Normal.?
von Aenia
Kurzbeschreibung
Ein ganz stinknormales Mädchen, das ganz stinknormal aussieht, will ein ganz stinknormales Leben führen. Aber wie das immer so ist, kommt es nie so, wie man es gern will. Ob das nun schlecht ist oder nicht, wird sich erst zeigen. Nur leider dauert das "sich zeigen" bei Lydia sehr lange. Genaugenommen um die 11 Jahre. Und 10 Jahre lang hat sie die Illusion des "Normalen" sogar fast aufrecht erhalten können. Doch dann steht da Logan vor ihrer Tür und will seine 10-jährige Tochter sehen. (Ein Neuversuch der Kurzbeschreibung- liegt mir echt nicht besonders. ;D)
GeschichteDrama / P12 / Gen
02.06.2013
31.05.2014
37
96.983
1
Alle Kapitel
33 Reviews
33 Reviews
Dieses Kapitel
1 Review
1 Review
02.06.2013
2.337
Sie saßen schon eine Weile da und warteten gerade auf ihr Essen. Lydia nippte an ihrem Getränk und Elise versuchte ein Gespräch mit ihm aufzubauen. Was ihr nicht so recht gelang- es tat ihm auch Leid-, denn er wollte doch gar nicht mit Elise reden, sondern mit Lydia! Aber anscheinend musste er vorerst mit Lydias Gesellschaft vorlieb nehmen.
"Und wirklich.." erklärte Elise, "Es tut mir Leid! Ich weiß nicht was in mich gefahren ist.."
Er stellte erstaunt fest, dass sich ihr Englisch seit dem letzten Gespräch verbessert hatte und er fragte sich, ob es Lydia inzwischen auch leichter fiel. Er ertappte sich, wie er statt auf Elise einzugehen, Lydia forschend ansah. Diese bemerkte es anscheinend nicht und er wandte schnell seinen Blick ab und lächelte Elise zu: "Ach..ich kann dich schon verstehen. Ich hätte das Gleiche gemacht.." Er stockte und musste kichern, "Natürlich bin ich kein Mädchen! Und ich habe auch keinen Schauspieler kennengelernt! Und eine beste Freundin, die so scheiße deswegen drauf ist, habe ich auch nicht!! Aber ich kann mich gut in dich hineinversetzen..das wollt ich damit sagen."
Er lugte verstohlen zu Lydia herüber, die kurz aufsah, aber seinem Blick sofort auswich.
Er sah wieder Elise an und diese öffnete schon ihren Mund, um zu antworten, als Lydia murmelte: "Du, als Schauspieler, solltest sowas doch locker können, oder? Dich in andere hineinversetzen, mein ich."
Er starrte sie überrascht an, während sie in ihrem Glas herumstocherte. -Gott! Sie kann reden!- dachte er, während er gleichzeitig gluckste. Den ganzen Abend- wobei es sich um ne knappe Stunde handelte- hatte sie nur "Hallo" gesagt und "gut" herausgebracht. Er musste zugeben, dass ihn das jetzt doch sehr überraschte und er auf die Schnelle nicht wusste, was er sagen sollte. Sie sah auf und sah zu erst ihrer Freundin in die Augen und dann ihm. Und als wäre das nicht alles gewesen, brachte sie auch noch ein Grinsen hervor. Sein Herz stolperte, als hätte ihm ein Stock im Weg gelegen. Sie fragte mit hochgezogenen Augenbrauen: "Was?"
"Nichts, ich war nur etwas.." er musterte sie und sie sah wieder auf ihr Glas, "Ich bin froh, dass du auch reden kannst, mein ich.." Er grinste und setzte sich wieder so hin, dass er ihr direkt gegenübersaß.
"Hm.." machte sie und zuckte mit den Schultern, "Bin ich auch.."
Er blieb stumm- er wollte sie nicht unterbrechen, falls sie etwas zu sagen hätte, aber aus ihrem Mund kam kein weiteres Wort.
