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Decision

von Kittykate
Kurzbeschreibung
OneshotDrama / P16 / Gen
April Eagle Colt Commander Eagle Fireball Saber Rider
13.05.2013
13.05.2013
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Graue, dicke Wolken zogen auf und verdunkelten rasch den hellblauen Himmel. Langsam wurde die Sonne verdeckt und ein kühler Wind zog auf. Dieser fegte über das große grüne Gelände, auf dem sich ein weißer Stein neben dem anderen reihte. In Reihe und Glied, gleich groß, gleich breit und weiß. Es waren die Grabsteine des Militärfriedhofs und es gab schon viel zu viele davon. Viel unnötige Opfer der noch unnötigeren Kriege. Die meisten Gräber entstanden zu den beiden größten Auseinandersetzungen zwischen den Menschen und den Outrider. Der erste Krieg vor inzwischen zweiundzwanzig Jahren forderte die meisten Opfer. Die Outrider griffen überraschend an, das Militär hatte zu spät reagiert und errang den knappen Sieg nur durch einige Selbstmordfahrten. Vor dreieinhalb Jahren begann ein neuer Überfall der Feinde und auch hier verloren viele Menschen im Kampf nicht nur ihr zuhause, ihre Planeten, sondern fanden auch ihre letzte Ruhe. Dank den Star Sheriffs und den Sondereinheiten der Kavallerie konnte auch dieser Krieg nach drei Jahren beendet werden. Endlich herrschte Frieden. Die Hoffnung war groß, die Zuversicht auf eine glückliche Zukunft da. Und dann traf sie dieses Ereignis. So plötzlich und unerwartet.

Er sah sich um. Neben ihm stand seine Frau, Sinica. Ihre Hochzeit war erst vor wenigen Wochen. Die Flitterwochen standen noch aus. Aber nun hatte er andere Sorgen. Seine Augen glitten über die vielen bekannten und unbekannten traurigen und betroffenen Gesichtern.
Alle trugen schwarz oder ihre Militäruniformen. Es waren viele ranghöhere Bekannte und Freunde anwesend. General White-Hawk, König Jarred von Jarr in Begleitung von Prinz Roland, viele Kommandanten, Generäle, Offiziere, Kollegen und Freunde. Seine Augen folgten dem Weg der Gesichter und blieben dann an dem weißen Grabstein vor ihm hängen.
Es war ein frisches Grab. Kränze und Blumen über Blumen waren darauf abgelegt. Der Priester sprach noch einige Worte. Worte, die er hörte, aber nicht registrierte. Alles ging an ihm vorbei, als wäre er ein Fremder, der nicht an diesen Ort gehörte. Dennoch betraf es ihn persönlich. Es war die Beerdigung einer seiner besten Freunden, einer seiner Kollegen und engsten Vertrauten. Niemandem hatte er je so viel Vertrauen entgegen gebracht. Er kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an und rang wieder um Fassung.
Als hätte sie es geahnt, nahm die schwarzhaarige Schönheit seine Hand in ihre und drückte diese fest. Sie sah nicht zu ihm auf, viel zu sehr war sie damit beschäftigt, die immer wieder aufkommenden Tränen mit einem Taschentuch zu trocknen.
Es war Ironie. So oft standen er und seine Kollegen im Kampf gegen die Outrider auf der Schwelle zwischen Leben und Tod. Das es nun wirklich einen von ihnen, in so jungen Jahren und viel zu früh erwischt hatte, war kaum zu glauben. Dieses Mal waren nicht die Outrider schuld, sondern ein einfacher Autounfall. Wer hätte schon geglaubt, dass es so schnell und auf diese einfache Weise geschah... Er bestimmt nicht.
Der Priester entfernte sich vom Grab. Er war mit der Predigt fertig. Und plötzlich ertönten aus der Ferne Schüsse. Einundzwanzig Schuss waren das Ehrensignal. Einundzwanzig Schuss, da der Verstorbene ein Mitglied des Team Ramrod war.
Schuss für Schuss. Der Schall jedes Schusses hallte nach.
