Ein Ende wie der Anfang
von Moji Scribe
Kurzbeschreibung
Für ein Schiff wie die Enterprise scheint die neue Mission beinahe eine Farce zu sein. Doch ehe sich Captain Jonathan Archer versieht, ist er mit einer Situation konfrontiert, in der vieles auf dem Spiel steht.
GeschichteSci-Fi, Liebesgeschichte / P16 / MaleSlash
Charles Tucker III
Jonathan Archer
18.03.2013
23.07.2013
11
25.739
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18.03.2013
3.014
So leben und bewegen wir uns wie Blinde, nicht wissend, wohin wir gehen,
halten Schlechtes für gut und Gutes für schlecht, schweben in völliger Ungewissheit.
- Marie de Sévigné
Wem die Ungewissheit auf den Schultern lastete, für den war es eine endlose Qual, auf die Entscheidung des Schicksals zu warten. Ohne dass sich einer von den letzten Menschen in der einst florierenden Kolonie darauf vorbereiten konnte, sahen sie sich einem Sturm aus Gefühlen ausgesetzt. Jeder einzelne versuchte seinen eigenen Weg zu finden mit Trauer, Verzweiflung und Wut zurechtzukommen - während einige die Ablenkung in Gesprächen fanden, gab es auch andere, wie Commander Charles Tucker III, die sich in ihre eigenen Gedanken zurückzogen.
Seit mehreren Stunden hatte sich der Kontakt zur Enterprise auf ein Minimum beschränkt und der sonst so geduldige Mann hatte Schwierigkeiten sich davon abzuhalten, immer wieder auf das rote Lämpchen auf der Konsole zu schauen. Trip war sich darüber bewusst, dass die anspruchsvolle Aufgabe, die seine Kollegen zu bewältigen versuchten, in der begrenzten Zeit keine Einfache war. Dennoch konnte er nichts gegen die Ungeduld ausrichten, die ihn erfüllte.
Sein Kopf fiel zurück, gegen die kalte Metallverkleidung der Komunikationskonsole, gegen die er lehnte und seit einer gefühlten Ewigkeit auf eine gute Nachricht wartete. Tucker hustete und zog die Atemmaske herunter, um das Blut auf den Boden neben sich zu spucken. Mit jeder verstrichenen Minute sank die realistische Chance seiner Rettung und dennoch klammerte er sich umso mehr an die Hoffnung, dass es noch nicht zu Ende sein konnte. Wie oft konnte er das Schicksal noch herausfordern, bis es ihm jede Hoffnung nahm?
Der blonde Mann wandte sich unter den Schmerzen, die ihm sein Körper in immer kürzer werdenden Schüben signalisierte, einem Symptom, das er erst seit einer Stunde hatte. Es fühlte sich an, als ob ihn jemand von innen heraus zerreißen wollte und es sich nach einem kurzen Augenblick anders überlegte. Erschöpft fuhr Tucker mit seinen Handflächen über sein Gesicht, spürte die Unebenheiten des schwarzen Ausschlags und die tiefen Sorgenfalten, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten.
Es waren die Gedanken an Jonathan, die ihn wie ein Stück Treibholz nach einem Schiffsbruch, davon abhielten, unterzugehen. Im Gegensatz zu dem, was um ihn herum geschah, war es eine willkommene Ablenkungen, an die letzte kurze Begegnung mit Archer zu denken, auch wenn sie Trip dazu veranlasste, sich selbst Vorwürfe zu machen. Jahrelang war er vor der Wahrheit weggerannt und hatte seine Angst damit begründet, dass ein Geständnis ihre Freundschaft negativ hätte verändern könnte. Im Nachhinein betrachtet war es egoistisch gewesen, dass er dabei Jonathan längst aus dem Blick verloren hatte und ihm gar nicht bewusst war, wie viele Berührungsängste und Zweifel mittlerweile zwischen ihnen beiden entstanden waren. Tucker war sich unsicher, was ihn mehr erstaunt hatte. Der Fakt, dass er alles, was er selber empfand, in den Augen von Jonathan Archer widererkannte oder die Tatsache, dass sein bester Freund es nicht einmal gewagt hatte, ihn zu berühren. Es war ihm jahrelang nur um sich selbst gegangen. Wie er darunter leiden würde, wenn er Jonathan mit seinen Gefühlen verschrecken würde. Doch tatsächlich war es so, dass seine Furcht ihn blind davor gemacht hatte, dass sein bester Freund ähnlich empfand wie er.
Trip rückte die Atemmaske, auf welcher sein Captain bestanden hatte, dass er sie trug, zurecht und schloss die Augen für einen kurzen Moment. Er war zunehmend frustriert darüber, dass es seine einzige Aufgabe war zu überleben. Viel lieber hätte er sich mit etwas beschäftigt, dass eine Relevanz in der Entwicklung ihrer Situation hatte. Wut überschattete die Müdigkeit, welche seinen Körper zunehmend erfüllte, doch kurz bevor er dieses aufgestaute Gefühl entladen konnte, verdeckte etwas das Licht der künstlichen Lichtquelle, die direkt auf Tucker hinabgeschienen hatte. Der Ingenieur öffnete seine Augen, um nachzusehen, wer sich zu ihm gewagt hatte.
Vor ihm stand der junge Mann vom zivilen Wachschutz der Kolonie, an dessen Namen sich Tucker nicht mehr erinnern konnte. Ein knappes Nicken sollte ihn auffordern zu sagen, was er von ihm wollte, denn Trip hatte keinerlei Bedürfnis danach, ihm alles aus der Nase ziehen zu müssen. Abgesehen von Jonathan, hatte er nahezu kein Bedürfnis mit jemand anderen zu reden.
