! Ich will zu meiner Mutter! LASS MICH RUNTER!"
Die Wagentür krachte zu und ich hörte Doras Stimme nur noch gedämpft. Auch wenn ich sie viel lieber bei mir gehabt hätte- so war es besser für sie. Dean saß nun an der Stelle, wo vorher Dora saß. Er starrte auf meinen Bauch.
"Müsste der Krankenwagen nicht schon längst hier sein?!" fragte er Ronan gereizt.
"Sie sind sicher schon unterwegs."
"Ach was..."
"Hörn sie.." begann Ronan und es hörte sich viel zu sehr nach einem Streit an, ich unterbrach ihn: "Hey..was soll das? Ich.." aber ich unterbrach mich selbst. Ein Schwindelgefühl überkam mich- Grund waren die Schmerzen. Aber ich konnte die beiden wenigestens daran hindern, jetzt miteinander zu streiten.
"Scheiße man! Sie stirbt!" rief Ronan aus.
"Als würde ich das nicht selbst sehen.."sagte Dean.
Ich spürte, wie mir jemand den Pullover hoch schob.
"Hey! Was wird das?!" rief Dean.
"Die Blutung muss gestoppt werden..ich muss.."
"Du musst gar nichts! Nimm deine Finger von ihr!"
"Nun reißen sie sich zusammen! Ich will ihr nichts tun!" rief Ronan und ich spürte einen Druck auf meinem Bauch. Zum Glück ertönte die Sirene des Krankenwagens und ich konnte schon bald etwas durch die Scheiben des Wagens blau blinken sehen.
"Oh Gott! Zum Glück!" rief Dean und sprang auf. Er zog die Tür schwungvoll auf und rief: "Hier her! Hier her!!"
Ronan sah zu mir hinab und sagte: "Das hätte nicht sein müssen..ich hätte auch.."
Als er meinen Blick zu bemerken schien, verstummte er und nickte: "Hast recht- ich hätte das nicht hinbekommen." Er versuchte zu lächeln, aber es war miserabel! "Das schaffst du schon! Für deinen Mann und .. Dora."
Ich hatte Mühe, ihm zuzuhören, aber ich war froh, dass er da war. Doch das hielt nicht mehr lange an. Ich wurde weggeschafft.
Sie stand in der Kälte und sah dem Krankenwagen nach. Darin lag ihre Mutter. Sie hatte sie gerettet. Ihre Mutter hat eine Frau umbgebracht.
"Hey Dora..." hörte sie eine Stimme sagen. Sie drehte sich um und blickte in ein Männergesicht. Er sah müde aus und hatte blonde Haare.
"Woow.." sagte er. Sie verschränkte ihre Arme, legte den Kopf schief und sagte: "Was!"
"Du hast die Augen deines Vaters! Du siehst aus wie dein Vater.."
"Mein...Vater... ist tot." sagte sie und versuchte das Gefühl in ihrer Brust zu ignorieren, was drohte, ihr die Luft wegzudrücken. Sie drehte sich um und stellte enttäuscht fest, dass der Krankenwagen schon weg war.
"Ich bin übrigens Dean.."
"Dean.." wiederholte sie, "Hallo, Dean."
"Ich bin der beste Freund deines Vaters...Dora...er ist nicht tot."
"Mutter sagte.."
"Sie hat gelogen." sie spürte eine sachte Berührung an ihrem Oberarm. Sie zuckte zusammen und wich ihm aus. Sie wollte nicht berührt werden.
"Dora..ist dir kalt?"
Sie gab keine Antwort- trotzdem spürte sie, wie er ihr die Jacke über die Schultern legte.
"Dora!" rief eine Frauenstimme. Sofort drehte sie sich um, als sie Elises Stimme erkannte. Ein Verlangen nach einer Umarmung, nach Schutz, machte sich in ihr breit. Sie sehnte sich nach Wärme. Sie breitete automatisch ihre Arme aus und fand sich im nächsten Moment in Elises Umarmung. Sie bemerkte gar nicht, dass Deans Jacke heruntergefallen war. Dieser hob sie auf.
"Alles wird gut, Dora...lass uns los fahren..." murmelte Elise in ihr Ohr und hob sie hoch. Dora klammerte sich an sie und hatte nicht vor, sie loszulassen.
