Ein Ende wie der Anfang
von Moji Scribe
Kurzbeschreibung
Für ein Schiff wie die Enterprise scheint die neue Mission beinahe eine Farce zu sein. Doch ehe sich Captain Jonathan Archer versieht, ist er mit einer Situation konfrontiert, in der vieles auf dem Spiel steht.
GeschichteSci-Fi, Liebesgeschichte / P16 / MaleSlash
Charles Tucker III
Jonathan Archer
18.03.2013
23.07.2013
11
25.739
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18.03.2013
3.039
Für sich selbst ist jeder unsterblich; er mag wissen, dass er sterben muss,
aber er kann nie wissen, dass er tot ist.
- Samuel Butler
Trip stieß einen Fluch aus, als die Verbindung zum Schiff erneut unterbrochen wurde. Die Euphorie, dass er es geschafft hatte Archer darüber zu informieren, dass er noch am Leben war, war schnell dem Frust gewichen, dass die in Mitleidenschaft gezogenen Geräte am Boden der Kolonie immer wieder ausfielen. Der blonde Mann sprach leise mit sich selber, dass er keine Sorgen mehr haben musste, dass man ihn für Tod erklären und abdrehen würde, als er sich hinabbeugte und in das Innenleben der Konsole blickte. Er hatte bereits einige verschmorte Kabel überbrückt und behelfsmäßig mit dem ergänzt, was die Explosion nicht gänzlich zerstört hatte.
Ein Hustenanfall unterbrach seine Bemühungen, sein Körper krümmte sich unter den Schmerzen des kratzenden Gefühls im Hals. Er legte einen Arm um seinen Brustkorb und rückte mit der anderen Hand das dreckige Stück Stoff näher an seinen Mund, das er kurz vor der Explosion um sein Gesicht gelegt hatte. Als es aufhörte, zog Tucker seinen Mundschutz hinunter und spuckte die dunkel gefärbte Flüssigkeit auf den staubigen Boden.
Hinter sich hörte er hastige Schritte. Doch Trip wandte sich nicht um, sondern griff stattdessen in die Kabel vor sich, um den versenkten Draht zu finden, der ihm diesmal den Kontakt zu seinen Leuten an Bord des Schiffes untersagt hatte. "Hab ich dich", nuschelte er vor sich hin, als er ihn gefunden hatte. Den Geruch des geschmolzenen Plastiks nahm er kaum wahr. Seit ihn die Druckwelle der Explosion zu Boden gerissen hatte, funktionierte sein Geruchssinn nicht mehr vollständig. Ein Blick um sich herum, den Trip versuchte zu vermeiden, ließ ihn diesen Umstand nicht bedauern. Er konzentrierte sich auf seine Arbeit und unterdrückte den Würgereiz, der bei dem Gedanken an das Geschehene ausgelöst wurde.
Als die Schritte hinter ihm stoppten, wandte sich Trip so weit herum, dass er die Person hinter sich erkennen konnten. Chief Winter stand hinter ihm, doch Tucker nahm sich kaum die Zeit ihn zu mustern. Es fürchten sich davor zu sehen, welche Spuren das Gas, Gift oder was auch immer es gewesen war, bei ihm hinterlassen hatte.
"Wir sind nicht die einzigen", sprach er atemlos und erschöpft, als wäre er Meilenweit gelaufen. "Es gibt viele Verletzte, sie suchen Schutz...." Er wurde unterbrochen.
"Bringen Sie Florentino weg", sagte Trip gereizt und lehnte sich vor, um das defekte Kabel von seinem Kontakt zu lösen.
"Entschuldigung?", fragte Winter und blickte kurz auf die Leiche des jungen Petty Officers, die hinter der Konsole lag. Trip hatte sie angewiesen die Enterprise zu kontaktieren und als es zur Explosion kam, hatte sie ein Metallgegenstand am Kopf getroffen. Winter und Tucker fanden Sie über die Konsole gelehnt und vielleicht hatten sie es ihrem leblosen Körper zu verdanken, dass sie überhaupt eine Chance hatten diese zu benutzen.
"Ich sagte", Trip wandte sich um und erschreckte sich selber über den aggressiven, kehligen Laut den er ausstieß, "bringen Sie Florentino weg."
"Aye, Sir." Winter, ein Teil von Malcolms Abteilung, ging an seinen Kollegen vorbei und griff der blonden Frau unter die Arme, um sie aus der verwüsteten Abflughalle zu ziehen. Ihr Körper war noch nicht erstarrt, doch die zahlreichen Wunden an ihrem Kopf bereits mit Blut verkrustet. Trip stieß auf, als die Leiche an ihm vorbei gezogen wurde, er verzog das Gesicht, als er die saure Flüßigkeit wieder hinunterschluckte.
Schnell war er auf den Beinen und lief zum Shuttle hinüber, das größtenteils unter den herabfallenden Trümmern der Halle begraben war. Er blendete die Umgebung aus und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Die vordere Verkleidung hatte er bereits vorher entfernt, um nach Gegenständen zu suchen, die er bei der Reperatur der Konsole benötigen würde und auch dieses Mal kam er zu diesem Zweck zurück. Leise sprach der Südstaatler mit sich selber, bis er fand, was er suchte. Schnell, beinahe hektisch, kehrte er zurück und ersetzte den fehlenden Draht. Die Konsole leuchtete auf und sprühte Funken.
"Verdammt." mit der geballten Faust schlug Trip gegen das harte Platinum der Verkleidung und schrie vor Schmerzen auf. Zumindest, so sagte er sich, wusste er nun noch, dass er lebte und noch nicht im Fegefeuer gelandet war.