"Sie wollen wissen, ob wir eine Nachricht erhalten haben?"
"Nein", antwortete Trip knapp und presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. "Ich hatte das Gefühl, dass man mich in den vergangenen Stunden eingehend beobachtet hat, sodass ich keinen Handschlag hätte machen können, ohne dass er unbemerkt geblieben wäre."
Der Mann trat nervös von einem Bein aufs andere und übertrug dieses Gefühl auf Trip, der einmal tief einatmete, um seine Stimme im Zaum zu halten. "Hören Sie damit auf. Was wollen Sie?", fragte er direkt.
"Wir hatten die Idee uns umzusehen. Die Umgebung um unseren Standort sichern, Sir." Er wich dem Blick von Tucker aus, der die Augenbrauen hochgezogen hatte. "Die Leute haben Angst, seit sie ihre Kollegen gehört haben, wie sie erwähnten, dass vielleicht noch jemand hier ist, der uns schaden könnte."
Trip zog die ausgestreckten Beine zum Schneidersitz an sich heran und nahm sich die Freiheit, einige Augenblicke über den Vorschlag des Mannes nachzudenken. Natürlich war es nicht klug, den Posten zu verlassen, doch es war ebenso seine Aufgabe als Offizier der Sternenflotte, die Menschen zu beschützen, die ihre Hoffnungen in seine Hände gelegt hatten, seit er sie gefunden hatte. "Wie heißen Sie?"
"Schimon Baruch, Sir." Der junge Mann nahm Haltung an und ließ eine Vermutung zu, dass er eine militärische Grundausbildung genossen hatte.
"Baruch, wir benötigen eine Person, die sich um die Kommunikation kümmert, während wir nicht hier sind. Sie kennen die Leute, holen Sie mir jemanden", sagte Trip und richtete sich langsam auf. Als er aufrecht stand, sah er Schimon noch immer vor sich stehen. "Gibt es eine Frage dazu?"
"Nein, Sir. Commander." Der Mann nahm sprichwörtlich seine Beine in die Hand und lief zu der Gruppe von Menschen zurück, die am anderen Ende der Halle saßen. Trip sah ihn nur kurz nach, als er sich umwandte, um seinen Kollegen auf der Enterprise ihr Vorhaben mitzuteilen. Er wappnete sich bereits davor, dass es auf wenig Gegenliebe stoßen würde. Doch auch Archer und T'Pol würden einsehen müssen, dass es wichtig war, die Umgebung abzusichern. Sie konnten nicht davon ausgehen, dass sie die einzigen Überlebenden waren.
Es hatte etwas von Ironie, dass ihr Marsch Trip an die unzähligen Endzeitfilme erinnerte, die er sich als Jugendlicher gerne angesehen hatte. Während einige Gebäude den Umständen getrotzt hatten, waren andere in sich zusammengefallen und hatten mit ihren Überresten den Weg für Baruch und ihm selbst versperrt. Und über all das hang noch immer der graue Schleier, der eine Sicht über zehn Meter Entfernung unmöglich machte. Sie hielten ihre Phasergewehre im Anschlag, bereit sie auf eine potenzielle Bedrohung zu richten. Der Sand knirschte unter ihren Schuhsohlen. Doch bis auf dieses Geräusch, war es Totenstill um sie herum.
Trip bemühte sich, die Eindrücke ihres Marsches nicht zu Nahe an sich heran kommen zu lassen. Wenn er zurück auf der Enterprise war, würde er jemanden brauchen, der mit ihm über die Trauer und Wut sprach, die er bei dem Anblick empfand, der sich ihm bot. Doch in diesem Augenblick war es zu riskant und gefährlich, diese Tür gänzlich zu öffnen.
An den ersten sterblichen Überresten ehemaliger Bewohner, denen sie begegneten, war Baruch zum Stehen gekommen und zwang Tucker, auf ihn zu warten. Während der Chefingenieur seine Empfindungen tief in sich verschlossen hielt, war es für den noch jungen Mann schwer, diesen Schritt zu gehen. Mehrmals musste er Baruch auffordern weiterzugehen, als dieser versuchte Menschen aus dem Schutt zu ziehen, die sie begraben hatten. Sie waren auf keiner Bergungsmission und für jede Art von Rettung war es ohnehin bereits viel zu spät.
Mehrere Umwege führten sie immer näher an den Explosionsherd heran, der seinen Standort dadurch verriet, dass die unmittelbare Umgebung kaum noch an das erinnerte, was sie einmal gewesen war. Der Staub reizte ihre Augen und ihre Atemmasken konnten die Luft, die sie einatmeten, kaum noch filtern. Ein stetiges Husten der Männer erfüllte die beunruhigende Stille um sie herum, während sie weiterhin versuchten, aufmerksam zu bleiben.
"Wo sind wir hier?", wollte Trip wissen und wischte sich mit der Hand über die Augen. Sie waren trocken und brannten durch dieReizungen ihrer Umwelt. Er kniff die Augen zusammen und fluchte leise über den zuvor ausgeführten Reflex.
"Vielleicht irgendwo in der Nähe unseres Getreidelagers", gab Baruch zurück und sah sich weiter um.
"Vielleicht?"
Schimon sah ihn an. "Bei allem Respekt Sir, aber hier gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, was es vorher einmal gewesen war. Wenn es die Agrarproduktion war, müssten wir auf Überreste unseres Windparks stoßen", erklärte er und trat einige Schritte vor Tucker, um die Führung zu übernehmen.