"Dean?" sagte Elise, "Können wir?"
"Ja..ähm, Elise..wir müssen...also..reden."
Dora erkannte sofort, dass er über sie mit Elise reden wollte. Dass er es allein mit Elise besprechen wollte, aber Dora wollte nicht von ihrer Patentante weg.
"Später, ja Dean? Versprochen.."
"Natürlich.."
Dora vergrub ihr Gesicht in Elises Haaren und ließ sich zum Auto tragen. Noch während Elise sie ins Auto setzte, hielt sie sich an ihr fest.
"Dora...Dean setzt sich neben dich, ja?" Elise schnallte sie an und ging um den Wagen herum, um sich vors Steuer zu setzen. Dora warf diesem Dean einen abschätzenden Blick zu.
"Nein."
Elise, die schon vorn saß, drehte sich zu ihr um und sagte: "Dora, bitte..."
"Er kann doch auch fahren! Dann kannst du dich zu mir setzen! Bitte...ich möchte..nicht neben ihm sitzen.."
Elise warf Dean einen Blick zu und nickte ihm zu. Vor dem Auto blieben sie stehen und redeten noch kurz miteinander. Elise strich über Deans Wangen und lächelte ihm zu. Er schüttelte den Kopf und umarmte sie. Sie klopfte ihm auf die Schultern und löste sich von ihm. Beide warfen ihr einen Blick zu und gingen dann weiter. Dean ans Steuer und Elise setzte sich neben sie. Dora griff sofort nach ihrer Hand.
-Was hatten sie beredet? Hatten sie über mich geredet? Warum haben sie sich umarmt! Warum hat Tante Elise ihn gestreichelt! Sie hat doch einen Mann!-
"Na, Dora?" sagte Elise und wuschelte ihr durch die inzwischen kurzen blonden Haare. "Willst du mir sagen, warum du nicht willst, dass Dean neben dir sitzt?"
Dora warf einen Blick nach vorn. Dean sah sie über den Rückspiegel her an. Dora runzelte die Stirn. Sie wusste nicht warum sie so war. Jedes mal, wenn sie einen Grund für ihr Verhalten suchte, dann zuckte ein Schmerz durch ihre Brust. Sie schüttelte den Kopf und Dean startete den Motor.
"Hat es was damit zu tun...mit...hat sie dir was angetan?"
"Elise..sie ist 10!" sagte Dean von vorn. Elise warf ihm einen bösen Blick zu und er fuhr ohne ein weiteres Wort los. Dora wusste genau, was Elise meinte. Sie konnte also antworten: "Nein..sie hat mir nur..sie hat..ich hab kurze Haare..und sie sind blond.." Dora versuchte den Kloß in ihrem Hals runterzuschlucken. Sie hatte ihre Haare gemocht. Sie waren so dunkel, wie die ihres Vaters.
"Er ist wirklich nicht tot, Tante Elise?" fragte sie, ohne ihr in die Augen zu sehen.
"Dein Vater?"
"Ja...mein Vater..Logan.."
"Er..Wir fahren ersteinmal zu deiner Mutter, ja? Und dann wirst du deinen Vater sehen.."
"Du hast nicht geantwortet...ist er tot?"
Elise drückte ihr Hand und sagte: "Nein..aber.."
"Elise..." warnte Dean.
"Sie ist 10! Sie wird es verstehn.."
"Was denn?" fragte Dora aufgeregt.
"Dein Vater liegt im Koma.."
Dora konnte nicht antworten, sie wusste nicht was sie fühlen sollte. Das war alles viel zu viel.
"Muss ich nicht noch zur Polizei?" fragte sie nach einigen Minuten.
"Nein..erst einmal nicht. Aber später dann.."
"Ok...muss ich da...alles erzählen?"
"Ja..alles...Willst du mir vorher irgendetwas sagen, Dora?"
Sie sah auf und sah Elise an. Sie schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. Sie wusste, dass da irgendetwas war, aber sie konnte es nicht erklären. Sie verstand es nicht. Im Moment hatte sie andere Sachen im Kopf. Ihre Mutter, ihren....Vater. Alles- nur nicht, was in den letzten Wochen passiert war.