Er wusste, dass über Yuma Flugverbot herrschte, trotzdem bot Kommandant Eagle ihnen an mit Ramrod über den Friedhof zu fliegen. Es wäre eine Ehre gewesen, aber keiner von ihnen fühlte sich imstande zu fliegen. Es wäre falsch gewesen, den Kampfroboter ohne ihr viertes Besatzungsmitglied zu steuern.
Irgendwann wurde es still. Eine Glocke läutete von weit her und jeder der anwesenden Trauergäste verstummte. Ohne es zu wollen drifteten seine Gedanken ab.
Er hätte es verhindern können. Hätte er sich als Teamboss nur durchgesetzt und verlangt an Bord zu bleiben, dann wäre dies alles nicht passiert. Er trug die volle Verantwortung und musste mit den Konsequenzen leben. Auch wenn Kommandant Eagle und auch sonst jemand ihm nie einen Vorwurf gemacht hatte, so quälte er sich selbst jeden Tag mit den Gedanken, dass er es verhindern hätte können.
Wieder läuteten die Glocken.
General White-Hawk und König Jarred traten vor und hielten noch kurze Abschlussworte. Kommandant Eagle fühlte sich nicht fähig Worte zu finden, daher übernahmen diese Aufgabe seine engsten Vertrauten. Danach verließen die Trauergäste den traurigen Ort und gingen langsam ihrer Wege.
Eine kleine Gruppe blieb am Grab stehen, doch das bekam er gar nicht mit. Zu sehr war er auf den breiten Rücken seines Chefs, dem obersten Befehlsführer des Kavallerie Oberkommando, konzentriert, der reglos am Grab stand.
„Ich warte auf dich, Saber“, sprach seine Frau liebevoll, dennoch war ihre Stimme ganz rau. Unfähig zu antworten, nickte er nur und sie löste ihre Hand von seiner. Mit einem Mal war die Wärmequelle weg und ein leichtes Zittern überzog seinen Körper. Langsam tat er einen Schritt vor. Er räusperte sich: „Sir“, begann er leise. „In den nächsten Tagen erreicht Sie ein Schreiben. Ich bitte Sie darum, mich nach Alamo zu versetzen.“
Wenn es denn möglich war, sackten die Schultern des Mannes noch ein klein wenig mehr ein, aber er nickte. Kein Wort, einfach nur ein Nicken.
Saber nickte ebenfalls, auch wenn es der Kommandant nicht sehen konnte, und drehte sich dann um. Er blickte in die traurigen Augen seiner Freunde und Kollegen. Er versuchte ein Lächeln, aber es missglückte gänzlich. „Wir hören von einander.“ Und mit den Worten ging er durch die Zwischenräume der Grabsteine zum Weg und wenig später verließ er mit seiner Sinica den Friedhof.
Saber wusste, dass in den nächsten Tagen ein Brief im Briefkasten sein würde, der seiner Bitte stattgab. Er würde auf Alamo als Ausbilder arbeiten. Mit seiner Berufserfahrung und auch der gesammelten Erfahrung im Krieg, wäre er eine große Hilfe in der Ausbildungsstätte und die Kadetten konnten viel von ihm lernen.

Er dachte schon diese Veranstaltung nehme überhaupt kein Ende mehr. Der Priester redete und redete, während der Himmel sich verdunkelte. Irgendwie passte es ja zu seiner Stimmung. Zu dieser Stimmung. Nun stand er hier bei seinen Kollegen und Freunden. Nah bei sich spürte er seine Verlobte und ihren Bruder. Beide zitternden und wischten sich die Tränen aus dem Gesicht. Er hasste Beerdigungen und schon gar hasste er es, wenn es eine Beerdigung eines seiner besten Freunde war. Viel zu jung und viel zu früh. Seltsam eigentlich, wenn man bedachte wie oft und nah sie dem Tod während dem Krieg waren. Und dann plötzlich...