"Äh...wie schmeckt dein Batida de..ähh...dein Trinken?" fragte er schließlich verzweifelt nur um ihrer Stimme weiterhin lauschen zu können. Sie sah auf und schien bemerkt zu haben, dass die Frage nur ein Ausweichmanöver war. Sie schien zu schnaufen- lautlos- und sagte: "Gut...ja."
Bevor er antworten konnte, sah sie zu Elise herüber. Sie schienen irgend so ein krankes Bff-Gespräch per Telepatie zu führen, woraufhin Elise fast unmerklich nickte und aufstand. Sie grinste ihn an und sagte mit einem gewissen Unterton: "Ich geh mir schnell..äh.." sie runzelte die Stirn. Er ahnte, was sie sagen wollte, doch sie schien diese Redewendung auf englisch nicht zu kennen, also sagte sie: "Ich geh auf Toilette..äh..und danach hol' ich mir vielleicht noch ein Getränk..." Sie sah zu Lydia herüber, die sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. Elise stöhnte lautlos, sah ihn an und fügte hinzu: "Mahn! Ich bleib 'ne Weile weg, ok?"
Er wusste, dass "Ich bleib 'ne Weile weg" gleichbedeutend war mit "redet und lasst euch nicht von mir stören". Er lächelte sie dankend an und sie verschwand. Froh endlich mit Lydi allein zu sein, atmete er auf. Er hatte die ganze Zeit auf diesen Moment gewartet und jetzt, wo er gekommen war, wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und könnte schwören ein leises, fast unmerkliches Stöhnen gehört zu haben , also sah er auf. In ihrem Gesichtsausdruck konnte er etwas Leidendes sehen und er fragte sich, ob sie es tatsächlich war und gestöhnt hatte. Er runzelte die Stirn: "Verdammt..es tut mir Leid!" Er wusste nicht, warum er das sagte, aber er hatte das Gefühl, es sei nötig. Er legte die Hände auf den Tisch und wollte damit eigentlich ihre erreichen, doch sie zog sie zurück und sah ihn erschrocken an. Er legte den Kopf schief und sah in ihre blauen Augen. Er konnte eindeutig Trauer darin erkennen- tiefe Trauer, die älter schien, als eine gewöhnliche pubertäre Trauer, begründet auf niederen Tatsachen. Er hatte das Gefühl, dass sie schon ewig traurig war und es sich so festgesetzt hatte, dass es für sie schon zur Normalität gekommen war- sie schien sich gar nicht mehr die Mühe zu machen ,es in ihrem Blick zu vertuschen. Er hatte das dringende Bedürfnis, die Trauer hinwegzufegen und sie stattdessen glücklich zu machen.
"Was ist nur los?" hakte er nach.
Sie sah zur Seite, in die Menge der Menschen und kaute auf ihren Lippen.
"Schön hier. Nur das Essen dauert etwas lange.." sagte sie und versuchte ein Kichern vorzutäuschen, was ihr erbärmlich mislang.
Er gluckste und meinte: "Ziemlich schlechter Versuch, vom Thema abzulenken."
Sie sah ihn mit einer Mischung aus Trauer, Belustigung und Angst an. Schon eine merkwürdige Zusammenstellung und ihm kam der Gedanke, dass er bei keiner anderen Person so gut sehen konnte, was sie fühlte- bei ihr schon. Ob es an ihr lag und sie ihre Gefühle einfach gut zeigen konnte, oder ob er eine andere Bindung zu ihr hatte, die sich von den Bindungen zu seinen Freunden und seiner Familie unterschied, wusste er nicht. Er wollte auch keinen weiteren Gedanken daran verschwenden.
Als sie nach ein paar Minuten immernoch nichts sagte, wollte er zu einer Frage ansetzen, doch sie unterbrach ihn, indem sie eine Hand hob und sagte: "Ein Geschenk ist so lange interessant, bis man es aufreist und weiß, was drinnen ist, habe ich recht?"
Er stutzte und sah sie verwundert an, nickte jedoch.
"Und wäre es nicht schöner, wenn ich für dich interessant bleibe? Solange wie möglich?"
Er runzelte die Stirn und fühlte sich etwas ertappt, wusste jedoch nichts zu antworten.