Wie lange jetzt Lydia schon weg war, wusste er nicht. Er konnte das so schlecht abschätzen. Aber er würde sagen, knapp zwei Tage, vielleicht. Warum das so lange dauerte, verstand er nicht. Müssten sie nicht schon längst zurück sein? Vielleicht...vielleicht war Dora ja tot und deswegen kam Lydia noch nicht, weil sie die Beerdigung vorbereiten musste. Er lag ja im Koma und sie wusste ja nicht, dass er sie hören und verstehen konnte- vielleicht sah sie keinen Sinn darin, ihm von Doras Tod und der Beerdigung zu erzählen. Aber irgendetwas in ihm, sagte ihm, dass sie noch lebte. Sie konnte nicht einfach so tot sein und dann wäre auch noch er daran Schuld. An ihrem Tod. Nur weil er damals gegen Lydia gerannt war, nur weil er eine Stalkerin hatte. Im Prinzip hatten Lydia und Theodora gar nichts damit zu tun. Diese Schlampe war nur sauer auf ihn. Und er war auch noch so dumm, sie zu ihnen zu führen. Er war an allem Schuld. Er sollte tot sein!
Er hörte, wie die Tür aufging und langsame Schritte auf ihn zu kamen. Schwere, schlurfende Schritte. Danach ein schnelles Getapsel- noch jemand, ein Kind? Es rannte, oder? Noch jemand betrat den Raum und die Tür ging zu. Stille. Oh, wie er es hasste. Er wusste genau, dass da welche waren und ihn anstarrten- jedoch nicht redeten! Warum auch? Das brachte ja nichts- er konnte ja schlecht antworten! Wozu waren sie denn hier? Um ihn stumm anzustarren und dann wieder zu gehen? Wie erbärmlich er aussehen musste. An Maschinen angeschlossen, regungslos da liegend. Oh, wie gern er jetzt seine Verzweiflung herausgeschrien hätte!
Etwas ließ ihn aufhorchen- ein Schluchzen. Daraufhin Schritte und dann eine sachte Berührung an seiner Hand. Der kleine Finger war kalt, als er über seinen Handrücken fuhr. Die anderen Personen- zwei Frauen wohl- fingen an zu weinen. Zwei Frauen, ein Kind. Ein Kind....ein.......Kind. Eine kleine Hand umschloss seine und eine andere strich über seine Wange. War er nicht unrasiert? Musste es nicht total unangenehm sein, über seine Wange zu streicheln?!
Es zerriss sein Herz, als er die weichen kleinen Lippen auf seiner Stirn spüren konnte- die Tränen, die auf seine Haut fielen.
"Schuldigung..." flüsterte....Ach du scheiße- DORA! Er spürte wie sie die Tränen von seinen Wangen strich. Er spürte seine kleine Tochter. Genau neben ihm! Sie lebte! Sie atmete! Er schrie, er weinte, er lachte. Doch sein Körper nicht. Dieser dumme Körper, konnte sie nicht umarmen, konnte sie nicht küssen, konnte sie nicht einmal ansehen.
"Logan?"
-Ja..verdammt...JA!-
"Komm schon...du schläfst doch nur, richtig?"
-....Dora....-
"Du hast nur die Augen zu, weil du schläfst, oder?"
-...nein.-
"Logan..." flüsterte sie nun, "Mama hat sie umgebracht."
-Was? Lydia und jemanden umbringen...Dora muss Halluzinationen haben. Sie muss zu einem Psychologen, verdammt!- Warum war sie überhaupt hier und erzählte ihm von Lydia, die Menschen umbrachte? Das ist völlig unmöglich!
"Dora...komm. Lass uns gehen.." hörte er Lydia sagen.
"NEIN!" Doras Hand krallte sich um seine.
"Dora..." sagte Elise.
-Nein! Sie war doch höchstens 3 Minuten hier! Lasst sie bei mir!-
"Nein, Mutter, Elise...ich bleibe hier. Ich schaff das schon."
"Doraaa.." drängte Lydia.