Trip sah sich noch einmal um, suchte aufmerksam den Weg ab, den sie gekommen waren und folgte Baruch erst, als er für sich empfand, dass ihnen nichts und niemand auflauern würde. Er ließ seinen Begleiter voran gehen, da er hoffte, dass er sich an die Umgebung erinnern konnte, dies brachte Tucker die Möglichkeit, sich umzusehen. Sie waren unweit des Ursprungs der Explosion, die Druckwelle hatte viele Gebäude, Gegenstände und Menschen von den Orten gerissen, an denen sie sich befunden hatten und sie wahrscheinlich quer über die Fläche geschleudert. Er konnte verbeultes Metall erkennen, zerbrochenes Holz und verformte, bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Gliedmaßen, deren Verlauf der Techniker nicht weiter folgen wollte. Der Geruch von Schwellbrand lag in der Luft, wenn gleich Trip sich sicher war, dass die drückende Gaswolke jedes aufkeimende Feuer bereits erstickt hatte.
"Dort vorne." Beinahe wäre Trip in den anderen Mann hineingelaufen, als dieser plötzlich stehen geblieben war und auf etwas vor ihnen zeigte. Tucker sah an ihm vorbei, auf eine verkohlte Fläche, in deren Mitte sich ein sichtbarer Krater gebildet hatte.
Die beiden Männer beschleunigten ihre Schritte als sie darauf zuhielten. Es bedurfte keiner Erklärung, was sie nach ihrer Suche endlich gefunden hatten. Tucker sah sich unmittelbar in der Umgebung des kleinen Kraters um, auch wenn er sich keinerlei Hoffnungen machte, auf etwas zu stoßen, das ihnen helfen würde. Baruch indes betrachtete die Umgebung, den Weg, der sie hergebracht hatte und die Fläche hinter dem vermeidlichen Ursprungsort.
"Erkennen Sie den Ort?", fragte Trip, als er vorsichtig den Abhang hinabschlitterte, der sich durch die Explosion gebildet hatte. Die Fläche vor ihm war ein tristes Spiel aus verkohlter Erde und verbrannten Überresten, die das Feuer zurückgelassen hatte. Ein leichter Schauer fuhr über seinen Rücken, als er sich bewusst machte, wo er gerade stand. Hier hatte der Todesengel sein Werk begonnen, welches über das Schicksal vieler Menschen entschieden hatte.
"Nein. Ich kann es nur vermuten." Baruchs Gesicht erschien über dem Rand des Kraters, als er hinabblickte.
"Was machen Sie da? Richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf die Umgebung!", rief Tucker nach oben, fassungslos, dass der Mann der offenen Fläche seinem Rücken zugewandt hatte.
"Aber hier ist niemand", sagte der Mann, richtete sich wieder auf und verschwand aus dem Sichtfeld des Ingenieurs.
Dieser wandte sich wieder seinem Rundgang zu und entschied, dass er alles dafür geben würde, einen Scanner bei sich zu haben. Die Auswertung der Daten würde auf der Enterprise sicherlich nützlich sein. Doch die Ermangelung dieses technischen Geräts ließ Tucker zu dem Entschluss kommen, dass er selbst möglichst viele Informationen zurück bringen musste.
Ein Gegenstand vor seinen Füßen weckte seine Aufmerksamkeit - zu klein, um eindeutig identifiziert zu werden, aber zu gut erhalten, um bereits bei der Explosion hier verweilt zu haben. Was auch immer an diesem Ort gestanden hatte, wurde in seine Einzelteile zerrissen und würde auf keinen Fall mehr eine solche glänzende Oberfläche besitzen. Er befreite den Gegenstand vom Dreck und hob etwas hoch, dass ihn an den Haarkamm erinnerte, den seine Technikerin Cassanelli auf der letzten Weihnachtsfeier getragen hatte. Trip wunderte sich, wie so etwas hier her kam, wenn sie scheinbar alleine waren.
"Baruch...", rief er so laut er konnte, doch Sand und Staub, die sich in seiner Kehle abgelagert hatten, ließen seine Worte ersticken, als er begann zu husten. Trip schob den Haarkamm in eine Tasche seines Overalls und versuchte die Erhöhung hinaufzukommen, als ein Schuss zu hören war, auf den ein zweiter folgte. Die Hektik machte ihn langsamer als er für gewöhnlich gewesen wäre, als er versuchte schnell nach oben zu kommen.
Adrenalin schoss durch seine Adern und ein Fluch kam über seine Lippen, als sich der Commander hinaufzog, um nach Schimon Baruch zu sehen. Als sein Blick über den Rand des Kraters reichte, sah er zwei Schuhe, dessen Spitzen ihn beinahe berührten. Trip blickte auf und sah gerade noch, wie etwas auf ihn zukam. Schmerzerfüllt schrie der Ingenieur auf und ließ den Rand der Grube los, schlitterte zurück in das verkohlte Innenleben. Der Geschmack von Blut erfüllte seinen Mund, als Tucker sich wieder aufrichtete und wieder hochsah. Doch die Person, die eben noch dort gestanden hatte, war verschwunden. Tucker sah sich um, während er so schnell wie möglich zurück auf die Beine kam und die Waffe, die er auf den Rücken geschnallt hatte, wieder in die Hände nahm. Er löste die Sicherung und richtete den Lauf in die jeweilige Richtung, in die er blickte.