Vorsichtig entfernte der Ingenieur andere Kontakte, um sie in der richtigen Reihenfolge anzuschließen. Zufrieden stelle er fest, dass das Gerät leise begann zu surren, um seine Betriebsbereitschaft darzulegen. Schnell war er auf den Beinen und drückte eine Taste.
"Enterprise. Enterprise, bitte antworten!"
Es verlangte mehr Geduld, als der Chefingenieur fähig war aufzubringen. Seine Finger trommelten auf der metallenen Unterfläche, bis die erlösende Antwort kam. [Trip, wir hören dich. Kannst du uns verstehen?] Trip konnte Besorgnis aus der Stimme seines besten Freundes hören und war verleitet, ihm auf vertraute Weise zu antworten, doch er besann sich darauf, dass dies weder die Zeit noch der Ort war, um diesem Impuls nachzugehen.
"Klar und deutlich. Mir sind hier ein paar Kabel durchgebrannt", erklärte Trip und fühlte, wie ein Teil der Last, die er schulterte, von ihm abfiel.
[Wir haben gerade die Boje gestartet, über die wir eben gesprochen haben. Aber wir benötigen so viele Informationen wie du uns geben kannst. Wir wollen euch da herausholen und müssen wissen, was uns dort erwartet, wenn wir runterkommen.] Archer sprach hastig, als erwartete er, dass die Verbindung jeden Moment wieder zusammenbrechen könnte und Tucker konnte dies nur zu gut nachempfinden. Er mied den Blick auf die immer wieder funkenden Kabel der Konsole, sondern sah sich aufmerksam nach rechts und links um.
"Es sind nicht mehr allzu viele die ihr retten müsst. Also macht euch keinen Stress", versuchte er zu scherzen und wurde von einem Hustenanfall übermannt. Seine Hand presste sich gegen seinen Mund. Als er jedoch die selben dunklen Flecken auf seiner Haut erblickte, die er zuvor bei Winters gesehen hatte, nahm er sie voller Abscheu wieder hinunter. Zum jetzigen Zeitpunkt wirkten sie nur wie verfärbte Pigmente, doch von seinem Kollegen wusste er, dass sie schon bald Schwielen auf seiner Haut bilden würden.
[Trip? Was ist passiert?]
Panik übermannte ihn, als seine Handflächen über sein Gesicht fuhren, auf der Suche nach Anzeichen der schwarzen Pocken.
[Trip?]
"Ja", noch immer nach Luft ringend, stützte sich Tucker auf der Konsole ab, "ich bin hier."
[Trip, was ist geschehen? Was ist auf der Kolonie vorgefallen?] Jonathan sprach eindringlich und versuchte zu verbergen, wie besorgt er war. Doch Trip nahm die Kraft aus der Erkenntnis, dass es nichts gab, das sein Kommandant ihm vorenthalten konnte.
"Wir waren bei der Frachtübergabe, als uns ein Nebel einhüllte. Es roch stark nach Amoniak und verfaultem Fisch - ich kann mich nicht genau erinnern. Wir wollten nachsehen, doch als wir nach draußen liefen, gab es eine Explosion aus dem westlichen Bereich der Kolonie. Ich bin mir nicht sicher, wie viel Zeit seither vergangen ist. Aber als wir zu uns kamen, lag derselbe graue Dunst über uns." Trip fasste sich an den Kopf, als die Kopfschmerzen zurückkamen, gegen die er stetig ankämpfte. Er hatte zwischen der Fracht nach einem Hypospray gesucht, doch keines war unversehrt geblieben. "Der Blick reicht kaum fünf Meter weit. Ich habe Winter losgeschickt um sich umzusehen, während ich die Kommunikation wieder zum Laufen bringen wollte. Ich glaube, es gibt Überlebende."
[Okay. Wieviele?]
"Ich weiß es nicht", knurrte Tucker und verzog das Gesicht bei einem erneuten Schub seiner Kopfschmerzen. "Hör zu, die Kolonie ist in westlicher Richtung komplett verwüstet. Es gibt in dem östlichen Bereich sicher genauso Überlebende, wie Tote oder Verschüttete.
Es muss Gift sein." fügte er schnell hinzu und blickte auf seine Hände, rollte den Overall hoch, nur um noch mehr unförmige Flecke vorzufinden. "Winter und ich haben dunkle Flecke auf der Haut, bei ihm treten sie hervor und bilden stellenweise Schwielen." Trip hustete erneut und zog seinen Mundschutz hinab, um die Flüssigkeit auszuspucken. Dieses Mal war sein Speichel nicht grau verfärbt sondern zeigte Spuren von Blut.
Kurz herrschte Stille und Tucker sah sich dazu veranlasst, nachzusehen, ob in seinem Geflecht aus Kabeln noch alles in Ordnung war. "Jon?", fragte er ungeduldig.
[Wir erhalten die Daten unserer Boje. Trip, wir senden ein Außenteam um euch zu untersuchen und wenn möglich mitzunehmen. In der Zwischenzeit versuche, dir einen Überblick über die Überlebenden zu machen], ordnete Archer an.
"Verstanden."
[Trip...], begann Jonathan und schwieg, bevor er weitersprach. [Wir werden dich da rausholen.] Die Verbindung zum Schiff wurde unterbrochen und ließ Tucker mit seinen Gedanken zurück. Er berührte den Lautsprecher, aus dem er bis eben noch die Stimme von Jonathan gehört hatte und lächelte bitter.
"Ich wünsche mir nichts mehr, als wieder bei dir zu sein", sagte er leise und wandte sich dann um, um sich der Realität zu stellen, die er bisher versucht hatte, von sich fernzuhalten.