"Ich habe gesagt, ich schaff das!" rief Dora aus. Er war erstaunt, über ihre plötzliche Art. War das die niedliche kleine Dora, die er vor Wochen kennen gelernt hatte?
"Logan...komm schon. Wach auf, ja? Dann kannst du mich sehen! Ich hab jetzt blonde, kurze Haare und bin schlanker als sonst."
Sie sagte es, als sei sie stolz darauf, doch er erschrak, als er das hörte. Er wollte sie umarmen und trösten. Seine kleine Tochter, seine Prinzessin.
"Ich bin bestimmt auch gewachsen...ja, bestimmt. Du musst nur die Augen aufmachen, dann kannst du es sehen!"
-Doora....-
"Bitte!! BITTE!" rief sie und rüttelte an ihm. "Logan! Papa! WACH AUF!!"
Er versuchte krampfhaft seinen Körper dazu zu zwingen, die Augen aufzuschlagen, doch nichts. Nichts!! REIN GAR NICHTS!
"Papaaaa!! Bitte...bitte! Sag irgendetwas! Sag was! Papa, bitte! Lieg nicht einfach so da! Sie
mich an! Sie mich an!!"
Sie war am verzweifeln. Weinend lag sie auf ihm und sagte immer wieder seinen Namen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, kam ihre Mutter und zog sie von ihm weg.
"NEIN! Lass mich! LASS MICH!" sie griff nach seiner Hand und hielt sich fest, als ginge es um ihr Leben.
"Mutter, lass mich bei ihm!" rief sie. "Papa...bitte! Wach auf!! WACH AUF!"
Kurz bevor sie drohte von seiner Hand abzurutschen, bogen sich seine Finger um ihre Hand.
Ich schreckte auf und sah direkt in ihre blauen Augen. Das erste was ich fühlte, war Erleichterung, aber das wurde augenblicklich weggeschwemmt, als ich bemerkte, wo ich war.
"Bleib ruhig..." sagte Ronan, der neben mir hockte. Ich lag in der Mitte des schwarzen Autos, wo Elise, Dean und ich darauf gewartet hatten, was als nächstes passieren würde. Jetzt hockten meine Tochter und Ronan über mir und Elise und Dean saßen auf den Sitzen, weil woanders kein Platz war. Sie warfen mir besorgte Blicke zu. Ich sah Ronan in die Augen und sagte: "Ich bin ruhig."
"Mama..du zitterst."
Ich sah zuerst Dora an und warf Elise einen verzweifelten Blick zu. Endlich schnappte sich Elise Dora und zog sie aus dem Wagen.
"Dora..komm schon. Das ist besser so.."
"Nein! Ich will zu meiner Mutter! LASS MICH RUNTER!"
Die Wagentür krachte zu und ich hörte Doras Stimme nur noch gedämpft. Auch wenn ich sie viel lieber bei mir gehabt hätte- so war es besser für sie. Dean saß nun an der Stelle, wo vorher Dora saß. Er starrte auf meinen Bauch.
"Müsste der Krankenwagen nicht schon längst hier sein?!" fragte er Ronan gereizt.
"Sie sind sicher schon unterwegs."
"Ach was..."
"Hörn sie.." begann Ronan und es hörte sich viel zu sehr nach einem Streit an, ich unterbrach ihn: "Hey..was soll das? Ich.." aber ich unterbrach mich selbst. Ein Schwindelgefühl überkam mich- Grund waren die Schmerzen. Aber ich konnte die beiden wenigestens daran hindern, jetzt miteinander zu streiten.
"Scheiße man! Sie stirbt!" rief Ronan aus.
"Als würde ich das nicht selbst sehen.."sagte Dean.
Ich spürte, wie mir jemand den Pullover hoch schob.
"Hey! Was wird das?!" rief Dean.
"Die Blutung muss gestoppt werden..ich muss.."
"Du musst gar nichts! Nimm deine Finger von ihr!"
"Nun reißen sie sich zusammen! Ich will ihr nichts tun!" rief Ronan und ich spürte einen Druck auf meinem Bauch. Zum Glück ertönte die Sirene des Krankenwagens und ich konnte schon bald etwas durch die Scheiben des Wagens blau blinken sehen.