Sein Blut rauschte in seinen Ohren, während sein Herz mit jedem Schlag das Adrenalin in seinem Körper verteilte, dass ihm half den stechenden Kopfschmerz zu ignorieren, den der Schlag gegen seinen Kopf zurückgelassen hatte. Etwas rann über seine Stirn und an seinem Auge vorbei, wahrscheinlich war es sein eigenes Blut, doch er wagte nicht eine Hand von dem Gewehr zu nehmen.
"Anscheinend hat es nicht ausgereicht", flüsterte ihm eine Stimme zu, die direkt hinter Tucker erklang. Sofort hatte sich der Sternenflotten Commander umgewandt und richtete seine Waffe auf die Person. Auf den aufgesprungenen Lippen der Frau bildete sich ein manisches Lächeln, ihre Mundwinkel zuckten einige Male, bevor sie wieder ernst wurde. Sie rührte sich nicht, zeigte kein Anzeichen von Angst. Ihr dunkles Haar reichte ihr bis zu den Schultern und wirkte ungepflegt und zerzaust.
"Was hat nicht ausgereicht?", knurrte Trip und unterdrückte ein Husten. Sein Finger lag über den Abzug, bereit abzudrücken, wann immer es nötig war. "Wer sind Sie?"
Sie legte den Kopf leicht schief. "Ich hoffte es reiche aus, um euch alle zu vernichten." Ihre Augen bildeten schmale Schlitze. "Und eurer irrelevanten Existenz ein Ende zu setzen."
Trip drückte ab und verfehlte die Frau, als er reflexartig blinzeln musste, als ein Sandkorn in seinen Augenwinkel rutschte.
"Menschen sind uneffektive, unnötige Launen der Natur. Ihr wäret lieber auf eurem Planeten geblieben." Sie drückte ab und Tucker hielt die Luft an. Doch bis auf das leise Klicken, durch das Einrasten des Abzugs verursacht, passierte nichts. Die Waffe in ihrer Hand war scheinbar defekt oder entladen. Nervös strich sie sich durch das Haar und entblößte für einen kurzen Augenblick ihre spitz zulaufenden Ohren.
Trip zögerte nicht lange und schoss auf die Frau, die leblos zusammenbrach. Der Ingenieur ließ die Waffe sinken und atmete aus. Argwöhnisch betrachtete er sie, als könnte sie jeden Augenblick wieder aufstehen und ihn niederstrecken. Er ging auf sie zu und griff dem schlaffen Körper unter die Arme, um ihn aus der Grube heraus zuschaffen. Es kostete ihm Kraft, die der Chefingenieur kaum noch besaß. Trip rief nicht nach Hilfe, denn er ahnte bereits, dass Barusch durch einen der Schüsse getötet wurde.
Tucker erschien es unklug, den Körper der Vulkanierin hier zu lassen, er brauchte einen Beweis für das, was unlogischer nicht hätte sein können. Der Gedanke, dass ein Vulkanier für das Desaster auf der Kolonie verantwortlich war, erschien ihm ironisch, wenn nicht sogar zynisch. Vielleicht würde T'Pol eine Information haben und falls nicht, musste der Körper der Frau übergeben werden, um sie zu identifizieren. Andernfalls würden die Vulkanier alles in Frage stellen.
Kurz ließ er die Vulkanierin achtlos liegen, als er zu dem Mann hinüber ging, dem ein unachtsamer Moment den Tode gebracht hatte. Trip schloß seine Augen und nahm ihm die Waffe ab, bevor er sich, mit der toten Frau auf dem Rücken, auf den Rückweg zur Abflughalle machte.
[T'Pol wird Nachforschungen anstellen], antwortete Archer, als Trip ihm mitgeteilt hatte, was ihm wiederfahren war. Die Vulkanierin lag neben ihm an der Konsole und starrte mit leeren Augen auf das, was sie den Menschen angetan hatte. Unklar war noch, was ihre Beweggründe waren.
"Gibt es bei den Vulkaniern eine Krankheit, die es ihnen unmöglich macht, ihre Gefühle zu kontrollieren?", stellte Trip die Frage, die ihn seit der Begegnung mit ihr nicht mehr losgelassen hatte.
Dieses Mal war es die Stimme des Sub-Commanders, die ihm antwortete. [Es existiert ein Gendefekt des zentralen Cortex, der bei den erkrankten Personen zu einem unkontrollierten Ausbruch der Gefühle führt. Dies kann in einzelnen Fällen zum Realitätsverlust oder agressiven Verhaltensstörungen führen. Sollte der Verdacht zutreffen, müssen Aufzeichnungen darüber vorhanden sein. Es gibt nicht viele Vulkanier, die mit diesem Fehlverhalten unerkannt bleiben.]
Trip nickte und besann sich dann darauf, dass seine Gesprächspartner es nicht sehen konnten. "In Ordnung. Wir werden es ihr hier unten gemütlich machen, bis ihr sie abholt." Trip hob die Augenbrauen und unterdrückte ein seufzen. "Und uns", fügte er so leise hinzu, dass es nicht auf die Enterprise übertragen werden würde.
[Wir holen euch da raus, Trip.] Der blondhaarige lächelte müde, als er aus der Stimme seines besten Freundes hörte, dass auch er sich mit aller Kraft an die Hoffnung klammerte. [Trip?]
"Ich hoffe du verstehst, dass Ingenieure ungerne warten", erwiderte Trip mit einem erschöpften Lächeln, als er einen Satz widerholte, den er bereits vor wenigen Tagen zu Archer gesagt hatte, als er mit Malcolm, statt mit ihm gefrühstückt hatte.
[Wir versuchen, es so kurz wie möglich zu halten. Pass auf dich auf, Trip. Archer out.]
