Mehr als Freunde (Bergelfen II)
von SilviaK
Kurzbeschreibung
Felsenspringer empfindet für Windfeder schon seit einiger Zeit weit mehr als nur Freundschaft. Aber Windfeders Herz hängt immer noch an Hoykar. Hat Felsenspringer überhaupt eine Chance?
GeschichteFantasy, Liebesgeschichte / P12 / Gen
18.05.2013
27.05.2013
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18.05.2013
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Diese Geschichte schließt an ”Windfeder und die Gleiter vom Blauen Berg” an, sie spielt etwa ein halbes Jahr danach.
”Bist du fertig, Felsenspringer?”
Klinge blickte zu dem jungen Jäger hinüber, der vor der Höhle auf der Felsplattform saß. Noch immer hielt er den keilförmigen Stein, der einmal die Klinge seines neuen Messers werden sollte, in der Hand, starrte in den Himmel und hatte, wie es aussah, sogar die laut ausgesprochene Frage überhört. Obwohl schon einige Zeit verstrichen war, schien er noch nicht einmal mit seiner Arbeit begonnen zu haben.
Der Ältere runzelte die Stirn und trat aus seiner Höhle. Er hob nun ebenfalls den Kopf, neugierig darauf, was Felsenspringers Aufmerksamkeit so fesselte.
In einiger Entfernung über ihnen schossen zwei vertraute Gestalten über den von fransigen Wolken überzogenen Himmel - Ari voran, dicht hinter ihr Windfeder mit flatterndem Haar, die sie einzuholen suchte.
”Dich krieg’ ich noch!”, rief sie und streckte die Hand nach Aris Fuß aus.
”Du mich? Nie im Leben! Dafür bist du viel zu langsam!”
Die kleine Gleiterin kicherte, wich aus und wurde noch schneller. Sie bog in eine Runde um den Höhlenberg ein, und schon war auch Windfeder wieder außer Sicht.
Klinge sah zu Felsenspringer hinunter. Na, er konnte sich schon denken, wen der junge Jäger da wieder mit seinen Blicken verfolgte. Die Enttäuschung in seiner Miene, als Windfeder hinter dem nächsten Felsvorsprung verschwand, war nur zu offensichtlich. Aber statt sich nun endlich mit seinem zukünftigen Messer zu beschäftigen, schien Felsenspringer nur darauf zu warten, daß die wilde Jagd erneut vorüberkam.
”Klinge? Hast du noch einen Speerstein? Meine Spitze ist wahrscheinlich nicht mehr zu gebrauchen.”
Zwei Raben, der eben die Steintreppe hinabgestiegen war, nickte Klinge zu und rief auch Felsenspringer einen Gruß zu. Aber sein Freund antwortete nicht, tauchten doch gerade wieder Windfeder und Ari am Himmel auf - diesmal allerdings flog Windfeder voran.
**So geht das schon den ganzen Nachmittag**, beschwerte sich Klinge, während er sich seinem Neffen näherte, um die beschädigte Speerspitze zu begutachten. **Wenn er so weitermacht, dann sitzt er heute abend immer noch hier, ohne einen einzigen Handschlag zu tun.**
Zwei Raben machte sich nicht einmal die Mühe, ernsthaft auszusehen. Schließlich beobachtete er seinen Freund auch schon eine Weile. Er reichte Klinge die gesplitterte Speerspitze, die dieser stirnrunzelnd musterte, trat lautlos an Felsenspringer heran und schlug ihm auf die Schulter.
”Na, geht es voran mit deinem Messer?”, fragte er spitzbübisch.
Felsenspringer fuhr zusammen, blickte erst Zwei Raben an und dann ... nun ja, den Stein, der einmal eine Messerklinge werden sollte. Als er das wissende Grinsen der beiden Elfen sah, errötete er. Ärgerlich über sich selbst kniff er die Augen zusammen und schloß die Faust um den Stein.
”Wenn du nicht anfängst, dann wirst du nie damit fertig”, ließ sich Klinge mit Nachdruck vernehmen. ”Du wolltest doch lernen, wie man Steinklingen schlägt.”
”Ja, will ich doch auch!”
Felsenspringers Blick huschte schon wieder zum Himmel, als er Windfeders Lachen hörte. Sie und Ari landeten gerade atemlos über ihnen auf dem Plateau vor Speerers Höhle.
‘Warum machen wir uns eigentlich diese Arbeit?’, dachte er plötzlich. Ein abschätzender Blick auf den Stein - dann stand er auf und sagte herausfordernd: ”Wetten, daß ich noch heute zu einem neuen Messer komme, ohne einen Schlagstein anzufassen?”
Klinge zog die Augenbrauen zusammen. ”Wie willst du das denn anstellen?”, fragte er, sich nicht sicher, was Felsenspringer nun wieder ausheckte.
”Na, meins kriegst du bestimmt nicht.” Zwei Raben legte in beschützender Geste die Hand um den Griff seines eigenen Dolches, der in seinem breiten Gürtel steckte. Aber er und sein Onkel waren neugierig genug, um die Wette anzunehmen.