Er hätte es verhindern können. Er würde alles tun um die letzten Wochen zurück zu drehen. Ja, er würde selbst einen Pakt mit dem Teufel schließen, wenn es denn nur möglich war, alles auf Neuanfang zu stellen. Doch er wusste, dass die Realität anders aussah. Sie waren nicht in einem Film, den man zurückspulen konnte. Sie konnten das Schicksal nicht beeinflussen.
Seine Augen ruhten auf dem Grabstein. Das war das Ende. Zurück blieben Erinnerungen und ein weißer Grabstein, der wie alle anderen aussah. Nichts besonderes. Einfach nur ein weißer Grabstein mit schwarzer Schrift.
Er sah sich um und erkannte einige bekannte Gesichter. Suzie und ihr Neffe Pierre waren hier. Suzie trug ihre Uniform und tupfte sich mit einem Tuch unter die Augen. Schon kamen die ersten Erinnerungen. Wie hatten sie einen Spaß in den Bergen gehabt. Und leider trafen sie in ihrem Kurzurlaub auf Outrider. Eigentlich trafen sie immer irgendwo auf Outrider. Diese Blechdosen waren einfach überall und nicht einmal im Urlaub ließen sie die Star Sheriffs in Ruhe. Sie hatten so viele Abenteuer erlebt und jetzt war das ganze plötzlich vorbei.
Es kam für ihn nicht in Frage Ramrod zu fliegen, auch wenn es ein Ehrenflug war. Aber sie waren sich einig, dass er nur in ihrer Einheit geflogen werden sollte. Und ihre Einheit war zersprengt.
Ein höhnisches Lächeln zuckte über seine Lippen. Nun war das eingetreten, was ihr Erzfeind von Anfang an immer wieder geplant hatte. Die Gruppe war zersprengt, Team Ramrod zerstört, ein Mitglied fehlte und würde für immer ein Loch in sie alle reißen. Dummerweise war der gute, alte Jesse Blue ebenfalls tot und konnte seinen Triumph nicht mehr auskosten.
Die Schüsse erklangen und jeder einzelne ließ ihn erschaudern. Dann ließen noch General White-Hawk und König Jarred einige Worte verlauten, aber er hörte schon gar nicht mehr zu. Er wollte nur noch fort von hier. Weg von diesem traurigen Ort. Am liebsten würde er sich in seinen Erinnerungen verkriechen und sich von dieser Welt komplett abkapseln. Er war ein Mensch, der gerne verdrängte. Und sein Selbstschutz war bereits vor Tagen angesprungen. Er verdrängte die unschönen Gedanken an den Verlust des Freundes und Gefährten. Er hätte es verhindern können, wenn er nur darauf beharrt hätte, aber es hatte keinen Sinn mehr. Passiert war nun mal passiert und er redete sich ein, das dies alles nur ein böser Traum war. Ein realer, böser Traum...
„Colt“, riss ihn die so geliebte Stimme aus seiner Lethargie. „Josh und ich, wir warten auf dich.“
Mit diesen Worten gingen seine Verlobte und der Junge den Weg entlang. Er sah ihnen lange nach, unfähig Worte zu finden. Aber er sah, wie sie sich mit Sincia zusammen stellten.
„Sir“, hörte er Sabers Stimme und widmete seine Aufmerksamkeit auf den Säbelschwinger vor sich. „In den nächsten Tagen erreicht Sie ein Schreiben. Ich bitte Sie darum, mich nach Alamo versetzen zu lassen.“
Er wusste es. Sie hatten darüber gesprochen. Gestern Abend. Der letzte gemeinsame Abend auf Ramrod. Sie saßen auf der Brücke zusammen, jeder in seinem Modul und unterhielten sich bis spät in die Nacht, hingen Erinnerungen nach und sprachen über die Zukunft.
Saber drehte sich zu ihm um. Colt sah das klägliche Lächeln. „Wir hören von einander“, sprach der Blonde und verschwand.
Am liebsten hätte er ihn angeschrien, aber Colt wusste, das der Säbelschwinger genauso wenig Schuld an der Situation hatte wie er selbst. Sie hätten es vielleicht gar nicht verhindern können. Auch er sammelte sich für seine Worte: „Commander Eagle“, so höflich war er noch nie zuvor gewesen und es unterstrich die Ernsthaftigkeit der folgenden Worte. „Ich schicke Ihnen morgen meine Kündigung.“
Der ältere Mann stand immer noch reglos vor dem Grab.