Tucker hielt die Konsole fest umklammert, als der Kontakt zur Enterprise unterbrochen wurde. Nichts wünschte er sich sehnlicher, als dass sie ihn einfach hier rausbeamen würden, um diesen Planeten endlich zu verlassen.
halten Schlechtes für gut und Gutes für schlecht, schweben in völliger Ungewissheit.
- Marie de Sévigné
Wem die Ungewissheit auf den Schultern lastete, für den war es eine endlose Qual, auf die Entscheidung des Schicksals zu warten. Ohne dass sich einer von den letzten Menschen in der einst florierenden Kolonie darauf vorbereiten konnte, sahen sie sich einem Sturm aus Gefühlen ausgesetzt. Jeder einzelne versuchte seinen eigenen Weg zu finden mit Trauer, Verzweiflung und Wut zurechtzukommen - während einige die Ablenkung in Gesprächen fanden, gab es auch andere, wie Commander Charles Tucker III, die sich in ihre eigenen Gedanken zurückzogen.
Seit mehreren Stunden hatte sich der Kontakt zur Enterprise auf ein Minimum beschränkt und der sonst so geduldige Mann hatte Schwierigkeiten sich davon abzuhalten, immer wieder auf das rote Lämpchen auf der Konsole zu schauen. Trip war sich darüber bewusst, dass die anspruchsvolle Aufgabe, die seine Kollegen zu bewältigen versuchten, in der begrenzten Zeit keine Einfache war. Dennoch konnte er nichts gegen die Ungeduld ausrichten, die ihn erfüllte.
Sein Kopf fiel zurück, gegen die kalte Metallverkleidung der Komunikationskonsole, gegen die er lehnte und seit einer gefühlten Ewigkeit auf eine gute Nachricht wartete. Tucker hustete und zog die Atemmaske herunter, um das Blut auf den Boden neben sich zu spucken. Mit jeder verstrichenen Minute sank die realistische Chance seiner Rettung und dennoch klammerte er sich umso mehr an die Hoffnung, dass es noch nicht zu Ende sein konnte. Wie oft konnte er das Schicksal noch herausfordern, bis es ihm jede Hoffnung nahm?
Der blonde Mann wandte sich unter den Schmerzen, die ihm sein Körper in immer kürzer werdenden Schüben signalisierte, einem Symptom, das er erst seit einer Stunde hatte. Es fühlte sich an, als ob ihn jemand von innen heraus zerreißen wollte und es sich nach einem kurzen Augenblick anders überlegte. Erschöpft fuhr Tucker mit seinen Handflächen über sein Gesicht, spürte die Unebenheiten des schwarzen Ausschlags und die tiefen Sorgenfalten, die sich auf seiner Stirn gebildet hatten.
Es waren die Gedanken an Jonathan, die ihn wie ein Stück Treibholz nach einem Schiffsbruch, davon abhielten, unterzugehen. Im Gegensatz zu dem, was um ihn herum geschah, war es eine willkommene Ablenkungen, an die letzte kurze Begegnung mit Archer zu denken, auch wenn sie Trip dazu veranlasste, sich selbst Vorwürfe zu machen. Jahrelang war er vor der Wahrheit weggerannt und hatte seine Angst damit begründet, dass ein Geständnis ihre Freundschaft negativ hätte verändern könnte. Im Nachhinein betrachtet war es egoistisch gewesen, dass er dabei Jonathan längst aus dem Blick verloren hatte und ihm gar nicht bewusst war, wie viele Berührungsängste und Zweifel mittlerweile zwischen ihnen beiden entstanden waren. Tucker war sich unsicher, was ihn mehr erstaunt hatte. Der Fakt, dass er alles, was er selber empfand, in den Augen von Jonathan Archer widererkannte oder die Tatsache, dass sein bester Freund es nicht einmal gewagt hatte, ihn zu berühren. Es war ihm jahrelang nur um sich selbst gegangen. Wie er darunter leiden würde, wenn er Jonathan mit seinen Gefühlen verschrecken würde. Doch tatsächlich war es so, dass seine Furcht ihn blind davor gemacht hatte, dass sein bester Freund ähnlich empfand wie er.
Trip rückte die Atemmaske, auf welcher sein Captain bestanden hatte, dass er sie trug, zurecht und schloss die Augen für einen kurzen Moment. Er war zunehmend frustriert darüber, dass es seine einzige Aufgabe war zu überleben. Viel lieber hätte er sich mit etwas beschäftigt, dass eine Relevanz in der Entwicklung ihrer Situation hatte. Wut überschattete die Müdigkeit, welche seinen Körper zunehmend erfüllte, doch kurz bevor er dieses aufgestaute Gefühl entladen konnte, verdeckte etwas das Licht der künstlichen Lichtquelle, die direkt auf Tucker hinabgeschienen hatte. Der Ingenieur öffnete seine Augen, um nachzusehen, wer sich zu ihm gewagt hatte.
Vor ihm stand der junge Mann vom zivilen Wachschutz der Kolonie, an dessen Namen sich Tucker nicht mehr erinnern konnte. Ein knappes Nicken sollte ihn auffordern zu sagen, was er von ihm wollte, denn Trip hatte keinerlei Bedürfnis danach, ihm alles aus der Nase ziehen zu müssen. Abgesehen von Jonathan, hatte er nahezu kein Bedürfnis mit jemand anderen zu reden.
"Sie wollen wissen, ob wir eine Nachricht erhalten haben?"