Mit tiefem Bedauern um den Verlust des Unteroffiziers, schloss Trip die Augen von Chief Winters, den er neben Petty Officer Florentino auf dem Boden liegend gefunden hatte. "Ruhe in Frieden", murmelte er leise und nahm Winter das Phasergewehr ab. Zu groß war die Gefahr, dass es ihm jemand abnehmen und geistesabwesend damit schießen würde. Ganz zu schweigen von dem Gedanken, dass die Person die für all dies verantwortlich war, vielleicht noch immer lebte und auf der Kolonie präsent war.
Erschrocken musste Tucker feststellen, dass er den Tod seines Kameraden gelassener hinnahm, als er zuerst erwartet hatte. Vielleicht hatte er bereits damit gerechnet, als Winter nicht zurück gekommen war. Einen letzten Blick warf er auf den Mann und die Frau, die ihr Leben lassen mussten, weil die Kolonieleitung zu Stolz war einzugestehen, dass nicht alles verlief wie es sollte.
Ein Fluch kam über seine Lippen als er bemerkte, dass er Archer nichts davon erzählt hatte. Doch mit etwas Glück würde er es ihm erzählen können, wenn sie hinunter kamen. Auch wenn er daran zweifelte, dass Malcolm Reed dem Kommandanten die Teilnahme im Außenteam genehmigen würde, hoffte Trip inständig, dass er es selber war der ihn hier abholen würde.
Trip hatte sich seinen Weg durch die Trümmer der ehemaligen Kolonie gebahnt. Den Anblick der von Menschenhand erbauten Gebäude suchte man vergebens, während man bei dem Gedanken erschauderte, wie eine einzige Detonation alles zu zerstören vermochte, was voller Ehrgeiz und Stolz errichtet wurde. Dunkle Rauchschwaden ließen auf Feuer schließen, die der dichte, graue Nebel bereits erstickt hatte - vielleicht zu all ihrem Glück.
Dass er selber überlebt hatte, sah Tucker als ein ebenso großes Glück an, wie die Tatsache, dass es laut Chief Winter noch andere geben musste. Es war eine berechtigte Frage, ob der Drahtzieher vor gehabt hatte, die Kolonie auszulöschen, oder ob er unsauber und uneffizient gearbeitet hatte. Tucker konnte die Größe der Explosion nur erahnen, doch sie hätte sicherlich ausgereicht, um alles dem Erdboden gleich zu machen, wenn sie richtig platziert worden wäre.
Die Frage ließ ihn nicht los, wer oder was hier seine Finger im Spiel hatte. Diese Kolonie war ein einfaches landwirtschaftliches Projekt, das allen voran sich selber versorgte und Erkenntnisse über das Leben auf dieser Welt dokumentierte. Nicht das Militär sorgte für die Sicherheit, sondern einige ehemalige Marines und Soldaten. Es gab weder besondere Waffen, noch Forschungen, die irgend jemanden bedroht hätten. Und dennoch hatte es jemanden Freude bereitet, die Menschen in dieser Kolonie sterben zu sehen und jene, die das Glück hatten zu überleben, schienen durch das Gas dahinzurotten, um die sadistischen Triebe des Urhebers zu befriedigen.
Trip verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
Außerhalb des Gemeindegebäudes traf Trip auf eine kleine Gruppe von Menschen, die einen bedauernswerten Anblick boten. Es waren Zivilisten, sicherlich niemand der auch nur eine Ahnung davon hatte, auf was für einem gefährlichen Boden sie in den vergangenen Monaten gelebt hatten. Als Trip in seiner Uniform der Sternenflotte in ihr Blickfeld trat, schien sich so etwas wie Hoffnung auf ihren Gesichtern abzuzeichnen.
Schnell musste Commander Tucker feststellen, dass auch sie alle eine ähnliche Abfolge der Ereignisse miterlebt hatten wie er selbst. Bei dem Austreten des Gases waren sie hinaus auf die Straße gerannt, was ihnen vielleicht das Leben gerettet hatte, und wurden von der enormen Druckwelle sofort von den Füßen gerissen. Jene, die es nicht aus den Gebäuden geschafft hatten, fanden ihr Grab unter den Trümmern.
Auf jedem von ihnen zeichneten sich die selben Symptome ab, die auch Winter und ihn befallen hatten, nur weiter vorangeschritten als bei Tucker selbst. Instinktiv presste er das dreckige Stück Stoff über seinem Mund näher an seine Lippen heran, bevor er mit seiner rauen Stimme einen Befehl erteilte, dass alle ihren Mund verbinden sollten. Trip hatte keine Vermutung, weshalb Chief Winter gestorben war, obgleich sie beide die gleiche Menge an kontaminierter Luft eingeatmet haben.
"Nicht kratzen", ermahnte er eine junge Frau mit zerzausten braunen Haaren. Die schwarzen Flecken waren bereits wund vom Kratzen und auch wenn Trip nur grundlegende medizinische Kenntnisse besaß, empfand er es als keine gute Idee, sie aufzukratzen und eine weitere Infektion zu riskieren.
Sie sah hinab auf ihren Arm. "Es schmerzt fürchterlich."
"Und es wird immer mehr, je öfter du darüber kratzt." Trip lächelte humorlos und sah sich um, bis er unter einem Haufen Schutt ein Stück Stoff sah. Er musste nicht näher hinsehen, um zu erkennen, dass das lose Kleidungsstück an einer Person hang, die keinerlei Chance gehabt hatte. Der Ingeieur murmelte ein kurzes Gebet und riß das, was einmal ein Stück eines Rockes war ab, um damit den Arm der Frau zu verbinden.