”Bis Sonnenuntergang also?”
Felsenspringer nickte. Die Sonne stand noch fast zwei Handbreit über dem bergigen Horizont, das müßte eigentlich reichen.
Die beiden Älteren wechselten einen Blick und tauschten sich kurz in Gedanken aus. Dann sagte Klinge: ”Eine Wette ohne Einsatz macht keinen Spaß.” Schon ziemlich siegessicher setzte er hinzu: ”Wenn du es nicht schaffst, dann bekommst du die nächsten acht Tage keinen Tropfen Blaubeerwein.”
”Und dein Anteil fällt an uns”, grinste Zwei Raben.
Felsenspringers Augen funkelten berechnend. ”Aber wenn ich es schaffe, gilt das gleiche für euch. Und für mich gibt es den dreifachen Anteil - euren nämlich mit dazu. Abgemacht! Bis Sonnenuntergang habt ihr den Beweis.”
Er ließ die beiden stehen und stieg eilig zu Speerers Höhle hinauf.
Kaum hatte er einen Fuß auf die Plattform gesetzt, da entdeckte Ari ihn auch schon und hängte sich an ihn. Die kleine Gleiterin war nach fast einem Jahr im Bergelfenstamm wie in einer großen Familie zu Hause, aber zu Windfeder und Felsenspringer fühlte sie sich am meisten hingezogen.
”Hast du das gesehen?!”, sprudelte sie hervor. ”Sie hat mich überholt! Grad eben! Das hat sie noch nie geschafft!” Seit Windfeders Kräfte wieder erwacht waren, hatte Ari ihrer älteren Freundin den ganzen Sommer über ein Flugmanöver nach dem anderen beigebracht. Und Wettfliegen! Ein Himmel ohne die beiden Gleiterinnen war für die Stammesgefährten inzwischen fast schon ein Grund zu scherzhafter Besorgnis.
Felsenspringer zauste Aris Haare. ”Dann mußt du dich in Zukunft wohl etwas mehr anstrengen”, riet er ihr.
”Pha, das war nur Glück!”, beharrte Ari auf ihrer Position als schnellste Fliegerin. Aber Felsenspringer sah ihr an, daß sie doch gehörig stolz auf das war, was sie ihrer Freundin beigebracht hatte.
”Glück, ja?” Windfeder, die mit ihrer Schwester Silbermoos aus der Höhle trat, hatte die letzten Worte gehört. ”Dann warte mal bis morgen. Du hängst mich nicht mehr ab!”
Mit einem Lächeln hob sie den Blick zu Felsenspringer, der plötzlich froh war, daß er aus einem bestimmten Grund gekommen war. Es geschah nicht zum ersten Mal, daß er völlig vergaß, was er eigentlich sagen wollte, wenn Windfeder ihn so ansah. Aber diesmal konnte er zum Glück an seine Wette denken.
”Kannst du mir einen Gefallen tun?”, bat er und öffnete die Hand, um Windfeder den Stein zu zeigen. ”Du schaffst es bestimmt, aus dem Ding hier eine anständige Klinge für ein Messer zu formen.”
Windfeder runzelte die Stirn, griff nach dem Stein und drehte ihn zwischen den Fingern, während sie ihn betrachtete. ”So etwas habe ich noch nie versucht.”
”Ach, komm schon. Das schaffst du sicher.”
“Du bist ja sehr überzeugt von mir.” Windfeder grinste. “Also gut - morgen fange ich damit an. Heute muß ich Silbermoos noch ein bißchen zur Hand gehen.”
”Aber es ist wichtig, ich brauche es noch heute!” Felsenspringers Blick huschte unruhig zum Himmel, wo die Sonne zwar noch hoch genug stand, aber unaufhaltsam Richtung Horizont wandern würde. Daß Windfeder auch noch andere Sachen zu erledigen hätte war ihm gar nicht in den Sinn gekommen.
”Soll ich es machen?”, erbot sich Ari eifrig. ”Ich kann das auch!”
Felsenspringer schüttelte den Kopf. Eine solche Arbeit traute er der Kleinen nun doch nicht zu. Bittend sah er Silbermoos an, die schließlich seufzend die Hände hob. ”Wenn es so wichtig ist - dann muß mir eben Ari helfen. Komm, kleine Schwester!”
Sie legte Ari, die viel lieber geblieben wäre, um zuzuschauen, einen Arm um die Schulter und zog sie mit. Als sie an Felsenspringer vorbeigingen, meinte er den Anflug eines verschmitzten Lächelns in Silbermoos’ Gesicht zu sehen - und fast den gleichen Blick wie gerade eben bei Zwei Raben und Klinge. Oder hatte er sich getäuscht?