"Nein", antwortete Trip knapp und presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. "Ich hatte das Gefühl, dass man mich in den vergangenen Stunden eingehend beobachtet hat, sodass ich keinen Handschlag hätte machen können, ohne dass er unbemerkt geblieben wäre."
Der Mann trat nervös von einem Bein aufs andere und übertrug dieses Gefühl auf Trip, der einmal tief einatmete, um seine Stimme im Zaum zu halten. "Hören Sie damit auf. Was wollen Sie?", fragte er direkt.
"Wir hatten die Idee uns umzusehen. Die Umgebung um unseren Standort sichern, Sir." Er wich dem Blick von Tucker aus, der die Augenbrauen hochgezogen hatte. "Die Leute haben Angst, seit sie ihre Kollegen gehört haben, wie sie erwähnten, dass vielleicht noch jemand hier ist, der uns schaden könnte."
Trip zog die ausgestreckten Beine zum Schneidersitz an sich heran und nahm sich die Freiheit, einige Augenblicke über den Vorschlag des Mannes nachzudenken. Natürlich war es nicht klug, den Posten zu verlassen, doch es war ebenso seine Aufgabe als Offizier der Sternenflotte, die Menschen zu beschützen, die ihre Hoffnungen in seine Hände gelegt hatten, seit er sie gefunden hatte. "Wie heißen Sie?"
"Schimon Baruch, Sir." Der junge Mann nahm Haltung an und ließ eine Vermutung zu, dass er eine militärische Grundausbildung genossen hatte.
"Baruch, wir benötigen eine Person, die sich um die Kommunikation kümmert, während wir nicht hier sind. Sie kennen die Leute, holen Sie mir jemanden", sagte Trip und richtete sich langsam auf. Als er aufrecht stand, sah er Schimon noch immer vor sich stehen. "Gibt es eine Frage dazu?"
"Nein, Sir. Commander." Der Mann nahm sprichwörtlich seine Beine in die Hand und lief zu der Gruppe von Menschen zurück, die am anderen Ende der Halle saßen. Trip sah ihn nur kurz nach, als er sich umwandte, um seinen Kollegen auf der Enterprise ihr Vorhaben mitzuteilen. Er wappnete sich bereits davor, dass es auf wenig Gegenliebe stoßen würde. Doch auch Archer und T'Pol würden einsehen müssen, dass es wichtig war, die Umgebung abzusichern. Sie konnten nicht davon ausgehen, dass sie die einzigen Überlebenden waren.
Es hatte etwas von Ironie, dass ihr Marsch Trip an die unzähligen Endzeitfilme erinnerte, die er sich als Jugendlicher gerne angesehen hatte. Während einige Gebäude den Umständen getrotzt hatten, waren andere in sich zusammengefallen und hatten mit ihren Überresten den Weg für Baruch und ihm selbst versperrt. Und über all das hang noch immer der graue Schleier, der eine Sicht über zehn Meter Entfernung unmöglich machte. Sie hielten ihre Phasergewehre im Anschlag, bereit sie auf eine potenzielle Bedrohung zu richten. Der Sand knirschte unter ihren Schuhsohlen. Doch bis auf dieses Geräusch, war es Totenstill um sie herum.
Trip bemühte sich, die Eindrücke ihres Marsches nicht zu Nahe an sich heran kommen zu lassen. Wenn er zurück auf der Enterprise war, würde er jemanden brauchen, der mit ihm über die Trauer und Wut sprach, die er bei dem Anblick empfand, der sich ihm bot. Doch in diesem Augenblick war es zu riskant und gefährlich, diese Tür gänzlich zu öffnen.
An den ersten sterblichen Überresten ehemaliger Bewohner, denen sie begegneten, war Baruch zum Stehen gekommen und zwang Tucker, auf ihn zu warten. Während der Chefingenieur seine Empfindungen tief in sich verschlossen hielt, war es für den noch jungen Mann schwer, diesen Schritt zu gehen. Mehrmals musste er Baruch auffordern weiterzugehen, als dieser versuchte Menschen aus dem Schutt zu ziehen, die sie begraben hatten. Sie waren auf keiner Bergungsmission und für jede Art von Rettung war es ohnehin bereits viel zu spät.
Mehrere Umwege führten sie immer näher an den Explosionsherd heran, der seinen Standort dadurch verriet, dass die unmittelbare Umgebung kaum noch an das erinnerte, was sie einmal gewesen war. Der Staub reizte ihre Augen und ihre Atemmasken konnten die Luft, die sie einatmeten, kaum noch filtern. Ein stetiges Husten der Männer erfüllte die beunruhigende Stille um sie herum, während sie weiterhin versuchten, aufmerksam zu bleiben.
"Wo sind wir hier?", wollte Trip wissen und wischte sich mit der Hand über die Augen. Sie waren trocken und brannten durch dieReizungen ihrer Umwelt. Er kniff die Augen zusammen und fluchte leise über den zuvor ausgeführten Reflex.
"Vielleicht irgendwo in der Nähe unseres Getreidelagers", gab Baruch zurück und sah sich weiter um.
"Vielleicht?"
Schimon sah ihn an. "Bei allem Respekt Sir, aber hier gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, was es vorher einmal gewesen war. Wenn es die Agrarproduktion war, müssten wir auf Überreste unseres Windparks stoßen", erklärte er und trat einige Schritte vor Tucker, um die Führung zu übernehmen.