"Du hast mich doch nicht eingeladen, weil du dich in mich verliebt hast, habe ich recht?" sie sah ihn traurig an, doch ihre Stimme war klar: "Du interessierst dich nur für mich, weil ich nicht in Ohnmacht gefallen bin, als ich dir begegnete. Weil ich anscheinend anders für dich wirke..ich weiß es nicht."
Sie sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an: "Verdammt, ich weiß es nicht! Aber das scheint mir eine sinnvolle Erklärung."
Er sah sie nur mit großen Augen an und brachte kein Wort heraus.
"Naja.." fuhr sie fort, "Auf jeden Fall möchte ich gern mit dir zusammen sein..solange wie möglich...und dir zu verschweigen, was mich ausmacht, scheint mir der beste Weg zu sein...auch wenn ich dir warscheinlich nur als Sozialprojekt diene."
Er wollte protestieren, doch sie schüttelte den Kopf: "Du willst doch nur mit mir reden, weil ich deinetwegen Probleme hatte.." Sie lächelte, "Aber das ist ok. Ich finde das nicht schlimm. Aber versuch bitte nicht, ...Mach mir einfach keine Hoffnungen, ok?"
"Ich...ich.."
"Ahh..sorry.." sagte Elise, die sich wieder auf ihren Stuhl setzte, "Ich sehe gerade- unser Essen kommt. Ich habe auch schon riiiesen hunger! Und? Wie liefs?" fragte sie grinsend.
Logan sah Lydia kurz an und blickte dann, ebenso wie sie, auf sein Glas, enttäuscht und traurig. Der Abend war gelaufen.-Verdammt.-
Sie wechselten zwar Blicke, aber sprachen kaum mit einander. Mehr als allgemeine Bemerkungen über das Essen, den Saal und das Wetter, waren nicht drin- wegen ihrer Ansprache und wegen Elise. Lydia lächelte ihm häufiger zu als er ihr und er hatte das Gefühl, als wolle sie ihn aufmuntern, Mut machen. Das war doch seine Aufgabe gewesen- er verstand immernoch nicht, wie und wann sie die Rollen gewechselt hatten.
Tatsache war, dass er der Grund war. Damit hatte Elise recht, als sie ihn beschimpft hatte und damit hatte er selbst auch recht, als er es vermutete, jedoch versuchte zu verleugnen. Er hatte nicht vor, sie unglücklich zu machen- er wusste auch gar nicht, wie er es geschafft hatte. Diese Ungewissheit machte ihm zuschaffen und die Tatsache, dass sie es ihm nicht erklären wollte erst recht.
Er wusste, dass sie mit Vielem, was sie gesagt hatte, recht hatte. Mit diesem Geschenkquatsch und der Tatsache, dass er mit ihr reden wollte, weil sie anders war und er sie verletzt hatte. Doch, dass sie sein Sozialprojekt -wie sie es nannte- war, wollte er nicht wahrhaben. Es war auch nicht so! Er würde es auch abstreiten, um jeden Preis!
Er sah sie an, während sie an einem Stück Fleisch kaute und musste Lächeln- ja, er würde nicht locker lassen. Er hatte, warum auch immer, das Bedürfnis, sie näher kennenzulernen- und sei es der Grund, dass sie anders war. Sie wollte mit ihm Zeit verbringen und er mit ihr- Perfekt! Wäre da nur nicht die Tatsache, dass sie nichts von sich preisgeben wollte. Er musste sich also Gedanken machen, wie er sonst an sie herankommen könnte und über Umwege erfahren könnte, was sie "ausmacht" - mit ihren Worten-. Die Tatsache, dass er sich mit ihr anfreunden wollte, hatte sich, trotz ihrer Ansprache eben, nicht geändert. Und er war sich ganz sicher, dass sie eine super Freundin sein würde- das spürte er. Warum sonst quälte ihn der Gedanke, dass es ihr so schlecht geht, wegen ihm, obwohl er sie erst ein paar Tage kannte? Warum sonst, wollte er es sich zur Aufgabe machen, sie glücklich zu machen? Warum sonst, fühlte er sich jedesmal gut, wenn sie lächelte und warum sonst, musste er fast jede freie Minute an sie denken? Das war ihm noch nie so in dieser Art passiert und er konnte sich auch nicht erklären, was es war. ABER...genau das wollte er herausfinden.