Windfeder, die den Seitenblick ihrer Schwester nicht bemerkte, ließ ihm keine Zeit, sich zu ärgern. Sie bat ihn um sein altes Messer, um sich die Form der Schneide einprägen zu können. Felsenspringer setzte sich neben sie und beobachtete, wie ihre Finger über die glatte Oberfläche fuhren, an der der Stein schon einmal entzweigeschlagen worden war. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, die dunkelblauen Augen ein wenig zusammengekniffen, konzentrierte sie sich auf seine zukünftige Form. Selbst als ihr eine weißblonde Haarsträhne vor die Augen fiel, runzelte sie nur kurz die Stirn, gewillt, sich von nichts ablenken zu lassen.
Beinahe hätte Felsenspringer eine Hand gehoben, um ihr die störende Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Aber er rührte sich nicht, lächelte nur bei diesem Gedanken und vergaß die Sonne, die in seinem Rücken sank. Die ganze Zeit sah er Windfeder an, bemerkte die feine Falte, die sich über ihrer Nasenwurzel eingrub, als sie die sich verändernde Steinklinge drehte, und das zufriedene Lächeln, das darauf folgte.
”Fertig!”, sagte sie, hob den Kopf und strich sich die widerspenstige Strähne hinter das Ohr.
Felsenspringer blinzelte - auf das, was in ihren Händen vor sich ging, hatte er gar nicht mehr geachtet. Vorsichtig griff er nach dem Messer, das neu und ungewohnt in seiner Hand lag. Windfeder hatte nicht nur die Klinge, sondern auch gleich den Griff aus dem Stein geformt. Es war etwas schwerer als sein altes, doch die Schneide sah scharf aus - dünn, aber robust genug, um auch mal Zweige abtrennen zu können.
”Das ist ... genauso gut wie eins von Klinge”, sagte er bewundernd. ”Nein, besser! Und er braucht länger dafür!”
Windfeder freute sich über sein Lob. ”Die Schneide war am schwersten. Dünn und scharf und kräftig zugleich. So etwas habe ich nicht mal versucht, als ich noch im ...” Ein Schatten glitt über ihr Gesicht. Es war noch nicht ganz einen Jahreslauf her, daß sie den Blauen Berg verlassen hatte. Und Felsenspringer wußte nur zu genau, daß sie noch immer nicht ohne Schmerz zurückdenken konnte. Er wollte nicht, daß sie betrübt war.
”Treppen kann jeder bauen. Das schafft sogar Ari”, sagte er mit einer wegwerfenden Handbewegung. ”Aber so ein Messer?! Paß auf, morgen steht der ganze Stamm bei dir Schlange.”
”Und während ich euch allen neue Messer forme, zerbröckelt uns Sanfthands Treppe noch ganz unter den Füßen”, prophezeite Windfeder. ”Dann seht mal zu, wie ihr nach der Herbstjagd wieder heil hier oben ankommt. Und das ist dann alles deine Schuld!”
”Wo liegt da das Problem?”, grinste Felsenspringer. ”Du und Ari, ihr könnt ja alles hochfliegen. Wir kommen ganz gemächlich nach.”
”Da wird Ari aber ganz schön zu tragen haben”, sagte Windfeder, und es klang fast resigniert. ”Ich kann zwar fliegen, aber alles, was schwerer ist als ein Bündel Schneehasenfell kriege ich mit mir zugleich einfach nicht vom Boden hoch.”
”Das lernst du auch noch. Ich hätte ja auch nie gedacht, daß du mal fliegen kannst. Und daß du unseren kleinen Himmelsflitzer überholst!”
”Ja, so schnell wie heute war ich wirklich noch nie!” Windfeders Gesicht hellte sich auf, als sie an die wilden Flugmanöver dachte. Sie liebte es, mit Ari durch die Luft zu sausen und den Wind im Gesicht und ihren Haaren zu spüren.
”Ob ich das auch lernen könnte?” Felsenspringer stand auf, schob das neue Messer in die Lederscheide und grinste Windfeder auffordernd an. ”Na komm schon, bring’s mir bei! Wie machst du es?”
Windfeder verbiß sich ein Lachen und erklärte mit todernster Miene. ”Jemand, der Felsen heißt, lernt nie fliegen, das klingt schon viel zu schwer!”
”Hey, Moment mal! Seit wann ärgerst du hier eigentlich mich?!”, protestierte Felsenspringer.
”War das vorhin etwa eine ernsthafte Frage?”, erkundigte sich Windfeder mit unschuldiger Miene.
Die beiden sahen sich an und brachen fast gleichzeitig in Lachen aus.
In diesem Moment sank die Sonne mit dem letzten roten Rand unter den Horizont, und Zwei Rabens Stimme verkündete von der Treppe hinter ihnen: ”Das war’s dann, Felsen!”
”Der Blaubeerwein ist unser!”, setzte Klinge fröhlich hinzu.
Felsenspringer fuhr herum, sah in die Dämmerung und zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. Die Sonne war weg. Und dabei hätte er es locker schaffen können!
”Ich habe es!”, rief er. Vielleicht war doch noch etwas zu retten. Eilig zog er das Messer aus der Scheide und hielt es den beiden Elfen entgegen. ”Es ist fertig, ihr könnt es euch gerne anschauen!”