"Oh Gott! Zum Glück!" rief Dean und sprang auf. Er zog die Tür schwungvoll auf und rief: "Hier her! Hier her!!"
Ronan sah zu mir hinab und sagte: "Das hätte nicht sein müssen..ich hätte auch.."
Als er meinen Blick zu bemerken schien, verstummte er und nickte: "Hast recht- ich hätte das nicht hinbekommen." Er versuchte zu lächeln, aber es war miserabel! "Das schaffst du schon! Für deinen Mann und .. Dora."
Ich hatte Mühe, ihm zuzuhören, aber ich war froh, dass er da war. Doch das hielt nicht mehr lange an. Ich wurde weggeschafft.
Sie stand in der Kälte und sah dem Krankenwagen nach. Darin lag ihre Mutter. Sie hatte sie gerettet. Ihre Mutter hat eine Frau umbgebracht.
"Hey Dora..." hörte sie eine Stimme sagen. Sie drehte sich um und blickte in ein Männergesicht. Er sah müde aus und hatte blonde Haare.
"Woow.." sagte er. Sie verschränkte ihre Arme, legte den Kopf schief und sagte: "Was!"
"Du hast die Augen deines Vaters! Du siehst aus wie dein Vater.."
"Mein...Vater... ist tot." sagte sie und versuchte das Gefühl in ihrer Brust zu ignorieren, was drohte, ihr die Luft wegzudrücken. Sie drehte sich um und stellte enttäuscht fest, dass der Krankenwagen schon weg war.
"Ich bin übrigens Dean.."
"Dean.." wiederholte sie, "Hallo, Dean."
"Ich bin der beste Freund deines Vaters...Dora...er ist nicht tot."
"Mutter sagte.."
"Sie hat gelogen." sie spürte eine sachte Berührung an ihrem Oberarm. Sie zuckte zusammen und wich ihm aus. Sie wollte nicht berührt werden.
"Dora..ist dir kalt?"
Sie gab keine Antwort- trotzdem spürte sie, wie er ihr die Jacke über die Schultern legte.
"Dora!" rief eine Frauenstimme. Sofort drehte sie sich um, als sie Elises Stimme erkannte. Ein Verlangen nach einer Umarmung, nach Schutz, machte sich in ihr breit. Sie sehnte sich nach Wärme. Sie breitete automatisch ihre Arme aus und fand sich im nächsten Moment in Elises Umarmung. Sie bemerkte gar nicht, dass Deans Jacke heruntergefallen war. Dieser hob sie auf.
"Alles wird gut, Dora...lass uns los fahren..." murmelte Elise in ihr Ohr und hob sie hoch. Dora klammerte sich an sie und hatte nicht vor, sie loszulassen.
"Dean?" sagte Elise, "Können wir?"
"Ja..ähm, Elise..wir müssen...also..reden."
Dora erkannte sofort, dass er über sie mit Elise reden wollte. Dass er es allein mit Elise besprechen wollte, aber Dora wollte nicht von ihrer Patentante weg.
"Später, ja Dean? Versprochen.."
"Natürlich.."
Dora vergrub ihr Gesicht in Elises Haaren und ließ sich zum Auto tragen. Noch während Elise sie ins Auto setzte, hielt sie sich an ihr fest.
"Dora...Dean setzt sich neben dich, ja?" Elise schnallte sie an und ging um den Wagen herum, um sich vors Steuer zu setzen. Dora warf diesem Dean einen abschätzenden Blick zu.
"Nein."
Elise, die schon vorn saß, drehte sich zu ihr um und sagte: "Dora, bitte..."
"Er kann doch auch fahren! Dann kannst du dich zu mir setzen! Bitte...ich möchte..nicht neben ihm sitzen.."
Elise warf Dean einen Blick zu und nickte ihm zu. Vor dem Auto blieben sie stehen und redeten noch kurz miteinander. Elise strich über Deans Wangen und lächelte ihm zu. Er schüttelte den Kopf und umarmte sie. Sie klopfte ihm auf die Schultern und löste sich von ihm. Beide warfen ihr einen Blick zu und gingen dann weiter. Dean ans Steuer und Elise setzte sich neben sie. Dora griff sofort nach ihrer Hand.