Der Abend verging unglaublich langsam. Gleichzeitig wünschte er sich, dass es vorbei ginge und dass er hier ewig mit ihr sitzen könnte. Aber schließlich ging es dem Ende hin.
"Sollen wir?" fragte er eher zögerlich. Er sah Lydia nur kurz an, um ihre Antwort zu sehen, aber lange wollte er ihren Blick nicht ertragen- er hatte das Gefühl, dass ihre Trauer ihn mitriss. Sie nickte. Ein Blitz durchfuhr seinen Magen, als sie lächelte und er musste sich zusammenreißen, dass er es nicht nach außen zeigte. Ihm wurde schlecht. Er sah Elise an, die schon aussah, als würde sie schlafen. -War es echt sooo langweilig gewesen?- Er konnte nicht anders und seufzte, als er aufstand. Bezahlt hatte er schon und die Teller waren auch schon abgeräumt. Sie hatten nur so rumgesessen und sich gegenseitig zugelächelt. Hier und da ein Kommentar zu irgendetwas oder eine kurze Diskussion- mehr nicht. Er sah sehnsüchtig zur Tanzfläche hinüber, wo mehrere Pärchen im ruhigen Takt über die Fläche flogen. Es war gerade mal 10.00 Uhr und ihm war keine Lösung für das Problem eingefallen (Wobei "das Problem" viele einzelne Probleme waren- Lydia; die Tatsache, dass sie so früh gingen; kein Tanz...und und und). Sie gingen gemeinsam in Richtung Ausgang. Er lief neben ihr und warf flüchtige Blicke zu ihr hinunter. Er bereute es, nicht näher auf das Thema vorhin eingegangen zu sein, aber er war unsicher gewesen- wegen Elise.
Als sie die Hälfte hinter sich hatten, holte sie der Fliegenmann ein. Sie blieben stehen.
"War alles zu ihrer Zufriedenheit, Sir?"
"Ja, danke." antwortete er höflich und wollte wieder los. Aber der Mann redete weiter: "Und was ist mit den Damen?" Er sah an ihm vorbei und beueugte sie neugierig. Logan konnte sich nicht erklären, warum er sowas dachte, aber er war sich sicher, dass der Mann gern erfahren würde, warum ein Schauspieler nur mit zwei unbekannten Mädchen essen ging, wobei er doch was "Besseres" haben könnte. In gewisser Hinsicht kränkte ihn der Gedanke, aber da es sein eigener war, verwarf er das Gefühl ganz schnell und ging einen Schritt zur Seite, sodass Lydia freien Blickkontakt zum Fliegenmann hatte: "Mir hats gefallen, wirklich schön hier.." sagte sie.
-Ihr hats gefallen? War das jetzt eine Lüge oder empfand sie es wirklich so? Möglich ists ja, oder? Mich macht ihre Anwesenheit auf gewisse Art und Weise ja auch glücklich.-
"Mir auch.." sagte Elise lahm und schläfrig.
"Das ist schön!" trällerte der Mann. "Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Abend!"
"Danke.." murmelten sie mehr oder weniger im Chor und gingen wieder. Als ein eng umschlungenes Pärchen auf sie zu kam, konnte er ein Seufzen nicht verhindern.
"Was?" fragte Lydia. Hastig drehte er sich zu ihr, geschockt, dass sie es gehört hatte. Doch bevor er sich erklären konnte, wurde er angerempelt und flog direkt in Lydias Arme. Und welch Ironie- es war das Pärchen. Es ging kichernd weiter, als wäre nichts geschehen. Er wollte ihnen schon zu rufen, dass eine Entschuldigung auch ganz nett war. Aber dann hielt ihn etwas anderes auf:
Er spürte Hände auf seinem Rücken und hörte ein erstickten Laut dicht neben seinem Ohr, der warscheinlich ein Schrei sein sollte. Als er begriff, rappelte er sich hastig hoch und nahm seine Hände von Lydias Schultern, womit er sich abgefangen hatte. Er verzerrte das Gesicht und stieß aus: "Schuldige! Tut mir Leid!" Wie oft hatte er sich heute entschuldigt. Er wusste es nicht.