”Zu spät!”, lachte Zwei Raben. ”Du hast gesagt - bis Sonnenuntergang. Der ist vorbei. Aber wir kommen es uns trotzdem anschauen!”
Felsenspringer starrte auf das Messer in seiner Hand. ”Verdammt!”, knurrte er. Fast schien es, als wolle er es in einer wütenden, gedankenlosen Bewegung zu Boden werfen.
Windfeder verstand Felsenspringers plötzliche Verärgerung nicht. ”Was ist denn los?”, wollte sie wissen.
”Er hat gerade eine Wette verloren”, klärte Zwei Raben sie auf, der zu ihnen trat, eine Augenbraue hob und Felsenspringer bedeutungsvoll ansah. ”Tja, das hat man nun davon, wenn man sich lieber mit einer netten Elfe unterhält, statt an die Zeit zu denken.” Er ignorierte den wütenden Blick, den sein Freund ihm daraufhin zuwarf, und erklärte Windfeder schmunzelnd: ”Eigentlich wollte er uns ja beweisen, daß er ohne einen Handschlag Arbeit zu einem neuen Messer kommt, bevor die Sonne untergeht.”
”Ach, das war also so wichtig daran!” Windfeder maß Felsenspringer, der eine unschuldige Miene aufsetzte, mit einem ungläubigen Blick. Dann stahl sich ein belustigtes Lächeln in ihr Gesicht. ”Nun sag bloß noch, ich wäre schuld daran, daß du vergessen hast, wie tief die Sonne schon stand.”
”Na klar, immerhin hast du mich davon abgelenkt.” Felsenspringer wollte nicht zeigen, daß er sich über den so leicht verspielten Sieg und das breite Grinsen von Zwei Raben und Klinge ärgerte. Aber seine Worte kamen doch etwas mißgestimmt heraus, auch wenn er sie nicht ernst meinte: ”Deinetwegen muß ich jetzt acht Tage lang auf Blaubeerwein verzichten.”
”Du Armer.” Windfeder lachte und strich ihm tröstend über den Arm. ”Hättest du es selber gebaut, dann wäre das nicht passiert.”
”Ja, danke, sag du das nur auch noch.” Felsenspringer verdrehte die Augen. ‘Selber schuld’, dachte er zynisch - und plötzlich kam ihm das Ende dieser Wette nur noch komisch vor. Auf diese Art und Weise hatte bestimmt noch keiner verloren. Es war nur schade um den Blaubeerwein, den sich die beiden jetzt teilen würden.
”Ich habe es vor dem Sonnenuntergang geschafft”, betonte Windfeder, sich an Klinge wendend, doch der schüttelte den Kopf.
”Das mag ja sein, aber Bedingung ist Bedingung.”
”Als ob du nicht schon genug von Blausterns Wein abkriegen würdest als ihr Gefährte”, stichelte Felsenspringer. Er seufzte - die Wette würde er wohl einhalten müssen. Aber um endlich zu beweisen, daß sie nicht ganz umsonst gewesen war, reichte er Klinge das Messer.
Der Steinschläger betrachtete es, wog es in der Hand und fuhr mit dem Daumen über die Schneide. Sein Blick war voller Bewunderung. ”Aus einem Stück ...”, murmelte er. ”Ein wenig schwerer als die, die ich fertige, aber es liegt gut in der Hand.”
Windfeder lächelte, und Felsenspringer sagte grinsend: ”Ich wußte ja, daß sie es kann. Tja, Klinge - nun bist du arbeitslos.”
Der Elf gab das Messer an Felsenspringer zurück, der es an Zwei Raben weiterreichte, welcher es ebenfalls genauer betrachten und mit seinem eigenen vergleichen wollte. Und so sah nur Windfeder, wie Klinge auf Felsenspringers Bemerkung hin die Stirn runzelte. Von einem Moment zum anderen verschwand die Anerkennung aus seinem Blick, und er sah sie mit einem fast finsteren Ausdruck in den Augen an. Aber dann wich er ihrem fragenden Blick aus und stieg mit den Worten, er hätte noch etwas zu erledigen, zu seiner Höhle hinab.
Windfeder fühlte sich unbehaglich, als er ihnen den Rücken zukehrte. Irgend etwas war hier nicht in Ordnung. Und sie wurde das Gefühl nicht los, daß es an ihr lag - daß sie etwas getan hatte, was Klinge verärgerte, obwohl sie nicht wußte, was.
Oder waren es Felsenspringers Worte gewesen?
Der junge Jäger schien solche Gedanken nicht zu haben. Er hob nur den Kopf, als er ein Senden vernahm. ”Vater ruft mich”, sagte er und nickte Windfeder zu. ”Danke für das Messer!” Er zwinkerte ihr zu, schien seine Verärgerung schon wieder vergessen zu haben und verschwand von dem Plateau.
”Große Sonne!” Zwei Raben lachte, als auch er sich verabschiedete. ”Was machst du bloß mit ihm, Windfeder? Früher hätte er sich so einen Sieg nicht entgehen lassen.”