Trip sah sich noch einmal um, suchte aufmerksam den Weg ab, den sie gekommen waren und folgte Baruch erst, als er für sich empfand, dass ihnen nichts und niemand auflauern würde. Er ließ seinen Begleiter voran gehen, da er hoffte, dass er sich an die Umgebung erinnern konnte, dies brachte Tucker die Möglichkeit, sich umzusehen. Sie waren unweit des Ursprungs der Explosion, die Druckwelle hatte viele Gebäude, Gegenstände und Menschen von den Orten gerissen, an denen sie sich befunden hatten und sie wahrscheinlich quer über die Fläche geschleudert. Er konnte verbeultes Metall erkennen, zerbrochenes Holz und verformte, bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Gliedmaßen, deren Verlauf der Techniker nicht weiter folgen wollte. Der Geruch von Schwellbrand lag in der Luft, wenn gleich Trip sich sicher war, dass die drückende Gaswolke jedes aufkeimende Feuer bereits erstickt hatte.
"Dort vorne." Beinahe wäre Trip in den anderen Mann hineingelaufen, als dieser plötzlich stehen geblieben war und auf etwas vor ihnen zeigte. Tucker sah an ihm vorbei, auf eine verkohlte Fläche, in deren Mitte sich ein sichtbarer Krater gebildet hatte.
Die beiden Männer beschleunigten ihre Schritte als sie darauf zuhielten. Es bedurfte keiner Erklärung, was sie nach ihrer Suche endlich gefunden hatten. Tucker sah sich unmittelbar in der Umgebung des kleinen Kraters um, auch wenn er sich keinerlei Hoffnungen machte, auf etwas zu stoßen, das ihnen helfen würde. Baruch indes betrachtete die Umgebung, den Weg, der sie hergebracht hatte und die Fläche hinter dem vermeidlichen Ursprungsort.
"Erkennen Sie den Ort?", fragte Trip, als er vorsichtig den Abhang hinabschlitterte, der sich durch die Explosion gebildet hatte. Die Fläche vor ihm war ein tristes Spiel aus verkohlter Erde und verbrannten Überresten, die das Feuer zurückgelassen hatte. Ein leichter Schauer fuhr über seinen Rücken, als er sich bewusst machte, wo er gerade stand. Hier hatte der Todesengel sein Werk begonnen, welches über das Schicksal vieler Menschen entschieden hatte.
"Nein. Ich kann es nur vermuten." Baruchs Gesicht erschien über dem Rand des Kraters, als er hinabblickte.
"Was machen Sie da? Richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf die Umgebung!", rief Tucker nach oben, fassungslos, dass der Mann der offenen Fläche seinem Rücken zugewandt hatte.
"Aber hier ist niemand", sagte der Mann, richtete sich wieder auf und verschwand aus dem Sichtfeld des Ingenieurs.
Dieser wandte sich wieder seinem Rundgang zu und entschied, dass er alles dafür geben würde, einen Scanner bei sich zu haben. Die Auswertung der Daten würde auf der Enterprise sicherlich nützlich sein. Doch die Ermangelung dieses technischen Geräts ließ Tucker zu dem Entschluss kommen, dass er selbst möglichst viele Informationen zurück bringen musste.
Ein Gegenstand vor seinen Füßen weckte seine Aufmerksamkeit - zu klein, um eindeutig identifiziert zu werden, aber zu gut erhalten, um bereits bei der Explosion hier verweilt zu haben. Was auch immer an diesem Ort gestanden hatte, wurde in seine Einzelteile zerrissen und würde auf keinen Fall mehr eine solche glänzende Oberfläche besitzen. Er befreite den Gegenstand vom Dreck und hob etwas hoch, dass ihn an den Haarkamm erinnerte, den seine Technikerin Cassanelli auf der letzten Weihnachtsfeier getragen hatte. Trip wunderte sich, wie so etwas hier her kam, wenn sie scheinbar alleine waren.
"Baruch...", rief er so laut er konnte, doch Sand und Staub, die sich in seiner Kehle abgelagert hatten, ließen seine Worte ersticken, als er begann zu husten. Trip schob den Haarkamm in eine Tasche seines Overalls und versuchte die Erhöhung hinaufzukommen, als ein Schuss zu hören war, auf den ein zweiter folgte. Die Hektik machte ihn langsamer als er für gewöhnlich gewesen wäre, als er versuchte schnell nach oben zu kommen.
Adrenalin schoss durch seine Adern und ein Fluch kam über seine Lippen, als sich der Commander hinaufzog, um nach Schimon Baruch zu sehen. Als sein Blick über den Rand des Kraters reichte, sah er zwei Schuhe, dessen Spitzen ihn beinahe berührten. Trip blickte auf und sah gerade noch, wie etwas auf ihn zukam. Schmerzerfüllt schrie der Ingenieur auf und ließ den Rand der Grube los, schlitterte zurück in das verkohlte Innenleben. Der Geschmack von Blut erfüllte seinen Mund, als Tucker sich wieder aufrichtete und wieder hochsah. Doch die Person, die eben noch dort gestanden hatte, war verschwunden. Tucker sah sich um, während er so schnell wie möglich zurück auf die Beine kam und die Waffe, die er auf den Rücken geschnallt hatte, wieder in die Hände nahm. Er löste die Sicherung und richtete den Lauf in die jeweilige Richtung, in die er blickte.
Sein Blut rauschte in seinen Ohren, während sein Herz mit jedem Schlag das Adrenalin in seinem Körper verteilte, dass ihm half den stechenden Kopfschmerz zu ignorieren, den der Schlag gegen seinen Kopf zurückgelassen hatte. Etwas rann über seine Stirn und an seinem Auge vorbei, wahrscheinlich war es sein eigenes Blut, doch er wagte nicht eine Hand von dem Gewehr zu nehmen.