"Nicht kratzen, ignoriere es", sagte er ihr und stand dann auf. Sie mussten hier weg, zurück zu seiner Kommunikationskonsole, um den Kontakt mit der Enterprise aufrecht zu erhalten. Er hoffte, dass er den Weg zurück noch finden würde.
Ein kratzendes Husten unterbrach seine Gedanken und ließ ihn zusammenkrümmen. Die Luft in diesem Bereich war unangenehmer, sie legte sich wie ein Belag auf seine Zunge und Augen, die zu tränen begonnen hatten. Er nahm an, dass sie sich näher an jenem Ort befanden, an welchem das Gas freigesetzt wurde.
"Hört zu, wir müssen von hier weg. Die Ladehalle bietet noch etwas Schutz für uns und wir können Kontakt zum Föderationsschiff im Orbit herstellen. Auf diesem Weg müssen wir zusammen bleiben, keiner verlässt die Gruppe." Trip sah in jedes einzelne der zwölf Gesichter, die nur Stumm nickten. "Sind hier alle Zivilisten?", fragte er und sah wie sich eine Hand aus der hintersten Reihe hob.
"Ziviler Wachschutz." Der Mann war nicht älter als zwanzig und besaß vermutlich kaum Erfahrung in dem Job, den er ausführte - wahrscheinlich wurde ihm erst jetzt bewusst, was seine Ausbilder mit Krisensituationen gemeint hatten.
"Gut, du wirst die Gruppe abschließen und zusehen, dass uns keiner verloren geht. Hast du eine Waffe?", erkundigte sich Trip und schnallte sein eigenes Gewehr vom Rücken.
Er sah an sich hinab und holte eine Handwaffe aus dem Holster. "Ja, ja ich habe eine." Er aktivierte sie um ihre Betriebsamkeit zu prüfen.
"Ist das nötig?", fragte eine ältere Frau, die kaum mehr als fünf Schritte von Trip entfernt stand und ihn verängstigt ansah.
Dieser zuckte kurz mit den Schultern. "Die Ereignisse sind keine einfachen Fehlfunktionen gewesen", sagte Tucker und erkannte an dem Blick, dass die Worte für einen Zivilisten ungeeignet waren. Er legte mit einem ehrlich gemeinten Lächeln die Hand auf ihre Schulter. "Mein Captain sagt immer, Vorsicht ist besser als Nachsicht."
Auf ihrem Weg zurück war Trip abermals seinen eigenen Gedanken überlassen, die ihn immer wieder zu Jonathan brachten, egal wie sehr er versuchte dagegen anzukämpfen. Am gestrigen Morgen noch war die schlimmste Vorstellung gewesen, seinem besten Freund in die Augen zu sehen und ihn erkennen zu lassen, dass nur er Tuckers Herz zum schlagen zu bringen vermochte. Doch verglichen mit der Furcht, die ihn jetzt erfüllte, ihn nie wieder zu sehen, erschien es dem blondhaarigen Mann als naiv und dumm.
In seinen Gedanken ging es immer nur um seine Zweifel, seine Angst abgewiesen zu werden - doch niemals darum, ob Jonathan es vielleicht wusste und hoffte, dass Trip den Mut aufbrachte es zuzugeben. Und selbst wenn nicht, sollte das letzte Exempel ihrer Freundschaft eine Lüge aus Feigheit sein?
Seine Stimme zu hören, als er bereits geglaubt hatte verloren zu sein, hatte Trip vor Augen geführt, wie vergänglich ihr Leben war. Besonders in der Ferne des unbekannten Weltraums. Jeden Tag konnten unvorhersehbare Ereignisse sie aus dem Leben reißen und zurück bleiben würden nur all die unausgesprochenen Dinge, die das Vergessen mit sich tragen würde.
Als sie die Halle erreichten, wurde Trip vom Blinken der Konsole aus den Gedanken geholt. Die Enterprise hatte ihn versucht zu kontaktieren. Wie lange war er weg gewesen, fragte er sich. Doch das Gefühl für Zeit war ihm vollkommen abhanden gekommen.
Mit schnellen Schritten lief er darauf zu und beantwortete den Ruf. "Commander Tucker an Enterprise."
[Enterprise hier. Trip, ein Außenteam macht sich auf den Weg zu euch], hörte er den hellen Sopran der Kommunikationsoffizierin Hoshi Sato. Es tat gut ihre Stimme zu hören.
"Kann ich Captain Archer sprechen?" fragte Trip und presste die Lippen aufeinander, unsicher darüber, was er ihm expliziet sagen wollte.
[Leider nein, Captain Archer befindet sich im Außenteam. Sie werden innerhalb der nächsten zwanzig Minuten landen und sich dabei an die Koordinaten, die ihr beim Anflug verwendet habt], antwortete Hoshi. [Wenn...]
Die Verbindung brach mit einem Funkenschlag ab und ließ Trip zurückweichen. Rauch stieg von der Konsole auf und verdeutlichte, dass eine intensivere Reparatur nötig sein würde.
Tucker strich sich durch das blonde Haar und ermahnte sich nicht die Nerven zu verlieren. Er benötigte den Kontakt zu seinen Leuten und musste einen klaren Verstand behalten. Er lehnte sich hinab und griff nach den behelfmäßigen Werkzeugen, die er nach der ersten Reparatur nur auf den Boden gelegt hatte. Der Rauch ließ seine Augen tränen und seine Lungen nach Luft ringen. Er hustete schwer, ließ sich jedoch nicht beirren, die Elektronik zu unterbrechen um sich die defekten Stellen anzusehen.