Er stand immernoch unmittelbar vor ihr und wollte einen Schritt zurück gehen. Eine Hand lag auf seiner, drückte sie leicht und verhinderte somit jede Art eines Fluchtversuchs. Lydia lächelte, während ihre Hand sich in seine legte und sagte: "Nicht schlimm."
"Und wirklich.." erklärte Elise, "Es tut mir Leid! Ich weiß nicht was in mich gefahren ist.."
Er stellte erstaunt fest, dass sich ihr Englisch seit dem letzten Gespräch verbessert hatte und er fragte sich, ob es Lydia inzwischen auch leichter fiel. Er ertappte sich, wie er statt auf Elise einzugehen, Lydia forschend ansah. Diese bemerkte es anscheinend nicht und er wandte schnell seinen Blick ab und lächelte Elise zu: "Ach..ich kann dich schon verstehen. Ich hätte das Gleiche gemacht.." Er stockte und musste kichern, "Natürlich bin ich kein Mädchen! Und ich habe auch keinen Schauspieler kennengelernt! Und eine beste Freundin, die so scheiße deswegen drauf ist, habe ich auch nicht!! Aber ich kann mich gut in dich hineinversetzen..das wollt ich damit sagen."
Er lugte verstohlen zu Lydia herüber, die kurz aufsah, aber seinem Blick sofort auswich.
Er sah wieder Elise an und diese öffnete schon ihren Mund, um zu antworten, als Lydia murmelte: "Du, als Schauspieler, solltest sowas doch locker können, oder? Dich in andere hineinversetzen, mein ich."
Er starrte sie überrascht an, während sie in ihrem Glas herumstocherte. -Gott! Sie kann reden!- dachte er, während er gleichzeitig gluckste. Den ganzen Abend- wobei es sich um ne knappe Stunde handelte- hatte sie nur "Hallo" gesagt und "gut" herausgebracht. Er musste zugeben, dass ihn das jetzt doch sehr überraschte und er auf die Schnelle nicht wusste, was er sagen sollte. Sie sah auf und sah zu erst ihrer Freundin in die Augen und dann ihm. Und als wäre das nicht alles gewesen, brachte sie auch noch ein Grinsen hervor. Sein Herz stolperte, als hätte ihm ein Stock im Weg gelegen. Sie fragte mit hochgezogenen Augenbrauen: "Was?"
"Nichts, ich war nur etwas.." er musterte sie und sie sah wieder auf ihr Glas, "Ich bin froh, dass du auch reden kannst, mein ich.." Er grinste und setzte sich wieder so hin, dass er ihr direkt gegenübersaß.
"Hm.." machte sie und zuckte mit den Schultern, "Bin ich auch.."
Er blieb stumm- er wollte sie nicht unterbrechen, falls sie etwas zu sagen hätte, aber aus ihrem Mund kam kein weiteres Wort.
"Äh...wie schmeckt dein Batida de..ähh...dein Trinken?" fragte er schließlich verzweifelt nur um ihrer Stimme weiterhin lauschen zu können. Sie sah auf und schien bemerkt zu haben, dass die Frage nur ein Ausweichmanöver war. Sie schien zu schnaufen- lautlos- und sagte: "Gut...ja."
Bevor er antworten konnte, sah sie zu Elise herüber. Sie schienen irgend so ein krankes Bff-Gespräch per Telepatie zu führen, woraufhin Elise fast unmerklich nickte und aufstand. Sie grinste ihn an und sagte mit einem gewissen Unterton: "Ich geh mir schnell..äh.." sie runzelte die Stirn. Er ahnte, was sie sagen wollte, doch sie schien diese Redewendung auf englisch nicht zu kennen, also sagte sie: "Ich geh auf Toilette..äh..und danach hol' ich mir vielleicht noch ein Getränk..." Sie sah zu Lydia herüber, die sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. Elise stöhnte lautlos, sah ihn an und fügte hinzu: "Mahn! Ich bleib 'ne Weile weg, ok?"