"Anscheinend hat es nicht ausgereicht", flüsterte ihm eine Stimme zu, die direkt hinter Tucker erklang. Sofort hatte sich der Sternenflotten Commander umgewandt und richtete seine Waffe auf die Person. Auf den aufgesprungenen Lippen der Frau bildete sich ein manisches Lächeln, ihre Mundwinkel zuckten einige Male, bevor sie wieder ernst wurde. Sie rührte sich nicht, zeigte kein Anzeichen von Angst. Ihr dunkles Haar reichte ihr bis zu den Schultern und wirkte ungepflegt und zerzaust.
"Was hat nicht ausgereicht?", knurrte Trip und unterdrückte ein Husten. Sein Finger lag über den Abzug, bereit abzudrücken, wann immer es nötig war. "Wer sind Sie?"
Sie legte den Kopf leicht schief. "Ich hoffte es reiche aus, um euch alle zu vernichten." Ihre Augen bildeten schmale Schlitze. "Und eurer irrelevanten Existenz ein Ende zu setzen."
Trip drückte ab und verfehlte die Frau, als er reflexartig blinzeln musste, als ein Sandkorn in seinen Augenwinkel rutschte.
"Menschen sind uneffektive, unnötige Launen der Natur. Ihr wäret lieber auf eurem Planeten geblieben." Sie drückte ab und Tucker hielt die Luft an. Doch bis auf das leise Klicken, durch das Einrasten des Abzugs verursacht, passierte nichts. Die Waffe in ihrer Hand war scheinbar defekt oder entladen. Nervös strich sie sich durch das Haar und entblößte für einen kurzen Augenblick ihre spitz zulaufenden Ohren.
Trip zögerte nicht lange und schoss auf die Frau, die leblos zusammenbrach. Der Ingenieur ließ die Waffe sinken und atmete aus. Argwöhnisch betrachtete er sie, als könnte sie jeden Augenblick wieder aufstehen und ihn niederstrecken. Er ging auf sie zu und griff dem schlaffen Körper unter die Arme, um ihn aus der Grube heraus zuschaffen. Es kostete ihm Kraft, die der Chefingenieur kaum noch besaß. Trip rief nicht nach Hilfe, denn er ahnte bereits, dass Barusch durch einen der Schüsse getötet wurde.
Tucker erschien es unklug, den Körper der Vulkanierin hier zu lassen, er brauchte einen Beweis für das, was unlogischer nicht hätte sein können. Der Gedanke, dass ein Vulkanier für das Desaster auf der Kolonie verantwortlich war, erschien ihm ironisch, wenn nicht sogar zynisch. Vielleicht würde T'Pol eine Information haben und falls nicht, musste der Körper der Frau übergeben werden, um sie zu identifizieren. Andernfalls würden die Vulkanier alles in Frage stellen.
Kurz ließ er die Vulkanierin achtlos liegen, als er zu dem Mann hinüber ging, dem ein unachtsamer Moment den Tode gebracht hatte. Trip schloß seine Augen und nahm ihm die Waffe ab, bevor er sich, mit der toten Frau auf dem Rücken, auf den Rückweg zur Abflughalle machte.
[T'Pol wird Nachforschungen anstellen], antwortete Archer, als Trip ihm mitgeteilt hatte, was ihm wiederfahren war. Die Vulkanierin lag neben ihm an der Konsole und starrte mit leeren Augen auf das, was sie den Menschen angetan hatte. Unklar war noch, was ihre Beweggründe waren.
"Gibt es bei den Vulkaniern eine Krankheit, die es ihnen unmöglich macht, ihre Gefühle zu kontrollieren?", stellte Trip die Frage, die ihn seit der Begegnung mit ihr nicht mehr losgelassen hatte.
Dieses Mal war es die Stimme des Sub-Commanders, die ihm antwortete. [Es existiert ein Gendefekt des zentralen Cortex, der bei den erkrankten Personen zu einem unkontrollierten Ausbruch der Gefühle führt. Dies kann in einzelnen Fällen zum Realitätsverlust oder agressiven Verhaltensstörungen führen. Sollte der Verdacht zutreffen, müssen Aufzeichnungen darüber vorhanden sein. Es gibt nicht viele Vulkanier, die mit diesem Fehlverhalten unerkannt bleiben.]
Trip nickte und besann sich dann darauf, dass seine Gesprächspartner es nicht sehen konnten. "In Ordnung. Wir werden es ihr hier unten gemütlich machen, bis ihr sie abholt." Trip hob die Augenbrauen und unterdrückte ein seufzen. "Und uns", fügte er so leise hinzu, dass es nicht auf die Enterprise übertragen werden würde.
[Wir holen euch da raus, Trip.] Der blondhaarige lächelte müde, als er aus der Stimme seines besten Freundes hörte, dass auch er sich mit aller Kraft an die Hoffnung klammerte. [Trip?]
"Ich hoffe du verstehst, dass Ingenieure ungerne warten", erwiderte Trip mit einem erschöpften Lächeln, als er einen Satz widerholte, den er bereits vor wenigen Tagen zu Archer gesagt hatte, als er mit Malcolm, statt mit ihm gefrühstückt hatte.
[Wir versuchen, es so kurz wie möglich zu halten. Pass auf dich auf, Trip. Archer out.]
Tucker hielt die Konsole fest umklammert, als der Kontakt zur Enterprise unterbrochen wurde. Nichts wünschte er sich sehnlicher, als dass sie ihn einfach hier rausbeamen würden, um diesen Planeten endlich zu verlassen.