Nicht mehr lange, sagte sich Trip, dann würde Jonathan hier sein um ihn abzuholen. Und er würde die Chance nicht verpassen um endlich reinen Tisch zu machen.
aber er kann nie wissen, dass er tot ist.
- Samuel Butler
Trip stieß einen Fluch aus, als die Verbindung zum Schiff erneut unterbrochen wurde. Die Euphorie, dass er es geschafft hatte Archer darüber zu informieren, dass er noch am Leben war, war schnell dem Frust gewichen, dass die in Mitleidenschaft gezogenen Geräte am Boden der Kolonie immer wieder ausfielen. Der blonde Mann sprach leise mit sich selber, dass er keine Sorgen mehr haben musste, dass man ihn für Tod erklären und abdrehen würde, als er sich hinabbeugte und in das Innenleben der Konsole blickte. Er hatte bereits einige verschmorte Kabel überbrückt und behelfsmäßig mit dem ergänzt, was die Explosion nicht gänzlich zerstört hatte.
Ein Hustenanfall unterbrach seine Bemühungen, sein Körper krümmte sich unter den Schmerzen des kratzenden Gefühls im Hals. Er legte einen Arm um seinen Brustkorb und rückte mit der anderen Hand das dreckige Stück Stoff näher an seinen Mund, das er kurz vor der Explosion um sein Gesicht gelegt hatte. Als es aufhörte, zog Tucker seinen Mundschutz hinunter und spuckte die dunkel gefärbte Flüssigkeit auf den staubigen Boden.
Hinter sich hörte er hastige Schritte. Doch Trip wandte sich nicht um, sondern griff stattdessen in die Kabel vor sich, um den versenkten Draht zu finden, der ihm diesmal den Kontakt zu seinen Leuten an Bord des Schiffes untersagt hatte. "Hab ich dich", nuschelte er vor sich hin, als er ihn gefunden hatte. Den Geruch des geschmolzenen Plastiks nahm er kaum wahr. Seit ihn die Druckwelle der Explosion zu Boden gerissen hatte, funktionierte sein Geruchssinn nicht mehr vollständig. Ein Blick um sich herum, den Trip versuchte zu vermeiden, ließ ihn diesen Umstand nicht bedauern. Er konzentrierte sich auf seine Arbeit und unterdrückte den Würgereiz, der bei dem Gedanken an das Geschehene ausgelöst wurde.
Als die Schritte hinter ihm stoppten, wandte sich Trip so weit herum, dass er die Person hinter sich erkennen konnten. Chief Winter stand hinter ihm, doch Tucker nahm sich kaum die Zeit ihn zu mustern. Es fürchten sich davor zu sehen, welche Spuren das Gas, Gift oder was auch immer es gewesen war, bei ihm hinterlassen hatte.
"Wir sind nicht die einzigen", sprach er atemlos und erschöpft, als wäre er Meilenweit gelaufen. "Es gibt viele Verletzte, sie suchen Schutz...." Er wurde unterbrochen.
"Bringen Sie Florentino weg", sagte Trip gereizt und lehnte sich vor, um das defekte Kabel von seinem Kontakt zu lösen.
"Entschuldigung?", fragte Winter und blickte kurz auf die Leiche des jungen Petty Officers, die hinter der Konsole lag. Trip hatte sie angewiesen die Enterprise zu kontaktieren und als es zur Explosion kam, hatte sie ein Metallgegenstand am Kopf getroffen. Winter und Tucker fanden Sie über die Konsole gelehnt und vielleicht hatten sie es ihrem leblosen Körper zu verdanken, dass sie überhaupt eine Chance hatten diese zu benutzen.
"Ich sagte", Trip wandte sich um und erschreckte sich selber über den aggressiven, kehligen Laut den er ausstieß, "bringen Sie Florentino weg."
"Aye, Sir." Winter, ein Teil von Malcolms Abteilung, ging an seinen Kollegen vorbei und griff der blonden Frau unter die Arme, um sie aus der verwüsteten Abflughalle zu ziehen. Ihr Körper war noch nicht erstarrt, doch die zahlreichen Wunden an ihrem Kopf bereits mit Blut verkrustet. Trip stieß auf, als die Leiche an ihm vorbei gezogen wurde, er verzog das Gesicht, als er die saure Flüßigkeit wieder hinunterschluckte.
Schnell war er auf den Beinen und lief zum Shuttle hinüber, das größtenteils unter den herabfallenden Trümmern der Halle begraben war. Er blendete die Umgebung aus und konzentrierte sich auf seine Arbeit. Die vordere Verkleidung hatte er bereits vorher entfernt, um nach Gegenständen zu suchen, die er bei der Reperatur der Konsole benötigen würde und auch dieses Mal kam er zu diesem Zweck zurück. Leise sprach der Südstaatler mit sich selber, bis er fand, was er suchte. Schnell, beinahe hektisch, kehrte er zurück und ersetzte den fehlenden Draht. Die Konsole leuchtete auf und sprühte Funken.
"Verdammt." mit der geballten Faust schlug Trip gegen das harte Platinum der Verkleidung und schrie vor Schmerzen auf. Zumindest, so sagte er sich, wusste er nun noch, dass er lebte und noch nicht im Fegefeuer gelandet war.
Vorsichtig entfernte der Ingenieur andere Kontakte, um sie in der richtigen Reihenfolge anzuschließen. Zufrieden stelle er fest, dass das Gerät leise begann zu surren, um seine Betriebsbereitschaft darzulegen. Schnell war er auf den Beinen und drückte eine Taste.