Er wusste, dass "Ich bleib 'ne Weile weg" gleichbedeutend war mit "redet und lasst euch nicht von mir stören". Er lächelte sie dankend an und sie verschwand. Froh endlich mit Lydi allein zu sein, atmete er auf. Er hatte die ganze Zeit auf diesen Moment gewartet und jetzt, wo er gekommen war, wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und könnte schwören ein leises, fast unmerkliches Stöhnen gehört zu haben , also sah er auf. In ihrem Gesichtsausdruck konnte er etwas Leidendes sehen und er fragte sich, ob sie es tatsächlich war und gestöhnt hatte. Er runzelte die Stirn: "Verdammt..es tut mir Leid!" Er wusste nicht, warum er das sagte, aber er hatte das Gefühl, es sei nötig. Er legte die Hände auf den Tisch und wollte damit eigentlich ihre erreichen, doch sie zog sie zurück und sah ihn erschrocken an. Er legte den Kopf schief und sah in ihre blauen Augen. Er konnte eindeutig Trauer darin erkennen- tiefe Trauer, die älter schien, als eine gewöhnliche pubertäre Trauer, begründet auf niederen Tatsachen. Er hatte das Gefühl, dass sie schon ewig traurig war und es sich so festgesetzt hatte, dass es für sie schon zur Normalität gekommen war- sie schien sich gar nicht mehr die Mühe zu machen ,es in ihrem Blick zu vertuschen. Er hatte das dringende Bedürfnis, die Trauer hinwegzufegen und sie stattdessen glücklich zu machen.
"Was ist nur los?" hakte er nach.
Sie sah zur Seite, in die Menge der Menschen und kaute auf ihren Lippen.
"Schön hier. Nur das Essen dauert etwas lange.." sagte sie und versuchte ein Kichern vorzutäuschen, was ihr erbärmlich mislang.
Er gluckste und meinte: "Ziemlich schlechter Versuch, vom Thema abzulenken."
Sie sah ihn mit einer Mischung aus Trauer, Belustigung und Angst an. Schon eine merkwürdige Zusammenstellung und ihm kam der Gedanke, dass er bei keiner anderen Person so gut sehen konnte, was sie fühlte- bei ihr schon. Ob es an ihr lag und sie ihre Gefühle einfach gut zeigen konnte, oder ob er eine andere Bindung zu ihr hatte, die sich von den Bindungen zu seinen Freunden und seiner Familie unterschied, wusste er nicht. Er wollte auch keinen weiteren Gedanken daran verschwenden.
Als sie nach ein paar Minuten immernoch nichts sagte, wollte er zu einer Frage ansetzen, doch sie unterbrach ihn, indem sie eine Hand hob und sagte: "Ein Geschenk ist so lange interessant, bis man es aufreist und weiß, was drinnen ist, habe ich recht?"
Er stutzte und sah sie verwundert an, nickte jedoch.
"Und wäre es nicht schöner, wenn ich für dich interessant bleibe? Solange wie möglich?"
Er runzelte die Stirn und fühlte sich etwas ertappt, wusste jedoch nichts zu antworten.
"Du hast mich doch nicht eingeladen, weil du dich in mich verliebt hast, habe ich recht?" sie sah ihn traurig an, doch ihre Stimme war klar: "Du interessierst dich nur für mich, weil ich nicht in Ohnmacht gefallen bin, als ich dir begegnete. Weil ich anscheinend anders für dich wirke..ich weiß es nicht."
Sie sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an: "Verdammt, ich weiß es nicht! Aber das scheint mir eine sinnvolle Erklärung."
Er sah sie nur mit großen Augen an und brachte kein Wort heraus.