Er war in den letzten Jahren wie ein Vater gewesen, der immer seine Hände schützend über seine Einheit gelegt hatte. Das Vertrauen, welches er in das junge Team setzte, war unerschütterlich. Er stand für jeden Fehler, den sie gemacht hatten gerade und selbst bei Befehlsverweigerung war er ihnen nie böse gewesen oder hatte sie zur Verantwortung gezogen.
Leise erklang seine Stimme. Gebrochen, von der Jovialität nichts mehr zu spüren. „Ich verstehe deine Beweggründe, Colt.“
Das war es also. Er gehörte nicht mehr zur Kavallerie. Eigentlich war er nie wirklich ein Kavallerist gewesen. Er war Kopfgeldjäger und von ihr als Scharfschütze eingestellt worden. Seine Augen suchten den jungen Mann neben sich. Ihn traf es von ihrem Team besonders hart. Noch nie hatte er so viele Emotionen in dem Japaner gesehen, wie in den letzten Wochen. Sanft legte er seine Hand auf dessen Schulter und drückte sie. „Wir sehen uns, Hombre.“
Ein leichtes, abwesendes Nicken war die Antwort. Colt wollte sich soeben zum Gehen drehen, als seine Stimme ihn zurück hielt. „Kannst du Mandarin mitnehmen? Ich möchte allein sein.“
„Klar, Partner.“ Colt nickte, klopfte seinem besten Freund noch einmal auf die Schulter und ging dann zu der kleinen betrübten Gruppe, in der seine Verlobte Robin, mit Mandarin und Josh, Suzie und Pierre stand.
Gemeinsam verließen sie den Friedhof.

Weiß mit schwarzen Lettern. Das soll es also gewesen sein. Die Worte des Priesters hörte er nicht. Die Schüsse nahm er nur von der Ferne wahr. Auch die Schweigeminute wie die Abschlussworte realisierte er nicht.
Er sah nur weiß und schwarz.
Das leise Schniefen von Mandarin, die die gesamte Zeit über neben ihm stand, hörte er auch nicht. Das sie sich an ihn schmiegte, den Druck ihres Kopfes gegen seine Schulter, fühlte er zwar, aber er war nicht fähig zu reagieren.
Weiß und schwarz.
Dabei sah er doch immer alles bunt. Er sah sie vor seinen Augen. Blaue Augen, langes blondes Haar. Sie stellte ihn damals als Piloten ein. Ihre Worte hatten sich tief in sein Gedächtnis eingeprägt. <<Wer so einen Rennwagen fährt ist auch für Ramrod geeignet.>> Und sie behielt Recht. Keiner aus der Kavallerie wäre besser als Pilot gewesen. Ihm lag das Fliegen im Blut. Immerhin war sein Vater einer der Helden des ersten Krieges gewesen. Ein Held, der sein Leben für den Frieden gab und seine Frau und ohne der Kenntnis über ihre Schwangerschaft, zurückließ.
Seine Augen starrten auf den Grabstein.
Weiß und schwarz.
Er erinnerte sich an den Tag zurück, als sie die Nachricht erfahren hatten.

Stille durchzog das Büro. Das einzige Geräusch, welches in einer wiederholenden Regelmäßigkeit einen Laut von sich gab, kam von der Uhr, denn es war der tickende Sekundenzeiger. Unaufhaltsam vergingen die Sekunden. Mit jedem Tick, Tick, Tick wurden die Sekunden zu Minuten. Die eben erfahrene Nachricht lähmte die Männer regelrecht. Der älteste von ihnen stand am Fenster, blickte hinaus und nahm doch nichts von seiner Umgebung wahr. Zwei saßen auf Stühlen, verharrten regelrecht dort. Der letzte von ihnen ging im Raum auf und ab und er war es auch der diese unerträgliche Schockstarre durchbrach. „Das kann doch nicht sein, verdammt!“ Wütend fuhr er sich durch sein ungebändigtes Haar und brachte noch mehr Unordnung hinein. „Das darf nicht sein“, fügte er heiser hinzu. In seinen Augen bildeten sich Tränen. Er war nicht der einzige, der mit der Situation im Moment komplett überfordert war. Seine braunen Augen hatten jeglichen Glanz eingebüßt. Er sah in die Runde und schluckte. Jeden traf diese Nachricht hart.