‘Was habe ich denn gemacht?’, fragte sich Windfeder verdutzt. Auf Ideen kam der! Aber sie verfolgte diesen Gedanken nicht weiter, da ihre Mutter sie rief, um ihr beim Zubereiten des Abendessens behilflich zu sein.
”Bist du fertig, Felsenspringer?”
Klinge blickte zu dem jungen Jäger hinüber, der vor der Höhle auf der Felsplattform saß. Noch immer hielt er den keilförmigen Stein, der einmal die Klinge seines neuen Messers werden sollte, in der Hand, starrte in den Himmel und hatte, wie es aussah, sogar die laut ausgesprochene Frage überhört. Obwohl schon einige Zeit verstrichen war, schien er noch nicht einmal mit seiner Arbeit begonnen zu haben.
Der Ältere runzelte die Stirn und trat aus seiner Höhle. Er hob nun ebenfalls den Kopf, neugierig darauf, was Felsenspringers Aufmerksamkeit so fesselte.
In einiger Entfernung über ihnen schossen zwei vertraute Gestalten über den von fransigen Wolken überzogenen Himmel - Ari voran, dicht hinter ihr Windfeder mit flatterndem Haar, die sie einzuholen suchte.
”Dich krieg’ ich noch!”, rief sie und streckte die Hand nach Aris Fuß aus.
”Du mich? Nie im Leben! Dafür bist du viel zu langsam!”
Die kleine Gleiterin kicherte, wich aus und wurde noch schneller. Sie bog in eine Runde um den Höhlenberg ein, und schon war auch Windfeder wieder außer Sicht.
Klinge sah zu Felsenspringer hinunter. Na, er konnte sich schon denken, wen der junge Jäger da wieder mit seinen Blicken verfolgte. Die Enttäuschung in seiner Miene, als Windfeder hinter dem nächsten Felsvorsprung verschwand, war nur zu offensichtlich. Aber statt sich nun endlich mit seinem zukünftigen Messer zu beschäftigen, schien Felsenspringer nur darauf zu warten, daß die wilde Jagd erneut vorüberkam.
”Klinge? Hast du noch einen Speerstein? Meine Spitze ist wahrscheinlich nicht mehr zu gebrauchen.”
Zwei Raben, der eben die Steintreppe hinabgestiegen war, nickte Klinge zu und rief auch Felsenspringer einen Gruß zu. Aber sein Freund antwortete nicht, tauchten doch gerade wieder Windfeder und Ari am Himmel auf - diesmal allerdings flog Windfeder voran.
**So geht das schon den ganzen Nachmittag**, beschwerte sich Klinge, während er sich seinem Neffen näherte, um die beschädigte Speerspitze zu begutachten. **Wenn er so weitermacht, dann sitzt er heute abend immer noch hier, ohne einen einzigen Handschlag zu tun.**
Zwei Raben machte sich nicht einmal die Mühe, ernsthaft auszusehen. Schließlich beobachtete er seinen Freund auch schon eine Weile. Er reichte Klinge die gesplitterte Speerspitze, die dieser stirnrunzelnd musterte, trat lautlos an Felsenspringer heran und schlug ihm auf die Schulter.
”Na, geht es voran mit deinem Messer?”, fragte er spitzbübisch.
Felsenspringer fuhr zusammen, blickte erst Zwei Raben an und dann ... nun ja, den Stein, der einmal eine Messerklinge werden sollte. Als er das wissende Grinsen der beiden Elfen sah, errötete er. Ärgerlich über sich selbst kniff er die Augen zusammen und schloß die Faust um den Stein.
”Wenn du nicht anfängst, dann wirst du nie damit fertig”, ließ sich Klinge mit Nachdruck vernehmen. ”Du wolltest doch lernen, wie man Steinklingen schlägt.”
”Ja, will ich doch auch!”
Felsenspringers Blick huschte schon wieder zum Himmel, als er Windfeders Lachen hörte. Sie und Ari landeten gerade atemlos über ihnen auf dem Plateau vor Speerers Höhle.
‘Warum machen wir uns eigentlich diese Arbeit?’, dachte er plötzlich. Ein abschätzender Blick auf den Stein - dann stand er auf und sagte herausfordernd: ”Wetten, daß ich noch heute zu einem neuen Messer komme, ohne einen Schlagstein anzufassen?”
Klinge zog die Augenbrauen zusammen. ”Wie willst du das denn anstellen?”, fragte er, sich nicht sicher, was Felsenspringer nun wieder ausheckte.
”Na, meins kriegst du bestimmt nicht.” Zwei Raben legte in beschützender Geste die Hand um den Griff seines eigenen Dolches, der in seinem breiten Gürtel steckte. Aber er und sein Onkel waren neugierig genug, um die Wette anzunehmen.
”Bis Sonnenuntergang also?”
Felsenspringer nickte. Die Sonne stand noch fast zwei Handbreit über dem bergigen Horizont, das müßte eigentlich reichen.