-Was hatten sie beredet? Hatten sie über mich geredet? Warum haben sie sich umarmt! Warum hat Tante Elise ihn gestreichelt! Sie hat doch einen Mann!-
"Na, Dora?" sagte Elise und wuschelte ihr durch die inzwischen kurzen blonden Haare. "Willst du mir sagen, warum du nicht willst, dass Dean neben dir sitzt?"
Dora warf einen Blick nach vorn. Dean sah sie über den Rückspiegel her an. Dora runzelte die Stirn. Sie wusste nicht warum sie so war. Jedes mal, wenn sie einen Grund für ihr Verhalten suchte, dann zuckte ein Schmerz durch ihre Brust. Sie schüttelte den Kopf und Dean startete den Motor.
"Hat es was damit zu tun...mit...hat sie dir was angetan?"
"Elise..sie ist 10!" sagte Dean von vorn. Elise warf ihm einen bösen Blick zu und er fuhr ohne ein weiteres Wort los. Dora wusste genau, was Elise meinte. Sie konnte also antworten: "Nein..sie hat mir nur..sie hat..ich hab kurze Haare..und sie sind blond.." Dora versuchte den Kloß in ihrem Hals runterzuschlucken. Sie hatte ihre Haare gemocht. Sie waren so dunkel, wie die ihres Vaters.
"Er ist wirklich nicht tot, Tante Elise?" fragte sie, ohne ihr in die Augen zu sehen.
"Dein Vater?"
"Ja...mein Vater..Logan.."
"Er..Wir fahren ersteinmal zu deiner Mutter, ja? Und dann wirst du deinen Vater sehen.."
"Du hast nicht geantwortet...ist er tot?"
Elise drückte ihr Hand und sagte: "Nein..aber.."
"Elise..." warnte Dean.
"Sie ist 10! Sie wird es verstehn.."
"Was denn?" fragte Dora aufgeregt.
"Dein Vater liegt im Koma.."
Dora konnte nicht antworten, sie wusste nicht was sie fühlen sollte. Das war alles viel zu viel.
"Muss ich nicht noch zur Polizei?" fragte sie nach einigen Minuten.
"Nein..erst einmal nicht. Aber später dann.."
"Ok...muss ich da...alles erzählen?"
"Ja..alles...Willst du mir vorher irgendetwas sagen, Dora?"
Sie sah auf und sah Elise an. Sie schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. Sie wusste, dass da irgendetwas war, aber sie konnte es nicht erklären. Sie verstand es nicht. Im Moment hatte sie andere Sachen im Kopf. Ihre Mutter, ihren....Vater. Alles- nur nicht, was in den letzten Wochen passiert war.
Wie lange jetzt Lydia schon weg war, wusste er nicht. Er konnte das so schlecht abschätzen. Aber er würde sagen, knapp zwei Tage, vielleicht. Warum das so lange dauerte, verstand er nicht. Müssten sie nicht schon längst zurück sein? Vielleicht...vielleicht war Dora ja tot und deswegen kam Lydia noch nicht, weil sie die Beerdigung vorbereiten musste. Er lag ja im Koma und sie wusste ja nicht, dass er sie hören und verstehen konnte- vielleicht sah sie keinen Sinn darin, ihm von Doras Tod und der Beerdigung zu erzählen. Aber irgendetwas in ihm, sagte ihm, dass sie noch lebte. Sie konnte nicht einfach so tot sein und dann wäre auch noch er daran Schuld. An ihrem Tod. Nur weil er damals gegen Lydia gerannt war, nur weil er eine Stalkerin hatte. Im Prinzip hatten Lydia und Theodora gar nichts damit zu tun. Diese Schlampe war nur sauer auf ihn. Und er war auch noch so dumm, sie zu ihnen zu führen. Er war an allem Schuld. Er sollte tot sein!