Der Cowboy zog sich seinen Hut tief ins Gesicht. Vermutlich wollte er so verhindern, dass jemand seine Tränen sah.
Der Blonde blinzelte, dennoch ließ es sich nicht verhindern, dass eine einzelne Träne ihm über die Wange kullerte.
Ihr Boss, der inzwischen am Fenster stand, war zur Salzsäule erstarrt. Als er von den schrecklichen Nachrichten erfahren hatte, war ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. Er schien in einer einzigen Minute um Jahre gealtert zu sein.
Seit Tagen schon standen sie machtlos herum. Sie suchten verzweifelt nach ihr, seit sie auf New Witchita verschwunden war. Und jetzt sollte es vorbei sein? Ausgerechnet so geendet haben? „Ich will sie sehen“, forderte der rastlose junge Mann wütend. Ja, er war wütend, verzweifelt, fassungslos und mit einem Mal leer. Sein Herz hatte mit der eingetroffenen Nachricht aufgehört zu leben. Es zerbrach in diesem Moment in tausend Teile. Nun, wo er keine Möglichkeit mehr hatte es rückgängig zu machen und es auch keine gemeinsame Zukunft mehr geben würde, war er verloren. Verloren in dieser schrecklichen Einsamkeit. Er spürte, dass ihn nichts mehr auf dieser Welt hielt, war sie doch alles was er sich wünschte.
„Ihr wollt sie nicht sehen.“
Worte, die im Raum standen. Worte, so voller Traurigkeit und Leere.
„Sie ist bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Nicht einmal mir haben sie einen Blick gestattet.“ Die sonst so joviale Stimme war gebrochen. In diesem Moment blickte der ältere Mann auf, drehte sich um und sah dem Jüngsten direkt in die braunen, feuchten Augen. Auf einmal erkannte er, wie viel seine Tochter diesem jungen Mann bedeutet hatte. „Es tut mir leid“, hauchte er kraftlos und wandte den schmerzerfüllten Blick ab. Er wünschte sich, dass sie jeden Moment durch die Tür kam mit einem fröhlichen ‚Daddy’ und einem strahlenden Lächeln auf ihren Lippen. Er konnte dem jungen Mann nicht den Schmerz über den Verlust nehmen, so musste er selbst erst einmal die Ereignisse verarbeiten. „Ihr Leichnam ist freigegeben. Übermorgen findet die Beerdigung statt.“
Im nächsten Moment schlug die Tür so fest zu, dass es sie fast aus den Angeln hob.
Der Wuschelkopf schnappte sich seinen Rennwagen, fuhr vom Gelände und verließ wenig später die Stadt. Mit Tränen in den Augen schoss er in die Prärie. Sein Kopf war leer. Jegliche Gefühle plötzlich weg. Wie konnte das ausgerechnet ihr passieren? Wieso gerade sie? Er verstand so vieles im Moment nicht und er bereute es, sie allein gelassen zu haben. Am allermeisten warf er sich selbst vor sich nicht seinen Gefühlen ihr gegenüber gestellt zu haben, sondern feige so getan hatte, als wäre nie mehr außer Freundschaft zwischen ihnen gewesen.
Er sah in der Ferne einen Baum stehen.
Sie war alles was er brauchte. Sie war immer da und plötzlich riss sie so ein tiefes Loch in ihn. Sein Herz war nur noch ein Pumpmuskel von einer unsagbaren Leere erfüllt.
Der Baum wurde größer je näher er ihm kam.