"Enterprise. Enterprise, bitte antworten!"
Es verlangte mehr Geduld, als der Chefingenieur fähig war aufzubringen. Seine Finger trommelten auf der metallenen Unterfläche, bis die erlösende Antwort kam. [Trip, wir hören dich. Kannst du uns verstehen?] Trip konnte Besorgnis aus der Stimme seines besten Freundes hören und war verleitet, ihm auf vertraute Weise zu antworten, doch er besann sich darauf, dass dies weder die Zeit noch der Ort war, um diesem Impuls nachzugehen.
"Klar und deutlich. Mir sind hier ein paar Kabel durchgebrannt", erklärte Trip und fühlte, wie ein Teil der Last, die er schulterte, von ihm abfiel.
[Wir haben gerade die Boje gestartet, über die wir eben gesprochen haben. Aber wir benötigen so viele Informationen wie du uns geben kannst. Wir wollen euch da herausholen und müssen wissen, was uns dort erwartet, wenn wir runterkommen.] Archer sprach hastig, als erwartete er, dass die Verbindung jeden Moment wieder zusammenbrechen könnte und Tucker konnte dies nur zu gut nachempfinden. Er mied den Blick auf die immer wieder funkenden Kabel der Konsole, sondern sah sich aufmerksam nach rechts und links um.
"Es sind nicht mehr allzu viele die ihr retten müsst. Also macht euch keinen Stress", versuchte er zu scherzen und wurde von einem Hustenanfall übermannt. Seine Hand presste sich gegen seinen Mund. Als er jedoch die selben dunklen Flecken auf seiner Haut erblickte, die er zuvor bei Winters gesehen hatte, nahm er sie voller Abscheu wieder hinunter. Zum jetzigen Zeitpunkt wirkten sie nur wie verfärbte Pigmente, doch von seinem Kollegen wusste er, dass sie schon bald Schwielen auf seiner Haut bilden würden.
[Trip? Was ist passiert?]
Panik übermannte ihn, als seine Handflächen über sein Gesicht fuhren, auf der Suche nach Anzeichen der schwarzen Pocken.
[Trip?]
"Ja", noch immer nach Luft ringend, stützte sich Tucker auf der Konsole ab, "ich bin hier."
[Trip, was ist geschehen? Was ist auf der Kolonie vorgefallen?] Jonathan sprach eindringlich und versuchte zu verbergen, wie besorgt er war. Doch Trip nahm die Kraft aus der Erkenntnis, dass es nichts gab, das sein Kommandant ihm vorenthalten konnte.
"Wir waren bei der Frachtübergabe, als uns ein Nebel einhüllte. Es roch stark nach Amoniak und verfaultem Fisch - ich kann mich nicht genau erinnern. Wir wollten nachsehen, doch als wir nach draußen liefen, gab es eine Explosion aus dem westlichen Bereich der Kolonie. Ich bin mir nicht sicher, wie viel Zeit seither vergangen ist. Aber als wir zu uns kamen, lag derselbe graue Dunst über uns." Trip fasste sich an den Kopf, als die Kopfschmerzen zurückkamen, gegen die er stetig ankämpfte. Er hatte zwischen der Fracht nach einem Hypospray gesucht, doch keines war unversehrt geblieben. "Der Blick reicht kaum fünf Meter weit. Ich habe Winter losgeschickt um sich umzusehen, während ich die Kommunikation wieder zum Laufen bringen wollte. Ich glaube, es gibt Überlebende."
[Okay. Wieviele?]
"Ich weiß es nicht", knurrte Tucker und verzog das Gesicht bei einem erneuten Schub seiner Kopfschmerzen. "Hör zu, die Kolonie ist in westlicher Richtung komplett verwüstet. Es gibt in dem östlichen Bereich sicher genauso Überlebende, wie Tote oder Verschüttete.
Es muss Gift sein." fügte er schnell hinzu und blickte auf seine Hände, rollte den Overall hoch, nur um noch mehr unförmige Flecke vorzufinden. "Winter und ich haben dunkle Flecke auf der Haut, bei ihm treten sie hervor und bilden stellenweise Schwielen." Trip hustete erneut und zog seinen Mundschutz hinab, um die Flüssigkeit auszuspucken. Dieses Mal war sein Speichel nicht grau verfärbt sondern zeigte Spuren von Blut.
Kurz herrschte Stille und Tucker sah sich dazu veranlasst, nachzusehen, ob in seinem Geflecht aus Kabeln noch alles in Ordnung war. "Jon?", fragte er ungeduldig.
[Wir erhalten die Daten unserer Boje. Trip, wir senden ein Außenteam um euch zu untersuchen und wenn möglich mitzunehmen. In der Zwischenzeit versuche, dir einen Überblick über die Überlebenden zu machen], ordnete Archer an.
"Verstanden."
[Trip...], begann Jonathan und schwieg, bevor er weitersprach. [Wir werden dich da rausholen.] Die Verbindung zum Schiff wurde unterbrochen und ließ Tucker mit seinen Gedanken zurück. Er berührte den Lautsprecher, aus dem er bis eben noch die Stimme von Jonathan gehört hatte und lächelte bitter.
"Ich wünsche mir nichts mehr, als wieder bei dir zu sein", sagte er leise und wandte sich dann um, um sich der Realität zu stellen, die er bisher versucht hatte, von sich fernzuhalten.