"Naja.." fuhr sie fort, "Auf jeden Fall möchte ich gern mit dir zusammen sein..solange wie möglich...und dir zu verschweigen, was mich ausmacht, scheint mir der beste Weg zu sein...auch wenn ich dir warscheinlich nur als Sozialprojekt diene."
Er wollte protestieren, doch sie schüttelte den Kopf: "Du willst doch nur mit mir reden, weil ich deinetwegen Probleme hatte.." Sie lächelte, "Aber das ist ok. Ich finde das nicht schlimm. Aber versuch bitte nicht, ...Mach mir einfach keine Hoffnungen, ok?"
"Ich...ich.."
"Ahh..sorry.." sagte Elise, die sich wieder auf ihren Stuhl setzte, "Ich sehe gerade- unser Essen kommt. Ich habe auch schon riiiesen hunger! Und? Wie liefs?" fragte sie grinsend.
Logan sah Lydia kurz an und blickte dann, ebenso wie sie, auf sein Glas, enttäuscht und traurig. Der Abend war gelaufen.-Verdammt.-
Sie wechselten zwar Blicke, aber sprachen kaum mit einander. Mehr als allgemeine Bemerkungen über das Essen, den Saal und das Wetter, waren nicht drin- wegen ihrer Ansprache und wegen Elise. Lydia lächelte ihm häufiger zu als er ihr und er hatte das Gefühl, als wolle sie ihn aufmuntern, Mut machen. Das war doch seine Aufgabe gewesen- er verstand immernoch nicht, wie und wann sie die Rollen gewechselt hatten.
Tatsache war, dass er der Grund war. Damit hatte Elise recht, als sie ihn beschimpft hatte und damit hatte er selbst auch recht, als er es vermutete, jedoch versuchte zu verleugnen. Er hatte nicht vor, sie unglücklich zu machen- er wusste auch gar nicht, wie er es geschafft hatte. Diese Ungewissheit machte ihm zuschaffen und die Tatsache, dass sie es ihm nicht erklären wollte erst recht.
Er wusste, dass sie mit Vielem, was sie gesagt hatte, recht hatte. Mit diesem Geschenkquatsch und der Tatsache, dass er mit ihr reden wollte, weil sie anders war und er sie verletzt hatte. Doch, dass sie sein Sozialprojekt -wie sie es nannte- war, wollte er nicht wahrhaben. Es war auch nicht so! Er würde es auch abstreiten, um jeden Preis!
Er sah sie an, während sie an einem Stück Fleisch kaute und musste Lächeln- ja, er würde nicht locker lassen. Er hatte, warum auch immer, das Bedürfnis, sie näher kennenzulernen- und sei es der Grund, dass sie anders war. Sie wollte mit ihm Zeit verbringen und er mit ihr- Perfekt! Wäre da nur nicht die Tatsache, dass sie nichts von sich preisgeben wollte. Er musste sich also Gedanken machen, wie er sonst an sie herankommen könnte und über Umwege erfahren könnte, was sie "ausmacht" - mit ihren Worten-. Die Tatsache, dass er sich mit ihr anfreunden wollte, hatte sich, trotz ihrer Ansprache eben, nicht geändert. Und er war sich ganz sicher, dass sie eine super Freundin sein würde- das spürte er. Warum sonst quälte ihn der Gedanke, dass es ihr so schlecht geht, wegen ihm, obwohl er sie erst ein paar Tage kannte? Warum sonst, wollte er es sich zur Aufgabe machen, sie glücklich zu machen? Warum sonst, fühlte er sich jedesmal gut, wenn sie lächelte und warum sonst, musste er fast jede freie Minute an sie denken? Das war ihm noch nie so in dieser Art passiert und er konnte sich auch nicht erklären, was es war. ABER...genau das wollte er herausfinden.
Der Abend verging unglaublich langsam. Gleichzeitig wünschte er sich, dass es vorbei ginge und dass er hier ewig mit ihr sitzen könnte. Aber schließlich ging es dem Ende hin.