Die beiden Älteren wechselten einen Blick und tauschten sich kurz in Gedanken aus. Dann sagte Klinge: ”Eine Wette ohne Einsatz macht keinen Spaß.” Schon ziemlich siegessicher setzte er hinzu: ”Wenn du es nicht schaffst, dann bekommst du die nächsten acht Tage keinen Tropfen Blaubeerwein.”
”Und dein Anteil fällt an uns”, grinste Zwei Raben.
Felsenspringers Augen funkelten berechnend. ”Aber wenn ich es schaffe, gilt das gleiche für euch. Und für mich gibt es den dreifachen Anteil - euren nämlich mit dazu. Abgemacht! Bis Sonnenuntergang habt ihr den Beweis.”
Er ließ die beiden stehen und stieg eilig zu Speerers Höhle hinauf.
Kaum hatte er einen Fuß auf die Plattform gesetzt, da entdeckte Ari ihn auch schon und hängte sich an ihn. Die kleine Gleiterin war nach fast einem Jahr im Bergelfenstamm wie in einer großen Familie zu Hause, aber zu Windfeder und Felsenspringer fühlte sie sich am meisten hingezogen.
”Hast du das gesehen?!”, sprudelte sie hervor. ”Sie hat mich überholt! Grad eben! Das hat sie noch nie geschafft!” Seit Windfeders Kräfte wieder erwacht waren, hatte Ari ihrer älteren Freundin den ganzen Sommer über ein Flugmanöver nach dem anderen beigebracht. Und Wettfliegen! Ein Himmel ohne die beiden Gleiterinnen war für die Stammesgefährten inzwischen fast schon ein Grund zu scherzhafter Besorgnis.
Felsenspringer zauste Aris Haare. ”Dann mußt du dich in Zukunft wohl etwas mehr anstrengen”, riet er ihr.
”Pha, das war nur Glück!”, beharrte Ari auf ihrer Position als schnellste Fliegerin. Aber Felsenspringer sah ihr an, daß sie doch gehörig stolz auf das war, was sie ihrer Freundin beigebracht hatte.
”Glück, ja?” Windfeder, die mit ihrer Schwester Silbermoos aus der Höhle trat, hatte die letzten Worte gehört. ”Dann warte mal bis morgen. Du hängst mich nicht mehr ab!”
Mit einem Lächeln hob sie den Blick zu Felsenspringer, der plötzlich froh war, daß er aus einem bestimmten Grund gekommen war. Es geschah nicht zum ersten Mal, daß er völlig vergaß, was er eigentlich sagen wollte, wenn Windfeder ihn so ansah. Aber diesmal konnte er zum Glück an seine Wette denken.
”Kannst du mir einen Gefallen tun?”, bat er und öffnete die Hand, um Windfeder den Stein zu zeigen. ”Du schaffst es bestimmt, aus dem Ding hier eine anständige Klinge für ein Messer zu formen.”
Windfeder runzelte die Stirn, griff nach dem Stein und drehte ihn zwischen den Fingern, während sie ihn betrachtete. ”So etwas habe ich noch nie versucht.”
”Ach, komm schon. Das schaffst du sicher.”
“Du bist ja sehr überzeugt von mir.” Windfeder grinste. “Also gut - morgen fange ich damit an. Heute muß ich Silbermoos noch ein bißchen zur Hand gehen.”
”Aber es ist wichtig, ich brauche es noch heute!” Felsenspringers Blick huschte unruhig zum Himmel, wo die Sonne zwar noch hoch genug stand, aber unaufhaltsam Richtung Horizont wandern würde. Daß Windfeder auch noch andere Sachen zu erledigen hätte war ihm gar nicht in den Sinn gekommen.
”Soll ich es machen?”, erbot sich Ari eifrig. ”Ich kann das auch!”
Felsenspringer schüttelte den Kopf. Eine solche Arbeit traute er der Kleinen nun doch nicht zu. Bittend sah er Silbermoos an, die schließlich seufzend die Hände hob. ”Wenn es so wichtig ist - dann muß mir eben Ari helfen. Komm, kleine Schwester!”
Sie legte Ari, die viel lieber geblieben wäre, um zuzuschauen, einen Arm um die Schulter und zog sie mit. Als sie an Felsenspringer vorbeigingen, meinte er den Anflug eines verschmitzten Lächelns in Silbermoos’ Gesicht zu sehen - und fast den gleichen Blick wie gerade eben bei Zwei Raben und Klinge. Oder hatte er sich getäuscht?
Windfeder, die den Seitenblick ihrer Schwester nicht bemerkte, ließ ihm keine Zeit, sich zu ärgern. Sie bat ihn um sein altes Messer, um sich die Form der Schneide einprägen zu können. Felsenspringer setzte sich neben sie und beobachtete, wie ihre Finger über die glatte Oberfläche fuhren, an der der Stein schon einmal entzweigeschlagen worden war. Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf, die dunkelblauen Augen ein wenig zusammengekniffen, konzentrierte sie sich auf seine zukünftige Form. Selbst als ihr eine weißblonde Haarsträhne vor die Augen fiel, runzelte sie nur kurz die Stirn, gewillt, sich von nichts ablenken zu lassen.