Er hörte, wie die Tür aufging und langsame Schritte auf ihn zu kamen. Schwere, schlurfende Schritte. Danach ein schnelles Getapsel- noch jemand, ein Kind? Es rannte, oder? Noch jemand betrat den Raum und die Tür ging zu. Stille. Oh, wie er es hasste. Er wusste genau, dass da welche waren und ihn anstarrten- jedoch nicht redeten! Warum auch? Das brachte ja nichts- er konnte ja schlecht antworten! Wozu waren sie denn hier? Um ihn stumm anzustarren und dann wieder zu gehen? Wie erbärmlich er aussehen musste. An Maschinen angeschlossen, regungslos da liegend. Oh, wie gern er jetzt seine Verzweiflung herausgeschrien hätte!
Etwas ließ ihn aufhorchen- ein Schluchzen. Daraufhin Schritte und dann eine sachte Berührung an seiner Hand. Der kleine Finger war kalt, als er über seinen Handrücken fuhr. Die anderen Personen- zwei Frauen wohl- fingen an zu weinen. Zwei Frauen, ein Kind. Ein Kind....ein.......Kind. Eine kleine Hand umschloss seine und eine andere strich über seine Wange. War er nicht unrasiert? Musste es nicht total unangenehm sein, über seine Wange zu streicheln?!
Es zerriss sein Herz, als er die weichen kleinen Lippen auf seiner Stirn spüren konnte- die Tränen, die auf seine Haut fielen.
"Schuldigung..." flüsterte....Ach du scheiße- DORA! Er spürte wie sie die Tränen von seinen Wangen strich. Er spürte seine kleine Tochter. Genau neben ihm! Sie lebte! Sie atmete! Er schrie, er weinte, er lachte. Doch sein Körper nicht. Dieser dumme Körper, konnte sie nicht umarmen, konnte sie nicht küssen, konnte sie nicht einmal ansehen.
"Logan?"
-Ja..verdammt...JA!-
"Komm schon...du schläfst doch nur, richtig?"
-....Dora....-
"Du hast nur die Augen zu, weil du schläfst, oder?"
-...nein.-
"Logan..." flüsterte sie nun, "Mama hat sie umgebracht."
-Was? Lydia und jemanden umbringen...Dora muss Halluzinationen haben. Sie muss zu einem Psychologen, verdammt!- Warum war sie überhaupt hier und erzählte ihm von Lydia, die Menschen umbrachte? Das ist völlig unmöglich!
"Dora...komm. Lass uns gehen.." hörte er Lydia sagen.
"NEIN!" Doras Hand krallte sich um seine.
"Dora..." sagte Elise.
-Nein! Sie war doch höchstens 3 Minuten hier! Lasst sie bei mir!-
"Nein, Mutter, Elise...ich bleibe hier. Ich schaff das schon."
"Doraaa.." drängte Lydia.
"Ich habe gesagt, ich schaff das!" rief Dora aus. Er war erstaunt, über ihre plötzliche Art. War das die niedliche kleine Dora, die er vor Wochen kennen gelernt hatte?
"Logan...komm schon. Wach auf, ja? Dann kannst du mich sehen! Ich hab jetzt blonde, kurze Haare und bin schlanker als sonst."
Sie sagte es, als sei sie stolz darauf, doch er erschrak, als er das hörte. Er wollte sie umarmen und trösten. Seine kleine Tochter, seine Prinzessin.
"Ich bin bestimmt auch gewachsen...ja, bestimmt. Du musst nur die Augen aufmachen, dann kannst du es sehen!"
-Doora....-
"Bitte!! BITTE!" rief sie und rüttelte an ihm. "Logan! Papa! WACH AUF!!"
Er versuchte krampfhaft seinen Körper dazu zu zwingen, die Augen aufzuschlagen, doch nichts. Nichts!! REIN GAR NICHTS!
"Papaaaa!! Bitte...bitte! Sag irgendetwas! Sag was! Papa, bitte! Lieg nicht einfach so da! Sie
mich an! Sie mich an!!"
Sie war am verzweifeln. Weinend lag sie auf ihm und sagte immer wieder seinen Namen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, kam ihre Mutter und zog sie von ihm weg.
"NEIN! Lass mich! LASS MICH!" sie griff nach seiner Hand und hielt sich fest, als ginge es um ihr Leben.
"Mutter, lass mich bei ihm!" rief sie. "Papa...bitte! Wach auf!! WACH AUF!"
Kurz bevor sie drohte von seiner Hand abzurutschen, bogen sich seine Finger um ihre Hand.