Mit tiefem Bedauern um den Verlust des Unteroffiziers, schloss Trip die Augen von Chief Winters, den er neben Petty Officer Florentino auf dem Boden liegend gefunden hatte. "Ruhe in Frieden", murmelte er leise und nahm Winter das Phasergewehr ab. Zu groß war die Gefahr, dass es ihm jemand abnehmen und geistesabwesend damit schießen würde. Ganz zu schweigen von dem Gedanken, dass die Person die für all dies verantwortlich war, vielleicht noch immer lebte und auf der Kolonie präsent war.
Erschrocken musste Tucker feststellen, dass er den Tod seines Kameraden gelassener hinnahm, als er zuerst erwartet hatte. Vielleicht hatte er bereits damit gerechnet, als Winter nicht zurück gekommen war. Einen letzten Blick warf er auf den Mann und die Frau, die ihr Leben lassen mussten, weil die Kolonieleitung zu Stolz war einzugestehen, dass nicht alles verlief wie es sollte.
Ein Fluch kam über seine Lippen als er bemerkte, dass er Archer nichts davon erzählt hatte. Doch mit etwas Glück würde er es ihm erzählen können, wenn sie hinunter kamen. Auch wenn er daran zweifelte, dass Malcolm Reed dem Kommandanten die Teilnahme im Außenteam genehmigen würde, hoffte Trip inständig, dass er es selber war der ihn hier abholen würde.
Trip hatte sich seinen Weg durch die Trümmer der ehemaligen Kolonie gebahnt. Den Anblick der von Menschenhand erbauten Gebäude suchte man vergebens, während man bei dem Gedanken erschauderte, wie eine einzige Detonation alles zu zerstören vermochte, was voller Ehrgeiz und Stolz errichtet wurde. Dunkle Rauchschwaden ließen auf Feuer schließen, die der dichte, graue Nebel bereits erstickt hatte - vielleicht zu all ihrem Glück.
Dass er selber überlebt hatte, sah Tucker als ein ebenso großes Glück an, wie die Tatsache, dass es laut Chief Winter noch andere geben musste. Es war eine berechtigte Frage, ob der Drahtzieher vor gehabt hatte, die Kolonie auszulöschen, oder ob er unsauber und uneffizient gearbeitet hatte. Tucker konnte die Größe der Explosion nur erahnen, doch sie hätte sicherlich ausgereicht, um alles dem Erdboden gleich zu machen, wenn sie richtig platziert worden wäre.
Die Frage ließ ihn nicht los, wer oder was hier seine Finger im Spiel hatte. Diese Kolonie war ein einfaches landwirtschaftliches Projekt, das allen voran sich selber versorgte und Erkenntnisse über das Leben auf dieser Welt dokumentierte. Nicht das Militär sorgte für die Sicherheit, sondern einige ehemalige Marines und Soldaten. Es gab weder besondere Waffen, noch Forschungen, die irgend jemanden bedroht hätten. Und dennoch hatte es jemanden Freude bereitet, die Menschen in dieser Kolonie sterben zu sehen und jene, die das Glück hatten zu überleben, schienen durch das Gas dahinzurotten, um die sadistischen Triebe des Urhebers zu befriedigen.
Trip verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
Außerhalb des Gemeindegebäudes traf Trip auf eine kleine Gruppe von Menschen, die einen bedauernswerten Anblick boten. Es waren Zivilisten, sicherlich niemand der auch nur eine Ahnung davon hatte, auf was für einem gefährlichen Boden sie in den vergangenen Monaten gelebt hatten. Als Trip in seiner Uniform der Sternenflotte in ihr Blickfeld trat, schien sich so etwas wie Hoffnung auf ihren Gesichtern abzuzeichnen.
Schnell musste Commander Tucker feststellen, dass auch sie alle eine ähnliche Abfolge der Ereignisse miterlebt hatten wie er selbst. Bei dem Austreten des Gases waren sie hinaus auf die Straße gerannt, was ihnen vielleicht das Leben gerettet hatte, und wurden von der enormen Druckwelle sofort von den Füßen gerissen. Jene, die es nicht aus den Gebäuden geschafft hatten, fanden ihr Grab unter den Trümmern.
Auf jedem von ihnen zeichneten sich die selben Symptome ab, die auch Winter und ihn befallen hatten, nur weiter vorangeschritten als bei Tucker selbst. Instinktiv presste er das dreckige Stück Stoff über seinem Mund näher an seine Lippen heran, bevor er mit seiner rauen Stimme einen Befehl erteilte, dass alle ihren Mund verbinden sollten. Trip hatte keine Vermutung, weshalb Chief Winter gestorben war, obgleich sie beide die gleiche Menge an kontaminierter Luft eingeatmet haben.
"Nicht kratzen", ermahnte er eine junge Frau mit zerzausten braunen Haaren. Die schwarzen Flecken waren bereits wund vom Kratzen und auch wenn Trip nur grundlegende medizinische Kenntnisse besaß, empfand er es als keine gute Idee, sie aufzukratzen und eine weitere Infektion zu riskieren.
Sie sah hinab auf ihren Arm. "Es schmerzt fürchterlich."
"Und es wird immer mehr, je öfter du darüber kratzt." Trip lächelte humorlos und sah sich um, bis er unter einem Haufen Schutt ein Stück Stoff sah. Er musste nicht näher hinsehen, um zu erkennen, dass das lose Kleidungsstück an einer Person hang, die keinerlei Chance gehabt hatte. Der Ingeieur murmelte ein kurzes Gebet und riß das, was einmal ein Stück eines Rockes war ab, um damit den Arm der Frau zu verbinden.
"Nicht kratzen, ignoriere es", sagte er ihr und stand dann auf. Sie mussten hier weg, zurück zu seiner Kommunikationskonsole, um den Kontakt mit der Enterprise aufrecht zu erhalten. Er hoffte, dass er den Weg zurück noch finden würde.