Er hielt direkt drauf zu. Wie sollte es weiter gehen? Ein Leben ohne sie, war für ihn undenkbar.
Der Baum war gewaltig und der Stamm breit, dick, kräftig.
Wenn er ihn bei dieser Geschwindigkeit traf, wäre von ihm und seinem Racer nicht mehr viel übrig. Der Rennwagen wäre so schmal wie eine Sardinendose und er zweifelte nicht, dass der Baum diese Begegnung, ohne großen Schaden davon zu tragen, überstand.
Mit Tränen in den Augen hielt er auf dem Baum zu. Viel Zeit blieb ihm nicht mehr auszuweichen. Würde er es wirklich wagen? Wäre er bereit sein Leben einfach so aufzugeben? Könnte er es nicht schaffen über ihren Verlust hinweg zu kommen? Für eine Sekunde blinzelte er, dann riss er im letzten Moment das Lenkrad herum und umfuhr schlingernd das Hindernis. Schnell hatte er seinen Wagen wieder unter Kontrolle. Er trat auf die Bremse und hielt wenige Meter später an.
Erschöpft und vollkommen außer Atem öffnete er das Verdeck seines Racers und stieg aus. Seinen Helm nahm er ab und aus seinen Augen flossen nun unaufhaltsam die Tränen. Ein lauter, schmerzerfüllter Schrei hallte in der Prärie nach, ehe der junge Mann schluchzend in sich zusammen fiel.

Sie war alles was er wollte und sie war tot. Hier war sie nun begraben. Weißer Stein, schwarze Schrift. Er fühlte sich so leer. Am Tag ihres Verschwindens erlebte er noch das stetige schnelle Pochen seines Herzens, danach Sorge, Wut und je länger sie verschwunden blieb Verzweiflung. Er hätte es verhindern können und er hätte die Zeit mit ihr sinnvoller verbringen können. Wenn er denn nur einmal ehrlich zu ihr gewesen wäre und auch zu sich selbst. Er hätte auf sie aufpassen müssen. Er schwor sich selbst, dass er sie immer beschützen würde und er versagte auf ganzer Linie.

Kommandant Eagle rührte sich endlich. Er drehte sich langsam um und rechnete damit allein zu sein. Umso erstaunter war er über den jungen Mann, der seitlich hinter ihm stand und auf das Grab starrte. Er erinnerte sich noch daran, wie er den jungen Männern die Nachricht über den Tod seiner Tochter überbrachte.

Als wäre es eben geschehen, sah er den Hitzkopf durch die Bürotür stampfen. Zu erschrocken von dem schnellen Abgang und besorgt um die Kopflosigkeit des Japaners starrte er die Türe, danach Saber und Colt an. Auch der blonde Schotte blickte besorgt zur Türe. Eagle sah ihm an, dass er ihm am liebsten gefolgt wäre, aber der Schock saß zu tief. Die Nachricht lähmte sie alle. Ein ganz schlechtes Gefühl breitete sich in ihm aus. Hoffentlich stellte der Hitzkopf wirklich keinen Blödsinn an, dennoch fand er beruhigende Worte für sich und die Star Sheriffs. „Er wird mit dem Verlust zurecht kommen.“

Seine Augen ruhten auf dem traurigen, abwesenden Blick des jungen Mannes. Seine Tochter hatte ein gewaltiges Loch in ihre Herzen gerissen und wie er feststellte nicht nur seinen gesamten Lebensinhalt genommen. Aber das Leben ging weiter.
Seine Tochter war bei seiner Frau im Himmel. Irgendwann, wenn seine Zeit gekommen war, würde er ihnen folgen. Doch bis dahin hatte er noch eine Aufgabe zu erfüllen. Das neue Grenzland brauchte ihn, seine Erfahrung, seine Unterstützung. Alles musste wieder aufgebaut werden. Und dann, irgendwann … „Lass uns gehen, Shinji.“
Der Japaner nickte und überflog noch einmal Buchstabe für Buchstabe auf dem weißen Grabstein mit schwarzer Schrift.

                                                                                     April Eagle
                                                                                    2069 - 2088
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