Beinahe hätte Felsenspringer eine Hand gehoben, um ihr die störende Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Aber er rührte sich nicht, lächelte nur bei diesem Gedanken und vergaß die Sonne, die in seinem Rücken sank. Die ganze Zeit sah er Windfeder an, bemerkte die feine Falte, die sich über ihrer Nasenwurzel eingrub, als sie die sich verändernde Steinklinge drehte, und das zufriedene Lächeln, das darauf folgte.
”Fertig!”, sagte sie, hob den Kopf und strich sich die widerspenstige Strähne hinter das Ohr.
Felsenspringer blinzelte - auf das, was in ihren Händen vor sich ging, hatte er gar nicht mehr geachtet. Vorsichtig griff er nach dem Messer, das neu und ungewohnt in seiner Hand lag. Windfeder hatte nicht nur die Klinge, sondern auch gleich den Griff aus dem Stein geformt. Es war etwas schwerer als sein altes, doch die Schneide sah scharf aus - dünn, aber robust genug, um auch mal Zweige abtrennen zu können.
”Das ist ... genauso gut wie eins von Klinge”, sagte er bewundernd. ”Nein, besser! Und er braucht länger dafür!”
Windfeder freute sich über sein Lob. ”Die Schneide war am schwersten. Dünn und scharf und kräftig zugleich. So etwas habe ich nicht mal versucht, als ich noch im ...” Ein Schatten glitt über ihr Gesicht. Es war noch nicht ganz einen Jahreslauf her, daß sie den Blauen Berg verlassen hatte. Und Felsenspringer wußte nur zu genau, daß sie noch immer nicht ohne Schmerz zurückdenken konnte. Er wollte nicht, daß sie betrübt war.
”Treppen kann jeder bauen. Das schafft sogar Ari”, sagte er mit einer wegwerfenden Handbewegung. ”Aber so ein Messer?! Paß auf, morgen steht der ganze Stamm bei dir Schlange.”
”Und während ich euch allen neue Messer forme, zerbröckelt uns Sanfthands Treppe noch ganz unter den Füßen”, prophezeite Windfeder. ”Dann seht mal zu, wie ihr nach der Herbstjagd wieder heil hier oben ankommt. Und das ist dann alles deine Schuld!”
”Wo liegt da das Problem?”, grinste Felsenspringer. ”Du und Ari, ihr könnt ja alles hochfliegen. Wir kommen ganz gemächlich nach.”
”Da wird Ari aber ganz schön zu tragen haben”, sagte Windfeder, und es klang fast resigniert. ”Ich kann zwar fliegen, aber alles, was schwerer ist als ein Bündel Schneehasenfell kriege ich mit mir zugleich einfach nicht vom Boden hoch.”
”Das lernst du auch noch. Ich hätte ja auch nie gedacht, daß du mal fliegen kannst. Und daß du unseren kleinen Himmelsflitzer überholst!”
”Ja, so schnell wie heute war ich wirklich noch nie!” Windfeders Gesicht hellte sich auf, als sie an die wilden Flugmanöver dachte. Sie liebte es, mit Ari durch die Luft zu sausen und den Wind im Gesicht und ihren Haaren zu spüren.
”Ob ich das auch lernen könnte?” Felsenspringer stand auf, schob das neue Messer in die Lederscheide und grinste Windfeder auffordernd an. ”Na komm schon, bring’s mir bei! Wie machst du es?”
Windfeder verbiß sich ein Lachen und erklärte mit todernster Miene. ”Jemand, der Felsen heißt, lernt nie fliegen, das klingt schon viel zu schwer!”
”Hey, Moment mal! Seit wann ärgerst du hier eigentlich mich?!”, protestierte Felsenspringer.
”War das vorhin etwa eine ernsthafte Frage?”, erkundigte sich Windfeder mit unschuldiger Miene.
Die beiden sahen sich an und brachen fast gleichzeitig in Lachen aus.
In diesem Moment sank die Sonne mit dem letzten roten Rand unter den Horizont, und Zwei Rabens Stimme verkündete von der Treppe hinter ihnen: ”Das war’s dann, Felsen!”
”Der Blaubeerwein ist unser!”, setzte Klinge fröhlich hinzu.
Felsenspringer fuhr herum, sah in die Dämmerung und zerdrückte einen Fluch zwischen den Zähnen. Die Sonne war weg. Und dabei hätte er es locker schaffen können!
”Ich habe es!”, rief er. Vielleicht war doch noch etwas zu retten. Eilig zog er das Messer aus der Scheide und hielt es den beiden Elfen entgegen. ”Es ist fertig, ihr könnt es euch gerne anschauen!”
”Zu spät!”, lachte Zwei Raben. ”Du hast gesagt - bis Sonnenuntergang. Der ist vorbei. Aber wir kommen es uns trotzdem anschauen!”