Ein kratzendes Husten unterbrach seine Gedanken und ließ ihn zusammenkrümmen. Die Luft in diesem Bereich war unangenehmer, sie legte sich wie ein Belag auf seine Zunge und Augen, die zu tränen begonnen hatten. Er nahm an, dass sie sich näher an jenem Ort befanden, an welchem das Gas freigesetzt wurde.
"Hört zu, wir müssen von hier weg. Die Ladehalle bietet noch etwas Schutz für uns und wir können Kontakt zum Föderationsschiff im Orbit herstellen. Auf diesem Weg müssen wir zusammen bleiben, keiner verlässt die Gruppe." Trip sah in jedes einzelne der zwölf Gesichter, die nur Stumm nickten. "Sind hier alle Zivilisten?", fragte er und sah wie sich eine Hand aus der hintersten Reihe hob.
"Ziviler Wachschutz." Der Mann war nicht älter als zwanzig und besaß vermutlich kaum Erfahrung in dem Job, den er ausführte - wahrscheinlich wurde ihm erst jetzt bewusst, was seine Ausbilder mit Krisensituationen gemeint hatten.
"Gut, du wirst die Gruppe abschließen und zusehen, dass uns keiner verloren geht. Hast du eine Waffe?", erkundigte sich Trip und schnallte sein eigenes Gewehr vom Rücken.
Er sah an sich hinab und holte eine Handwaffe aus dem Holster. "Ja, ja ich habe eine." Er aktivierte sie um ihre Betriebsamkeit zu prüfen.
"Ist das nötig?", fragte eine ältere Frau, die kaum mehr als fünf Schritte von Trip entfernt stand und ihn verängstigt ansah.
Dieser zuckte kurz mit den Schultern. "Die Ereignisse sind keine einfachen Fehlfunktionen gewesen", sagte Tucker und erkannte an dem Blick, dass die Worte für einen Zivilisten ungeeignet waren. Er legte mit einem ehrlich gemeinten Lächeln die Hand auf ihre Schulter. "Mein Captain sagt immer, Vorsicht ist besser als Nachsicht."
Auf ihrem Weg zurück war Trip abermals seinen eigenen Gedanken überlassen, die ihn immer wieder zu Jonathan brachten, egal wie sehr er versuchte dagegen anzukämpfen. Am gestrigen Morgen noch war die schlimmste Vorstellung gewesen, seinem besten Freund in die Augen zu sehen und ihn erkennen zu lassen, dass nur er Tuckers Herz zum schlagen zu bringen vermochte. Doch verglichen mit der Furcht, die ihn jetzt erfüllte, ihn nie wieder zu sehen, erschien es dem blondhaarigen Mann als naiv und dumm.
In seinen Gedanken ging es immer nur um seine Zweifel, seine Angst abgewiesen zu werden - doch niemals darum, ob Jonathan es vielleicht wusste und hoffte, dass Trip den Mut aufbrachte es zuzugeben. Und selbst wenn nicht, sollte das letzte Exempel ihrer Freundschaft eine Lüge aus Feigheit sein?
Seine Stimme zu hören, als er bereits geglaubt hatte verloren zu sein, hatte Trip vor Augen geführt, wie vergänglich ihr Leben war. Besonders in der Ferne des unbekannten Weltraums. Jeden Tag konnten unvorhersehbare Ereignisse sie aus dem Leben reißen und zurück bleiben würden nur all die unausgesprochenen Dinge, die das Vergessen mit sich tragen würde.
Als sie die Halle erreichten, wurde Trip vom Blinken der Konsole aus den Gedanken geholt. Die Enterprise hatte ihn versucht zu kontaktieren. Wie lange war er weg gewesen, fragte er sich. Doch das Gefühl für Zeit war ihm vollkommen abhanden gekommen.
Mit schnellen Schritten lief er darauf zu und beantwortete den Ruf. "Commander Tucker an Enterprise."
[Enterprise hier. Trip, ein Außenteam macht sich auf den Weg zu euch], hörte er den hellen Sopran der Kommunikationsoffizierin Hoshi Sato. Es tat gut ihre Stimme zu hören.
"Kann ich Captain Archer sprechen?" fragte Trip und presste die Lippen aufeinander, unsicher darüber, was er ihm expliziet sagen wollte.
[Leider nein, Captain Archer befindet sich im Außenteam. Sie werden innerhalb der nächsten zwanzig Minuten landen und sich dabei an die Koordinaten, die ihr beim Anflug verwendet habt], antwortete Hoshi. [Wenn...]
Die Verbindung brach mit einem Funkenschlag ab und ließ Trip zurückweichen. Rauch stieg von der Konsole auf und verdeutlichte, dass eine intensivere Reparatur nötig sein würde.
Tucker strich sich durch das blonde Haar und ermahnte sich nicht die Nerven zu verlieren. Er benötigte den Kontakt zu seinen Leuten und musste einen klaren Verstand behalten. Er lehnte sich hinab und griff nach den behelfmäßigen Werkzeugen, die er nach der ersten Reparatur nur auf den Boden gelegt hatte. Der Rauch ließ seine Augen tränen und seine Lungen nach Luft ringen. Er hustete schwer, ließ sich jedoch nicht beirren, die Elektronik zu unterbrechen um sich die defekten Stellen anzusehen.
Nicht mehr lange, sagte sich Trip, dann würde Jonathan hier sein um ihn abzuholen. Und er würde die Chance nicht verpassen um endlich reinen Tisch zu machen.