"Sollen wir?" fragte er eher zögerlich. Er sah Lydia nur kurz an, um ihre Antwort zu sehen, aber lange wollte er ihren Blick nicht ertragen- er hatte das Gefühl, dass ihre Trauer ihn mitriss. Sie nickte. Ein Blitz durchfuhr seinen Magen, als sie lächelte und er musste sich zusammenreißen, dass er es nicht nach außen zeigte. Ihm wurde schlecht. Er sah Elise an, die schon aussah, als würde sie schlafen. -War es echt sooo langweilig gewesen?- Er konnte nicht anders und seufzte, als er aufstand. Bezahlt hatte er schon und die Teller waren auch schon abgeräumt. Sie hatten nur so rumgesessen und sich gegenseitig zugelächelt. Hier und da ein Kommentar zu irgendetwas oder eine kurze Diskussion- mehr nicht. Er sah sehnsüchtig zur Tanzfläche hinüber, wo mehrere Pärchen im ruhigen Takt über die Fläche flogen. Es war gerade mal 10.00 Uhr und ihm war keine Lösung für das Problem eingefallen (Wobei "das Problem" viele einzelne Probleme waren- Lydia; die Tatsache, dass sie so früh gingen; kein Tanz...und und und). Sie gingen gemeinsam in Richtung Ausgang. Er lief neben ihr und warf flüchtige Blicke zu ihr hinunter. Er bereute es, nicht näher auf das Thema vorhin eingegangen zu sein, aber er war unsicher gewesen- wegen Elise.
Als sie die Hälfte hinter sich hatten, holte sie der Fliegenmann ein. Sie blieben stehen.
"War alles zu ihrer Zufriedenheit, Sir?"
"Ja, danke." antwortete er höflich und wollte wieder los. Aber der Mann redete weiter: "Und was ist mit den Damen?" Er sah an ihm vorbei und beueugte sie neugierig. Logan konnte sich nicht erklären, warum er sowas dachte, aber er war sich sicher, dass der Mann gern erfahren würde, warum ein Schauspieler nur mit zwei unbekannten Mädchen essen ging, wobei er doch was "Besseres" haben könnte. In gewisser Hinsicht kränkte ihn der Gedanke, aber da es sein eigener war, verwarf er das Gefühl ganz schnell und ging einen Schritt zur Seite, sodass Lydia freien Blickkontakt zum Fliegenmann hatte: "Mir hats gefallen, wirklich schön hier.." sagte sie.
-Ihr hats gefallen? War das jetzt eine Lüge oder empfand sie es wirklich so? Möglich ists ja, oder? Mich macht ihre Anwesenheit auf gewisse Art und Weise ja auch glücklich.-
"Mir auch.." sagte Elise lahm und schläfrig.
"Das ist schön!" trällerte der Mann. "Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Abend!"
"Danke.." murmelten sie mehr oder weniger im Chor und gingen wieder. Als ein eng umschlungenes Pärchen auf sie zu kam, konnte er ein Seufzen nicht verhindern.
"Was?" fragte Lydia. Hastig drehte er sich zu ihr, geschockt, dass sie es gehört hatte. Doch bevor er sich erklären konnte, wurde er angerempelt und flog direkt in Lydias Arme. Und welch Ironie- es war das Pärchen. Es ging kichernd weiter, als wäre nichts geschehen. Er wollte ihnen schon zu rufen, dass eine Entschuldigung auch ganz nett war. Aber dann hielt ihn etwas anderes auf:
Er spürte Hände auf seinem Rücken und hörte ein erstickten Laut dicht neben seinem Ohr, der warscheinlich ein Schrei sein sollte. Als er begriff, rappelte er sich hastig hoch und nahm seine Hände von Lydias Schultern, womit er sich abgefangen hatte. Er verzerrte das Gesicht und stieß aus: "Schuldige! Tut mir Leid!" Wie oft hatte er sich heute entschuldigt. Er wusste es nicht.
Er stand immernoch unmittelbar vor ihr und wollte einen Schritt zurück gehen. Eine Hand lag auf seiner, drückte sie leicht und verhinderte somit jede Art eines Fluchtversuchs. Lydia lächelte, während ihre Hand sich in seine legte und sagte: "Nicht schlimm."