Felsenspringer starrte auf das Messer in seiner Hand. ”Verdammt!”, knurrte er. Fast schien es, als wolle er es in einer wütenden, gedankenlosen Bewegung zu Boden werfen.
Windfeder verstand Felsenspringers plötzliche Verärgerung nicht. ”Was ist denn los?”, wollte sie wissen.
”Er hat gerade eine Wette verloren”, klärte Zwei Raben sie auf, der zu ihnen trat, eine Augenbraue hob und Felsenspringer bedeutungsvoll ansah. ”Tja, das hat man nun davon, wenn man sich lieber mit einer netten Elfe unterhält, statt an die Zeit zu denken.” Er ignorierte den wütenden Blick, den sein Freund ihm daraufhin zuwarf, und erklärte Windfeder schmunzelnd: ”Eigentlich wollte er uns ja beweisen, daß er ohne einen Handschlag Arbeit zu einem neuen Messer kommt, bevor die Sonne untergeht.”
”Ach, das war also so wichtig daran!” Windfeder maß Felsenspringer, der eine unschuldige Miene aufsetzte, mit einem ungläubigen Blick. Dann stahl sich ein belustigtes Lächeln in ihr Gesicht. ”Nun sag bloß noch, ich wäre schuld daran, daß du vergessen hast, wie tief die Sonne schon stand.”
”Na klar, immerhin hast du mich davon abgelenkt.” Felsenspringer wollte nicht zeigen, daß er sich über den so leicht verspielten Sieg und das breite Grinsen von Zwei Raben und Klinge ärgerte. Aber seine Worte kamen doch etwas mißgestimmt heraus, auch wenn er sie nicht ernst meinte: ”Deinetwegen muß ich jetzt acht Tage lang auf Blaubeerwein verzichten.”
”Du Armer.” Windfeder lachte und strich ihm tröstend über den Arm. ”Hättest du es selber gebaut, dann wäre das nicht passiert.”
”Ja, danke, sag du das nur auch noch.” Felsenspringer verdrehte die Augen. ‘Selber schuld’, dachte er zynisch - und plötzlich kam ihm das Ende dieser Wette nur noch komisch vor. Auf diese Art und Weise hatte bestimmt noch keiner verloren. Es war nur schade um den Blaubeerwein, den sich die beiden jetzt teilen würden.
”Ich habe es vor dem Sonnenuntergang geschafft”, betonte Windfeder, sich an Klinge wendend, doch der schüttelte den Kopf.
”Das mag ja sein, aber Bedingung ist Bedingung.”
”Als ob du nicht schon genug von Blausterns Wein abkriegen würdest als ihr Gefährte”, stichelte Felsenspringer. Er seufzte - die Wette würde er wohl einhalten müssen. Aber um endlich zu beweisen, daß sie nicht ganz umsonst gewesen war, reichte er Klinge das Messer.
Der Steinschläger betrachtete es, wog es in der Hand und fuhr mit dem Daumen über die Schneide. Sein Blick war voller Bewunderung. ”Aus einem Stück ...”, murmelte er. ”Ein wenig schwerer als die, die ich fertige, aber es liegt gut in der Hand.”
Windfeder lächelte, und Felsenspringer sagte grinsend: ”Ich wußte ja, daß sie es kann. Tja, Klinge - nun bist du arbeitslos.”
Der Elf gab das Messer an Felsenspringer zurück, der es an Zwei Raben weiterreichte, welcher es ebenfalls genauer betrachten und mit seinem eigenen vergleichen wollte. Und so sah nur Windfeder, wie Klinge auf Felsenspringers Bemerkung hin die Stirn runzelte. Von einem Moment zum anderen verschwand die Anerkennung aus seinem Blick, und er sah sie mit einem fast finsteren Ausdruck in den Augen an. Aber dann wich er ihrem fragenden Blick aus und stieg mit den Worten, er hätte noch etwas zu erledigen, zu seiner Höhle hinab.
Windfeder fühlte sich unbehaglich, als er ihnen den Rücken zukehrte. Irgend etwas war hier nicht in Ordnung. Und sie wurde das Gefühl nicht los, daß es an ihr lag - daß sie etwas getan hatte, was Klinge verärgerte, obwohl sie nicht wußte, was.
Oder waren es Felsenspringers Worte gewesen?
Der junge Jäger schien solche Gedanken nicht zu haben. Er hob nur den Kopf, als er ein Senden vernahm. ”Vater ruft mich”, sagte er und nickte Windfeder zu. ”Danke für das Messer!” Er zwinkerte ihr zu, schien seine Verärgerung schon wieder vergessen zu haben und verschwand von dem Plateau.
”Große Sonne!” Zwei Raben lachte, als auch er sich verabschiedete. ”Was machst du bloß mit ihm, Windfeder? Früher hätte er sich so einen Sieg nicht entgehen lassen.”
‘Was habe ich denn gemacht?’, fragte sich Windfeder verdutzt. Auf Ideen kam der! Aber sie verfolgte diesen Gedanken nicht weiter, da ihre Mutter sie rief, um ihr beim Zubereiten des Abendessens behilflich zu sein.